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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 168. Leipzig (Sachsen), 18. Juni 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] endlosen bunten Reihe. Jeder ist von reichgekleideten
Dienern begleitet, die vor oder neben seinem Pferde
gehen. Längs der Linie mehre Hofbeamte und Palast-
diener, in verschiedene Haufen getheilt, die durch ihre
Tracht unterschieden sind. Einen Theil des Zuges
bilden die schönsten Pferde aus des Sultans Stall,
jedes von einem Reitknechte geführt und mit glän-
zenden Schilden und andern Theilen morgenländischer
Rüstung beladen. Langsam bewegt sich die Reihe
durch die Straßen, wo Todtenstille unter den Tausen-
den herrscht, die als Zuschauer sich versammelt haben.
Kein Laut, kein Flüstern, bis der Sultan über die
Rennbahn zu dem Eingange der Moschee gelangt ist,
wo einige Diener bei den Pferden bleiben, andere dem
Zuge in das Jnnere folgen, und nun der Muezzin vom
Minareh ruft: "Allah il Allah! Es ist nur ein Gott
und Mohammed ist sein Prophet."



Die Buchdruckerei auf den Gesellschaftsinseln.

Als ein ansehnlicher Theil der Bewohner der Jnsel
Otaheite und der übrigen Gesellschaftsinseln seit 1815
durch die Bemühungen der englischen Glaubensprediger
zum Christenthume übergegangen war, regte sich unter
ihnen der Wunsch, Bücher zu ihrer Belehrung zu er-
halten. Die Missionare kamen diesem Verlangen gern
entgegen, und beschlossen eine Druckerei anzulegen. Unter
der Mitwirkung des Königs Pomare wurde der Plan
bald zur Ausführung gebracht und auf der Jnsel Ei-
meo eine Presse aufgestellt. Viele Tahitier eilten dahin,
das wunderbare Werk zu sehen. Der König selbst kam
mit einer zahlreichen Begleitung, als er Nachricht er-
halten hatte, daß die Arbeit beginnen sollte. Der
würdige Missionar Ellis nahm den Winkelhaken in die
Hand, und als er sah, daß der König mit lebhafter
Freude die neuen glänzenden Lettern betrachtete, fragte
er ihn, ob es ihm angenehm sein würde, das erste
Alphabet zusammenzustellen. Der König bejahte die
Frage mit sichtbarem Vergnügen. Ellis reichte ihm den
Winkelhaken, der König nahm einen großen Anfangs-
buchstaben nach dem andern und setzte so das ganze Al-
phabet zusammen. Ebenso setzte er die kleinen Lettern
und dann die kleinen Sylben auf der ersten Seite des
A B C=Buches, das zuerst aus der Presse hervorgehen
sollte. Pomare war hoch erfreut, als die erste Seite
fertig war und wünschte sie sogleich abgedruckt zu sehen,
als man ihm aber sagte, daß dies nicht eher geschehen
könnte, bis so viele Seiten fertig wären, als zu einem
Bogen gehörten, wünschte er Nachricht zu erhalten, so-
bald diese Arbeit vollendet sein würde. Er kam fast je-
den Tag in die Druckerei, bis er, auf die Nachricht,
daß zum Abdrucke geschritten werden sollte, nur in Ge-
sellschaft von zwei begünstigten Häuptlingen erschien.
Es folgten ihnen aber viele Neugierige und zahlreiche
Eingeborene drängten sich vor die Thüre. Der König
untersuchte mit großer Aufmerksamkeit die Form, die
in der Presse lag und machte sich bereit, den ersten
Bogen abzuziehen, der je in seinem Lande gedruckt
war. Als man ihm die Anweisung dazu gegeben
hatte, sagte er scherzend zu seinen Begleitern, sie
möchten ihm nicht zu genau zusehen und nicht
lachen, wenn er sich linkisch benähme. Ellis reichte
ihm die Ballen mit der Druckerschwärze, und als
der König sie nach der Vorschrift gebraucht hatte und
die Form unter den Tiegel geschoben war, zog er den
Preßbengel an. Der gedruckte Bogen wurde aus dem
[Spaltenumbruch] Deckel genommen. Die Häuptlinge und die übri-
gen Zuschauer drängten sich herbei, um zu sehen, was
des Königs Hand bewirkt habe. Als sie die schwarzen,
großen und deutlichen Buchstaben sahen, ward ihre Ver-
wunderung und ihre Freude in einem gleichzeitigen
Ausrufe laut. Der König nahm den Bogen in die
Hand, und nachdem er zuerst das Papier und dann
die Lettern aufmerksam und bewundernd betrachtet hatte,
reichte er ihn einem seiner Begleiter und wünschte noch
einen Abdruck zu machen. Während er damit beschäf-
tigt war, wurde der erste Bogen den Neugierigen drau-
ßen gezeigt, die bei dem Anblicke desselben einen lauten
Schrei des Staunens und der Freude ausstießen. Po-
mare betrachtete aufmerksam die Presse und bewunderte
die Leichtigkeit, womit es durch die Einrichtung dersel-
ben möglich war, so viele Seiten auf einmal abzu-
drucken. Nach Anbruch der Nacht entfernte er sich
und nahm die von ihm abgedruckten Bogen mit. Von
diesem A B C=Buche, das ein dringendes Bedürfniß war,
wurden einige Tausend Abdrücke gemacht. Der Kö-
nig besuchte die Druckerei fortdauernd jeden Tag und
nahm lebhaften Antheil an dem Fortschritte der Arbeit.
Er zählte mehre der im A B C=Buche vorkommenden
Lettern und war erstaunt, als er fand, daß auf 16
Seiten der Buchstabe o gegen 5000mal vorkam. Nach
Vollendung des A B C=Buches wurde der otaheitische
Katechismus in mehr als 2000 Exemplaren gedruckt,
dann folgten ein Auszug aus der Bibel und endlich
das Evangelium Lucä. Die Neugier der Jnselbewohner
blieb lange rege. Die Häuptlinge wurden in das Jn-
nere der Druckerei eingelassen, das Volk belagerte Thüren
und Fenster und blickte durch jede Spalte. Die Druck-
presse wurde der Gegenstand des allgemeinen Gespräches,
und die Leichtigkeit, womit sich Bücher vervielfältigen
lassen, erfüllte die Gemüther mit lebhafter Freude.
Selbst von andern Jnseln kamen Neugierige, um Bü-
cher zu kaufen und die außerordentliche Maschine zu se-
hen. Der Zusammenfluß der Fremden glich einige
Wochen hindurch, während die erste Abtheilung der
Bibel gedruckt ward, einem Jahrmarkte; das ganze Ge-
stade von Eimeo war mit Kähnen bedeckt, die Häuser
der Einwohner konnten die Gäste nicht alle fassen, und
man sah einzelne Haufen im Freien gelagert. Ellis
zählte oft 30 -- 40 Kähne aus entlegenen Gegenden
der Jnsel oder von andern Eilanden, und in jedem fünf
bis sechs Menschen, die blos in der Absicht gekommen
waren, sich die Bibel zu verschaffen. Manche warteten
gegen sechs Wochen, bis der Druck geendigt war. Zu-
weilen brachte ein Kahn 30 -- 40 auf Bananenblätter
geschriebene Briefe von Personen, die nicht selber kom-
men konnten, und so schriftlich um Bücher baten. " Ei-
nes Abends", erzählt Ellis, "sah ich einen Kahn von
Otaheite kommen, und als die Reisenden das Fahrzeug
an das Gestade gezogen hatten, näherten sie sich meiner
Wohnung. Jch ging ihnen entgegen und fragte, was sie
wünschten. Das Wort des Lucas, antworteten Alle, in-
dem sie die mit Kokosnußöl gefüllten Bambusrohre erhoben,
womit die gewünschten Exemplare bezahlt werden sollten.
Jch antwortete ihnen, daß ich erst am nächsten Tage
ihr Verlangen erfüllen könnte, und rieth ihnen, die Nacht
bei ihren Freunden im Dorfe zuzubringen. Als ich aber
bei Tagesanbruch aus meinem Fenster sah, bemerkte ich
mit Überraschung, daß die fünf Reisenden vor meinem
Hause auf der Erde lagen, wo ihnen einige trockene
Kokosnußblätter zum Lager dienten und das Stück
Zeuch, das die Eingeborenen gewöhnlich über die Schul-
ter werfen, ihre Decke war. Jch eilte zu ihnen und
fragte sie, ob sie die ganze Nacht in dieser Lage zuge-
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] endlosen bunten Reihe. Jeder ist von reichgekleideten
Dienern begleitet, die vor oder neben seinem Pferde
gehen. Längs der Linie mehre Hofbeamte und Palast-
diener, in verschiedene Haufen getheilt, die durch ihre
Tracht unterschieden sind. Einen Theil des Zuges
bilden die schönsten Pferde aus des Sultans Stall,
jedes von einem Reitknechte geführt und mit glän-
zenden Schilden und andern Theilen morgenländischer
Rüstung beladen. Langsam bewegt sich die Reihe
durch die Straßen, wo Todtenstille unter den Tausen-
den herrscht, die als Zuschauer sich versammelt haben.
Kein Laut, kein Flüstern, bis der Sultan über die
Rennbahn zu dem Eingange der Moschee gelangt ist,
wo einige Diener bei den Pferden bleiben, andere dem
Zuge in das Jnnere folgen, und nun der Muezzin vom
Minareh ruft: „Allah il Allah! Es ist nur ein Gott
und Mohammed ist sein Prophet.“



Die Buchdruckerei auf den Gesellschaftsinseln.

Als ein ansehnlicher Theil der Bewohner der Jnsel
Otaheite und der übrigen Gesellschaftsinseln seit 1815
durch die Bemühungen der englischen Glaubensprediger
zum Christenthume übergegangen war, regte sich unter
ihnen der Wunsch, Bücher zu ihrer Belehrung zu er-
halten. Die Missionare kamen diesem Verlangen gern
entgegen, und beschlossen eine Druckerei anzulegen. Unter
der Mitwirkung des Königs Pomare wurde der Plan
bald zur Ausführung gebracht und auf der Jnsel Ei-
meo eine Presse aufgestellt. Viele Tahitier eilten dahin,
das wunderbare Werk zu sehen. Der König selbst kam
mit einer zahlreichen Begleitung, als er Nachricht er-
halten hatte, daß die Arbeit beginnen sollte. Der
würdige Missionar Ellis nahm den Winkelhaken in die
Hand, und als er sah, daß der König mit lebhafter
Freude die neuen glänzenden Lettern betrachtete, fragte
er ihn, ob es ihm angenehm sein würde, das erste
Alphabet zusammenzustellen. Der König bejahte die
Frage mit sichtbarem Vergnügen. Ellis reichte ihm den
Winkelhaken, der König nahm einen großen Anfangs-
buchstaben nach dem andern und setzte so das ganze Al-
phabet zusammen. Ebenso setzte er die kleinen Lettern
und dann die kleinen Sylben auf der ersten Seite des
A B C=Buches, das zuerst aus der Presse hervorgehen
sollte. Pomare war hoch erfreut, als die erste Seite
fertig war und wünschte sie sogleich abgedruckt zu sehen,
als man ihm aber sagte, daß dies nicht eher geschehen
könnte, bis so viele Seiten fertig wären, als zu einem
Bogen gehörten, wünschte er Nachricht zu erhalten, so-
bald diese Arbeit vollendet sein würde. Er kam fast je-
den Tag in die Druckerei, bis er, auf die Nachricht,
daß zum Abdrucke geschritten werden sollte, nur in Ge-
sellschaft von zwei begünstigten Häuptlingen erschien.
Es folgten ihnen aber viele Neugierige und zahlreiche
Eingeborene drängten sich vor die Thüre. Der König
untersuchte mit großer Aufmerksamkeit die Form, die
in der Presse lag und machte sich bereit, den ersten
Bogen abzuziehen, der je in seinem Lande gedruckt
war. Als man ihm die Anweisung dazu gegeben
hatte, sagte er scherzend zu seinen Begleitern, sie
möchten ihm nicht zu genau zusehen und nicht
lachen, wenn er sich linkisch benähme. Ellis reichte
ihm die Ballen mit der Druckerschwärze, und als
der König sie nach der Vorschrift gebraucht hatte und
die Form unter den Tiegel geschoben war, zog er den
Preßbengel an. Der gedruckte Bogen wurde aus dem
[Spaltenumbruch] Deckel genommen. Die Häuptlinge und die übri-
gen Zuschauer drängten sich herbei, um zu sehen, was
des Königs Hand bewirkt habe. Als sie die schwarzen,
großen und deutlichen Buchstaben sahen, ward ihre Ver-
wunderung und ihre Freude in einem gleichzeitigen
Ausrufe laut. Der König nahm den Bogen in die
Hand, und nachdem er zuerst das Papier und dann
die Lettern aufmerksam und bewundernd betrachtet hatte,
reichte er ihn einem seiner Begleiter und wünschte noch
einen Abdruck zu machen. Während er damit beschäf-
tigt war, wurde der erste Bogen den Neugierigen drau-
ßen gezeigt, die bei dem Anblicke desselben einen lauten
Schrei des Staunens und der Freude ausstießen. Po-
mare betrachtete aufmerksam die Presse und bewunderte
die Leichtigkeit, womit es durch die Einrichtung dersel-
ben möglich war, so viele Seiten auf einmal abzu-
drucken. Nach Anbruch der Nacht entfernte er sich
und nahm die von ihm abgedruckten Bogen mit. Von
diesem A B C=Buche, das ein dringendes Bedürfniß war,
wurden einige Tausend Abdrücke gemacht. Der Kö-
nig besuchte die Druckerei fortdauernd jeden Tag und
nahm lebhaften Antheil an dem Fortschritte der Arbeit.
Er zählte mehre der im A B C=Buche vorkommenden
Lettern und war erstaunt, als er fand, daß auf 16
Seiten der Buchstabe o gegen 5000mal vorkam. Nach
Vollendung des A B C=Buches wurde der otaheitische
Katechismus in mehr als 2000 Exemplaren gedruckt,
dann folgten ein Auszug aus der Bibel und endlich
das Evangelium Lucä. Die Neugier der Jnselbewohner
blieb lange rege. Die Häuptlinge wurden in das Jn-
nere der Druckerei eingelassen, das Volk belagerte Thüren
und Fenster und blickte durch jede Spalte. Die Druck-
presse wurde der Gegenstand des allgemeinen Gespräches,
und die Leichtigkeit, womit sich Bücher vervielfältigen
lassen, erfüllte die Gemüther mit lebhafter Freude.
Selbst von andern Jnseln kamen Neugierige, um Bü-
cher zu kaufen und die außerordentliche Maschine zu se-
hen. Der Zusammenfluß der Fremden glich einige
Wochen hindurch, während die erste Abtheilung der
Bibel gedruckt ward, einem Jahrmarkte; das ganze Ge-
stade von Eimeo war mit Kähnen bedeckt, die Häuser
der Einwohner konnten die Gäste nicht alle fassen, und
man sah einzelne Haufen im Freien gelagert. Ellis
zählte oft 30 — 40 Kähne aus entlegenen Gegenden
der Jnsel oder von andern Eilanden, und in jedem fünf
bis sechs Menschen, die blos in der Absicht gekommen
waren, sich die Bibel zu verschaffen. Manche warteten
gegen sechs Wochen, bis der Druck geendigt war. Zu-
weilen brachte ein Kahn 30 — 40 auf Bananenblätter
geschriebene Briefe von Personen, die nicht selber kom-
men konnten, und so schriftlich um Bücher baten. „ Ei-
nes Abends“, erzählt Ellis, „sah ich einen Kahn von
Otaheite kommen, und als die Reisenden das Fahrzeug
an das Gestade gezogen hatten, näherten sie sich meiner
Wohnung. Jch ging ihnen entgegen und fragte, was sie
wünschten. Das Wort des Lucas, antworteten Alle, in-
dem sie die mit Kokosnußöl gefüllten Bambusrohre erhoben,
womit die gewünschten Exemplare bezahlt werden sollten.
Jch antwortete ihnen, daß ich erst am nächsten Tage
ihr Verlangen erfüllen könnte, und rieth ihnen, die Nacht
bei ihren Freunden im Dorfe zuzubringen. Als ich aber
bei Tagesanbruch aus meinem Fenster sah, bemerkte ich
mit Überraschung, daß die fünf Reisenden vor meinem
Hause auf der Erde lagen, wo ihnen einige trockene
Kokosnußblätter zum Lager dienten und das Stück
Zeuch, das die Eingeborenen gewöhnlich über die Schul-
ter werfen, ihre Decke war. Jch eilte zu ihnen und
fragte sie, ob sie die ganze Nacht in dieser Lage zuge-
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Ellis reichte ihm den Winkelhaken, der König nahm einen großen Anfangs- buchstaben nach dem andern und setzte so das ganze Al- phabet zusammen. Ebenso setzte er die kleinen Lettern und dann die kleinen Sylben auf der ersten Seite des A B C=Buches, das zuerst aus der Presse hervorgehen sollte. Pomare war hoch erfreut, als die erste Seite fertig war und wünschte sie sogleich abgedruckt zu sehen, als man ihm aber sagte, daß dies nicht eher geschehen könnte, bis so viele Seiten fertig wären, als zu einem Bogen gehörten, wünschte er Nachricht zu erhalten, so- bald diese Arbeit vollendet sein würde. Er kam fast je- den Tag in die Druckerei, bis er, auf die Nachricht, daß zum Abdrucke geschritten werden sollte, nur in Ge- sellschaft von zwei begünstigten Häuptlingen erschien. Es folgten ihnen aber viele Neugierige und zahlreiche Eingeborene drängten sich vor die Thüre. 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Der König nahm den Bogen in die Hand, und nachdem er zuerst das Papier und dann die Lettern aufmerksam und bewundernd betrachtet hatte, reichte er ihn einem seiner Begleiter und wünschte noch einen Abdruck zu machen. Während er damit beschäf- tigt war, wurde der erste Bogen den Neugierigen drau- ßen gezeigt, die bei dem Anblicke desselben einen lauten Schrei des Staunens und der Freude ausstießen. Po- mare betrachtete aufmerksam die Presse und bewunderte die Leichtigkeit, womit es durch die Einrichtung dersel- ben möglich war, so viele Seiten auf einmal abzu- drucken. Nach Anbruch der Nacht entfernte er sich und nahm die von ihm abgedruckten Bogen mit. Von diesem A B C=Buche, das ein dringendes Bedürfniß war, wurden einige Tausend Abdrücke gemacht. Der Kö- nig besuchte die Druckerei fortdauernd jeden Tag und nahm lebhaften Antheil an dem Fortschritte der Arbeit. Er zählte mehre der im A B C=Buche vorkommenden Lettern und war erstaunt, als er fand, daß auf 16 Seiten der Buchstabe o gegen 5000mal vorkam. Nach Vollendung des A B C=Buches wurde der otaheitische Katechismus in mehr als 2000 Exemplaren gedruckt, dann folgten ein Auszug aus der Bibel und endlich das Evangelium Lucä. Die Neugier der Jnselbewohner blieb lange rege. Die Häuptlinge wurden in das Jn- nere der Druckerei eingelassen, das Volk belagerte Thüren und Fenster und blickte durch jede Spalte. Die Druck- presse wurde der Gegenstand des allgemeinen Gespräches, und die Leichtigkeit, womit sich Bücher vervielfältigen lassen, erfüllte die Gemüther mit lebhafter Freude. Selbst von andern Jnseln kamen Neugierige, um Bü- cher zu kaufen und die außerordentliche Maschine zu se- hen. Der Zusammenfluß der Fremden glich einige Wochen hindurch, während die erste Abtheilung der Bibel gedruckt ward, einem Jahrmarkte; das ganze Ge- stade von Eimeo war mit Kähnen bedeckt, die Häuser der Einwohner konnten die Gäste nicht alle fassen, und man sah einzelne Haufen im Freien gelagert. Ellis zählte oft 30 — 40 Kähne aus entlegenen Gegenden der Jnsel oder von andern Eilanden, und in jedem fünf bis sechs Menschen, die blos in der Absicht gekommen waren, sich die Bibel zu verschaffen. Manche warteten gegen sechs Wochen, bis der Druck geendigt war. Zu- weilen brachte ein Kahn 30 — 40 auf Bananenblätter geschriebene Briefe von Personen, die nicht selber kom- men konnten, und so schriftlich um Bücher baten. „ Ei- nes Abends“, erzählt Ellis, „sah ich einen Kahn von Otaheite kommen, und als die Reisenden das Fahrzeug an das Gestade gezogen hatten, näherten sie sich meiner Wohnung. Jch ging ihnen entgegen und fragte, was sie wünschten. Das Wort des Lucas, antworteten Alle, in- dem sie die mit Kokosnußöl gefüllten Bambusrohre erhoben, womit die gewünschten Exemplare bezahlt werden sollten. Jch antwortete ihnen, daß ich erst am nächsten Tage ihr Verlangen erfüllen könnte, und rieth ihnen, die Nacht bei ihren Freunden im Dorfe zuzubringen. Als ich aber bei Tagesanbruch aus meinem Fenster sah, bemerkte ich mit Überraschung, daß die fünf Reisenden vor meinem Hause auf der Erde lagen, wo ihnen einige trockene Kokosnußblätter zum Lager dienten und das Stück Zeuch, das die Eingeborenen gewöhnlich über die Schul- ter werfen, ihre Decke war. Jch eilte zu ihnen und fragte sie, ob sie die ganze Nacht in dieser Lage zuge-

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI Transkription
Peter Fankhauser: Transformation von TUSTEP nach TEI P5. Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.

Weitere Informationen:

Siehe Dokumentation




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URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig168_1836
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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 168. Leipzig (Sachsen), 18. Juni 1836, S. 195. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig168_1836/3>, abgerufen am 15.06.2024.