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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 164. Leipzig (Sachsen), 21. Mai 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Verhältnisse bieten keine Schwierigkeiten dar, die Kosten
sind auf 18 Millionen Thaler angeschlagen.



Der Talgbaum in China.

Die Chinesen nennen den Baum, der den vegetabili-
schen Talg liefert, u Kinou. Er ist dem Birnbaume
ähnlich, hat einen kurzen dicken Stamm und eine glatte
Rinde. Aber der merkwürdigste Theil ist die Frucht,
die sich in einer Schale befindet. Jst sie reif, so öffnet
sich die Schale von selbst und es zeigen sich drei weiße
Kerne von der Größe einer Haselnuß. Diese Kerne
geben den schönen Talg, den die Chinesen so nützlich zu
verwenden wissen. Die Maschine, worin die Kerne zer-
quetscht werden, besteht in einem rückwärts und vor-
wärts sich bewegenden Rade in einem ausgehöhlten
Baumstamme, der mit Eisen ausgefüttert und auf dem
Boden befestigt ist. Sind die Kerne zerquetscht, so
werden sie eine ziemlich lange Zeit der Wirkung des
Dampfes ausgesetzt, bis sie ganz weich sind, und dann
schnell auf verschiedene Lagen Stroh übereinander aus-
gebreitet. Diese Lagen werden mit den Füßen gestampft,
bis sich Kuchen, aus Kernen und Stroh gemischt, bil-
den, die man dann wie den Rübsamen preßt. Die Chi-
nesen gewinnen aber auch den Talg, indem sie die zer-
quetschten Kerne in Wasser kochen und das oben schwim-
mende Öl abschöpfen. Der Talg ist hart und weiß und
völlig dem thierischen gleich. Die besten daraus verfer-
tigten Lichter erhalten einen Wachsüberzug. Gehörig be-
reitet, rauchen sie nicht und haben keinen unangenehmen
Geruch. Der Talgbaum wird in großen Ebenen reihen-
weise gepflanzt, und eine solche Pflanzung gewährt mit
den purpurnen Blättern und den hochgelben Blüten des
Baumes einen reizenden Anblick.



Feine indische Weberei.

Zu Dacca in Ostindien wurden bis 1820 Musline
von so großer Feinheit gefertigt, daß das Stück von 15
Ellen und1 1 / 2 Elle Breite nur10 1 / 2 Rica Ruppie
( 8 Loth ) wogen. Jetzt sollen aber diese nicht mehr so
herzustellen sein, da die Frauen, welche ehemals so fein
spannen, seitdem gestorben sind, und wegen der vermin-
derten Nachfrage nach dergleichen Zeuchen keine Schüle-
rinnen gebildet haben. Die Fäden konnten zu diesem
Gespinnste nur vor Sonnenaufgang, so lange noch Thau
lag, gesponnen werden, auch besaßen diese Arbeiterinnen
eine große Geschicklichkeit im Ausbessern, daß sie z. B.
aus einem ganzen Stücke solchen Muslins einen Faden
herauszogen und mit einem andern feinern ersetzten.



Omai.

Die folgende Abbildung stellt den jungen Omai dar,
einen Eingeborenen der Freundschaftsinseln in der Südsee,
welchen der berühmte Seefahrer Cook *), als er gegen
Ende des vorigen Jahrhunderts diese Jnseln besuchte,
mit sich nahm und nach England brachte. Omai
leistete ihm wesentliche Dienste; er diente ihm nämlich
als Dolmetscher bei den Unterhandlungen mit den
[Spaltenumbruch] [Abbildung]
Südseeinsulanern, wozu er wegen seiner Gelehrigkeit
und sanften, freundlichen Gemüthsart, die den Bewoh-
nern der Freundschaftsinseln überhaupt eigen ist, vor-
züglich paßte. Auch in England empfahl sich Omai
so sehr durch diese Eigenschaften, daß er dort mit der
größten Freundlichkeit behandelt ward und bei den ange-
sehensten Personen Zutritt erhielt. Er betrug sich mit
vielem Anstand, zeigte eine ungezwungene Höflichkeit
gegen Jedermann, und dabei so viel bescheidene Wißbe-
gierde, daß er von den berühmtesten Männern Lon-
dons geschätzt und ausgezeichnet wurde. Die natürliche
Feinheit seines Betragens schien zu verrathen, daß Omal
Häuptling eines Stammes in seinem Vaterlande gewe-
sen sei; dies war jedoch keineswegs der Fall; allein
spätere Reisende, die sich mit den Eingeborenen jener
Jnseln vertraut gemacht haben, versichern, daß Allen ein
besonderes Talent für den geselligen Umgang eigen ist.

Als Cook, den er lange überall hin begleitet hatte,
ihn nach seinem Vaterlande zurückbrachte, weinte Omai
die bittersten Thränen und bat dringend, ihn wieder
mit nach England zu nehmen, obgleich sein Beschützer
sehr für ihn gesorgt und ihm Land, Haus und Gar-
ten geschenkt hatte, um in Zukunft ruhig unter seinen
Landsleuten leben zu können. Wahrscheinlich fürchtete
er, daß diese, wegen der Auszeichnung, die er von den
Europäern erfahren, und wegen der größern Kenntnisse,
die er auf seinen Reisen gesammelt hatte, einen Haß
auf ihn werfen würden, und ruhte deshalb nicht eher,
bis er den größten Theil der ihm geschenkten Güter
wieder unter seine Landsleute vertheilt hatte.

[Ende Spaltensatz]

Verantwortliche Herausgeber: Friedrich Brockhaus in Leipzig und Dr. C. Dräxler=Manfred in Wien.
Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

*) Vergl. Pfennig=Magazin Nr. 18.

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Verhältnisse bieten keine Schwierigkeiten dar, die Kosten
sind auf 18 Millionen Thaler angeschlagen.



Der Talgbaum in China.

Die Chinesen nennen den Baum, der den vegetabili-
schen Talg liefert, u Kinou. Er ist dem Birnbaume
ähnlich, hat einen kurzen dicken Stamm und eine glatte
Rinde. Aber der merkwürdigste Theil ist die Frucht,
die sich in einer Schale befindet. Jst sie reif, so öffnet
sich die Schale von selbst und es zeigen sich drei weiße
Kerne von der Größe einer Haselnuß. Diese Kerne
geben den schönen Talg, den die Chinesen so nützlich zu
verwenden wissen. Die Maschine, worin die Kerne zer-
quetscht werden, besteht in einem rückwärts und vor-
wärts sich bewegenden Rade in einem ausgehöhlten
Baumstamme, der mit Eisen ausgefüttert und auf dem
Boden befestigt ist. Sind die Kerne zerquetscht, so
werden sie eine ziemlich lange Zeit der Wirkung des
Dampfes ausgesetzt, bis sie ganz weich sind, und dann
schnell auf verschiedene Lagen Stroh übereinander aus-
gebreitet. Diese Lagen werden mit den Füßen gestampft,
bis sich Kuchen, aus Kernen und Stroh gemischt, bil-
den, die man dann wie den Rübsamen preßt. Die Chi-
nesen gewinnen aber auch den Talg, indem sie die zer-
quetschten Kerne in Wasser kochen und das oben schwim-
mende Öl abschöpfen. Der Talg ist hart und weiß und
völlig dem thierischen gleich. Die besten daraus verfer-
tigten Lichter erhalten einen Wachsüberzug. Gehörig be-
reitet, rauchen sie nicht und haben keinen unangenehmen
Geruch. Der Talgbaum wird in großen Ebenen reihen-
weise gepflanzt, und eine solche Pflanzung gewährt mit
den purpurnen Blättern und den hochgelben Blüten des
Baumes einen reizenden Anblick.



Feine indische Weberei.

Zu Dacca in Ostindien wurden bis 1820 Musline
von so großer Feinheit gefertigt, daß das Stück von 15
Ellen und1 1 / 2 Elle Breite nur10 1 / 2 Rica Ruppie
( 8 Loth ) wogen. Jetzt sollen aber diese nicht mehr so
herzustellen sein, da die Frauen, welche ehemals so fein
spannen, seitdem gestorben sind, und wegen der vermin-
derten Nachfrage nach dergleichen Zeuchen keine Schüle-
rinnen gebildet haben. Die Fäden konnten zu diesem
Gespinnste nur vor Sonnenaufgang, so lange noch Thau
lag, gesponnen werden, auch besaßen diese Arbeiterinnen
eine große Geschicklichkeit im Ausbessern, daß sie z. B.
aus einem ganzen Stücke solchen Muslins einen Faden
herauszogen und mit einem andern feinern ersetzten.



Omaï.

Die folgende Abbildung stellt den jungen Omaï dar,
einen Eingeborenen der Freundschaftsinseln in der Südsee,
welchen der berühmte Seefahrer Cook *), als er gegen
Ende des vorigen Jahrhunderts diese Jnseln besuchte,
mit sich nahm und nach England brachte. Omaï
leistete ihm wesentliche Dienste; er diente ihm nämlich
als Dolmetscher bei den Unterhandlungen mit den
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Südseeinsulanern, wozu er wegen seiner Gelehrigkeit
und sanften, freundlichen Gemüthsart, die den Bewoh-
nern der Freundschaftsinseln überhaupt eigen ist, vor-
züglich paßte. Auch in England empfahl sich Omaï
so sehr durch diese Eigenschaften, daß er dort mit der
größten Freundlichkeit behandelt ward und bei den ange-
sehensten Personen Zutritt erhielt. Er betrug sich mit
vielem Anstand, zeigte eine ungezwungene Höflichkeit
gegen Jedermann, und dabei so viel bescheidene Wißbe-
gierde, daß er von den berühmtesten Männern Lon-
dons geschätzt und ausgezeichnet wurde. Die natürliche
Feinheit seines Betragens schien zu verrathen, daß Omal
Häuptling eines Stammes in seinem Vaterlande gewe-
sen sei; dies war jedoch keineswegs der Fall; allein
spätere Reisende, die sich mit den Eingeborenen jener
Jnseln vertraut gemacht haben, versichern, daß Allen ein
besonderes Talent für den geselligen Umgang eigen ist.

Als Cook, den er lange überall hin begleitet hatte,
ihn nach seinem Vaterlande zurückbrachte, weinte Omaï
die bittersten Thränen und bat dringend, ihn wieder
mit nach England zu nehmen, obgleich sein Beschützer
sehr für ihn gesorgt und ihm Land, Haus und Gar-
ten geschenkt hatte, um in Zukunft ruhig unter seinen
Landsleuten leben zu können. Wahrscheinlich fürchtete
er, daß diese, wegen der Auszeichnung, die er von den
Europäern erfahren, und wegen der größern Kenntnisse,
die er auf seinen Reisen gesammelt hatte, einen Haß
auf ihn werfen würden, und ruhte deshalb nicht eher,
bis er den größten Theil der ihm geschenkten Güter
wieder unter seine Landsleute vertheilt hatte.

[Ende Spaltensatz]

Verantwortliche Herausgeber: Friedrich Brockhaus in Leipzig und Dr. C. Dräxler=Manfred in Wien.
Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

*) Vergl. Pfennig=Magazin Nr. 18.
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[168/0008] Das Pfennig=Magazin. Verhältnisse bieten keine Schwierigkeiten dar, die Kosten sind auf 18 Millionen Thaler angeschlagen. Der Talgbaum in China. Die Chinesen nennen den Baum, der den vegetabili- schen Talg liefert, u Kinou. Er ist dem Birnbaume ähnlich, hat einen kurzen dicken Stamm und eine glatte Rinde. Aber der merkwürdigste Theil ist die Frucht, die sich in einer Schale befindet. Jst sie reif, so öffnet sich die Schale von selbst und es zeigen sich drei weiße Kerne von der Größe einer Haselnuß. Diese Kerne geben den schönen Talg, den die Chinesen so nützlich zu verwenden wissen. Die Maschine, worin die Kerne zer- quetscht werden, besteht in einem rückwärts und vor- wärts sich bewegenden Rade in einem ausgehöhlten Baumstamme, der mit Eisen ausgefüttert und auf dem Boden befestigt ist. Sind die Kerne zerquetscht, so werden sie eine ziemlich lange Zeit der Wirkung des Dampfes ausgesetzt, bis sie ganz weich sind, und dann schnell auf verschiedene Lagen Stroh übereinander aus- gebreitet. Diese Lagen werden mit den Füßen gestampft, bis sich Kuchen, aus Kernen und Stroh gemischt, bil- den, die man dann wie den Rübsamen preßt. Die Chi- nesen gewinnen aber auch den Talg, indem sie die zer- quetschten Kerne in Wasser kochen und das oben schwim- mende Öl abschöpfen. Der Talg ist hart und weiß und völlig dem thierischen gleich. Die besten daraus verfer- tigten Lichter erhalten einen Wachsüberzug. Gehörig be- reitet, rauchen sie nicht und haben keinen unangenehmen Geruch. Der Talgbaum wird in großen Ebenen reihen- weise gepflanzt, und eine solche Pflanzung gewährt mit den purpurnen Blättern und den hochgelben Blüten des Baumes einen reizenden Anblick. Feine indische Weberei. Zu Dacca in Ostindien wurden bis 1820 Musline von so großer Feinheit gefertigt, daß das Stück von 15 Ellen und1 1 / 2 Elle Breite nur10 1 / 2 Rica Ruppie ( 8 Loth ) wogen. Jetzt sollen aber diese nicht mehr so herzustellen sein, da die Frauen, welche ehemals so fein spannen, seitdem gestorben sind, und wegen der vermin- derten Nachfrage nach dergleichen Zeuchen keine Schüle- rinnen gebildet haben. Die Fäden konnten zu diesem Gespinnste nur vor Sonnenaufgang, so lange noch Thau lag, gesponnen werden, auch besaßen diese Arbeiterinnen eine große Geschicklichkeit im Ausbessern, daß sie z. B. aus einem ganzen Stücke solchen Muslins einen Faden herauszogen und mit einem andern feinern ersetzten. Omaï. Die folgende Abbildung stellt den jungen Omaï dar, einen Eingeborenen der Freundschaftsinseln in der Südsee, welchen der berühmte Seefahrer Cook *), als er gegen Ende des vorigen Jahrhunderts diese Jnseln besuchte, mit sich nahm und nach England brachte. Omaï leistete ihm wesentliche Dienste; er diente ihm nämlich als Dolmetscher bei den Unterhandlungen mit den [Abbildung] Südseeinsulanern, wozu er wegen seiner Gelehrigkeit und sanften, freundlichen Gemüthsart, die den Bewoh- nern der Freundschaftsinseln überhaupt eigen ist, vor- züglich paßte. Auch in England empfahl sich Omaï so sehr durch diese Eigenschaften, daß er dort mit der größten Freundlichkeit behandelt ward und bei den ange- sehensten Personen Zutritt erhielt. Er betrug sich mit vielem Anstand, zeigte eine ungezwungene Höflichkeit gegen Jedermann, und dabei so viel bescheidene Wißbe- gierde, daß er von den berühmtesten Männern Lon- dons geschätzt und ausgezeichnet wurde. Die natürliche Feinheit seines Betragens schien zu verrathen, daß Omal Häuptling eines Stammes in seinem Vaterlande gewe- sen sei; dies war jedoch keineswegs der Fall; allein spätere Reisende, die sich mit den Eingeborenen jener Jnseln vertraut gemacht haben, versichern, daß Allen ein besonderes Talent für den geselligen Umgang eigen ist. Als Cook, den er lange überall hin begleitet hatte, ihn nach seinem Vaterlande zurückbrachte, weinte Omaï die bittersten Thränen und bat dringend, ihn wieder mit nach England zu nehmen, obgleich sein Beschützer sehr für ihn gesorgt und ihm Land, Haus und Gar- ten geschenkt hatte, um in Zukunft ruhig unter seinen Landsleuten leben zu können. Wahrscheinlich fürchtete er, daß diese, wegen der Auszeichnung, die er von den Europäern erfahren, und wegen der größern Kenntnisse, die er auf seinen Reisen gesammelt hatte, einen Haß auf ihn werfen würden, und ruhte deshalb nicht eher, bis er den größten Theil der ihm geschenkten Güter wieder unter seine Landsleute vertheilt hatte. Verantwortliche Herausgeber: Friedrich Brockhaus in Leipzig und Dr. C. Dräxler=Manfred in Wien. Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig. *) Vergl. Pfennig=Magazin Nr. 18.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 164. Leipzig (Sachsen), 21. Mai 1836, S. 168. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig164_1836/8>, abgerufen am 27.11.2024.