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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 164. Leipzig (Sachsen), 21. Mai 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Colonien, das Continentalsystem, die unglücklichen See-
kriege aber haben freilich einen großen Theil dieses Reich-
thums zerstört, doch ist St.=Malos Handel immer noch
bedeutend zu nennen. Die Einfuhr besteht besonders in
Colonialwaaren, die Ausfuhr nach Spanien und Ame-
rika in Hanf, Getreide, Früchten und getrockneten Fischen.
Der französische Stockfischfang ist fast ganz in den Hän-
den von St.=Malo; 120 Schiffe beschäftigen sich aus-
schließend damit und 3000 Matrosen leben von ihm.

Ein Sprüchwort, durch ganz Frankreich bekannt, be-
zeichnet die Hunde von St.=Malo als gefährliche Feinde der
menschlichen Waden, sodaß man Den, der daran vielleicht
Mangel hat, scherzweise fragt, ob er in St.=Malo war.
Dieses Sprüchwort hat seinen Ursprung darin, daß man
ehemals zum Schutz der auf dem Trockenen liegenden
Schiffe eine Schar furchtbarer Bullenbeißer unterhielt,
die, zur Nacht losgelassen, Jeden von den Schiffen abhiel-
ten. Ein besonderer Aufseher war über diese fürchterlichen
Wächter gestellt und regierte sie mit einer Trompete.
Diese Wächter wurden aber 1770 abgeschafft, nachdem
sie einen Offizier, der sich den Eingang erzwingen wollte,
nach vergeblichem Gebrauche seines Degens, in Stücken
zerrissen hatten.



Über das Baden und Schwimmen.

Obgleich der äußerliche Gebrauch des Wassers zur Er-
haltung der Gesundheit und Reinlichkeit schon zu allen
Zeiten und bei allen Völkern gewöhnlich gewesen ist,
so scheint doch das Baden, als angenehmer Genuß oder
als Heilmittel, nur auf die gesitteten Völker Europas
und Asiens beschränkt gewesen zu sein. Jn den frühe-
sten Schriften des Alterthums wird des Badens ent-
weder als eines religiösen Gebrauchs oder als eines
Stärkungsmittels gegen die Beschwerden und Abmat-
tungen des Kriegs erwähnt; aber bei diesen Erwähnun-
gen ist nur das kalte Bad, worauf wir unsere Auf-
merksamkeit beschränken werden, in Betracht gezogen.
Das Baden wurde den Anhängern des Mosaischen Ge-
setzes streng befohlen. An verschiedenen Stellen der heiligen
Schrift wird es als Heilmittel verschiedener Krankheiten
genannt. Jn mehren bestimmten Fällen wurden die
Juden, bevor sie nicht die vorgeschriebenen Abwaschungen
verrichtet hatten, als unrein angesehen und durften keine
Gemeinschaft mit Andern pflegen. Die Griechen ent-
lehnten, wie ihre Geschichtschreiber erzählen, den Ge-
brauch des Bades von den Ägyptern, und die öffentli-
chen Bäder bildeten bei ihnen einen wichtigen Zweig der
Baukunst; viele Wohlhabende suchten sich durch Ver-
schwendung in der Einrichtung und Verzierung öffentli-
cher Bäder die Gunst des Volkes zu erwerben, und
noch heute bewundert man die werthvollen Überreste die-
ser Gebäude. Die Spartaner überließen die Einrich-
tung der Badeanstalten nicht der Willkür von Privat-
personen, sondern unterwarfen sie festen Gesetzen. Die
Römer nahmen sich die Bäder der Griechen zum Mu-
ster und bauten wie diese die schönsten Bäder, die
sie aber später in prächtige Wohnhäuser verwandelten,
worin die Söhne der Patrizier und Reichen erzogen
wurden.

Die Veränderung, welche die Berührung des kal-
ten Wassers auf den Körper hervorbringt, könnte uns
veranlassen, die physische Natur und Eigenschaft des
kalten Bades zu untersuchen, und wir wollen wenigstens
einige Andeutungen davon geben. Das leichteste Wasser
ist wenigstens 800mal schwerer als Luft; wenn daher
die Luftsäule, welche auf unsern Körper drückt, mit ei-
[Spaltenumbruch] ner Gewalt von 39,000 Pfund in Wasser verwan-
delt werden könnte, so würde das ganze Gewicht dieses
Druckes 31,200,000 Pfund betragen. Da aber un-
sere Gesundheit durch einen Unterschied von 3--4000
Pfund in dem Drucke der Luft angegriffen wird, so
kann man leicht begreifen, daß der menschliche Kör-
per nicht dazu geeignet ist, auf längere Zeit den großen
Druck des Wassers zu ertragen. Aus diesem Grunde
wagen es selbst die erfahrensten Negertaucher nicht, über
einer gewissen Tiefe sich in das Meer hinabzulassen,
wohlwissend, daß es unmöglich sein würde, sich gegen
den vermehrten Druck des Wassers auf ihren Körper
wieder zu erheben.

Wenn Jemand in dem gewöhnlichen Gesundheits-
zustande in ein kaltes Bad geht, ergreift ihn zuerst ein
Gefühl von Kälte, worauf fast unmittelbar eine schnell
zunehmende Wärme folgt. Diese Zunahme der thieri-
schen Wärme ist der Gegenwirkung des gesammten Kör-
pers zuzuschreiben, die ihn in den Stand setzt, dem
äußern Eindrucke, welcher ihm schädlich werden könnte,
zu widerstehen; diese Gegenwirkung steht im Verhält-
niß mit der Stärke des Eindrucks, durch welchen sie
aufgereizt wird, und mit der Stärke der Lebenskräfte,
deren besondere Anstrengung sie ist. Diese Gegenwir-
kung ist es, die den Körper in Stand setzt, von der
Anwendung des kalten Bades Nutzen zu ziehen, und
wo sie gar nicht, oder nur in geringem Grade stattfin-
det, ist das kalte Bad unvorsichtig angewendet; wenn
daher der Körper durch dauernde Arbeit oder Krankheit
geschwächt worden ist, sollte das kalte Bad vermieden
werden, und wenn Jemand nach dem Gebrauch dessel-
ben matt und unthätig ist oder fröstelt, von Kopf-
schmerz oder Brustbeklemmung befallen wird, so ist es
einleuchtend, daß er es nicht vertragen kann, oder daß
er es zu lange gebraucht hat. Das beste kalte Bad
ist im Meere oder in einem Flusse, indem wir hier
nicht unthätig sein dürfen, sondern stets in Bewegung
bleiben müssen und dadurch das Blut von dem Mit-
telpunkte bis zu den entferntesten Theilen des Körpers
in Umlauf bringen. Nachdem man das Bad verlassen
hat, muß man den Körper mit einem trockenen und
etwas rauhen Tuche abtrocknen.

Dr. Franklin ist der Meinung, daß es nie zu spät
sei, schwimmen zu lernen, und diese Meinung wird
durch die specifische Schwere der verschiedenen Theile des
menschlichen Körpers gerechtfertigt. Die Beine, Arme
und der Kopf, als feste Theile, sind specifisch schwerer
als frisches Wasser; der Rumpf jedoch, besonders der
obere Theil, ist wegen seiner hohlen Beschaffenheit viel
leichter als Wasser, sodaß der ganze Körper zusammen-
genommen zu leicht ist, ganz unter das Wasser zu sin-
ken, sondern es wird ein Theil oben bleiben, bis die
Lunge mit Wasser angefüllt ist. Dies geschieht da-
durch, daß Wasser anstatt Luft eingesogen wird, daß
Jemand in plötzlichem Schrecken zu athmen versucht,
während der Mund und die Nase untergetaucht sind.
Die Beine und Arme sind specifisch leichter als Salz-
wasser, und werden auf der Oberfläche desselben erhalten
werden, sodaß der menschliche Körper in Salzwasser
nicht sinken würde, selbst wenn die Lunge schon mit
Wasser angefüllt wäre, wofern nicht die größere speci-
fische Schwere des Kopfes vorhanden wäre; folglich
kann Jemand, wenn er sich auf den Rücken legt und
die Arme ausstreckt, in dieser Lage bleiben und durch
Mund und Nase frei athmen, durch eine leichte Hand-
bewegung aber den Körper an dem Umwenden hindern,
wenn er Neigung dazu zeigen sollte. Legt sich im fri-
schen Wasser aber Jemand rücklings auf die Oberfläche,
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] Colonien, das Continentalsystem, die unglücklichen See-
kriege aber haben freilich einen großen Theil dieses Reich-
thums zerstört, doch ist St.=Malos Handel immer noch
bedeutend zu nennen. Die Einfuhr besteht besonders in
Colonialwaaren, die Ausfuhr nach Spanien und Ame-
rika in Hanf, Getreide, Früchten und getrockneten Fischen.
Der französische Stockfischfang ist fast ganz in den Hän-
den von St.=Malo; 120 Schiffe beschäftigen sich aus-
schließend damit und 3000 Matrosen leben von ihm.

Ein Sprüchwort, durch ganz Frankreich bekannt, be-
zeichnet die Hunde von St.=Malo als gefährliche Feinde der
menschlichen Waden, sodaß man Den, der daran vielleicht
Mangel hat, scherzweise fragt, ob er in St.=Malo war.
Dieses Sprüchwort hat seinen Ursprung darin, daß man
ehemals zum Schutz der auf dem Trockenen liegenden
Schiffe eine Schar furchtbarer Bullenbeißer unterhielt,
die, zur Nacht losgelassen, Jeden von den Schiffen abhiel-
ten. Ein besonderer Aufseher war über diese fürchterlichen
Wächter gestellt und regierte sie mit einer Trompete.
Diese Wächter wurden aber 1770 abgeschafft, nachdem
sie einen Offizier, der sich den Eingang erzwingen wollte,
nach vergeblichem Gebrauche seines Degens, in Stücken
zerrissen hatten.



Über das Baden und Schwimmen.

Obgleich der äußerliche Gebrauch des Wassers zur Er-
haltung der Gesundheit und Reinlichkeit schon zu allen
Zeiten und bei allen Völkern gewöhnlich gewesen ist,
so scheint doch das Baden, als angenehmer Genuß oder
als Heilmittel, nur auf die gesitteten Völker Europas
und Asiens beschränkt gewesen zu sein. Jn den frühe-
sten Schriften des Alterthums wird des Badens ent-
weder als eines religiösen Gebrauchs oder als eines
Stärkungsmittels gegen die Beschwerden und Abmat-
tungen des Kriegs erwähnt; aber bei diesen Erwähnun-
gen ist nur das kalte Bad, worauf wir unsere Auf-
merksamkeit beschränken werden, in Betracht gezogen.
Das Baden wurde den Anhängern des Mosaischen Ge-
setzes streng befohlen. An verschiedenen Stellen der heiligen
Schrift wird es als Heilmittel verschiedener Krankheiten
genannt. Jn mehren bestimmten Fällen wurden die
Juden, bevor sie nicht die vorgeschriebenen Abwaschungen
verrichtet hatten, als unrein angesehen und durften keine
Gemeinschaft mit Andern pflegen. Die Griechen ent-
lehnten, wie ihre Geschichtschreiber erzählen, den Ge-
brauch des Bades von den Ägyptern, und die öffentli-
chen Bäder bildeten bei ihnen einen wichtigen Zweig der
Baukunst; viele Wohlhabende suchten sich durch Ver-
schwendung in der Einrichtung und Verzierung öffentli-
cher Bäder die Gunst des Volkes zu erwerben, und
noch heute bewundert man die werthvollen Überreste die-
ser Gebäude. Die Spartaner überließen die Einrich-
tung der Badeanstalten nicht der Willkür von Privat-
personen, sondern unterwarfen sie festen Gesetzen. Die
Römer nahmen sich die Bäder der Griechen zum Mu-
ster und bauten wie diese die schönsten Bäder, die
sie aber später in prächtige Wohnhäuser verwandelten,
worin die Söhne der Patrizier und Reichen erzogen
wurden.

Die Veränderung, welche die Berührung des kal-
ten Wassers auf den Körper hervorbringt, könnte uns
veranlassen, die physische Natur und Eigenschaft des
kalten Bades zu untersuchen, und wir wollen wenigstens
einige Andeutungen davon geben. Das leichteste Wasser
ist wenigstens 800mal schwerer als Luft; wenn daher
die Luftsäule, welche auf unsern Körper drückt, mit ei-
[Spaltenumbruch] ner Gewalt von 39,000 Pfund in Wasser verwan-
delt werden könnte, so würde das ganze Gewicht dieses
Druckes 31,200,000 Pfund betragen. Da aber un-
sere Gesundheit durch einen Unterschied von 3—4000
Pfund in dem Drucke der Luft angegriffen wird, so
kann man leicht begreifen, daß der menschliche Kör-
per nicht dazu geeignet ist, auf längere Zeit den großen
Druck des Wassers zu ertragen. Aus diesem Grunde
wagen es selbst die erfahrensten Negertaucher nicht, über
einer gewissen Tiefe sich in das Meer hinabzulassen,
wohlwissend, daß es unmöglich sein würde, sich gegen
den vermehrten Druck des Wassers auf ihren Körper
wieder zu erheben.

Wenn Jemand in dem gewöhnlichen Gesundheits-
zustande in ein kaltes Bad geht, ergreift ihn zuerst ein
Gefühl von Kälte, worauf fast unmittelbar eine schnell
zunehmende Wärme folgt. Diese Zunahme der thieri-
schen Wärme ist der Gegenwirkung des gesammten Kör-
pers zuzuschreiben, die ihn in den Stand setzt, dem
äußern Eindrucke, welcher ihm schädlich werden könnte,
zu widerstehen; diese Gegenwirkung steht im Verhält-
niß mit der Stärke des Eindrucks, durch welchen sie
aufgereizt wird, und mit der Stärke der Lebenskräfte,
deren besondere Anstrengung sie ist. Diese Gegenwir-
kung ist es, die den Körper in Stand setzt, von der
Anwendung des kalten Bades Nutzen zu ziehen, und
wo sie gar nicht, oder nur in geringem Grade stattfin-
det, ist das kalte Bad unvorsichtig angewendet; wenn
daher der Körper durch dauernde Arbeit oder Krankheit
geschwächt worden ist, sollte das kalte Bad vermieden
werden, und wenn Jemand nach dem Gebrauch dessel-
ben matt und unthätig ist oder fröstelt, von Kopf-
schmerz oder Brustbeklemmung befallen wird, so ist es
einleuchtend, daß er es nicht vertragen kann, oder daß
er es zu lange gebraucht hat. Das beste kalte Bad
ist im Meere oder in einem Flusse, indem wir hier
nicht unthätig sein dürfen, sondern stets in Bewegung
bleiben müssen und dadurch das Blut von dem Mit-
telpunkte bis zu den entferntesten Theilen des Körpers
in Umlauf bringen. Nachdem man das Bad verlassen
hat, muß man den Körper mit einem trockenen und
etwas rauhen Tuche abtrocknen.

Dr. Franklin ist der Meinung, daß es nie zu spät
sei, schwimmen zu lernen, und diese Meinung wird
durch die specifische Schwere der verschiedenen Theile des
menschlichen Körpers gerechtfertigt. Die Beine, Arme
und der Kopf, als feste Theile, sind specifisch schwerer
als frisches Wasser; der Rumpf jedoch, besonders der
obere Theil, ist wegen seiner hohlen Beschaffenheit viel
leichter als Wasser, sodaß der ganze Körper zusammen-
genommen zu leicht ist, ganz unter das Wasser zu sin-
ken, sondern es wird ein Theil oben bleiben, bis die
Lunge mit Wasser angefüllt ist. Dies geschieht da-
durch, daß Wasser anstatt Luft eingesogen wird, daß
Jemand in plötzlichem Schrecken zu athmen versucht,
während der Mund und die Nase untergetaucht sind.
Die Beine und Arme sind specifisch leichter als Salz-
wasser, und werden auf der Oberfläche desselben erhalten
werden, sodaß der menschliche Körper in Salzwasser
nicht sinken würde, selbst wenn die Lunge schon mit
Wasser angefüllt wäre, wofern nicht die größere speci-
fische Schwere des Kopfes vorhanden wäre; folglich
kann Jemand, wenn er sich auf den Rücken legt und
die Arme ausstreckt, in dieser Lage bleiben und durch
Mund und Nase frei athmen, durch eine leichte Hand-
bewegung aber den Körper an dem Umwenden hindern,
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schen Wasser aber Jemand rücklings auf die Oberfläche,
[Ende Spaltensatz]

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[166/0006] Das Pfennig=Magazin. Colonien, das Continentalsystem, die unglücklichen See- kriege aber haben freilich einen großen Theil dieses Reich- thums zerstört, doch ist St.=Malos Handel immer noch bedeutend zu nennen. Die Einfuhr besteht besonders in Colonialwaaren, die Ausfuhr nach Spanien und Ame- rika in Hanf, Getreide, Früchten und getrockneten Fischen. Der französische Stockfischfang ist fast ganz in den Hän- den von St.=Malo; 120 Schiffe beschäftigen sich aus- schließend damit und 3000 Matrosen leben von ihm. Ein Sprüchwort, durch ganz Frankreich bekannt, be- zeichnet die Hunde von St.=Malo als gefährliche Feinde der menschlichen Waden, sodaß man Den, der daran vielleicht Mangel hat, scherzweise fragt, ob er in St.=Malo war. Dieses Sprüchwort hat seinen Ursprung darin, daß man ehemals zum Schutz der auf dem Trockenen liegenden Schiffe eine Schar furchtbarer Bullenbeißer unterhielt, die, zur Nacht losgelassen, Jeden von den Schiffen abhiel- ten. Ein besonderer Aufseher war über diese fürchterlichen Wächter gestellt und regierte sie mit einer Trompete. Diese Wächter wurden aber 1770 abgeschafft, nachdem sie einen Offizier, der sich den Eingang erzwingen wollte, nach vergeblichem Gebrauche seines Degens, in Stücken zerrissen hatten. Über das Baden und Schwimmen. Obgleich der äußerliche Gebrauch des Wassers zur Er- haltung der Gesundheit und Reinlichkeit schon zu allen Zeiten und bei allen Völkern gewöhnlich gewesen ist, so scheint doch das Baden, als angenehmer Genuß oder als Heilmittel, nur auf die gesitteten Völker Europas und Asiens beschränkt gewesen zu sein. Jn den frühe- sten Schriften des Alterthums wird des Badens ent- weder als eines religiösen Gebrauchs oder als eines Stärkungsmittels gegen die Beschwerden und Abmat- tungen des Kriegs erwähnt; aber bei diesen Erwähnun- gen ist nur das kalte Bad, worauf wir unsere Auf- merksamkeit beschränken werden, in Betracht gezogen. Das Baden wurde den Anhängern des Mosaischen Ge- setzes streng befohlen. An verschiedenen Stellen der heiligen Schrift wird es als Heilmittel verschiedener Krankheiten genannt. Jn mehren bestimmten Fällen wurden die Juden, bevor sie nicht die vorgeschriebenen Abwaschungen verrichtet hatten, als unrein angesehen und durften keine Gemeinschaft mit Andern pflegen. Die Griechen ent- lehnten, wie ihre Geschichtschreiber erzählen, den Ge- brauch des Bades von den Ägyptern, und die öffentli- chen Bäder bildeten bei ihnen einen wichtigen Zweig der Baukunst; viele Wohlhabende suchten sich durch Ver- schwendung in der Einrichtung und Verzierung öffentli- cher Bäder die Gunst des Volkes zu erwerben, und noch heute bewundert man die werthvollen Überreste die- ser Gebäude. Die Spartaner überließen die Einrich- tung der Badeanstalten nicht der Willkür von Privat- personen, sondern unterwarfen sie festen Gesetzen. Die Römer nahmen sich die Bäder der Griechen zum Mu- ster und bauten wie diese die schönsten Bäder, die sie aber später in prächtige Wohnhäuser verwandelten, worin die Söhne der Patrizier und Reichen erzogen wurden. Die Veränderung, welche die Berührung des kal- ten Wassers auf den Körper hervorbringt, könnte uns veranlassen, die physische Natur und Eigenschaft des kalten Bades zu untersuchen, und wir wollen wenigstens einige Andeutungen davon geben. Das leichteste Wasser ist wenigstens 800mal schwerer als Luft; wenn daher die Luftsäule, welche auf unsern Körper drückt, mit ei- ner Gewalt von 39,000 Pfund in Wasser verwan- delt werden könnte, so würde das ganze Gewicht dieses Druckes 31,200,000 Pfund betragen. Da aber un- sere Gesundheit durch einen Unterschied von 3—4000 Pfund in dem Drucke der Luft angegriffen wird, so kann man leicht begreifen, daß der menschliche Kör- per nicht dazu geeignet ist, auf längere Zeit den großen Druck des Wassers zu ertragen. Aus diesem Grunde wagen es selbst die erfahrensten Negertaucher nicht, über einer gewissen Tiefe sich in das Meer hinabzulassen, wohlwissend, daß es unmöglich sein würde, sich gegen den vermehrten Druck des Wassers auf ihren Körper wieder zu erheben. Wenn Jemand in dem gewöhnlichen Gesundheits- zustande in ein kaltes Bad geht, ergreift ihn zuerst ein Gefühl von Kälte, worauf fast unmittelbar eine schnell zunehmende Wärme folgt. Diese Zunahme der thieri- schen Wärme ist der Gegenwirkung des gesammten Kör- pers zuzuschreiben, die ihn in den Stand setzt, dem äußern Eindrucke, welcher ihm schädlich werden könnte, zu widerstehen; diese Gegenwirkung steht im Verhält- niß mit der Stärke des Eindrucks, durch welchen sie aufgereizt wird, und mit der Stärke der Lebenskräfte, deren besondere Anstrengung sie ist. Diese Gegenwir- kung ist es, die den Körper in Stand setzt, von der Anwendung des kalten Bades Nutzen zu ziehen, und wo sie gar nicht, oder nur in geringem Grade stattfin- det, ist das kalte Bad unvorsichtig angewendet; wenn daher der Körper durch dauernde Arbeit oder Krankheit geschwächt worden ist, sollte das kalte Bad vermieden werden, und wenn Jemand nach dem Gebrauch dessel- ben matt und unthätig ist oder fröstelt, von Kopf- schmerz oder Brustbeklemmung befallen wird, so ist es einleuchtend, daß er es nicht vertragen kann, oder daß er es zu lange gebraucht hat. Das beste kalte Bad ist im Meere oder in einem Flusse, indem wir hier nicht unthätig sein dürfen, sondern stets in Bewegung bleiben müssen und dadurch das Blut von dem Mit- telpunkte bis zu den entferntesten Theilen des Körpers in Umlauf bringen. Nachdem man das Bad verlassen hat, muß man den Körper mit einem trockenen und etwas rauhen Tuche abtrocknen. Dr. Franklin ist der Meinung, daß es nie zu spät sei, schwimmen zu lernen, und diese Meinung wird durch die specifische Schwere der verschiedenen Theile des menschlichen Körpers gerechtfertigt. Die Beine, Arme und der Kopf, als feste Theile, sind specifisch schwerer als frisches Wasser; der Rumpf jedoch, besonders der obere Theil, ist wegen seiner hohlen Beschaffenheit viel leichter als Wasser, sodaß der ganze Körper zusammen- genommen zu leicht ist, ganz unter das Wasser zu sin- ken, sondern es wird ein Theil oben bleiben, bis die Lunge mit Wasser angefüllt ist. Dies geschieht da- durch, daß Wasser anstatt Luft eingesogen wird, daß Jemand in plötzlichem Schrecken zu athmen versucht, während der Mund und die Nase untergetaucht sind. Die Beine und Arme sind specifisch leichter als Salz- wasser, und werden auf der Oberfläche desselben erhalten werden, sodaß der menschliche Körper in Salzwasser nicht sinken würde, selbst wenn die Lunge schon mit Wasser angefüllt wäre, wofern nicht die größere speci- fische Schwere des Kopfes vorhanden wäre; folglich kann Jemand, wenn er sich auf den Rücken legt und die Arme ausstreckt, in dieser Lage bleiben und durch Mund und Nase frei athmen, durch eine leichte Hand- bewegung aber den Körper an dem Umwenden hindern, wenn er Neigung dazu zeigen sollte. Legt sich im fri- schen Wasser aber Jemand rücklings auf die Oberfläche,

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 164. Leipzig (Sachsen), 21. Mai 1836, S. 166. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig164_1836/6>, abgerufen am 27.11.2024.