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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 157. Leipzig (Sachsen), 2. April 1836.

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Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] [Abbildung] Die Wanderkrabbe.
möglich ihren Verfolgern zu entkommen, wobei sie sich
geschickt ihrer Scheren zur Vertheidigung bedienen, die sie
aber nicht lange fortsetzen, da sie lieber die Schere im
Stiche lassen, welche, obgleich von dem Körper gleich-
sam losgesprengt, doch nicht minder heftig zu zwicken
fortfährt, bei der nächsten Häutung aber dem Thiere
durch eine andere ersetzt wird. Dasselbe ist der Fall
mit den Füßen.

Wie die Flußkrebse sind auch diese Krebse vor
dem Eierlegen und dann wieder nach demselben, kurz
vor und nach dem Ablegen der Schale am besten, und
ihr Fleisch soll dann, vorzüglich wenn es fett ist, sehr
wohlschmeckend sein. Der Wechsel der Schale hat im
Juli und August statt, und um dies mit Ruhe abwar-
ten zu können, verstopfen sie dann ihre Höhle dicht
mit Gras.

Da aber die Eier nur im Wasser zur Entwicke-
lung kommen, so suchen diese Thiere um jene Zeit das
ihnen erfoderliche Wasser auf, und diese Wande-
rungen sind es, welche sie besonders merkwürdig ma-
chen und ihnen ihren Namen gegeben haben. Jn un-
endlicher Zahl vereinigt, beginnen sie die Wanderung
und verfolgen ihren Zweck gradewegs, keine Hindernisse
umgehend, sondern vielmehr Alles, was ihnen in den
Weg kommt, übersteigend. Da sie besonders des Nachts
wandern, so dringen sie dann sogar in die Häuser ein.
Man sagt, daß sie in der Regel in drei Haufen ziehen.
Den Vortrab sollen die kräftigsten Männchen bilden,
die gleichsam die Bahn brechen; ihnen folgen die
Weibchen in besserer Ordnung, in Zügen von 50 Fuß
Breite und so dicht, daß sie im eigentlichen Sinne
den Boden bedecken. Den Nachtrab bilden vermischte
Haufen aus Männchen und Weibchen bestehend, schwa-
che und kraftlose, die mit den andern nicht gleichen
Schritt halten können. Wird ein Zug erschreckt, so
begibt sich Alles rückwärts in die Flucht, erhebt aber
drohend die Scheren und macht damit ein furchtba-
res Geklapper, um die Feinde zu schrecken. An dem
Wasser angekommen, werden die an den Füßen hän-
genden Eier am Ufer abgewaschen und mit Sand
bedeckt. Hier sind sie wie die Eier und die Jungen
abermals vielen Verfolgungen, jene von Menschen und
größern Thieren, diese von Fischen, ausgesetzt, nichts-
destoweniger aber wandern die Jungen in zahlloser
Menge in das Jnnere des Landes zurück. Ein Reisender
erzählt, daß er die Straße wie mit rothem Staub be-
deckt sah; er stieg ab, um die Sache näher zu betrach-
ten, und fand, daß es junge Krabben waren, welche
rasch über die Straße gegen das Gebirge wanderten; er[Spaltenumbruch] ritt acht Stunden der Küste entlang und fand über-
all Alles von denselben so voll, daß unter jedem Fußtritt
des Pferdes wenigstens zehn Krabben ihr Leben verlo-
ren, und als er am andern Tage zurückritt, fand er es
noch immer so, doch bemerkt er, daß die jungen Krabben
nicht immer in solcher Menge zum Vorschein kämen.



Das Nest des geselligen Kernbeißers.
[Abbildung]

Wir danken dem berühmten französischen Naturfor-
scher Levaillant die genauere Beschreibung des oben
dargestellten ungeheuern Nestes, oder vielmehr dieser gro-
ßen Nestercolonie, indem die Masse nicht von einem
Vogel, sondern von vielen erbaut wird, weshalb der
Vogel auch der gesellige Kernbeißer genannt wird. Es
ist eine Art Finke, olivenbraun, unten gelblich mit dunk-
lerm oder schwärzlicherm Kopfe und Flügel. Levaillant
untersuchte auf seiner zweiten Reise im Jnnern von Afrika
ein solches Nest bis in seine kleinsten Einzelnheiten. Zu
diesem Zweck hieb er es mit einem Beile in Stücke
und bemerkte nun, daß die obere Decke nur aus einer
Masse von Buschmanngras bestand, ohne alle andere
Beimischung, welches aber so dicht und fest ineinander
gewirkt war, daß es selbst für den heftigsten Regen
undurchdringlich wurde. Dies ist aber nur der Anfang
des ganzen Baues, und jedes Vogelpaar baut nun sein
eignes Nest unter diesem Baldachin. Jedes einzelne Nest
hat drei oder vier Zoll im Durchmesser, und da sie
ringsum dicht aneinander sitzen, so scheinen sie nur
Ein Gebäude auszumachen und sind nur durch eine
kleine äußere Öffnung voneinander zu unterscheiden,
welche jedem als Eingang dient, und von denen sogar
manche für drei Nester benutzt wird, indem eines
oben und zwei an der Seite befestigt sind. Nach
einem andern Beobachter, dem Engländer Patterson,
sollen die Nester nach Verhältniß des Anwachses
der Colonie selbst sich vermehren und die alten Ne-
ster dann als Verbindungswege dienen. Es ist kein
Zweifel, daß bei Vermehrung der Vögel auch die An-
zahl der Nester wachsen muß und daß, da ein Anbau
nur auf der untern Seite stattfindet, die neu erbauten
Nester die alten bedecken, diese also verlassen werden
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin.
[Beginn Spaltensatz] [Abbildung] Die Wanderkrabbe.
möglich ihren Verfolgern zu entkommen, wobei sie sich
geschickt ihrer Scheren zur Vertheidigung bedienen, die sie
aber nicht lange fortsetzen, da sie lieber die Schere im
Stiche lassen, welche, obgleich von dem Körper gleich-
sam losgesprengt, doch nicht minder heftig zu zwicken
fortfährt, bei der nächsten Häutung aber dem Thiere
durch eine andere ersetzt wird. Dasselbe ist der Fall
mit den Füßen.

Wie die Flußkrebse sind auch diese Krebse vor
dem Eierlegen und dann wieder nach demselben, kurz
vor und nach dem Ablegen der Schale am besten, und
ihr Fleisch soll dann, vorzüglich wenn es fett ist, sehr
wohlschmeckend sein. Der Wechsel der Schale hat im
Juli und August statt, und um dies mit Ruhe abwar-
ten zu können, verstopfen sie dann ihre Höhle dicht
mit Gras.

Da aber die Eier nur im Wasser zur Entwicke-
lung kommen, so suchen diese Thiere um jene Zeit das
ihnen erfoderliche Wasser auf, und diese Wande-
rungen sind es, welche sie besonders merkwürdig ma-
chen und ihnen ihren Namen gegeben haben. Jn un-
endlicher Zahl vereinigt, beginnen sie die Wanderung
und verfolgen ihren Zweck gradewegs, keine Hindernisse
umgehend, sondern vielmehr Alles, was ihnen in den
Weg kommt, übersteigend. Da sie besonders des Nachts
wandern, so dringen sie dann sogar in die Häuser ein.
Man sagt, daß sie in der Regel in drei Haufen ziehen.
Den Vortrab sollen die kräftigsten Männchen bilden,
die gleichsam die Bahn brechen; ihnen folgen die
Weibchen in besserer Ordnung, in Zügen von 50 Fuß
Breite und so dicht, daß sie im eigentlichen Sinne
den Boden bedecken. Den Nachtrab bilden vermischte
Haufen aus Männchen und Weibchen bestehend, schwa-
che und kraftlose, die mit den andern nicht gleichen
Schritt halten können. Wird ein Zug erschreckt, so
begibt sich Alles rückwärts in die Flucht, erhebt aber
drohend die Scheren und macht damit ein furchtba-
res Geklapper, um die Feinde zu schrecken. An dem
Wasser angekommen, werden die an den Füßen hän-
genden Eier am Ufer abgewaschen und mit Sand
bedeckt. Hier sind sie wie die Eier und die Jungen
abermals vielen Verfolgungen, jene von Menschen und
größern Thieren, diese von Fischen, ausgesetzt, nichts-
destoweniger aber wandern die Jungen in zahlloser
Menge in das Jnnere des Landes zurück. Ein Reisender
erzählt, daß er die Straße wie mit rothem Staub be-
deckt sah; er stieg ab, um die Sache näher zu betrach-
ten, und fand, daß es junge Krabben waren, welche
rasch über die Straße gegen das Gebirge wanderten; er[Spaltenumbruch] ritt acht Stunden der Küste entlang und fand über-
all Alles von denselben so voll, daß unter jedem Fußtritt
des Pferdes wenigstens zehn Krabben ihr Leben verlo-
ren, und als er am andern Tage zurückritt, fand er es
noch immer so, doch bemerkt er, daß die jungen Krabben
nicht immer in solcher Menge zum Vorschein kämen.



Das Nest des geselligen Kernbeißers.
[Abbildung]

Wir danken dem berühmten französischen Naturfor-
scher Levaillant die genauere Beschreibung des oben
dargestellten ungeheuern Nestes, oder vielmehr dieser gro-
ßen Nestercolonie, indem die Masse nicht von einem
Vogel, sondern von vielen erbaut wird, weshalb der
Vogel auch der gesellige Kernbeißer genannt wird. Es
ist eine Art Finke, olivenbraun, unten gelblich mit dunk-
lerm oder schwärzlicherm Kopfe und Flügel. Levaillant
untersuchte auf seiner zweiten Reise im Jnnern von Afrika
ein solches Nest bis in seine kleinsten Einzelnheiten. Zu
diesem Zweck hieb er es mit einem Beile in Stücke
und bemerkte nun, daß die obere Decke nur aus einer
Masse von Buschmanngras bestand, ohne alle andere
Beimischung, welches aber so dicht und fest ineinander
gewirkt war, daß es selbst für den heftigsten Regen
undurchdringlich wurde. Dies ist aber nur der Anfang
des ganzen Baues, und jedes Vogelpaar baut nun sein
eignes Nest unter diesem Baldachin. Jedes einzelne Nest
hat drei oder vier Zoll im Durchmesser, und da sie
ringsum dicht aneinander sitzen, so scheinen sie nur
Ein Gebäude auszumachen und sind nur durch eine
kleine äußere Öffnung voneinander zu unterscheiden,
welche jedem als Eingang dient, und von denen sogar
manche für drei Nester benutzt wird, indem eines
oben und zwei an der Seite befestigt sind. Nach
einem andern Beobachter, dem Engländer Patterson,
sollen die Nester nach Verhältniß des Anwachses
der Colonie selbst sich vermehren und die alten Ne-
ster dann als Verbindungswege dienen. Es ist kein
Zweifel, daß bei Vermehrung der Vögel auch die An-
zahl der Nester wachsen muß und daß, da ein Anbau
nur auf der untern Seite stattfindet, die neu erbauten
Nester die alten bedecken, diese also verlassen werden
[Ende Spaltensatz]

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[108/0004] Das Pfennig=Magazin. [Abbildung Die Wanderkrabbe.] möglich ihren Verfolgern zu entkommen, wobei sie sich geschickt ihrer Scheren zur Vertheidigung bedienen, die sie aber nicht lange fortsetzen, da sie lieber die Schere im Stiche lassen, welche, obgleich von dem Körper gleich- sam losgesprengt, doch nicht minder heftig zu zwicken fortfährt, bei der nächsten Häutung aber dem Thiere durch eine andere ersetzt wird. Dasselbe ist der Fall mit den Füßen. Wie die Flußkrebse sind auch diese Krebse vor dem Eierlegen und dann wieder nach demselben, kurz vor und nach dem Ablegen der Schale am besten, und ihr Fleisch soll dann, vorzüglich wenn es fett ist, sehr wohlschmeckend sein. Der Wechsel der Schale hat im Juli und August statt, und um dies mit Ruhe abwar- ten zu können, verstopfen sie dann ihre Höhle dicht mit Gras. Da aber die Eier nur im Wasser zur Entwicke- lung kommen, so suchen diese Thiere um jene Zeit das ihnen erfoderliche Wasser auf, und diese Wande- rungen sind es, welche sie besonders merkwürdig ma- chen und ihnen ihren Namen gegeben haben. Jn un- endlicher Zahl vereinigt, beginnen sie die Wanderung und verfolgen ihren Zweck gradewegs, keine Hindernisse umgehend, sondern vielmehr Alles, was ihnen in den Weg kommt, übersteigend. Da sie besonders des Nachts wandern, so dringen sie dann sogar in die Häuser ein. Man sagt, daß sie in der Regel in drei Haufen ziehen. Den Vortrab sollen die kräftigsten Männchen bilden, die gleichsam die Bahn brechen; ihnen folgen die Weibchen in besserer Ordnung, in Zügen von 50 Fuß Breite und so dicht, daß sie im eigentlichen Sinne den Boden bedecken. Den Nachtrab bilden vermischte Haufen aus Männchen und Weibchen bestehend, schwa- che und kraftlose, die mit den andern nicht gleichen Schritt halten können. Wird ein Zug erschreckt, so begibt sich Alles rückwärts in die Flucht, erhebt aber drohend die Scheren und macht damit ein furchtba- res Geklapper, um die Feinde zu schrecken. An dem Wasser angekommen, werden die an den Füßen hän- genden Eier am Ufer abgewaschen und mit Sand bedeckt. Hier sind sie wie die Eier und die Jungen abermals vielen Verfolgungen, jene von Menschen und größern Thieren, diese von Fischen, ausgesetzt, nichts- destoweniger aber wandern die Jungen in zahlloser Menge in das Jnnere des Landes zurück. Ein Reisender erzählt, daß er die Straße wie mit rothem Staub be- deckt sah; er stieg ab, um die Sache näher zu betrach- ten, und fand, daß es junge Krabben waren, welche rasch über die Straße gegen das Gebirge wanderten; er ritt acht Stunden der Küste entlang und fand über- all Alles von denselben so voll, daß unter jedem Fußtritt des Pferdes wenigstens zehn Krabben ihr Leben verlo- ren, und als er am andern Tage zurückritt, fand er es noch immer so, doch bemerkt er, daß die jungen Krabben nicht immer in solcher Menge zum Vorschein kämen. Das Nest des geselligen Kernbeißers. [Abbildung] Wir danken dem berühmten französischen Naturfor- scher Levaillant die genauere Beschreibung des oben dargestellten ungeheuern Nestes, oder vielmehr dieser gro- ßen Nestercolonie, indem die Masse nicht von einem Vogel, sondern von vielen erbaut wird, weshalb der Vogel auch der gesellige Kernbeißer genannt wird. Es ist eine Art Finke, olivenbraun, unten gelblich mit dunk- lerm oder schwärzlicherm Kopfe und Flügel. Levaillant untersuchte auf seiner zweiten Reise im Jnnern von Afrika ein solches Nest bis in seine kleinsten Einzelnheiten. Zu diesem Zweck hieb er es mit einem Beile in Stücke und bemerkte nun, daß die obere Decke nur aus einer Masse von Buschmanngras bestand, ohne alle andere Beimischung, welches aber so dicht und fest ineinander gewirkt war, daß es selbst für den heftigsten Regen undurchdringlich wurde. Dies ist aber nur der Anfang des ganzen Baues, und jedes Vogelpaar baut nun sein eignes Nest unter diesem Baldachin. Jedes einzelne Nest hat drei oder vier Zoll im Durchmesser, und da sie ringsum dicht aneinander sitzen, so scheinen sie nur Ein Gebäude auszumachen und sind nur durch eine kleine äußere Öffnung voneinander zu unterscheiden, welche jedem als Eingang dient, und von denen sogar manche für drei Nester benutzt wird, indem eines oben und zwei an der Seite befestigt sind. Nach einem andern Beobachter, dem Engländer Patterson, sollen die Nester nach Verhältniß des Anwachses der Colonie selbst sich vermehren und die alten Ne- ster dann als Verbindungswege dienen. Es ist kein Zweifel, daß bei Vermehrung der Vögel auch die An- zahl der Nester wachsen muß und daß, da ein Anbau nur auf der untern Seite stattfindet, die neu erbauten Nester die alten bedecken, diese also verlassen werden

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 157. Leipzig (Sachsen), 2. April 1836, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig157_1836/4>, abgerufen am 27.11.2024.