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Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 155. Leipzig (Sachsen), 19. März 1836.

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Das Pfennig=Magazin
der
Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse.


Nr. 155. ] Erscheint jeden Sonnabend. [März 19, 1836.


Schalthiere oder Conchylien.
[Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]

Die Schalthiere, ein höchst merkwürdiges und mannich-
faltiges Thiergeschlecht, leben theils im Meere und in
Flüssen, theils auf dem Lande. Nach ihrer Schale wer-
den sie eingetheilt in Schnecken, wenn die Schale nur
aus einem Stücke besteht, und in Muscheln, wenn sie
aus mehren zusammengesetzt ist. Diese Schalen sind
außerdem aber sehr verschiedenartig gestaltet und noch
verschiedener gezeichnet, sodaß, wenn man diese Thiergat-
tung nach Gestalt, Zeichnung und Farbe der Schalen ord-
nen will, man eine große, fast nicht zu übersehende Menge
von Abarten erhält. Neuere Naturforscher haben daher
nicht die Schalen, sondern die inwohnenden Thiere selbst
in zwei Hauptclassen, die der Weichthiere und Ringel-
würmer gebracht. Die Schalen bildet sich das Thier selbst
aus einem kalkhaltigen Safte, den es ausschwitzt und
der dann leicht verhärtet. Es gibt bedeutende Samm-
lungen solcher Schalen, die nach ihrer Gestalt und Farbe
eigne, von andern ihnen ähnlichen Gegenständen ent-
lehnte Namen erhielten, wobei man freilich, um diese
Ähnlichkeiten zu finden, die Phantasie zu Hülfe nehmen
muß. Dies ganze Thiergeschlecht ist übrigens von den
Naturforschern noch wenig gekannt, weshalb wir zwölf
theils allgemein bekanntere, theils von Sammlern sehr
geschätzte Schnecken= und Muschelgattungen hier in treuen
Abbildungen geben.

Nr. 1 ist der viel gefürchtete Bohrwurm,
welcher durch Zerbohren des Holzes an Schiffen
[Spaltenumbruch] und Wasserbauen schon oft ungeheuern Schaden ange-
richtet hat. Den eigentlichen Wurm umgibt eine lange,
runde, vielgegliederte Schale, die das Thier nach Belie-
ben biegen kann, und mit einem am äußersten vordern
Ende derselben befindlichen Stachel bohrt es sich in das
Holz, von welchem es sich auch nähren soll. Kein Baum
ist diesem Thiere zu stark, kein Holz zu hart, in kurzer
Zeit ist die stärkste Bekleidung der Schiffe zerfressen, und
das Schiff würde sinken, wenn nicht sogleich Maßregeln
dagegen getroffen würden; aus diesem Grunde werden die
Seeschiffe gewöhnlich, so weit sie im Wasser gehen, mit
Kupfer, Zink und dergleichen beschlagen. Auch an Wasser-
bauen, Dämmen und dergleichen ist dieser Wurm, beson-
ders da er sich sehr schnell vermehrt, ein sehr gefährlicher
Feind. So war z. B. zu Anfange des 18. Jahrhunderts
das Holzwerk an den Dämmen, welche die niederlän-
dische Provinz Seeland gegen die Überschwemmungen des
Meeres schützen, in kurzer Zeit so durchbohrt wor-
den, daß man den baldigen Einsturz derselben und die
Überschwemmung des ganzen Landes fürchten mußte.
Glücklicherweise nahm aber noch zeitig genug der Feind,
aus unbekannten Ursachen, seinen Rückzug.

Ein weit willkommenerer Gast ist die unter Nr. 2
dargestellte Auster. Sie lebt nur im Meere, zerfällt
in mehre Gattungen, von denen fast alle eßbar sind.
Der oft verschiedene Geschmack von Austern einer und
derselben Gattung rührt hauptsächlich von der Gegend
[Ende Spaltensatz]

Das Pfennig=Magazin
der
Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse.


Nr. 155. ] Erscheint jeden Sonnabend. [März 19, 1836.


Schalthiere oder Conchylien.
[Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]

Die Schalthiere, ein höchst merkwürdiges und mannich-
faltiges Thiergeschlecht, leben theils im Meere und in
Flüssen, theils auf dem Lande. Nach ihrer Schale wer-
den sie eingetheilt in Schnecken, wenn die Schale nur
aus einem Stücke besteht, und in Muscheln, wenn sie
aus mehren zusammengesetzt ist. Diese Schalen sind
außerdem aber sehr verschiedenartig gestaltet und noch
verschiedener gezeichnet, sodaß, wenn man diese Thiergat-
tung nach Gestalt, Zeichnung und Farbe der Schalen ord-
nen will, man eine große, fast nicht zu übersehende Menge
von Abarten erhält. Neuere Naturforscher haben daher
nicht die Schalen, sondern die inwohnenden Thiere selbst
in zwei Hauptclassen, die der Weichthiere und Ringel-
würmer gebracht. Die Schalen bildet sich das Thier selbst
aus einem kalkhaltigen Safte, den es ausschwitzt und
der dann leicht verhärtet. Es gibt bedeutende Samm-
lungen solcher Schalen, die nach ihrer Gestalt und Farbe
eigne, von andern ihnen ähnlichen Gegenständen ent-
lehnte Namen erhielten, wobei man freilich, um diese
Ähnlichkeiten zu finden, die Phantasie zu Hülfe nehmen
muß. Dies ganze Thiergeschlecht ist übrigens von den
Naturforschern noch wenig gekannt, weshalb wir zwölf
theils allgemein bekanntere, theils von Sammlern sehr
geschätzte Schnecken= und Muschelgattungen hier in treuen
Abbildungen geben.

Nr. 1 ist der viel gefürchtete Bohrwurm,
welcher durch Zerbohren des Holzes an Schiffen
[Spaltenumbruch] und Wasserbauen schon oft ungeheuern Schaden ange-
richtet hat. Den eigentlichen Wurm umgibt eine lange,
runde, vielgegliederte Schale, die das Thier nach Belie-
ben biegen kann, und mit einem am äußersten vordern
Ende derselben befindlichen Stachel bohrt es sich in das
Holz, von welchem es sich auch nähren soll. Kein Baum
ist diesem Thiere zu stark, kein Holz zu hart, in kurzer
Zeit ist die stärkste Bekleidung der Schiffe zerfressen, und
das Schiff würde sinken, wenn nicht sogleich Maßregeln
dagegen getroffen würden; aus diesem Grunde werden die
Seeschiffe gewöhnlich, so weit sie im Wasser gehen, mit
Kupfer, Zink und dergleichen beschlagen. Auch an Wasser-
bauen, Dämmen und dergleichen ist dieser Wurm, beson-
ders da er sich sehr schnell vermehrt, ein sehr gefährlicher
Feind. So war z. B. zu Anfange des 18. Jahrhunderts
das Holzwerk an den Dämmen, welche die niederlän-
dische Provinz Seeland gegen die Überschwemmungen des
Meeres schützen, in kurzer Zeit so durchbohrt wor-
den, daß man den baldigen Einsturz derselben und die
Überschwemmung des ganzen Landes fürchten mußte.
Glücklicherweise nahm aber noch zeitig genug der Feind,
aus unbekannten Ursachen, seinen Rückzug.

Ein weit willkommenerer Gast ist die unter Nr. 2
dargestellte Auster. Sie lebt nur im Meere, zerfällt
in mehre Gattungen, von denen fast alle eßbar sind.
Der oft verschiedene Geschmack von Austern einer und
derselben Gattung rührt hauptsächlich von der Gegend
[Ende Spaltensatz]

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[[89]/0001] Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 155. ] Erscheint jeden Sonnabend. [März 19, 1836. Schalthiere oder Conchylien. [Abbildung] Die Schalthiere, ein höchst merkwürdiges und mannich- faltiges Thiergeschlecht, leben theils im Meere und in Flüssen, theils auf dem Lande. Nach ihrer Schale wer- den sie eingetheilt in Schnecken, wenn die Schale nur aus einem Stücke besteht, und in Muscheln, wenn sie aus mehren zusammengesetzt ist. Diese Schalen sind außerdem aber sehr verschiedenartig gestaltet und noch verschiedener gezeichnet, sodaß, wenn man diese Thiergat- tung nach Gestalt, Zeichnung und Farbe der Schalen ord- nen will, man eine große, fast nicht zu übersehende Menge von Abarten erhält. Neuere Naturforscher haben daher nicht die Schalen, sondern die inwohnenden Thiere selbst in zwei Hauptclassen, die der Weichthiere und Ringel- würmer gebracht. Die Schalen bildet sich das Thier selbst aus einem kalkhaltigen Safte, den es ausschwitzt und der dann leicht verhärtet. Es gibt bedeutende Samm- lungen solcher Schalen, die nach ihrer Gestalt und Farbe eigne, von andern ihnen ähnlichen Gegenständen ent- lehnte Namen erhielten, wobei man freilich, um diese Ähnlichkeiten zu finden, die Phantasie zu Hülfe nehmen muß. Dies ganze Thiergeschlecht ist übrigens von den Naturforschern noch wenig gekannt, weshalb wir zwölf theils allgemein bekanntere, theils von Sammlern sehr geschätzte Schnecken= und Muschelgattungen hier in treuen Abbildungen geben. Nr. 1 ist der viel gefürchtete Bohrwurm, welcher durch Zerbohren des Holzes an Schiffen und Wasserbauen schon oft ungeheuern Schaden ange- richtet hat. Den eigentlichen Wurm umgibt eine lange, runde, vielgegliederte Schale, die das Thier nach Belie- ben biegen kann, und mit einem am äußersten vordern Ende derselben befindlichen Stachel bohrt es sich in das Holz, von welchem es sich auch nähren soll. Kein Baum ist diesem Thiere zu stark, kein Holz zu hart, in kurzer Zeit ist die stärkste Bekleidung der Schiffe zerfressen, und das Schiff würde sinken, wenn nicht sogleich Maßregeln dagegen getroffen würden; aus diesem Grunde werden die Seeschiffe gewöhnlich, so weit sie im Wasser gehen, mit Kupfer, Zink und dergleichen beschlagen. Auch an Wasser- bauen, Dämmen und dergleichen ist dieser Wurm, beson- ders da er sich sehr schnell vermehrt, ein sehr gefährlicher Feind. So war z. B. zu Anfange des 18. Jahrhunderts das Holzwerk an den Dämmen, welche die niederlän- dische Provinz Seeland gegen die Überschwemmungen des Meeres schützen, in kurzer Zeit so durchbohrt wor- den, daß man den baldigen Einsturz derselben und die Überschwemmung des ganzen Landes fürchten mußte. Glücklicherweise nahm aber noch zeitig genug der Feind, aus unbekannten Ursachen, seinen Rückzug. Ein weit willkommenerer Gast ist die unter Nr. 2 dargestellte Auster. Sie lebt nur im Meere, zerfällt in mehre Gattungen, von denen fast alle eßbar sind. Der oft verschiedene Geschmack von Austern einer und derselben Gattung rührt hauptsächlich von der Gegend

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin der Gesellschaft zur Verbreitung gemeinnütziger Kenntnisse. Nr. 155. Leipzig (Sachsen), 19. März 1836, S. [89]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig155_1836/1>, abgerufen am 21.11.2024.