Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Dritter Jahrgang, Nr. 115. Leipzig (Sachsen), 15. März 1855.[Beginn Spaltensatz]
Meer breitet sich ein anderer, viel größerer Ocean aus, Der Hausen oder große Stör. [Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]
Der Hausen gehört nicht zu den in vielen Gewässern Was die Benutzung der Hausen und Störe an- Auch eine Menge Fett wird aus der Brust und [Beginn Spaltensatz]
Meer breitet sich ein anderer, viel größerer Ocean aus, Der Hausen oder große Stör. [Abbildung]
[Beginn Spaltensatz]
Der Hausen gehört nicht zu den in vielen Gewässern Was die Benutzung der Hausen und Störe an- Auch eine Menge Fett wird aus der Brust und <TEI> <text> <body> <div type="jArticle" n="1"> <p><pb facs="#f0007" n="87"/><fw type="pageNum" place="top">87</fw><cb type="start"/> Meer breitet sich ein anderer, viel größerer Ocean aus,<lb/> in dessen unterster Tiefe Mensch, Thier und Pflanze<lb/> leben und gedeihen, an dessen Oberfläche aber noch<lb/> keins von all diesen Wesen zu gelangen vermocht hat.<lb/> Ja, wir wissen nicht einmal mit Bestimmtheit anzu-<lb/> geben, wie weit die Oberfläche dieses Luftmeers von<lb/> uns entfernt ist, das wie ein riesiger Mantel den gan-<lb/> zen Planeten in seine beweglichen Falten hüllt. Wenn<lb/> wir uns mit Hülfe des in einem Ballon eingeschlosse-<lb/> nen, leichten Wasserstoffgases beflügeln und zu einer<lb/> Höhe emporsteigen, von welcher wir auf die Spitzen<lb/> der Gebirge hinabsehen, wie der Lämmergeier und der<lb/> Condor, so befinden wir uns doch noch immer in der<lb/><cb n="2"/> untersten Schicht der Lufthülle unserer Erde. Ebenso<lb/> wenig als die Hülle über uns vermögen wir die unter<lb/> unsern Füßen befindliche feste Schale des Erdkörpers<lb/> zu durchdringen. Die tiefsten Schachte und Bohrlö-<lb/> cher, welche der kühne Mensch bei dem Versuche, mit<lb/> Hacke und Meisel in den Schoos seiner Mutter ein-<lb/> zudringen, getrieben hat, erreichen im Verhältniß zu<lb/> der 1713 Meilen dicken Erde eine kaum nennenswer-<lb/> the Entfernung von deren Oberfläche und ein Jnsekt,<lb/> welches mit seinen Kauwerkzeugen eine Grube in die<lb/> Schale eines Apfels nagt, dringt in der That tiefer<lb/> in diese Frucht ein, als wir mit unsern Schachten in<lb/> den Erdkörper.</p> </div><lb/> <cb type="end"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <div type="jArticle" n="1"> <head> <hi rendition="#fr">Der Hausen oder große Stör.</hi> </head><lb/> <figure/><lb/> <cb type="start"/> <p><hi rendition="#in">D</hi>er Hausen gehört nicht zu den in vielen Gewässern<lb/> verbreiteten Fischen, sondern lebt vorzugsweise im<lb/> Schwarzen und im Kaspischen Meere und in den mit<lb/> denselben in Verbindung stehenden großen Flüssen, z. B.<lb/> im Ural, in der Wolga, im Don, Dniepr und in<lb/> der Donau. Er wird zuweilen über 25 Fuß lang und<lb/> mehr als 1500 Pfund schwer und hat einen rundli-<lb/> chen, nicht mit Schuppen, sondern mit glatter, schlei-<lb/> miger Haut bedeckten Leib, welcher aber mit mehren<lb/> Reihen einzelner, hornartiger Schilde besetzt ist. Der<lb/> länglich viereckige Kopf ist fest gepanzert und endigt in<lb/> eine stumpfe Schnauze, unter der das kleine zahnlose<lb/> Maul sich befindet und mit einigen Bartfäden besetzt<lb/> ist. Die Schwimmblase, welche die Fische ausdehnen,<lb/> wenn sie im Wasser aufsteigen und zusammenziehen,<lb/> wenn sie in die Tiefe gehen wollen, ist sehr groß; die<lb/> Schwanzspitze ist aufwärts gerichtet. Gewürm, sehr<lb/> kleine Fische und andere Seethiere machen die Nah-<lb/> rung des Hausen aus, dessen Fang eine höchst wichtige<lb/> Erwerbsquelle für die Bewohner der Uferländer der<lb/> oben genannten Ströme ist.</p><lb/> <p>Was die Benutzung der Hausen und Störe an-<lb/> langt, so wird vor allen Dingen ihr Fleisch theils ein-<lb/> gesalzen, theils getrocknet in Streifen zertheilt und<lb/> theils frisch verzehrt. Der gemeine Stör namentlich<lb/> gibt frisch zubereitet ein sehr gutes Gericht, welches<lb/> schon bei den alten Römern in so hohen Ehren gehal-<lb/> ten wurde, daß es mit Blumen und Kränzen geschmückt<lb/> und von Musik begleitet auf die Tafel gebracht wurde.<lb/><cb n="2"/> Einer besondern Benutzung unterliegt ferner die große<lb/> Schwimmblase der Hausen, welche zunächst von allem<lb/> Fremdartigem gesäubert, dann zertheilt und nachdem<lb/> man die äußere Haut derselben abgezogen hat, mit<lb/> den Händen zu einer Art Teig geknetet wird. Aus<lb/> diesem werden Täfelchen oder Rollen geformt, auf Fä-<lb/> den gereiht, bei gelindem Feuer getrocknet und zuletzt<lb/> durch Schwefeldämpfe gebleicht. Die so zugerichtete<lb/> Hausenblase dient in Wasser aufgelöst als ein guter<lb/> Leim, mit Branntwein zerlassen gibt sie einen Kitt für<lb/> Glas und Porzellan und dient auch dazu, trübe Flüs-<lb/> sigkeiten, die man damit vermischt, zu klären. Eine<lb/> eigenthümliche Benutzung erleidet auch der Roggen der<lb/> Hausen und Störe, welcher, von anhängendem Blute<lb/> und häutigen Theilen gereinigt, kurze Zeit in Salz-<lb/> wasser gelegt, dann in ein Sieb geschüttet und wenn<lb/> das Salzwasser abgelaufen ist, in kleine Fässer gepackt<lb/> wird. Er heißt nun Caviar, wird als ein leckeres<lb/> Essen weit und breit verschickt und bildet nebst dem<lb/> eingesalzenen Fleische und der Hausenblase wichtige<lb/> Handelsartikel, welche von Rußland aus ins Ausland<lb/> verkauft werden.</p><lb/> <p>Auch eine Menge Fett wird aus der Brust und<lb/> dem Schwanze dieser Fische erhalten und frisch zur<lb/> Bereitung der Speisen verbraucht; endlich wird die<lb/> sorgfältig gereinigte, ausgespannt getrocknete und dann<lb/> ziemlich durchsichtige Haut des Hausen von den Ko-<lb/> sacken und Tataren noch anstatt des Fensterglases ver-<lb/> wendet.</p> </div><lb/> <cb type="end"/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> </body> </text> </TEI> [87/0007]
87
Meer breitet sich ein anderer, viel größerer Ocean aus,
in dessen unterster Tiefe Mensch, Thier und Pflanze
leben und gedeihen, an dessen Oberfläche aber noch
keins von all diesen Wesen zu gelangen vermocht hat.
Ja, wir wissen nicht einmal mit Bestimmtheit anzu-
geben, wie weit die Oberfläche dieses Luftmeers von
uns entfernt ist, das wie ein riesiger Mantel den gan-
zen Planeten in seine beweglichen Falten hüllt. Wenn
wir uns mit Hülfe des in einem Ballon eingeschlosse-
nen, leichten Wasserstoffgases beflügeln und zu einer
Höhe emporsteigen, von welcher wir auf die Spitzen
der Gebirge hinabsehen, wie der Lämmergeier und der
Condor, so befinden wir uns doch noch immer in der
untersten Schicht der Lufthülle unserer Erde. Ebenso
wenig als die Hülle über uns vermögen wir die unter
unsern Füßen befindliche feste Schale des Erdkörpers
zu durchdringen. Die tiefsten Schachte und Bohrlö-
cher, welche der kühne Mensch bei dem Versuche, mit
Hacke und Meisel in den Schoos seiner Mutter ein-
zudringen, getrieben hat, erreichen im Verhältniß zu
der 1713 Meilen dicken Erde eine kaum nennenswer-
the Entfernung von deren Oberfläche und ein Jnsekt,
welches mit seinen Kauwerkzeugen eine Grube in die
Schale eines Apfels nagt, dringt in der That tiefer
in diese Frucht ein, als wir mit unsern Schachten in
den Erdkörper.
Der Hausen oder große Stör.
[Abbildung]
Der Hausen gehört nicht zu den in vielen Gewässern
verbreiteten Fischen, sondern lebt vorzugsweise im
Schwarzen und im Kaspischen Meere und in den mit
denselben in Verbindung stehenden großen Flüssen, z. B.
im Ural, in der Wolga, im Don, Dniepr und in
der Donau. Er wird zuweilen über 25 Fuß lang und
mehr als 1500 Pfund schwer und hat einen rundli-
chen, nicht mit Schuppen, sondern mit glatter, schlei-
miger Haut bedeckten Leib, welcher aber mit mehren
Reihen einzelner, hornartiger Schilde besetzt ist. Der
länglich viereckige Kopf ist fest gepanzert und endigt in
eine stumpfe Schnauze, unter der das kleine zahnlose
Maul sich befindet und mit einigen Bartfäden besetzt
ist. Die Schwimmblase, welche die Fische ausdehnen,
wenn sie im Wasser aufsteigen und zusammenziehen,
wenn sie in die Tiefe gehen wollen, ist sehr groß; die
Schwanzspitze ist aufwärts gerichtet. Gewürm, sehr
kleine Fische und andere Seethiere machen die Nah-
rung des Hausen aus, dessen Fang eine höchst wichtige
Erwerbsquelle für die Bewohner der Uferländer der
oben genannten Ströme ist.
Was die Benutzung der Hausen und Störe an-
langt, so wird vor allen Dingen ihr Fleisch theils ein-
gesalzen, theils getrocknet in Streifen zertheilt und
theils frisch verzehrt. Der gemeine Stör namentlich
gibt frisch zubereitet ein sehr gutes Gericht, welches
schon bei den alten Römern in so hohen Ehren gehal-
ten wurde, daß es mit Blumen und Kränzen geschmückt
und von Musik begleitet auf die Tafel gebracht wurde.
Einer besondern Benutzung unterliegt ferner die große
Schwimmblase der Hausen, welche zunächst von allem
Fremdartigem gesäubert, dann zertheilt und nachdem
man die äußere Haut derselben abgezogen hat, mit
den Händen zu einer Art Teig geknetet wird. Aus
diesem werden Täfelchen oder Rollen geformt, auf Fä-
den gereiht, bei gelindem Feuer getrocknet und zuletzt
durch Schwefeldämpfe gebleicht. Die so zugerichtete
Hausenblase dient in Wasser aufgelöst als ein guter
Leim, mit Branntwein zerlassen gibt sie einen Kitt für
Glas und Porzellan und dient auch dazu, trübe Flüs-
sigkeiten, die man damit vermischt, zu klären. Eine
eigenthümliche Benutzung erleidet auch der Roggen der
Hausen und Störe, welcher, von anhängendem Blute
und häutigen Theilen gereinigt, kurze Zeit in Salz-
wasser gelegt, dann in ein Sieb geschüttet und wenn
das Salzwasser abgelaufen ist, in kleine Fässer gepackt
wird. Er heißt nun Caviar, wird als ein leckeres
Essen weit und breit verschickt und bildet nebst dem
eingesalzenen Fleische und der Hausenblase wichtige
Handelsartikel, welche von Rußland aus ins Ausland
verkauft werden.
Auch eine Menge Fett wird aus der Brust und
dem Schwanze dieser Fische erhalten und frisch zur
Bereitung der Speisen verbraucht; endlich wird die
sorgfältig gereinigte, ausgespannt getrocknete und dann
ziemlich durchsichtige Haut des Hausen von den Ko-
sacken und Tataren noch anstatt des Fensterglases ver-
wendet.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Institut für Deutsche Sprache, Mannheim: Bereitstellung der Bilddigitalisate und TEI
Transkription
Peter Fankhauser:
Transformation von TUSTEP nach TEI P5.
Transformation von TEI P5 in das DTA TEI P5 Format.
Weitere Informationen:Siehe Dokumentation
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |