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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 95. Leipzig (Sachsen), 26. Oktober 1854.

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[Beginn Spaltensatz] der Herzog in der Eile der Abreise vergessen habe,
das kleine Geschenk bei seinem Abschiedsbesuche selbst
mitzubringen.

Bach nahm die Dragees als einen lieben Beweis
von dem freundschaftlichen Wohlwollen des Marschalls
an und betrachtete oft die schönen künstlichen Formen
derselben, die ein ungetrübtes Auge leicht zu täuschen
vermochten, da sie der Natur so trefflich nachgeahmt
waren.

Einst erinnerte sich Bach beim Anblick der Dra-
gees auch wieder des edlen Herzogs, da entglitten
einige seiner Hand, fielen auf den Fußboden und zer-
brachen. Wie erstaunte aber Bach, als er aus dem
hohlen Zuckerwerke mehre Dukaten rollen sah! Er
prüfte nun die Dragees genauer und entnahm densel-
ben nach und nach 100 Dukaten, die der Marschall
dem lieben, uneigennützigen Künstler auf eine so zarte
Weise als Entschädigung für seine Mühen in die
Hände gespielt hatte.

Das war gegeben, ohne zu verletzen!



Der Yak.

Europa soll mit einem neuen Hausthiere bereichert
werden, mit einem Thiere, welches Pferd und Stier
zugleich ersetzt, ja das mehr als beide zusammen nützt
und doch weniger als jedes derselben zu seinem Unter-
halte erfodert. Der seidenhaarige Stier der asiatischen
Hochgebirge, der Yak der Tataren, soll künftig unser
einziges Zug= und Lastthier sein, wird uns Kleidung,
fette Milch, Butter und kräftig nährendes Fleisch lie-
fern. Herr Martigny, französischer Consul, hat zwölf
[Spaltenumbruch] Stiere und trächtige Kühe des Yak nach Paris ge-
bracht und sie arbeiten und gedeihen hier zu Aller
Freude, sodaß eine allgemeine und massenhafte Ein-
führung in Europa nicht lange mehr auf sich warten
lassen wird. Aber es wird wol nicht so schnell damit
gehen.

Als Hausthier wird der Yak von den wandernden
Tatarenstämmen in den hohen, schneegipfligen Gebir-
gen zwischen Tibet und Bootan besonders gepflegt und
vertritt bei diesen das Renn des eisigen Nordens und
das Kameel der tropischen Ebenen. Er wird bei gu-
ter Pflege, reichlicher Nahrung und erträglichem Klima
sehr groß und schwer, unter weniger günstigen Um-
ständen bleibt er klein und unbedeutend. Seine unge-
heure Körperkraft macht ihn zu einem vortrefflichen
Lastthier, sein ruhiger, lenksamer Charakter auch geeig-
net zum Ackerbau. Das kräftige Fleisch und die sehr
reichliche und fette Milch liefern den Tataren die
Hauptnahrung, das lange Haar Kleidung. Der Schweif
wird besonders von den Chinesen sehr gesucht und
theuer bezahlt.

Das Vaterland des Yak dehnt sich über Ladak,
Tibet, das nördliche China und die Mongolei aus und
zwar in den höhern gebirgigen Regionen, aus denen
sie tiefer hinabsteigen erst wenn der Schnee die Weide
verdeckt. Jn Ober=Kanawar geht er nicht unter
10,000 Fuß Meereshöhe herab und verliert, wie die
Kaschmirziege, in tiefern Gegenden überall an Güte.
Die Einführung des Yak in Europa wird besonders
wegen des Klimas und Terrains große Schwierigkei-
ten haben und wenn sie wirklich ausführbar ist, wird
wahrscheinlich der Yak unter diesen ihm wenig zusa-
genden Verhältnissen einen großen Theil seiner heimat-
lichen Nutzbarkeit verlieren und vielleicht hinter unsere
Kühe und Ochsen zurücktreten.

[Ende Spaltensatz]


[Abbildung] Gotthardsstraße.


[Beginn Spaltensatz] der Herzog in der Eile der Abreise vergessen habe,
das kleine Geschenk bei seinem Abschiedsbesuche selbst
mitzubringen.

Bach nahm die Dragées als einen lieben Beweis
von dem freundschaftlichen Wohlwollen des Marschalls
an und betrachtete oft die schönen künstlichen Formen
derselben, die ein ungetrübtes Auge leicht zu täuschen
vermochten, da sie der Natur so trefflich nachgeahmt
waren.

Einst erinnerte sich Bach beim Anblick der Dra-
gées auch wieder des edlen Herzogs, da entglitten
einige seiner Hand, fielen auf den Fußboden und zer-
brachen. Wie erstaunte aber Bach, als er aus dem
hohlen Zuckerwerke mehre Dukaten rollen sah! Er
prüfte nun die Dragées genauer und entnahm densel-
ben nach und nach 100 Dukaten, die der Marschall
dem lieben, uneigennützigen Künstler auf eine so zarte
Weise als Entschädigung für seine Mühen in die
Hände gespielt hatte.

Das war gegeben, ohne zu verletzen!



Der Yak.

Europa soll mit einem neuen Hausthiere bereichert
werden, mit einem Thiere, welches Pferd und Stier
zugleich ersetzt, ja das mehr als beide zusammen nützt
und doch weniger als jedes derselben zu seinem Unter-
halte erfodert. Der seidenhaarige Stier der asiatischen
Hochgebirge, der Yak der Tataren, soll künftig unser
einziges Zug= und Lastthier sein, wird uns Kleidung,
fette Milch, Butter und kräftig nährendes Fleisch lie-
fern. Herr Martigny, französischer Consul, hat zwölf
[Spaltenumbruch] Stiere und trächtige Kühe des Yak nach Paris ge-
bracht und sie arbeiten und gedeihen hier zu Aller
Freude, sodaß eine allgemeine und massenhafte Ein-
führung in Europa nicht lange mehr auf sich warten
lassen wird. Aber es wird wol nicht so schnell damit
gehen.

Als Hausthier wird der Yak von den wandernden
Tatarenstämmen in den hohen, schneegipfligen Gebir-
gen zwischen Tibet und Bootan besonders gepflegt und
vertritt bei diesen das Renn des eisigen Nordens und
das Kameel der tropischen Ebenen. Er wird bei gu-
ter Pflege, reichlicher Nahrung und erträglichem Klima
sehr groß und schwer, unter weniger günstigen Um-
ständen bleibt er klein und unbedeutend. Seine unge-
heure Körperkraft macht ihn zu einem vortrefflichen
Lastthier, sein ruhiger, lenksamer Charakter auch geeig-
net zum Ackerbau. Das kräftige Fleisch und die sehr
reichliche und fette Milch liefern den Tataren die
Hauptnahrung, das lange Haar Kleidung. Der Schweif
wird besonders von den Chinesen sehr gesucht und
theuer bezahlt.

Das Vaterland des Yak dehnt sich über Ladak,
Tibet, das nördliche China und die Mongolei aus und
zwar in den höhern gebirgigen Regionen, aus denen
sie tiefer hinabsteigen erst wenn der Schnee die Weide
verdeckt. Jn Ober=Kanawar geht er nicht unter
10,000 Fuß Meereshöhe herab und verliert, wie die
Kaschmirziege, in tiefern Gegenden überall an Güte.
Die Einführung des Yak in Europa wird besonders
wegen des Klimas und Terrains große Schwierigkei-
ten haben und wenn sie wirklich ausführbar ist, wird
wahrscheinlich der Yak unter diesen ihm wenig zusa-
genden Verhältnissen einen großen Theil seiner heimat-
lichen Nutzbarkeit verlieren und vielleicht hinter unsere
Kühe und Ochsen zurücktreten.

[Ende Spaltensatz]


[Abbildung] Gotthardsstraße.


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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 95. Leipzig (Sachsen), 26. Oktober 1854, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig095_1854/8>, abgerufen am 03.12.2024.