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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 87. Leipzig (Sachsen), 24. August 1854.

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[Beginn Spaltensatz] Neulingen immer noch treu zur Seite, ohne an einen
Wegzug oder an eine Verbesserung zu denken, denn
sie meinten, daß sie es nirgends besser bekommen könn-
ten als bei ihrem Herrn. Dieser war mit den Erfol-
gen seines Sputens sehr zufrieden und er dankte mit
den Seinen Gott täglich für die gütige Führung sei-
nes Lebens. Heiterkeit, Lust zur Arbeit, gegenseitige
Milde und Nachsicht und die Worte: "Spute dich!"
machten ihm den Aufenthalt in seinem Gute höchst ange-
nehm. Den Armen seines Dorfs war er ein Vater.
Er gab ihnen nicht Almosen nach gewöhnlicher Art,
sondern er suchte ihnen Beschäftigung zu verschaffen
und lohnte ausgezeichnet dafür, weil er die Ansicht sei-
ner Mutter richtig fand, daß ein verdienter Groschen
besser sei als ein erbettelter Thaler. Auch fremde
Arme gingen nicht ohne Unterstützung von seiner Thür;
je mehr Segen er aber stiftete, desto mehr segnete ihn
Gott.

Nach und nach hatte Karl auch die Cultur sei-
ner Waldungen begonnen, womit es freilich nicht so
schnell vonstatten ging, da dieselben zu schlecht gehal-
ten worden waren. Einzelne Flächen wandelte er so-
fort in Feld um, da ihm der Boden dazu sehr taug-
lich erschien, andere trieb er ab, um sie von neuem zu
bepflanzen und nur wenig Strecken ließ er stehen, in-
dem er hier und da nachpflanzte. Den Lohn für diese
Mühen konnte er freilich erst in spätern Tagen seines
Lebens erwarten; aber dies hielt ihn nicht zurück, seine
Zeit und Kraft anzuwenden, denn er meinte, daß es
auch ein wohlthuendes Gefühl sei, für die Nachwelt
etwas gethan zu haben.

Karl's Gut präsentirte sich im Dorfe wie ein klei-
ner Rittersitz. Sein Geschirr und Wirthschaftsgeräthe
sah stattlich aus; seine Kühe schienen von den Schwei-
zeralmen gekommen zu sein und seine Schafzucht war
in der ganzen Umgegend berühmt. Johanna war eben-
sowol eine echte Hausfrau als eine verständige Mutter.
Jhre Kinder erzog sie mit Liebe und Strenge, wie es
gerade nothwendig war; ihre Mägde fesselte sie an sich
wie eine Schwester; ihren Nachbarinnen gab sie nie
Veranlassung zu Klagen; ihren Freundinnen im Dorfe
war sie ein Muster der Einfachheit und Bescheidenheit.
Jn ihrer Wirthschaft suchte sie ihren Stolz. Überall
war Ordnung und Nettigkeit zu sehen; die Küchen-
und Hausgeräthe spiegelten und glänzten, die Ställe
sahen sauber; Alles hatte seinen bestimmten Platz und
nirgends war eine Stelle, an welcher nicht ihr wach-
sames Auge zu bemerken gewesen wäre.

Mit einer solchen Frau mußte Karl's Wohlstand
sich mehren.

Karl Wirker war bedeutend vorwärts gekommen;
er brauchte wegen seiner Zukunft nicht mehr in Sorge
zu sein. Mit ihm war auch das Glück. Nicht ge-
nug, daß sein Getreidehandel, welchen er nebenbei auf
schriftlichem Wege noch betrieb, ihm viel Vortheil
brachte, Fortuna schloß ihm noch eine ganz andere
Quelle des Reichthums auf. Seit längerer Zeit hatte
er nämlich, nachdem seine Wiesenbewässerung geordnet
war, in einem Graben bemerkt, daß sich an einer ge-
wissen Stelle Wasser zeigte, welches ganz der Flüssig-
keit ähnlich war, die aus den Torflagern hervorquillt.
Er untersuchte die Sache genauer und fand wirklich
bald ein schönes Lager Stichtorf auf einer seiner Grenz-
wiesen, woran in gleicher Höhenlage einige Acker Gras-
nutzung stießen, die dem Nachbar zugehörten, aber
wenig gutes Futter gaben.

Die Jdee, einen Torfstich anzulegen und dadurch
seiner Wirthschaft noch mehr Bequemlichkeiten und
[Spaltenumbruch] Vortheile zu verschaffen, reifte sehr bald in Wirker's
Kopfe. Er machte daraus gegen seinen Wiesennachbar
Klaus auch gar kein Geheimniß, foderte denselben viel-
mehr auf, mit ihm ein Compagniegeschäft anzufangen.
Klaus war aber zu einem derartigen Unternehmen viel
zu zaghaft; er glaubte sein Geld dabei zu verlieren,
das Grundstück zu verderben und mit Schaden abzie-
hen zu müssen. So viel ihm Wirker auch zusprach,
so beredt er ihm den Gewinn schilderte, der Nachbar
war nicht zu bewegen. Gleichwol konnte Karl mit
dem Ausbeuten des Torflagers nicht gut beginnen,
wenn er nicht freie Verfügung über die angrenzenden
Wiesen bekam; daher wendete er sich an seinen Nach-
bar mit der Bitte, ihm die fraglichen Grundstücke
käuflich abzulassen. Klaus foderte zwar viel mehr als
seine Wiesen werth waren, aber Wirker jüdelte nicht,
sondern zahlte die verlangte Summe in der Hoffnung,
soviel Gold auszubeuten als er Silber aufgewendet
hatte.

( Beschluß folgt. )



Der Moorrauch.

Der Lenz erscheint an den Ufern der See; die Fluren
Westfalens, Hollands, Bremens und Oldenburgs be-
ginnen zu grünen; die Maisonne steigt empor und
lacht freundlich wieder auf die weithingestreckten Län-
der und laue Winde wehen einher -- da kommt der
Mensch mit seinen Werkzeugen, um das ganze Bild
zu umnebeln und der Mutter Erde ihre Schätze abzu-
ringen, indem er den Moorbrand und dadurch den
Segen der Fluren hervorruft. Hunderte von Qua-
dratmeilen sind am Meere hin mit Moorboden verse-
hen, auf welchem die Frucht gedeiht, sobald die Moor-
erde von der spärlich begrasten Oberfläche wie Rasen
abgestochen, auf große Haufen geworfen, getrocknet,
angezündet, verbrannt und als Asche über die abgetra-
genen Flächen oder Plaggen gestreut worden ist. Der
Landmann bedarf nun keiner besondern Düngung;
fröhlich lockert er blos noch den Boden, dem er die
Saat anvertraut, und kommt die Ernte, dann spei-
chert er daheim ganze Massen von Buchweizen, Hafer
und andern Früchten auf.

Aber das Verfahren des Moorbauers, das ihm so
unendlich viel nützt, wird für die Bewohner der be-
troffenen Länder recht oft auch zur Plage. Die Moor-
bauern lauern im Monat Mai stets trockenes Wetter
ab, sind jedoch schon vorher mit dem Abstechen der
Plaggen fertig geworden. Nähert sich nun der Lenz
mit seinen reinen Sonnentagen, so werfen die Bauern
auf ihre Moorhaufen den Brand und plötzlich beginnt
es allerwärts in den Marschländern zu qualmen. Da
ist unter den Tausenden von Äckern nicht einer, auf
welchem nicht ein Moorhügel in Flammen stände. Der
Rauch, von allen Seiten emporwirbelnd, lagert sich
bald in den Luftschichten, anfangs wie leichter Nebel,
später dicker und zuletzt wird er übelriechend und be-
lästigend für Auge und Lunge der Erdbewohner, be-
sonders für fremde Wanderer, welche den Moorrauch
noch nicht empfunden haben. Er beißt in den Augen
auf unausstehliche Weise, erschwert das freie Athmen
und wirkt bei manchen Menschen selbst auf die Ner-
ven so störend ein, daß sich ein längeres Uebelbefinden
nach Entfernung aus dem Moorbrande einstellt.

Nun liegt der Rauch verdichtet über der Erde, in-
dem er die Sonnenstrahlen abhält, die durch die
[Ende Spaltensatz]

[Beginn Spaltensatz] Neulingen immer noch treu zur Seite, ohne an einen
Wegzug oder an eine Verbesserung zu denken, denn
sie meinten, daß sie es nirgends besser bekommen könn-
ten als bei ihrem Herrn. Dieser war mit den Erfol-
gen seines Sputens sehr zufrieden und er dankte mit
den Seinen Gott täglich für die gütige Führung sei-
nes Lebens. Heiterkeit, Lust zur Arbeit, gegenseitige
Milde und Nachsicht und die Worte: „Spute dich!“
machten ihm den Aufenthalt in seinem Gute höchst ange-
nehm. Den Armen seines Dorfs war er ein Vater.
Er gab ihnen nicht Almosen nach gewöhnlicher Art,
sondern er suchte ihnen Beschäftigung zu verschaffen
und lohnte ausgezeichnet dafür, weil er die Ansicht sei-
ner Mutter richtig fand, daß ein verdienter Groschen
besser sei als ein erbettelter Thaler. Auch fremde
Arme gingen nicht ohne Unterstützung von seiner Thür;
je mehr Segen er aber stiftete, desto mehr segnete ihn
Gott.

Nach und nach hatte Karl auch die Cultur sei-
ner Waldungen begonnen, womit es freilich nicht so
schnell vonstatten ging, da dieselben zu schlecht gehal-
ten worden waren. Einzelne Flächen wandelte er so-
fort in Feld um, da ihm der Boden dazu sehr taug-
lich erschien, andere trieb er ab, um sie von neuem zu
bepflanzen und nur wenig Strecken ließ er stehen, in-
dem er hier und da nachpflanzte. Den Lohn für diese
Mühen konnte er freilich erst in spätern Tagen seines
Lebens erwarten; aber dies hielt ihn nicht zurück, seine
Zeit und Kraft anzuwenden, denn er meinte, daß es
auch ein wohlthuendes Gefühl sei, für die Nachwelt
etwas gethan zu haben.

Karl's Gut präsentirte sich im Dorfe wie ein klei-
ner Rittersitz. Sein Geschirr und Wirthschaftsgeräthe
sah stattlich aus; seine Kühe schienen von den Schwei-
zeralmen gekommen zu sein und seine Schafzucht war
in der ganzen Umgegend berühmt. Johanna war eben-
sowol eine echte Hausfrau als eine verständige Mutter.
Jhre Kinder erzog sie mit Liebe und Strenge, wie es
gerade nothwendig war; ihre Mägde fesselte sie an sich
wie eine Schwester; ihren Nachbarinnen gab sie nie
Veranlassung zu Klagen; ihren Freundinnen im Dorfe
war sie ein Muster der Einfachheit und Bescheidenheit.
Jn ihrer Wirthschaft suchte sie ihren Stolz. Überall
war Ordnung und Nettigkeit zu sehen; die Küchen-
und Hausgeräthe spiegelten und glänzten, die Ställe
sahen sauber; Alles hatte seinen bestimmten Platz und
nirgends war eine Stelle, an welcher nicht ihr wach-
sames Auge zu bemerken gewesen wäre.

Mit einer solchen Frau mußte Karl's Wohlstand
sich mehren.

Karl Wirker war bedeutend vorwärts gekommen;
er brauchte wegen seiner Zukunft nicht mehr in Sorge
zu sein. Mit ihm war auch das Glück. Nicht ge-
nug, daß sein Getreidehandel, welchen er nebenbei auf
schriftlichem Wege noch betrieb, ihm viel Vortheil
brachte, Fortuna schloß ihm noch eine ganz andere
Quelle des Reichthums auf. Seit längerer Zeit hatte
er nämlich, nachdem seine Wiesenbewässerung geordnet
war, in einem Graben bemerkt, daß sich an einer ge-
wissen Stelle Wasser zeigte, welches ganz der Flüssig-
keit ähnlich war, die aus den Torflagern hervorquillt.
Er untersuchte die Sache genauer und fand wirklich
bald ein schönes Lager Stichtorf auf einer seiner Grenz-
wiesen, woran in gleicher Höhenlage einige Acker Gras-
nutzung stießen, die dem Nachbar zugehörten, aber
wenig gutes Futter gaben.

Die Jdee, einen Torfstich anzulegen und dadurch
seiner Wirthschaft noch mehr Bequemlichkeiten und
[Spaltenumbruch] Vortheile zu verschaffen, reifte sehr bald in Wirker's
Kopfe. Er machte daraus gegen seinen Wiesennachbar
Klaus auch gar kein Geheimniß, foderte denselben viel-
mehr auf, mit ihm ein Compagniegeschäft anzufangen.
Klaus war aber zu einem derartigen Unternehmen viel
zu zaghaft; er glaubte sein Geld dabei zu verlieren,
das Grundstück zu verderben und mit Schaden abzie-
hen zu müssen. So viel ihm Wirker auch zusprach,
so beredt er ihm den Gewinn schilderte, der Nachbar
war nicht zu bewegen. Gleichwol konnte Karl mit
dem Ausbeuten des Torflagers nicht gut beginnen,
wenn er nicht freie Verfügung über die angrenzenden
Wiesen bekam; daher wendete er sich an seinen Nach-
bar mit der Bitte, ihm die fraglichen Grundstücke
käuflich abzulassen. Klaus foderte zwar viel mehr als
seine Wiesen werth waren, aber Wirker jüdelte nicht,
sondern zahlte die verlangte Summe in der Hoffnung,
soviel Gold auszubeuten als er Silber aufgewendet
hatte.

( Beschluß folgt. )



Der Moorrauch.

Der Lenz erscheint an den Ufern der See; die Fluren
Westfalens, Hollands, Bremens und Oldenburgs be-
ginnen zu grünen; die Maisonne steigt empor und
lacht freundlich wieder auf die weithingestreckten Län-
der und laue Winde wehen einher — da kommt der
Mensch mit seinen Werkzeugen, um das ganze Bild
zu umnebeln und der Mutter Erde ihre Schätze abzu-
ringen, indem er den Moorbrand und dadurch den
Segen der Fluren hervorruft. Hunderte von Qua-
dratmeilen sind am Meere hin mit Moorboden verse-
hen, auf welchem die Frucht gedeiht, sobald die Moor-
erde von der spärlich begrasten Oberfläche wie Rasen
abgestochen, auf große Haufen geworfen, getrocknet,
angezündet, verbrannt und als Asche über die abgetra-
genen Flächen oder Plaggen gestreut worden ist. Der
Landmann bedarf nun keiner besondern Düngung;
fröhlich lockert er blos noch den Boden, dem er die
Saat anvertraut, und kommt die Ernte, dann spei-
chert er daheim ganze Massen von Buchweizen, Hafer
und andern Früchten auf.

Aber das Verfahren des Moorbauers, das ihm so
unendlich viel nützt, wird für die Bewohner der be-
troffenen Länder recht oft auch zur Plage. Die Moor-
bauern lauern im Monat Mai stets trockenes Wetter
ab, sind jedoch schon vorher mit dem Abstechen der
Plaggen fertig geworden. Nähert sich nun der Lenz
mit seinen reinen Sonnentagen, so werfen die Bauern
auf ihre Moorhaufen den Brand und plötzlich beginnt
es allerwärts in den Marschländern zu qualmen. Da
ist unter den Tausenden von Äckern nicht einer, auf
welchem nicht ein Moorhügel in Flammen stände. Der
Rauch, von allen Seiten emporwirbelnd, lagert sich
bald in den Luftschichten, anfangs wie leichter Nebel,
später dicker und zuletzt wird er übelriechend und be-
lästigend für Auge und Lunge der Erdbewohner, be-
sonders für fremde Wanderer, welche den Moorrauch
noch nicht empfunden haben. Er beißt in den Augen
auf unausstehliche Weise, erschwert das freie Athmen
und wirkt bei manchen Menschen selbst auf die Ner-
ven so störend ein, daß sich ein längeres Uebelbefinden
nach Entfernung aus dem Moorbrande einstellt.

Nun liegt der Rauch verdichtet über der Erde, in-
dem er die Sonnenstrahlen abhält, die durch die
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Der Lenz erscheint an den Ufern der See; die Fluren Westfalens, Hollands, Bremens und Oldenburgs be- ginnen zu grünen; die Maisonne steigt empor und lacht freundlich wieder auf die weithingestreckten Län- der und laue Winde wehen einher — da kommt der Mensch mit seinen Werkzeugen, um das ganze Bild zu umnebeln und der Mutter Erde ihre Schätze abzu- ringen, indem er den Moorbrand und dadurch den Segen der Fluren hervorruft. Hunderte von Qua- dratmeilen sind am Meere hin mit Moorboden verse- hen, auf welchem die Frucht gedeiht, sobald die Moor- erde von der spärlich begrasten Oberfläche wie Rasen abgestochen, auf große Haufen geworfen, getrocknet, angezündet, verbrannt und als Asche über die abgetra- genen Flächen oder Plaggen gestreut worden ist. Der Landmann bedarf nun keiner besondern Düngung; fröhlich lockert er blos noch den Boden, dem er die Saat anvertraut, und kommt die Ernte, dann spei- chert er daheim ganze Massen von Buchweizen, Hafer und andern Früchten auf. Aber das Verfahren des Moorbauers, das ihm so unendlich viel nützt, wird für die Bewohner der be- troffenen Länder recht oft auch zur Plage. Die Moor- bauern lauern im Monat Mai stets trockenes Wetter ab, sind jedoch schon vorher mit dem Abstechen der Plaggen fertig geworden. Nähert sich nun der Lenz mit seinen reinen Sonnentagen, so werfen die Bauern auf ihre Moorhaufen den Brand und plötzlich beginnt es allerwärts in den Marschländern zu qualmen. Da ist unter den Tausenden von Äckern nicht einer, auf welchem nicht ein Moorhügel in Flammen stände. Der Rauch, von allen Seiten emporwirbelnd, lagert sich bald in den Luftschichten, anfangs wie leichter Nebel, später dicker und zuletzt wird er übelriechend und be- lästigend für Auge und Lunge der Erdbewohner, be- sonders für fremde Wanderer, welche den Moorrauch noch nicht empfunden haben. Er beißt in den Augen auf unausstehliche Weise, erschwert das freie Athmen und wirkt bei manchen Menschen selbst auf die Ner- ven so störend ein, daß sich ein längeres Uebelbefinden nach Entfernung aus dem Moorbrande einstellt. Nun liegt der Rauch verdichtet über der Erde, in- dem er die Sonnenstrahlen abhält, die durch die

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 87. Leipzig (Sachsen), 24. August 1854, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig087_1854/3>, abgerufen am 24.11.2024.