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Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 74. Leipzig (Sachsen), 25. Mai 1854.

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Mannichfaltiges. [Beginn Spaltensatz]

Dr. Overweg's Fahrt auf dem Tschad=See, die
vom 28. Juni bis 8. August 1851 dauerte, hat in der Be-
schreibung, die unser muthiger Landsmann von ihr uns
macht, das größte Jnteresse und wahrhaft poetische Elemente.
Das Boot zu seiner Entdeckungsfahrt war mit vielen
Schwierigkeiten vom Mittelländischen Meere durch die Wüste
in Stücken auf Kameelen bis nach Kuka transportirt wor-
den; mit Hülfe arabischer Zimmerleute ließ Overweg es zu-
sammenfügen und taufte es "Palmerston", in dankbarer An-
erkennung der Verdienste dieses Ministers um die afrikani-
sche Expedition. Bei Maduari ward es von Stapel ge-
lassen. Overweg hatte zwei Eingeborene als Matrosen und
Dolmetscher gewonnen und am 28. Juni stach man in den
See. Sieben Stunden lang mußte sich das Boot auf engen
Wegen durch ein Jnsellabyrinth winden, durch dichte Ge-
flechte üppiger Seegewächse, die unzähligen Flußpferden zum
Aufenthalt dienten, die, mit den Köpfen aus dem Wasser
hervorragend, mit großen Augen auf die flatternden Segel
starrten. Gegen Abend erst erreichte man das offene Wasser;
die Nacht über ward das Boot an eine schwimmende Jnsel
von Seegewächsen gebunden; sie war glänzend illuminirt
durch Myriaden phosphorescirender Jnsekten. Nachdem im
Verlaufe der Fahrt mehre der sogenannten Biddumai=Jnseln
passirt waren, ward am 2. Juli die große, vier Meilen
lange und zwei Meilen breite Jnsel Belarigo erreicht, wo
Overweg freundschaftlichst aufgenommen ward. Jm Triumph
führte man ihn nach einer Anhöhe, dort sein Zelt aufzu-
schlagen. Die Männer faßten den deutschen Doctor bei der
Hand, die Frauen, zu schüchtern dazu, sangen ihn an.
Milch und andere Lebensmittel wurden ihm im Übermaße
zugeschleppt und man riß sich um die Geschenke des von
ferne gekommenen Gastes, um Perlen, Ringe, Nadeln,
Trinkgläser u. dergl. -- die erste Zuckerdüte, die das Kind
erhielt, das zum ersten male in die anglo=sächsische Welt-
handelsschule kam, um ihm Lust zu weitern Geschäften zu
machen.



Die Hottentotten sind das Non plus ultra von Faul-
heit; ohne Aufsicht und Antreibung arbeiten sie gar nichts,
ja selbst unter Aufsicht nur dann, wenn sie rechts und links
geklopft werden. Sie wollen wissen, daß sie einen Herrn
( Baas ) haben. Hiebe und nicht allzu viel Kost -- dann ist
der Hottentotte als Dienstbote leidlich. Bei guter Behand-
lung wird er übermüthig und hält es in einem solchen
Dienste nicht aus. Hat man Mitleid mit seiner magern Ge-
stalt und gibt man ihm ebenso viel Speise als andern
menschlichen Creaturen, dann frißt sich der Hottentott in
wenig Tagen in ein solches Übermaß von Unabhängigkeit
hinein, daß seines Bleibens nicht länger mehr ist; denn für
den nächsten Tag sorgt er niemals.



Die Riesenvögel Neuseelands haben in der letzten
Zeit die Naturforscher angelegentlich beschäftigt. Den von
ihnen gefundenen Knochen nach, die man bisjetzt allein kennt,
müssen sie von staunenerregender Größe gewesen sein, wie
Väter neben dem riesigen Strauß der afrikanischen Ebenen.
Das ganz frische Aussehen der Knochen gab bei der ersten
Entdeckung der Vermuthung Raum, daß in den innern,
noch wenig durchforschten Gegenden Polynesiens dieses gi-
gantische [unleserliches Material - 9 Zeichen fehlen]Federvieh sogar noch leben möge und die mär-
chenhaften Erzählungen der Neuseeländer sowie die Aussagen
von Fremden, welche längere Zeit sich dort aufhielten, erreg-
ten die Hoffnung auf den Fang eines solchen lebenden Rie-
senvogels. Wie nach einem Mythus die gigantische Schild-
kröte, deren Knochen und Panzer in den Vorhöhen des Hi-
malaya abgelagert sind, das Weltgebäude stützen soll, wie
nach einer andern Volkssage das Mammuth in Sibirien noch
[Spaltenumbruch] heute in der Weise der Maulwürfe und Mäuse unter der
Erde lebt: so lassen die Neuseeländer den gefürchteten Moa
in einer Höhle an der Steilseite eines Bergs wohnen, wo
er schlafend von zwei Eidechsen bewacht wird, die Jeden, der
sich naht, sofort umbringen. Angesichts eines so unvermeid-
lichen Todes hat es denn auch noch Niemand gewagt, die
Höhle zu besuchen und das Ungeheuer zu erspähen.



Der Blocksberg -- wie der Brocken volksthümlich oft
genannt wird -- hat in Ungarn einen Namensvetter. Wenn
man sich, die Donau abwärts, der Stadt Buda=Pesth nä-
hert, erblickt man am Ende der Häusermassen, welche beide
Ufer weithin bedecken, einen Berg, der sich von Westen her
hart an den Strom vordrängt -- das ist der kecke Blocks-
berg. Während die andern Uferberge die Donau zu beglei-
ten scheinen, springt er aus ihnen hervor, kühn an den
Strom heran, als wollte er sich seinem Laufe entgegenstellen.
Von Westen her schwillt er allmälig an und erreicht seine
Gipfelhöhe gerade über der Donau, zu der er mit jähem
Felsensturze abfällt. Seine Wände sind vielfach zerklüftet
und bilden ein Gewirre von Stufen, auf welchen kleine Ra-
senpolster sitzen, deren Grün, von der Morgensonne getrof-
fen, freundlich aus dem Grauroth der Felsen schimmert. So-
bald aber der Mittag naht, beginnen die Felsen schattig zu
dunkeln im scharfen Gegensatze zur Donau, welche die fin-
stern Wände mit ihrem Glanze umschlingt. Mit diesem
schönen Bilde scheidet die Donau vom Gebirge und tritt
nun in die weiten offenen Ebenen, an deren Rand der
Blocksberg wie ein gewaltiger Grenzwächter gestellt ist.



Khabir nennen die Araber nach Graf d'Escayrac de
Lauture's Bericht den alten Elefanten, welcher den Führer
oder Chef eines ganzen Elefantentrupps macht. Sobald am
Horizont Blitze leuchten und der Himmel sich umzieht, führt
der Khabir die Seinigen nach der Gegend hin, wo sich die
Vegetation durch den Regen erfrischt hat und mit geübtem
Blicke weiß er die Zahl der Tage zu berechnen, während
welcher seine Heerde an dieser Stelle ihre Nahrung findet.
Nach dieser Zeit erst kehrt er von anderweitigen Recognos-
cirungen zurück und führt die ganze Gesellschaft auf einen
andern Weideplatz.



Napoleon's Geburtstag ist Allen wohlbekannt; daß
er aber erst am 21. Juli 1771, also fast zwei volle Jahre
nach seiner Geburt und zusammen mit seiner bald verstorbe-
nen Schwester Maria Anna getauft wurde, das erfahren ge-
wiß Viele hier zum ersten mal. Man erzählt, daß er sich
gehörig sträubte, als der Priester ihn mit dem Wasser be-
gießen wollte. Vielleicht wollte er sich selbst taufen, wie er
sich später selbst krönte, indem er dem Papste die Krone aus
den Händen nahm, die ihm dieser aufs Haupt setzen wollte.



Der größte Erdpechsee befindet sich auf der Jnsel
Trinidad südlich von Tabago unfern dem Festlande von Süd-
amerika. Er bildet eine Masse von Asphalt= oder Erdpech,
der sich zu einem See von einer Viertelstunde Länge ange-
sammelt hat. Auf der Oberfläche machen sich zahlreiche
Wassertümpel bemerklich, in denen Fische und Frösche sich
tummeln. Das Wasser ist frisch und trinkbar. Nach den
Rissen und Spalten zu urtheilen, reicht das Erdpech in an-
sehnliche Tiefen hinab und ist so hart, daß es einen Men-
schen trägt; in der Sonne erweicht, gestattet es keinen ge-
fahrlosen Pfad. Am Rande des Sees ist die Vegetation sehr
reich und kräftig und die Ananas gedeiht trefflich auf dem
Asphaltboden.

[Ende Spaltensatz]

Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. -- Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.


Mannichfaltiges. [Beginn Spaltensatz]

Dr. Overweg's Fahrt auf dem Tschad=See, die
vom 28. Juni bis 8. August 1851 dauerte, hat in der Be-
schreibung, die unser muthiger Landsmann von ihr uns
macht, das größte Jnteresse und wahrhaft poetische Elemente.
Das Boot zu seiner Entdeckungsfahrt war mit vielen
Schwierigkeiten vom Mittelländischen Meere durch die Wüste
in Stücken auf Kameelen bis nach Kuka transportirt wor-
den; mit Hülfe arabischer Zimmerleute ließ Overweg es zu-
sammenfügen und taufte es „Palmerston“, in dankbarer An-
erkennung der Verdienste dieses Ministers um die afrikani-
sche Expedition. Bei Maduari ward es von Stapel ge-
lassen. Overweg hatte zwei Eingeborene als Matrosen und
Dolmetscher gewonnen und am 28. Juni stach man in den
See. Sieben Stunden lang mußte sich das Boot auf engen
Wegen durch ein Jnsellabyrinth winden, durch dichte Ge-
flechte üppiger Seegewächse, die unzähligen Flußpferden zum
Aufenthalt dienten, die, mit den Köpfen aus dem Wasser
hervorragend, mit großen Augen auf die flatternden Segel
starrten. Gegen Abend erst erreichte man das offene Wasser;
die Nacht über ward das Boot an eine schwimmende Jnsel
von Seegewächsen gebunden; sie war glänzend illuminirt
durch Myriaden phosphorescirender Jnsekten. Nachdem im
Verlaufe der Fahrt mehre der sogenannten Biddumai=Jnseln
passirt waren, ward am 2. Juli die große, vier Meilen
lange und zwei Meilen breite Jnsel Belarigo erreicht, wo
Overweg freundschaftlichst aufgenommen ward. Jm Triumph
führte man ihn nach einer Anhöhe, dort sein Zelt aufzu-
schlagen. Die Männer faßten den deutschen Doctor bei der
Hand, die Frauen, zu schüchtern dazu, sangen ihn an.
Milch und andere Lebensmittel wurden ihm im Übermaße
zugeschleppt und man riß sich um die Geschenke des von
ferne gekommenen Gastes, um Perlen, Ringe, Nadeln,
Trinkgläser u. dergl. — die erste Zuckerdüte, die das Kind
erhielt, das zum ersten male in die anglo=sächsische Welt-
handelsschule kam, um ihm Lust zu weitern Geschäften zu
machen.



Die Hottentotten sind das Non plus ultra von Faul-
heit; ohne Aufsicht und Antreibung arbeiten sie gar nichts,
ja selbst unter Aufsicht nur dann, wenn sie rechts und links
geklopft werden. Sie wollen wissen, daß sie einen Herrn
( Baas ) haben. Hiebe und nicht allzu viel Kost — dann ist
der Hottentotte als Dienstbote leidlich. Bei guter Behand-
lung wird er übermüthig und hält es in einem solchen
Dienste nicht aus. Hat man Mitleid mit seiner magern Ge-
stalt und gibt man ihm ebenso viel Speise als andern
menschlichen Creaturen, dann frißt sich der Hottentott in
wenig Tagen in ein solches Übermaß von Unabhängigkeit
hinein, daß seines Bleibens nicht länger mehr ist; denn für
den nächsten Tag sorgt er niemals.



Die Riesenvögel Neuseelands haben in der letzten
Zeit die Naturforscher angelegentlich beschäftigt. Den von
ihnen gefundenen Knochen nach, die man bisjetzt allein kennt,
müssen sie von staunenerregender Größe gewesen sein, wie
Väter neben dem riesigen Strauß der afrikanischen Ebenen.
Das ganz frische Aussehen der Knochen gab bei der ersten
Entdeckung der Vermuthung Raum, daß in den innern,
noch wenig durchforschten Gegenden Polynesiens dieses gi-
gantische [unleserliches Material – 9 Zeichen fehlen]Federvieh sogar noch leben möge und die mär-
chenhaften Erzählungen der Neuseeländer sowie die Aussagen
von Fremden, welche längere Zeit sich dort aufhielten, erreg-
ten die Hoffnung auf den Fang eines solchen lebenden Rie-
senvogels. Wie nach einem Mythus die gigantische Schild-
kröte, deren Knochen und Panzer in den Vorhöhen des Hi-
malaya abgelagert sind, das Weltgebäude stützen soll, wie
nach einer andern Volkssage das Mammuth in Sibirien noch
[Spaltenumbruch] heute in der Weise der Maulwürfe und Mäuse unter der
Erde lebt: so lassen die Neuseeländer den gefürchteten Moa
in einer Höhle an der Steilseite eines Bergs wohnen, wo
er schlafend von zwei Eidechsen bewacht wird, die Jeden, der
sich naht, sofort umbringen. Angesichts eines so unvermeid-
lichen Todes hat es denn auch noch Niemand gewagt, die
Höhle zu besuchen und das Ungeheuer zu erspähen.



Der Blocksberg — wie der Brocken volksthümlich oft
genannt wird — hat in Ungarn einen Namensvetter. Wenn
man sich, die Donau abwärts, der Stadt Buda=Pesth nä-
hert, erblickt man am Ende der Häusermassen, welche beide
Ufer weithin bedecken, einen Berg, der sich von Westen her
hart an den Strom vordrängt — das ist der kecke Blocks-
berg. Während die andern Uferberge die Donau zu beglei-
ten scheinen, springt er aus ihnen hervor, kühn an den
Strom heran, als wollte er sich seinem Laufe entgegenstellen.
Von Westen her schwillt er allmälig an und erreicht seine
Gipfelhöhe gerade über der Donau, zu der er mit jähem
Felsensturze abfällt. Seine Wände sind vielfach zerklüftet
und bilden ein Gewirre von Stufen, auf welchen kleine Ra-
senpolster sitzen, deren Grün, von der Morgensonne getrof-
fen, freundlich aus dem Grauroth der Felsen schimmert. So-
bald aber der Mittag naht, beginnen die Felsen schattig zu
dunkeln im scharfen Gegensatze zur Donau, welche die fin-
stern Wände mit ihrem Glanze umschlingt. Mit diesem
schönen Bilde scheidet die Donau vom Gebirge und tritt
nun in die weiten offenen Ebenen, an deren Rand der
Blocksberg wie ein gewaltiger Grenzwächter gestellt ist.



Khabir nennen die Araber nach Graf d'Escayrac de
Lauture's Bericht den alten Elefanten, welcher den Führer
oder Chef eines ganzen Elefantentrupps macht. Sobald am
Horizont Blitze leuchten und der Himmel sich umzieht, führt
der Khabir die Seinigen nach der Gegend hin, wo sich die
Vegetation durch den Regen erfrischt hat und mit geübtem
Blicke weiß er die Zahl der Tage zu berechnen, während
welcher seine Heerde an dieser Stelle ihre Nahrung findet.
Nach dieser Zeit erst kehrt er von anderweitigen Recognos-
cirungen zurück und führt die ganze Gesellschaft auf einen
andern Weideplatz.



Napoleon's Geburtstag ist Allen wohlbekannt; daß
er aber erst am 21. Juli 1771, also fast zwei volle Jahre
nach seiner Geburt und zusammen mit seiner bald verstorbe-
nen Schwester Maria Anna getauft wurde, das erfahren ge-
wiß Viele hier zum ersten mal. Man erzählt, daß er sich
gehörig sträubte, als der Priester ihn mit dem Wasser be-
gießen wollte. Vielleicht wollte er sich selbst taufen, wie er
sich später selbst krönte, indem er dem Papste die Krone aus
den Händen nahm, die ihm dieser aufs Haupt setzen wollte.



Der größte Erdpechsee befindet sich auf der Jnsel
Trinidad südlich von Tabago unfern dem Festlande von Süd-
amerika. Er bildet eine Masse von Asphalt= oder Erdpech,
der sich zu einem See von einer Viertelstunde Länge ange-
sammelt hat. Auf der Oberfläche machen sich zahlreiche
Wassertümpel bemerklich, in denen Fische und Frösche sich
tummeln. Das Wasser ist frisch und trinkbar. Nach den
Rissen und Spalten zu urtheilen, reicht das Erdpech in an-
sehnliche Tiefen hinab und ist so hart, daß es einen Men-
schen trägt; in der Sonne erweicht, gestattet es keinen ge-
fahrlosen Pfad. Am Rande des Sees ist die Vegetation sehr
reich und kräftig und die Ananas gedeiht trefflich auf dem
Asphaltboden.

[Ende Spaltensatz]

Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

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[176/0008] 176 Mannichfaltiges. Dr. Overweg's Fahrt auf dem Tschad=See, die vom 28. Juni bis 8. August 1851 dauerte, hat in der Be- schreibung, die unser muthiger Landsmann von ihr uns macht, das größte Jnteresse und wahrhaft poetische Elemente. Das Boot zu seiner Entdeckungsfahrt war mit vielen Schwierigkeiten vom Mittelländischen Meere durch die Wüste in Stücken auf Kameelen bis nach Kuka transportirt wor- den; mit Hülfe arabischer Zimmerleute ließ Overweg es zu- sammenfügen und taufte es „Palmerston“, in dankbarer An- erkennung der Verdienste dieses Ministers um die afrikani- sche Expedition. Bei Maduari ward es von Stapel ge- lassen. Overweg hatte zwei Eingeborene als Matrosen und Dolmetscher gewonnen und am 28. Juni stach man in den See. Sieben Stunden lang mußte sich das Boot auf engen Wegen durch ein Jnsellabyrinth winden, durch dichte Ge- flechte üppiger Seegewächse, die unzähligen Flußpferden zum Aufenthalt dienten, die, mit den Köpfen aus dem Wasser hervorragend, mit großen Augen auf die flatternden Segel starrten. Gegen Abend erst erreichte man das offene Wasser; die Nacht über ward das Boot an eine schwimmende Jnsel von Seegewächsen gebunden; sie war glänzend illuminirt durch Myriaden phosphorescirender Jnsekten. Nachdem im Verlaufe der Fahrt mehre der sogenannten Biddumai=Jnseln passirt waren, ward am 2. Juli die große, vier Meilen lange und zwei Meilen breite Jnsel Belarigo erreicht, wo Overweg freundschaftlichst aufgenommen ward. Jm Triumph führte man ihn nach einer Anhöhe, dort sein Zelt aufzu- schlagen. Die Männer faßten den deutschen Doctor bei der Hand, die Frauen, zu schüchtern dazu, sangen ihn an. Milch und andere Lebensmittel wurden ihm im Übermaße zugeschleppt und man riß sich um die Geschenke des von ferne gekommenen Gastes, um Perlen, Ringe, Nadeln, Trinkgläser u. dergl. — die erste Zuckerdüte, die das Kind erhielt, das zum ersten male in die anglo=sächsische Welt- handelsschule kam, um ihm Lust zu weitern Geschäften zu machen. Die Hottentotten sind das Non plus ultra von Faul- heit; ohne Aufsicht und Antreibung arbeiten sie gar nichts, ja selbst unter Aufsicht nur dann, wenn sie rechts und links geklopft werden. Sie wollen wissen, daß sie einen Herrn ( Baas ) haben. Hiebe und nicht allzu viel Kost — dann ist der Hottentotte als Dienstbote leidlich. Bei guter Behand- lung wird er übermüthig und hält es in einem solchen Dienste nicht aus. Hat man Mitleid mit seiner magern Ge- stalt und gibt man ihm ebenso viel Speise als andern menschlichen Creaturen, dann frißt sich der Hottentott in wenig Tagen in ein solches Übermaß von Unabhängigkeit hinein, daß seines Bleibens nicht länger mehr ist; denn für den nächsten Tag sorgt er niemals. Die Riesenvögel Neuseelands haben in der letzten Zeit die Naturforscher angelegentlich beschäftigt. Den von ihnen gefundenen Knochen nach, die man bisjetzt allein kennt, müssen sie von staunenerregender Größe gewesen sein, wie Väter neben dem riesigen Strauß der afrikanischen Ebenen. Das ganz frische Aussehen der Knochen gab bei der ersten Entdeckung der Vermuthung Raum, daß in den innern, noch wenig durchforschten Gegenden Polynesiens dieses gi- gantische _________Federvieh sogar noch leben möge und die mär- chenhaften Erzählungen der Neuseeländer sowie die Aussagen von Fremden, welche längere Zeit sich dort aufhielten, erreg- ten die Hoffnung auf den Fang eines solchen lebenden Rie- senvogels. Wie nach einem Mythus die gigantische Schild- kröte, deren Knochen und Panzer in den Vorhöhen des Hi- malaya abgelagert sind, das Weltgebäude stützen soll, wie nach einer andern Volkssage das Mammuth in Sibirien noch heute in der Weise der Maulwürfe und Mäuse unter der Erde lebt: so lassen die Neuseeländer den gefürchteten Moa in einer Höhle an der Steilseite eines Bergs wohnen, wo er schlafend von zwei Eidechsen bewacht wird, die Jeden, der sich naht, sofort umbringen. Angesichts eines so unvermeid- lichen Todes hat es denn auch noch Niemand gewagt, die Höhle zu besuchen und das Ungeheuer zu erspähen. Der Blocksberg — wie der Brocken volksthümlich oft genannt wird — hat in Ungarn einen Namensvetter. Wenn man sich, die Donau abwärts, der Stadt Buda=Pesth nä- hert, erblickt man am Ende der Häusermassen, welche beide Ufer weithin bedecken, einen Berg, der sich von Westen her hart an den Strom vordrängt — das ist der kecke Blocks- berg. Während die andern Uferberge die Donau zu beglei- ten scheinen, springt er aus ihnen hervor, kühn an den Strom heran, als wollte er sich seinem Laufe entgegenstellen. Von Westen her schwillt er allmälig an und erreicht seine Gipfelhöhe gerade über der Donau, zu der er mit jähem Felsensturze abfällt. Seine Wände sind vielfach zerklüftet und bilden ein Gewirre von Stufen, auf welchen kleine Ra- senpolster sitzen, deren Grün, von der Morgensonne getrof- fen, freundlich aus dem Grauroth der Felsen schimmert. So- bald aber der Mittag naht, beginnen die Felsen schattig zu dunkeln im scharfen Gegensatze zur Donau, welche die fin- stern Wände mit ihrem Glanze umschlingt. Mit diesem schönen Bilde scheidet die Donau vom Gebirge und tritt nun in die weiten offenen Ebenen, an deren Rand der Blocksberg wie ein gewaltiger Grenzwächter gestellt ist. Khabir nennen die Araber nach Graf d'Escayrac de Lauture's Bericht den alten Elefanten, welcher den Führer oder Chef eines ganzen Elefantentrupps macht. Sobald am Horizont Blitze leuchten und der Himmel sich umzieht, führt der Khabir die Seinigen nach der Gegend hin, wo sich die Vegetation durch den Regen erfrischt hat und mit geübtem Blicke weiß er die Zahl der Tage zu berechnen, während welcher seine Heerde an dieser Stelle ihre Nahrung findet. Nach dieser Zeit erst kehrt er von anderweitigen Recognos- cirungen zurück und führt die ganze Gesellschaft auf einen andern Weideplatz. Napoleon's Geburtstag ist Allen wohlbekannt; daß er aber erst am 21. Juli 1771, also fast zwei volle Jahre nach seiner Geburt und zusammen mit seiner bald verstorbe- nen Schwester Maria Anna getauft wurde, das erfahren ge- wiß Viele hier zum ersten mal. Man erzählt, daß er sich gehörig sträubte, als der Priester ihn mit dem Wasser be- gießen wollte. Vielleicht wollte er sich selbst taufen, wie er sich später selbst krönte, indem er dem Papste die Krone aus den Händen nahm, die ihm dieser aufs Haupt setzen wollte. Der größte Erdpechsee befindet sich auf der Jnsel Trinidad südlich von Tabago unfern dem Festlande von Süd- amerika. Er bildet eine Masse von Asphalt= oder Erdpech, der sich zu einem See von einer Viertelstunde Länge ange- sammelt hat. Auf der Oberfläche machen sich zahlreiche Wassertümpel bemerklich, in denen Fische und Frösche sich tummeln. Das Wasser ist frisch und trinkbar. Nach den Rissen und Spalten zu urtheilen, reicht das Erdpech in an- sehnliche Tiefen hinab und ist so hart, daß es einen Men- schen trägt; in der Sonne erweicht, gestattet es keinen ge- fahrlosen Pfad. Am Rande des Sees ist die Vegetation sehr reich und kräftig und die Ananas gedeiht trefflich auf dem Asphaltboden. Verantwortlicher Redacteur: M. J. E. Volbeding. — Druck und Verlag von F. A. Brockhaus in Leipzig.

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Zitationshilfe: Das Pfennig=Magazin für Belehrung und Unterhaltung. Dritte Folge, Zweiter Jahrgang, Nr. 74. Leipzig (Sachsen), 25. Mai 1854, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_pfennig074_1854/8>, abgerufen am 21.11.2024.