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Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 20. Prag, 1836.

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Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]
Geistesgegenwart und Entschlossenheit.

Als Lord Exmouth im Jahre 1816 die Bat-
terien von Algier angriff, säumten die Algie-
rer, vorzüglich am Anfang des Treffens, nicht, die
englische Flotte mit einer guten Ladung glühender
Kugeln zu begrüßen. Einer dieser unwillkommenen
Gäste fand sich auf dem Bombenschiffe "The Jnfer-
nal " ein, fuhr durch die Kajüte des Schiffsquartier-
meisters hinter der Verbandkammer, warf hier dem
Gehilfen des Chirurgus Jones, der am gelben
Fieber, das er sich zu Gibraltar geholt hatte,
darnieder lag, ein Sims mit Büchern auf den Kopf,
und wurde hierauf in einer Wasserkufe durch den
Oberkonstabel und einige Andere, die sich in der
Nähe befanden, aufgefangen. Dieses angenehme
Experiment war kaum vorüber, als die Schildwache
im Pulvermagazin, dessen Thür geschlossen war,
einen furchtbaren Schlag unter den Pulverfässern
hörte, und gleich darauf mit Staub und Pulver
bedeckt wurde. Da diese bereits wußte, daß eine
glühende Kugel in das Schiff gefahren sey, so schrie
sie im höchsten Schrecken auf: "Eine glühende Kugel
in der Pulverkammer!" und stürzte heraus, um
dieß Geschrei auch im übrigen Schiffe zu verbreiten.
Die schlimmen Folgen, die daraus entstehen konnten,
sind leicht zu begreifen, da Niemanden eine andere
Wahl blieb, als nur schnell über Bord zu springen.
Der Konstabel sah sogleich ein, daß, wenn das Ge-
schrei falsch, es thöricht sey, es zu verbreiten, wenn
wahr, ohnehin nichts mehr helfe, als seine Rech-
nung mit dem Himmel zu machen. Mit diesen Ge-
danken stürzte er augenblicklich nach der Pulverkam-
mer, stieß die Wache wieder hinein und verschloß
die Thüre, indem er davor so lange stehen blieb,
bis die Gefahr vorüber seyn mußte. Alles blieb
ruhig, und später lachte man über den unnützen
Lärm, eine Kugel war nirgend zu finden, und
Manche zweifelten, ob nur überhaupt eine Kugel
in's Pulvermagazin gekommen sey. Freilich zeugten
dafür die zerbrochenen Fässer und das umhergestreute
Pulver; allein dieß schien noch kein hinlänglicher
Beweis. Als man aber wieder in die Themse ein-
gelaufen war, und die Pulverkammer ausgeräumt
wurde fand es sich, daß eine Kugel durch vier Pul-
verfässer hindurchgefahren und in der Mitte eines
fünften ruhig liegen geblieben war. -- Der Name
des Konstabels war Coombs. "Das letzte Mal,"
sagt der Verfasser dieser Zeilen, "als ich diesen
Mann sah, der eine so beispiellose Geistesgegenwart
bewiesen hatte, war 1824; ich traf ihn in einer
kleinen Stube eines abgelegenen Hinterhofes zu
Deptford, wo er sein Leben mit dem Ausflicken
alter Schuhe fristete!"     L.



Der Wasserfenchel.
( Phellandrium aquaticum ) .

Ein in allen sumpfigen Teichen, Gräben und
andern stehenden Gewässern sehr gemeines Gewächs
mit zweijähriger rübenförmiger Wurzel. Der dicke
4 bis 6 Fuß hohe Stengel ist gestreift, mit Absä-
tzen versehen, unten gestreckt, am obern Theile auf-
gerichtet, und mit vielen Zweigen besetzt. Die Blät-
[Spaltenumbruch] [Abbildung] ( Wasserfenchel. )
ter sind zwei= bis dreifach gefiedert, und ihre Blätt-
chen sparrig. Jm Juni und Juli erscheinen an der
Spitze der Zweige die großen, weißen, gemeiniglich
unterwärts gerichteten Blüthendolden, deren Blumen
alle einander ähnlich und Zwitter sind. Das Kraut
dieser Pflanze ist dem Viehe zuwider und schädlich.
Er scheint allerdings mit den übrigen Wasserschirm-
pflanzen die verdächtigen Eigenschaften gemein zu
haben, wenn sie auch nicht so stark sind, wie z. B.
beim Wasserschierling oder Wütherich. Jn Schweden
sah man die Pferde nach dem Genusse des Krautes
an den Hinterbeinen lahm werden. Man schrieb
aber diese Wirkung nicht sowohl dem Wasserfenchel,
als vielmehr der in seinen Stengeln lebenden Larve
eines Rüsselkäfers zu; indeß hat man gefunden,
daß das bloße Kraut vom Stengel abgesondert den
Schafen tödtlich ist. Die ältern Aerzte rühmten die
harntreibende und scharbockwidrige Kraft des Krauts;
jetzt ist es nicht mehr im Gebrauch. Den ekelhaft
aromatischen Samen brauchte man schon vor mehr
als hundert Jahren wider den Rotz, Husten und
das Verschlagen der Pferde und bei äußerlichen
Verletzungen derselben; aber auch in menschlichen
Krankheiten wurde er sehr häufig angewendet, und
es war fast kein Uebel, gegen welches er nicht für
wirksam gehalten wurde. Es kann wohl seyn, daß
er beträchtliche medizinische Eigenschaften besitzt;
allein bis jetzt sind sie noch nicht bestimmt. So viel
ist gewiß, daß dieser Same in beträchtlichen Gaben
Schwere im Kopfe, Trunkenheit und Schwindel ver-
ursacht. Das frische Kraut soll ein zuverlässiges
Mittel seyn, die Bettwanzen zu vertreiben, wenn
man es ins Bettstroh steckt.     F.



[Ende Spaltensatz]

Druck und Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag. -- Redaktion von W. A. Gerle.

Panorama des Universums.
[Beginn Spaltensatz]
Geistesgegenwart und Entschlossenheit.

Als Lord Exmouth im Jahre 1816 die Bat-
terien von Algier angriff, säumten die Algie-
rer, vorzüglich am Anfang des Treffens, nicht, die
englische Flotte mit einer guten Ladung glühender
Kugeln zu begrüßen. Einer dieser unwillkommenen
Gäste fand sich auf dem Bombenschiffe „The Jnfer-
nal “ ein, fuhr durch die Kajüte des Schiffsquartier-
meisters hinter der Verbandkammer, warf hier dem
Gehilfen des Chirurgus Jones, der am gelben
Fieber, das er sich zu Gibraltar geholt hatte,
darnieder lag, ein Sims mit Büchern auf den Kopf,
und wurde hierauf in einer Wasserkufe durch den
Oberkonstabel und einige Andere, die sich in der
Nähe befanden, aufgefangen. Dieses angenehme
Experiment war kaum vorüber, als die Schildwache
im Pulvermagazin, dessen Thür geschlossen war,
einen furchtbaren Schlag unter den Pulverfässern
hörte, und gleich darauf mit Staub und Pulver
bedeckt wurde. Da diese bereits wußte, daß eine
glühende Kugel in das Schiff gefahren sey, so schrie
sie im höchsten Schrecken auf: „Eine glühende Kugel
in der Pulverkammer!“ und stürzte heraus, um
dieß Geschrei auch im übrigen Schiffe zu verbreiten.
Die schlimmen Folgen, die daraus entstehen konnten,
sind leicht zu begreifen, da Niemanden eine andere
Wahl blieb, als nur schnell über Bord zu springen.
Der Konstabel sah sogleich ein, daß, wenn das Ge-
schrei falsch, es thöricht sey, es zu verbreiten, wenn
wahr, ohnehin nichts mehr helfe, als seine Rech-
nung mit dem Himmel zu machen. Mit diesen Ge-
danken stürzte er augenblicklich nach der Pulverkam-
mer, stieß die Wache wieder hinein und verschloß
die Thüre, indem er davor so lange stehen blieb,
bis die Gefahr vorüber seyn mußte. Alles blieb
ruhig, und später lachte man über den unnützen
Lärm, eine Kugel war nirgend zu finden, und
Manche zweifelten, ob nur überhaupt eine Kugel
in's Pulvermagazin gekommen sey. Freilich zeugten
dafür die zerbrochenen Fässer und das umhergestreute
Pulver; allein dieß schien noch kein hinlänglicher
Beweis. Als man aber wieder in die Themse ein-
gelaufen war, und die Pulverkammer ausgeräumt
wurde fand es sich, daß eine Kugel durch vier Pul-
verfässer hindurchgefahren und in der Mitte eines
fünften ruhig liegen geblieben war. — Der Name
des Konstabels war Coombs. „Das letzte Mal,“
sagt der Verfasser dieser Zeilen, „als ich diesen
Mann sah, der eine so beispiellose Geistesgegenwart
bewiesen hatte, war 1824; ich traf ihn in einer
kleinen Stube eines abgelegenen Hinterhofes zu
Deptford, wo er sein Leben mit dem Ausflicken
alter Schuhe fristete!“     L.



Der Wasserfenchel.
( Phellandrium aquaticum ) .

Ein in allen sumpfigen Teichen, Gräben und
andern stehenden Gewässern sehr gemeines Gewächs
mit zweijähriger rübenförmiger Wurzel. Der dicke
4 bis 6 Fuß hohe Stengel ist gestreift, mit Absä-
tzen versehen, unten gestreckt, am obern Theile auf-
gerichtet, und mit vielen Zweigen besetzt. Die Blät-
[Spaltenumbruch] [Abbildung] ( Wasserfenchel. )
ter sind zwei= bis dreifach gefiedert, und ihre Blätt-
chen sparrig. Jm Juni und Juli erscheinen an der
Spitze der Zweige die großen, weißen, gemeiniglich
unterwärts gerichteten Blüthendolden, deren Blumen
alle einander ähnlich und Zwitter sind. Das Kraut
dieser Pflanze ist dem Viehe zuwider und schädlich.
Er scheint allerdings mit den übrigen Wasserschirm-
pflanzen die verdächtigen Eigenschaften gemein zu
haben, wenn sie auch nicht so stark sind, wie z. B.
beim Wasserschierling oder Wütherich. Jn Schweden
sah man die Pferde nach dem Genusse des Krautes
an den Hinterbeinen lahm werden. Man schrieb
aber diese Wirkung nicht sowohl dem Wasserfenchel,
als vielmehr der in seinen Stengeln lebenden Larve
eines Rüsselkäfers zu; indeß hat man gefunden,
daß das bloße Kraut vom Stengel abgesondert den
Schafen tödtlich ist. Die ältern Aerzte rühmten die
harntreibende und scharbockwidrige Kraft des Krauts;
jetzt ist es nicht mehr im Gebrauch. Den ekelhaft
aromatischen Samen brauchte man schon vor mehr
als hundert Jahren wider den Rotz, Husten und
das Verschlagen der Pferde und bei äußerlichen
Verletzungen derselben; aber auch in menschlichen
Krankheiten wurde er sehr häufig angewendet, und
es war fast kein Uebel, gegen welches er nicht für
wirksam gehalten wurde. Es kann wohl seyn, daß
er beträchtliche medizinische Eigenschaften besitzt;
allein bis jetzt sind sie noch nicht bestimmt. So viel
ist gewiß, daß dieser Same in beträchtlichen Gaben
Schwere im Kopfe, Trunkenheit und Schwindel ver-
ursacht. Das frische Kraut soll ein zuverlässiges
Mittel seyn, die Bettwanzen zu vertreiben, wenn
man es ins Bettstroh steckt.     F.



[Ende Spaltensatz]

Druck und Verlag von Gottlieb Haase Söhne in Prag. — Redaktion von W. A. Gerle.

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Zitationshilfe: Das wohlfeilste Panorama des Universums. Nr. 20. Prag, 1836, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_panorama20_1836/8>, abgerufen am 18.12.2024.