Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

[N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.]

Bild:
<< vorherige Seite

als sie nicht zwischen den Wendekreisen liegt, gehört
aber fast schon den Tropen an, und breitet sich vom
Ausflusse des Tigris bis zum persischen Meerbusen
hin. So finden wir auf Meron, der ganzen südwestlichen
Spitze Arabiens einen Sitz alter Kultur, und selbst
in der Mitte der Wendekreise giebt es leuchtende
Puncte frühere Kultur, besonders in dem Theile Indiens
wo Alexander nicht hinkam, sondern mehr südlich nach
Kambaja, Karnatik und Theken liegt; wo die Kultur
sich mehr in Ebenen als Berghöhen zeigte. Mitten
unter den Wendekreisen auf dem alten Continente
ist in den Ebenen die mittlere Temperatur 26-27°, und das
Klima ist so ungemäßigt warm, daß in Benares z. B.
die Temperatur im Sommer bis auf 34° steigt. Nach unsern
Vorurtheile werden wir eine solche Wärme auf die geistige
Entwickelung der Menschen ungünstig nennen.

Diese Thatsachen zeigen also, daß vom Aequator bis
zum 45° N. Br. oder bis zur Zone des Oelbaums und des
Weinbaum's das Klima der Kultur günstig ist. Möglich
wäre es, daß Meron und Indien ihre Kultur von Norden
her erhielten, und daß die Tropenkultur eine eingewanderte
ist. So ständen aber doch Memphis, Teheran und andere

als ſie nicht zwiſchen den Wendekreiſen liegt, gehört
aber faſt ſchon den Tropen an, und breitet ſich vom
Ausfluſſe des Tigris bis zum perſiſchen Meerbuſen
hin. So finden wir auf Meron, der ganzen ſüdweſtlichen
Spitze Arabiens einen Sitz alter Kultur, und ſelbſt
in der Mitte der Wendekreiſe giebt es leuchtende
Puncte frühere Kultur, beſonders in dem Theile Indiens
wo Alexander nicht hinkam, ſondern mehr ſüdlich nach
Kambaja, Karnatik und Theken liegt; wo die Kultur
ſich mehr in Ebenen als Berghöhen zeigte. Mitten
unter den Wendekreiſen auf dem alten Continente
iſt in den Ebenen die mittlere Temperatur 26–27°, und das
Klima iſt ſo ungemäßigt warm, daß in Benares z. B.
die Temperatur im Sommer bis auf 34° ſteigt. Nach unſern
Vorurtheile werden wir eine ſolche Wärme auf die geiſtige
Entwickelung der Menſchen ungünſtig nennen.

Dieſe Thatſachen zeigen alſo, daß vom Aequator bis
zum 45° N. Br. oder bis zur Zone des Oelbaums und des
Weinbaum’s das Klima der Kultur günſtig iſt. Möglich
wäre es, daß Meron und Indien ihre Kultur von Norden
her erhielten, und daß die Tropenkultur eine eingewanderte
iſt. So ſtänden aber doch Memphis, Teheran und andere

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="session" n="47">
        <div n="1">
          <div n="2">
            <div n="3">
              <div n="4">
                <p><pb facs="#f0415" n="409."/>
als &#x017F;ie nicht zwi&#x017F;chen den Wendekrei&#x017F;en liegt, gehört<lb/>
aber fa&#x017F;t &#x017F;chon den Tropen an, und breitet &#x017F;ich vom<lb/>
Ausflu&#x017F;&#x017F;e des Tigris bis zum per&#x017F;i&#x017F;chen Meerbu&#x017F;en<lb/>
hin. So finden wir auf Meron, der ganzen &#x017F;üdwe&#x017F;tlichen<lb/>
Spitze Arabiens einen Sitz alter Kultur, und &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
in der Mitte der Wendekrei&#x017F;e giebt es leuchtende<lb/>
Puncte frühere Kultur, be&#x017F;onders in dem Theile Indiens<lb/>
wo <hi rendition="#aq"><persName resp="#SB" ref="http://www.deutschestextarchiv.de/kosmos/person#gnd-118501828 http://d-nb.info/gnd/118501828">Alexander</persName></hi> nicht hinkam, &#x017F;ondern mehr &#x017F;üdlich nach<lb/>
Kambaja, Karnatik und Theken liegt; wo die Kultur<lb/>
&#x017F;ich mehr in Ebenen als Berghöhen zeigte. Mitten<lb/>
unter den Wendekrei&#x017F;en auf dem alten Continente<lb/>
i&#x017F;t in den Ebenen die mittlere <choice><abbr>T.</abbr><expan resp="#BF">Temperatur</expan></choice> 26&#x2013;27°, und das<lb/>
Klima i&#x017F;t &#x017F;o ungemäßigt warm, daß in Benares z. B.<lb/>
die <choice><abbr>T.</abbr><expan resp="#BF">Temperatur</expan></choice> im Sommer bis auf 34° &#x017F;teigt. Nach un&#x017F;ern<lb/>
Vorurtheile werden wir eine &#x017F;olche Wärme auf die gei&#x017F;tige<lb/>
Entwickelung der Men&#x017F;chen ungün&#x017F;tig nennen.</p><lb/>
                <p>Die&#x017F;e That&#x017F;achen zeigen al&#x017F;o, daß vom Aequator bis<lb/>
zum 45° N. Br. oder bis zur Zone des Oelbaums und des<lb/>
Weinbaum&#x2019;s das Klima der Kultur gün&#x017F;tig i&#x017F;t. Möglich<lb/>
wäre es, daß Meron und Indien ihre Kultur von Norden<lb/>
her erhielten, und daß die Tropenkultur eine eingewanderte<lb/>
i&#x017F;t. So &#x017F;tänden aber doch Memphis, Teheran und andere<lb/></p>
              </div>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[409./0415] als ſie nicht zwiſchen den Wendekreiſen liegt, gehört aber faſt ſchon den Tropen an, und breitet ſich vom Ausfluſſe des Tigris bis zum perſiſchen Meerbuſen hin. So finden wir auf Meron, der ganzen ſüdweſtlichen Spitze Arabiens einen Sitz alter Kultur, und ſelbſt in der Mitte der Wendekreiſe giebt es leuchtende Puncte frühere Kultur, beſonders in dem Theile Indiens wo Alexander nicht hinkam, ſondern mehr ſüdlich nach Kambaja, Karnatik und Theken liegt; wo die Kultur ſich mehr in Ebenen als Berghöhen zeigte. Mitten unter den Wendekreiſen auf dem alten Continente iſt in den Ebenen die mittlere T. 26–27°, und das Klima iſt ſo ungemäßigt warm, daß in Benares z. B. die T. im Sommer bis auf 34° ſteigt. Nach unſern Vorurtheile werden wir eine ſolche Wärme auf die geiſtige Entwickelung der Menſchen ungünſtig nennen. Dieſe Thatſachen zeigen alſo, daß vom Aequator bis zum 45° N. Br. oder bis zur Zone des Oelbaums und des Weinbaum’s das Klima der Kultur günſtig iſt. Möglich wäre es, daß Meron und Indien ihre Kultur von Norden her erhielten, und daß die Tropenkultur eine eingewanderte iſt. So ſtänden aber doch Memphis, Teheran und andere

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Christian Thomas: Herausgeber
Sandra Balck, Benjamin Fiechter, Christian Thomas: Bearbeiter
Staatsbibliothek zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz: Bereitstellen der Digitalisierungsvorlage; Bilddigitalisierung

Weitere Informationen:

Abweichungen von den DTA-Richtlinien:

  • I/J: Lautwert transkribiert



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/415
Zitationshilfe: [N. N.]: Die physikalische Geographie von Herrn Alexander v. Humboldt, vorgetragen im Semestre 1827/28. [Berlin], [1827/28]. [= Nachschrift der ‚Kosmos-Vorträge‛ Alexander von Humboldts in der Berliner Universität, 3.11.1827–26.4.1828.], S. 409.. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_oktavgfeo79_1828/415>, abgerufen am 25.11.2024.