Neue Rheinische Zeitung. Nr. 298. Köln, 15. Mai 1849.andern Ort der Pfalz, wo es weniger an Raum gebricht. Es thut uns leid, daß wir nicht mehr Leute hier behalten können, da Ludwigshafen unstreitig ein wichtiger Punkt ist. So eben sind auf drei Dampfschiffen baierische und preußische Truppen als im Anmarsche befindlich avisirt. Nächstens mehr. * Kempten, 7. Mai. Auch Altbaiern rührt sich. Die gestrige Volksversammlung, von circa 12,000 Menschen besucht und von 35 politischen Vereinen beschickt, sprach sich energisch für die Reichsverfassung aus. * Aus Schleswig-Holstein, 9. Mai. Ein gestern erschienener Armeebefehl lautet: Wenn es möglich ist, soll die Armee aus den Magazinen, die Jütland zu füllen hat, verpflegt werden. Wo dies nicht gut angeht, haben die Quartierwirthe, wenn es ohne zu große Hartherzigkeit geschehen kann, die Einquartirung zu verpflegen. Da dies aber nicht lange ausreichen wird, so haben die verschiedenen Abtheilungen, sobald es nothwendig ist, kleine bewaffnete Requisitionstrupps unter einem Offizier und in Begleitung eines Dollmetschers und des betreffenden Bauernvogts zu entsenden. Das Erlangte wird in die verschiedenen belegten Gemeinden oder Gehöfte vertheilt. Jedenfalls hat das Quartier aber Frühstück und Wein für die Offiziere, sowie wenigstens Grog für die Mannschaft herzugeben. Es laufen zwar Gerüchte um, daß die Reichstruppen in Fridericia eingerückt seien, allein es fehlt bis jetzt an jeder Bestätigung. Italien. * Aus Sizilien hat der "Sully" Briefe vom 30. überbracht, wonach in Palermo trotz der verrätherischen Bourgeoiskapitulation die größte Entschlossenheit zu neuem Widerstand herrscht. Der Bourgeoismagistrat, welcher die Leitung der Geschäfte übernommen hat, soll in rathloser Bestürzung sein, da sowohl die am 24. an den General Filangieri abgesendeten 5 Capitulationscommissarien nicht zurückgekommen sind, als auf der andern Seite die Revolutionäre gedroht haben, bei Anrücken der (von der Landseite erwarteten) neapolitanischen Armee die Stadt in Brand zu stecken. * Rom, 3. Mai. Die Neapolitaner, welche in die Provinz Velletri eingefallen, marschiren gegen Rom. Garibaldi mit 9000 Mann eilt ihnen entgegen. Die französische Pabstarmee hat ihr Hauptquartier in Palo errichtet. Zu gleicher Zeit hat der Minister des Innern an alle Präfekten ein Rundschreiben erlassen, worin er ihnen erkärt, daß die römische Armee bald die Offensive ergreifen würde, falls die Franzosen nicht nach Civita Vecchia zurückmarschiren. * Das römische Volk hat folgende Adresse an die "Wähler von Paris" gerichtet: "Die Schmach euerer Regierung ist erfüllt. -- Sie ist am 30. April durch ein den heiligsten Prinzipien der Humanität und Gerechtigkeit abtrünniges und verrätherisches Ministerium erfüllt worden. Man hat die französischen Soldaten zu Schlächtern Italiens, zu Mördern eines hochherzigen Volkes gemacht, welches vor Schmerz und vor Wuth weinte, daß es durch die Annäherung der Franzosen zum Brudermord verurtheilt ward; man hat sie gegen ein Volk geführt, welches geschworen hatte, eher aus den Reihen der lebenden Nationen verschwinden, als die mit dem Blute ganz Italiens errungenen Freiheiten gutwillig opfern zu wollen. "Der 30. April 1849 wird einer der glorreichsten und unauslöschlichsten Tage der italienischen Geschichte sein. Seit Jahrhunderten haben allein die Tage von Mailand, von Brescia, von Bologna der Welt gesagt, was dieses Volk, dieser Paria der Freiheit war, dessen Kleider wie die des Christengottes von den Fürsten zerrissen und mit Gewalt oder schmachvollem Schacher vertheilt wurden. "Der 30. April sagt es Europa und vor Allem Frankreich, was dies italienische Volk ist, gegen das sich jetzt die Verläumdungen des ganzen Erdkreises richten, vielleicht weil es einst den Erdkreis zu seinen Füßen sah. "In Rom hatten sich die Männer aller Parteien Italiens vereinigt. "Ein französischer General, der den guten Glauben seiner Soldaten täuschte, indem er schwur, daß Rom in den Händen einer Bande Meuchelmörder sei, daß eine neapolitanische oder östreichische Invasion den römischen Staat bedrohe, und daß die französischen Truppen die Rolle des, in den Patriarchen-Vätern verheißenen Erlösers zu spielen berufen seien: dieser General, der selbst nur ein elendes Werkzeug der gegen das hochherzige französische Volk verschworenen Verräther war, rückte gegen Rom, um sich nach seiner Meinung der Stadt durch einen Handstreich zu bemächtigen. "Aber Rom, diese Mutter der Herrlichkeit und des Verderbnisses der Welt, Rom erhob sich in heiligem Zorn, wie in jenen Zeitaltern, wo sein Zorn gleich einem Blitz auf das unterjochte Weltall fiel. Einstimmig war der Schrei der Gelästerten, einstimmig der Schwur der Unterdrückten, einstimmig die Begeisterung der in Rom, dem letzten Asyl des Heils und der Ehre versammelten Italiener. Alle, Alle bis auf die Greise und Frauen, liefen hin zu den Waffen und auf die Barrikaden. "Am Abend betraten 500 Franzosen als Gefangene die Stadt. Das siegreiche Rom hat sie als Freunde und Brüder behandelt und über die wahre Lage des verläumdeten Landes aufzuklären gesucht. Und an diesem Abend hatte die römische Republik 500 neue Freunde gewonnen und die französische Reaktion 500 Sklaven verloren. "In diesem Augenblick, Brüder von Paris, zieht sich eure Armee plötzlich gegen Civita-Vecchia zurück, wo sie bereits den ersten Streich auf unsere Republik, auf die italienischen Patrioten geführt hat. In diesem Augenblick hat die römische Republik ihre Kriegsgefangenen gegen 400, unter den verächtlichsten Vorwänden und durch eine Uebermacht von 12,000 Mann in Civita Vecchia entwaffnete Soldaten ausgetauscht. "Die Reaktion, welche Euch alle drückt, Franzosen! diese durch das Ministerium Barrot so frech vertretene Reaktion, wird, da jetzt ihr Schlag gegen die Republikaner von Rom mißglückt ist, ein Schlag der den Ruhmesglanz der französischen Waffen durch seine Schande verdunkelt, vielleicht ihre vor Rom grschlagenen Generäle dazu aussenden, um die Republikaner und die Ehre von Venedig in die Falle zu locken. Damit nicht genug, Franzosen schicken sich auch, Eure Generäle, diese galonnirten Maschinen, die Ihr mit Eurem Blute, mit Eurer Ehre bezahlt, dazu an: dem neapolitanischen Henker die Hand zu drücken, der auf Rom losrückt, um jene Tapfern daraus zu verjagen, die geschworen haben, auf dem Kapitol zu sterben, so lange noch ein Hügel, ein Haus in Rom zu vertheidigen ist. "Wähler von Paris! denkt darüber nach, welch ein, in Euren Annalen unerhörtes Schauspiel der Infamie Euer Ministerium der Welt giebt, blos um eine Wahl-Majorität zu erhalten, die stolz über einen Sieg in Rom, die Regentschaft und die Kosacken in die Tuillerien einzuführen denkt. "Wähler von Paris! Eure Waffen wurden in doppelter Weise durch Euer Ministerium entehrt: durch die Infamie eines Angriffs und durch die Schmach einer Niederlage! "Wir Republikaner von Rom, indem wir den, der französischen Demokratie von uns wiedergegebenen Gefangenen ein brüderliches Lebewohl sagen, sandten Euch dieses kurze Bild Eurer Mission in Italien! Eurer Mission, Brüder Republikaner von Paris, die Gott sei Dank, nicht Eure wahre Mission ist, die man aber nichts destoweniger in Euerm Namen erfüllt. "So sind denn jetzt die Soldaten von Austerlitz, von Jena von Marengo: Die Soldaten des Pabstes! "Wähler von Paris, legt die Hand aufs Herz und wenn ihr an Gott glaubt und an die Zukunft, so rettet, wenn es kein anderes Mittel gibt, durch das Mittel der Wahl Eure junge Republik und unser unglückliches Italien! Gruß und Brüderschaft! Das römische Volk. (Folgen 3000 Unterschriften.) * Turin, 7. Mai. Das neue Ministerium ist gebildet. Azeglio ersetzt den De Launay als Premierminister. Romarino, der heute früh 7 Uhr rücklings erschossen werden sollte, hat auf Cassation des Todesurtheils angetragen. Durch die Verurtheilung Romarino's ist der Verrath, durch welchen Radetzky allein gesiegt hat und den die schmutzigen DuMont'schen Zeitungsschmuhle und bezahlten Polizeiklakeure als einen respektwidrigen Zweifel an den östreichischen Verdiensten ausheulten, vollends bestätigt worden. Hauptquartier Mestre, 4. Mai. Um 12 Uhr hat das Bombardement auf Malghera aus allen angelegten Batterien zu gleicher Zeit begonnen und ist von dem Fort mit einem fürchterlichen ungleich starkeren Feuer erwiedert worden. Sie haben dort auf allen nur möglichen Punkten Geschütze des größten Kalibers aufgefahren. Auch werfen sie nutzloserweise Raketen und schießen aus den entlegensten Werken auf unsere Batterien. Sie unterhalten ein wildes ungestümes Feuer, wogegen unsere Artilleristen ruhig und in bestimmten Pausen schießen; wir wollen erwarten wie es morgen aussieht. (A. Z.) * Mestre, 4. Mai. Gleich nach seiner Ankunft hat Radetzki eine Aufforderung an die Bewohner Venedig's erlassen, sich binnen 48 Stunden, d. h. bis den 6. Mai, 8 Uhr Morgens, auf folgende "unabänderliche" (!) Bedingungen zu ergeben: "Art. 1. Unbedingte, volle und gänzliche Unterwerfung. Art. 2. Unmittelbare Uebergabe der ganzen Stadt und sämmtlicher Forts und Arsenale, die von meinen Truppen besetzt werden sollen, denen gleichfalls alle Kriegsfahrzeuge, zu welcher Zeit sie auch gebaut worden sein mögen, alle öffentlichen Anstalten, alles Kriegsmaterial und alle Gegenstände irgend einer Art, die Eigenthum des Staates sind, zu übergeben sind. Art. 3. Auslieferung aller Waffen, sie mögen dem Staate oder Privaten gehören. Dagegen bewillige ich folgende Punkte: Art. 4. Es wird allen Personen ohne Unterschied, welche die Stadt verlassen wollen, gestattet, binnen 48 Stunden nach der Uebergabe zu Lande oder zu See aus Venedig abzureisen. Art. 5. Es soll ein General-Pardon für alle Unteroffiziere und Gemeinen der Land- und Seetruppen erlassen werden. Von meiner Seite werden die Feindseligkeiten den ganzen morgenden Tag hindurch bis zur obenerwähnten Stunde, nämlich 8 Uhr Morgens am 6 Mai eingesteht werden. Aus meinem Hauptquartier Casa Papadopoli den 4. Mai 1849. Der Oberbefehlshaber der k. k. Truppen in Italien, Radetzky, Feldmarschall. Französische Republik. 12 Paris, 12. Mai. Der Veitstanz: das ist die wahre Stellung der Pariser Bourgeoisie. Paris tanzt den Veitstanz: es tanzt ihn in der Kammer, außerhalb der Kammer, allenthalben. Die Pariser Arbeiter stehn ruhig im Kreise herum, und sehen und lachen wie die Bourgeoisie so krampfhaft zuckend Hände und Beine zusammenschlägt. Alles verwickelt sich täglich mehr und mehr. Täglich treffen von Rom neue Nachrichten ein, welche die Sache noch mehr compliciren. Die Soldaten der Expedition erklären jetzt öffentlich: Wir dürfen nicht gegen Rom kämpfen, wir wollen nicht die römische Republik vernichten. Die Italiener sind brav und tapfer: sie haben uns geschlagen und sie haben recht gethan. Warum hat man uns nach Rom geschickt? Und doch, was bleibt uns jetzt anders zu thun übrig, als uns in Rom tödten zu lassen. Briefe der Art werden öffentlich in der Kammer verlesen. Und die Kammer tobt vor Wuth; sie beschließt: die Expedition von Rom soll ihrem wahren Zwecke zugelenkt werden. Nun schreibt Napoleon einen Brief an Oudinot, worin er ihn auffordert, abermals gegen Rom zu rücken, und ihm in seinem persönlichen Namen Verstärkung verspricht. Nun geht der General Changarnier hin und schickt den Brief Napoleon's an alle Generäle, an alle Regimenter, und denunzirt die Kammer und die Männer, welche dem Briefe Napoleon's zum Trotz, statt Verstärkung dem Oudinot zu schicken, beschlossen haben, seine Handlungsweise in Rom zu desavouiren! Also die Bourgeoiskammer, die schon so bourgeoismäßig aufgetreten, wird von den Bourgeoisgenerälen verhöhnt und denunzirt! Der Bourgeoisgeneral der Börse, Changarnier, der von der Börse 50,000 Fr. jährlich erhält, erklärt sich für Oudinot, für Napoleon, für jeden Monarchen. Und die Kammer schäumt abermals vor Wuth! Sie weiß nicht mehr, woran sie hält! Soll sie das Ministerium oder Napoleon, oder Changarnier aufgeben und die römische Republik anerkennen? In dieser Verlegenheit thut sie gar nichts: sie adoptirt mit sechs Stimmen Majorität die Tagesordnung: neuer Anfall von Wuth; die Kammer erkennt ihre Hülfslosigkeit, und ist mit sich selbst zerfallen. Die Bourgeoisie tanzt den Veitstanz, und um sie herum steht die große Proletariermasse und lacht und schaut zu, wie die Bourgeois revolutioniren. Der Augenblick ist gekommen, wo die Juni-Insurgenten gerächt werden. Dieses Mal sind's die Bourgeois, die den Kampf beginnen gegen ihr eigenes Machwerk, gegen die Contrerevolution. Bei dem ersten Signal des Kampfes wirft sich die Proletariermasse hinein, und schreitet über Marrast, Faucher und Napoleon hinweg, nach Italien und nach dem Rhein, gegen alle mit Rußland verbündete Staaten! Von Rom ging in vorigem Jahre die erste revolutionäre Bewegung aus: sie hat über Paris den Weg durch ganz Europa gemacht. Ihr folgte die Contrerevolution, die gleichzeitig von Rom und Paris ausgehend, sich über ganz Europa verbreitet. Mit Rom beginnt jetzt wiederum die neue Revolution. Was zwischen Rom und San Paolo (Oudinot) vorgeht, das ist's was die revolutionäre Spannung, den revolutionären Kampf unterhält. Die beider Lager von Rom und San Paolo verlängern sich und ziehen sich hinaus bis nach Frankreich, bis nach Paris. Die kontrerevolutionäre Parte- stürzt sich nach Paolo mit ihren Bourgeois-Generälen. Die revolutionäre Partei ist von Ungeduld entbrannt, ihr zuvorzukommen, und will in Paris die Schlacht zwischen Rom und San Paolo auskämpfen. Die Bourgeoisminister von Paris stehen mit einem Fuße in Rom, mit dem andern in Paolo; sie möchten Rom und San Paolo ausgleichen, versöhnen, und stoßen auf einen Ochsen von Napoleon, der seinerseis den kaiserlichen Tanz tanzen will; in dieser halsbrechenden Stellung verliert der olympische Barrot den Kopf; auch er, der sonst so ruhig, bekommt konvulsivische Zuckungen in den Armen und Beinen und mit ihm das ganze Ministerium, und tanzt den Veitstanz und das Alles hat Napoleon gethan. O, wir haben es von Anfang an gesagt: Napoleon ist nicht so dumm, wie er aussieht: Dummer! dummer! Paris, 12. Mai. Im Moniteur keine neuen Depeschen aus Rom. Die gestrigen Depeschen brachen mit dem 4. Mai ab; unsere heutigen Fahrpostberichte reichen nur bis zum 3. Mai. Dagegen sagt die "Tribune des Peuples": "Man versichert uns, die Regierung habe durch den Telegraphen Nachrichten aus Rom vom 5. Mai erhalten. Ihnen zufolge habe Oudinot eine neue Niederlage erlitten und die Neapolitaner mit ihrem spanischen Vortrabe seien unter dem Pabstgeneral Zuchi ebenfalls von den Römern geschlagen worden." -- Die "Estaffette" will wissen, der Telegraph habe gestern dem Marschall Bugeand befohlen, mit seiner Division die Alpen zu überschreiten. -- Dem "National" zufolge habe unser Admiral Rigodit Befehl erhalten, die Gewässer von Venedig zu verlassen und sich an die römischen Gestade zu begeben, wahrscheinlich vor Ancona. -- Seit gestern haben wir fünf neue Regimenter in Paris. -- "Peuple" steht heute wieder vor den Assisen. In den letzten vier Tagen wurde er jeden Morgen confiszirt. Trotz alledem und alledem setzt er regelmäßig über fünfzigtausend Exemplare ab. Das Pariser Civil und Militär liebt die verbotenen Früchte über Alles. Die Abbaye ist mit Tourlourois angefüllt, die ihren ersten demokratischen Wahleifer mit 50 bis 60 Tagen strengem Arrest büßen. Sechszig Tage Arrest für jeden Soldaten, der den "Peuple" lies't! -- Der hiesige deutsche Arbeiterverein ist so gut wie aufgelös't. Dieser Verein, der im vorigen Jahre unter Marx und Schapper mehrere Tausend Mitglieder zählte, war in letzter Zeit unter tiefsinnigen wasserpolackischen "Calvinisten des Communismus" bis auf höchstens 80 aus Proudhoniaren und Weitlingianern bestehenden Gliedern zusammengeschmolzen. Was der Schwabe Herwegh treibt, darüber schweigen die hiesigen Salons gänzlich. Heine liegt fortwährend sehr krank darnieder. -- Aus Toulon reichen unsere Postberichte bis zum 9. Mai. Am Tage vorher hatte man dort den Befehl erhalten, noch 5000 Mann als Verstärkung eiligst nach Civita Vecchia einzuschiffen. Das sind wahrscheinlich die Renforts, die der Präsident Bonaparte in seinem berüchtigten Briefe seinem lieben General Oudinot verheißt. -- Der Moniteur zeigt an, daß die Leihämter von nun an kein Geld auf Waffen mehr borgen und daß alle verpfändeten Waffen nach Vincennes geschafft sind, wo sie von den Eigenthümern eingelös't werden können. -- Die Theilnahme an der morgigen Wahlschlacht scheint ziemlich stark zu sein. Man erblickt lange Reihen, sogar viele Equipagen vor den Mairie-Zugängen, deren Eigenthümer sich die Wählerkarten holen. Nur gegen Vorzeigung dieser Karte darf man morgen stimmen. Für den Arbeiter bedingt dieses Kartenholen, doppelte Einschreibungen in die Listen u. s. w. einen sehr fühlbaren Verlust; daher viele ihr Stimmrecht wegen Nichterfüllung aller dieser Förmlichkeiten einbüßen dürften. Der demokratische Ausschuß warnt dieserhalb vor solcher Versäumniß. -- Paris lies't heute die gestrigen Kammerverhandlungen zum Theil an den Straßenmauern. Ueberall starren den Vorübergehenden kolosse rothe Plakate entgegen: Die Franzosen in Rom! Protestation der Römer gegen die Franzosen! Proklamation Roms an die Franzosen u. s. w. u. s. w. -- Flocon brachte in heutiger Sitzung die ungarisch-deutschen Verhältnisse und die russische Intervention zur Sprache. Zur Debatte kam es nicht. Flocon verlangte, daß der diesfällige diplomatische Notenwechsel auf den Tisch des Hauses gelegt werde. Der Minister hat dies versprochen. -- Marrast ist krank; er hat Kopfschmerz, den ihm wahrscheinlich die gestrige Niederlage zuzog. Der alte Fuchs, im treuen Bunde mit Cavaignac, hatte wirklich Alles auf einen Wechsel vorbereitet und sicher auf den Sturz des Ministeriums und Changarnier's gerechnet. Ledru-Rollin hatte er, wie gewöhnlich, den Vortrab anvertraut, der auch tüchtig auf das Ministerium losdonnerte. Aber es scheint, daß sich Barrot und Marrast gegen 4 Uhr in einem Nebengange während einer Pause sprachen, und daß Barrot dem Marrast gelobte, einen tadelnden Artikel rücksichtlich des berüchtigten Tagesbefehls in den Moniteur einrücken zu lassen. Daher soll es kommen, daß die Marrastiner gestern beim Abstimmen etwas flauer wurden und das Ministerium fast 40 Stimmen erschlich. Heute früh ist aber der Moniteur ohne den verabredeten Artikel erschienen und Marrast, sich überlistet fühlend, schäumt heute vor Wuth. Er hat seinen Generalstab von Neuem zusammengetrommelt und wir hören, daß Goudchaux, Baulabelle, Clement Thomas, Degoussee und Comp. in Permanenz bei ihm sitzen. Welchen neuen Feldzug sie dort ausspinnen werden, ist natürlich noch Geheimniß. Jedenfalls ist es aber sehr komisch, zu sehen, wie sich diese sterbende Partei der "Honetten" gebehrdet. Am späten Abend begab sich Napoleon Bonaparte in den Chabrol-Club und schimpfte dort gegen seinen erlauchten Vetter Louis. Jedenfalls führen diese Herren etwas Großes im Schilde. Aber Changarnier überwacht dieses Treiben mit Geierblicken und läßt jede Nacht die Wachtposten am Elysium, an den Ministerhotels, an der Bank u. s. w. nicht nur verdoppeln, sondern verdreifachen. -- Courtais wohnte heute der Sitzung zum ersten Male bei. -- National-Versammlung. Sitzung vom 12. Mai. Anfang 1 1/4 Uhr. Corbon präsidirt. Corbon bringt einen alten Nachkredit zur Debatte, die kein Interesse bietet. Der Kredit geht mit 498 gegen 5 Stimmen durch. Das Haus ist also kaum beschlußfähig. Flocon: Ich unterbreche die Tagesordnung durch die Interpellation an den Minister des Aeußern in Bezug auf die Ereignisse, die sich an der Donau in Ungarn zutragen. Ich frage hiermit an, welchen Antheil nimmt die französische Regierung an den Ereignissen in Deutschland. Die ungarisch-deutschen Ereignisse sind für die europäische Entwickelung und namentlich für die französische Republik außerordentlich wichtig. Rußland schreitet ein, 30,000 Russen eilen dem bedrängten östreichischen Kaiser über Preßburg, 40,000 Mann über Ducla und 100,000 Mann durch Siebenbürgen zu Hülfe. Nicolaus selbst werde in Olmütz oder gar in Wien erwartet. Was thut hierbei das Ministerium? Drouyn de Lhuys: Sobald die Regierung von der russischen Intervention Kenntniß erhielt, schrieb sie nach Petersburg, London, Berlin und Wien. Die Thatsache der Intervention erscheint ihr bedauerlich. Wir werden uns beeilen, ihr auf diplomatischem Wege entgegenzutreten. Genügen diese Wege nicht, dann werden wir die Versammlung um ihre Meinung befragen. (Beifall rechts). Flocon erwidert, daß ihm der diplomatische Protest auf dem Papier wenig Vertrauen einflöße. Das Ministerium habe das Vertrauen des Landes längst verloren. (Lärm) Ich stelle daher den Antrag, daß der Minister alle diplomatischen Papiere auf den Tisch des Hauses lege. Corbon: Das ehrenwerthe Glied möge dies schriftlich thun. Die Versammlung nimmt demnächst das Budget wieder auf. Die Kriegsbudgetdebatte war bis Kapitel 24 gerückt. Kapitel 25, 26 und 27 gehen ohne erheblichen Widerspruch durch. Bei Kapitel 28 rief die telegraphische Linie einigen Kampf hervor. Nach Beseitigung desselben wird auch Kapitel 28 angenommen. Hier wird die Debatte abgebrochen. Corbon ermahnt die Versammlung, sich morgen im 14. Bureausaale einzufinden, um an der Landeswahl Theil zu nehmen. Der Modus bleibt wie am 10. Dezember. Corbon: Mehrere Glieder haben darauf angetragen, am nächsten Montage keine Sitzung zu halten. (Oh! Oh!) Es wird beschlossen, am Montag zu sitzen und die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben. Großbritannien. * London, 12. Mai. Die Times gibt heute einen längern leitenden Artikel über die Verwicklungen des europäischen Kontinents, und bedauert, daß das System der Nicht-Intervention, welches England sich auferlegt habe, den Einfluß mancher britischen Geschäftsträger an fremden Höfen, sehr vermindert. Um so mehr andern Ort der Pfalz, wo es weniger an Raum gebricht. Es thut uns leid, daß wir nicht mehr Leute hier behalten können, da Ludwigshafen unstreitig ein wichtiger Punkt ist. So eben sind auf drei Dampfschiffen baierische und preußische Truppen als im Anmarsche befindlich avisirt. Nächstens mehr. * Kempten, 7. Mai. Auch Altbaiern rührt sich. Die gestrige Volksversammlung, von circa 12,000 Menschen besucht und von 35 politischen Vereinen beschickt, sprach sich energisch für die Reichsverfassung aus. * Aus Schleswig-Holstein, 9. Mai. Ein gestern erschienener Armeebefehl lautet: Wenn es möglich ist, soll die Armee aus den Magazinen, die Jütland zu füllen hat, verpflegt werden. Wo dies nicht gut angeht, haben die Quartierwirthe, wenn es ohne zu große Hartherzigkeit geschehen kann, die Einquartirung zu verpflegen. Da dies aber nicht lange ausreichen wird, so haben die verschiedenen Abtheilungen, sobald es nothwendig ist, kleine bewaffnete Requisitionstrupps unter einem Offizier und in Begleitung eines Dollmetschers und des betreffenden Bauernvogts zu entsenden. Das Erlangte wird in die verschiedenen belegten Gemeinden oder Gehöfte vertheilt. Jedenfalls hat das Quartier aber Frühstück und Wein für die Offiziere, sowie wenigstens Grog für die Mannschaft herzugeben. Es laufen zwar Gerüchte um, daß die Reichstruppen in Fridericia eingerückt seien, allein es fehlt bis jetzt an jeder Bestätigung. Italien. * Aus Sizilien hat der „Sully“ Briefe vom 30. überbracht, wonach in Palermo trotz der verrätherischen Bourgeoiskapitulation die größte Entschlossenheit zu neuem Widerstand herrscht. Der Bourgeoismagistrat, welcher die Leitung der Geschäfte übernommen hat, soll in rathloser Bestürzung sein, da sowohl die am 24. an den General Filangieri abgesendeten 5 Capitulationscommissarien nicht zurückgekommen sind, als auf der andern Seite die Revolutionäre gedroht haben, bei Anrücken der (von der Landseite erwarteten) neapolitanischen Armee die Stadt in Brand zu stecken. * Rom, 3. Mai. Die Neapolitaner, welche in die Provinz Velletri eingefallen, marschiren gegen Rom. Garibaldi mit 9000 Mann eilt ihnen entgegen. Die französische Pabstarmee hat ihr Hauptquartier in Palo errichtet. Zu gleicher Zeit hat der Minister des Innern an alle Präfekten ein Rundschreiben erlassen, worin er ihnen erkärt, daß die römische Armee bald die Offensive ergreifen würde, falls die Franzosen nicht nach Civita Vecchia zurückmarschiren. * Das römische Volk hat folgende Adresse an die „Wähler von Paris“ gerichtet: „Die Schmach euerer Regierung ist erfüllt. — Sie ist am 30. April durch ein den heiligsten Prinzipien der Humanität und Gerechtigkeit abtrünniges und verrätherisches Ministerium erfüllt worden. Man hat die französischen Soldaten zu Schlächtern Italiens, zu Mördern eines hochherzigen Volkes gemacht, welches vor Schmerz und vor Wuth weinte, daß es durch die Annäherung der Franzosen zum Brudermord verurtheilt ward; man hat sie gegen ein Volk geführt, welches geschworen hatte, eher aus den Reihen der lebenden Nationen verschwinden, als die mit dem Blute ganz Italiens errungenen Freiheiten gutwillig opfern zu wollen. „Der 30. April 1849 wird einer der glorreichsten und unauslöschlichsten Tage der italienischen Geschichte sein. Seit Jahrhunderten haben allein die Tage von Mailand, von Brescia, von Bologna der Welt gesagt, was dieses Volk, dieser Paria der Freiheit war, dessen Kleider wie die des Christengottes von den Fürsten zerrissen und mit Gewalt oder schmachvollem Schacher vertheilt wurden. „Der 30. April sagt es Europa und vor Allem Frankreich, was dies italienische Volk ist, gegen das sich jetzt die Verläumdungen des ganzen Erdkreises richten, vielleicht weil es einst den Erdkreis zu seinen Füßen sah. „In Rom hatten sich die Männer aller Parteien Italiens vereinigt. „Ein französischer General, der den guten Glauben seiner Soldaten täuschte, indem er schwur, daß Rom in den Händen einer Bande Meuchelmörder sei, daß eine neapolitanische oder östreichische Invasion den römischen Staat bedrohe, und daß die französischen Truppen die Rolle des, in den Patriarchen-Vätern verheißenen Erlösers zu spielen berufen seien: dieser General, der selbst nur ein elendes Werkzeug der gegen das hochherzige französische Volk verschworenen Verräther war, rückte gegen Rom, um sich nach seiner Meinung der Stadt durch einen Handstreich zu bemächtigen. „Aber Rom, diese Mutter der Herrlichkeit und des Verderbnisses der Welt, Rom erhob sich in heiligem Zorn, wie in jenen Zeitaltern, wo sein Zorn gleich einem Blitz auf das unterjochte Weltall fiel. Einstimmig war der Schrei der Gelästerten, einstimmig der Schwur der Unterdrückten, einstimmig die Begeisterung der in Rom, dem letzten Asyl des Heils und der Ehre versammelten Italiener. Alle, Alle bis auf die Greise und Frauen, liefen hin zu den Waffen und auf die Barrikaden. „Am Abend betraten 500 Franzosen als Gefangene die Stadt. Das siegreiche Rom hat sie als Freunde und Brüder behandelt und über die wahre Lage des verläumdeten Landes aufzuklären gesucht. Und an diesem Abend hatte die römische Republik 500 neue Freunde gewonnen und die französische Reaktion 500 Sklaven verloren. „In diesem Augenblick, Brüder von Paris, zieht sich eure Armee plötzlich gegen Civita-Vecchia zurück, wo sie bereits den ersten Streich auf unsere Republik, auf die italienischen Patrioten geführt hat. In diesem Augenblick hat die römische Republik ihre Kriegsgefangenen gegen 400, unter den verächtlichsten Vorwänden und durch eine Uebermacht von 12,000 Mann in Civita Vecchia entwaffnete Soldaten ausgetauscht. „Die Reaktion, welche Euch alle drückt, Franzosen! diese durch das Ministerium Barrot so frech vertretene Reaktion, wird, da jetzt ihr Schlag gegen die Republikaner von Rom mißglückt ist, ein Schlag der den Ruhmesglanz der französischen Waffen durch seine Schande verdunkelt, vielleicht ihre vor Rom grschlagenen Generäle dazu aussenden, um die Republikaner und die Ehre von Venedig in die Falle zu locken. Damit nicht genug, Franzosen schicken sich auch, Eure Generäle, diese galonnirten Maschinen, die Ihr mit Eurem Blute, mit Eurer Ehre bezahlt, dazu an: dem neapolitanischen Henker die Hand zu drücken, der auf Rom losrückt, um jene Tapfern daraus zu verjagen, die geschworen haben, auf dem Kapitol zu sterben, so lange noch ein Hügel, ein Haus in Rom zu vertheidigen ist. „Wähler von Paris! denkt darüber nach, welch ein, in Euren Annalen unerhörtes Schauspiel der Infamie Euer Ministerium der Welt giebt, blos um eine Wahl-Majorität zu erhalten, die stolz über einen Sieg in Rom, die Regentschaft und die Kosacken in die Tuillerien einzuführen denkt. „Wähler von Paris! Eure Waffen wurden in doppelter Weise durch Euer Ministerium entehrt: durch die Infamie eines Angriffs und durch die Schmach einer Niederlage! „Wir Republikaner von Rom, indem wir den, der französischen Demokratie von uns wiedergegebenen Gefangenen ein brüderliches Lebewohl sagen, sandten Euch dieses kurze Bild Eurer Mission in Italien! Eurer Mission, Brüder Republikaner von Paris, die Gott sei Dank, nicht Eure wahre Mission ist, die man aber nichts destoweniger in Euerm Namen erfüllt. „So sind denn jetzt die Soldaten von Austerlitz, von Jena von Marengo: Die Soldaten des Pabstes! „Wähler von Paris, legt die Hand aufs Herz und wenn ihr an Gott glaubt und an die Zukunft, so rettet, wenn es kein anderes Mittel gibt, durch das Mittel der Wahl Eure junge Republik und unser unglückliches Italien! Gruß und Brüderschaft! Das römische Volk. (Folgen 3000 Unterschriften.) * Turin, 7. Mai. Das neue Ministerium ist gebildet. Azeglio ersetzt den De Launay als Premierminister. Romarino, der heute früh 7 Uhr rücklings erschossen werden sollte, hat auf Cassation des Todesurtheils angetragen. Durch die Verurtheilung Romarino's ist der Verrath, durch welchen Radetzky allein gesiegt hat und den die schmutzigen DuMont'schen Zeitungsschmuhle und bezahlten Polizeiklakeure als einen respektwidrigen Zweifel an den östreichischen Verdiensten ausheulten, vollends bestätigt worden. Hauptquartier Mestre, 4. Mai. Um 12 Uhr hat das Bombardement auf Malghera aus allen angelegten Batterien zu gleicher Zeit begonnen und ist von dem Fort mit einem fürchterlichen ungleich starkeren Feuer erwiedert worden. Sie haben dort auf allen nur möglichen Punkten Geschütze des größten Kalibers aufgefahren. Auch werfen sie nutzloserweise Raketen und schießen aus den entlegensten Werken auf unsere Batterien. Sie unterhalten ein wildes ungestümes Feuer, wogegen unsere Artilleristen ruhig und in bestimmten Pausen schießen; wir wollen erwarten wie es morgen aussieht. (A. Z.) * Mestre, 4. Mai. Gleich nach seiner Ankunft hat Radetzki eine Aufforderung an die Bewohner Venedig's erlassen, sich binnen 48 Stunden, d. h. bis den 6. Mai, 8 Uhr Morgens, auf folgende „unabänderliche“ (!) Bedingungen zu ergeben: „Art. 1. Unbedingte, volle und gänzliche Unterwerfung. Art. 2. Unmittelbare Uebergabe der ganzen Stadt und sämmtlicher Forts und Arsenale, die von meinen Truppen besetzt werden sollen, denen gleichfalls alle Kriegsfahrzeuge, zu welcher Zeit sie auch gebaut worden sein mögen, alle öffentlichen Anstalten, alles Kriegsmaterial und alle Gegenstände irgend einer Art, die Eigenthum des Staates sind, zu übergeben sind. Art. 3. Auslieferung aller Waffen, sie mögen dem Staate oder Privaten gehören. Dagegen bewillige ich folgende Punkte: Art. 4. Es wird allen Personen ohne Unterschied, welche die Stadt verlassen wollen, gestattet, binnen 48 Stunden nach der Uebergabe zu Lande oder zu See aus Venedig abzureisen. Art. 5. Es soll ein General-Pardon für alle Unteroffiziere und Gemeinen der Land- und Seetruppen erlassen werden. Von meiner Seite werden die Feindseligkeiten den ganzen morgenden Tag hindurch bis zur obenerwähnten Stunde, nämlich 8 Uhr Morgens am 6 Mai eingesteht werden. Aus meinem Hauptquartier Casa Papadopoli den 4. Mai 1849. Der Oberbefehlshaber der k. k. Truppen in Italien, Radetzky, Feldmarschall. Französische Republik. 12 Paris, 12. Mai. Der Veitstanz: das ist die wahre Stellung der Pariser Bourgeoisie. Paris tanzt den Veitstanz: es tanzt ihn in der Kammer, außerhalb der Kammer, allenthalben. Die Pariser Arbeiter stehn ruhig im Kreise herum, und sehen und lachen wie die Bourgeoisie so krampfhaft zuckend Hände und Beine zusammenschlägt. Alles verwickelt sich täglich mehr und mehr. Täglich treffen von Rom neue Nachrichten ein, welche die Sache noch mehr compliciren. Die Soldaten der Expedition erklären jetzt öffentlich: Wir dürfen nicht gegen Rom kämpfen, wir wollen nicht die römische Republik vernichten. Die Italiener sind brav und tapfer: sie haben uns geschlagen und sie haben recht gethan. Warum hat man uns nach Rom geschickt? Und doch, was bleibt uns jetzt anders zu thun übrig, als uns in Rom tödten zu lassen. Briefe der Art werden öffentlich in der Kammer verlesen. Und die Kammer tobt vor Wuth; sie beschließt: die Expedition von Rom soll ihrem wahren Zwecke zugelenkt werden. Nun schreibt Napoleon einen Brief an Oudinot, worin er ihn auffordert, abermals gegen Rom zu rücken, und ihm in seinem persönlichen Namen Verstärkung verspricht. Nun geht der General Changarnier hin und schickt den Brief Napoleon's an alle Generäle, an alle Regimenter, und denunzirt die Kammer und die Männer, welche dem Briefe Napoleon's zum Trotz, statt Verstärkung dem Oudinot zu schicken, beschlossen haben, seine Handlungsweise in Rom zu desavouiren! Also die Bourgeoiskammer, die schon so bourgeoismäßig aufgetreten, wird von den Bourgeoisgenerälen verhöhnt und denunzirt! Der Bourgeoisgeneral der Börse, Changarnier, der von der Börse 50,000 Fr. jährlich erhält, erklärt sich für Oudinot, für Napoleon, für jeden Monarchen. Und die Kammer schäumt abermals vor Wuth! Sie weiß nicht mehr, woran sie hält! Soll sie das Ministerium oder Napoleon, oder Changarnier aufgeben und die römische Republik anerkennen? In dieser Verlegenheit thut sie gar nichts: sie adoptirt mit sechs Stimmen Majorität die Tagesordnung: neuer Anfall von Wuth; die Kammer erkennt ihre Hülfslosigkeit, und ist mit sich selbst zerfallen. Die Bourgeoisie tanzt den Veitstanz, und um sie herum steht die große Proletariermasse und lacht und schaut zu, wie die Bourgeois revolutioniren. Der Augenblick ist gekommen, wo die Juni-Insurgenten gerächt werden. Dieses Mal sind's die Bourgeois, die den Kampf beginnen gegen ihr eigenes Machwerk, gegen die Contrerevolution. Bei dem ersten Signal des Kampfes wirft sich die Proletariermasse hinein, und schreitet über Marrast, Faucher und Napoleon hinweg, nach Italien und nach dem Rhein, gegen alle mit Rußland verbündete Staaten! Von Rom ging in vorigem Jahre die erste revolutionäre Bewegung aus: sie hat über Paris den Weg durch ganz Europa gemacht. Ihr folgte die Contrerevolution, die gleichzeitig von Rom und Paris ausgehend, sich über ganz Europa verbreitet. Mit Rom beginnt jetzt wiederum die neue Revolution. Was zwischen Rom und San Paolo (Oudinot) vorgeht, das ist's was die revolutionäre Spannung, den revolutionären Kampf unterhält. Die beider Lager von Rom und San Paolo verlängern sich und ziehen sich hinaus bis nach Frankreich, bis nach Paris. Die kontrerevolutionäre Parte- stürzt sich nach Paolo mit ihren Bourgeois-Generälen. Die revolutionäre Partei ist von Ungeduld entbrannt, ihr zuvorzukommen, und will in Paris die Schlacht zwischen Rom und San Paolo auskämpfen. Die Bourgeoisminister von Paris stehen mit einem Fuße in Rom, mit dem andern in Paolo; sie möchten Rom und San Paolo ausgleichen, versöhnen, und stoßen auf einen Ochsen von Napoleon, der seinerseis den kaiserlichen Tanz tanzen will; in dieser halsbrechenden Stellung verliert der olympische Barrot den Kopf; auch er, der sonst so ruhig, bekommt konvulsivische Zuckungen in den Armen und Beinen und mit ihm das ganze Ministerium, und tanzt den Veitstanz und das Alles hat Napoleon gethan. O, wir haben es von Anfang an gesagt: Napoleon ist nicht so dumm, wie er aussieht: Dummer! dummer! Paris, 12. Mai. Im Moniteur keine neuen Depeschen aus Rom. Die gestrigen Depeschen brachen mit dem 4. Mai ab; unsere heutigen Fahrpostberichte reichen nur bis zum 3. Mai. Dagegen sagt die „Tribune des Peuples“: „Man versichert uns, die Regierung habe durch den Telegraphen Nachrichten aus Rom vom 5. Mai erhalten. Ihnen zufolge habe Oudinot eine neue Niederlage erlitten und die Neapolitaner mit ihrem spanischen Vortrabe seien unter dem Pabstgeneral Zuchi ebenfalls von den Römern geschlagen worden.“ — Die „Estaffette“ will wissen, der Telegraph habe gestern dem Marschall Bugeand befohlen, mit seiner Division die Alpen zu überschreiten. — Dem „National“ zufolge habe unser Admiral Rigodit Befehl erhalten, die Gewässer von Venedig zu verlassen und sich an die römischen Gestade zu begeben, wahrscheinlich vor Ancona. — Seit gestern haben wir fünf neue Regimenter in Paris. — „Peuple“ steht heute wieder vor den Assisen. In den letzten vier Tagen wurde er jeden Morgen confiszirt. Trotz alledem und alledem setzt er regelmäßig über fünfzigtausend Exemplare ab. Das Pariser Civil und Militär liebt die verbotenen Früchte über Alles. Die Abbaye ist mit Tourlourois angefüllt, die ihren ersten demokratischen Wahleifer mit 50 bis 60 Tagen strengem Arrest büßen. Sechszig Tage Arrest für jeden Soldaten, der den „Peuple“ lies't! — Der hiesige deutsche Arbeiterverein ist so gut wie aufgelös't. Dieser Verein, der im vorigen Jahre unter Marx und Schapper mehrere Tausend Mitglieder zählte, war in letzter Zeit unter tiefsinnigen wasserpolackischen „Calvinisten des Communismus“ bis auf höchstens 80 aus Proudhoniaren und Weitlingianern bestehenden Gliedern zusammengeschmolzen. Was der Schwabe Herwegh treibt, darüber schweigen die hiesigen Salons gänzlich. Heine liegt fortwährend sehr krank darnieder. — Aus Toulon reichen unsere Postberichte bis zum 9. Mai. Am Tage vorher hatte man dort den Befehl erhalten, noch 5000 Mann als Verstärkung eiligst nach Civita Vecchia einzuschiffen. Das sind wahrscheinlich die Renforts, die der Präsident Bonaparte in seinem berüchtigten Briefe seinem lieben General Oudinot verheißt. — Der Moniteur zeigt an, daß die Leihämter von nun an kein Geld auf Waffen mehr borgen und daß alle verpfändeten Waffen nach Vincennes geschafft sind, wo sie von den Eigenthümern eingelös't werden können. — Die Theilnahme an der morgigen Wahlschlacht scheint ziemlich stark zu sein. Man erblickt lange Reihen, sogar viele Equipagen vor den Mairie-Zugängen, deren Eigenthümer sich die Wählerkarten holen. Nur gegen Vorzeigung dieser Karte darf man morgen stimmen. Für den Arbeiter bedingt dieses Kartenholen, doppelte Einschreibungen in die Listen u. s. w. einen sehr fühlbaren Verlust; daher viele ihr Stimmrecht wegen Nichterfüllung aller dieser Förmlichkeiten einbüßen dürften. Der demokratische Ausschuß warnt dieserhalb vor solcher Versäumniß. — Paris lies't heute die gestrigen Kammerverhandlungen zum Theil an den Straßenmauern. Ueberall starren den Vorübergehenden kolosse rothe Plakate entgegen: Die Franzosen in Rom! Protestation der Römer gegen die Franzosen! Proklamation Roms an die Franzosen u. s. w. u. s. w. — Flocon brachte in heutiger Sitzung die ungarisch-deutschen Verhältnisse und die russische Intervention zur Sprache. Zur Debatte kam es nicht. Flocon verlangte, daß der diesfällige diplomatische Notenwechsel auf den Tisch des Hauses gelegt werde. Der Minister hat dies versprochen. — Marrast ist krank; er hat Kopfschmerz, den ihm wahrscheinlich die gestrige Niederlage zuzog. Der alte Fuchs, im treuen Bunde mit Cavaignac, hatte wirklich Alles auf einen Wechsel vorbereitet und sicher auf den Sturz des Ministeriums und Changarnier's gerechnet. Ledru-Rollin hatte er, wie gewöhnlich, den Vortrab anvertraut, der auch tüchtig auf das Ministerium losdonnerte. Aber es scheint, daß sich Barrot und Marrast gegen 4 Uhr in einem Nebengange während einer Pause sprachen, und daß Barrot dem Marrast gelobte, einen tadelnden Artikel rücksichtlich des berüchtigten Tagesbefehls in den Moniteur einrücken zu lassen. Daher soll es kommen, daß die Marrastiner gestern beim Abstimmen etwas flauer wurden und das Ministerium fast 40 Stimmen erschlich. Heute früh ist aber der Moniteur ohne den verabredeten Artikel erschienen und Marrast, sich überlistet fühlend, schäumt heute vor Wuth. Er hat seinen Generalstab von Neuem zusammengetrommelt und wir hören, daß Goudchaux, Baulabelle, Clement Thomas, Dégoussée und Comp. in Permanenz bei ihm sitzen. Welchen neuen Feldzug sie dort ausspinnen werden, ist natürlich noch Geheimniß. Jedenfalls ist es aber sehr komisch, zu sehen, wie sich diese sterbende Partei der „Honetten“ gebehrdet. Am späten Abend begab sich Napoleon Bonaparte in den Chabrol-Club und schimpfte dort gegen seinen erlauchten Vetter Louis. Jedenfalls führen diese Herren etwas Großes im Schilde. Aber Changarnier überwacht dieses Treiben mit Geierblicken und läßt jede Nacht die Wachtposten am Elysium, an den Ministerhotels, an der Bank u. s. w. nicht nur verdoppeln, sondern verdreifachen. — Courtais wohnte heute der Sitzung zum ersten Male bei. — National-Versammlung. Sitzung vom 12. Mai. Anfang 1 1/4 Uhr. Corbon präsidirt. Corbon bringt einen alten Nachkredit zur Debatte, die kein Interesse bietet. Der Kredit geht mit 498 gegen 5 Stimmen durch. Das Haus ist also kaum beschlußfähig. Flocon: Ich unterbreche die Tagesordnung durch die Interpellation an den Minister des Aeußern in Bezug auf die Ereignisse, die sich an der Donau in Ungarn zutragen. Ich frage hiermit an, welchen Antheil nimmt die französische Regierung an den Ereignissen in Deutschland. Die ungarisch-deutschen Ereignisse sind für die europäische Entwickelung und namentlich für die französische Republik außerordentlich wichtig. Rußland schreitet ein, 30,000 Russen eilen dem bedrängten östreichischen Kaiser über Preßburg, 40,000 Mann über Ducla und 100,000 Mann durch Siebenbürgen zu Hülfe. Nicolaus selbst werde in Olmütz oder gar in Wien erwartet. Was thut hierbei das Ministerium? Drouyn de Lhuys: Sobald die Regierung von der russischen Intervention Kenntniß erhielt, schrieb sie nach Petersburg, London, Berlin und Wien. Die Thatsache der Intervention erscheint ihr bedauerlich. Wir werden uns beeilen, ihr auf diplomatischem Wege entgegenzutreten. Genügen diese Wege nicht, dann werden wir die Versammlung um ihre Meinung befragen. (Beifall rechts). Flocon erwidert, daß ihm der diplomatische Protest auf dem Papier wenig Vertrauen einflöße. Das Ministerium habe das Vertrauen des Landes längst verloren. (Lärm) Ich stelle daher den Antrag, daß der Minister alle diplomatischen Papiere auf den Tisch des Hauses lege. Corbon: Das ehrenwerthe Glied möge dies schriftlich thun. Die Versammlung nimmt demnächst das Budget wieder auf. Die Kriegsbudgetdebatte war bis Kapitel 24 gerückt. Kapitel 25, 26 und 27 gehen ohne erheblichen Widerspruch durch. Bei Kapitel 28 rief die telegraphische Linie einigen Kampf hervor. Nach Beseitigung desselben wird auch Kapitel 28 angenommen. Hier wird die Debatte abgebrochen. Corbon ermahnt die Versammlung, sich morgen im 14. Bureausaale einzufinden, um an der Landeswahl Theil zu nehmen. Der Modus bleibt wie am 10. Dezember. Corbon: Mehrere Glieder haben darauf angetragen, am nächsten Montage keine Sitzung zu halten. (Oh! Oh!) Es wird beschlossen, am Montag zu sitzen und die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben. Großbritannien. * London, 12. Mai. Die Times gibt heute einen längern leitenden Artikel über die Verwicklungen des europäischen Kontinents, und bedauert, daß das System der Nicht-Intervention, welches England sich auferlegt habe, den Einfluß mancher britischen Geschäftsträger an fremden Höfen, sehr vermindert. Um so mehr <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar298_022" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="1697"/> andern Ort der Pfalz, wo es weniger an Raum gebricht. Es thut uns leid, daß wir nicht mehr Leute hier behalten können, da Ludwigshafen unstreitig ein wichtiger Punkt ist.</p> <p>So eben sind auf drei Dampfschiffen baierische und preußische Truppen als im Anmarsche befindlich avisirt. Nächstens mehr.</p> </div> <div xml:id="ar298_023" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Kempten, 7. Mai.</head> <p>Auch Altbaiern rührt sich. Die gestrige Volksversammlung, von circa 12,000 Menschen besucht und von 35 politischen Vereinen beschickt, sprach sich energisch für die Reichsverfassung aus.</p> </div> <div xml:id="ar298_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Aus Schleswig-Holstein, 9. Mai.</head> <p>Ein gestern erschienener Armeebefehl lautet:</p> <p>Wenn es möglich ist, soll die Armee aus den Magazinen, die Jütland zu füllen hat, verpflegt werden. Wo dies nicht gut angeht, haben die Quartierwirthe, wenn es ohne zu große Hartherzigkeit geschehen kann, die Einquartirung zu verpflegen. Da dies aber nicht lange ausreichen wird, so haben die verschiedenen Abtheilungen, sobald es nothwendig ist, kleine bewaffnete Requisitionstrupps unter einem Offizier und in Begleitung eines Dollmetschers und des betreffenden Bauernvogts zu entsenden. Das Erlangte wird in die verschiedenen belegten Gemeinden oder Gehöfte vertheilt. Jedenfalls hat das Quartier aber Frühstück und Wein für die Offiziere, sowie wenigstens Grog für die Mannschaft herzugeben.</p> <p>Es laufen zwar Gerüchte um, daß die Reichstruppen in Fridericia eingerückt seien, allein es fehlt bis jetzt an jeder Bestätigung.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar298_025" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>Aus Sizilien hat der „Sully“ Briefe vom 30. überbracht, wonach in Palermo trotz der verrätherischen Bourgeoiskapitulation die größte Entschlossenheit zu neuem Widerstand herrscht. Der Bourgeoismagistrat, welcher die Leitung der Geschäfte übernommen hat, soll in rathloser Bestürzung sein, da sowohl die am 24. an den General Filangieri abgesendeten 5 Capitulationscommissarien nicht zurückgekommen sind, als auf der andern Seite die Revolutionäre gedroht haben, bei Anrücken der (von der Landseite erwarteten) neapolitanischen Armee die Stadt in Brand zu stecken.</p> </div> <div xml:id="ar298_026" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 3. Mai.</head> <p>Die Neapolitaner, welche in die Provinz Velletri eingefallen, marschiren gegen Rom. Garibaldi mit 9000 Mann eilt ihnen entgegen. Die französische Pabstarmee hat ihr Hauptquartier in Palo errichtet. Zu gleicher Zeit hat der Minister des Innern an alle Präfekten ein Rundschreiben erlassen, worin er ihnen erkärt, daß die römische Armee bald die Offensive ergreifen würde, falls die Franzosen nicht nach Civita Vecchia zurückmarschiren.</p> </div> <div xml:id="ar298_027" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>Das römische Volk hat folgende Adresse an die „Wähler von Paris“ gerichtet:</p> <p>„Die Schmach euerer Regierung ist erfüllt. — Sie ist am 30. April durch ein den heiligsten Prinzipien der Humanität und Gerechtigkeit abtrünniges und verrätherisches Ministerium erfüllt worden. Man hat die französischen Soldaten zu Schlächtern Italiens, zu Mördern eines hochherzigen Volkes gemacht, welches vor Schmerz und vor Wuth weinte, daß es durch die Annäherung der Franzosen zum Brudermord verurtheilt ward; man hat sie gegen ein Volk geführt, welches geschworen hatte, eher aus den Reihen der lebenden Nationen verschwinden, als die mit dem Blute ganz Italiens errungenen Freiheiten gutwillig opfern zu wollen.</p> <p>„Der 30. April 1849 wird einer der glorreichsten und unauslöschlichsten Tage der italienischen Geschichte sein. Seit Jahrhunderten haben allein die Tage von Mailand, von Brescia, von Bologna der Welt gesagt, was dieses Volk, dieser Paria der Freiheit war, dessen Kleider wie die des Christengottes von den Fürsten zerrissen und mit Gewalt oder schmachvollem Schacher vertheilt wurden.</p> <p>„Der 30. April sagt es Europa und vor Allem Frankreich, was dies italienische Volk ist, gegen das sich jetzt die Verläumdungen des ganzen Erdkreises richten, vielleicht weil es einst den Erdkreis zu seinen Füßen sah.</p> <p>„In Rom hatten sich die Männer aller Parteien Italiens vereinigt.</p> <p>„Ein französischer General, der den guten Glauben seiner Soldaten täuschte, indem er schwur, daß Rom in den Händen einer Bande Meuchelmörder sei, daß eine neapolitanische oder östreichische Invasion den römischen Staat bedrohe, und daß die französischen Truppen die Rolle des, in den Patriarchen-Vätern verheißenen Erlösers zu spielen berufen seien: dieser General, der selbst nur ein elendes Werkzeug der gegen das hochherzige französische Volk verschworenen Verräther war, rückte gegen Rom, um sich nach seiner Meinung der Stadt durch einen Handstreich zu bemächtigen.</p> <p>„Aber Rom, diese Mutter der Herrlichkeit und des Verderbnisses der Welt, Rom erhob sich in heiligem Zorn, wie in jenen Zeitaltern, wo sein Zorn gleich einem Blitz auf das unterjochte Weltall fiel. Einstimmig war der Schrei der Gelästerten, einstimmig der Schwur der Unterdrückten, einstimmig die Begeisterung der in Rom, dem letzten Asyl des Heils und der Ehre versammelten Italiener. Alle, Alle bis auf die Greise und Frauen, liefen hin zu den Waffen und auf die Barrikaden.</p> <p>„Am Abend betraten 500 Franzosen als Gefangene die Stadt. Das siegreiche Rom hat sie als Freunde und Brüder behandelt und über die wahre Lage des verläumdeten Landes aufzuklären gesucht. Und an diesem Abend hatte die römische Republik 500 neue Freunde gewonnen und die französische Reaktion 500 Sklaven verloren.</p> <p>„In diesem Augenblick, Brüder von Paris, zieht sich eure Armee plötzlich gegen Civita-Vecchia zurück, wo sie bereits den ersten Streich auf unsere Republik, auf die italienischen Patrioten geführt hat. In diesem Augenblick hat die römische Republik ihre Kriegsgefangenen gegen 400, unter den verächtlichsten Vorwänden und durch eine Uebermacht von 12,000 Mann in Civita Vecchia entwaffnete Soldaten ausgetauscht.</p> <p>„Die Reaktion, welche Euch alle drückt, Franzosen! diese durch das Ministerium Barrot so frech vertretene Reaktion, wird, da jetzt ihr Schlag gegen die Republikaner von Rom mißglückt ist, ein Schlag der den Ruhmesglanz der französischen Waffen durch seine Schande verdunkelt, vielleicht ihre vor Rom grschlagenen Generäle dazu aussenden, um die Republikaner und die Ehre von Venedig in die Falle zu locken. Damit nicht genug, Franzosen schicken sich auch, Eure Generäle, diese galonnirten Maschinen, die Ihr mit Eurem Blute, mit Eurer Ehre bezahlt, dazu an: dem neapolitanischen Henker die Hand zu drücken, der auf Rom losrückt, um jene Tapfern daraus zu verjagen, die geschworen haben, auf dem Kapitol zu sterben, so lange noch ein Hügel, ein Haus in Rom zu vertheidigen ist.</p> <p>„Wähler von Paris! denkt darüber nach, welch ein, in Euren Annalen unerhörtes Schauspiel der Infamie Euer Ministerium der Welt giebt, blos um eine Wahl-Majorität zu erhalten, die stolz über einen Sieg in Rom, die <hi rendition="#g">Regentschaft und die Kosacken</hi> in die Tuillerien einzuführen denkt.</p> <p>„Wähler von Paris! Eure Waffen wurden in doppelter Weise durch Euer Ministerium entehrt: durch die Infamie eines Angriffs und durch die Schmach einer Niederlage!</p> <p>„Wir Republikaner von Rom, indem wir den, der französischen Demokratie von uns wiedergegebenen Gefangenen ein brüderliches Lebewohl sagen, sandten Euch dieses kurze Bild Eurer Mission in Italien! Eurer Mission, Brüder Republikaner von Paris, die Gott sei Dank, nicht Eure wahre Mission ist, die man aber nichts destoweniger in Euerm Namen erfüllt.</p> <p>„So sind denn jetzt die Soldaten von Austerlitz, von Jena von Marengo: <hi rendition="#g">Die Soldaten des Pabstes</hi>!</p> <p>„Wähler von Paris, legt die Hand aufs Herz und wenn ihr an Gott glaubt und an die Zukunft, so rettet, wenn es kein anderes Mittel gibt, durch das Mittel der Wahl Eure junge Republik und unser unglückliches Italien!</p> <p>Gruß und Brüderschaft!</p> <p><hi rendition="#g">Das römische Volk</hi>.</p> <p>(Folgen 3000 Unterschriften.)</p> </div> <div xml:id="ar298_028" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 7. Mai.</head> <p>Das neue Ministerium ist gebildet. Azeglio ersetzt den De Launay als Premierminister.</p> <p>Romarino, der heute früh 7 Uhr rücklings erschossen werden sollte, hat auf Cassation des Todesurtheils angetragen. Durch die Verurtheilung Romarino's ist der <hi rendition="#g">Verrath</hi>, durch welchen Radetzky allein gesiegt hat und den die schmutzigen DuMont'schen Zeitungsschmuhle und bezahlten Polizeiklakeure als einen respektwidrigen Zweifel an den östreichischen Verdiensten ausheulten, vollends bestätigt worden.</p> </div> <div xml:id="ar298_029" type="jArticle"> <head>Hauptquartier Mestre, 4. Mai.</head> <p>Um 12 Uhr hat das Bombardement auf Malghera aus allen angelegten Batterien zu gleicher Zeit begonnen und ist von dem Fort mit einem fürchterlichen ungleich starkeren Feuer erwiedert worden. Sie haben dort auf allen nur möglichen Punkten Geschütze des größten Kalibers aufgefahren. Auch werfen sie nutzloserweise Raketen und schießen aus den entlegensten Werken auf unsere Batterien. Sie unterhalten ein wildes ungestümes Feuer, wogegen unsere Artilleristen ruhig und in bestimmten Pausen schießen; wir wollen erwarten wie es morgen aussieht.</p> <bibl>(A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar298_030" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Mestre, 4. Mai.</head> <p>Gleich nach seiner Ankunft hat Radetzki eine Aufforderung an die <hi rendition="#g">Bewohner Venedig's</hi> erlassen, sich binnen 48 Stunden, d. h. bis den 6. Mai, 8 Uhr Morgens, auf folgende „unabänderliche“ (!) Bedingungen zu ergeben:</p> <p>„Art. 1. Unbedingte, volle und gänzliche Unterwerfung.</p> <p>Art. 2. Unmittelbare Uebergabe der ganzen Stadt und sämmtlicher Forts und Arsenale, die von meinen Truppen besetzt werden sollen, denen gleichfalls alle Kriegsfahrzeuge, zu welcher Zeit sie auch gebaut worden sein mögen, alle öffentlichen Anstalten, alles Kriegsmaterial und alle Gegenstände irgend einer Art, die Eigenthum des Staates sind, zu übergeben sind.</p> <p>Art. 3. Auslieferung aller Waffen, sie mögen dem Staate oder Privaten gehören.</p> <p>Dagegen bewillige ich folgende Punkte:</p> <p>Art. 4. Es wird allen Personen ohne Unterschied, welche die Stadt verlassen wollen, gestattet, binnen 48 Stunden nach der Uebergabe zu Lande oder zu See aus Venedig abzureisen.</p> <p>Art. 5. Es soll ein General-Pardon für alle Unteroffiziere und Gemeinen der Land- und Seetruppen erlassen werden.</p> <p>Von meiner Seite werden die Feindseligkeiten den ganzen morgenden Tag hindurch bis zur obenerwähnten Stunde, nämlich 8 Uhr Morgens am 6 Mai eingesteht werden.</p> <p>Aus meinem Hauptquartier Casa Papadopoli den 4. Mai 1849.</p> <p>Der Oberbefehlshaber der k. k. Truppen in Italien, <hi rendition="#g">Radetzky</hi>, Feldmarschall.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar298_031" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 12. Mai.</head> <p>Der Veitstanz: das ist die wahre Stellung der Pariser Bourgeoisie.</p> <p>Paris tanzt den Veitstanz: es tanzt ihn in der Kammer, außerhalb der Kammer, allenthalben. Die Pariser Arbeiter stehn ruhig im Kreise herum, und sehen und lachen wie die Bourgeoisie so krampfhaft zuckend Hände und Beine zusammenschlägt. Alles verwickelt sich täglich mehr und mehr. Täglich treffen von Rom neue Nachrichten ein, welche die Sache noch mehr compliciren. Die Soldaten der Expedition erklären jetzt öffentlich: Wir dürfen nicht gegen Rom kämpfen, wir wollen nicht die römische Republik vernichten. Die Italiener sind brav und tapfer: sie haben uns geschlagen und sie haben recht gethan. Warum hat man uns nach Rom geschickt? Und doch, was bleibt uns jetzt anders zu thun übrig, als uns in Rom tödten zu lassen. Briefe der Art werden öffentlich in der Kammer verlesen. Und die Kammer tobt vor Wuth; sie beschließt: die Expedition von Rom soll ihrem wahren Zwecke zugelenkt werden.</p> <p>Nun schreibt Napoleon einen Brief an Oudinot, worin er ihn auffordert, abermals gegen Rom zu rücken, und ihm in seinem persönlichen Namen Verstärkung verspricht. Nun geht der General Changarnier hin und schickt den Brief Napoleon's an alle Generäle, an alle Regimenter, und denunzirt die Kammer und die Männer, welche dem Briefe Napoleon's zum Trotz, statt Verstärkung dem Oudinot zu schicken, beschlossen haben, seine Handlungsweise in Rom zu desavouiren! Also die Bourgeoiskammer, die schon so bourgeoismäßig aufgetreten, wird von den Bourgeoisgenerälen verhöhnt und denunzirt! Der Bourgeoisgeneral der Börse, Changarnier, der von der Börse 50,000 Fr. jährlich erhält, erklärt sich für Oudinot, für Napoleon, für jeden Monarchen.</p> <p>Und die Kammer schäumt abermals vor Wuth! Sie weiß nicht mehr, woran sie hält! Soll sie das Ministerium oder Napoleon, oder Changarnier aufgeben und die römische Republik anerkennen?</p> <p>In dieser Verlegenheit thut sie gar nichts: sie adoptirt mit sechs Stimmen Majorität die Tagesordnung: neuer Anfall von Wuth; die Kammer erkennt ihre Hülfslosigkeit, und ist mit sich selbst zerfallen.</p> <p>Die Bourgeoisie tanzt den Veitstanz, und um sie herum steht die große Proletariermasse und lacht und schaut zu, wie die Bourgeois revolutioniren. Der Augenblick ist gekommen, wo die Juni-Insurgenten gerächt werden. Dieses Mal sind's die Bourgeois, die den Kampf beginnen gegen ihr eigenes Machwerk, gegen die Contrerevolution. Bei dem ersten Signal des Kampfes wirft sich die Proletariermasse hinein, und schreitet über Marrast, Faucher und Napoleon hinweg, nach Italien und nach dem Rhein, gegen alle mit Rußland verbündete Staaten!</p> <p>Von Rom ging in vorigem Jahre die erste revolutionäre Bewegung aus: sie hat über Paris den Weg durch ganz Europa gemacht. Ihr folgte die Contrerevolution, die gleichzeitig von Rom und Paris ausgehend, sich über ganz Europa verbreitet. Mit Rom beginnt jetzt wiederum die neue Revolution. Was zwischen Rom und San Paolo (Oudinot) vorgeht, das ist's was die revolutionäre Spannung, den revolutionären Kampf unterhält. Die beider Lager von Rom und San Paolo verlängern sich und ziehen sich hinaus bis nach Frankreich, bis nach Paris. Die kontrerevolutionäre Parte- stürzt sich nach Paolo mit ihren Bourgeois-Generälen. Die revolutionäre Partei ist von Ungeduld entbrannt, ihr zuvorzukommen, und will in Paris die Schlacht zwischen Rom und San Paolo auskämpfen.</p> <p>Die Bourgeoisminister von Paris stehen mit einem Fuße in Rom, mit dem andern in Paolo; sie möchten Rom und San Paolo ausgleichen, versöhnen, und stoßen auf einen Ochsen von Napoleon, der seinerseis den kaiserlichen Tanz tanzen will; in dieser halsbrechenden Stellung verliert der olympische Barrot den Kopf; auch er, der sonst so ruhig, bekommt konvulsivische Zuckungen in den Armen und Beinen und mit ihm das ganze Ministerium, und tanzt den Veitstanz und das Alles hat Napoleon gethan. O, wir haben es von Anfang an gesagt: Napoleon ist nicht so dumm, wie er aussieht: Dummer! dummer!</p> </div> <div xml:id="ar298_032" type="jArticle"> <head>Paris, 12. Mai.</head> <p>Im Moniteur keine neuen Depeschen aus Rom. Die gestrigen Depeschen brachen mit dem 4. Mai ab; unsere heutigen Fahrpostberichte reichen nur bis zum 3. Mai.</p> <p>Dagegen sagt die „Tribune des Peuples“:</p> <p>„Man versichert uns, die Regierung habe durch den Telegraphen Nachrichten aus Rom vom 5. Mai erhalten. Ihnen zufolge habe Oudinot eine neue Niederlage erlitten und die Neapolitaner mit ihrem spanischen Vortrabe seien unter dem Pabstgeneral Zuchi ebenfalls von den Römern geschlagen worden.“</p> <p>— Die „Estaffette“ will wissen, der Telegraph habe gestern dem Marschall Bugeand befohlen, mit seiner Division die Alpen zu überschreiten.</p> <p>— Dem „National“ zufolge habe unser Admiral Rigodit Befehl erhalten, die Gewässer von Venedig zu verlassen und sich an die römischen Gestade zu begeben, wahrscheinlich vor Ancona.</p> <p>— Seit gestern haben wir fünf neue Regimenter in Paris.</p> <p>— „Peuple“ steht heute wieder vor den Assisen. In den letzten vier Tagen wurde er jeden Morgen confiszirt. Trotz alledem und alledem setzt er regelmäßig über fünfzigtausend Exemplare ab. Das Pariser Civil und Militär liebt die verbotenen Früchte über Alles. Die Abbaye ist mit Tourlourois angefüllt, die ihren ersten demokratischen Wahleifer mit 50 bis 60 Tagen strengem Arrest büßen. Sechszig Tage Arrest für jeden Soldaten, der den „Peuple“ lies't!</p> <p>— Der hiesige deutsche Arbeiterverein ist so gut wie aufgelös't. Dieser Verein, der im vorigen Jahre unter Marx und Schapper mehrere Tausend Mitglieder zählte, war in letzter Zeit unter tiefsinnigen wasserpolackischen „<hi rendition="#g">Calvinisten</hi> des Communismus“ bis auf höchstens 80 aus Proudhoniaren und Weitlingianern bestehenden Gliedern zusammengeschmolzen. Was der Schwabe Herwegh treibt, darüber schweigen die hiesigen Salons gänzlich. Heine liegt fortwährend sehr krank darnieder.</p> <p>— Aus Toulon reichen unsere Postberichte bis zum 9. Mai. Am Tage vorher hatte man dort den Befehl erhalten, noch 5000 Mann als Verstärkung eiligst nach Civita Vecchia einzuschiffen. Das sind wahrscheinlich die Renforts, die der Präsident Bonaparte in seinem berüchtigten Briefe seinem lieben General Oudinot verheißt.</p> <p>— Der Moniteur zeigt an, daß die Leihämter von nun an kein Geld auf Waffen mehr borgen und daß alle verpfändeten Waffen nach Vincennes geschafft sind, wo sie von den Eigenthümern eingelös't werden können.</p> <p>— Die Theilnahme an der morgigen Wahlschlacht scheint ziemlich stark zu sein. Man erblickt lange Reihen, sogar viele Equipagen vor den Mairie-Zugängen, deren Eigenthümer sich die Wählerkarten holen. Nur gegen Vorzeigung dieser Karte darf man morgen stimmen. Für den Arbeiter bedingt dieses Kartenholen, doppelte Einschreibungen in die Listen u. s. w. einen sehr fühlbaren Verlust; daher viele ihr Stimmrecht wegen Nichterfüllung aller dieser Förmlichkeiten einbüßen dürften. Der demokratische Ausschuß warnt dieserhalb vor solcher Versäumniß.</p> <p>— Paris lies't heute die gestrigen Kammerverhandlungen zum Theil an den Straßenmauern. Ueberall starren den Vorübergehenden kolosse rothe Plakate entgegen: Die Franzosen in Rom! Protestation der Römer gegen die Franzosen! Proklamation Roms an die Franzosen u. s. w. u. s. w.</p> <p>— Flocon brachte in heutiger Sitzung die ungarisch-deutschen Verhältnisse und die russische Intervention zur Sprache. Zur Debatte kam es nicht. Flocon verlangte, daß der diesfällige diplomatische Notenwechsel auf den Tisch des Hauses gelegt werde. Der Minister hat dies versprochen.</p> <p>— Marrast ist krank; er hat Kopfschmerz, den ihm wahrscheinlich die gestrige Niederlage zuzog. Der alte Fuchs, im treuen Bunde mit Cavaignac, hatte wirklich Alles auf einen Wechsel vorbereitet und sicher auf den Sturz des Ministeriums und Changarnier's gerechnet. Ledru-Rollin hatte er, wie gewöhnlich, den Vortrab anvertraut, der auch tüchtig auf das Ministerium losdonnerte. Aber es scheint, daß sich Barrot und Marrast gegen 4 Uhr in einem Nebengange während einer Pause sprachen, und daß Barrot dem Marrast gelobte, einen tadelnden Artikel rücksichtlich des berüchtigten Tagesbefehls in den Moniteur einrücken zu lassen. Daher soll es kommen, daß die Marrastiner gestern beim Abstimmen etwas flauer wurden und das Ministerium fast 40 Stimmen erschlich. Heute früh ist aber der Moniteur <hi rendition="#g">ohne</hi> den verabredeten Artikel erschienen und Marrast, sich überlistet fühlend, schäumt heute vor Wuth. Er hat seinen Generalstab von Neuem zusammengetrommelt und wir hören, daß Goudchaux, Baulabelle, Clement Thomas, Dégoussée und Comp. in Permanenz bei ihm sitzen. Welchen neuen Feldzug sie dort ausspinnen werden, ist natürlich noch Geheimniß. Jedenfalls ist es aber sehr komisch, zu sehen, wie sich diese sterbende Partei der „Honetten“ gebehrdet.</p> <p>Am späten Abend begab sich Napoleon Bonaparte in den Chabrol-Club und schimpfte dort gegen seinen erlauchten Vetter Louis. Jedenfalls führen diese Herren etwas Großes im Schilde. Aber Changarnier überwacht dieses Treiben mit Geierblicken und läßt jede Nacht die Wachtposten am Elysium, an den Ministerhotels, an der Bank u. s. w. nicht nur verdoppeln, sondern verdreifachen.</p> <p>— Courtais wohnte heute der Sitzung zum ersten Male bei.</p> <p>— <hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 12. Mai. Anfang 1 1/4 Uhr. Corbon präsidirt.</p> <p><hi rendition="#g">Corbon</hi> bringt einen alten Nachkredit zur Debatte, die kein Interesse bietet.</p> <p>Der Kredit geht mit 498 gegen 5 Stimmen durch. Das Haus ist also kaum beschlußfähig.</p> <p><hi rendition="#g">Flocon</hi>: Ich unterbreche die Tagesordnung durch die Interpellation an den Minister des Aeußern in Bezug auf die Ereignisse, die sich an der Donau in Ungarn zutragen. Ich frage hiermit an, welchen Antheil nimmt die französische Regierung an den Ereignissen in Deutschland. Die ungarisch-deutschen Ereignisse sind für die europäische Entwickelung und namentlich für die französische Republik außerordentlich wichtig. Rußland schreitet ein, 30,000 Russen eilen dem bedrängten östreichischen Kaiser über Preßburg, 40,000 Mann über Ducla und 100,000 Mann durch Siebenbürgen zu Hülfe. Nicolaus selbst werde in Olmütz oder gar in Wien erwartet. Was thut hierbei das Ministerium?</p> <p><hi rendition="#g">Drouyn de Lhuys</hi>: Sobald die Regierung von der russischen Intervention Kenntniß erhielt, schrieb sie nach Petersburg, London, Berlin und Wien. Die Thatsache der Intervention erscheint ihr bedauerlich. Wir werden uns beeilen, ihr auf diplomatischem Wege entgegenzutreten. Genügen diese Wege nicht, dann werden wir die Versammlung um ihre Meinung befragen. (Beifall rechts).</p> <p><hi rendition="#g">Flocon</hi> erwidert, daß ihm der diplomatische Protest auf dem Papier wenig Vertrauen einflöße. Das Ministerium habe das Vertrauen des Landes längst verloren. (Lärm) Ich stelle daher den Antrag, daß der Minister alle diplomatischen Papiere auf den Tisch des Hauses lege.</p> <p><hi rendition="#g">Corbon</hi>: Das ehrenwerthe Glied möge dies schriftlich thun.</p> <p>Die Versammlung nimmt demnächst das Budget wieder auf.</p> <p>Die Kriegsbudgetdebatte war bis Kapitel 24 gerückt.</p> <p>Kapitel 25, 26 und 27 gehen ohne erheblichen Widerspruch durch.</p> <p>Bei Kapitel 28 rief die telegraphische Linie einigen Kampf hervor.</p> <p>Nach Beseitigung desselben wird auch Kapitel 28 angenommen.</p> <p>Hier wird die Debatte abgebrochen.</p> <p><hi rendition="#g">Corbon</hi> ermahnt die Versammlung, sich morgen im 14. Bureausaale einzufinden, um an der Landeswahl Theil zu nehmen. Der Modus bleibt wie am 10. Dezember.</p> <p><hi rendition="#g">Corbon</hi>: Mehrere Glieder haben darauf angetragen, am nächsten Montage keine Sitzung zu halten. (Oh! Oh!)</p> <p>Es wird beschlossen, am Montag zu sitzen und die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar298_033" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 12. Mai.</head> <p>Die Times gibt heute einen längern leitenden Artikel über die Verwicklungen des europäischen Kontinents, und bedauert, daß das System der Nicht-Intervention, welches England sich auferlegt habe, den Einfluß mancher britischen Geschäftsträger an fremden Höfen, sehr vermindert. Um so mehr </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1697/0003]
andern Ort der Pfalz, wo es weniger an Raum gebricht. Es thut uns leid, daß wir nicht mehr Leute hier behalten können, da Ludwigshafen unstreitig ein wichtiger Punkt ist.
So eben sind auf drei Dampfschiffen baierische und preußische Truppen als im Anmarsche befindlich avisirt. Nächstens mehr.
* Kempten, 7. Mai. Auch Altbaiern rührt sich. Die gestrige Volksversammlung, von circa 12,000 Menschen besucht und von 35 politischen Vereinen beschickt, sprach sich energisch für die Reichsverfassung aus.
* Aus Schleswig-Holstein, 9. Mai. Ein gestern erschienener Armeebefehl lautet:
Wenn es möglich ist, soll die Armee aus den Magazinen, die Jütland zu füllen hat, verpflegt werden. Wo dies nicht gut angeht, haben die Quartierwirthe, wenn es ohne zu große Hartherzigkeit geschehen kann, die Einquartirung zu verpflegen. Da dies aber nicht lange ausreichen wird, so haben die verschiedenen Abtheilungen, sobald es nothwendig ist, kleine bewaffnete Requisitionstrupps unter einem Offizier und in Begleitung eines Dollmetschers und des betreffenden Bauernvogts zu entsenden. Das Erlangte wird in die verschiedenen belegten Gemeinden oder Gehöfte vertheilt. Jedenfalls hat das Quartier aber Frühstück und Wein für die Offiziere, sowie wenigstens Grog für die Mannschaft herzugeben.
Es laufen zwar Gerüchte um, daß die Reichstruppen in Fridericia eingerückt seien, allein es fehlt bis jetzt an jeder Bestätigung.
Italien. * Aus Sizilien hat der „Sully“ Briefe vom 30. überbracht, wonach in Palermo trotz der verrätherischen Bourgeoiskapitulation die größte Entschlossenheit zu neuem Widerstand herrscht. Der Bourgeoismagistrat, welcher die Leitung der Geschäfte übernommen hat, soll in rathloser Bestürzung sein, da sowohl die am 24. an den General Filangieri abgesendeten 5 Capitulationscommissarien nicht zurückgekommen sind, als auf der andern Seite die Revolutionäre gedroht haben, bei Anrücken der (von der Landseite erwarteten) neapolitanischen Armee die Stadt in Brand zu stecken.
* Rom, 3. Mai. Die Neapolitaner, welche in die Provinz Velletri eingefallen, marschiren gegen Rom. Garibaldi mit 9000 Mann eilt ihnen entgegen. Die französische Pabstarmee hat ihr Hauptquartier in Palo errichtet. Zu gleicher Zeit hat der Minister des Innern an alle Präfekten ein Rundschreiben erlassen, worin er ihnen erkärt, daß die römische Armee bald die Offensive ergreifen würde, falls die Franzosen nicht nach Civita Vecchia zurückmarschiren.
* Das römische Volk hat folgende Adresse an die „Wähler von Paris“ gerichtet:
„Die Schmach euerer Regierung ist erfüllt. — Sie ist am 30. April durch ein den heiligsten Prinzipien der Humanität und Gerechtigkeit abtrünniges und verrätherisches Ministerium erfüllt worden. Man hat die französischen Soldaten zu Schlächtern Italiens, zu Mördern eines hochherzigen Volkes gemacht, welches vor Schmerz und vor Wuth weinte, daß es durch die Annäherung der Franzosen zum Brudermord verurtheilt ward; man hat sie gegen ein Volk geführt, welches geschworen hatte, eher aus den Reihen der lebenden Nationen verschwinden, als die mit dem Blute ganz Italiens errungenen Freiheiten gutwillig opfern zu wollen.
„Der 30. April 1849 wird einer der glorreichsten und unauslöschlichsten Tage der italienischen Geschichte sein. Seit Jahrhunderten haben allein die Tage von Mailand, von Brescia, von Bologna der Welt gesagt, was dieses Volk, dieser Paria der Freiheit war, dessen Kleider wie die des Christengottes von den Fürsten zerrissen und mit Gewalt oder schmachvollem Schacher vertheilt wurden.
„Der 30. April sagt es Europa und vor Allem Frankreich, was dies italienische Volk ist, gegen das sich jetzt die Verläumdungen des ganzen Erdkreises richten, vielleicht weil es einst den Erdkreis zu seinen Füßen sah.
„In Rom hatten sich die Männer aller Parteien Italiens vereinigt.
„Ein französischer General, der den guten Glauben seiner Soldaten täuschte, indem er schwur, daß Rom in den Händen einer Bande Meuchelmörder sei, daß eine neapolitanische oder östreichische Invasion den römischen Staat bedrohe, und daß die französischen Truppen die Rolle des, in den Patriarchen-Vätern verheißenen Erlösers zu spielen berufen seien: dieser General, der selbst nur ein elendes Werkzeug der gegen das hochherzige französische Volk verschworenen Verräther war, rückte gegen Rom, um sich nach seiner Meinung der Stadt durch einen Handstreich zu bemächtigen.
„Aber Rom, diese Mutter der Herrlichkeit und des Verderbnisses der Welt, Rom erhob sich in heiligem Zorn, wie in jenen Zeitaltern, wo sein Zorn gleich einem Blitz auf das unterjochte Weltall fiel. Einstimmig war der Schrei der Gelästerten, einstimmig der Schwur der Unterdrückten, einstimmig die Begeisterung der in Rom, dem letzten Asyl des Heils und der Ehre versammelten Italiener. Alle, Alle bis auf die Greise und Frauen, liefen hin zu den Waffen und auf die Barrikaden.
„Am Abend betraten 500 Franzosen als Gefangene die Stadt. Das siegreiche Rom hat sie als Freunde und Brüder behandelt und über die wahre Lage des verläumdeten Landes aufzuklären gesucht. Und an diesem Abend hatte die römische Republik 500 neue Freunde gewonnen und die französische Reaktion 500 Sklaven verloren.
„In diesem Augenblick, Brüder von Paris, zieht sich eure Armee plötzlich gegen Civita-Vecchia zurück, wo sie bereits den ersten Streich auf unsere Republik, auf die italienischen Patrioten geführt hat. In diesem Augenblick hat die römische Republik ihre Kriegsgefangenen gegen 400, unter den verächtlichsten Vorwänden und durch eine Uebermacht von 12,000 Mann in Civita Vecchia entwaffnete Soldaten ausgetauscht.
„Die Reaktion, welche Euch alle drückt, Franzosen! diese durch das Ministerium Barrot so frech vertretene Reaktion, wird, da jetzt ihr Schlag gegen die Republikaner von Rom mißglückt ist, ein Schlag der den Ruhmesglanz der französischen Waffen durch seine Schande verdunkelt, vielleicht ihre vor Rom grschlagenen Generäle dazu aussenden, um die Republikaner und die Ehre von Venedig in die Falle zu locken. Damit nicht genug, Franzosen schicken sich auch, Eure Generäle, diese galonnirten Maschinen, die Ihr mit Eurem Blute, mit Eurer Ehre bezahlt, dazu an: dem neapolitanischen Henker die Hand zu drücken, der auf Rom losrückt, um jene Tapfern daraus zu verjagen, die geschworen haben, auf dem Kapitol zu sterben, so lange noch ein Hügel, ein Haus in Rom zu vertheidigen ist.
„Wähler von Paris! denkt darüber nach, welch ein, in Euren Annalen unerhörtes Schauspiel der Infamie Euer Ministerium der Welt giebt, blos um eine Wahl-Majorität zu erhalten, die stolz über einen Sieg in Rom, die Regentschaft und die Kosacken in die Tuillerien einzuführen denkt.
„Wähler von Paris! Eure Waffen wurden in doppelter Weise durch Euer Ministerium entehrt: durch die Infamie eines Angriffs und durch die Schmach einer Niederlage!
„Wir Republikaner von Rom, indem wir den, der französischen Demokratie von uns wiedergegebenen Gefangenen ein brüderliches Lebewohl sagen, sandten Euch dieses kurze Bild Eurer Mission in Italien! Eurer Mission, Brüder Republikaner von Paris, die Gott sei Dank, nicht Eure wahre Mission ist, die man aber nichts destoweniger in Euerm Namen erfüllt.
„So sind denn jetzt die Soldaten von Austerlitz, von Jena von Marengo: Die Soldaten des Pabstes!
„Wähler von Paris, legt die Hand aufs Herz und wenn ihr an Gott glaubt und an die Zukunft, so rettet, wenn es kein anderes Mittel gibt, durch das Mittel der Wahl Eure junge Republik und unser unglückliches Italien!
Gruß und Brüderschaft!
Das römische Volk.
(Folgen 3000 Unterschriften.)
* Turin, 7. Mai. Das neue Ministerium ist gebildet. Azeglio ersetzt den De Launay als Premierminister.
Romarino, der heute früh 7 Uhr rücklings erschossen werden sollte, hat auf Cassation des Todesurtheils angetragen. Durch die Verurtheilung Romarino's ist der Verrath, durch welchen Radetzky allein gesiegt hat und den die schmutzigen DuMont'schen Zeitungsschmuhle und bezahlten Polizeiklakeure als einen respektwidrigen Zweifel an den östreichischen Verdiensten ausheulten, vollends bestätigt worden.
Hauptquartier Mestre, 4. Mai. Um 12 Uhr hat das Bombardement auf Malghera aus allen angelegten Batterien zu gleicher Zeit begonnen und ist von dem Fort mit einem fürchterlichen ungleich starkeren Feuer erwiedert worden. Sie haben dort auf allen nur möglichen Punkten Geschütze des größten Kalibers aufgefahren. Auch werfen sie nutzloserweise Raketen und schießen aus den entlegensten Werken auf unsere Batterien. Sie unterhalten ein wildes ungestümes Feuer, wogegen unsere Artilleristen ruhig und in bestimmten Pausen schießen; wir wollen erwarten wie es morgen aussieht.
(A. Z.) * Mestre, 4. Mai. Gleich nach seiner Ankunft hat Radetzki eine Aufforderung an die Bewohner Venedig's erlassen, sich binnen 48 Stunden, d. h. bis den 6. Mai, 8 Uhr Morgens, auf folgende „unabänderliche“ (!) Bedingungen zu ergeben:
„Art. 1. Unbedingte, volle und gänzliche Unterwerfung.
Art. 2. Unmittelbare Uebergabe der ganzen Stadt und sämmtlicher Forts und Arsenale, die von meinen Truppen besetzt werden sollen, denen gleichfalls alle Kriegsfahrzeuge, zu welcher Zeit sie auch gebaut worden sein mögen, alle öffentlichen Anstalten, alles Kriegsmaterial und alle Gegenstände irgend einer Art, die Eigenthum des Staates sind, zu übergeben sind.
Art. 3. Auslieferung aller Waffen, sie mögen dem Staate oder Privaten gehören.
Dagegen bewillige ich folgende Punkte:
Art. 4. Es wird allen Personen ohne Unterschied, welche die Stadt verlassen wollen, gestattet, binnen 48 Stunden nach der Uebergabe zu Lande oder zu See aus Venedig abzureisen.
Art. 5. Es soll ein General-Pardon für alle Unteroffiziere und Gemeinen der Land- und Seetruppen erlassen werden.
Von meiner Seite werden die Feindseligkeiten den ganzen morgenden Tag hindurch bis zur obenerwähnten Stunde, nämlich 8 Uhr Morgens am 6 Mai eingesteht werden.
Aus meinem Hauptquartier Casa Papadopoli den 4. Mai 1849.
Der Oberbefehlshaber der k. k. Truppen in Italien, Radetzky, Feldmarschall.
Französische Republik. 12 Paris, 12. Mai. Der Veitstanz: das ist die wahre Stellung der Pariser Bourgeoisie.
Paris tanzt den Veitstanz: es tanzt ihn in der Kammer, außerhalb der Kammer, allenthalben. Die Pariser Arbeiter stehn ruhig im Kreise herum, und sehen und lachen wie die Bourgeoisie so krampfhaft zuckend Hände und Beine zusammenschlägt. Alles verwickelt sich täglich mehr und mehr. Täglich treffen von Rom neue Nachrichten ein, welche die Sache noch mehr compliciren. Die Soldaten der Expedition erklären jetzt öffentlich: Wir dürfen nicht gegen Rom kämpfen, wir wollen nicht die römische Republik vernichten. Die Italiener sind brav und tapfer: sie haben uns geschlagen und sie haben recht gethan. Warum hat man uns nach Rom geschickt? Und doch, was bleibt uns jetzt anders zu thun übrig, als uns in Rom tödten zu lassen. Briefe der Art werden öffentlich in der Kammer verlesen. Und die Kammer tobt vor Wuth; sie beschließt: die Expedition von Rom soll ihrem wahren Zwecke zugelenkt werden.
Nun schreibt Napoleon einen Brief an Oudinot, worin er ihn auffordert, abermals gegen Rom zu rücken, und ihm in seinem persönlichen Namen Verstärkung verspricht. Nun geht der General Changarnier hin und schickt den Brief Napoleon's an alle Generäle, an alle Regimenter, und denunzirt die Kammer und die Männer, welche dem Briefe Napoleon's zum Trotz, statt Verstärkung dem Oudinot zu schicken, beschlossen haben, seine Handlungsweise in Rom zu desavouiren! Also die Bourgeoiskammer, die schon so bourgeoismäßig aufgetreten, wird von den Bourgeoisgenerälen verhöhnt und denunzirt! Der Bourgeoisgeneral der Börse, Changarnier, der von der Börse 50,000 Fr. jährlich erhält, erklärt sich für Oudinot, für Napoleon, für jeden Monarchen.
Und die Kammer schäumt abermals vor Wuth! Sie weiß nicht mehr, woran sie hält! Soll sie das Ministerium oder Napoleon, oder Changarnier aufgeben und die römische Republik anerkennen?
In dieser Verlegenheit thut sie gar nichts: sie adoptirt mit sechs Stimmen Majorität die Tagesordnung: neuer Anfall von Wuth; die Kammer erkennt ihre Hülfslosigkeit, und ist mit sich selbst zerfallen.
Die Bourgeoisie tanzt den Veitstanz, und um sie herum steht die große Proletariermasse und lacht und schaut zu, wie die Bourgeois revolutioniren. Der Augenblick ist gekommen, wo die Juni-Insurgenten gerächt werden. Dieses Mal sind's die Bourgeois, die den Kampf beginnen gegen ihr eigenes Machwerk, gegen die Contrerevolution. Bei dem ersten Signal des Kampfes wirft sich die Proletariermasse hinein, und schreitet über Marrast, Faucher und Napoleon hinweg, nach Italien und nach dem Rhein, gegen alle mit Rußland verbündete Staaten!
Von Rom ging in vorigem Jahre die erste revolutionäre Bewegung aus: sie hat über Paris den Weg durch ganz Europa gemacht. Ihr folgte die Contrerevolution, die gleichzeitig von Rom und Paris ausgehend, sich über ganz Europa verbreitet. Mit Rom beginnt jetzt wiederum die neue Revolution. Was zwischen Rom und San Paolo (Oudinot) vorgeht, das ist's was die revolutionäre Spannung, den revolutionären Kampf unterhält. Die beider Lager von Rom und San Paolo verlängern sich und ziehen sich hinaus bis nach Frankreich, bis nach Paris. Die kontrerevolutionäre Parte- stürzt sich nach Paolo mit ihren Bourgeois-Generälen. Die revolutionäre Partei ist von Ungeduld entbrannt, ihr zuvorzukommen, und will in Paris die Schlacht zwischen Rom und San Paolo auskämpfen.
Die Bourgeoisminister von Paris stehen mit einem Fuße in Rom, mit dem andern in Paolo; sie möchten Rom und San Paolo ausgleichen, versöhnen, und stoßen auf einen Ochsen von Napoleon, der seinerseis den kaiserlichen Tanz tanzen will; in dieser halsbrechenden Stellung verliert der olympische Barrot den Kopf; auch er, der sonst so ruhig, bekommt konvulsivische Zuckungen in den Armen und Beinen und mit ihm das ganze Ministerium, und tanzt den Veitstanz und das Alles hat Napoleon gethan. O, wir haben es von Anfang an gesagt: Napoleon ist nicht so dumm, wie er aussieht: Dummer! dummer!
Paris, 12. Mai. Im Moniteur keine neuen Depeschen aus Rom. Die gestrigen Depeschen brachen mit dem 4. Mai ab; unsere heutigen Fahrpostberichte reichen nur bis zum 3. Mai.
Dagegen sagt die „Tribune des Peuples“:
„Man versichert uns, die Regierung habe durch den Telegraphen Nachrichten aus Rom vom 5. Mai erhalten. Ihnen zufolge habe Oudinot eine neue Niederlage erlitten und die Neapolitaner mit ihrem spanischen Vortrabe seien unter dem Pabstgeneral Zuchi ebenfalls von den Römern geschlagen worden.“
— Die „Estaffette“ will wissen, der Telegraph habe gestern dem Marschall Bugeand befohlen, mit seiner Division die Alpen zu überschreiten.
— Dem „National“ zufolge habe unser Admiral Rigodit Befehl erhalten, die Gewässer von Venedig zu verlassen und sich an die römischen Gestade zu begeben, wahrscheinlich vor Ancona.
— Seit gestern haben wir fünf neue Regimenter in Paris.
— „Peuple“ steht heute wieder vor den Assisen. In den letzten vier Tagen wurde er jeden Morgen confiszirt. Trotz alledem und alledem setzt er regelmäßig über fünfzigtausend Exemplare ab. Das Pariser Civil und Militär liebt die verbotenen Früchte über Alles. Die Abbaye ist mit Tourlourois angefüllt, die ihren ersten demokratischen Wahleifer mit 50 bis 60 Tagen strengem Arrest büßen. Sechszig Tage Arrest für jeden Soldaten, der den „Peuple“ lies't!
— Der hiesige deutsche Arbeiterverein ist so gut wie aufgelös't. Dieser Verein, der im vorigen Jahre unter Marx und Schapper mehrere Tausend Mitglieder zählte, war in letzter Zeit unter tiefsinnigen wasserpolackischen „Calvinisten des Communismus“ bis auf höchstens 80 aus Proudhoniaren und Weitlingianern bestehenden Gliedern zusammengeschmolzen. Was der Schwabe Herwegh treibt, darüber schweigen die hiesigen Salons gänzlich. Heine liegt fortwährend sehr krank darnieder.
— Aus Toulon reichen unsere Postberichte bis zum 9. Mai. Am Tage vorher hatte man dort den Befehl erhalten, noch 5000 Mann als Verstärkung eiligst nach Civita Vecchia einzuschiffen. Das sind wahrscheinlich die Renforts, die der Präsident Bonaparte in seinem berüchtigten Briefe seinem lieben General Oudinot verheißt.
— Der Moniteur zeigt an, daß die Leihämter von nun an kein Geld auf Waffen mehr borgen und daß alle verpfändeten Waffen nach Vincennes geschafft sind, wo sie von den Eigenthümern eingelös't werden können.
— Die Theilnahme an der morgigen Wahlschlacht scheint ziemlich stark zu sein. Man erblickt lange Reihen, sogar viele Equipagen vor den Mairie-Zugängen, deren Eigenthümer sich die Wählerkarten holen. Nur gegen Vorzeigung dieser Karte darf man morgen stimmen. Für den Arbeiter bedingt dieses Kartenholen, doppelte Einschreibungen in die Listen u. s. w. einen sehr fühlbaren Verlust; daher viele ihr Stimmrecht wegen Nichterfüllung aller dieser Förmlichkeiten einbüßen dürften. Der demokratische Ausschuß warnt dieserhalb vor solcher Versäumniß.
— Paris lies't heute die gestrigen Kammerverhandlungen zum Theil an den Straßenmauern. Ueberall starren den Vorübergehenden kolosse rothe Plakate entgegen: Die Franzosen in Rom! Protestation der Römer gegen die Franzosen! Proklamation Roms an die Franzosen u. s. w. u. s. w.
— Flocon brachte in heutiger Sitzung die ungarisch-deutschen Verhältnisse und die russische Intervention zur Sprache. Zur Debatte kam es nicht. Flocon verlangte, daß der diesfällige diplomatische Notenwechsel auf den Tisch des Hauses gelegt werde. Der Minister hat dies versprochen.
— Marrast ist krank; er hat Kopfschmerz, den ihm wahrscheinlich die gestrige Niederlage zuzog. Der alte Fuchs, im treuen Bunde mit Cavaignac, hatte wirklich Alles auf einen Wechsel vorbereitet und sicher auf den Sturz des Ministeriums und Changarnier's gerechnet. Ledru-Rollin hatte er, wie gewöhnlich, den Vortrab anvertraut, der auch tüchtig auf das Ministerium losdonnerte. Aber es scheint, daß sich Barrot und Marrast gegen 4 Uhr in einem Nebengange während einer Pause sprachen, und daß Barrot dem Marrast gelobte, einen tadelnden Artikel rücksichtlich des berüchtigten Tagesbefehls in den Moniteur einrücken zu lassen. Daher soll es kommen, daß die Marrastiner gestern beim Abstimmen etwas flauer wurden und das Ministerium fast 40 Stimmen erschlich. Heute früh ist aber der Moniteur ohne den verabredeten Artikel erschienen und Marrast, sich überlistet fühlend, schäumt heute vor Wuth. Er hat seinen Generalstab von Neuem zusammengetrommelt und wir hören, daß Goudchaux, Baulabelle, Clement Thomas, Dégoussée und Comp. in Permanenz bei ihm sitzen. Welchen neuen Feldzug sie dort ausspinnen werden, ist natürlich noch Geheimniß. Jedenfalls ist es aber sehr komisch, zu sehen, wie sich diese sterbende Partei der „Honetten“ gebehrdet.
Am späten Abend begab sich Napoleon Bonaparte in den Chabrol-Club und schimpfte dort gegen seinen erlauchten Vetter Louis. Jedenfalls führen diese Herren etwas Großes im Schilde. Aber Changarnier überwacht dieses Treiben mit Geierblicken und läßt jede Nacht die Wachtposten am Elysium, an den Ministerhotels, an der Bank u. s. w. nicht nur verdoppeln, sondern verdreifachen.
— Courtais wohnte heute der Sitzung zum ersten Male bei.
— National-Versammlung. Sitzung vom 12. Mai. Anfang 1 1/4 Uhr. Corbon präsidirt.
Corbon bringt einen alten Nachkredit zur Debatte, die kein Interesse bietet.
Der Kredit geht mit 498 gegen 5 Stimmen durch. Das Haus ist also kaum beschlußfähig.
Flocon: Ich unterbreche die Tagesordnung durch die Interpellation an den Minister des Aeußern in Bezug auf die Ereignisse, die sich an der Donau in Ungarn zutragen. Ich frage hiermit an, welchen Antheil nimmt die französische Regierung an den Ereignissen in Deutschland. Die ungarisch-deutschen Ereignisse sind für die europäische Entwickelung und namentlich für die französische Republik außerordentlich wichtig. Rußland schreitet ein, 30,000 Russen eilen dem bedrängten östreichischen Kaiser über Preßburg, 40,000 Mann über Ducla und 100,000 Mann durch Siebenbürgen zu Hülfe. Nicolaus selbst werde in Olmütz oder gar in Wien erwartet. Was thut hierbei das Ministerium?
Drouyn de Lhuys: Sobald die Regierung von der russischen Intervention Kenntniß erhielt, schrieb sie nach Petersburg, London, Berlin und Wien. Die Thatsache der Intervention erscheint ihr bedauerlich. Wir werden uns beeilen, ihr auf diplomatischem Wege entgegenzutreten. Genügen diese Wege nicht, dann werden wir die Versammlung um ihre Meinung befragen. (Beifall rechts).
Flocon erwidert, daß ihm der diplomatische Protest auf dem Papier wenig Vertrauen einflöße. Das Ministerium habe das Vertrauen des Landes längst verloren. (Lärm) Ich stelle daher den Antrag, daß der Minister alle diplomatischen Papiere auf den Tisch des Hauses lege.
Corbon: Das ehrenwerthe Glied möge dies schriftlich thun.
Die Versammlung nimmt demnächst das Budget wieder auf.
Die Kriegsbudgetdebatte war bis Kapitel 24 gerückt.
Kapitel 25, 26 und 27 gehen ohne erheblichen Widerspruch durch.
Bei Kapitel 28 rief die telegraphische Linie einigen Kampf hervor.
Nach Beseitigung desselben wird auch Kapitel 28 angenommen.
Hier wird die Debatte abgebrochen.
Corbon ermahnt die Versammlung, sich morgen im 14. Bureausaale einzufinden, um an der Landeswahl Theil zu nehmen. Der Modus bleibt wie am 10. Dezember.
Corbon: Mehrere Glieder haben darauf angetragen, am nächsten Montage keine Sitzung zu halten. (Oh! Oh!)
Es wird beschlossen, am Montag zu sitzen und die Sitzung wird um 6 Uhr aufgehoben.
Großbritannien. * London, 12. Mai. Die Times gibt heute einen längern leitenden Artikel über die Verwicklungen des europäischen Kontinents, und bedauert, daß das System der Nicht-Intervention, welches England sich auferlegt habe, den Einfluß mancher britischen Geschäftsträger an fremden Höfen, sehr vermindert. Um so mehr
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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