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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 297. Köln, 13. Mai 1849. Zweite Ausgabe.

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wird, um Krawall herbeizuführen; man will sogar schon Soldaten n Civilkleidern entdeckt haben, die nur allein darauf ausgehen, wie sich immer Gelegenheit darbietet, Streitigkeiten anzuzetteln.

München, 8, Mai

Dem "Fr. J." wird geschrieben: Die königliche Familie berathschlagte gestern in einem abgehaltenen Familienrathe die zu treffenden Maßregeln, im Falle in Baiern dieselben Ereignisse eintreten sollten, wie in Sachsen. In Folge dessen sollen heute in aller früh zwei mit Kostbarkeiten und andern Effekten beladene Wagen nach der Festung Ingolstadt abgegangen sein. Die dortigen Kasematten enthalten eigene Gemächer zur Aufbewahrung dieser Schätz.e

Der Befehl zur Einberufung sämmtlicher beurlaubten Soldaten ist wegen der besonders unter dem Landvolk entstandenen Aufregung einstweilen zurückgenommen.

Freiburg, 9. Mai.

Nachdem gestern der Fickler-Bornstedtsche Prozeß beendet war, begann bereits heute schon das gerichtliche Verfahren gegen fünf andere der Theilnahme an dem Septemberaufstand Angeklagte, nämlich: Baumann aus Lahr, Landgut und Schnepf aus Efrigen, Lefebre aus Berlin und Meyer, Professor aus Rom. Nach Konstituirung des Gerichtshofes begann das Zeugenverhör, das kein großes Interesse darbot und mit welchem in morgiger Sitzung fortgefahren wird.

Neustadt, a. d. H, 9. Mai, Mittags 2 Uhr.

So eben langt eine Estaffette von Landau an, welche die Kunde von einem großen Aufstande in Landau brachte, wobei 6 baierische Offiziere gefallen sind. Gestern Abend rückte das Bataillon badischer Infanterie und die Eskadron badischer Dragoner ein, welche sogleich mit den gastfreundlichen Bürgern gemeinschaftliche Sache machten. Dieses mißfiel den baierischen Offizieren. Aber statt auf die Bürger zu feuern, kehrte sich das baierische Militär gegen seine Führer. Der Gehorsam ist verweigert Eine Kaserne ist demolirt. Die Ordnung ist jedoch dadurch wieder hergestellt worden, daß die baierischen und badischen Soldaten sich mit der Volkswehr vereinigten.

Stündlich langen baierische Soldaten an, die entweder nach Hause gehen oder sich zu der Volkswehr begeben.

Mittags 5 Uhr. Der Generalmarsch hat sämmtliche Mannschaft dahier zusammenberufen. Der neue Kommandant, welcher sogleich in Aktivität treten soll, ist der Oberlieutenant Strasser aus Wien. Auf der betreffenden Zuschrift ist Fenner von Fenneberg als Generalissimus des Hauptquartiers und als Schriftführer Dr. Hepp von hier unterschrieben. Alle Befehle gehen von Kaiserslautern aus. Die aus 5 Mitgliedern bestehende Kommission nennt sich nun auf Antrag des Reichskommissärs: "Landesausschuß zur Vertheidigung der deutschen Verfassung."

Abends 6 Uhr. Vierhundert Mann Bürgerwehr, Scharfschützen und Sensenmänner, als Freischaaren, sind beordert worden das Thal zu besetzen. Soeben ziehen sie gegen Kaiserslautern ab.

(Fr. J)
Kaiserslautern, 8. Mai.

Ich theile Ihnen sogleich nachfolgendes wichtiges Aktenstück mit:

"Bekanntmachung.

Zur Sicherung der öffentlichen Zustände und zur Vermittelung der Verfassungsfrage in der Pfalz, im Namen der provisorischen Centralgewalt des deutschen Reichs und in Gemäßheit der Beschlüsse der deutschen Nationalversammlung vom 11. April und 4. Mai d. J. ist Folgendes festgesetzt: 1) Der am 2. Mai d. J. in den Personen der Parlamentsmitglieder Schüler, Reichard, Culmann und Schmitt, den Landtagsabgeordneten Dr. Greiner, Dr. Hepp, Dr. Hannitz, Notar Schmidt aus Kirchheimbolanden, Oekonom Didier von Landstuhl und Rechtskandidat Fries aus Frankenthal für die Pfalz gebildete Landesvertheidigungsausschuß wird als ein Landesausschuß für Vertheidigung und Durchführung der deutschen Reichsverfassung hiermit bestätigt; 2) der Landesausschuß ist berechtigt: a) alle ihm erforderlich scheinenden Maßregeln zur Vertheidigung der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz einzuleiten, insoweit sie nicht in die Befugnisse der zu Recht bestehenden Landesbehörden eingreifen, demnach insbesondere die Organisation der Volkswehr zu leiten und zu überwachen, b) denjenigen Volkswehren und Truppenabtheilungen, sowie denjenigen Landesbeamten in der Pfalz, welche auf Grund der §§. 14 und 193 der deutschen Reichsverfassung die Vereidigung auf die Verfassung verlangen sollten, den Eid abzunehmen, c) gegen gewaltsame Angriffe auf die Reichsverfassung in der Pfalz äußersten Falls selbstständig einzuschreiten; 6) der Landesausschuß hat seinen Sitz in Kaiserslautern; fünf anwesende Mitglieder desselben sind beschlußfähig; 4) der Landesausschuß besteht bis zu vollständiger Durchführung der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz; 5) durch die in §. 2 dem Landesausschusse ertheilten Befugnisse sind alle bis heute von dem Landesvertheidigungsausschuß gefaßten Beschlüsse, soweit sie diesen Befugnissen zuwiderlaufen, hiermit aufgehoben.

Kaiserslautern, den 7. Mai 1849.

Eisenstuck.

Bevollmächtigter der prov. Centralgewalt für die Pfalz."

317 Wiesbaden, 11. Mai.

In unserm Lande herrscht eine entschieden demokratische Gesinnung, die sich gewiß durch die That bewähren würde, fehlte es nicht an Männern, die im Stande wären, einer Bewegung Plan und Ziel zu geben. So entschieden die Gesinnung im Volke ist, so unentschieden ist die Gesinnung derjenigen, welche an der Spitze der Vereine und (besonders in letzter Zeit) der zahlreichen Volksversammlungen stehen. In den Aemtern Jostein und Uüngen stehen Hunderte von rüstigen jungen Männern da, welche nur den ersten Ruf abwarten, um dreinzuschlagen. In Wiesbaden selbst, wo sich der Vorort der demokratischen Vereine befindet, besteht die Mehrzahl der Demokraten in rath- und thatlosen Spießbürgern und Schreiern. Die Wiesbadener Demokratie ist aus der Verlegung der Residenz Sr. kleinrussischen Hoheit von hier nach Bieberich entstanden und wird verschwinden, wenn Se. Hoheit aus dem verrathenen Schleswig-Holstein zurückkehren werden, um von seinen Siegen auszuruhen.

Ungarn.
Preßburg, 8 Mai.

Der Schauplatz des Krieges zieht sich immer mehr in unsere Nähe. Das Hauptquartier wird von Karlsburg heute hierher verlegt. Große Truppenmassen ziehen sich auf die Insel Schütt. Gestern kam eine Brigade vom jenseitigen Ufer. Auf der Sauheide, die sich von der Donau bis an das Gebirge erstreckt, werden Redouten und Schanzen der Länge nach aufgeworfen. In das Schloß wird fortwährend Geschütz abgeführt und alles gethan, um es haltbar zu machen. Gerüchte mannigfacher Art durchkreuzen sich. Bald heißt es, Se. Majestät komme heute an, bald, es werde im Schloßhof ein Fürstenkongreß zusammenkommen. Man ist hier in großer Angst, was aus der Stadt werden kann, wenn sich das Gefecht in die Nähe zieht. Die Magyaren sind in Szerdahely; aus Somerein sind sie wieder abgezogen.

(Ostd. Post.)
Französische Republik.
Paris, 11. Mai.

Die Aufregung der Stadt ist unbeschreiblich. In den Straßen hört man nur der Ruf: Anklage gegen den Präsidenten! Anklage gegen die Minister! Anklage gegen Changarnier! während die Tausend rothe, grüne, gelbe und graue Plakate, alle Fußgänger unwillkührlich zu Gruppen anhalten. Die Bewegung gleicht dem unterirdischen Getöse eines bald losbrechenden Vulkans.

-- Um die Nationalversammlung sind große militärische Vorsichtsmaßregeln von Marrast, nicht von Changarnier getroffen.

-- Der Moniteur erschien heute mit dem Gesetz vom 11. Mai 1848 (Artikel 6 und 7 als Verweis gegen Changarnier) an der Spitze.

-- Peuple, Revolution und Demokratie wurden schon wieder auf gerichtlichen Befehl wegen Beleidigung des Präsidenten der Republik weggenommen.

-- Aus Versailles sind neue Truppen verschrieben, die uns die Eisenbahn bringt.

-- Die Marseiller Blätter vom 8. Mai füllen sich mit römischen Details alle mehr oder weniger übertrieben.

Zum Verständniß der heutigen Kammerstürme genügt folgende Depesche, die gestern Abend der Minister des Auswärtigen in der Nationalversammlung vorlas:

Bericht des Obergenerals an den Minister des Auswärtigen in Paris.

Hauptquartier Palo, 4. Mai 1849.

Herr Minister. Wie ich Ihnen bereits anzuzeigen die Ehre hatte, setzte ich mich am 28. April in Marsch gegen Rom. Zwei Beweggründe bestimmten mich zu diesem Entschlusse. 1) Civita-Vecchia ist ein Punkt ohne Bedeutung; der freundliche Empfang, der mir und unseren Truppen dort zu Theil wurde, comprimirte sich sozusagen unter den Mauern Rom's und dann setzte ich mich der Gefahr aus, die römische Frage ohne die Frankreich gebührende Theilnahme gelöst zu sehen. 2) Kamen mir aus den sichersten Quellen Nachrichten zu die mich voraussetzen ließen, daß wir mit offnen Armen empfangen würden.

Die Dinge haben sich aber ganz anders zugetragen; unsre Truppen, die am 30. April unter den Mauern Roms eintrafen, wurden mit Kartätschen empfangen und ich habe nach einer starken Rekognoscirung und in Ermangelung regulären Belagerungsmaterials, unsere braven Truppen nicht länger einem hinter starken Mauern verschanzten Feinde entgegensetzen zu müssen geglaubt. Ich habe mein Hauptquartier in Palo errichtet; die Vorposten ziehen sich noch näher an Rom. Die 3. Brigade ist in Civita-Vecchia gelandet. Wir werden die Offensive wieder ergreifen und, seien Sie dessen sicher, in wenigen Tagen werden die Anarchisten, welche Rom in Schrecken halten (diese Stelle rief heftigen Widerspruch in der Nationalversammlung hervor) energische Züchtigung erhalten. Unsern Soldaten ist nichts vorzuwerfen als ein Exceß an Bravour. Ich bin aber fest entschlossen, ihren Eifer nicht in einem Barrikadenkriege zu compromettiren. Hegen Sie also keine Besorgniß über das definitive Resultat. Monsignore Balentini, den der Pabst als Gouverneur von Civita-Vecchia bezeichnete, ist hier eingetroffen und hat mir einen Brief vom Pabst eingehändigt, in dem ein anderer vom Kardinal Antonelli lag. Ich barg diesen Prälaten den Vorbehalt nicht, den ich mir selbst aufgelegt, wie nützlich, ja wie wesentlich es für das Interesse des heiligen Vaters sei, daß man mich als alleinigen Beurtheiler dessen, was möglich, lasse Monsignor Valentini schien die Considerationen die ich ihm auseinandersetzte, anzuerkennen und kehrt heute nach Gaeta zurück. Ich habe an Hrn. v. Roqueval geschrieben und ihn ersucht, Alles in Gaeta dafür aufzubieten, daß man mir Handlungsfreiheit lasse. Dieses ist um so nöthiger als man sich in Gaeta den größten Täuschungen über den Geist der Bevölkerungen hingiebt (Sensation.) Ich behaupte nicht daß dieser Geist dem gegenwärtigen Zustand der Dinge günstig sei, der nur dem Despotismus unter dem Schatten der rothen Fahnen gleicht, den eine aus Anarchisten aller Länder bestehende Faktion ausübt (Lärm) aber ich sage daß die Sympathieen für die gestürzte Regierung bei weitem weniger heiß sind als man dieß voraussetzt (Ah, Ah) man liebt Pius IX. persönlich, aber man scheut im Allgemeinen jede klerikale Regierung. Die neapolitanischen Truppen, die der König in Person befehligt, haben das römische Gebiet betreten. Man sagt, ihre Bestimmung sei, die Provinz Velletri zu besetzen Die Oestreicher sind noch in Massa, wenigstens versichert man mir das. Die Stadt Ancona ist von den Triumvirn in Kriegszustand erklärt worden. Diese Herren erheben für 60,000 Mann Kriegstruppen Steuern; ich weiß aber daß sie deren nicht mehr als 20,000 haben und darunter höchstens 6 bis 8000 Genueser und Lombarden, die allein als Kampfgeübte Soldaten gelten können. Ich bin u. s. w.

(gez.) General Oudinot de Reggio.

Nachschrift. Pater Ventura, durch die Lage Roms erschreckt (!) hat diese Stadt so eben verlassen. In Palo angekommen, wünschte er mich im Namen der Triumvirn zu sprechen. Die H. H. Mazzini, Armellini und Saffi hatten ihn beauftragt, mir zu sagen: daß der Kampf vom 30. April nur ein Mißverständniß sein könne; daß es noch möglich sein könnte, die Dinge auszusöhnen, wenn ich einwilligte, eine neue Deklaration zu erlassen, die sich in klarer und bestimmter Weise dahin ausspreche, daß Frankreich den römischen Staaten keine Regierung aufdränge (Lärm). Ich habe dem Pater Ventura erwidert, daß ich die Absicht meines Gouvernements genügend enthüllt hätte; Absicht, die ganz liberal sei; und daß ich sicherlich nach dem was vorgefallen das Recht hätte; mich streng zu zeigen (Oh! Oh!), daß ich aber so wenig davon Gebrauch mache, daß ich jetzt noch bereit bin, in Rom als Freund einzuziehen, als Vermittler zwischen Anarchie und Despotismus, der auf der Bevölkerung lastet (heftige Unterbrechung zur Linken). Ich fügte hinzu, daß ich also handelnd im wahrhaften Interesse des römischen Volkes zu handeln glaubte."

Drouyn de Lhuys, Minister, fuhr nach Verlesung dieser Depeschen fort: "Dieser Depesche lag noch ein Privatbrief bei, der indessen wenig Neues bietet. Die Stellen, die Sie interessiren können, lauten: "Ich habe nichts privatim der Depesche beizufügen. Die Lage ist ohne Zweifal komplicirt; aber ich bin überzeugt, daß sie sich nur unter der Fahne Frankreichs aufhellen wird. Es war unmöglich, sie nicht unter den obwaltenden Umständen hier zu entfalten, denn der Kampf, an dem wir Theil nehmen, ist ein Kampf der Civilisation gegen die Barbarei." (Lärm zur Linken).

-- National-Versammlung. Sitzung vom 11. Mai. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast.

Große Agitation. Die Wache ist um zwei Bataillone verstärkt. Auf allen Gesichtern viel Spannung. Wir horen, daß sich ein Stimmführer der Linken (alte Nationalpartei) mit dem Berge dahin geeinigt: 1. den Changarnier vor die Schranken der Versammlung zu fordern; 2. die Wahlschlacht hinauszuschieben; 3. die romische Republik anzuerkennen.

Alle Posten in der Stadt sind verdoppelt; neue Regimenter langen an. Die ganze Nacht waren die Säle des Prasidialhauses erleuchtet.

Im Augenblicke der Sitzungseröffnung vertheilt man die Anträge auf Anklage gegen den Präsidenten und die Minister.

An der Tagesordnung befindet sich zunachst ein Gesetzentwurf, der die Zölle unterdrückt, welche die Schiffe beim Einfahren in die Bassins von Havre und Larochelle zahlen mussen.

Lerembourre bekämpft den Entwurf. (Links ungeduldig: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!)

Der Gesetzentwurf wird angenommen.

Ledru-Rollin: Die Sitzung ist seit zwanzig Minuten eröffnet und die Minister sind noch nicht auf ihren Plätzen. Die Versammlung kann nicht warten. Ich trage darauf an, die Minister holen zu lassen und inzwischen die Debatte über Italien zu beginnen.

Marrast: Man benachrichtigt mich, daß die Minister Rath halten, Sie werden binnen wenigen Minuten kommen. Ich schlage vor, die Sitzung auf so lange zu suspendiren.

Die Sitzung wird suspendirt.

Die Minister erscheinen und setzen sich auf ihre Bänke.

Die Sitzung wird wieder eröffnet.

Ledru-Rollin beginnt die Reihe. Seit gestern, sagt er, hat die italienisch Frage durch Mittheilung der Depeschen neue Umrisse gewonnen. Diese Depeschen enthüllen endlich die Fäden, welche die Expedition leiten; sie legen den Unterschied des Benehmens dar, das man auf römischen Boden und uns gegenüber beobachtet; sie verrathen den Plan einer vollständig organisirten Contrerevolution. Als Sie den Kredit votirten, versprach man Ihnen ausdrücklich, daß sich die Expeditionsarmee nur in der Entfernung von Rom halte, daß sie nur im Interesse der römischen Freiheit und im Gegensatze zur östreichisch-neapolitanischen Restauration angewandt werden solle. In diesem Glauben votirten Sie die Kriegsgelder. Was geschieht aber statt dessen? Kaum in Civita-Vecchia angelangx, erläßt der Obergeneral eine Proklamation, deren Inhalt uns Alle mit Entrüstung erfüllte. Dann marschirt er ohne Verzug nach Rom. Hatte ihn Rom gerufen? Sie wissen das Gegentheil. Man möchte uns glauben machen, daß ihn zwei Triumvirn herbeiriefen. Aber auch die ist falsch; denn die größte Einigkeit herrscht unter den Triumvirn Man schützt ferner vor, daß man noch ausführlichere Berichte abwarten müsse Dies kann nicht zugeben werden, denn so gut Privatberichte den Weg von Rom nach Paris finden, können ihn die amtlichen auch finden. Ich besitze hier zwei Briefe von Offizieren des Expeditionscorps (Bewegung), die mir beweisen, daß unsere Verluste bedeutender, als dies die amtlichen Depeschen errathen lassen; sie beweisen, daß der Obergeneral die Truppen belog, um sie zum Kampfe zu treiben. (Sensation.) Jawohl, er ließ ihnen melden, daß die Neapolitaner Rom besetzt hielten und darin hausten, daß sie also die Neapolitaner schlagen sollten (Allgemeines Erstaunen) Auf diese Weise gelang es, Republikaner gegen Republikaner zu hetzen. (Agitation.) Ich sprach Ihnen von geheimen Fäden, welche die Männer untereinander verknüpften, die die Expedition leiten. Wohlan, ich lege Ihnen hiermit ein Dokument vor, an dessen Echtheit ich kaum glauben wollte. Es ist dies ein Tagesbefehl der Armee mit dem beruchtigten Briefe Bonaparte's, worin das Verfahren Oudinots zum Hohne der National-Versammlung gelobt und ihm die Verstärkungen versprochen werden. (Der Redner liest den vorgestrigen Tagesbefehl Changarniers an die erste Militärdivision vor.) Bürger! wenn Ihr Männer seid, wenn Ihr das französische Volk diese große Nation, wirklich vertretet, dann werdet Ihr diesen Schimpf nicht hinnehmen! Die Republik ist verrathen.... Es besteht nach Innen und Außen, ich weiß nicht alles mit welchen arristokratischen Mächten, ein geheimer Pakt, der den Sturz der Republik und die Aufwärmung, ich weiß nicht welch kaiserl. Systems zum Zweck hat. Ich rufe Ihnen zu: Die Verfassung ist verletzt; die Minister sind im Verrath solidarisch, sonst hätten sie ihre Aemter niedergelegt. (Stürmischer Beifall vom Berge.) Die National-Versammlung muß sofort zur Anerkennung der Republik in Rom schreiten, (Lärm zur Rechten), so wie zur Berathung über Bestrafung der Verfassungsbrecher. (Gährung):

Barrot. Der Augenblick ist zu ernst, um die Zeit in hohlen Worten zu verlieren. In Folge eines Unfalls unter den Mauern Roms verlangen Sie die Anerkennung der römischen Republik. Das wäre eine Feigheit. (Stimmen links: Zur Ordnung den Minister! Man beschimpft uns zu arg! Wie? In so wichtigen Augenblicken wollen Sie der Vertheidigung das Wort nehmen? Es scheint, er sucht Vorwände zur Gewalt. (Clement Thomas: Das sollen Sie erfahren!) Man ruft: on verra, nun gut, auch wir rufen on verra! (Clement Thomas: Ich sagte, Ihre contrerevolutionäre Politik führt zum Bürgerkriege, und dann sollen Sie sehen!) Zum Bürgerkriege am Vorabend der Generalwahlen. Bürgerkrieg beim allgemeinen Stimmrecht. Bürgerkrieg, und wer soll und will darin gewinnen? Bürgerkrieg, den können nur diejenigen wünschen, welche die Gewalt dem Rechte vorziehen. Der Minister entwirft ein düsteres Bild vom Bürgerkriege.) Was den Brief betrifft, so habe ich ja schon erklärt daß es kein Kabinetsakt ist. (Vom Berge: Warum, aber ein dynastischer Akt!) Man verlangt, daß wir unsere Politik in Bezug auf Italien ändern. Unsere Politik ist noch dieselbe, die sie war als unser Corps nach Civita-Vecchia fuhr. Ich will und kann die römische Republik nicht anerkennen, mich nicht mit ihr solidarisiren; aber ich will nicht, daß der Fremde, der Neapolitaner und Oesterreicher, in Rom einziehe. (Ah! Ah!) Wie können wir mit einer Regierung in Unterhandlung treten, die uns mit Kanonenschüssen empfing. (Lärm!) Wir bleiben bei unserem Entschlusse und wünschen, daß es auch die Versammlung bleiben möge.

Clement Thomas widerlegt den Minister und weis't die contrerevolutionäre Stellung des Kabinets und aller Restauration seit 40 Jahren nach. Was ihn befremde sei, daß Barrot die Contrerevolution seit 40 Jahren selbst bekämpft habe, und nun selbst contrerevolutionär geworden.

Jules Favre nimmt das Wort und hält eine lange Rede. Die Rechte, namentlich Taschereau unterbricht ihn mit solcher Heftigkeit und so häufig, daß er sie unzähligemale wiederholen muß. Der Tumult wächst außerordentlich. Favre will Briefe und Aktenstücke aus Rom verlesen, was die Rechte nicht zugeben will. Sie weint und schreit, daß sie mit Weibergeschwätz (Fürstin Belgiojoto) nichts zu schaffen haben will. Der Lärm wird immer wüthender.

Manuel verlangt das Wort über das Reglement Ihm zufolge dürften nur Privatpapiere mit Genehmigung des Hauses gelesen werden. Die Papiere, die der Redner lesen wolle, rühren von einem fremden Minister her. Es verräth falsche verleumderische Darstellung. Ich protestire dagegen.

Jules Favre gelingt es, trotz der Protestation Manuels seine römischen Berichte vorzulesen. Aus ihm geht hervor, daß die oberen Theile der Peterskirche starke Kugelspuren tragen. Mehrere Kugeln seien gesammelt worden, und man habe darauf geschrieben: "Huldigung der Französischen Papisten an die Römische Republik am 30. April 1849." Diese Kugeln seien ausgestellt ..... Favre trägt schließlich auf exemplarische Bestrafung Changarniers an, und daß die Versammlung erkläre, die Minister hätten ihr Vertrauen verloren. (Agitation.)

Tracy, Marineminister, protestirt gegen diese Beschimpfung der französischen Armee. Uebrigens unterwirft er sich dem Votum des Hauses.

Leflot, General, protestirt ebenfalls gegen diese Schmach eines französischen Armee-Corps.

Dupont (Bässac). Frankreichs Rolle sei eine vermittelnde gewesen, keine angreifende. So habe sie die Versammlung verstanden. Er greift das Ministerium darum wegen seiner Gegenhandlungsweise scharf an. (Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!)

Rechts mit Sturm: Einfache Tagesordnung!

Die einfache Tagesordnung wird mit 329 gegen 292 Stimmen ausgesprochen. (Napoleon Bonaparte stimmte dagegen.

So wäre denn die Debatte vorläufig eingestellt. Rom ist noch nicht anerkannt.

Marrast liest die Anklage gegen General Forest vor und läßt zur Abstimmung schreiten: ob sie an den Ausschuß zur Begutachtung zu überreichen?

Wird an die Abtheilung verwiesen.

Marrast liest die Anklage gegen Präsident und die Minister vor, um zu wissen, ob auch diese Klage in Betracht gezogen wird? (Tumult)

Wird verworfen und die Sitzung um 6 1/2 Uhr geschlossen.

Changarniers-Anklage kömmt morgen an die Reihe.

12 Paris, 11. Mai.

Also immer noch keine Revolution in Paris? Die Franzosen wollen also immer noch nicht losbrechen, ungeachtet dieses unendlichen Brennstoffes, der in Paris angehäuft ist? Sind denn die Franzosen Deutsche geworden, daß sie sich alle diese Schmach, den Verrath Napoleon's, den Verrath des Ministeriums, die Verhaftungen der besten Demokraten und die Verfolgungen der demokratischen Presse gefallen lassen? Und wann werden dann endlich die Franzosen zur Revolution schreiten? -- Zur Revolution schreiten! Eine Revolution machen! der Revolution die Zeit des Ausbruches festsetzen! Als wenn das nicht Alles schon vorbei wäre! Und als wenn die Revolution nicht schon in vollem Zuge wäre! Was gerade den jetzigen Augenblick, den jetzigen Kampf, die jetzige Revolution von allen frühern unterscheidet, ist eben, daß sie schon ausgebrochen ist, ohne daß die Leute, die sie hervorrufen, die geringste Ahnung davon haben.

Während man, der alten Tradition gemäß, daran hält, die Revolution proklamiren zu wollen, hat die Revolution selbst schon sich Bahn gebrochen in alle Kreise, in alle Classen. Denkt man etwa, daß der Sturz Napoleon's und des Ministeriums die Aera der neuen Revolution beginnen soll, wie der Sturz Louis Philipp's die Revolution des vorigen Jahres inaugurirt habe? Wenn dem so wäre so könnte man sagen: die Revolution ist da: Napoleon und Barrot sitzen nur noch als Leichen an der Regierung. Aber nein: dieses Mal handelt es sich um ganz andere Dinge, es handelt sich um den Sturz der ganzen Bourgeoisie, um den Sturz der Geldherrschaft, des Capitals, und wer bekümmert sich da um bloße Säcke, wie Napoleon und Barrot?

Wie gesagt: die Revolution hat begonnen; der geringste Stoß, und Napoleon fällt um. Während die Bourgeoisie sich noch über die Kandidatenliste streitet, während Bonapartisten Orleanisten und Orleanisten sich gegenseitig in List übertreffen, um diesen oder jenen Kandidaten aus der Liste auszumerzen, während die größte Zwietracht im Lager der Poitieristen herrscht, gruppirt sich das Volk immer stärker, immer mächtiger um ihre Führer herum, die es von der

wird, um Krawall herbeizuführen; man will sogar schon Soldaten n Civilkleidern entdeckt haben, die nur allein darauf ausgehen, wie sich immer Gelegenheit darbietet, Streitigkeiten anzuzetteln.

München, 8, Mai

Dem „Fr. J.“ wird geschrieben: Die königliche Familie berathschlagte gestern in einem abgehaltenen Familienrathe die zu treffenden Maßregeln, im Falle in Baiern dieselben Ereignisse eintreten sollten, wie in Sachsen. In Folge dessen sollen heute in aller früh zwei mit Kostbarkeiten und andern Effekten beladene Wagen nach der Festung Ingolstadt abgegangen sein. Die dortigen Kasematten enthalten eigene Gemächer zur Aufbewahrung dieser Schätz.e

Der Befehl zur Einberufung sämmtlicher beurlaubten Soldaten ist wegen der besonders unter dem Landvolk entstandenen Aufregung einstweilen zurückgenommen.

Freiburg, 9. Mai.

Nachdem gestern der Fickler-Bornstedtsche Prozeß beendet war, begann bereits heute schon das gerichtliche Verfahren gegen fünf andere der Theilnahme an dem Septemberaufstand Angeklagte, nämlich: Baumann aus Lahr, Landgut und Schnepf aus Efrigen, Lefebre aus Berlin und Meyer, Professor aus Rom. Nach Konstituirung des Gerichtshofes begann das Zeugenverhör, das kein großes Interesse darbot und mit welchem in morgiger Sitzung fortgefahren wird.

Neustadt, a. d. H, 9. Mai, Mittags 2 Uhr.

So eben langt eine Estaffette von Landau an, welche die Kunde von einem großen Aufstande in Landau brachte, wobei 6 baierische Offiziere gefallen sind. Gestern Abend rückte das Bataillon badischer Infanterie und die Eskadron badischer Dragoner ein, welche sogleich mit den gastfreundlichen Bürgern gemeinschaftliche Sache machten. Dieses mißfiel den baierischen Offizieren. Aber statt auf die Bürger zu feuern, kehrte sich das baierische Militär gegen seine Führer. Der Gehorsam ist verweigert Eine Kaserne ist demolirt. Die Ordnung ist jedoch dadurch wieder hergestellt worden, daß die baierischen und badischen Soldaten sich mit der Volkswehr vereinigten.

Stündlich langen baierische Soldaten an, die entweder nach Hause gehen oder sich zu der Volkswehr begeben.

Mittags 5 Uhr. Der Generalmarsch hat sämmtliche Mannschaft dahier zusammenberufen. Der neue Kommandant, welcher sogleich in Aktivität treten soll, ist der Oberlieutenant Strasser aus Wien. Auf der betreffenden Zuschrift ist Fenner von Fenneberg als Generalissimus des Hauptquartiers und als Schriftführer Dr. Hepp von hier unterschrieben. Alle Befehle gehen von Kaiserslautern aus. Die aus 5 Mitgliedern bestehende Kommission nennt sich nun auf Antrag des Reichskommissärs: „Landesausschuß zur Vertheidigung der deutschen Verfassung.“

Abends 6 Uhr. Vierhundert Mann Bürgerwehr, Scharfschützen und Sensenmänner, als Freischaaren, sind beordert worden das Thal zu besetzen. Soeben ziehen sie gegen Kaiserslautern ab.

(Fr. J)
Kaiserslautern, 8. Mai.

Ich theile Ihnen sogleich nachfolgendes wichtiges Aktenstück mit:

Bekanntmachung.

Zur Sicherung der öffentlichen Zustände und zur Vermittelung der Verfassungsfrage in der Pfalz, im Namen der provisorischen Centralgewalt des deutschen Reichs und in Gemäßheit der Beschlüsse der deutschen Nationalversammlung vom 11. April und 4. Mai d. J. ist Folgendes festgesetzt: 1) Der am 2. Mai d. J. in den Personen der Parlamentsmitglieder Schüler, Reichard, Culmann und Schmitt, den Landtagsabgeordneten Dr. Greiner, Dr. Hepp, Dr. Hannitz, Notar Schmidt aus Kirchheimbolanden, Oekonom Didier von Landstuhl und Rechtskandidat Fries aus Frankenthal für die Pfalz gebildete Landesvertheidigungsausschuß wird als ein Landesausschuß für Vertheidigung und Durchführung der deutschen Reichsverfassung hiermit bestätigt; 2) der Landesausschuß ist berechtigt: a) alle ihm erforderlich scheinenden Maßregeln zur Vertheidigung der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz einzuleiten, insoweit sie nicht in die Befugnisse der zu Recht bestehenden Landesbehörden eingreifen, demnach insbesondere die Organisation der Volkswehr zu leiten und zu überwachen, b) denjenigen Volkswehren und Truppenabtheilungen, sowie denjenigen Landesbeamten in der Pfalz, welche auf Grund der §§. 14 und 193 der deutschen Reichsverfassung die Vereidigung auf die Verfassung verlangen sollten, den Eid abzunehmen, c) gegen gewaltsame Angriffe auf die Reichsverfassung in der Pfalz äußersten Falls selbstständig einzuschreiten; 6) der Landesausschuß hat seinen Sitz in Kaiserslautern; fünf anwesende Mitglieder desselben sind beschlußfähig; 4) der Landesausschuß besteht bis zu vollständiger Durchführung der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz; 5) durch die in §. 2 dem Landesausschusse ertheilten Befugnisse sind alle bis heute von dem Landesvertheidigungsausschuß gefaßten Beschlüsse, soweit sie diesen Befugnissen zuwiderlaufen, hiermit aufgehoben.

Kaiserslautern, den 7. Mai 1849.

Eisenstuck.

Bevollmächtigter der prov. Centralgewalt für die Pfalz.“

317 Wiesbaden, 11. Mai.

In unserm Lande herrscht eine entschieden demokratische Gesinnung, die sich gewiß durch die That bewähren würde, fehlte es nicht an Männern, die im Stande wären, einer Bewegung Plan und Ziel zu geben. So entschieden die Gesinnung im Volke ist, so unentschieden ist die Gesinnung derjenigen, welche an der Spitze der Vereine und (besonders in letzter Zeit) der zahlreichen Volksversammlungen stehen. In den Aemtern Jostein und Uüngen stehen Hunderte von rüstigen jungen Männern da, welche nur den ersten Ruf abwarten, um dreinzuschlagen. In Wiesbaden selbst, wo sich der Vorort der demokratischen Vereine befindet, besteht die Mehrzahl der Demokraten in rath- und thatlosen Spießbürgern und Schreiern. Die Wiesbadener Demokratie ist aus der Verlegung der Residenz Sr. kleinrussischen Hoheit von hier nach Bieberich entstanden und wird verschwinden, wenn Se. Hoheit aus dem verrathenen Schleswig-Holstein zurückkehren werden, um von seinen Siegen auszuruhen.

Ungarn.
Preßburg, 8 Mai.

Der Schauplatz des Krieges zieht sich immer mehr in unsere Nähe. Das Hauptquartier wird von Karlsburg heute hierher verlegt. Große Truppenmassen ziehen sich auf die Insel Schütt. Gestern kam eine Brigade vom jenseitigen Ufer. Auf der Sauheide, die sich von der Donau bis an das Gebirge erstreckt, werden Redouten und Schanzen der Länge nach aufgeworfen. In das Schloß wird fortwährend Geschütz abgeführt und alles gethan, um es haltbar zu machen. Gerüchte mannigfacher Art durchkreuzen sich. Bald heißt es, Se. Majestät komme heute an, bald, es werde im Schloßhof ein Fürstenkongreß zusammenkommen. Man ist hier in großer Angst, was aus der Stadt werden kann, wenn sich das Gefecht in die Nähe zieht. Die Magyaren sind in Szerdahely; aus Somerein sind sie wieder abgezogen.

(Ostd. Post.)
Französische Republik.
Paris, 11. Mai.

Die Aufregung der Stadt ist unbeschreiblich. In den Straßen hört man nur der Ruf: Anklage gegen den Präsidenten! Anklage gegen die Minister! Anklage gegen Changarnier! während die Tausend rothe, grüne, gelbe und graue Plakate, alle Fußgänger unwillkührlich zu Gruppen anhalten. Die Bewegung gleicht dem unterirdischen Getöse eines bald losbrechenden Vulkans.

— Um die Nationalversammlung sind große militärische Vorsichtsmaßregeln von Marrast, nicht von Changarnier getroffen.

— Der Moniteur erschien heute mit dem Gesetz vom 11. Mai 1848 (Artikel 6 und 7 als Verweis gegen Changarnier) an der Spitze.

— Peuple, Revolution und Demokratie wurden schon wieder auf gerichtlichen Befehl wegen Beleidigung des Präsidenten der Republik weggenommen.

— Aus Versailles sind neue Truppen verschrieben, die uns die Eisenbahn bringt.

— Die Marseiller Blätter vom 8. Mai füllen sich mit römischen Details alle mehr oder weniger übertrieben.

Zum Verständniß der heutigen Kammerstürme genügt folgende Depesche, die gestern Abend der Minister des Auswärtigen in der Nationalversammlung vorlas:

Bericht des Obergenerals an den Minister des Auswärtigen in Paris.

Hauptquartier Palo, 4. Mai 1849.

Herr Minister. Wie ich Ihnen bereits anzuzeigen die Ehre hatte, setzte ich mich am 28. April in Marsch gegen Rom. Zwei Beweggründe bestimmten mich zu diesem Entschlusse. 1) Civita-Vecchia ist ein Punkt ohne Bedeutung; der freundliche Empfang, der mir und unseren Truppen dort zu Theil wurde, comprimirte sich sozusagen unter den Mauern Rom's und dann setzte ich mich der Gefahr aus, die römische Frage ohne die Frankreich gebührende Theilnahme gelöst zu sehen. 2) Kamen mir aus den sichersten Quellen Nachrichten zu die mich voraussetzen ließen, daß wir mit offnen Armen empfangen würden.

Die Dinge haben sich aber ganz anders zugetragen; unsre Truppen, die am 30. April unter den Mauern Roms eintrafen, wurden mit Kartätschen empfangen und ich habe nach einer starken Rekognoscirung und in Ermangelung regulären Belagerungsmaterials, unsere braven Truppen nicht länger einem hinter starken Mauern verschanzten Feinde entgegensetzen zu müssen geglaubt. Ich habe mein Hauptquartier in Palo errichtet; die Vorposten ziehen sich noch näher an Rom. Die 3. Brigade ist in Civita-Vecchia gelandet. Wir werden die Offensive wieder ergreifen und, seien Sie dessen sicher, in wenigen Tagen werden die Anarchisten, welche Rom in Schrecken halten (diese Stelle rief heftigen Widerspruch in der Nationalversammlung hervor) energische Züchtigung erhalten. Unsern Soldaten ist nichts vorzuwerfen als ein Exceß an Bravour. Ich bin aber fest entschlossen, ihren Eifer nicht in einem Barrikadenkriege zu compromettiren. Hegen Sie also keine Besorgniß über das definitive Resultat. Monsignore Balentini, den der Pabst als Gouverneur von Civita-Vecchia bezeichnete, ist hier eingetroffen und hat mir einen Brief vom Pabst eingehändigt, in dem ein anderer vom Kardinal Antonelli lag. Ich barg diesen Prälaten den Vorbehalt nicht, den ich mir selbst aufgelegt, wie nützlich, ja wie wesentlich es für das Interesse des heiligen Vaters sei, daß man mich als alleinigen Beurtheiler dessen, was möglich, lasse Monsignor Valentini schien die Considerationen die ich ihm auseinandersetzte, anzuerkennen und kehrt heute nach Gaëta zurück. Ich habe an Hrn. v. Roqueval geschrieben und ihn ersucht, Alles in Gaëta dafür aufzubieten, daß man mir Handlungsfreiheit lasse. Dieses ist um so nöthiger als man sich in Gaëta den größten Täuschungen über den Geist der Bevölkerungen hingiebt (Sensation.) Ich behaupte nicht daß dieser Geist dem gegenwärtigen Zustand der Dinge günstig sei, der nur dem Despotismus unter dem Schatten der rothen Fahnen gleicht, den eine aus Anarchisten aller Länder bestehende Faktion ausübt (Lärm) aber ich sage daß die Sympathieen für die gestürzte Regierung bei weitem weniger heiß sind als man dieß voraussetzt (Ah, Ah) man liebt Pius IX. persönlich, aber man scheut im Allgemeinen jede klerikale Regierung. Die neapolitanischen Truppen, die der König in Person befehligt, haben das römische Gebiet betreten. Man sagt, ihre Bestimmung sei, die Provinz Velletri zu besetzen Die Oestreicher sind noch in Massa, wenigstens versichert man mir das. Die Stadt Ancona ist von den Triumvirn in Kriegszustand erklärt worden. Diese Herren erheben für 60,000 Mann Kriegstruppen Steuern; ich weiß aber daß sie deren nicht mehr als 20,000 haben und darunter höchstens 6 bis 8000 Genueser und Lombarden, die allein als Kampfgeübte Soldaten gelten können. Ich bin u. s. w.

(gez.) General Oudinot de Reggio.

Nachschrift. Pater Ventura, durch die Lage Roms erschreckt (!) hat diese Stadt so eben verlassen. In Palo angekommen, wünschte er mich im Namen der Triumvirn zu sprechen. Die H. H. Mazzini, Armellini und Saffi hatten ihn beauftragt, mir zu sagen: daß der Kampf vom 30. April nur ein Mißverständniß sein könne; daß es noch möglich sein könnte, die Dinge auszusöhnen, wenn ich einwilligte, eine neue Deklaration zu erlassen, die sich in klarer und bestimmter Weise dahin ausspreche, daß Frankreich den römischen Staaten keine Regierung aufdränge (Lärm). Ich habe dem Pater Ventura erwidert, daß ich die Absicht meines Gouvernements genügend enthüllt hätte; Absicht, die ganz liberal sei; und daß ich sicherlich nach dem was vorgefallen das Recht hätte; mich streng zu zeigen (Oh! Oh!), daß ich aber so wenig davon Gebrauch mache, daß ich jetzt noch bereit bin, in Rom als Freund einzuziehen, als Vermittler zwischen Anarchie und Despotismus, der auf der Bevölkerung lastet (heftige Unterbrechung zur Linken). Ich fügte hinzu, daß ich also handelnd im wahrhaften Interesse des römischen Volkes zu handeln glaubte.“

Drouyn de Lhuys, Minister, fuhr nach Verlesung dieser Depeschen fort: „Dieser Depesche lag noch ein Privatbrief bei, der indessen wenig Neues bietet. Die Stellen, die Sie interessiren können, lauten: „Ich habe nichts privatim der Depesche beizufügen. Die Lage ist ohne Zweifal komplicirt; aber ich bin überzeugt, daß sie sich nur unter der Fahne Frankreichs aufhellen wird. Es war unmöglich, sie nicht unter den obwaltenden Umständen hier zu entfalten, denn der Kampf, an dem wir Theil nehmen, ist ein Kampf der Civilisation gegen die Barbarei.“ (Lärm zur Linken).

National-Versammlung. Sitzung vom 11. Mai. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast.

Große Agitation. Die Wache ist um zwei Bataillone verstärkt. Auf allen Gesichtern viel Spannung. Wir horen, daß sich ein Stimmführer der Linken (alte Nationalpartei) mit dem Berge dahin geeinigt: 1. den Changarnier vor die Schranken der Versammlung zu fordern; 2. die Wahlschlacht hinauszuschieben; 3. die romische Republik anzuerkennen.

Alle Posten in der Stadt sind verdoppelt; neue Regimenter langen an. Die ganze Nacht waren die Säle des Prasidialhauses erleuchtet.

Im Augenblicke der Sitzungseröffnung vertheilt man die Anträge auf Anklage gegen den Präsidenten und die Minister.

An der Tagesordnung befindet sich zunachst ein Gesetzentwurf, der die Zölle unterdrückt, welche die Schiffe beim Einfahren in die Bassins von Havre und Larochelle zahlen mussen.

Lerembourre bekämpft den Entwurf. (Links ungeduldig: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!)

Der Gesetzentwurf wird angenommen.

Ledru-Rollin: Die Sitzung ist seit zwanzig Minuten eröffnet und die Minister sind noch nicht auf ihren Plätzen. Die Versammlung kann nicht warten. Ich trage darauf an, die Minister holen zu lassen und inzwischen die Debatte über Italien zu beginnen.

Marrast: Man benachrichtigt mich, daß die Minister Rath halten, Sie werden binnen wenigen Minuten kommen. Ich schlage vor, die Sitzung auf so lange zu suspendiren.

Die Sitzung wird suspendirt.

Die Minister erscheinen und setzen sich auf ihre Bänke.

Die Sitzung wird wieder eröffnet.

Ledru-Rollin beginnt die Reihe. Seit gestern, sagt er, hat die italienisch Frage durch Mittheilung der Depeschen neue Umrisse gewonnen. Diese Depeschen enthüllen endlich die Fäden, welche die Expedition leiten; sie legen den Unterschied des Benehmens dar, das man auf römischen Boden und uns gegenüber beobachtet; sie verrathen den Plan einer vollständig organisirten Contrerevolution. Als Sie den Kredit votirten, versprach man Ihnen ausdrücklich, daß sich die Expeditionsarmee nur in der Entfernung von Rom halte, daß sie nur im Interesse der römischen Freiheit und im Gegensatze zur östreichisch-neapolitanischen Restauration angewandt werden solle. In diesem Glauben votirten Sie die Kriegsgelder. Was geschieht aber statt dessen? Kaum in Civita-Vecchia angelangx, erläßt der Obergeneral eine Proklamation, deren Inhalt uns Alle mit Entrüstung erfüllte. Dann marschirt er ohne Verzug nach Rom. Hatte ihn Rom gerufen? Sie wissen das Gegentheil. Man möchte uns glauben machen, daß ihn zwei Triumvirn herbeiriefen. Aber auch die ist falsch; denn die größte Einigkeit herrscht unter den Triumvirn Man schützt ferner vor, daß man noch ausführlichere Berichte abwarten müsse Dies kann nicht zugeben werden, denn so gut Privatberichte den Weg von Rom nach Paris finden, können ihn die amtlichen auch finden. Ich besitze hier zwei Briefe von Offizieren des Expeditionscorps (Bewegung), die mir beweisen, daß unsere Verluste bedeutender, als dies die amtlichen Depeschen errathen lassen; sie beweisen, daß der Obergeneral die Truppen belog, um sie zum Kampfe zu treiben. (Sensation.) Jawohl, er ließ ihnen melden, daß die Neapolitaner Rom besetzt hielten und darin hausten, daß sie also die Neapolitaner schlagen sollten (Allgemeines Erstaunen) Auf diese Weise gelang es, Republikaner gegen Republikaner zu hetzen. (Agitation.) Ich sprach Ihnen von geheimen Fäden, welche die Männer untereinander verknüpften, die die Expedition leiten. Wohlan, ich lege Ihnen hiermit ein Dokument vor, an dessen Echtheit ich kaum glauben wollte. Es ist dies ein Tagesbefehl der Armee mit dem beruchtigten Briefe Bonaparte's, worin das Verfahren Oudinots zum Hohne der National-Versammlung gelobt und ihm die Verstärkungen versprochen werden. (Der Redner liest den vorgestrigen Tagesbefehl Changarniers an die erste Militärdivision vor.) Bürger! wenn Ihr Männer seid, wenn Ihr das französische Volk diese große Nation, wirklich vertretet, dann werdet Ihr diesen Schimpf nicht hinnehmen! Die Republik ist verrathen.… Es besteht nach Innen und Außen, ich weiß nicht alles mit welchen arristokratischen Mächten, ein geheimer Pakt, der den Sturz der Republik und die Aufwärmung, ich weiß nicht welch kaiserl. Systems zum Zweck hat. Ich rufe Ihnen zu: Die Verfassung ist verletzt; die Minister sind im Verrath solidarisch, sonst hätten sie ihre Aemter niedergelegt. (Stürmischer Beifall vom Berge.) Die National-Versammlung muß sofort zur Anerkennung der Republik in Rom schreiten, (Lärm zur Rechten), so wie zur Berathung über Bestrafung der Verfassungsbrecher. (Gährung):

Barrot. Der Augenblick ist zu ernst, um die Zeit in hohlen Worten zu verlieren. In Folge eines Unfalls unter den Mauern Roms verlangen Sie die Anerkennung der römischen Republik. Das wäre eine Feigheit. (Stimmen links: Zur Ordnung den Minister! Man beschimpft uns zu arg! Wie? In so wichtigen Augenblicken wollen Sie der Vertheidigung das Wort nehmen? Es scheint, er sucht Vorwände zur Gewalt. (Clement Thomas: Das sollen Sie erfahren!) Man ruft: on verra, nun gut, auch wir rufen on verra! (Clement Thomas: Ich sagte, Ihre contrerevolutionäre Politik führt zum Bürgerkriege, und dann sollen Sie sehen!) Zum Bürgerkriege am Vorabend der Generalwahlen. Bürgerkrieg beim allgemeinen Stimmrecht. Bürgerkrieg, und wer soll und will darin gewinnen? Bürgerkrieg, den können nur diejenigen wünschen, welche die Gewalt dem Rechte vorziehen. Der Minister entwirft ein düsteres Bild vom Bürgerkriege.) Was den Brief betrifft, so habe ich ja schon erklärt daß es kein Kabinetsakt ist. (Vom Berge: Warum, aber ein dynastischer Akt!) Man verlangt, daß wir unsere Politik in Bezug auf Italien ändern. Unsere Politik ist noch dieselbe, die sie war als unser Corps nach Civita-Vecchia fuhr. Ich will und kann die römische Republik nicht anerkennen, mich nicht mit ihr solidarisiren; aber ich will nicht, daß der Fremde, der Neapolitaner und Oesterreicher, in Rom einziehe. (Ah! Ah!) Wie können wir mit einer Regierung in Unterhandlung treten, die uns mit Kanonenschüssen empfing. (Lärm!) Wir bleiben bei unserem Entschlusse und wünschen, daß es auch die Versammlung bleiben möge.

Clement Thomas widerlegt den Minister und weis't die contrerevolutionäre Stellung des Kabinets und aller Restauration seit 40 Jahren nach. Was ihn befremde sei, daß Barrot die Contrerevolution seit 40 Jahren selbst bekämpft habe, und nun selbst contrerevolutionär geworden.

Jules Favre nimmt das Wort und hält eine lange Rede. Die Rechte, namentlich Taschereau unterbricht ihn mit solcher Heftigkeit und so häufig, daß er sie unzähligemale wiederholen muß. Der Tumult wächst außerordentlich. Favre will Briefe und Aktenstücke aus Rom verlesen, was die Rechte nicht zugeben will. Sie weint und schreit, daß sie mit Weibergeschwätz (Fürstin Belgiojoto) nichts zu schaffen haben will. Der Lärm wird immer wüthender.

Manuel verlangt das Wort über das Reglement Ihm zufolge dürften nur Privatpapiere mit Genehmigung des Hauses gelesen werden. Die Papiere, die der Redner lesen wolle, rühren von einem fremden Minister her. Es verräth falsche verleumderische Darstellung. Ich protestire dagegen.

Jules Favre gelingt es, trotz der Protestation Manuels seine römischen Berichte vorzulesen. Aus ihm geht hervor, daß die oberen Theile der Peterskirche starke Kugelspuren tragen. Mehrere Kugeln seien gesammelt worden, und man habe darauf geschrieben: „Huldigung der Französischen Papisten an die Römische Republik am 30. April 1849.“ Diese Kugeln seien ausgestellt ‥… Favre trägt schließlich auf exemplarische Bestrafung Changarniers an, und daß die Versammlung erkläre, die Minister hätten ihr Vertrauen verloren. (Agitation.)

Tracy, Marineminister, protestirt gegen diese Beschimpfung der französischen Armee. Uebrigens unterwirft er sich dem Votum des Hauses.

Leflot, General, protestirt ebenfalls gegen diese Schmach eines französischen Armee-Corps.

Dupont (Bässac). Frankreichs Rolle sei eine vermittelnde gewesen, keine angreifende. So habe sie die Versammlung verstanden. Er greift das Ministerium darum wegen seiner Gegenhandlungsweise scharf an. (Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!)

Rechts mit Sturm: Einfache Tagesordnung!

Die einfache Tagesordnung wird mit 329 gegen 292 Stimmen ausgesprochen. (Napoleon Bonaparte stimmte dagegen.

So wäre denn die Debatte vorläufig eingestellt. Rom ist noch nicht anerkannt.

Marrast liest die Anklage gegen General Forest vor und läßt zur Abstimmung schreiten: ob sie an den Ausschuß zur Begutachtung zu überreichen?

Wird an die Abtheilung verwiesen.

Marrast liest die Anklage gegen Präsident und die Minister vor, um zu wissen, ob auch diese Klage in Betracht gezogen wird? (Tumult)

Wird verworfen und die Sitzung um 6 1/2 Uhr geschlossen.

Changarniers-Anklage kömmt morgen an die Reihe.

12 Paris, 11. Mai.

Also immer noch keine Revolution in Paris? Die Franzosen wollen also immer noch nicht losbrechen, ungeachtet dieses unendlichen Brennstoffes, der in Paris angehäuft ist? Sind denn die Franzosen Deutsche geworden, daß sie sich alle diese Schmach, den Verrath Napoleon's, den Verrath des Ministeriums, die Verhaftungen der besten Demokraten und die Verfolgungen der demokratischen Presse gefallen lassen? Und wann werden dann endlich die Franzosen zur Revolution schreiten? — Zur Revolution schreiten! Eine Revolution machen! der Revolution die Zeit des Ausbruches festsetzen! Als wenn das nicht Alles schon vorbei wäre! Und als wenn die Revolution nicht schon in vollem Zuge wäre! Was gerade den jetzigen Augenblick, den jetzigen Kampf, die jetzige Revolution von allen frühern unterscheidet, ist eben, daß sie schon ausgebrochen ist, ohne daß die Leute, die sie hervorrufen, die geringste Ahnung davon haben.

Während man, der alten Tradition gemäß, daran hält, die Revolution proklamiren zu wollen, hat die Revolution selbst schon sich Bahn gebrochen in alle Kreise, in alle Classen. Denkt man etwa, daß der Sturz Napoleon's und des Ministeriums die Aera der neuen Revolution beginnen soll, wie der Sturz Louis Philipp's die Revolution des vorigen Jahres inaugurirt habe? Wenn dem so wäre so könnte man sagen: die Revolution ist da: Napoleon und Barrot sitzen nur noch als Leichen an der Regierung. Aber nein: dieses Mal handelt es sich um ganz andere Dinge, es handelt sich um den Sturz der ganzen Bourgeoisie, um den Sturz der Geldherrschaft, des Capitals, und wer bekümmert sich da um bloße Säcke, wie Napoleon und Barrot?

Wie gesagt: die Revolution hat begonnen; der geringste Stoß, und Napoleon fällt um. Während die Bourgeoisie sich noch über die Kandidatenliste streitet, während Bonapartisten Orleanisten und Orleanisten sich gegenseitig in List übertreffen, um diesen oder jenen Kandidaten aus der Liste auszumerzen, während die größte Zwietracht im Lager der Poitieristen herrscht, gruppirt sich das Volk immer stärker, immer mächtiger um ihre Führer herum, die es von der

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          <p><pb facs="#f0003" n="1693"/>
wird, um Krawall herbeizuführen; man will sogar schon Soldaten n Civilkleidern entdeckt haben, die nur allein darauf ausgehen, wie sich immer Gelegenheit darbietet, Streitigkeiten anzuzetteln.</p>
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        <div xml:id="ar297-2_021" type="jArticle">
          <head>München, 8, Mai</head>
          <p>Dem &#x201E;Fr. J.&#x201C; wird geschrieben: Die königliche Familie berathschlagte gestern in einem abgehaltenen Familienrathe die zu treffenden Maßregeln, im Falle in Baiern dieselben Ereignisse eintreten sollten, wie in Sachsen. In Folge dessen sollen heute in aller früh zwei mit Kostbarkeiten und andern Effekten beladene Wagen nach der Festung Ingolstadt abgegangen sein. Die dortigen Kasematten enthalten eigene Gemächer zur Aufbewahrung dieser Schätz.e</p>
          <p>Der Befehl zur Einberufung sämmtlicher beurlaubten Soldaten ist wegen der besonders unter dem Landvolk entstandenen Aufregung einstweilen zurückgenommen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar297-2_022" type="jArticle">
          <head>Freiburg, 9. Mai.</head>
          <p>Nachdem gestern der Fickler-Bornstedtsche Prozeß beendet war, begann bereits heute schon das gerichtliche Verfahren gegen fünf andere der Theilnahme an dem Septemberaufstand Angeklagte, nämlich: Baumann aus Lahr, Landgut und Schnepf aus Efrigen, Lefebre aus Berlin und Meyer, Professor aus Rom. Nach Konstituirung des Gerichtshofes begann das Zeugenverhör, das kein großes Interesse darbot und mit welchem in morgiger Sitzung fortgefahren wird.</p>
        </div>
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          <head>Neustadt, a. d. H, 9. Mai, Mittags 2 Uhr.</head>
          <p>So eben langt eine Estaffette von Landau an, welche die Kunde von einem großen Aufstande in Landau brachte, wobei 6 baierische Offiziere gefallen sind. Gestern Abend rückte das Bataillon badischer Infanterie und die Eskadron badischer Dragoner ein, welche sogleich mit den gastfreundlichen Bürgern gemeinschaftliche Sache machten. Dieses mißfiel den baierischen Offizieren. Aber statt auf die Bürger zu feuern, kehrte sich das baierische Militär gegen seine Führer. Der Gehorsam ist verweigert Eine Kaserne ist demolirt. Die Ordnung ist jedoch dadurch wieder hergestellt worden, daß die baierischen und badischen Soldaten sich mit der Volkswehr vereinigten.</p>
          <p>Stündlich langen baierische Soldaten an, die entweder nach Hause gehen oder sich zu der Volkswehr begeben.</p>
          <p>Mittags 5 Uhr. Der Generalmarsch hat sämmtliche Mannschaft dahier zusammenberufen. Der neue Kommandant, welcher sogleich in Aktivität treten soll, ist der Oberlieutenant Strasser aus Wien. Auf der betreffenden Zuschrift ist Fenner von Fenneberg als Generalissimus des Hauptquartiers und als Schriftführer Dr. Hepp von hier unterschrieben. Alle Befehle gehen von Kaiserslautern aus. Die aus 5 Mitgliedern bestehende Kommission nennt sich nun auf Antrag des Reichskommissärs: &#x201E;Landesausschuß zur Vertheidigung der deutschen Verfassung.&#x201C;</p>
          <p>Abends 6 Uhr. Vierhundert Mann Bürgerwehr, Scharfschützen und Sensenmänner, als Freischaaren, sind beordert worden das Thal zu besetzen. Soeben ziehen sie gegen Kaiserslautern ab.</p>
          <bibl>(Fr. J)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar297-2_024" type="jArticle">
          <head>Kaiserslautern, 8. Mai.</head>
          <p>Ich theile Ihnen sogleich nachfolgendes wichtiges Aktenstück mit:</p>
          <p>&#x201E;<hi rendition="#g">Bekanntmachung</hi>.</p>
          <p>Zur Sicherung der öffentlichen Zustände und zur Vermittelung der Verfassungsfrage in der Pfalz, im Namen der provisorischen Centralgewalt des deutschen Reichs und in Gemäßheit der Beschlüsse der deutschen Nationalversammlung vom 11. April und 4. Mai d. J. ist Folgendes festgesetzt: 1) Der am 2. Mai d. J. in den Personen der Parlamentsmitglieder Schüler, Reichard, Culmann und Schmitt, den Landtagsabgeordneten Dr. Greiner, Dr. Hepp, Dr. Hannitz, Notar Schmidt aus Kirchheimbolanden, Oekonom Didier von Landstuhl und Rechtskandidat Fries aus Frankenthal für die Pfalz gebildete Landesvertheidigungsausschuß wird als ein Landesausschuß für Vertheidigung und Durchführung der deutschen Reichsverfassung hiermit bestätigt; 2) der Landesausschuß ist berechtigt: a) alle ihm erforderlich scheinenden Maßregeln zur Vertheidigung der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz einzuleiten, insoweit sie nicht in die Befugnisse der zu Recht bestehenden Landesbehörden eingreifen, demnach insbesondere die Organisation der Volkswehr zu leiten und zu überwachen, b) denjenigen Volkswehren und Truppenabtheilungen, sowie denjenigen Landesbeamten in der Pfalz, welche auf Grund der §§. 14 und 193 der deutschen Reichsverfassung die Vereidigung auf die Verfassung verlangen sollten, den Eid abzunehmen, c) gegen gewaltsame Angriffe auf die Reichsverfassung in der Pfalz äußersten Falls selbstständig einzuschreiten; 6) der Landesausschuß hat seinen Sitz in Kaiserslautern; fünf anwesende Mitglieder desselben sind beschlußfähig; 4) der Landesausschuß besteht bis zu vollständiger Durchführung der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz; 5) durch die in §. 2 dem Landesausschusse ertheilten Befugnisse sind alle bis heute von dem Landesvertheidigungsausschuß gefaßten Beschlüsse, soweit sie diesen Befugnissen zuwiderlaufen, hiermit aufgehoben.</p>
          <p>Kaiserslautern, den 7. Mai 1849.</p>
          <p><hi rendition="#g">Eisenstuck</hi>.</p>
          <p>Bevollmächtigter der prov. Centralgewalt für die Pfalz.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar297-2_025" type="jArticle">
          <head><bibl><author>317</author></bibl> Wiesbaden, 11. Mai.</head>
          <p>In unserm Lande herrscht eine entschieden demokratische Gesinnung, die sich gewiß durch die <hi rendition="#g">That</hi> bewähren würde, fehlte es nicht an Männern, die im Stande wären, einer Bewegung Plan und Ziel zu geben. So entschieden die Gesinnung im Volke ist, so unentschieden ist die Gesinnung derjenigen, welche an der Spitze der Vereine und (besonders in letzter Zeit) der zahlreichen Volksversammlungen stehen. In den Aemtern Jostein und Uüngen stehen Hunderte von rüstigen jungen Männern da, welche nur den ersten Ruf abwarten, um dreinzuschlagen. In Wiesbaden selbst, wo sich der Vorort der demokratischen Vereine befindet, besteht die Mehrzahl der Demokraten in rath- und thatlosen Spießbürgern und Schreiern. Die Wiesbadener Demokratie ist aus der Verlegung der Residenz Sr. kleinrussischen Hoheit von hier nach Bieberich entstanden und wird verschwinden, wenn Se. Hoheit aus dem verrathenen Schleswig-Holstein zurückkehren werden, um von seinen Siegen auszuruhen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar297-2_026" type="jArticle">
          <head>Preßburg, 8 Mai.</head>
          <p>Der Schauplatz des Krieges zieht sich immer mehr in unsere Nähe. Das Hauptquartier wird von Karlsburg heute hierher verlegt. Große Truppenmassen ziehen sich auf die Insel Schütt. Gestern kam eine Brigade vom jenseitigen Ufer. Auf der Sauheide, die sich von der Donau bis an das Gebirge erstreckt, werden Redouten und Schanzen der Länge nach aufgeworfen. In das Schloß wird fortwährend Geschütz abgeführt und alles gethan, um es haltbar zu machen. Gerüchte mannigfacher Art durchkreuzen sich. Bald heißt es, Se. Majestät komme heute an, bald, es werde im Schloßhof ein Fürstenkongreß zusammenkommen. Man ist hier in großer Angst, was aus der Stadt werden kann, wenn sich das Gefecht in die Nähe zieht. Die Magyaren sind in Szerdahely; aus Somerein sind sie wieder abgezogen.</p>
          <bibl>(Ostd. Post.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
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          <head>Paris, 11. Mai.</head>
          <p>Die Aufregung der Stadt ist unbeschreiblich. In den Straßen hört man nur der Ruf: Anklage gegen den Präsidenten! Anklage gegen die Minister! Anklage gegen Changarnier! während die Tausend rothe, grüne, gelbe und graue Plakate, alle Fußgänger unwillkührlich zu Gruppen anhalten. Die Bewegung gleicht dem unterirdischen Getöse eines bald losbrechenden Vulkans.</p>
          <p>&#x2014; Um die Nationalversammlung sind große militärische Vorsichtsmaßregeln von Marrast, nicht von Changarnier getroffen.</p>
          <p>&#x2014; Der Moniteur erschien heute mit dem Gesetz vom 11. Mai 1848 (Artikel 6 und 7 als Verweis gegen Changarnier) an der Spitze.</p>
          <p>&#x2014; Peuple, Revolution und Demokratie wurden schon wieder auf gerichtlichen Befehl wegen Beleidigung des Präsidenten der Republik weggenommen.</p>
          <p>&#x2014; Aus Versailles sind neue Truppen verschrieben, die uns die Eisenbahn bringt.</p>
          <p>&#x2014; Die Marseiller Blätter vom 8. Mai füllen sich mit römischen Details alle mehr oder weniger übertrieben.</p>
          <p>Zum Verständniß der heutigen Kammerstürme genügt folgende Depesche, die gestern Abend der Minister des Auswärtigen in der Nationalversammlung vorlas:</p>
          <p>Bericht des Obergenerals an den Minister des Auswärtigen in Paris.</p>
          <p>Hauptquartier Palo, 4. Mai 1849.</p>
          <p>Herr Minister. Wie ich Ihnen bereits anzuzeigen die Ehre hatte, setzte ich mich am 28. April in Marsch gegen Rom. Zwei Beweggründe bestimmten mich zu diesem Entschlusse. 1) Civita-Vecchia ist ein Punkt ohne Bedeutung; der freundliche Empfang, der mir und unseren Truppen dort zu Theil wurde, comprimirte sich sozusagen unter den Mauern Rom's und dann setzte ich mich der Gefahr aus, die römische Frage ohne die Frankreich gebührende Theilnahme gelöst zu sehen. 2) Kamen mir aus den sichersten Quellen Nachrichten zu die mich voraussetzen ließen, daß wir mit offnen Armen empfangen würden.</p>
          <p>Die Dinge haben sich aber ganz anders zugetragen; unsre Truppen, die am 30. April unter den Mauern Roms eintrafen, wurden mit Kartätschen empfangen und ich habe nach einer starken Rekognoscirung und in Ermangelung regulären Belagerungsmaterials, unsere braven Truppen nicht länger einem hinter starken Mauern verschanzten Feinde entgegensetzen zu müssen geglaubt. Ich habe mein Hauptquartier in Palo errichtet; die Vorposten ziehen sich noch näher an Rom. Die 3. Brigade ist in Civita-Vecchia gelandet. Wir werden die Offensive wieder ergreifen und, seien Sie dessen sicher, in wenigen Tagen werden die Anarchisten, welche Rom in Schrecken halten (diese Stelle rief heftigen Widerspruch in der Nationalversammlung hervor) energische Züchtigung erhalten. Unsern Soldaten ist nichts vorzuwerfen als ein Exceß an Bravour. Ich bin aber fest entschlossen, ihren Eifer nicht in einem Barrikadenkriege zu compromettiren. Hegen Sie also keine Besorgniß über das definitive Resultat. Monsignore Balentini, den der Pabst als Gouverneur von Civita-Vecchia bezeichnete, ist hier eingetroffen und hat mir einen Brief vom Pabst eingehändigt, in dem ein anderer vom Kardinal Antonelli lag. Ich barg diesen Prälaten den Vorbehalt nicht, den ich mir selbst aufgelegt, wie nützlich, ja wie wesentlich es für das Interesse des heiligen Vaters sei, daß man mich als alleinigen Beurtheiler dessen, was möglich, lasse Monsignor Valentini schien die Considerationen die ich ihm auseinandersetzte, anzuerkennen und kehrt heute nach Gaëta zurück. Ich habe an Hrn. v. Roqueval geschrieben und ihn ersucht, Alles in Gaëta dafür aufzubieten, daß man mir Handlungsfreiheit lasse. Dieses ist um so nöthiger als man sich in Gaëta den größten Täuschungen über den Geist der Bevölkerungen hingiebt (Sensation.) Ich behaupte nicht daß dieser Geist dem gegenwärtigen Zustand der Dinge günstig sei, der nur dem Despotismus unter dem Schatten der rothen Fahnen gleicht, den eine aus Anarchisten aller Länder bestehende Faktion ausübt (Lärm) aber ich sage daß die Sympathieen für die gestürzte Regierung bei weitem weniger heiß sind als man dieß voraussetzt (Ah, Ah) man liebt Pius IX. persönlich, aber man scheut im Allgemeinen jede klerikale Regierung. Die neapolitanischen Truppen, die der König in Person befehligt, haben das römische Gebiet betreten. Man sagt, ihre Bestimmung sei, die Provinz Velletri zu besetzen Die Oestreicher sind noch in Massa, wenigstens versichert man mir das. Die Stadt Ancona ist von den Triumvirn in Kriegszustand erklärt worden. Diese Herren erheben für 60,000 Mann Kriegstruppen Steuern; ich weiß aber daß sie deren nicht mehr als 20,000 haben und darunter höchstens 6 bis 8000 Genueser und Lombarden, die allein als Kampfgeübte Soldaten gelten können. Ich bin u. s. w.</p>
          <p>(gez.) General Oudinot de Reggio.</p>
          <p><hi rendition="#g">Nachschrift</hi>. Pater Ventura, durch die Lage Roms erschreckt (!) hat diese Stadt so eben verlassen. In Palo angekommen, wünschte er mich im Namen der Triumvirn zu sprechen. Die H. H. Mazzini, Armellini und Saffi hatten ihn beauftragt, mir zu sagen: daß der Kampf vom 30. April nur ein Mißverständniß sein könne; daß es noch möglich sein könnte, die Dinge auszusöhnen, wenn ich einwilligte, eine neue Deklaration zu erlassen, die sich in klarer und bestimmter Weise dahin ausspreche, daß Frankreich den römischen Staaten keine Regierung aufdränge (Lärm). Ich habe dem Pater Ventura erwidert, daß ich die Absicht meines Gouvernements genügend enthüllt hätte; Absicht, die ganz liberal sei; und daß ich sicherlich nach dem was vorgefallen das Recht hätte; mich streng zu zeigen (Oh! Oh!), daß ich aber so wenig davon Gebrauch mache, daß ich jetzt noch bereit bin, in Rom als Freund einzuziehen, als Vermittler zwischen Anarchie und Despotismus, der auf der Bevölkerung lastet (heftige Unterbrechung zur Linken). Ich fügte hinzu, daß ich also handelnd im wahrhaften Interesse des römischen Volkes zu handeln glaubte.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Drouyn de Lhuys,</hi> Minister, fuhr nach Verlesung dieser Depeschen fort: &#x201E;Dieser Depesche lag noch ein Privatbrief bei, der indessen wenig Neues bietet. Die Stellen, die Sie interessiren können, lauten: &#x201E;Ich habe nichts privatim der Depesche beizufügen. Die Lage ist ohne Zweifal komplicirt; aber ich bin überzeugt, daß sie sich nur unter der Fahne Frankreichs aufhellen wird. Es war unmöglich, sie nicht unter den obwaltenden Umständen hier zu entfalten, denn der Kampf, an dem wir Theil nehmen, ist ein Kampf der Civilisation gegen die Barbarei.&#x201C; (Lärm zur Linken).</p>
          <p>&#x2014; <hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 11. Mai. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast.</p>
          <p>Große Agitation. Die Wache ist um zwei Bataillone verstärkt. Auf allen Gesichtern viel Spannung. Wir horen, daß sich ein Stimmführer der Linken (alte Nationalpartei) mit dem Berge dahin geeinigt: 1. den Changarnier vor die Schranken der Versammlung zu fordern; 2. die Wahlschlacht hinauszuschieben; 3. die romische Republik anzuerkennen.</p>
          <p>Alle Posten in der Stadt sind verdoppelt; neue Regimenter langen an. Die ganze Nacht waren die Säle des Prasidialhauses erleuchtet.</p>
          <p>Im Augenblicke der Sitzungseröffnung vertheilt man die Anträge auf Anklage gegen den Präsidenten und die Minister.</p>
          <p>An der Tagesordnung befindet sich zunachst ein Gesetzentwurf, der die Zölle unterdrückt, welche die Schiffe beim Einfahren in die Bassins von Havre und Larochelle zahlen mussen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Lerembourre</hi> bekämpft den Entwurf. (Links ungeduldig: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!)</p>
          <p>Der Gesetzentwurf wird angenommen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Ledru-Rollin:</hi> Die Sitzung ist seit zwanzig Minuten eröffnet und die Minister sind noch nicht auf ihren Plätzen. Die Versammlung kann nicht warten. Ich trage darauf an, die Minister holen zu lassen und inzwischen die Debatte über Italien zu beginnen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Marrast:</hi> Man benachrichtigt mich, daß die Minister Rath halten, Sie werden binnen wenigen Minuten kommen. Ich schlage vor, die Sitzung auf so lange zu suspendiren.</p>
          <p>Die Sitzung wird suspendirt.</p>
          <p>Die Minister erscheinen und setzen sich auf ihre Bänke.</p>
          <p>Die Sitzung wird wieder eröffnet.</p>
          <p><hi rendition="#g">Ledru-Rollin</hi> beginnt die Reihe. Seit gestern, sagt er, hat die italienisch Frage durch Mittheilung der Depeschen neue Umrisse gewonnen. Diese Depeschen enthüllen endlich die Fäden, welche die Expedition leiten; sie legen den Unterschied des Benehmens dar, das man auf römischen Boden und uns gegenüber beobachtet; sie verrathen den Plan einer vollständig organisirten Contrerevolution. Als Sie den Kredit votirten, versprach man Ihnen ausdrücklich, daß sich die Expeditionsarmee nur in der Entfernung von Rom halte, daß sie nur im Interesse der römischen Freiheit und im Gegensatze zur östreichisch-neapolitanischen Restauration angewandt werden solle. In diesem Glauben votirten Sie die Kriegsgelder. Was geschieht aber statt dessen? Kaum in Civita-Vecchia angelangx, erläßt der Obergeneral eine Proklamation, deren Inhalt uns Alle mit Entrüstung erfüllte. Dann marschirt er ohne Verzug nach Rom. Hatte ihn Rom gerufen? Sie wissen das Gegentheil. Man möchte uns glauben machen, daß ihn zwei Triumvirn herbeiriefen. Aber auch die ist falsch; denn die größte Einigkeit herrscht unter den Triumvirn Man schützt ferner vor, daß man noch ausführlichere Berichte abwarten müsse Dies kann nicht zugeben werden, denn so gut Privatberichte den Weg von Rom nach Paris finden, können ihn die amtlichen auch finden. Ich besitze hier zwei Briefe von Offizieren des Expeditionscorps (Bewegung), die mir beweisen, daß unsere Verluste bedeutender, als dies die amtlichen Depeschen errathen lassen; sie beweisen, daß der Obergeneral die Truppen belog, um sie zum Kampfe zu treiben. (Sensation.) Jawohl, er ließ ihnen melden, daß die Neapolitaner Rom besetzt hielten und darin hausten, daß sie also die Neapolitaner schlagen sollten (Allgemeines Erstaunen) Auf diese Weise gelang es, Republikaner gegen Republikaner zu hetzen. (Agitation.) Ich sprach Ihnen von geheimen Fäden, welche die Männer untereinander verknüpften, die die Expedition leiten. Wohlan, ich lege Ihnen hiermit ein Dokument vor, an dessen Echtheit ich kaum glauben wollte. Es ist dies ein Tagesbefehl der Armee mit dem beruchtigten Briefe Bonaparte's, worin das Verfahren Oudinots zum Hohne der National-Versammlung gelobt und ihm die Verstärkungen versprochen werden. (Der Redner liest den vorgestrigen Tagesbefehl Changarniers an die erste Militärdivision vor.) Bürger! wenn Ihr Männer seid, wenn Ihr das französische Volk diese große Nation, wirklich vertretet, dann werdet Ihr diesen Schimpf nicht hinnehmen! Die Republik ist verrathen.&#x2026; Es besteht nach Innen und Außen, ich weiß nicht alles mit welchen arristokratischen Mächten, ein geheimer Pakt, der den Sturz der Republik und die Aufwärmung, ich weiß nicht welch kaiserl. Systems zum Zweck hat. Ich rufe Ihnen zu: Die Verfassung ist verletzt; die Minister sind im Verrath solidarisch, sonst hätten sie ihre Aemter niedergelegt. (Stürmischer Beifall vom Berge.) Die National-Versammlung muß sofort zur Anerkennung der Republik in Rom schreiten, (Lärm zur Rechten), so wie zur Berathung über Bestrafung der Verfassungsbrecher. (Gährung):</p>
          <p><hi rendition="#g">Barrot</hi>. Der Augenblick ist zu ernst, um die Zeit in hohlen Worten zu verlieren. In Folge eines Unfalls unter den Mauern Roms verlangen Sie die Anerkennung der römischen Republik. Das wäre eine Feigheit. (Stimmen links: Zur Ordnung den Minister! Man beschimpft uns zu arg! Wie? In so wichtigen Augenblicken wollen Sie der Vertheidigung das Wort nehmen? Es scheint, er sucht Vorwände zur Gewalt. (Clement Thomas: Das sollen Sie erfahren!) Man ruft: on verra, nun gut, auch wir rufen on verra! (Clement Thomas: Ich sagte, Ihre contrerevolutionäre Politik führt zum Bürgerkriege, und dann sollen Sie sehen!) Zum Bürgerkriege am Vorabend der Generalwahlen. Bürgerkrieg beim allgemeinen Stimmrecht. Bürgerkrieg, und wer soll und will darin gewinnen? Bürgerkrieg, den können nur diejenigen wünschen, welche die Gewalt dem Rechte vorziehen. Der Minister entwirft ein düsteres Bild vom Bürgerkriege.) Was den Brief betrifft, so habe ich ja schon erklärt daß es kein Kabinetsakt ist. (Vom Berge: Warum, aber ein dynastischer Akt!) Man verlangt, daß wir unsere Politik in Bezug auf Italien ändern. Unsere Politik ist noch dieselbe, die sie war als unser Corps nach Civita-Vecchia fuhr. Ich will und kann die römische Republik nicht anerkennen, mich nicht mit ihr solidarisiren; aber ich will nicht, daß der Fremde, der Neapolitaner und Oesterreicher, in Rom einziehe. (Ah! Ah!) Wie können wir mit einer Regierung in Unterhandlung treten, die uns mit Kanonenschüssen empfing. (Lärm!) Wir bleiben bei unserem Entschlusse und wünschen, daß es auch die Versammlung bleiben möge.</p>
          <p><hi rendition="#g">Clement Thomas</hi> widerlegt den Minister und weis't die contrerevolutionäre Stellung des Kabinets und aller Restauration seit 40 Jahren nach. Was ihn befremde sei, daß Barrot die Contrerevolution seit 40 Jahren selbst bekämpft habe, und nun selbst contrerevolutionär geworden.</p>
          <p><hi rendition="#g">Jules Favre</hi> nimmt das Wort und hält eine lange Rede. Die Rechte, namentlich Taschereau unterbricht ihn mit solcher Heftigkeit und so häufig, daß er sie unzähligemale wiederholen muß. Der Tumult wächst außerordentlich. Favre will Briefe und Aktenstücke aus Rom verlesen, was die Rechte nicht zugeben will. Sie weint und schreit, daß sie mit Weibergeschwätz (Fürstin Belgiojoto) nichts zu schaffen haben will. Der Lärm wird immer wüthender.</p>
          <p><hi rendition="#g">Manuel</hi> verlangt das Wort über das Reglement Ihm zufolge dürften nur Privatpapiere mit Genehmigung des Hauses gelesen werden. Die Papiere, die der Redner lesen wolle, rühren von einem fremden Minister her. Es verräth falsche verleumderische Darstellung. Ich protestire dagegen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Jules Favre</hi> gelingt es, trotz der Protestation Manuels seine römischen Berichte vorzulesen. Aus ihm geht hervor, daß die oberen Theile der Peterskirche starke Kugelspuren tragen. Mehrere Kugeln seien gesammelt worden, und man habe darauf geschrieben: &#x201E;Huldigung der Französischen Papisten an die Römische Republik am 30. April 1849.&#x201C; Diese Kugeln seien ausgestellt &#x2025;&#x2026; Favre trägt schließlich auf exemplarische Bestrafung Changarniers an, und daß die Versammlung erkläre, die Minister hätten ihr Vertrauen verloren. (Agitation.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Tracy,</hi> Marineminister, protestirt gegen diese Beschimpfung der französischen Armee. Uebrigens unterwirft er sich dem Votum des Hauses.</p>
          <p><hi rendition="#g">Leflot,</hi> General, protestirt ebenfalls gegen diese Schmach eines französischen Armee-Corps.</p>
          <p><hi rendition="#g">Dupont</hi> (Bässac). Frankreichs Rolle sei eine vermittelnde gewesen, keine angreifende. So habe sie die Versammlung verstanden. Er greift das Ministerium darum wegen seiner Gegenhandlungsweise scharf an. (Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!)</p>
          <p>Rechts mit Sturm: Einfache Tagesordnung!</p>
          <p>Die einfache Tagesordnung wird mit 329 gegen 292 Stimmen ausgesprochen. (Napoleon Bonaparte stimmte dagegen.</p>
          <p>So wäre denn die Debatte vorläufig eingestellt. Rom ist noch nicht anerkannt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Marrast</hi> liest die Anklage gegen General Forest vor und läßt zur Abstimmung schreiten: ob sie an den Ausschuß zur Begutachtung zu überreichen?</p>
          <p>Wird an die Abtheilung verwiesen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Marrast</hi> liest die Anklage gegen Präsident und die Minister vor, um zu wissen, ob auch diese Klage in Betracht gezogen wird? (Tumult)</p>
          <p>Wird verworfen und die Sitzung um 6 1/2 Uhr geschlossen.</p>
          <p>Changarniers-Anklage kömmt morgen an die Reihe.</p>
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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 11. Mai.</head>
          <p>Also immer noch keine Revolution in Paris? Die Franzosen wollen also immer noch nicht losbrechen, ungeachtet dieses unendlichen Brennstoffes, der in Paris angehäuft ist? Sind denn die Franzosen Deutsche geworden, daß sie sich alle diese Schmach, den Verrath Napoleon's, den Verrath des Ministeriums, die Verhaftungen der besten Demokraten und die Verfolgungen der demokratischen Presse gefallen lassen? Und wann werden dann endlich die Franzosen zur Revolution schreiten? &#x2014; Zur Revolution schreiten! Eine Revolution machen! der Revolution die Zeit des Ausbruches festsetzen! Als wenn das nicht Alles schon vorbei wäre! Und als wenn die Revolution nicht schon in vollem Zuge wäre! Was gerade den jetzigen Augenblick, den jetzigen Kampf, die jetzige Revolution von allen frühern unterscheidet, ist eben, daß sie schon ausgebrochen ist, ohne daß die Leute, die sie hervorrufen, die geringste Ahnung davon haben.</p>
          <p>Während man, der alten Tradition gemäß, daran hält, die Revolution proklamiren zu wollen, hat die Revolution selbst schon sich Bahn gebrochen in alle Kreise, in alle Classen. Denkt man etwa, daß der Sturz Napoleon's und des Ministeriums die Aera der neuen Revolution beginnen soll, wie der Sturz Louis Philipp's die Revolution des vorigen Jahres inaugurirt habe? Wenn dem so wäre so könnte man sagen: die Revolution ist da: Napoleon und Barrot sitzen nur noch als Leichen an der Regierung. Aber nein: dieses Mal handelt es sich um ganz andere Dinge, es handelt sich um den Sturz der ganzen Bourgeoisie, um den Sturz der Geldherrschaft, des Capitals, und wer bekümmert sich da um bloße Säcke, wie Napoleon und Barrot?</p>
          <p>Wie gesagt: die Revolution hat begonnen; der geringste Stoß, und Napoleon fällt um. Während die Bourgeoisie sich noch über die Kandidatenliste streitet, während Bonapartisten Orleanisten und Orleanisten sich gegenseitig in List übertreffen, um diesen oder jenen Kandidaten aus der Liste auszumerzen, während die größte Zwietracht im Lager der Poitieristen herrscht, gruppirt sich das Volk immer stärker, immer mächtiger um ihre Führer herum, die es von der
</p>
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</TEI>
[1693/0003] wird, um Krawall herbeizuführen; man will sogar schon Soldaten n Civilkleidern entdeckt haben, die nur allein darauf ausgehen, wie sich immer Gelegenheit darbietet, Streitigkeiten anzuzetteln. München, 8, Mai Dem „Fr. J.“ wird geschrieben: Die königliche Familie berathschlagte gestern in einem abgehaltenen Familienrathe die zu treffenden Maßregeln, im Falle in Baiern dieselben Ereignisse eintreten sollten, wie in Sachsen. In Folge dessen sollen heute in aller früh zwei mit Kostbarkeiten und andern Effekten beladene Wagen nach der Festung Ingolstadt abgegangen sein. Die dortigen Kasematten enthalten eigene Gemächer zur Aufbewahrung dieser Schätz.e Der Befehl zur Einberufung sämmtlicher beurlaubten Soldaten ist wegen der besonders unter dem Landvolk entstandenen Aufregung einstweilen zurückgenommen. Freiburg, 9. Mai. Nachdem gestern der Fickler-Bornstedtsche Prozeß beendet war, begann bereits heute schon das gerichtliche Verfahren gegen fünf andere der Theilnahme an dem Septemberaufstand Angeklagte, nämlich: Baumann aus Lahr, Landgut und Schnepf aus Efrigen, Lefebre aus Berlin und Meyer, Professor aus Rom. Nach Konstituirung des Gerichtshofes begann das Zeugenverhör, das kein großes Interesse darbot und mit welchem in morgiger Sitzung fortgefahren wird. Neustadt, a. d. H, 9. Mai, Mittags 2 Uhr. So eben langt eine Estaffette von Landau an, welche die Kunde von einem großen Aufstande in Landau brachte, wobei 6 baierische Offiziere gefallen sind. Gestern Abend rückte das Bataillon badischer Infanterie und die Eskadron badischer Dragoner ein, welche sogleich mit den gastfreundlichen Bürgern gemeinschaftliche Sache machten. Dieses mißfiel den baierischen Offizieren. Aber statt auf die Bürger zu feuern, kehrte sich das baierische Militär gegen seine Führer. Der Gehorsam ist verweigert Eine Kaserne ist demolirt. Die Ordnung ist jedoch dadurch wieder hergestellt worden, daß die baierischen und badischen Soldaten sich mit der Volkswehr vereinigten. Stündlich langen baierische Soldaten an, die entweder nach Hause gehen oder sich zu der Volkswehr begeben. Mittags 5 Uhr. Der Generalmarsch hat sämmtliche Mannschaft dahier zusammenberufen. Der neue Kommandant, welcher sogleich in Aktivität treten soll, ist der Oberlieutenant Strasser aus Wien. Auf der betreffenden Zuschrift ist Fenner von Fenneberg als Generalissimus des Hauptquartiers und als Schriftführer Dr. Hepp von hier unterschrieben. Alle Befehle gehen von Kaiserslautern aus. Die aus 5 Mitgliedern bestehende Kommission nennt sich nun auf Antrag des Reichskommissärs: „Landesausschuß zur Vertheidigung der deutschen Verfassung.“ Abends 6 Uhr. Vierhundert Mann Bürgerwehr, Scharfschützen und Sensenmänner, als Freischaaren, sind beordert worden das Thal zu besetzen. Soeben ziehen sie gegen Kaiserslautern ab. (Fr. J) Kaiserslautern, 8. Mai. Ich theile Ihnen sogleich nachfolgendes wichtiges Aktenstück mit: „Bekanntmachung. Zur Sicherung der öffentlichen Zustände und zur Vermittelung der Verfassungsfrage in der Pfalz, im Namen der provisorischen Centralgewalt des deutschen Reichs und in Gemäßheit der Beschlüsse der deutschen Nationalversammlung vom 11. April und 4. Mai d. J. ist Folgendes festgesetzt: 1) Der am 2. Mai d. J. in den Personen der Parlamentsmitglieder Schüler, Reichard, Culmann und Schmitt, den Landtagsabgeordneten Dr. Greiner, Dr. Hepp, Dr. Hannitz, Notar Schmidt aus Kirchheimbolanden, Oekonom Didier von Landstuhl und Rechtskandidat Fries aus Frankenthal für die Pfalz gebildete Landesvertheidigungsausschuß wird als ein Landesausschuß für Vertheidigung und Durchführung der deutschen Reichsverfassung hiermit bestätigt; 2) der Landesausschuß ist berechtigt: a) alle ihm erforderlich scheinenden Maßregeln zur Vertheidigung der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz einzuleiten, insoweit sie nicht in die Befugnisse der zu Recht bestehenden Landesbehörden eingreifen, demnach insbesondere die Organisation der Volkswehr zu leiten und zu überwachen, b) denjenigen Volkswehren und Truppenabtheilungen, sowie denjenigen Landesbeamten in der Pfalz, welche auf Grund der §§. 14 und 193 der deutschen Reichsverfassung die Vereidigung auf die Verfassung verlangen sollten, den Eid abzunehmen, c) gegen gewaltsame Angriffe auf die Reichsverfassung in der Pfalz äußersten Falls selbstständig einzuschreiten; 6) der Landesausschuß hat seinen Sitz in Kaiserslautern; fünf anwesende Mitglieder desselben sind beschlußfähig; 4) der Landesausschuß besteht bis zu vollständiger Durchführung der deutschen Reichsverfassung in der Pfalz; 5) durch die in §. 2 dem Landesausschusse ertheilten Befugnisse sind alle bis heute von dem Landesvertheidigungsausschuß gefaßten Beschlüsse, soweit sie diesen Befugnissen zuwiderlaufen, hiermit aufgehoben. Kaiserslautern, den 7. Mai 1849. Eisenstuck. Bevollmächtigter der prov. Centralgewalt für die Pfalz.“ 317 Wiesbaden, 11. Mai. In unserm Lande herrscht eine entschieden demokratische Gesinnung, die sich gewiß durch die That bewähren würde, fehlte es nicht an Männern, die im Stande wären, einer Bewegung Plan und Ziel zu geben. So entschieden die Gesinnung im Volke ist, so unentschieden ist die Gesinnung derjenigen, welche an der Spitze der Vereine und (besonders in letzter Zeit) der zahlreichen Volksversammlungen stehen. In den Aemtern Jostein und Uüngen stehen Hunderte von rüstigen jungen Männern da, welche nur den ersten Ruf abwarten, um dreinzuschlagen. In Wiesbaden selbst, wo sich der Vorort der demokratischen Vereine befindet, besteht die Mehrzahl der Demokraten in rath- und thatlosen Spießbürgern und Schreiern. Die Wiesbadener Demokratie ist aus der Verlegung der Residenz Sr. kleinrussischen Hoheit von hier nach Bieberich entstanden und wird verschwinden, wenn Se. Hoheit aus dem verrathenen Schleswig-Holstein zurückkehren werden, um von seinen Siegen auszuruhen. Ungarn. Preßburg, 8 Mai. Der Schauplatz des Krieges zieht sich immer mehr in unsere Nähe. Das Hauptquartier wird von Karlsburg heute hierher verlegt. Große Truppenmassen ziehen sich auf die Insel Schütt. Gestern kam eine Brigade vom jenseitigen Ufer. Auf der Sauheide, die sich von der Donau bis an das Gebirge erstreckt, werden Redouten und Schanzen der Länge nach aufgeworfen. In das Schloß wird fortwährend Geschütz abgeführt und alles gethan, um es haltbar zu machen. Gerüchte mannigfacher Art durchkreuzen sich. Bald heißt es, Se. Majestät komme heute an, bald, es werde im Schloßhof ein Fürstenkongreß zusammenkommen. Man ist hier in großer Angst, was aus der Stadt werden kann, wenn sich das Gefecht in die Nähe zieht. Die Magyaren sind in Szerdahely; aus Somerein sind sie wieder abgezogen. (Ostd. Post.) Französische Republik. Paris, 11. Mai. Die Aufregung der Stadt ist unbeschreiblich. In den Straßen hört man nur der Ruf: Anklage gegen den Präsidenten! Anklage gegen die Minister! Anklage gegen Changarnier! während die Tausend rothe, grüne, gelbe und graue Plakate, alle Fußgänger unwillkührlich zu Gruppen anhalten. Die Bewegung gleicht dem unterirdischen Getöse eines bald losbrechenden Vulkans. — Um die Nationalversammlung sind große militärische Vorsichtsmaßregeln von Marrast, nicht von Changarnier getroffen. — Der Moniteur erschien heute mit dem Gesetz vom 11. Mai 1848 (Artikel 6 und 7 als Verweis gegen Changarnier) an der Spitze. — Peuple, Revolution und Demokratie wurden schon wieder auf gerichtlichen Befehl wegen Beleidigung des Präsidenten der Republik weggenommen. — Aus Versailles sind neue Truppen verschrieben, die uns die Eisenbahn bringt. — Die Marseiller Blätter vom 8. Mai füllen sich mit römischen Details alle mehr oder weniger übertrieben. Zum Verständniß der heutigen Kammerstürme genügt folgende Depesche, die gestern Abend der Minister des Auswärtigen in der Nationalversammlung vorlas: Bericht des Obergenerals an den Minister des Auswärtigen in Paris. Hauptquartier Palo, 4. Mai 1849. Herr Minister. Wie ich Ihnen bereits anzuzeigen die Ehre hatte, setzte ich mich am 28. April in Marsch gegen Rom. Zwei Beweggründe bestimmten mich zu diesem Entschlusse. 1) Civita-Vecchia ist ein Punkt ohne Bedeutung; der freundliche Empfang, der mir und unseren Truppen dort zu Theil wurde, comprimirte sich sozusagen unter den Mauern Rom's und dann setzte ich mich der Gefahr aus, die römische Frage ohne die Frankreich gebührende Theilnahme gelöst zu sehen. 2) Kamen mir aus den sichersten Quellen Nachrichten zu die mich voraussetzen ließen, daß wir mit offnen Armen empfangen würden. Die Dinge haben sich aber ganz anders zugetragen; unsre Truppen, die am 30. April unter den Mauern Roms eintrafen, wurden mit Kartätschen empfangen und ich habe nach einer starken Rekognoscirung und in Ermangelung regulären Belagerungsmaterials, unsere braven Truppen nicht länger einem hinter starken Mauern verschanzten Feinde entgegensetzen zu müssen geglaubt. Ich habe mein Hauptquartier in Palo errichtet; die Vorposten ziehen sich noch näher an Rom. Die 3. Brigade ist in Civita-Vecchia gelandet. Wir werden die Offensive wieder ergreifen und, seien Sie dessen sicher, in wenigen Tagen werden die Anarchisten, welche Rom in Schrecken halten (diese Stelle rief heftigen Widerspruch in der Nationalversammlung hervor) energische Züchtigung erhalten. Unsern Soldaten ist nichts vorzuwerfen als ein Exceß an Bravour. Ich bin aber fest entschlossen, ihren Eifer nicht in einem Barrikadenkriege zu compromettiren. Hegen Sie also keine Besorgniß über das definitive Resultat. Monsignore Balentini, den der Pabst als Gouverneur von Civita-Vecchia bezeichnete, ist hier eingetroffen und hat mir einen Brief vom Pabst eingehändigt, in dem ein anderer vom Kardinal Antonelli lag. Ich barg diesen Prälaten den Vorbehalt nicht, den ich mir selbst aufgelegt, wie nützlich, ja wie wesentlich es für das Interesse des heiligen Vaters sei, daß man mich als alleinigen Beurtheiler dessen, was möglich, lasse Monsignor Valentini schien die Considerationen die ich ihm auseinandersetzte, anzuerkennen und kehrt heute nach Gaëta zurück. Ich habe an Hrn. v. Roqueval geschrieben und ihn ersucht, Alles in Gaëta dafür aufzubieten, daß man mir Handlungsfreiheit lasse. Dieses ist um so nöthiger als man sich in Gaëta den größten Täuschungen über den Geist der Bevölkerungen hingiebt (Sensation.) Ich behaupte nicht daß dieser Geist dem gegenwärtigen Zustand der Dinge günstig sei, der nur dem Despotismus unter dem Schatten der rothen Fahnen gleicht, den eine aus Anarchisten aller Länder bestehende Faktion ausübt (Lärm) aber ich sage daß die Sympathieen für die gestürzte Regierung bei weitem weniger heiß sind als man dieß voraussetzt (Ah, Ah) man liebt Pius IX. persönlich, aber man scheut im Allgemeinen jede klerikale Regierung. Die neapolitanischen Truppen, die der König in Person befehligt, haben das römische Gebiet betreten. Man sagt, ihre Bestimmung sei, die Provinz Velletri zu besetzen Die Oestreicher sind noch in Massa, wenigstens versichert man mir das. Die Stadt Ancona ist von den Triumvirn in Kriegszustand erklärt worden. Diese Herren erheben für 60,000 Mann Kriegstruppen Steuern; ich weiß aber daß sie deren nicht mehr als 20,000 haben und darunter höchstens 6 bis 8000 Genueser und Lombarden, die allein als Kampfgeübte Soldaten gelten können. Ich bin u. s. w. (gez.) General Oudinot de Reggio. Nachschrift. Pater Ventura, durch die Lage Roms erschreckt (!) hat diese Stadt so eben verlassen. In Palo angekommen, wünschte er mich im Namen der Triumvirn zu sprechen. Die H. H. Mazzini, Armellini und Saffi hatten ihn beauftragt, mir zu sagen: daß der Kampf vom 30. April nur ein Mißverständniß sein könne; daß es noch möglich sein könnte, die Dinge auszusöhnen, wenn ich einwilligte, eine neue Deklaration zu erlassen, die sich in klarer und bestimmter Weise dahin ausspreche, daß Frankreich den römischen Staaten keine Regierung aufdränge (Lärm). Ich habe dem Pater Ventura erwidert, daß ich die Absicht meines Gouvernements genügend enthüllt hätte; Absicht, die ganz liberal sei; und daß ich sicherlich nach dem was vorgefallen das Recht hätte; mich streng zu zeigen (Oh! Oh!), daß ich aber so wenig davon Gebrauch mache, daß ich jetzt noch bereit bin, in Rom als Freund einzuziehen, als Vermittler zwischen Anarchie und Despotismus, der auf der Bevölkerung lastet (heftige Unterbrechung zur Linken). Ich fügte hinzu, daß ich also handelnd im wahrhaften Interesse des römischen Volkes zu handeln glaubte.“ Drouyn de Lhuys, Minister, fuhr nach Verlesung dieser Depeschen fort: „Dieser Depesche lag noch ein Privatbrief bei, der indessen wenig Neues bietet. Die Stellen, die Sie interessiren können, lauten: „Ich habe nichts privatim der Depesche beizufügen. Die Lage ist ohne Zweifal komplicirt; aber ich bin überzeugt, daß sie sich nur unter der Fahne Frankreichs aufhellen wird. Es war unmöglich, sie nicht unter den obwaltenden Umständen hier zu entfalten, denn der Kampf, an dem wir Theil nehmen, ist ein Kampf der Civilisation gegen die Barbarei.“ (Lärm zur Linken). — National-Versammlung. Sitzung vom 11. Mai. Anfang 1 Uhr. Präsident Marrast. Große Agitation. Die Wache ist um zwei Bataillone verstärkt. Auf allen Gesichtern viel Spannung. Wir horen, daß sich ein Stimmführer der Linken (alte Nationalpartei) mit dem Berge dahin geeinigt: 1. den Changarnier vor die Schranken der Versammlung zu fordern; 2. die Wahlschlacht hinauszuschieben; 3. die romische Republik anzuerkennen. Alle Posten in der Stadt sind verdoppelt; neue Regimenter langen an. Die ganze Nacht waren die Säle des Prasidialhauses erleuchtet. Im Augenblicke der Sitzungseröffnung vertheilt man die Anträge auf Anklage gegen den Präsidenten und die Minister. An der Tagesordnung befindet sich zunachst ein Gesetzentwurf, der die Zölle unterdrückt, welche die Schiffe beim Einfahren in die Bassins von Havre und Larochelle zahlen mussen. Lerembourre bekämpft den Entwurf. (Links ungeduldig: Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!) Der Gesetzentwurf wird angenommen. Ledru-Rollin: Die Sitzung ist seit zwanzig Minuten eröffnet und die Minister sind noch nicht auf ihren Plätzen. Die Versammlung kann nicht warten. Ich trage darauf an, die Minister holen zu lassen und inzwischen die Debatte über Italien zu beginnen. Marrast: Man benachrichtigt mich, daß die Minister Rath halten, Sie werden binnen wenigen Minuten kommen. Ich schlage vor, die Sitzung auf so lange zu suspendiren. Die Sitzung wird suspendirt. Die Minister erscheinen und setzen sich auf ihre Bänke. Die Sitzung wird wieder eröffnet. Ledru-Rollin beginnt die Reihe. Seit gestern, sagt er, hat die italienisch Frage durch Mittheilung der Depeschen neue Umrisse gewonnen. Diese Depeschen enthüllen endlich die Fäden, welche die Expedition leiten; sie legen den Unterschied des Benehmens dar, das man auf römischen Boden und uns gegenüber beobachtet; sie verrathen den Plan einer vollständig organisirten Contrerevolution. Als Sie den Kredit votirten, versprach man Ihnen ausdrücklich, daß sich die Expeditionsarmee nur in der Entfernung von Rom halte, daß sie nur im Interesse der römischen Freiheit und im Gegensatze zur östreichisch-neapolitanischen Restauration angewandt werden solle. In diesem Glauben votirten Sie die Kriegsgelder. Was geschieht aber statt dessen? Kaum in Civita-Vecchia angelangx, erläßt der Obergeneral eine Proklamation, deren Inhalt uns Alle mit Entrüstung erfüllte. Dann marschirt er ohne Verzug nach Rom. Hatte ihn Rom gerufen? Sie wissen das Gegentheil. Man möchte uns glauben machen, daß ihn zwei Triumvirn herbeiriefen. Aber auch die ist falsch; denn die größte Einigkeit herrscht unter den Triumvirn Man schützt ferner vor, daß man noch ausführlichere Berichte abwarten müsse Dies kann nicht zugeben werden, denn so gut Privatberichte den Weg von Rom nach Paris finden, können ihn die amtlichen auch finden. Ich besitze hier zwei Briefe von Offizieren des Expeditionscorps (Bewegung), die mir beweisen, daß unsere Verluste bedeutender, als dies die amtlichen Depeschen errathen lassen; sie beweisen, daß der Obergeneral die Truppen belog, um sie zum Kampfe zu treiben. (Sensation.) Jawohl, er ließ ihnen melden, daß die Neapolitaner Rom besetzt hielten und darin hausten, daß sie also die Neapolitaner schlagen sollten (Allgemeines Erstaunen) Auf diese Weise gelang es, Republikaner gegen Republikaner zu hetzen. (Agitation.) Ich sprach Ihnen von geheimen Fäden, welche die Männer untereinander verknüpften, die die Expedition leiten. Wohlan, ich lege Ihnen hiermit ein Dokument vor, an dessen Echtheit ich kaum glauben wollte. Es ist dies ein Tagesbefehl der Armee mit dem beruchtigten Briefe Bonaparte's, worin das Verfahren Oudinots zum Hohne der National-Versammlung gelobt und ihm die Verstärkungen versprochen werden. (Der Redner liest den vorgestrigen Tagesbefehl Changarniers an die erste Militärdivision vor.) Bürger! wenn Ihr Männer seid, wenn Ihr das französische Volk diese große Nation, wirklich vertretet, dann werdet Ihr diesen Schimpf nicht hinnehmen! Die Republik ist verrathen.… Es besteht nach Innen und Außen, ich weiß nicht alles mit welchen arristokratischen Mächten, ein geheimer Pakt, der den Sturz der Republik und die Aufwärmung, ich weiß nicht welch kaiserl. Systems zum Zweck hat. Ich rufe Ihnen zu: Die Verfassung ist verletzt; die Minister sind im Verrath solidarisch, sonst hätten sie ihre Aemter niedergelegt. (Stürmischer Beifall vom Berge.) Die National-Versammlung muß sofort zur Anerkennung der Republik in Rom schreiten, (Lärm zur Rechten), so wie zur Berathung über Bestrafung der Verfassungsbrecher. (Gährung): Barrot. Der Augenblick ist zu ernst, um die Zeit in hohlen Worten zu verlieren. In Folge eines Unfalls unter den Mauern Roms verlangen Sie die Anerkennung der römischen Republik. Das wäre eine Feigheit. (Stimmen links: Zur Ordnung den Minister! Man beschimpft uns zu arg! Wie? In so wichtigen Augenblicken wollen Sie der Vertheidigung das Wort nehmen? Es scheint, er sucht Vorwände zur Gewalt. (Clement Thomas: Das sollen Sie erfahren!) Man ruft: on verra, nun gut, auch wir rufen on verra! (Clement Thomas: Ich sagte, Ihre contrerevolutionäre Politik führt zum Bürgerkriege, und dann sollen Sie sehen!) Zum Bürgerkriege am Vorabend der Generalwahlen. Bürgerkrieg beim allgemeinen Stimmrecht. Bürgerkrieg, und wer soll und will darin gewinnen? Bürgerkrieg, den können nur diejenigen wünschen, welche die Gewalt dem Rechte vorziehen. Der Minister entwirft ein düsteres Bild vom Bürgerkriege.) Was den Brief betrifft, so habe ich ja schon erklärt daß es kein Kabinetsakt ist. (Vom Berge: Warum, aber ein dynastischer Akt!) Man verlangt, daß wir unsere Politik in Bezug auf Italien ändern. Unsere Politik ist noch dieselbe, die sie war als unser Corps nach Civita-Vecchia fuhr. Ich will und kann die römische Republik nicht anerkennen, mich nicht mit ihr solidarisiren; aber ich will nicht, daß der Fremde, der Neapolitaner und Oesterreicher, in Rom einziehe. (Ah! Ah!) Wie können wir mit einer Regierung in Unterhandlung treten, die uns mit Kanonenschüssen empfing. (Lärm!) Wir bleiben bei unserem Entschlusse und wünschen, daß es auch die Versammlung bleiben möge. Clement Thomas widerlegt den Minister und weis't die contrerevolutionäre Stellung des Kabinets und aller Restauration seit 40 Jahren nach. Was ihn befremde sei, daß Barrot die Contrerevolution seit 40 Jahren selbst bekämpft habe, und nun selbst contrerevolutionär geworden. Jules Favre nimmt das Wort und hält eine lange Rede. Die Rechte, namentlich Taschereau unterbricht ihn mit solcher Heftigkeit und so häufig, daß er sie unzähligemale wiederholen muß. Der Tumult wächst außerordentlich. Favre will Briefe und Aktenstücke aus Rom verlesen, was die Rechte nicht zugeben will. Sie weint und schreit, daß sie mit Weibergeschwätz (Fürstin Belgiojoto) nichts zu schaffen haben will. Der Lärm wird immer wüthender. Manuel verlangt das Wort über das Reglement Ihm zufolge dürften nur Privatpapiere mit Genehmigung des Hauses gelesen werden. Die Papiere, die der Redner lesen wolle, rühren von einem fremden Minister her. Es verräth falsche verleumderische Darstellung. Ich protestire dagegen. Jules Favre gelingt es, trotz der Protestation Manuels seine römischen Berichte vorzulesen. Aus ihm geht hervor, daß die oberen Theile der Peterskirche starke Kugelspuren tragen. Mehrere Kugeln seien gesammelt worden, und man habe darauf geschrieben: „Huldigung der Französischen Papisten an die Römische Republik am 30. April 1849.“ Diese Kugeln seien ausgestellt ‥… Favre trägt schließlich auf exemplarische Bestrafung Changarniers an, und daß die Versammlung erkläre, die Minister hätten ihr Vertrauen verloren. (Agitation.) Tracy, Marineminister, protestirt gegen diese Beschimpfung der französischen Armee. Uebrigens unterwirft er sich dem Votum des Hauses. Leflot, General, protestirt ebenfalls gegen diese Schmach eines französischen Armee-Corps. Dupont (Bässac). Frankreichs Rolle sei eine vermittelnde gewesen, keine angreifende. So habe sie die Versammlung verstanden. Er greift das Ministerium darum wegen seiner Gegenhandlungsweise scharf an. (Zur Abstimmung! Zur Abstimmung!) Rechts mit Sturm: Einfache Tagesordnung! Die einfache Tagesordnung wird mit 329 gegen 292 Stimmen ausgesprochen. (Napoleon Bonaparte stimmte dagegen. So wäre denn die Debatte vorläufig eingestellt. Rom ist noch nicht anerkannt. Marrast liest die Anklage gegen General Forest vor und läßt zur Abstimmung schreiten: ob sie an den Ausschuß zur Begutachtung zu überreichen? Wird an die Abtheilung verwiesen. Marrast liest die Anklage gegen Präsident und die Minister vor, um zu wissen, ob auch diese Klage in Betracht gezogen wird? (Tumult) Wird verworfen und die Sitzung um 6 1/2 Uhr geschlossen. Changarniers-Anklage kömmt morgen an die Reihe. 12 Paris, 11. Mai. Also immer noch keine Revolution in Paris? Die Franzosen wollen also immer noch nicht losbrechen, ungeachtet dieses unendlichen Brennstoffes, der in Paris angehäuft ist? Sind denn die Franzosen Deutsche geworden, daß sie sich alle diese Schmach, den Verrath Napoleon's, den Verrath des Ministeriums, die Verhaftungen der besten Demokraten und die Verfolgungen der demokratischen Presse gefallen lassen? Und wann werden dann endlich die Franzosen zur Revolution schreiten? — Zur Revolution schreiten! Eine Revolution machen! der Revolution die Zeit des Ausbruches festsetzen! Als wenn das nicht Alles schon vorbei wäre! Und als wenn die Revolution nicht schon in vollem Zuge wäre! Was gerade den jetzigen Augenblick, den jetzigen Kampf, die jetzige Revolution von allen frühern unterscheidet, ist eben, daß sie schon ausgebrochen ist, ohne daß die Leute, die sie hervorrufen, die geringste Ahnung davon haben. Während man, der alten Tradition gemäß, daran hält, die Revolution proklamiren zu wollen, hat die Revolution selbst schon sich Bahn gebrochen in alle Kreise, in alle Classen. Denkt man etwa, daß der Sturz Napoleon's und des Ministeriums die Aera der neuen Revolution beginnen soll, wie der Sturz Louis Philipp's die Revolution des vorigen Jahres inaugurirt habe? Wenn dem so wäre so könnte man sagen: die Revolution ist da: Napoleon und Barrot sitzen nur noch als Leichen an der Regierung. Aber nein: dieses Mal handelt es sich um ganz andere Dinge, es handelt sich um den Sturz der ganzen Bourgeoisie, um den Sturz der Geldherrschaft, des Capitals, und wer bekümmert sich da um bloße Säcke, wie Napoleon und Barrot? Wie gesagt: die Revolution hat begonnen; der geringste Stoß, und Napoleon fällt um. Während die Bourgeoisie sich noch über die Kandidatenliste streitet, während Bonapartisten Orleanisten und Orleanisten sich gegenseitig in List übertreffen, um diesen oder jenen Kandidaten aus der Liste auszumerzen, während die größte Zwietracht im Lager der Poitieristen herrscht, gruppirt sich das Volk immer stärker, immer mächtiger um ihre Führer herum, die es von der

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 297. Köln, 13. Mai 1849. Zweite Ausgabe, S. 1693. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz297ii_1849/3>, abgerufen am 24.11.2024.