Neue Rheinische Zeitung. Nr. 297. Köln, 13. Mai 1849.des "Publicisten," Herrn Thiele, keine Mittheilungen zu machen, so unbedeutend sie auch sein mögen. Man ist nun begierig, was aus der unseligen weiland Berliner Bürgerwehr am Ende werden soll. Der 12. Mai ist der Tag, an welchem sie eigentlich reorganisirt werden müßte. Es scheint aber, daß man durchaus noch keine Anstalten für diesen Fall zu machen gedenkt. Früher hatte sich die konservative Partei an das Bürgerwehrgesetz geklammert, jetzt scheint es der letzte Anhaltspunkt der bewaffneten Demokraten werden zu wollen. Vielleicht wird es uns mit der Verfassung vom 5. Dezember nächstens ebenso gehen. Die Polizei macht sehr lebhaft Jagd auf die in den Bezirken herumgehende Adresse an die deutsche Nationalversammlung für Anerkennung der Verfassung vom 28. März. Berlin, 10. Mai. Es war gestern Nachmittag allgemein das Gerücht verbreitet, die Truppen würden aus Dresden-Altstadt herausgezogen und es solle dieselbe bombardirt werden. Diese erfreuliche Nachricht schien dadurch bestätigt zu sein, daß das Ministerium keine Kundmachung erscheinen ließ. Der Abendzug aber brachte die Nachricht von der Erstürmung (keineswegs Uebergabe) des noch vom Volke vertheidigten Stadttheils und den Adjudanten, der eine desfallsige Depesche dem Könige zu bringen hatte. -- Der Kampf wüthete am 8. Mai, dem fünften Kampfestag, ohne Unterbrechung und ohne daß die Truppen irgendwie Fortschritte gemacht hatten Es war im Gegentheil das Militär schon sehr ermüdet. Da kam Mittags das Füsilier-Bataillon des 24. Rgts. an und löste die ermüdeten Soldaten ab, welche Zeit erhielten, sich zu erfrischen. Der Kampf dauerte den ganzen Nachmittag und selbst die Nacht hindurch fort, da sich das Volk mit wahrhaft bewundernswerther Tapferkeit schlug. Gegen Morgen konnten die Soldaten vom Alexander-Regiment, neu gestärkt, wieder eintreten. Es wurde in der Altstadt selbst eingesehen, daß man sich nicht mehr halten könne. Das schwere Geschütz donnerte gegen die Eckhäuser, die Uebermacht wurde immer größer und das Militär bahnte sich einen langsamen, aber sichern Weg durch die Brandmauern der Häuser, da die Barrikaden faktisch nicht zu nehmen waren. Das Volk konnte nur noch den Kampf des ehrenvollen Untergangs führen. Dezu kam, daß gegen Morgen eine Proklamation des Königs von Sachsen erschien: "An die Altstadt!" in der dieselbe aufgefordert wurde, sich bis 6 Uhr auf Gnade und Ungnade zu ergeben, oder zu gewärtigen, daß man sie mit glühenden Kugeln beschieße. Wie bei allen Revolutionen, so traten auch hier durch die Bourgeoisie Verräthereien ein. Während der Kampf noch tapfer geführt wurde, drangen ein großer Theil der Bürger, der Stadtrath an der Spitze, auf die provisorische Regierung ein, zu kapituliren, ja die Angst für ihr Eigenthum machte sie so muthig, daß sie sich denen entgegenstellten, welche entschlossen waren, weiter zu kämpfen. So wurde z. B. die sehr gut befestigte und von Scharfschützen besetzte Kreuzkirche dadurch genommen, daß ein Theil ihrer Vertheidiger zuerst gegen die Bourgeoisie selbst sich richten mußte. Diese zog eine weiße Fahne auf, während die Schützen beim Herandringen der 12. Kompagnie 24er Feuer gaben. Doch trotz der tapfern Vertheidigung wurde die Kirche im Sturm erobert und Alles niedergemacht. Demungeachtet hatte die provisorische Regierung um 7 1/2 Uhr noch so viel Macht, daß sie 3 Meuterer (Dresdner Bourgeois) konnte erschießen lassen. Der Verrath und die Hindernisse im Innern der Altstadt dauerten aber fort und endlich wurde auch das Posthaus durch die 9. Kompagnie 24er erstürmt und alle Vertheidiger desselben erstochen. Der provisorischen Regierung blieb jetzt nur noch ein fester Punkt, das Rathhaus, sie beschloß daher, nachdem die Post in die Hände der Feinde gefallen war, sich kämpfend gegen den Plauen'schen Grund zurückzuziehen, und sich wo möglich mit dem noch übrigen Theil der Freischaaren nach Freiberg und dem Gebirge durchzuschlagen. Dieser Rückzug wurde durch die noch nicht genommenen Theile der Altstadt und besonders durch das stark verbarrikadirte Rathhaus gedeckt, während die Dresdener Bürger unterhandelten. Endlich rückten wieder 24er gegen das Rathhaus. Die Scharfschützen in demselben ließen sie nahe herankommen und gaben alsdann eine wohlgezielte Salve. Das Militär wich zurück und ließ etwa 15 schwer Verwundete und Todte auf dem Platz. Nun zogen sich die Schützen aus dem Rathhause und die 24er erstürmten es ohne Widerstand. Damit war Dresden gefallen. Die provisorische Regierung und ein großer Theil der Freischaaren sind nach Freiberg entkommen. Tzschirner hat den größten Muth bewiesen, im dichtesten Kugelregen begeisterte er die Kämpfer des Volkes. Die Stadt hat also 8 Tage lang fast ununterbrochen gekämpft. Das sächsische Revolutionsdrama aber ist noch nicht zu Ende, und wir werden einen Krieg erleben, wie es höchstens der Bauernkrieg im 16. Jahrhundert gewesen ist. 61 Breslau, 9. Mai. Da die Waffenablieferung bis gestern Abend sehr unvollständig erfolgt war, so setzten sich die preußischen Mordhorden abermals in Bewegung und durchziehen noch bis zu diesem Augenblicke die Straßen der Stadt. Sichtlich schien es gestern Abend darauf abgesehen, neue Schlächtereien zu verüben, und es ist nächst der Friedrichs-Brücke gegen 10 Uhr wirklich wieder geschossen worden. Indessen fühlt das Volk immer mehr, daß es in eine kontrerevolutionäre Falle gegangen ist, und sucht seinen Ingrimm einstweilen zu verbeißen. Obschon von der feigen Bourgeoisie, die im entscheidenden Augenblicke stets auf Seite des Absolutismus steht, die Waffen bereitwillig abgeliefert werden, so wird diese Ablieferung im Allgemeinen doch jedenfalls sehr unvollständig bleiben. Man hört immer neue Details von den Räuberthaten des 23. Regiments. Diese Banditen sollen selbst die Kroaten im Stehlen übertroffen haben. Einem Kaufmanne in der Ahlauerstraße haben sie den ganzen Laden geplündert und die Kasse entwendet, so daß er ein ruinirter Mann geworden ist. Gestern Abend trafen Landwehrbataillons hier ein und wurden bei den "guten Bürgern" untergebracht. Ihre Bestimmung ist die östreichische Grenze. Unter der Firma des jugendlichen Tamerlan führt gegenwärtig schon Nikolaus den Oberbefehl über die östreichische Armee in Ungarn. Auch Welden ist bei Seite gedrückt worden. Die Sachsen werden dadurch, daß sie von den preußischen Mördern zusammengehauen werden, diejenige Energie bekommen, die ihnen bisheran gefehlt hat, sie werden ihre Bourgeoisie kennen lernen. Kossuth zeigt uns täglich, daß die Armeen des Despotismus nur durch Armeen der Freiheit geschlagen werden können, und wir wollen wünschen, daß die Süddeutschen und Rheinländer diese Lehre bald durch Revolutionsarmeen in der Pfalz und Westphalen bethätigen. 12 Breslau, 10. Mai. Von den Vorgängen der letzten Tage sind Sie jedenfalls unterrichtet. Doch dürften Ihnen einige Einzelnheiten nicht uninteressant sein. Die Stimmung der letzten Woche war eine äußerst erregte. Daß etwas geschehen werde und müsse, davon waren alle überzeugt, obgleich das Wie Keinem klar war. Dieses Schwanken, diese Unentschlossenheit, waren auch Ursache, daß, als es wirklich zum Ausbruch kam, keiner wußte, wo er sich betheiligen, wo er am besten helfen konnte. Keiner wollte zu früh anfangen und auf diese Weise kamen Alle zu spät. Ein kleiner Theil hat Breslau's Ehre würdig vertheidigt und gezeigt, daß, wenn es nur Allen Ernst gewesen, daß Volk sich leicht zu Herren der Stadt gemacht hätte. Die Barrikaden, die man vertheidigte, wurden mit einem Muthe und einer Umsicht vertheidigt, denen ein besserer Erfolg zu wünschen gewesen. Denn nur wenige waren mit Feuergewehren bewaffnet; der größte Theil hatte nur seine Hände, um sich zu vertheidigen. Gleichwohl haben sie sich stundenlang gegen das heranstürmende Militär gehalten. So auf der Nikolaistraße, wo die Maurer verbarrikadirt, wenigstens zehnmal das Militär zurückschlugen und endlich doch nur durch Verrath unterlagen. Dort hatte auch bei dem Bau einer andern Barrikade, die zum Schutze der ersten dienen sollte, der Kretschmer Thomas, Reuschestraße Nro. 7 grüne Eiche, mit Vitriolöl auf die Bauenden gespritzt und mehrere davon bedeutend verwundet. Seinen Namen übergebe ich hiermit, um diese gemeine Hundeseele für immer zu brandmarken, der Oeffentlichkeit. Auch auf der Mäntlergasse wurden Barrikaden gegen eine ungeheure Uebermacht des Militärs, das Salve auf Salve gab, bis nach 12 Uhr in der Nacht vertheidigt. Dort sind sehr viele Soldaten geblieben. Der Verlust der Soldaten ist überhaupt ziemlich bedeutend. Man spricht im Ganzen von 100 Todten. Das Militär hat sich durch Stehlen und hinterlistiges Morden ausgezeichnet. Gestohlen wurden von den 22ern auf der Ahlauerstraße bei dem Kaufmann Bringen, dessen Gewölbe sie unter dem Vorgehen, daß ein Schuß daraus gefallen, erbrochen, 70 Thlr. Geld, Cigarren, Wurst, Tabak, Zucker und der Wein aus dem Keller. "Die Anführer dieser Räuberbande waren Soldaten, die vor kurzer Zeit dort mehrere Monate im Quartier gelegen, also mit der Lokalität ganz bekannt waren!!" Der eine Commis ist durch Bajonettstiche gefährlich am Kopf verletzt, der Kutscher des Hausbesitzers durch den Arm gestochen. Dem Kretschmer Klassen wurden geladene Gewehre auf die Brust gesetzt, um von ihm den Namen desjenigen, der geschossen haben sollte, zu erpressen. Der Herr Major, der alles mit ansah, ließ die Mord- und Raublust seiner Soldaten ungehindert fortwüthen. Auch auf der Schweidtnitzerstraße Nr. 10, bei dem Bäckermeister Tümmler drangen Soldaten ein, durchsuchten das ganze Haus, ohne auch nur das geringste Verdächtige zu finden, und als sie sich entfernt, fehlten: 1 Uhr, 1 paar Beinkleider und 1 Thlr. 20 Sgr. Geld. Die Wahrheit des oben Geschriebenen kann ich verbürgen und wäre die Zeit nicht so kurz, da ich mich beeile, Ihnen dieses Schreiben so bald als möglich zu übersenden, ich würde Ihnen noch viele ähnliche Heldenthaten der Soldaten, deren Brutalität alles übertroffen was man für möglich gehalten, schreiben können. Dresden, 9. Mai. In öffentlichen Blättern liest man folgende Kundmachung: "Da die Kommunikation zwischen Dresden und der Festung Königstein, wo Ich dermalen in Folge der im Lande ausgebrochenen Unruhen weile, jetzt erschwert ist, ja sogar auf kurze Zeit unmöglich werden kann: so beauftrage Ich hierdurch das Gesammtministerium, alle diejenigen inzwischen vorkommenden Regierungshandlungen für Mich vorzunehmen, welche keinen Aufschub gestatten, bei denen aber Meine Entschließung aus dem obigen Grunde zuvor nicht eingeholt werden kann. Festung Königstein, den 8 Mai 1849. Friedrich August. Dr. Ferdinand Zschinsky." Heute begann in den Richtungen nach dem Plauenschen Grunde, nach Dippoldiswalde, Pirna, Freiberg die Flucht der Aufständischen aus der Altstadt. Eine reitende Batterie, das zweite Reiterregiment und Infanterie sind dem Vernehmen nach zur Verfolgung aufgebrochen. Gefangene werden von allen Seiten eingebracht. Die Frauenkirche, die Neustädter Strafkaserne und das Neustädter Stadtgefängniß sind voll davon. Die drei Mitglieder der provisorischen Regierung haben sich nach Freiberg geworfen. Es treffen mehr und mehr preußische Truppen ein, wodurch sächsische verfügbar werden. (D. A. Z.) * Leipzig, 9. Mai. Einem Privatbriefe von diesem Datum entnehmen wir folgende Stellen: "Die Haltung der Leipziger Bourgeois gegenüber der Dresdener Bewegung ist scheußlich. Ich hörte gestern die Aeußerung thun: "Leipzig ist Ein großer Spucknapf" und wahrlich: besser könnte man diese Stadt voll Krämerseelen nicht charakterisiren. Brachten doch gestern die Bourgeois-Wänste der sächsischen Regierung, welche zum Abschlachten ihrer geliebten Unterthanen das Schwarzweißthum eingeladen, auf dem Rathhause ein dreimaliges Hoch!! -- In Betreff der hier stattgehabten Unruhen bemerke ich nachträglich, daß die große Barrikade bei Felschens aus lauter Kisten mit Meßwaaren erbaut war, daß aber auch nicht ein Stück Waare entwendet worden, obgleich die Proletarier die ganze Nacht hindurch freie Verfügung darüber hatten. Davon schweigen die Zeitungen, während sie die Thaten der Kommunalgarde ausposaunen, die erst am Morgen den Muth bekam, die noch von etwa 20-30 Mann vertheidigte Barrikade anzugreifen. Nürnberg, 9. Mai. Gestern Abend hat eine sehr zahlreich besuchte Versammlung von Mitgliedern der Stadt- und Landwehr einmüthig den Beschluß gefaßt, heute früh eine Deputation zum Stadt- und Kreislandwehr-Kommandanten zu entsenden und diesem anzuzeigen, daß die Stadt- und Landwehr künftigen Donnerstag ausrücken und die deutsche Reichsverfassung feierlich und öffentlich beschwören werde. Auf heute Mittag 1 Uhr ist wieder eine Versammlung im Katharinensaal angesagt, in welcher die Deputation das Resultat ihrer Sendung verkünden und Stunde und Ort näher bezeichnen wird, wo der Akt, selbst wenn sich auch einige Führer ausschließen sollten, nächsten Donnerstag vor sich gehen soll. -- Heidelberg, 9. Mai. Gestern Nachmittag versammelten sich hier die Bürgerwehrmänner auf dem Universitätsplatze und erklärten "aus eigenem Antriebe und freiem Willen, öffentlich und feierlich ernst, daß sie die, von der deutschen verfassunggebenden Nationalversammlung in Frankfurt a. M. geschaffene und bekannt gemachte deutsche Reichsverfassung sammt den Grundrechten und dem Wahlgesetze nicht nur für ganz Deutschland verbindlich anerkennen, sondern denselben auch allgemeine Geltung zu verschaffen jeder Zeit bereit seien und sie mit allen Kräften gegen alle hochverrätherische Pläne und Umtriebe, sie verfassungswidrig irgendwie abzuändern oder gar zu verdrängen, möge ein solches Beginnen kommen von wem oder von welcher Seite es wolle, mit Leib und Leben, Gut und Blut zu schützen und zu vertheidigen." 27 Mainz, 10. Mai. So eben ziehen 1000 Arbeiter vereint mit Komptoiristen von hier aus nach der Pfalz um an dem Kampfe Theil zu nehmen. Morgen früh gehen weitere 800 M. Turner von hier dorthin ab. Dadurch ist die Stadt von jungen Leuten entblößt und die Werkstätten leer. Selbst verheirathete Männer verlassen Weib und Kinder um in den heiligen Kampf der Freiheit zu ziehen. Waffen sind auf alle mögliche Weise aus der Stadt herausgeschafft worden. * Frankfurt, 10. Mai. National-Versammlung. Viceprasident Bauer eröffnet die Sitzung um 9 3/4 Uhr. Neuausgetreten sind die Abgeordneten Schrott aus Wien, Stieber aus Sachsen und Heinbrodt aus Schlesien. Die Adresse des rheinischen Gemeinderathkongresses wird verlesen und von der Linken mit Beifall begrüßt. Der Präsident verliest folgende Mittheilung des "edlen" Gagern: Der interimistische Präsident des Reichsministerrathes an den Herrn Präsidenten der verfassunggebenden Reichsversammlung dahier. Der Präsident, beantragt, diese Zuschrift dem Dreißiger-Ausschuß zu überweisen. Raveaux glaubt nicht, daß es in diesem Augenblicke der Gefahr angemessen sei, über diese Mittheilung einen Ausschuß berathen zu lassen. Er schlägt vor, augenblicklich eine Deputation von 12 Mitgliedern an den Reichsverweser zu senden, um ihn zu bitten, eine Erklärung darüber abzugeben, ob er unter den gegebenen Umständen gesonnen sei, das Verfassungswerk durchzuführen, wie es vorliegt. Simon von Trier verlangt, daß vor Allem sein und Vogt's Antrag berathen werde. Nach Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Juni -- sagt er -- sei die Errichtung des Verfassungswerks von der Wirksamkeit der provisorischen Centralgewalt ausgeschlossen. Das Verfassungswerk muß also von uns rechtlich errichtet und vollendet werden und dann fragt es sich, wer es auszuführen hat. Wenn es der Reichsverweser nicht ausführt, so muß es gleichwohl ausgeführt werden in der Art, wie wir es beschlossen haben, und worüber dem Reichsverweser keine Kritik zusteht. Wundern aber muß ich mich, daß die Männer, die ihre Person an diese Bewegung geknüpft haben, sich in diesem Augenblicke zurückziehen. Hr. Heinrich v. Gagern sprach am 18. Mai v. J. die Worte: "Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über Alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, so lange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen: Wir sollen schaffen eine Verfassung für Deutschland, für das gesammte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränetät der Nation." Daß dieser Mann heute nicht auf der Tribüne erscheint, ist eine Thatsache, die ich dem Urtheil der deutschen Geschichte übergebe. Wigard beantragt die Vorlage des ministeriellen Programms Die Abstimmung über diesen Antrag bleibt zweifelhaft; derselbe wird hierauf zurückgezogen. v. Gagern: Ich begreife nicht, wie man sich wundern kann, daß ich in diesem entscheidenden Moment nicht auf der Tribüne erscheine. Ich glaube, daß ich in jedem entscheidenden Moment (des Verraths) bei der Hand gewesen bin. Dem Verlangen nach Vorlage des Programms kann ich nicht entsprechen; aber wenn Herr Simon zweifelt, ob ich noch denselben Standpunkt behaupte, den ich von Anfang an behauptete, so ist er im Irrthum. Ich erkenne es heute, wie am ersten Tag, als eine Nothwendigkeit an, daß die Reichsverfassung, über welche unmöglich alle Staaten Deutschlands sich in gleicher Richtung verstandigen können, von der Nationalversammlung, wie es bereits geschehen, endgültig abgeschlossen werde, und ich werde fur die Durchfuhrung der Verfassung, so weit in meinen Kräften, einstehen. Die Versammlung beschließt hierauf die Tagesordnung (Präsidenten-Wahl und Berathung des Simon-Vogt'schen Antrags vom 8. d) zu erledigen. -- Zum ersten Prasidenten wurde E. Simson mit 330 unter 338 Stimmen gewählt. (Edel 6, Reh 1 St.; 1 Stimmzettel wegen unpassender Bezeichnung zurückgelegt); zum ersten Vicepräsidenten mit 177 unter 314 St. Reh (Eisenstuck 123.) Zum zweiten Vicepräsidenten Eisenstuck mit 155 unter 308 St. Vicepräsident Reh übernimmt, statt des abwesenden Präsidenten Simson, das Präsidium. Sodann beginnt die Berathung des Simon-Vogt'schen Antrags. Derselbe lautet: "In Erwägung, daß die Volkserhebung in der bayerischen Pfalz wie in Sachsen die Durchführung der verkündeten Reichsverfassung zum Gegenstande haben; daß daher der Reichsfriede durch Unterstützung dieser Erhebungen gegen die renitenten Regierungen, nicht aber durch Bekämpfung derselben zu bewirken ist, aus diesen Gründen beschließt die Nationalversammlung: Die Volkserhebungen in der bayerischen Pfalz und in Sachsen sind zur Durchführung der Reichsverfassung thatkräftig zu stützen und zu schützen." Die Antragsteller nehmen ihren Antrag zurück (!) und vereinigen sich mit dem des Abg. v. Reden, also lautend: "In Erwägung, daß die Reichsversammlung durch ihre Beschlüsse vom 28. April und 4. Mai d J. die gesetzliche Mitwirkung des Volkes zur Durchführung der Reichsverfassung in Anspruch genommen hat, indem sie die Regierungen, die gesetzgebenden Körper, die Gemeinden der Einzelstaaten, das gesammte deutsche Volk aufgefordert hat, die Verfassung des deutschen Reichs vom 28. März d. J. zur Anerkennung und Geltung zu bringen; Aus diesen Gründen beschließt die Reichsversammlung: 1) dem schweren Bruche des Reichsfriedens, welchen die preußische Regierung durch unbefugtes Einschreiten im Königreich Sachsen sich hat zu Schulden kommen lassen, ist durch alle zu Gebote stehenden Mittel entgegen zu treten. 2) Neben Aufrechterhaltung der öffentlicher Ruhe und Sicherheit sind diejenigen Bestrebungen des Volks und seiner Vertreter, welche zur Durchführung der endgültig beschlossenen Reichsverfassung geschehen, gegen jeden Zwang und Unterdrückung in Schutz zu nehmen. Die provisorische Centralgewalt ist zur Ausführung dieser Beschlüsse aufzufordern." Zimmermann von Stuttgart: Das Ministerium Gagern ist abgetreten. Wir müssen jetzt wissen, in wie weit wir auf den Reichsverweser und die rechte Seite uns verlassen können, damit wir uns nicht in "unsichere" (! Wie naiv!) Unternehmungen einlassen. Darum bin ich für eine Deputation an den Reichsverweser, um ihn zu fragen, ob er die Verfassung durchführen wolle oder nicht. Will er nicht, so wird die Versammlung wissen, was sie zu thun hat. Bei der Wahl des Reichsverwesers erklärte Hr. von Gagern, man wähle einen Fürsten, nicht weil, sondern obgleich er Fürst sei. Wo nicht, so möchte ich wissen, ob dann Hr. v. Gagern und seine Freunde bereit sind, in anderem Sinne als damals zu sagen: nicht weil, sondern obgleich. Der Redner erklärt sich dann für rasche und kräftige Entschließung zur Unterstützung Sachsens und der Pfalz. Grävell macht blödsinnige Bemerkungen. Vogt: Sie sind jetzt an dem von uns seit Wochen vorhergesagten Punkte angelangt, wo die Centralgewalt den Vollzug Ihrer Beschlüsse weigert, und selbst gemäßigte Programme zurückweist, so daß die Minister abdanken müssen. Es muß jetzt brechen, denn biegen kann es nicht mehr. Sie werden es jetzt einsehen, daß die Taktik des Zögerns zu Ende ist und die Nationalversammlung energisch handeln muß. Ein neues Ministerium, das noch energischer als das bisherige handelt, wird vom Träger der Centralgewalt nicht angenommen. Es ist nur ein solches möglich, das mit dem Träger der Centralgewalt Hand in Hand gegen die Nationalversammlung geht. Wollen Sie in diesem Sumpf versinken oder (!!) vor demselben stehen bleiben? Sie müssen den Reichsverweser auffordern, ein Ministerium zu bilden, das die Beschlüsse der Nationalversammlung vollzieht oder Sie erklären, daß Sie diese Centralgewalt als Ihre Schöpfung zerbrechen und eine andere einsetzen. Als Ban Jellachich gegen Ungarn vorrückte, da hielt der Palatinus, ein Erzherzog, den Reichstag mit Zögerungen und Ausflüchten hin, und nachdem er endlich erklärt hatte, sich zur Armee begeben zu wollen, ging er an den Truppen vorbei und nach Wien. Lassen Sie sich dieses Beispiel stündlich und minutlich vor Augen stehen. Der Reichskommissär in Berlin hätte gegen den Bruch des Reichsfriedens von Seite Preußens so laut und kräftig vor allem Volk protestiren sollen, daß man ihn gefangen gesetzt und ausgewiesen hätte, dann hätte er mit des „Publicisten,“ Herrn Thiele, keine Mittheilungen zu machen, so unbedeutend sie auch sein mögen. Man ist nun begierig, was aus der unseligen weiland Berliner Bürgerwehr am Ende werden soll. Der 12. Mai ist der Tag, an welchem sie eigentlich reorganisirt werden müßte. Es scheint aber, daß man durchaus noch keine Anstalten für diesen Fall zu machen gedenkt. Früher hatte sich die konservative Partei an das Bürgerwehrgesetz geklammert, jetzt scheint es der letzte Anhaltspunkt der bewaffneten Demokraten werden zu wollen. Vielleicht wird es uns mit der Verfassung vom 5. Dezember nächstens ebenso gehen. Die Polizei macht sehr lebhaft Jagd auf die in den Bezirken herumgehende Adresse an die deutsche Nationalversammlung für Anerkennung der Verfassung vom 28. März. Berlin, 10. Mai. Es war gestern Nachmittag allgemein das Gerücht verbreitet, die Truppen würden aus Dresden-Altstadt herausgezogen und es solle dieselbe bombardirt werden. Diese erfreuliche Nachricht schien dadurch bestätigt zu sein, daß das Ministerium keine Kundmachung erscheinen ließ. Der Abendzug aber brachte die Nachricht von der Erstürmung (keineswegs Uebergabe) des noch vom Volke vertheidigten Stadttheils und den Adjudanten, der eine desfallsige Depesche dem Könige zu bringen hatte. — Der Kampf wüthete am 8. Mai, dem fünften Kampfestag, ohne Unterbrechung und ohne daß die Truppen irgendwie Fortschritte gemacht hatten Es war im Gegentheil das Militär schon sehr ermüdet. Da kam Mittags das Füsilier-Bataillon des 24. Rgts. an und löste die ermüdeten Soldaten ab, welche Zeit erhielten, sich zu erfrischen. Der Kampf dauerte den ganzen Nachmittag und selbst die Nacht hindurch fort, da sich das Volk mit wahrhaft bewundernswerther Tapferkeit schlug. Gegen Morgen konnten die Soldaten vom Alexander-Regiment, neu gestärkt, wieder eintreten. Es wurde in der Altstadt selbst eingesehen, daß man sich nicht mehr halten könne. Das schwere Geschütz donnerte gegen die Eckhäuser, die Uebermacht wurde immer größer und das Militär bahnte sich einen langsamen, aber sichern Weg durch die Brandmauern der Häuser, da die Barrikaden faktisch nicht zu nehmen waren. Das Volk konnte nur noch den Kampf des ehrenvollen Untergangs führen. Dezu kam, daß gegen Morgen eine Proklamation des Königs von Sachsen erschien: „An die Altstadt!“ in der dieselbe aufgefordert wurde, sich bis 6 Uhr auf Gnade und Ungnade zu ergeben, oder zu gewärtigen, daß man sie mit glühenden Kugeln beschieße. Wie bei allen Revolutionen, so traten auch hier durch die Bourgeoisie Verräthereien ein. Während der Kampf noch tapfer geführt wurde, drangen ein großer Theil der Bürger, der Stadtrath an der Spitze, auf die provisorische Regierung ein, zu kapituliren, ja die Angst für ihr Eigenthum machte sie so muthig, daß sie sich denen entgegenstellten, welche entschlossen waren, weiter zu kämpfen. So wurde z. B. die sehr gut befestigte und von Scharfschützen besetzte Kreuzkirche dadurch genommen, daß ein Theil ihrer Vertheidiger zuerst gegen die Bourgeoisie selbst sich richten mußte. Diese zog eine weiße Fahne auf, während die Schützen beim Herandringen der 12. Kompagnie 24er Feuer gaben. Doch trotz der tapfern Vertheidigung wurde die Kirche im Sturm erobert und Alles niedergemacht. Demungeachtet hatte die provisorische Regierung um 7 1/2 Uhr noch so viel Macht, daß sie 3 Meuterer (Dresdner Bourgeois) konnte erschießen lassen. Der Verrath und die Hindernisse im Innern der Altstadt dauerten aber fort und endlich wurde auch das Posthaus durch die 9. Kompagnie 24er erstürmt und alle Vertheidiger desselben erstochen. Der provisorischen Regierung blieb jetzt nur noch ein fester Punkt, das Rathhaus, sie beschloß daher, nachdem die Post in die Hände der Feinde gefallen war, sich kämpfend gegen den Plauen'schen Grund zurückzuziehen, und sich wo möglich mit dem noch übrigen Theil der Freischaaren nach Freiberg und dem Gebirge durchzuschlagen. Dieser Rückzug wurde durch die noch nicht genommenen Theile der Altstadt und besonders durch das stark verbarrikadirte Rathhaus gedeckt, während die Dresdener Bürger unterhandelten. Endlich rückten wieder 24er gegen das Rathhaus. Die Scharfschützen in demselben ließen sie nahe herankommen und gaben alsdann eine wohlgezielte Salve. Das Militär wich zurück und ließ etwa 15 schwer Verwundete und Todte auf dem Platz. Nun zogen sich die Schützen aus dem Rathhause und die 24er erstürmten es ohne Widerstand. Damit war Dresden gefallen. Die provisorische Regierung und ein großer Theil der Freischaaren sind nach Freiberg entkommen. Tzschirner hat den größten Muth bewiesen, im dichtesten Kugelregen begeisterte er die Kämpfer des Volkes. Die Stadt hat also 8 Tage lang fast ununterbrochen gekämpft. Das sächsische Revolutionsdrama aber ist noch nicht zu Ende, und wir werden einen Krieg erleben, wie es höchstens der Bauernkrieg im 16. Jahrhundert gewesen ist. 61 Breslau, 9. Mai. Da die Waffenablieferung bis gestern Abend sehr unvollständig erfolgt war, so setzten sich die preußischen Mordhorden abermals in Bewegung und durchziehen noch bis zu diesem Augenblicke die Straßen der Stadt. Sichtlich schien es gestern Abend darauf abgesehen, neue Schlächtereien zu verüben, und es ist nächst der Friedrichs-Brücke gegen 10 Uhr wirklich wieder geschossen worden. Indessen fühlt das Volk immer mehr, daß es in eine kontrerevolutionäre Falle gegangen ist, und sucht seinen Ingrimm einstweilen zu verbeißen. Obschon von der feigen Bourgeoisie, die im entscheidenden Augenblicke stets auf Seite des Absolutismus steht, die Waffen bereitwillig abgeliefert werden, so wird diese Ablieferung im Allgemeinen doch jedenfalls sehr unvollständig bleiben. Man hört immer neue Details von den Räuberthaten des 23. Regiments. Diese Banditen sollen selbst die Kroaten im Stehlen übertroffen haben. Einem Kaufmanne in der Ahlauerstraße haben sie den ganzen Laden geplündert und die Kasse entwendet, so daß er ein ruinirter Mann geworden ist. Gestern Abend trafen Landwehrbataillons hier ein und wurden bei den „guten Bürgern“ untergebracht. Ihre Bestimmung ist die östreichische Grenze. Unter der Firma des jugendlichen Tamerlan führt gegenwärtig schon Nikolaus den Oberbefehl über die östreichische Armee in Ungarn. Auch Welden ist bei Seite gedrückt worden. Die Sachsen werden dadurch, daß sie von den preußischen Mördern zusammengehauen werden, diejenige Energie bekommen, die ihnen bisheran gefehlt hat, sie werden ihre Bourgeoisie kennen lernen. Kossuth zeigt uns täglich, daß die Armeen des Despotismus nur durch Armeen der Freiheit geschlagen werden können, und wir wollen wünschen, daß die Süddeutschen und Rheinländer diese Lehre bald durch Revolutionsarmeen in der Pfalz und Westphalen bethätigen. 12 Breslau, 10. Mai. Von den Vorgängen der letzten Tage sind Sie jedenfalls unterrichtet. Doch dürften Ihnen einige Einzelnheiten nicht uninteressant sein. Die Stimmung der letzten Woche war eine äußerst erregte. Daß etwas geschehen werde und müsse, davon waren alle überzeugt, obgleich das Wie Keinem klar war. Dieses Schwanken, diese Unentschlossenheit, waren auch Ursache, daß, als es wirklich zum Ausbruch kam, keiner wußte, wo er sich betheiligen, wo er am besten helfen konnte. Keiner wollte zu früh anfangen und auf diese Weise kamen Alle zu spät. Ein kleiner Theil hat Breslau's Ehre würdig vertheidigt und gezeigt, daß, wenn es nur Allen Ernst gewesen, daß Volk sich leicht zu Herren der Stadt gemacht hätte. Die Barrikaden, die man vertheidigte, wurden mit einem Muthe und einer Umsicht vertheidigt, denen ein besserer Erfolg zu wünschen gewesen. Denn nur wenige waren mit Feuergewehren bewaffnet; der größte Theil hatte nur seine Hände, um sich zu vertheidigen. Gleichwohl haben sie sich stundenlang gegen das heranstürmende Militär gehalten. So auf der Nikolaistraße, wo die Maurer verbarrikadirt, wenigstens zehnmal das Militär zurückschlugen und endlich doch nur durch Verrath unterlagen. Dort hatte auch bei dem Bau einer andern Barrikade, die zum Schutze der ersten dienen sollte, der Kretschmer Thomas, Reuschestraße Nro. 7 grüne Eiche, mit Vitriolöl auf die Bauenden gespritzt und mehrere davon bedeutend verwundet. Seinen Namen übergebe ich hiermit, um diese gemeine Hundeseele für immer zu brandmarken, der Oeffentlichkeit. Auch auf der Mäntlergasse wurden Barrikaden gegen eine ungeheure Uebermacht des Militärs, das Salve auf Salve gab, bis nach 12 Uhr in der Nacht vertheidigt. Dort sind sehr viele Soldaten geblieben. Der Verlust der Soldaten ist überhaupt ziemlich bedeutend. Man spricht im Ganzen von 100 Todten. Das Militär hat sich durch Stehlen und hinterlistiges Morden ausgezeichnet. Gestohlen wurden von den 22ern auf der Ahlauerstraße bei dem Kaufmann Bringen, dessen Gewölbe sie unter dem Vorgehen, daß ein Schuß daraus gefallen, erbrochen, 70 Thlr. Geld, Cigarren, Wurst, Tabak, Zucker und der Wein aus dem Keller. „Die Anführer dieser Räuberbande waren Soldaten, die vor kurzer Zeit dort mehrere Monate im Quartier gelegen, also mit der Lokalität ganz bekannt waren!!“ Der eine Commis ist durch Bajonettstiche gefährlich am Kopf verletzt, der Kutscher des Hausbesitzers durch den Arm gestochen. Dem Kretschmer Klassen wurden geladene Gewehre auf die Brust gesetzt, um von ihm den Namen desjenigen, der geschossen haben sollte, zu erpressen. Der Herr Major, der alles mit ansah, ließ die Mord- und Raublust seiner Soldaten ungehindert fortwüthen. Auch auf der Schweidtnitzerstraße Nr. 10, bei dem Bäckermeister Tümmler drangen Soldaten ein, durchsuchten das ganze Haus, ohne auch nur das geringste Verdächtige zu finden, und als sie sich entfernt, fehlten: 1 Uhr, 1 paar Beinkleider und 1 Thlr. 20 Sgr. Geld. Die Wahrheit des oben Geschriebenen kann ich verbürgen und wäre die Zeit nicht so kurz, da ich mich beeile, Ihnen dieses Schreiben so bald als möglich zu übersenden, ich würde Ihnen noch viele ähnliche Heldenthaten der Soldaten, deren Brutalität alles übertroffen was man für möglich gehalten, schreiben können. Dresden, 9. Mai. In öffentlichen Blättern liest man folgende Kundmachung: „Da die Kommunikation zwischen Dresden und der Festung Königstein, wo Ich dermalen in Folge der im Lande ausgebrochenen Unruhen weile, jetzt erschwert ist, ja sogar auf kurze Zeit unmöglich werden kann: so beauftrage Ich hierdurch das Gesammtministerium, alle diejenigen inzwischen vorkommenden Regierungshandlungen für Mich vorzunehmen, welche keinen Aufschub gestatten, bei denen aber Meine Entschließung aus dem obigen Grunde zuvor nicht eingeholt werden kann. Festung Königstein, den 8 Mai 1849. Friedrich August. Dr. Ferdinand Zschinsky.“ Heute begann in den Richtungen nach dem Plauenschen Grunde, nach Dippoldiswalde, Pirna, Freiberg die Flucht der Aufständischen aus der Altstadt. Eine reitende Batterie, das zweite Reiterregiment und Infanterie sind dem Vernehmen nach zur Verfolgung aufgebrochen. Gefangene werden von allen Seiten eingebracht. Die Frauenkirche, die Neustädter Strafkaserne und das Neustädter Stadtgefängniß sind voll davon. Die drei Mitglieder der provisorischen Regierung haben sich nach Freiberg geworfen. Es treffen mehr und mehr preußische Truppen ein, wodurch sächsische verfügbar werden. (D. A. Z.) * Leipzig, 9. Mai. Einem Privatbriefe von diesem Datum entnehmen wir folgende Stellen: „Die Haltung der Leipziger Bourgeois gegenüber der Dresdener Bewegung ist scheußlich. Ich hörte gestern die Aeußerung thun: „Leipzig ist Ein großer Spucknapf“ und wahrlich: besser könnte man diese Stadt voll Krämerseelen nicht charakterisiren. Brachten doch gestern die Bourgeois-Wänste der sächsischen Regierung, welche zum Abschlachten ihrer geliebten Unterthanen das Schwarzweißthum eingeladen, auf dem Rathhause ein dreimaliges Hoch!! — In Betreff der hier stattgehabten Unruhen bemerke ich nachträglich, daß die große Barrikade bei Felschens aus lauter Kisten mit Meßwaaren erbaut war, daß aber auch nicht ein Stück Waare entwendet worden, obgleich die Proletarier die ganze Nacht hindurch freie Verfügung darüber hatten. Davon schweigen die Zeitungen, während sie die Thaten der Kommunalgarde ausposaunen, die erst am Morgen den Muth bekam, die noch von etwa 20-30 Mann vertheidigte Barrikade anzugreifen. Nürnberg, 9. Mai. Gestern Abend hat eine sehr zahlreich besuchte Versammlung von Mitgliedern der Stadt- und Landwehr einmüthig den Beschluß gefaßt, heute früh eine Deputation zum Stadt- und Kreislandwehr-Kommandanten zu entsenden und diesem anzuzeigen, daß die Stadt- und Landwehr künftigen Donnerstag ausrücken und die deutsche Reichsverfassung feierlich und öffentlich beschwören werde. Auf heute Mittag 1 Uhr ist wieder eine Versammlung im Katharinensaal angesagt, in welcher die Deputation das Resultat ihrer Sendung verkünden und Stunde und Ort näher bezeichnen wird, wo der Akt, selbst wenn sich auch einige Führer ausschließen sollten, nächsten Donnerstag vor sich gehen soll. — Heidelberg, 9. Mai. Gestern Nachmittag versammelten sich hier die Bürgerwehrmänner auf dem Universitätsplatze und erklärten „aus eigenem Antriebe und freiem Willen, öffentlich und feierlich ernst, daß sie die, von der deutschen verfassunggebenden Nationalversammlung in Frankfurt a. M. geschaffene und bekannt gemachte deutsche Reichsverfassung sammt den Grundrechten und dem Wahlgesetze nicht nur für ganz Deutschland verbindlich anerkennen, sondern denselben auch allgemeine Geltung zu verschaffen jeder Zeit bereit seien und sie mit allen Kräften gegen alle hochverrätherische Pläne und Umtriebe, sie verfassungswidrig irgendwie abzuändern oder gar zu verdrängen, möge ein solches Beginnen kommen von wem oder von welcher Seite es wolle, mit Leib und Leben, Gut und Blut zu schützen und zu vertheidigen.“ 27 Mainz, 10. Mai. So eben ziehen 1000 Arbeiter vereint mit Komptoiristen von hier aus nach der Pfalz um an dem Kampfe Theil zu nehmen. Morgen früh gehen weitere 800 M. Turner von hier dorthin ab. Dadurch ist die Stadt von jungen Leuten entblößt und die Werkstätten leer. Selbst verheirathete Männer verlassen Weib und Kinder um in den heiligen Kampf der Freiheit zu ziehen. Waffen sind auf alle mögliche Weise aus der Stadt herausgeschafft worden. * Frankfurt, 10. Mai. National-Versammlung. Viceprasident Bauer eröffnet die Sitzung um 9 3/4 Uhr. Neuausgetreten sind die Abgeordneten Schrott aus Wien, Stieber aus Sachsen und Heinbrodt aus Schlesien. Die Adresse des rheinischen Gemeinderathkongresses wird verlesen und von der Linken mit Beifall begrüßt. Der Präsident verliest folgende Mittheilung des „edlen“ Gagern: Der interimistische Präsident des Reichsministerrathes an den Herrn Präsidenten der verfassunggebenden Reichsversammlung dahier. Der Präsident, beantragt, diese Zuschrift dem Dreißiger-Ausschuß zu überweisen. Raveaux glaubt nicht, daß es in diesem Augenblicke der Gefahr angemessen sei, über diese Mittheilung einen Ausschuß berathen zu lassen. Er schlägt vor, augenblicklich eine Deputation von 12 Mitgliedern an den Reichsverweser zu senden, um ihn zu bitten, eine Erklärung darüber abzugeben, ob er unter den gegebenen Umständen gesonnen sei, das Verfassungswerk durchzuführen, wie es vorliegt. Simon von Trier verlangt, daß vor Allem sein und Vogt's Antrag berathen werde. Nach Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Juni — sagt er — sei die Errichtung des Verfassungswerks von der Wirksamkeit der provisorischen Centralgewalt ausgeschlossen. Das Verfassungswerk muß also von uns rechtlich errichtet und vollendet werden und dann fragt es sich, wer es auszuführen hat. Wenn es der Reichsverweser nicht ausführt, so muß es gleichwohl ausgeführt werden in der Art, wie wir es beschlossen haben, und worüber dem Reichsverweser keine Kritik zusteht. Wundern aber muß ich mich, daß die Männer, die ihre Person an diese Bewegung geknüpft haben, sich in diesem Augenblicke zurückziehen. Hr. Heinrich v. Gagern sprach am 18. Mai v. J. die Worte: „Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über Alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, so lange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen: Wir sollen schaffen eine Verfassung für Deutschland, für das gesammte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränetät der Nation.“ Daß dieser Mann heute nicht auf der Tribüne erscheint, ist eine Thatsache, die ich dem Urtheil der deutschen Geschichte übergebe. Wigard beantragt die Vorlage des ministeriellen Programms Die Abstimmung über diesen Antrag bleibt zweifelhaft; derselbe wird hierauf zurückgezogen. v. Gagern: Ich begreife nicht, wie man sich wundern kann, daß ich in diesem entscheidenden Moment nicht auf der Tribüne erscheine. Ich glaube, daß ich in jedem entscheidenden Moment (des Verraths) bei der Hand gewesen bin. Dem Verlangen nach Vorlage des Programms kann ich nicht entsprechen; aber wenn Herr Simon zweifelt, ob ich noch denselben Standpunkt behaupte, den ich von Anfang an behauptete, so ist er im Irrthum. Ich erkenne es heute, wie am ersten Tag, als eine Nothwendigkeit an, daß die Reichsverfassung, über welche unmöglich alle Staaten Deutschlands sich in gleicher Richtung verstandigen können, von der Nationalversammlung, wie es bereits geschehen, endgültig abgeschlossen werde, und ich werde fur die Durchfuhrung der Verfassung, so weit in meinen Kräften, einstehen. Die Versammlung beschließt hierauf die Tagesordnung (Präsidenten-Wahl und Berathung des Simon-Vogt'schen Antrags vom 8. d) zu erledigen. — Zum ersten Prasidenten wurde E. Simson mit 330 unter 338 Stimmen gewählt. (Edel 6, Reh 1 St.; 1 Stimmzettel wegen unpassender Bezeichnung zurückgelegt); zum ersten Vicepräsidenten mit 177 unter 314 St. Reh (Eisenstuck 123.) Zum zweiten Vicepräsidenten Eisenstuck mit 155 unter 308 St. Vicepräsident Reh übernimmt, statt des abwesenden Präsidenten Simson, das Präsidium. Sodann beginnt die Berathung des Simon-Vogt'schen Antrags. Derselbe lautet: „In Erwägung, daß die Volkserhebung in der bayerischen Pfalz wie in Sachsen die Durchführung der verkündeten Reichsverfassung zum Gegenstande haben; daß daher der Reichsfriede durch Unterstützung dieser Erhebungen gegen die renitenten Regierungen, nicht aber durch Bekämpfung derselben zu bewirken ist, aus diesen Gründen beschließt die Nationalversammlung: Die Volkserhebungen in der bayerischen Pfalz und in Sachsen sind zur Durchführung der Reichsverfassung thatkräftig zu stützen und zu schützen.“ Die Antragsteller nehmen ihren Antrag zurück (!) und vereinigen sich mit dem des Abg. v. Reden, also lautend: „In Erwägung, daß die Reichsversammlung durch ihre Beschlüsse vom 28. April und 4. Mai d J. die gesetzliche Mitwirkung des Volkes zur Durchführung der Reichsverfassung in Anspruch genommen hat, indem sie die Regierungen, die gesetzgebenden Körper, die Gemeinden der Einzelstaaten, das gesammte deutsche Volk aufgefordert hat, die Verfassung des deutschen Reichs vom 28. März d. J. zur Anerkennung und Geltung zu bringen; Aus diesen Gründen beschließt die Reichsversammlung: 1) dem schweren Bruche des Reichsfriedens, welchen die preußische Regierung durch unbefugtes Einschreiten im Königreich Sachsen sich hat zu Schulden kommen lassen, ist durch alle zu Gebote stehenden Mittel entgegen zu treten. 2) Neben Aufrechterhaltung der öffentlicher Ruhe und Sicherheit sind diejenigen Bestrebungen des Volks und seiner Vertreter, welche zur Durchführung der endgültig beschlossenen Reichsverfassung geschehen, gegen jeden Zwang und Unterdrückung in Schutz zu nehmen. Die provisorische Centralgewalt ist zur Ausführung dieser Beschlüsse aufzufordern.“ Zimmermann von Stuttgart: Das Ministerium Gagern ist abgetreten. Wir müssen jetzt wissen, in wie weit wir auf den Reichsverweser und die rechte Seite uns verlassen können, damit wir uns nicht in „unsichere« (! Wie naiv!) Unternehmungen einlassen. Darum bin ich für eine Deputation an den Reichsverweser, um ihn zu fragen, ob er die Verfassung durchführen wolle oder nicht. Will er nicht, so wird die Versammlung wissen, was sie zu thun hat. Bei der Wahl des Reichsverwesers erklärte Hr. von Gagern, man wähle einen Fürsten, nicht weil, sondern obgleich er Fürst sei. Wo nicht, so möchte ich wissen, ob dann Hr. v. Gagern und seine Freunde bereit sind, in anderem Sinne als damals zu sagen: nicht weil, sondern obgleich. Der Redner erklärt sich dann für rasche und kräftige Entschließung zur Unterstützung Sachsens und der Pfalz. Grävell macht blödsinnige Bemerkungen. Vogt: Sie sind jetzt an dem von uns seit Wochen vorhergesagten Punkte angelangt, wo die Centralgewalt den Vollzug Ihrer Beschlüsse weigert, und selbst gemäßigte Programme zurückweist, so daß die Minister abdanken müssen. Es muß jetzt brechen, denn biegen kann es nicht mehr. Sie werden es jetzt einsehen, daß die Taktik des Zögerns zu Ende ist und die Nationalversammlung energisch handeln muß. Ein neues Ministerium, das noch energischer als das bisherige handelt, wird vom Träger der Centralgewalt nicht angenommen. Es ist nur ein solches möglich, das mit dem Träger der Centralgewalt Hand in Hand gegen die Nationalversammlung geht. Wollen Sie in diesem Sumpf versinken oder (!!) vor demselben stehen bleiben? Sie müssen den Reichsverweser auffordern, ein Ministerium zu bilden, das die Beschlüsse der Nationalversammlung vollzieht oder Sie erklären, daß Sie diese Centralgewalt als Ihre Schöpfung zerbrechen und eine andere einsetzen. Als Ban Jellachich gegen Ungarn vorrückte, da hielt der Palatinus, ein Erzherzog, den Reichstag mit Zögerungen und Ausflüchten hin, und nachdem er endlich erklärt hatte, sich zur Armee begeben zu wollen, ging er an den Truppen vorbei und nach Wien. Lassen Sie sich dieses Beispiel stündlich und minutlich vor Augen stehen. Der Reichskommissär in Berlin hätte gegen den Bruch des Reichsfriedens von Seite Preußens so laut und kräftig vor allem Volk protestiren sollen, daß man ihn gefangen gesetzt und ausgewiesen hätte, dann hätte er mit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar297_016" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0003" n="1687"/> des „Publicisten,“ Herrn Thiele, keine Mittheilungen zu machen, so unbedeutend sie auch sein mögen.</p> <p>Man ist nun begierig, was aus der unseligen weiland Berliner Bürgerwehr am Ende werden soll. Der 12. Mai ist der Tag, an welchem sie eigentlich reorganisirt werden müßte. Es scheint aber, daß man durchaus noch keine Anstalten für diesen Fall zu machen gedenkt. Früher hatte sich die konservative Partei an das Bürgerwehrgesetz geklammert, jetzt scheint es der letzte Anhaltspunkt der bewaffneten Demokraten werden zu wollen. Vielleicht wird es uns mit der Verfassung vom 5. Dezember nächstens ebenso gehen.</p> <p>Die Polizei macht sehr lebhaft Jagd auf die in den Bezirken herumgehende Adresse an die deutsche Nationalversammlung für Anerkennung der Verfassung vom 28. März.</p> </div> <div xml:id="ar297_017" type="jArticle"> <head>Berlin, 10. Mai.</head> <p>Es war gestern Nachmittag allgemein das Gerücht verbreitet, die Truppen würden aus Dresden-Altstadt herausgezogen und es solle dieselbe bombardirt werden. Diese erfreuliche Nachricht schien dadurch bestätigt zu sein, daß das Ministerium keine Kundmachung erscheinen ließ. Der Abendzug aber brachte die Nachricht von der Erstürmung (keineswegs Uebergabe) des noch vom Volke vertheidigten Stadttheils und den Adjudanten, der eine desfallsige Depesche dem Könige zu bringen hatte. — Der Kampf wüthete am 8. Mai, dem fünften Kampfestag, ohne Unterbrechung und ohne daß die Truppen irgendwie Fortschritte gemacht hatten Es war im Gegentheil das Militär schon sehr ermüdet. Da kam Mittags das Füsilier-Bataillon des 24. Rgts. an und löste die ermüdeten Soldaten ab, welche Zeit erhielten, sich zu erfrischen. Der Kampf dauerte den ganzen Nachmittag und selbst die Nacht hindurch fort, da sich das Volk mit wahrhaft bewundernswerther Tapferkeit schlug. Gegen Morgen konnten die Soldaten vom Alexander-Regiment, neu gestärkt, wieder eintreten. Es wurde in der Altstadt selbst eingesehen, daß man sich nicht mehr halten könne. Das schwere Geschütz donnerte gegen die Eckhäuser, die Uebermacht wurde immer größer und das Militär bahnte sich einen langsamen, aber sichern Weg durch die Brandmauern der Häuser, da die Barrikaden faktisch nicht zu nehmen waren. Das Volk konnte nur noch den Kampf des ehrenvollen Untergangs führen.</p> <p>Dezu kam, daß gegen Morgen eine Proklamation des Königs von Sachsen erschien: „An die Altstadt!“ in der dieselbe aufgefordert wurde, sich bis 6 Uhr auf Gnade und Ungnade zu ergeben, oder zu gewärtigen, daß man sie mit glühenden Kugeln beschieße.</p> <p>Wie bei allen Revolutionen, so traten auch hier durch die Bourgeoisie Verräthereien ein. Während der Kampf noch tapfer geführt wurde, drangen ein großer Theil der Bürger, der Stadtrath an der Spitze, auf die provisorische Regierung ein, zu kapituliren, ja die Angst für ihr Eigenthum machte sie so muthig, daß sie sich denen entgegenstellten, welche entschlossen waren, weiter zu kämpfen. So wurde z. B. die sehr gut befestigte und von Scharfschützen besetzte Kreuzkirche dadurch genommen, daß ein Theil ihrer Vertheidiger zuerst gegen die Bourgeoisie selbst sich richten mußte. Diese zog eine weiße Fahne auf, während die Schützen beim Herandringen der 12. Kompagnie 24er Feuer gaben. Doch trotz der tapfern Vertheidigung wurde die Kirche im Sturm erobert und Alles niedergemacht. Demungeachtet hatte die provisorische Regierung um 7 1/2 Uhr noch so viel Macht, daß sie 3 Meuterer (Dresdner Bourgeois) konnte erschießen lassen.</p> <p>Der Verrath und die Hindernisse im Innern der Altstadt dauerten aber fort und endlich wurde auch das Posthaus durch die 9. Kompagnie 24er erstürmt und alle Vertheidiger desselben erstochen. Der provisorischen Regierung blieb jetzt nur noch ein fester Punkt, das Rathhaus, sie beschloß daher, nachdem die Post in die Hände der Feinde gefallen war, sich kämpfend gegen den Plauen'schen Grund zurückzuziehen, und sich wo möglich mit dem noch übrigen Theil der Freischaaren nach Freiberg und dem Gebirge durchzuschlagen. Dieser Rückzug wurde durch die noch nicht genommenen Theile der Altstadt und besonders durch das stark verbarrikadirte Rathhaus gedeckt, während die Dresdener Bürger unterhandelten. Endlich rückten wieder 24er gegen das Rathhaus. Die Scharfschützen in demselben ließen sie nahe herankommen und gaben alsdann eine wohlgezielte Salve. Das Militär wich zurück und ließ etwa 15 schwer Verwundete und Todte auf dem Platz. Nun zogen sich die Schützen aus dem Rathhause und die 24er erstürmten es ohne Widerstand. Damit war Dresden gefallen.</p> <p>Die provisorische Regierung und ein großer Theil der Freischaaren sind nach Freiberg entkommen.</p> <p>Tzschirner hat den größten Muth bewiesen, im dichtesten Kugelregen begeisterte er die Kämpfer des Volkes.</p> <p>Die Stadt hat also 8 Tage lang fast ununterbrochen gekämpft.</p> <p>Das sächsische Revolutionsdrama aber ist noch nicht zu Ende, und wir werden einen Krieg erleben, wie es höchstens der Bauernkrieg im 16. Jahrhundert gewesen ist.</p> </div> <div xml:id="ar297_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Breslau, 9. Mai.</head> <p>Da die Waffenablieferung bis gestern Abend sehr unvollständig erfolgt war, so setzten sich die preußischen Mordhorden abermals in Bewegung und durchziehen noch bis zu diesem Augenblicke die Straßen der Stadt. Sichtlich schien es gestern Abend darauf abgesehen, neue Schlächtereien zu verüben, und es ist nächst der Friedrichs-Brücke gegen 10 Uhr wirklich wieder geschossen worden. Indessen fühlt das Volk immer mehr, daß es in eine kontrerevolutionäre Falle gegangen ist, und sucht seinen Ingrimm einstweilen zu verbeißen. Obschon von der feigen Bourgeoisie, die im entscheidenden Augenblicke stets auf Seite des Absolutismus steht, die Waffen bereitwillig abgeliefert werden, so wird diese Ablieferung im Allgemeinen doch jedenfalls sehr unvollständig bleiben. Man hört immer neue Details von den Räuberthaten des 23. Regiments. Diese Banditen sollen selbst die Kroaten im Stehlen übertroffen haben. Einem Kaufmanne in der Ahlauerstraße haben sie den ganzen Laden geplündert und die Kasse entwendet, so daß er ein ruinirter Mann geworden ist.</p> <p>Gestern Abend trafen Landwehrbataillons hier ein und wurden bei den „guten Bürgern“ untergebracht. Ihre Bestimmung ist die östreichische Grenze. Unter der Firma des jugendlichen Tamerlan führt gegenwärtig schon Nikolaus den Oberbefehl über die östreichische Armee in Ungarn. Auch Welden ist bei Seite gedrückt worden. Die Sachsen werden dadurch, daß sie von den preußischen Mördern zusammengehauen werden, diejenige Energie bekommen, die ihnen bisheran gefehlt hat, sie werden ihre Bourgeoisie kennen lernen. <hi rendition="#g">Kossuth</hi> zeigt uns täglich, daß die Armeen des Despotismus nur durch <hi rendition="#g">Armeen</hi> der Freiheit geschlagen werden können, und wir wollen wünschen, daß die Süddeutschen und Rheinländer diese Lehre bald durch Revolutionsarmeen in der Pfalz und Westphalen bethätigen.</p> </div> <div xml:id="ar297_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Breslau, 10. Mai.</head> <p>Von den Vorgängen der letzten Tage sind Sie jedenfalls unterrichtet. Doch dürften Ihnen einige Einzelnheiten nicht uninteressant sein. Die Stimmung der letzten Woche war eine äußerst erregte. Daß etwas geschehen werde und müsse, davon waren alle überzeugt, obgleich das <hi rendition="#g">Wie</hi> Keinem klar war. Dieses Schwanken, diese Unentschlossenheit, waren auch Ursache, daß, als es wirklich zum Ausbruch kam, keiner wußte, wo er sich betheiligen, wo er am besten helfen konnte. Keiner wollte zu früh anfangen und auf diese Weise kamen Alle zu spät. Ein kleiner Theil hat Breslau's Ehre würdig vertheidigt und gezeigt, daß, wenn es nur Allen Ernst gewesen, daß Volk sich leicht zu Herren der Stadt gemacht hätte. Die Barrikaden, die man vertheidigte, wurden mit einem Muthe und einer Umsicht vertheidigt, denen ein besserer Erfolg zu wünschen gewesen. Denn nur wenige waren mit Feuergewehren bewaffnet; der größte Theil hatte nur seine Hände, um sich zu vertheidigen. Gleichwohl haben sie sich stundenlang gegen das heranstürmende Militär gehalten. So auf der Nikolaistraße, wo die Maurer verbarrikadirt, wenigstens zehnmal das Militär zurückschlugen und endlich doch nur durch Verrath unterlagen. Dort hatte auch bei dem Bau einer andern Barrikade, die zum Schutze der ersten dienen sollte, der Kretschmer Thomas, Reuschestraße Nro. 7 grüne Eiche, mit Vitriolöl auf die Bauenden gespritzt und mehrere davon bedeutend verwundet. Seinen Namen übergebe ich hiermit, um diese gemeine Hundeseele für immer zu brandmarken, der Oeffentlichkeit. Auch auf der Mäntlergasse wurden Barrikaden gegen eine ungeheure Uebermacht des Militärs, das Salve auf Salve gab, bis nach 12 Uhr in der Nacht vertheidigt. Dort sind sehr viele Soldaten geblieben. Der Verlust der Soldaten ist überhaupt ziemlich bedeutend. Man spricht im Ganzen von 100 Todten.</p> <p>Das Militär hat sich <hi rendition="#g">durch Stehlen und hinterlistiges Morden</hi> ausgezeichnet. Gestohlen wurden von den 22ern auf der Ahlauerstraße bei dem Kaufmann <hi rendition="#g">Bringen,</hi> dessen Gewölbe sie unter dem Vorgehen, daß ein Schuß daraus gefallen, erbrochen, 70 Thlr. Geld, Cigarren, Wurst, Tabak, Zucker und der Wein aus dem Keller. „Die Anführer dieser Räuberbande waren Soldaten, die vor kurzer Zeit dort mehrere Monate im Quartier gelegen, also mit der Lokalität ganz bekannt waren!!“ Der eine Commis ist durch Bajonettstiche gefährlich am Kopf verletzt, der Kutscher des Hausbesitzers durch den Arm gestochen. Dem Kretschmer Klassen wurden geladene Gewehre auf die Brust gesetzt, um von ihm den Namen desjenigen, der geschossen haben sollte, zu erpressen. Der Herr Major, der alles mit ansah, ließ die Mord- und Raublust seiner Soldaten ungehindert fortwüthen. Auch auf der Schweidtnitzerstraße Nr. 10, bei dem Bäckermeister Tümmler drangen Soldaten ein, durchsuchten das ganze Haus, ohne auch nur das geringste Verdächtige zu finden, und als sie sich entfernt, fehlten: 1 Uhr, 1 paar Beinkleider und 1 Thlr. 20 Sgr. Geld.</p> <p>Die Wahrheit des oben Geschriebenen kann ich verbürgen und wäre die Zeit nicht so kurz, da ich mich beeile, Ihnen dieses Schreiben so bald als möglich zu übersenden, ich würde Ihnen noch viele ähnliche Heldenthaten der Soldaten, deren Brutalität alles übertroffen was man für möglich gehalten, schreiben können.</p> </div> <div xml:id="ar297_020" type="jArticle"> <head>Dresden, 9. Mai.</head> <p>In öffentlichen Blättern liest man folgende Kundmachung:</p> <p>„Da die Kommunikation zwischen Dresden und der Festung Königstein, wo Ich dermalen in Folge der im Lande ausgebrochenen Unruhen weile, jetzt erschwert ist, ja sogar auf kurze Zeit unmöglich werden kann: so beauftrage Ich hierdurch das Gesammtministerium, alle diejenigen inzwischen vorkommenden Regierungshandlungen für Mich vorzunehmen, welche keinen Aufschub gestatten, bei denen aber Meine Entschließung aus dem obigen Grunde zuvor nicht eingeholt werden kann.</p> <p>Festung Königstein, den 8 Mai 1849.</p> <p>Friedrich August.</p> <p>Dr. Ferdinand Zschinsky.“</p> <p>Heute begann in den Richtungen nach dem Plauenschen Grunde, nach Dippoldiswalde, Pirna, Freiberg die Flucht der Aufständischen aus der Altstadt. Eine reitende Batterie, das zweite Reiterregiment und Infanterie sind dem Vernehmen nach zur Verfolgung aufgebrochen. Gefangene werden von allen Seiten eingebracht. Die Frauenkirche, die Neustädter Strafkaserne und das Neustädter Stadtgefängniß sind voll davon. Die drei Mitglieder der provisorischen Regierung haben sich nach Freiberg geworfen. Es treffen mehr und mehr preußische Truppen ein, wodurch sächsische verfügbar werden.</p> <bibl>(D. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar297_021" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Leipzig, 9. Mai.</head> <p>Einem Privatbriefe von diesem Datum entnehmen wir folgende Stellen: „Die Haltung der Leipziger Bourgeois gegenüber der Dresdener Bewegung ist scheußlich. Ich hörte gestern die Aeußerung thun: „<hi rendition="#g">Leipzig ist Ein großer Spucknapf</hi>“ und wahrlich: besser könnte man diese Stadt voll Krämerseelen nicht charakterisiren. Brachten doch gestern die Bourgeois-Wänste <hi rendition="#g">der</hi> sächsischen Regierung, welche zum Abschlachten ihrer geliebten Unterthanen das Schwarzweißthum eingeladen, auf dem Rathhause ein dreimaliges Hoch!! — In Betreff der hier stattgehabten Unruhen bemerke ich nachträglich, daß die große Barrikade bei Felschens aus lauter Kisten mit Meßwaaren erbaut war, daß aber auch nicht <hi rendition="#g">ein</hi> Stück Waare entwendet worden, obgleich die Proletarier die ganze Nacht hindurch freie Verfügung darüber hatten. Davon schweigen die Zeitungen, während sie die Thaten der Kommunalgarde ausposaunen, die erst am Morgen den Muth bekam, die noch von etwa 20-30 Mann vertheidigte Barrikade anzugreifen.</p> </div> <div xml:id="ar297_022" type="jArticle"> <head>Nürnberg, 9. Mai.</head> <p>Gestern Abend hat eine sehr zahlreich besuchte Versammlung von Mitgliedern der Stadt- und Landwehr einmüthig den Beschluß gefaßt, heute früh eine Deputation zum Stadt- und Kreislandwehr-Kommandanten zu entsenden und diesem anzuzeigen, daß die Stadt- und Landwehr künftigen Donnerstag ausrücken und die deutsche Reichsverfassung feierlich und öffentlich beschwören werde. Auf heute Mittag 1 Uhr ist wieder eine Versammlung im Katharinensaal angesagt, in welcher die Deputation das Resultat ihrer Sendung verkünden und Stunde und Ort näher bezeichnen wird, wo der Akt, selbst wenn sich auch einige Führer ausschließen sollten, nächsten Donnerstag vor sich gehen soll. —</p> </div> <div xml:id="ar297_023" type="jArticle"> <head>Heidelberg, 9. Mai.</head> <p>Gestern Nachmittag versammelten sich hier die Bürgerwehrmänner auf dem Universitätsplatze und erklärten „aus eigenem Antriebe und freiem Willen, öffentlich und feierlich ernst, daß sie die, von der deutschen verfassunggebenden Nationalversammlung in Frankfurt a. M. geschaffene und bekannt gemachte deutsche Reichsverfassung sammt den Grundrechten und dem Wahlgesetze nicht nur für ganz Deutschland verbindlich anerkennen, sondern denselben auch allgemeine Geltung zu verschaffen jeder Zeit bereit seien und sie mit allen Kräften gegen alle hochverrätherische Pläne und Umtriebe, sie verfassungswidrig irgendwie abzuändern oder gar zu verdrängen, möge ein solches Beginnen kommen von wem oder von welcher Seite es wolle, mit Leib und Leben, Gut und Blut zu schützen und zu vertheidigen.“</p> </div> <div xml:id="ar297_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>27</author></bibl> Mainz, 10. Mai.</head> <p>So eben ziehen 1000 Arbeiter vereint mit Komptoiristen von hier aus nach der Pfalz um an dem Kampfe Theil zu nehmen. Morgen früh gehen weitere 800 M. Turner von hier dorthin ab. Dadurch ist die Stadt von jungen Leuten entblößt und die Werkstätten leer. Selbst verheirathete Männer verlassen Weib und Kinder um in den heiligen Kampf der Freiheit zu ziehen. Waffen sind auf alle mögliche Weise aus der Stadt herausgeschafft worden.</p> </div> <div xml:id="ar297_025" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Frankfurt, 10. Mai.</head> <p>National-Versammlung.</p> <p>Viceprasident Bauer eröffnet die Sitzung um 9 3/4 Uhr.</p> <p>Neuausgetreten sind die Abgeordneten Schrott aus Wien, Stieber aus Sachsen und Heinbrodt aus Schlesien.</p> <p>Die Adresse des rheinischen Gemeinderathkongresses wird verlesen und von der Linken mit Beifall begrüßt.</p> <p>Der Präsident verliest folgende Mittheilung des „edlen“ Gagern:</p> <p rendition="#et">Der interimistische Präsident des Reichsministerrathes an den Herrn Präsidenten der verfassunggebenden Reichsversammlung dahier.<lb/> Wie bereits gestern der hohen National-Versammlung mitgetheilt wurde, hat das Reichsministerium Sr. kaiserl. Hoheit dem Erzherzog Reichsverweser ein Programm dargelegt, welches die Regel des Verhaltens des Reichsministeriums zu den Bewegungen bestimmen sollte, die zum Zwecke der Durchführung der Reichsverfassung in einigen Theilen Deutschlands entstanden sind und zu Bürgerkrieg und Zerstörung leider geführt haben. Der Reichsverweser hat diesem Programme seine Genehmigung nicht ertheilt. Das Ministerium hat sich dadurch genöthigt gesehen, um seine definitive Entlassung Se. kaiserl. Hoheit zu ersuchen, und es ist diesem Gesuche heute stattgegeben worden. Der Reichsverweser hat dabei erklärt, daß er ein anderes Ministerium nach seiner Pflicht und Gerechtsame zu bilden sofort versuchen werde. Das Reichsministerium hat nichts versäumt, Sr. kais. Hoheit die unmittelbar dringende Nothwendigkeit, ein anderes Ministerium zu bilden, vorzustellen.<lb/> Frankfurt, 10. Mai 1849.</p> <p>Der Präsident, beantragt, diese Zuschrift dem Dreißiger-Ausschuß zu überweisen.</p> <p><hi rendition="#g">Raveaux</hi> glaubt nicht, daß es in diesem Augenblicke der Gefahr angemessen sei, über diese Mittheilung einen Ausschuß berathen zu lassen. Er schlägt vor, augenblicklich eine Deputation von 12 Mitgliedern an den Reichsverweser zu senden, um ihn zu bitten, eine Erklärung darüber abzugeben, ob er unter den gegebenen Umständen gesonnen sei, das Verfassungswerk durchzuführen, wie es vorliegt.</p> <p><hi rendition="#g">Simon</hi> von Trier verlangt, daß vor Allem sein und Vogt's Antrag berathen werde. Nach Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Juni — sagt er — sei die Errichtung des Verfassungswerks von der Wirksamkeit der provisorischen Centralgewalt ausgeschlossen. Das Verfassungswerk muß also von uns rechtlich errichtet und vollendet werden und dann fragt es sich, wer es auszuführen hat. Wenn es der Reichsverweser nicht ausführt, so muß es gleichwohl ausgeführt werden in der Art, wie wir es beschlossen haben, und worüber dem Reichsverweser keine Kritik zusteht. Wundern aber muß ich mich, daß die Männer, die ihre Person an diese Bewegung geknüpft haben, sich in diesem Augenblicke zurückziehen. Hr. Heinrich v. Gagern sprach am 18. Mai v. J. die Worte: „Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über Alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, so lange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen: Wir sollen schaffen eine Verfassung für Deutschland, für das gesammte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränetät der Nation.“ Daß dieser Mann heute nicht auf der Tribüne erscheint, ist eine Thatsache, die ich dem Urtheil der deutschen Geschichte übergebe.</p> <p><hi rendition="#g">Wigard</hi> beantragt die Vorlage des ministeriellen Programms Die Abstimmung über diesen Antrag bleibt zweifelhaft; derselbe wird hierauf zurückgezogen.</p> <p>v. <hi rendition="#g">Gagern</hi>: Ich begreife nicht, wie man sich wundern kann, daß ich in diesem entscheidenden Moment nicht auf der Tribüne erscheine. Ich glaube, daß ich in jedem entscheidenden Moment (des Verraths) bei der Hand gewesen bin. Dem Verlangen nach Vorlage des Programms kann ich nicht entsprechen; aber wenn Herr Simon zweifelt, ob ich noch denselben Standpunkt behaupte, den ich von Anfang an behauptete, so ist er im Irrthum. Ich erkenne es heute, wie am ersten Tag, als eine Nothwendigkeit an, daß die Reichsverfassung, über welche unmöglich alle Staaten Deutschlands sich in gleicher Richtung verstandigen können, von der Nationalversammlung, wie es bereits geschehen, endgültig abgeschlossen werde, und ich werde fur die Durchfuhrung der Verfassung, so weit in meinen Kräften, einstehen.</p> <p>Die Versammlung beschließt hierauf die Tagesordnung (Präsidenten-Wahl und Berathung des Simon-Vogt'schen Antrags vom 8. d) zu erledigen. — Zum ersten Prasidenten wurde E. <hi rendition="#g">Simson</hi> mit 330 unter 338 Stimmen gewählt. (Edel 6, Reh 1 St.; 1 Stimmzettel wegen unpassender Bezeichnung zurückgelegt); zum ersten Vicepräsidenten mit 177 unter 314 St. <hi rendition="#g">Reh</hi> (Eisenstuck 123.) Zum zweiten Vicepräsidenten <hi rendition="#g">Eisenstuck</hi> mit 155 unter 308 St.</p> <p>Vicepräsident <hi rendition="#g">Reh</hi> übernimmt, statt des abwesenden Präsidenten Simson, das Präsidium.</p> <p>Sodann beginnt die Berathung des Simon-Vogt'schen Antrags. Derselbe lautet:</p> <p rendition="#et">„In Erwägung, daß die Volkserhebung in der bayerischen Pfalz wie in Sachsen die Durchführung der verkündeten Reichsverfassung zum Gegenstande haben; daß daher der Reichsfriede durch Unterstützung dieser Erhebungen gegen die renitenten Regierungen, nicht aber durch Bekämpfung derselben zu bewirken ist, aus diesen Gründen beschließt die Nationalversammlung: Die Volkserhebungen in der bayerischen Pfalz und in Sachsen sind zur Durchführung der Reichsverfassung thatkräftig zu stützen und zu schützen.“</p> <p>Die Antragsteller nehmen ihren Antrag zurück (!) und vereinigen sich mit dem des Abg. v. <hi rendition="#g">Reden,</hi> also lautend:</p> <p rendition="#et">„In Erwägung, daß die Reichsversammlung durch ihre Beschlüsse vom 28. April und 4. Mai d J. die gesetzliche Mitwirkung des Volkes zur Durchführung der Reichsverfassung in Anspruch genommen hat, indem sie die Regierungen, die gesetzgebenden Körper, die Gemeinden der Einzelstaaten, das gesammte deutsche Volk aufgefordert hat, die Verfassung des deutschen Reichs vom 28. März d. J. zur Anerkennung und Geltung zu bringen;<lb/> „In Erwägung, daß der Widerstand einzelner Regierungen gegen die zu Recht bestehende Reichsverfassung und die sehr allgemein für dieselbe ausgesprochenen Sympathieen des deutschen Volks in einigen Theilen Deutschlands zu Versuchen gewaltsamer Unterdrückung geführt hat oder vorzuschreiten droht;<lb/> „In Erwägung, daß derartige Maßregeln, welche ebenso verwerflich sind, als anarchische Bestrebungen von unten, den Reichsfrieden gestört haben, oder bedrohen, dessen Bewahrung nach oben wie nach unten, durch Gesetz vom 28. Juni 1848, alleinige Berechtigung und Verpflichtung der provisorischen Centralgewalt ist;<lb/> „In Erwägung, daß die gesetzliche Berechtigung der provisorischen Centralgewalt, sowohl — „als vollziehende Gewalt in allen Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates betreffen, als zur Oberleitung der gesammten bewaffneten Macht“ — die Anwendung jedes innerhalb dieser Gränzen liegenden Mittels zur Herstellung des Reichsfriedens gestattet.“</p> <p>Aus diesen Gründen beschließt die Reichsversammlung:</p> <p> <hi rendition="#b">1) dem schweren Bruche des Reichsfriedens, welchen die preußische Regierung durch unbefugtes Einschreiten im Königreich Sachsen sich hat zu Schulden kommen lassen, ist durch alle zu Gebote stehenden Mittel entgegen zu treten.</hi> </p> <p> <hi rendition="#b">2) Neben Aufrechterhaltung der öffentlicher Ruhe und Sicherheit sind diejenigen Bestrebungen des Volks und seiner Vertreter, welche zur Durchführung der endgültig beschlossenen Reichsverfassung geschehen, gegen jeden Zwang und Unterdrückung in Schutz zu nehmen.</hi> </p> <p> <hi rendition="#b">Die provisorische Centralgewalt ist zur Ausführung dieser Beschlüsse aufzufordern.“</hi> </p> <p><hi rendition="#g">Zimmermann</hi> von Stuttgart: Das Ministerium Gagern ist abgetreten. Wir müssen jetzt wissen, in wie weit wir auf den Reichsverweser und die rechte Seite uns verlassen können, damit wir uns nicht in „unsichere« (! Wie naiv!) Unternehmungen einlassen. Darum bin ich für eine Deputation an den Reichsverweser, um ihn zu fragen, ob er die Verfassung durchführen wolle oder nicht. Will er nicht, so wird die Versammlung wissen, was sie zu thun hat. Bei der Wahl des Reichsverwesers erklärte Hr. von Gagern, man wähle einen Fürsten, nicht weil, sondern obgleich er Fürst sei. Wo nicht, so möchte ich wissen, ob dann Hr. v. Gagern und seine Freunde bereit sind, in anderem Sinne als damals zu sagen: nicht weil, sondern obgleich. Der Redner erklärt sich dann für rasche und kräftige Entschließung zur Unterstützung Sachsens und der Pfalz.</p> <p><hi rendition="#g">Grävell</hi> macht blödsinnige Bemerkungen.</p> <p><hi rendition="#g">Vogt:</hi> Sie sind jetzt an dem von uns seit Wochen vorhergesagten Punkte angelangt, wo die Centralgewalt den Vollzug Ihrer Beschlüsse weigert, und selbst gemäßigte Programme zurückweist, so daß die Minister abdanken müssen. Es muß jetzt brechen, denn biegen kann es nicht mehr. Sie werden es jetzt einsehen, daß die Taktik des Zögerns zu Ende ist und die Nationalversammlung energisch handeln muß. Ein neues Ministerium, das noch energischer als das bisherige handelt, wird vom Träger der Centralgewalt nicht angenommen. Es ist nur ein solches möglich, das mit dem Träger der Centralgewalt Hand in Hand gegen die Nationalversammlung geht. Wollen Sie in diesem Sumpf versinken oder (!!) vor demselben stehen bleiben? Sie müssen den Reichsverweser auffordern, ein Ministerium zu bilden, das die Beschlüsse der Nationalversammlung vollzieht oder Sie erklären, daß Sie diese Centralgewalt als Ihre Schöpfung zerbrechen und eine andere einsetzen. Als Ban Jellachich gegen Ungarn vorrückte, da hielt der Palatinus, ein Erzherzog, den Reichstag mit Zögerungen und Ausflüchten hin, und nachdem er endlich erklärt hatte, sich zur Armee begeben zu wollen, ging er an den Truppen vorbei und nach Wien. Lassen Sie sich dieses Beispiel stündlich und minutlich vor Augen stehen. Der Reichskommissär in Berlin hätte gegen den Bruch des Reichsfriedens von Seite Preußens so laut und kräftig vor allem Volk protestiren sollen, daß man ihn gefangen gesetzt und ausgewiesen hätte, dann hätte er mit </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1687/0003]
des „Publicisten,“ Herrn Thiele, keine Mittheilungen zu machen, so unbedeutend sie auch sein mögen.
Man ist nun begierig, was aus der unseligen weiland Berliner Bürgerwehr am Ende werden soll. Der 12. Mai ist der Tag, an welchem sie eigentlich reorganisirt werden müßte. Es scheint aber, daß man durchaus noch keine Anstalten für diesen Fall zu machen gedenkt. Früher hatte sich die konservative Partei an das Bürgerwehrgesetz geklammert, jetzt scheint es der letzte Anhaltspunkt der bewaffneten Demokraten werden zu wollen. Vielleicht wird es uns mit der Verfassung vom 5. Dezember nächstens ebenso gehen.
Die Polizei macht sehr lebhaft Jagd auf die in den Bezirken herumgehende Adresse an die deutsche Nationalversammlung für Anerkennung der Verfassung vom 28. März.
Berlin, 10. Mai. Es war gestern Nachmittag allgemein das Gerücht verbreitet, die Truppen würden aus Dresden-Altstadt herausgezogen und es solle dieselbe bombardirt werden. Diese erfreuliche Nachricht schien dadurch bestätigt zu sein, daß das Ministerium keine Kundmachung erscheinen ließ. Der Abendzug aber brachte die Nachricht von der Erstürmung (keineswegs Uebergabe) des noch vom Volke vertheidigten Stadttheils und den Adjudanten, der eine desfallsige Depesche dem Könige zu bringen hatte. — Der Kampf wüthete am 8. Mai, dem fünften Kampfestag, ohne Unterbrechung und ohne daß die Truppen irgendwie Fortschritte gemacht hatten Es war im Gegentheil das Militär schon sehr ermüdet. Da kam Mittags das Füsilier-Bataillon des 24. Rgts. an und löste die ermüdeten Soldaten ab, welche Zeit erhielten, sich zu erfrischen. Der Kampf dauerte den ganzen Nachmittag und selbst die Nacht hindurch fort, da sich das Volk mit wahrhaft bewundernswerther Tapferkeit schlug. Gegen Morgen konnten die Soldaten vom Alexander-Regiment, neu gestärkt, wieder eintreten. Es wurde in der Altstadt selbst eingesehen, daß man sich nicht mehr halten könne. Das schwere Geschütz donnerte gegen die Eckhäuser, die Uebermacht wurde immer größer und das Militär bahnte sich einen langsamen, aber sichern Weg durch die Brandmauern der Häuser, da die Barrikaden faktisch nicht zu nehmen waren. Das Volk konnte nur noch den Kampf des ehrenvollen Untergangs führen.
Dezu kam, daß gegen Morgen eine Proklamation des Königs von Sachsen erschien: „An die Altstadt!“ in der dieselbe aufgefordert wurde, sich bis 6 Uhr auf Gnade und Ungnade zu ergeben, oder zu gewärtigen, daß man sie mit glühenden Kugeln beschieße.
Wie bei allen Revolutionen, so traten auch hier durch die Bourgeoisie Verräthereien ein. Während der Kampf noch tapfer geführt wurde, drangen ein großer Theil der Bürger, der Stadtrath an der Spitze, auf die provisorische Regierung ein, zu kapituliren, ja die Angst für ihr Eigenthum machte sie so muthig, daß sie sich denen entgegenstellten, welche entschlossen waren, weiter zu kämpfen. So wurde z. B. die sehr gut befestigte und von Scharfschützen besetzte Kreuzkirche dadurch genommen, daß ein Theil ihrer Vertheidiger zuerst gegen die Bourgeoisie selbst sich richten mußte. Diese zog eine weiße Fahne auf, während die Schützen beim Herandringen der 12. Kompagnie 24er Feuer gaben. Doch trotz der tapfern Vertheidigung wurde die Kirche im Sturm erobert und Alles niedergemacht. Demungeachtet hatte die provisorische Regierung um 7 1/2 Uhr noch so viel Macht, daß sie 3 Meuterer (Dresdner Bourgeois) konnte erschießen lassen.
Der Verrath und die Hindernisse im Innern der Altstadt dauerten aber fort und endlich wurde auch das Posthaus durch die 9. Kompagnie 24er erstürmt und alle Vertheidiger desselben erstochen. Der provisorischen Regierung blieb jetzt nur noch ein fester Punkt, das Rathhaus, sie beschloß daher, nachdem die Post in die Hände der Feinde gefallen war, sich kämpfend gegen den Plauen'schen Grund zurückzuziehen, und sich wo möglich mit dem noch übrigen Theil der Freischaaren nach Freiberg und dem Gebirge durchzuschlagen. Dieser Rückzug wurde durch die noch nicht genommenen Theile der Altstadt und besonders durch das stark verbarrikadirte Rathhaus gedeckt, während die Dresdener Bürger unterhandelten. Endlich rückten wieder 24er gegen das Rathhaus. Die Scharfschützen in demselben ließen sie nahe herankommen und gaben alsdann eine wohlgezielte Salve. Das Militär wich zurück und ließ etwa 15 schwer Verwundete und Todte auf dem Platz. Nun zogen sich die Schützen aus dem Rathhause und die 24er erstürmten es ohne Widerstand. Damit war Dresden gefallen.
Die provisorische Regierung und ein großer Theil der Freischaaren sind nach Freiberg entkommen.
Tzschirner hat den größten Muth bewiesen, im dichtesten Kugelregen begeisterte er die Kämpfer des Volkes.
Die Stadt hat also 8 Tage lang fast ununterbrochen gekämpft.
Das sächsische Revolutionsdrama aber ist noch nicht zu Ende, und wir werden einen Krieg erleben, wie es höchstens der Bauernkrieg im 16. Jahrhundert gewesen ist.
61 Breslau, 9. Mai. Da die Waffenablieferung bis gestern Abend sehr unvollständig erfolgt war, so setzten sich die preußischen Mordhorden abermals in Bewegung und durchziehen noch bis zu diesem Augenblicke die Straßen der Stadt. Sichtlich schien es gestern Abend darauf abgesehen, neue Schlächtereien zu verüben, und es ist nächst der Friedrichs-Brücke gegen 10 Uhr wirklich wieder geschossen worden. Indessen fühlt das Volk immer mehr, daß es in eine kontrerevolutionäre Falle gegangen ist, und sucht seinen Ingrimm einstweilen zu verbeißen. Obschon von der feigen Bourgeoisie, die im entscheidenden Augenblicke stets auf Seite des Absolutismus steht, die Waffen bereitwillig abgeliefert werden, so wird diese Ablieferung im Allgemeinen doch jedenfalls sehr unvollständig bleiben. Man hört immer neue Details von den Räuberthaten des 23. Regiments. Diese Banditen sollen selbst die Kroaten im Stehlen übertroffen haben. Einem Kaufmanne in der Ahlauerstraße haben sie den ganzen Laden geplündert und die Kasse entwendet, so daß er ein ruinirter Mann geworden ist.
Gestern Abend trafen Landwehrbataillons hier ein und wurden bei den „guten Bürgern“ untergebracht. Ihre Bestimmung ist die östreichische Grenze. Unter der Firma des jugendlichen Tamerlan führt gegenwärtig schon Nikolaus den Oberbefehl über die östreichische Armee in Ungarn. Auch Welden ist bei Seite gedrückt worden. Die Sachsen werden dadurch, daß sie von den preußischen Mördern zusammengehauen werden, diejenige Energie bekommen, die ihnen bisheran gefehlt hat, sie werden ihre Bourgeoisie kennen lernen. Kossuth zeigt uns täglich, daß die Armeen des Despotismus nur durch Armeen der Freiheit geschlagen werden können, und wir wollen wünschen, daß die Süddeutschen und Rheinländer diese Lehre bald durch Revolutionsarmeen in der Pfalz und Westphalen bethätigen.
12 Breslau, 10. Mai. Von den Vorgängen der letzten Tage sind Sie jedenfalls unterrichtet. Doch dürften Ihnen einige Einzelnheiten nicht uninteressant sein. Die Stimmung der letzten Woche war eine äußerst erregte. Daß etwas geschehen werde und müsse, davon waren alle überzeugt, obgleich das Wie Keinem klar war. Dieses Schwanken, diese Unentschlossenheit, waren auch Ursache, daß, als es wirklich zum Ausbruch kam, keiner wußte, wo er sich betheiligen, wo er am besten helfen konnte. Keiner wollte zu früh anfangen und auf diese Weise kamen Alle zu spät. Ein kleiner Theil hat Breslau's Ehre würdig vertheidigt und gezeigt, daß, wenn es nur Allen Ernst gewesen, daß Volk sich leicht zu Herren der Stadt gemacht hätte. Die Barrikaden, die man vertheidigte, wurden mit einem Muthe und einer Umsicht vertheidigt, denen ein besserer Erfolg zu wünschen gewesen. Denn nur wenige waren mit Feuergewehren bewaffnet; der größte Theil hatte nur seine Hände, um sich zu vertheidigen. Gleichwohl haben sie sich stundenlang gegen das heranstürmende Militär gehalten. So auf der Nikolaistraße, wo die Maurer verbarrikadirt, wenigstens zehnmal das Militär zurückschlugen und endlich doch nur durch Verrath unterlagen. Dort hatte auch bei dem Bau einer andern Barrikade, die zum Schutze der ersten dienen sollte, der Kretschmer Thomas, Reuschestraße Nro. 7 grüne Eiche, mit Vitriolöl auf die Bauenden gespritzt und mehrere davon bedeutend verwundet. Seinen Namen übergebe ich hiermit, um diese gemeine Hundeseele für immer zu brandmarken, der Oeffentlichkeit. Auch auf der Mäntlergasse wurden Barrikaden gegen eine ungeheure Uebermacht des Militärs, das Salve auf Salve gab, bis nach 12 Uhr in der Nacht vertheidigt. Dort sind sehr viele Soldaten geblieben. Der Verlust der Soldaten ist überhaupt ziemlich bedeutend. Man spricht im Ganzen von 100 Todten.
Das Militär hat sich durch Stehlen und hinterlistiges Morden ausgezeichnet. Gestohlen wurden von den 22ern auf der Ahlauerstraße bei dem Kaufmann Bringen, dessen Gewölbe sie unter dem Vorgehen, daß ein Schuß daraus gefallen, erbrochen, 70 Thlr. Geld, Cigarren, Wurst, Tabak, Zucker und der Wein aus dem Keller. „Die Anführer dieser Räuberbande waren Soldaten, die vor kurzer Zeit dort mehrere Monate im Quartier gelegen, also mit der Lokalität ganz bekannt waren!!“ Der eine Commis ist durch Bajonettstiche gefährlich am Kopf verletzt, der Kutscher des Hausbesitzers durch den Arm gestochen. Dem Kretschmer Klassen wurden geladene Gewehre auf die Brust gesetzt, um von ihm den Namen desjenigen, der geschossen haben sollte, zu erpressen. Der Herr Major, der alles mit ansah, ließ die Mord- und Raublust seiner Soldaten ungehindert fortwüthen. Auch auf der Schweidtnitzerstraße Nr. 10, bei dem Bäckermeister Tümmler drangen Soldaten ein, durchsuchten das ganze Haus, ohne auch nur das geringste Verdächtige zu finden, und als sie sich entfernt, fehlten: 1 Uhr, 1 paar Beinkleider und 1 Thlr. 20 Sgr. Geld.
Die Wahrheit des oben Geschriebenen kann ich verbürgen und wäre die Zeit nicht so kurz, da ich mich beeile, Ihnen dieses Schreiben so bald als möglich zu übersenden, ich würde Ihnen noch viele ähnliche Heldenthaten der Soldaten, deren Brutalität alles übertroffen was man für möglich gehalten, schreiben können.
Dresden, 9. Mai. In öffentlichen Blättern liest man folgende Kundmachung:
„Da die Kommunikation zwischen Dresden und der Festung Königstein, wo Ich dermalen in Folge der im Lande ausgebrochenen Unruhen weile, jetzt erschwert ist, ja sogar auf kurze Zeit unmöglich werden kann: so beauftrage Ich hierdurch das Gesammtministerium, alle diejenigen inzwischen vorkommenden Regierungshandlungen für Mich vorzunehmen, welche keinen Aufschub gestatten, bei denen aber Meine Entschließung aus dem obigen Grunde zuvor nicht eingeholt werden kann.
Festung Königstein, den 8 Mai 1849.
Friedrich August.
Dr. Ferdinand Zschinsky.“
Heute begann in den Richtungen nach dem Plauenschen Grunde, nach Dippoldiswalde, Pirna, Freiberg die Flucht der Aufständischen aus der Altstadt. Eine reitende Batterie, das zweite Reiterregiment und Infanterie sind dem Vernehmen nach zur Verfolgung aufgebrochen. Gefangene werden von allen Seiten eingebracht. Die Frauenkirche, die Neustädter Strafkaserne und das Neustädter Stadtgefängniß sind voll davon. Die drei Mitglieder der provisorischen Regierung haben sich nach Freiberg geworfen. Es treffen mehr und mehr preußische Truppen ein, wodurch sächsische verfügbar werden.
(D. A. Z.) * Leipzig, 9. Mai. Einem Privatbriefe von diesem Datum entnehmen wir folgende Stellen: „Die Haltung der Leipziger Bourgeois gegenüber der Dresdener Bewegung ist scheußlich. Ich hörte gestern die Aeußerung thun: „Leipzig ist Ein großer Spucknapf“ und wahrlich: besser könnte man diese Stadt voll Krämerseelen nicht charakterisiren. Brachten doch gestern die Bourgeois-Wänste der sächsischen Regierung, welche zum Abschlachten ihrer geliebten Unterthanen das Schwarzweißthum eingeladen, auf dem Rathhause ein dreimaliges Hoch!! — In Betreff der hier stattgehabten Unruhen bemerke ich nachträglich, daß die große Barrikade bei Felschens aus lauter Kisten mit Meßwaaren erbaut war, daß aber auch nicht ein Stück Waare entwendet worden, obgleich die Proletarier die ganze Nacht hindurch freie Verfügung darüber hatten. Davon schweigen die Zeitungen, während sie die Thaten der Kommunalgarde ausposaunen, die erst am Morgen den Muth bekam, die noch von etwa 20-30 Mann vertheidigte Barrikade anzugreifen.
Nürnberg, 9. Mai. Gestern Abend hat eine sehr zahlreich besuchte Versammlung von Mitgliedern der Stadt- und Landwehr einmüthig den Beschluß gefaßt, heute früh eine Deputation zum Stadt- und Kreislandwehr-Kommandanten zu entsenden und diesem anzuzeigen, daß die Stadt- und Landwehr künftigen Donnerstag ausrücken und die deutsche Reichsverfassung feierlich und öffentlich beschwören werde. Auf heute Mittag 1 Uhr ist wieder eine Versammlung im Katharinensaal angesagt, in welcher die Deputation das Resultat ihrer Sendung verkünden und Stunde und Ort näher bezeichnen wird, wo der Akt, selbst wenn sich auch einige Führer ausschließen sollten, nächsten Donnerstag vor sich gehen soll. —
Heidelberg, 9. Mai. Gestern Nachmittag versammelten sich hier die Bürgerwehrmänner auf dem Universitätsplatze und erklärten „aus eigenem Antriebe und freiem Willen, öffentlich und feierlich ernst, daß sie die, von der deutschen verfassunggebenden Nationalversammlung in Frankfurt a. M. geschaffene und bekannt gemachte deutsche Reichsverfassung sammt den Grundrechten und dem Wahlgesetze nicht nur für ganz Deutschland verbindlich anerkennen, sondern denselben auch allgemeine Geltung zu verschaffen jeder Zeit bereit seien und sie mit allen Kräften gegen alle hochverrätherische Pläne und Umtriebe, sie verfassungswidrig irgendwie abzuändern oder gar zu verdrängen, möge ein solches Beginnen kommen von wem oder von welcher Seite es wolle, mit Leib und Leben, Gut und Blut zu schützen und zu vertheidigen.“
27 Mainz, 10. Mai. So eben ziehen 1000 Arbeiter vereint mit Komptoiristen von hier aus nach der Pfalz um an dem Kampfe Theil zu nehmen. Morgen früh gehen weitere 800 M. Turner von hier dorthin ab. Dadurch ist die Stadt von jungen Leuten entblößt und die Werkstätten leer. Selbst verheirathete Männer verlassen Weib und Kinder um in den heiligen Kampf der Freiheit zu ziehen. Waffen sind auf alle mögliche Weise aus der Stadt herausgeschafft worden.
* Frankfurt, 10. Mai. National-Versammlung.
Viceprasident Bauer eröffnet die Sitzung um 9 3/4 Uhr.
Neuausgetreten sind die Abgeordneten Schrott aus Wien, Stieber aus Sachsen und Heinbrodt aus Schlesien.
Die Adresse des rheinischen Gemeinderathkongresses wird verlesen und von der Linken mit Beifall begrüßt.
Der Präsident verliest folgende Mittheilung des „edlen“ Gagern:
Der interimistische Präsident des Reichsministerrathes an den Herrn Präsidenten der verfassunggebenden Reichsversammlung dahier.
Wie bereits gestern der hohen National-Versammlung mitgetheilt wurde, hat das Reichsministerium Sr. kaiserl. Hoheit dem Erzherzog Reichsverweser ein Programm dargelegt, welches die Regel des Verhaltens des Reichsministeriums zu den Bewegungen bestimmen sollte, die zum Zwecke der Durchführung der Reichsverfassung in einigen Theilen Deutschlands entstanden sind und zu Bürgerkrieg und Zerstörung leider geführt haben. Der Reichsverweser hat diesem Programme seine Genehmigung nicht ertheilt. Das Ministerium hat sich dadurch genöthigt gesehen, um seine definitive Entlassung Se. kaiserl. Hoheit zu ersuchen, und es ist diesem Gesuche heute stattgegeben worden. Der Reichsverweser hat dabei erklärt, daß er ein anderes Ministerium nach seiner Pflicht und Gerechtsame zu bilden sofort versuchen werde. Das Reichsministerium hat nichts versäumt, Sr. kais. Hoheit die unmittelbar dringende Nothwendigkeit, ein anderes Ministerium zu bilden, vorzustellen.
Frankfurt, 10. Mai 1849.
Der Präsident, beantragt, diese Zuschrift dem Dreißiger-Ausschuß zu überweisen.
Raveaux glaubt nicht, daß es in diesem Augenblicke der Gefahr angemessen sei, über diese Mittheilung einen Ausschuß berathen zu lassen. Er schlägt vor, augenblicklich eine Deputation von 12 Mitgliedern an den Reichsverweser zu senden, um ihn zu bitten, eine Erklärung darüber abzugeben, ob er unter den gegebenen Umständen gesonnen sei, das Verfassungswerk durchzuführen, wie es vorliegt.
Simon von Trier verlangt, daß vor Allem sein und Vogt's Antrag berathen werde. Nach Artikel 3 des Gesetzes vom 28. Juni — sagt er — sei die Errichtung des Verfassungswerks von der Wirksamkeit der provisorischen Centralgewalt ausgeschlossen. Das Verfassungswerk muß also von uns rechtlich errichtet und vollendet werden und dann fragt es sich, wer es auszuführen hat. Wenn es der Reichsverweser nicht ausführt, so muß es gleichwohl ausgeführt werden in der Art, wie wir es beschlossen haben, und worüber dem Reichsverweser keine Kritik zusteht. Wundern aber muß ich mich, daß die Männer, die ihre Person an diese Bewegung geknüpft haben, sich in diesem Augenblicke zurückziehen. Hr. Heinrich v. Gagern sprach am 18. Mai v. J. die Worte: „Ich gelobe hier feierlich vor dem ganzen deutschen Volke, daß seine Interessen mir über Alles gehen, daß sie die Richtschnur meines Betragens sein werden, so lange ein Blutstropfen in meinen Adern rinnt. Wir haben die größte Aufgabe zu erfüllen: Wir sollen schaffen eine Verfassung für Deutschland, für das gesammte Reich. Der Beruf und die Vollmacht zu dieser Schaffung, sie liegen in der Souveränetät der Nation.“ Daß dieser Mann heute nicht auf der Tribüne erscheint, ist eine Thatsache, die ich dem Urtheil der deutschen Geschichte übergebe.
Wigard beantragt die Vorlage des ministeriellen Programms Die Abstimmung über diesen Antrag bleibt zweifelhaft; derselbe wird hierauf zurückgezogen.
v. Gagern: Ich begreife nicht, wie man sich wundern kann, daß ich in diesem entscheidenden Moment nicht auf der Tribüne erscheine. Ich glaube, daß ich in jedem entscheidenden Moment (des Verraths) bei der Hand gewesen bin. Dem Verlangen nach Vorlage des Programms kann ich nicht entsprechen; aber wenn Herr Simon zweifelt, ob ich noch denselben Standpunkt behaupte, den ich von Anfang an behauptete, so ist er im Irrthum. Ich erkenne es heute, wie am ersten Tag, als eine Nothwendigkeit an, daß die Reichsverfassung, über welche unmöglich alle Staaten Deutschlands sich in gleicher Richtung verstandigen können, von der Nationalversammlung, wie es bereits geschehen, endgültig abgeschlossen werde, und ich werde fur die Durchfuhrung der Verfassung, so weit in meinen Kräften, einstehen.
Die Versammlung beschließt hierauf die Tagesordnung (Präsidenten-Wahl und Berathung des Simon-Vogt'schen Antrags vom 8. d) zu erledigen. — Zum ersten Prasidenten wurde E. Simson mit 330 unter 338 Stimmen gewählt. (Edel 6, Reh 1 St.; 1 Stimmzettel wegen unpassender Bezeichnung zurückgelegt); zum ersten Vicepräsidenten mit 177 unter 314 St. Reh (Eisenstuck 123.) Zum zweiten Vicepräsidenten Eisenstuck mit 155 unter 308 St.
Vicepräsident Reh übernimmt, statt des abwesenden Präsidenten Simson, das Präsidium.
Sodann beginnt die Berathung des Simon-Vogt'schen Antrags. Derselbe lautet:
„In Erwägung, daß die Volkserhebung in der bayerischen Pfalz wie in Sachsen die Durchführung der verkündeten Reichsverfassung zum Gegenstande haben; daß daher der Reichsfriede durch Unterstützung dieser Erhebungen gegen die renitenten Regierungen, nicht aber durch Bekämpfung derselben zu bewirken ist, aus diesen Gründen beschließt die Nationalversammlung: Die Volkserhebungen in der bayerischen Pfalz und in Sachsen sind zur Durchführung der Reichsverfassung thatkräftig zu stützen und zu schützen.“
Die Antragsteller nehmen ihren Antrag zurück (!) und vereinigen sich mit dem des Abg. v. Reden, also lautend:
„In Erwägung, daß die Reichsversammlung durch ihre Beschlüsse vom 28. April und 4. Mai d J. die gesetzliche Mitwirkung des Volkes zur Durchführung der Reichsverfassung in Anspruch genommen hat, indem sie die Regierungen, die gesetzgebenden Körper, die Gemeinden der Einzelstaaten, das gesammte deutsche Volk aufgefordert hat, die Verfassung des deutschen Reichs vom 28. März d. J. zur Anerkennung und Geltung zu bringen;
„In Erwägung, daß der Widerstand einzelner Regierungen gegen die zu Recht bestehende Reichsverfassung und die sehr allgemein für dieselbe ausgesprochenen Sympathieen des deutschen Volks in einigen Theilen Deutschlands zu Versuchen gewaltsamer Unterdrückung geführt hat oder vorzuschreiten droht;
„In Erwägung, daß derartige Maßregeln, welche ebenso verwerflich sind, als anarchische Bestrebungen von unten, den Reichsfrieden gestört haben, oder bedrohen, dessen Bewahrung nach oben wie nach unten, durch Gesetz vom 28. Juni 1848, alleinige Berechtigung und Verpflichtung der provisorischen Centralgewalt ist;
„In Erwägung, daß die gesetzliche Berechtigung der provisorischen Centralgewalt, sowohl — „als vollziehende Gewalt in allen Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohlfahrt des deutschen Bundesstaates betreffen, als zur Oberleitung der gesammten bewaffneten Macht“ — die Anwendung jedes innerhalb dieser Gränzen liegenden Mittels zur Herstellung des Reichsfriedens gestattet.“
Aus diesen Gründen beschließt die Reichsversammlung:
1) dem schweren Bruche des Reichsfriedens, welchen die preußische Regierung durch unbefugtes Einschreiten im Königreich Sachsen sich hat zu Schulden kommen lassen, ist durch alle zu Gebote stehenden Mittel entgegen zu treten.
2) Neben Aufrechterhaltung der öffentlicher Ruhe und Sicherheit sind diejenigen Bestrebungen des Volks und seiner Vertreter, welche zur Durchführung der endgültig beschlossenen Reichsverfassung geschehen, gegen jeden Zwang und Unterdrückung in Schutz zu nehmen.
Die provisorische Centralgewalt ist zur Ausführung dieser Beschlüsse aufzufordern.“
Zimmermann von Stuttgart: Das Ministerium Gagern ist abgetreten. Wir müssen jetzt wissen, in wie weit wir auf den Reichsverweser und die rechte Seite uns verlassen können, damit wir uns nicht in „unsichere« (! Wie naiv!) Unternehmungen einlassen. Darum bin ich für eine Deputation an den Reichsverweser, um ihn zu fragen, ob er die Verfassung durchführen wolle oder nicht. Will er nicht, so wird die Versammlung wissen, was sie zu thun hat. Bei der Wahl des Reichsverwesers erklärte Hr. von Gagern, man wähle einen Fürsten, nicht weil, sondern obgleich er Fürst sei. Wo nicht, so möchte ich wissen, ob dann Hr. v. Gagern und seine Freunde bereit sind, in anderem Sinne als damals zu sagen: nicht weil, sondern obgleich. Der Redner erklärt sich dann für rasche und kräftige Entschließung zur Unterstützung Sachsens und der Pfalz.
Grävell macht blödsinnige Bemerkungen.
Vogt: Sie sind jetzt an dem von uns seit Wochen vorhergesagten Punkte angelangt, wo die Centralgewalt den Vollzug Ihrer Beschlüsse weigert, und selbst gemäßigte Programme zurückweist, so daß die Minister abdanken müssen. Es muß jetzt brechen, denn biegen kann es nicht mehr. Sie werden es jetzt einsehen, daß die Taktik des Zögerns zu Ende ist und die Nationalversammlung energisch handeln muß. Ein neues Ministerium, das noch energischer als das bisherige handelt, wird vom Träger der Centralgewalt nicht angenommen. Es ist nur ein solches möglich, das mit dem Träger der Centralgewalt Hand in Hand gegen die Nationalversammlung geht. Wollen Sie in diesem Sumpf versinken oder (!!) vor demselben stehen bleiben? Sie müssen den Reichsverweser auffordern, ein Ministerium zu bilden, das die Beschlüsse der Nationalversammlung vollzieht oder Sie erklären, daß Sie diese Centralgewalt als Ihre Schöpfung zerbrechen und eine andere einsetzen. Als Ban Jellachich gegen Ungarn vorrückte, da hielt der Palatinus, ein Erzherzog, den Reichstag mit Zögerungen und Ausflüchten hin, und nachdem er endlich erklärt hatte, sich zur Armee begeben zu wollen, ging er an den Truppen vorbei und nach Wien. Lassen Sie sich dieses Beispiel stündlich und minutlich vor Augen stehen. Der Reichskommissär in Berlin hätte gegen den Bruch des Reichsfriedens von Seite Preußens so laut und kräftig vor allem Volk protestiren sollen, daß man ihn gefangen gesetzt und ausgewiesen hätte, dann hätte er mit
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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