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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 273. Köln, 15. April 1849.

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12 Paris, 11. April.

Ein Antiprogramm! Die Rue de Poitiers will das Programm des Berges widerlegen, und diese Widerlegung, dieses Antiprogramm an alle Bauern und Soldaten, in Stadt und Land verbreiten. Die Rue de Poitiers hat weiter nichts zu bieten, als Geld und Papier; einige Frankenthaler für den Agenten, der die Wähler bearbeitet, und eine Masse gedrucktes Papier, für die Wähler selbst: Ihre Thätigkeit erstreckt sich in Paris blos auf die Kleinbürger und Krämer, und in den Departements auf die Geistlichen und Beamten. Zu den Arbeitern, zu den Hunderttausenden von Arbeitern kann die Rue de Poitiers schon deßhalb nicht durchdringen, weil sie gar nicht weiß, wo sie wohnen. Die Arbeiter werden erst sichtbar in Zeiten der Revolution, auf der Straße, wenn sie zu Tausenden wie aus dem Boden hervorkommen. Die Industrie hat es dem Arbeiter unmöglich gemacht, vereinzelt zu wohnen; er wohnt mit Hunderten seiner Genossen in demselben Hause, auf demselben Korridor, und da wohnt er auch eigentlich nicht: er schläft nur da. Er wohnt auf der Straße und in der Werkstätte, ebenfalls nicht vereinzelt, sondern mit seinen Kameraden. Hier im Atelier, im Hause, hat die Association bereits ihren Anfang genommen, noch ehe das Associationsrecht als eine Errungenschaft faktisch proklamirt worden. Die Rue Poitiers sieht weiter nichts als die Klubs und die öffentlichen Associationen, und in ihrer Verblendung wähnte sie, durch Verurtheilung der Führer und Organe die demokratische Partei direkt auf's Haupt zu schlagen. Die Wirkung dieser Verurtheilungen ist gerade eine entgegengesetzte. Selbst der National tritt für den "Peuple" und die "Revolution demokratique et sociale" auf. Der National, der zur Begründung seiner Herrschaft auf dieselbe Weise verfuhr, wie jetzt Faucher und Barrot, wirft der Magistratur der Herren Barrot und Faucher vor, daß sie "monarchisch" urtheile. Ungeachtet aller Angriffe, welche der National vom "Peuple" und der "Revolution" erfahren hat und noch täglich erfährt, ist der National genöthigt, alles zu vergessen, alle Angriffe zu übersehen, und, verstoßen von der Partei der Rue Poitiers, sich heranzudrängen an die demokratische-soziale Partei der Revolution.

Der National unterschreibt für 100 Franken zu Gunsten der verfolgten Journale. So weit ist es also mit dieser Bastards-Partei gekommen, daß sie, nachdem sie die Revolution untergraben und die Juni-Insurgenten geschlachtet hat jetzt, um nicht selbst abgeschlachtet zu werden, sich gezwungen sieht, für die Schlachtopfer zu unterschreiben. Dieses Faktum allein zeigt schon an, wie es mit dem Programm der Montagne steht. Die Schläge, welche die Montagne erlitten hat, sei es in ihren Männern, sei es in ihren Journalen, sind direkt veranlaßt worden von der Rue Poitiers; Cavaignac und Marrast waren auf der Liste der Rue Poitiers als Candidaten vorgeschlagen; und der National, der immer noch Verbindungen mit Marrast unterhält und Cavaignac sogar als seinen geheimen Mitarbeiter hat, reißt sich durch diese Souscription los von der rue Poitiers, um sich für die "verfolgte Montagne" zu erklären, obgleich er weiß, daß die Angriffe später wieder beginnen werden.

Also ungeachtet der Kapitulation, über welche die Rue Poitiers zu verfügen hat, ist die Stellung dieser Partei täglich mehr gefährdet. Am deutlichsten geht dies aber aus dem Vorschlag des Herrn Faucher hervor, welcher die exceptionelle Stellung des Herrn Changarnier, als obersten Commandanten der Nationalgarde und der Linientruppen legalisiren lassen will. Durch ein Gesetz soll die Kammer dem Herrn Changarnier diese ungeheure Macht während der ganzen Zeit der Wahlen in Händen lassen. Was Bugeaud im Februar als Plan dem Herrn Thiers mitgetheilt, das soll Changarnier verwirklichen. Die siegreiche Demokratie soll durch einen Handstreich des Herrn Changarnier überrumpelt werden. Es ist vorauszusehen, daß dieser Vorschlag in der Kammer scheitern wird. Das Auftreten des Nationals hat die Lage der Dinge ungemein geändert, und Verlust für Verlust, denkt der National, besser ist's noch von der Montagne als von der Partei des Herrn Thiers aus dem Felde geschlagen zu werden.

Was übrigens die Kandidatur des Hrn. Cavaignac anbetrifft, so meint es keineswegs die Rue Poitiers ernst mit ihr. Sie hat in diesem Augenblick viel zu viel zu thun, um die des Hrn. Thiers und Mole durchzubringen. Cavaignac weiß dies recht wohl, und er weiß auch, daß Changarnier ihn völlig überflüssig macht. Die Rue Poitiers braucht wirkliche Generäle, aber keine vergangenen Größen, und weiter ist Cavaignac nichts mehr in den Augen der Rue Poitiers. Hat man ihm nicht bereits seine Mobilen genommen, deren letzte 12 Bataillone nun auch bis auf die Hälfte beurlaubt sind? Und was ist Cavaignac ohne die Mobile, und zumal da die Afrikaner nur dem General Bugeaud angehören?

Wir stehen am Vorabend einer neuen Revolution. Die Parteien fangen an, sich in Schlachtordnung aufzustellen. "Ruhe und Ordnung," das ist der Schlachtruf der Einen, und um die Ruhe und Ordnung herzustellen, sind sie bereit, den Kampf in den Straßen aufs Neue anzufachen. "Ueber die Alpen und an den Rhein!" das ist der Schlachtruf der andern Partei, der wahren Franzosen, und dazwischen tönt der Ruf der Bauern: "Heraus mit der Milliarde!" und der Ruf der Arbeiter: "Recht auf Arbeit," und Bauern und Arbeiter, die "Ruhe und Ordnung" des Kapitalisten verhöhnend, sind entbrannt von kriegerischem Muthe. Napoleon allein ist ernst und nachsinnend: dem König von Preußen wird eine Kaiserkrone angeboten; der König Friedrich Wilhelm IV. wird um den Helm ein kaiserliches Diadem aufsetzen, und er, der kaiserliche Neffe, hat noch immer keinen Bonaparteshut, und er, der ein zweiter Napoleon werden wollte, ist noch immer nicht Napoleon der Zweite.

12 Paris, 12. April.

Mit dem Berge ist's aus. Der Berg ist todt! so jubeln die reaktionären Blätter. Und warum ist es mit dem Berge aus? Warum ist der Berg todt? Weil Eugene Raspail dem Herrn Point eine Ohrschelle gegeben hat! Die Ohrfeige also hat den Berg getödtet! Das ist noch nicht Alles. Raspail, Mitglied des Berges, hat nicht allein durch eine Ohrfeige den Berg, sondern der Berg durch seine Sympathie für Raspail soll die ganze demokratische Partei getödtet haben. Und wer führt diese Sprache? Das Journal des Debats! In einem Leitartikel wird der Untergang des Berges ausführlich auseinandergesetzt, und am Ende des Artikels das Bedauern darüber ausgesprochen, daß der Kammer das Recht nicht zustände, den Raspail gleich in der Sitzung zu verurtheilen. Wir wollen die Geschichte mit der Ohrfeige kurz erzählen, und dann wird es klar werden, daß die von Herrn Raspail Ertheilte eine Ohrfeige ist, welche die ganze Bourgeoisie in der Person des Herrn Point erhalten hat. Der Deputirte Point ist der famose Zeuge in dem Prozesse von Bourges, der hauptsächlich Schuld an Raspail's Verhaftung war. Sei es Neugierde oder Schadenfreude, in der heutigen Sitzung hatte er seine Lorgnette beständig fixirt gehalten auf Eugene Raspail, den Neffen des Verurtheilten. Der junge Raspail stellte ihn deshalb außerhalb der Kammer zur Rede; sie geriethen in Wortwechsel und die Sache endigte mit einer Ohrfeige, die Raspail dem Hrn. Point zu geben sich veranlaßt gefunden. Point rief den bekannten Prokurator Baroche herbei, der auf der Stelle sein Requisitorium redigirte, und darauf besteht, daß die Kammer die nöthige Autorisation zur Belangung des Herrn Raspail vor dem kompetenten Gerichte bewillige, was denn auch geschah. Der Berg gab seine Entrüstung laut zu erkennen: also Herr Point, statt die ihm gebotene Satisfaktion anzunehmen, wendet sich an das Gericht! Statt sich zu schlagen im Duell, wie ein Franzose, wie ein Mann von Muth und Ehre, zieht er es vor, die Ohrfeige zu behalten und Raspail verurtheilen zu lassen. Und das Duell ist nicht allein tolerirt in Frankreich, sondern sogar geboten, von Guizot selbst, der, ich weiß nicht mehr bei welcher Gelegenheit, in der Kammer erklärt hat, daß es Fälle gebe, wo das bürgerliche Gericht aufhöre und das Ehrengericht des Duells anfange. Und als wenn Guizot's Autorität noch nöthig wäre, um dies einem Franzosen zu sagen. Aber die Bourgeoisie ist so feige geworden, daß sie gar nicht mehr fühlt, wie Point's feiges Betragen in ganz Frankreich das Blut in Wallung bringen muß. Im Gegentheil: sie will die Ohrfeige exploitiren; sie will sie als Argument gebrauchen, um zu zeigen, wie Leute, "die so wenig Anstand" hätten, nicht mehr für die nächste Kammer gewählt werden können! Und sie sieht gar nicht ein, daß die Franzosen sich innerlich freuen über die so gut applizirte Ohrfeige, und daß Point, wenn er sie wirklich nicht verdient hätte, schon durch die Verweigerung der Satisfaktion als der gehässigste Mensch dasteht. Die Ohrfeige, wie gesagt, wird die Runde in Frankreich machen: die Bourgeoisie wird dies bald merken, und Point könnte am Ende genöthigt werden, sich nicht mehr für seine Ehre, sondern für die Interessen der Bourgeoisie, gezwungenerweise zu schlagen.

Das bürgerliche Gericht: hiermit hoffte die Bourgeoisie die Demokratie zu tödten. Man kennt die Verfolgungen der Presse; trotzdem tritt sie kühner auf, als je. Die Verfolgungen schlagen sogar zum Besten der demokratischen Partei aus.

Proudhon hat heute die erste revolutionäre Maßregel getroffen: er hat seine Bank aufgelöst. Als Grund dieser Auflösung giebt Hr. Proudhon seine Verurtheilung an. "Loin des bureaux, loin des affaires." Weil er, Proudhon, sei es in Folge seiner bevorstehenden Einkerkerung, oder einer freiwilligen Verbannung, nicht mehr in den Bureaux ist, kann er auch die Geschäfte, die "Affaires" nicht mehr überwachen. Was für Geschäfte? Die kleinen Epiciersgeschäfte, die Geschäfte, die im Austausche innerhalb eines ganz kleinen Kreises bestanden, mit Hinweglassung der Hauptgeschäfte, der Geschäftsverbindungen mit den andern Staaten, ohne der Hindernisse zu gedenken, auf welchen diese Geschäfte bei der mindesten Berührung mit der Bourgeoisie, ob ausländisch ob französisch, stoßen mußten! Und als wenn diese Geschäftsversuche, diese Organisationspläne schon nach der Februarrevolution nicht Alles verdorben hätten, weil sie die Arbeiter eben abführten von den revolutionären Maßregeln, die getroffen werden mußten, um die Schranken der bürgerlichen Produktion zu brechen, ehe noch überhaupt die Rede sein konnte von einer Aenderung im Produktionsaustausche! Und als wenn nicht im günstigsten Falle dieser Produktenaustausch nothwendigerweise in die alten Verhältnisse zurückführen mußte, während im ungünstigeren Falle die Bank Proudhon's jedesmal, wenn sie auf die Kreise außerhalb ihres Bereiches stieß, d. h. jedesmal, wenn sie in Geschäftsverbindung treten mußte mit Nichtaktionären, in Stockung zu gerathen Gefahr lief! Und als wenn endlich nicht jeder Bourgeois mit einem Einlegekapital von 100,000 Fr. die ganze Bank zum Bankrutmachen bringen konnte. Alle diese ungünstigen Fälle sind unglücklicherweise nicht eingetroffen. Die Bank ist nicht dazu gekommen, Geschäfte zu machen. Proudhon, in seine Rechnungsablage, führt 17,000 Fr. an, die im Ganzen eingekommen sind; davon gehen 8000 Fr. Kosten ab, die Proudhon sich persönlich anheischig macht, den Gläubigern zurückzuzahlen. Einige Anhänger Proudhon's bestehen zwar darauf, das Geschäft fortzuführen; aber Proudhon, der von vornherein erklärte, daß zur Ausführung der Idee, "die er in die Welt geschleudert," seine Gegenwart nothwendig sei, ist nicht mehr verantwortlich. Wenn seine Idee falsch aufgegriffen, oder falsch angewendet werde, was um so leichter sei, da er "mit seiner im Kontrakte erheischten monarchischen Autorität" nicht mehr die Geschäfte leiten könne, so dürfe man ihm die Schuld davon nicht aufbürden. Die Jury's haben Proudhon so möglich gemacht, seine Volksbank mit Anstand untergehen zu lassen. Weiter heißt der erste Theil seiner Erklärung im "Peuple" nichts.

Aber Proudhon beschränkt sich nicht darauf, das Eingehen seiner Bank durch den "accident judiciaire," durch den Zufall seiner gerichtlichen Verurtheilung zu erklären. Das welterlösende Projekt an den Stimmen zweier Jury's gescheitert! Die Kriegsmaschine gegen die bestehende Gesellschaft zersplittert an der leisesten Berührung mit den äußerlichsten Haken dieser Gesellschaft!

Proudhon kann unmöglich dies demüthigende Geständniß zu Protokoll geben.

Nein, zum "accident judiciaire," zum Zufall eines Urtheilsspuchs kommen allgemeine "Motive" hinzu, "abgeleitet aus der Lage Frankreichs und der Politik seiner Regierung."

"Die Zeit," ruft Proudhon aus, "die Zeit ist vorbei für friedliche und auf dem Boden der Gesetze sich bewegende Organisation. Es gilt jetzt, für unsere Existenz zu kämpfen. Organisiren durch freiwillige Unterschriften und in Verbindungssetzen der Arbeiterassociationen, heißt seine Zeit mit Bagatellen verlieren und uns fruchtlos den Transportationen und Füsilladen aussetzen. Die Welt hat keine Zeit mehr, das Resultat unsrer Erfahrungen abzuwarten. Siegen gilt es oder sterben auf dem Kampfplatz der Revolution! Siegen! d. h. das demokratisch-soziale Prinzip zur Herrschaft erheben. Wozu bedarf es aber dann noch der Volksbank? Wozu der Büreaus der Straße des Faubourg St. Denis? Wenn wir siegen, steht uns nicht die Bank von Frankreich zu Gebot? Unterliegen wir aber, fallen wir zurück unter das Joch der Kapitalisten, wozu Tag für Tag den Centime des Armen abzwacken?" Herr Proudhon ist also jetzt durch die Erfahrung gezwungen, zu proklamiren, was ihm Karl Marx in seiner Schrift "Misere de la Philosophie" vor der Februarrevolution zurief:

"Um Ihren Plan zu verwirklichen, setzen Sie den Sturz der bestehenden Gesellschaftszustände voraus. Ist die jetzige Gesellschaft aber gestürzt, so brauchen wir Ihren Plan nicht mehr." Marx endete damals seine Schrift gegen Proudhon damit, daß es sich vor allem für die Proletarier um die Erringung der Herrschaft handle, die nur auf revolutionärem Wege zu erkämpfen sei.

Mit Proudhons dokrinärem Socialismus ist der doktrinäre Socialismus in Frankreich überhaupt gescheitert, gründlich gescheitert. Der Klassenkampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie hat jetzt glücklich die letzte doktrinär organisirende Form abgestreift und tritt somit in seine wirklich revolutionäre Phase.

Paris, 12. April.

Gestern Abend verbreitete sich das Gerücht, der Präsident Bonaparte habe den Hals gebrochen.

Der Moniteur beruhigt die Bevölkerung hierüber durch folgenden Artikel:

"Während seiner gewöhnlichen Promenade im Gehölz von Boulogne stieß dem Präsidenten ein leichter Unfall zu. Sein Pferd glitt im raschen Fluge auf dem beweglichen Boden aus und stürzte mit ihm nieder. Der Präsident trug keine Verletzung davon; er erhob sich sofort, bestieg das Pferd wieder und kehrte in das Elysee zurück."

- Im Elysee trafen diesen Morgen wichtige Depeschen aus Turin ein. Ihr Inhalt blieb für uns bis Postschluß noch ein Geheimniß.

Auf dem gewöhnlichen Korrespondenzwege kennen wir nur das Bombardement Genua's durch Lamarmora, das am 7. April eingestellt wurde, um eine Antwort aus Turin abzuwarten. (Siehe Italine.)

- Wie wir hören, ist Montanelli mit wichtigen Aufträgen der toskanischen Republik in Paris eingetroffen.

- Der "Courrier de Lyon" vom 11. April meldet: Eben geht dem Generalstabe der Alpenarmee aus dem Kriegsministerium der Befehl zu, eine Brigade abzuzweigen und sie nach Marseille zu schicken, um sie der Rom-Expedition beizugesellen.

- Die Journale aus Turin, Genua, Florenz und Rom sind heute in Paris ausgeblieben.

- Aus Perpignan liegen Briefe vom 7. April Abends vor uns, laut welchen Cabrera noch nicht todt war.

Montemolin ist mit Extrapost nach England zurückexpedirt worden. Die Carlistische Wiedereroberung Spaniens hätte somit ein Ende und die Theefeste in London können wieder ihren Anfang nehmen.

- National-Versammlung vom 12. April. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast.

Beim Beginn hört man, daß Eugene Raspail eben verhaftet worden sei. Diese Maßregel wurde wahrscheinlich nur angewandt, um ein n Zweikampf zu verhindern. Ferner hört man, daß es in den Abtheilungssälen, wo die ausnahmsweise Stellung Changarnier's besprochen wurde, sehr heiß hergegangen sein soll. Das Ministerium verlangt nämlich, dem Changarnier im Gegensatze zum Artikel 67 des Bürgerwehrgesetzes sein Doppelkommando noch drei Monate lang zu erhalten, wofür eben eine Kommission zur Begutachtung erwählt worden ist. Dieselbe besteht aus 15 Gliedern, von denen sich 9 für und nur 6 gegen die ministerielle Absicht aussprachen. Der Berg und die entschiedene Linke sollen schrecklich über den armen Ordnungsgeneral hergefallen sein.

Nachdem sich die Deputirten eingefunden und das Protokoll verlesen, wurden die Staatsrathswahlen fortgesetzt. Lamoriciere leitet dieses Mal die Stimmzettelzählung, deren Resultat schwerlich vor 6 Uhr bekannt werden dürfte.

Während sich Lamoriciere um 2 1/2 Uhr mit sämmtlichen Urnen, Skrutatoren und Schriftführern in einen der Nebensäle begibt, nimmt die Versammlung nach Erledigung einiger dringender Lokalgesetzentwürfe das Büdget wieder auf.

Sie war beim Kultusbüdget stehen geblieben, von dem einige Artikel wegen nochmaliger Begutachtung an die Kommission zurückgewiesen worden waren.

Jean Reynaud stattet Bericht über diese Nachprüfung ab, die sich auf eine Gehaltserhöhung für die niedrige Geistlichkeit bezieht.

Nach Erledigung dieser Nachträge zum Kultusbüdget geht die Versammlung zum Büdget des Finanzministeriums über.

Die 45 Centimensteuer wird bei der Generaldiskussion abermals durchgedroschen.

Duclerc eilt auf die Bühne und ruft nach einer kurzen Einleitung: So wird denn abermals die 45 Centimensteuer ins Spiel geworfen! Wir wollten auf diese neuen Provokationen nicht antworten. Starke Mißhelligkeiten herrschten unter der Provisorischen Regierung, doch bisher schleuderte man uns kein Defi entgegen. Heute geschieht dies, wohlan ich will antworten. Am 10 März 1848 war Garnier Pages Finanzminister. Er stattete die Regierung einen ziemlich befriedigenden Bericht über die Finanzlagen der kaum erstandenen Republik ab. Am 15 März, also kaum fünf Tage darauf, war der Horizont plötzlich finsterer geworden. (Ah! Ah!) Warum? Welches waren die Gründe? Die Rundschreiben Ledru-Rollin's waren erschienen. (Fröhlicher Tumult vom Berge.)

Rechts: Zur Ordnung! Zur Ordnung!

Duclerc: Ich sage die Wahrheit.... Man muß sie endlich wissen... Man schlug den National-Bankerott vor. (Sensation im ganzen Saal.) Jawohl, man schlug dem Finanzminister den Nationalbankerott vor ...

Stimmen: Wer? Wer?

Duclerc: Herr Ledru-Rollin wird es Ihnen sagen.

Ledru-Rollin: Niemals!

Duclerc: Sie schlugen Papiergeld vor!

Ledru-Rollin: erwidert, daß er weder den Nationalbankerott, noch das Papiergeld vorgeschlagen, sondern daß er 2 Frcs. oder mindesters 1 1/2 Frcs. Steuerzuschuß auf die Reichen vorgeschlagen habe. (Ah! Ah! zur Rechten. Bravo vom Berge) Sodann vertheidigt er die andern Maßregeln der Regierung des Februar.

Flocon donnert gegen die 45 Centimensteuer und stellt den Antrag:

"Die 45 Centimensteuer durch jährliche Beträge binnen sechs Jahren zurückzuzahlen und damit am 1. Januar 1849 anzufangen."

Die gesammte Rechte ruft: La question prealable!

Die Versammlung laßt den Antrag fallen.

Chavoix nimmt ihn wieder auf.

Flocon erklärt, daß er sich verschrieben habe, er habe "vom 1. Januar 1850, statt 1849", schreiben wollen.

Marrast läßt zur Abstimmung schreiten.

Viele Stimmen: Kugelabstimmung!

Diese Operation gibt folgendes Resultat:

414 gegen 119 Stimmen nehmen die Question prealable an, d. h. verwerfen die Rückzahlung der 45 Centimensteuer.

Schließlich proklamirt Marrast die heute gewählten Glieder des Staatsrathes, deren Namen wir morgen mittheilen wollen.

Die Sitzung wird um 6 3/4 Uhr geschlossen.

Polen.
Krakau, 7. April.

Der Sicherheitsausschuß macht bekannt, die Militärbehörde habe neuerdings angeordnet, daß die Patrouillen, sobald die in den Straßen versammelten Menschenhaufen der Aufforderung der Offiziere zum Auseinandergehen nicht genügten, sofort von ihrer Schießwaffe Gebrauch machen sollten.

(Gaz. Krak.)
Rußland.
Von der russischen Grenze, 2. April.

Nicht nur in Russisch-Litthauen nimmt die Verarmung des grundbesitzenden Adels immer mehr zu, sondern überhaupt zählt Rußlands Adel in vielen Gouvernements dermaßen verarmte Individuen, daß nach einer offiziellen Darlegung des Ministers des Innern, der eine darauf Bezug nehmende Untersuchung voranging, sich in 29 Gouvernements 21,148 adelige Grundbesitzer finden, deren ganzer Besitzstand sich nur auf 20 und weniger leibeigene Bauern beschränkt; ja es finden sich in diesen Gouvernements mehrere Familien, die nur eine halbe, ja eine Viertel-Desätine Land ohne Bauern besitzen. Zur möglichen Aufhülfe dieser so sehr verarmten Edelleute hat die Regierung nun beschlossen, sie unverzüglich auf Kornländereien in den Gouvernements Simbirsk und Tobolsk überzusiedeln.

(Osts. Ztg.)
Dänemark.
Kopenhagen, 8. April.

Die Abreise Fabviers, welche die Berlingsche Zeitung den Pariser Wahlen zuschreibt, ist die Folge einer zu einem ernsthaften Zwiste ausgearteten Meinungsverschiedenheit mit unserm Kriegsminister Hansen. Der französische General fühlte sich verletzt, als er seinen Operationsplan, der einen Guerillakrieg anrieth und jeden offenen Kampf für Tollkühnheit erklärte, zurückgewiesen sah. Das unangenehme seiner Stellung als bloßer Rathgeber, der die ungünstige Resultate verantworten und die günstigen fremden Verdienste hätte zurechnen lassen müssen soll die Unzufriedenheit Fabviers bis zum offnen Bruche gesteigert haben. Uebrigens erkennt unser Kriegsministerium bereits recht gut, wie zweckmäßig der Kriegsplang Fabviers gwesen ist; ja ma behauptet in wohl unterrichteten Kreisen, daß es beabsichtigt sei, Jütland Preis zu geben und sich auf Blockade und Küstenangriffe zu beschränken.

(Lüb. Z.)
Redakteur en chef Karl Marx.

Morgen wird eine zweite Ausgabe ausgegeben werden.

Meteorologische Beobachtungen. [irrelevantes Material]
12 Paris, 11. April.

Ein Antiprogramm! Die Rue de Poitiers will das Programm des Berges widerlegen, und diese Widerlegung, dieses Antiprogramm an alle Bauern und Soldaten, in Stadt und Land verbreiten. Die Rue de Poitiers hat weiter nichts zu bieten, als Geld und Papier; einige Frankenthaler für den Agenten, der die Wähler bearbeitet, und eine Masse gedrucktes Papier, für die Wähler selbst: Ihre Thätigkeit erstreckt sich in Paris blos auf die Kleinbürger und Krämer, und in den Departements auf die Geistlichen und Beamten. Zu den Arbeitern, zu den Hunderttausenden von Arbeitern kann die Rue de Poitiers schon deßhalb nicht durchdringen, weil sie gar nicht weiß, wo sie wohnen. Die Arbeiter werden erst sichtbar in Zeiten der Revolution, auf der Straße, wenn sie zu Tausenden wie aus dem Boden hervorkommen. Die Industrie hat es dem Arbeiter unmöglich gemacht, vereinzelt zu wohnen; er wohnt mit Hunderten seiner Genossen in demselben Hause, auf demselben Korridor, und da wohnt er auch eigentlich nicht: er schläft nur da. Er wohnt auf der Straße und in der Werkstätte, ebenfalls nicht vereinzelt, sondern mit seinen Kameraden. Hier im Atelier, im Hause, hat die Association bereits ihren Anfang genommen, noch ehe das Associationsrecht als eine Errungenschaft faktisch proklamirt worden. Die Rue Poitiers sieht weiter nichts als die Klubs und die öffentlichen Associationen, und in ihrer Verblendung wähnte sie, durch Verurtheilung der Führer und Organe die demokratische Partei direkt auf's Haupt zu schlagen. Die Wirkung dieser Verurtheilungen ist gerade eine entgegengesetzte. Selbst der National tritt für den „Peuple“ und die „Revolution demokratique et sociale“ auf. Der National, der zur Begründung seiner Herrschaft auf dieselbe Weise verfuhr, wie jetzt Faucher und Barrot, wirft der Magistratur der Herren Barrot und Faucher vor, daß sie „monarchisch“ urtheile. Ungeachtet aller Angriffe, welche der National vom „Peuple“ und der „Revolution“ erfahren hat und noch täglich erfährt, ist der National genöthigt, alles zu vergessen, alle Angriffe zu übersehen, und, verstoßen von der Partei der Rue Poitiers, sich heranzudrängen an die demokratische-soziale Partei der Revolution.

Der National unterschreibt für 100 Franken zu Gunsten der verfolgten Journale. So weit ist es also mit dieser Bastards-Partei gekommen, daß sie, nachdem sie die Revolution untergraben und die Juni-Insurgenten geschlachtet hat jetzt, um nicht selbst abgeschlachtet zu werden, sich gezwungen sieht, für die Schlachtopfer zu unterschreiben. Dieses Faktum allein zeigt schon an, wie es mit dem Programm der Montagne steht. Die Schläge, welche die Montagne erlitten hat, sei es in ihren Männern, sei es in ihren Journalen, sind direkt veranlaßt worden von der Rue Poitiers; Cavaignac und Marrast waren auf der Liste der Rue Poitiers als Candidaten vorgeschlagen; und der National, der immer noch Verbindungen mit Marrast unterhält und Cavaignac sogar als seinen geheimen Mitarbeiter hat, reißt sich durch diese Souscription los von der rue Poitiers, um sich für die „verfolgte Montagne“ zu erklären, obgleich er weiß, daß die Angriffe später wieder beginnen werden.

Also ungeachtet der Kapitulation, über welche die Rue Poitiers zu verfügen hat, ist die Stellung dieser Partei täglich mehr gefährdet. Am deutlichsten geht dies aber aus dem Vorschlag des Herrn Faucher hervor, welcher die exceptionelle Stellung des Herrn Changarnier, als obersten Commandanten der Nationalgarde und der Linientruppen legalisiren lassen will. Durch ein Gesetz soll die Kammer dem Herrn Changarnier diese ungeheure Macht während der ganzen Zeit der Wahlen in Händen lassen. Was Bugeaud im Februar als Plan dem Herrn Thiers mitgetheilt, das soll Changarnier verwirklichen. Die siegreiche Demokratie soll durch einen Handstreich des Herrn Changarnier überrumpelt werden. Es ist vorauszusehen, daß dieser Vorschlag in der Kammer scheitern wird. Das Auftreten des Nationals hat die Lage der Dinge ungemein geändert, und Verlust für Verlust, denkt der National, besser ist's noch von der Montagne als von der Partei des Herrn Thiers aus dem Felde geschlagen zu werden.

Was übrigens die Kandidatur des Hrn. Cavaignac anbetrifft, so meint es keineswegs die Rue Poitiers ernst mit ihr. Sie hat in diesem Augenblick viel zu viel zu thun, um die des Hrn. Thiers und Molé durchzubringen. Cavaignac weiß dies recht wohl, und er weiß auch, daß Changarnier ihn völlig überflüssig macht. Die Rue Poitiers braucht wirkliche Generäle, aber keine vergangenen Größen, und weiter ist Cavaignac nichts mehr in den Augen der Rue Poitiers. Hat man ihm nicht bereits seine Mobilen genommen, deren letzte 12 Bataillone nun auch bis auf die Hälfte beurlaubt sind? Und was ist Cavaignac ohne die Mobile, und zumal da die Afrikaner nur dem General Bugeaud angehören?

Wir stehen am Vorabend einer neuen Revolution. Die Parteien fangen an, sich in Schlachtordnung aufzustellen. „Ruhe und Ordnung,“ das ist der Schlachtruf der Einen, und um die Ruhe und Ordnung herzustellen, sind sie bereit, den Kampf in den Straßen aufs Neue anzufachen. „Ueber die Alpen und an den Rhein!“ das ist der Schlachtruf der andern Partei, der wahren Franzosen, und dazwischen tönt der Ruf der Bauern: „Heraus mit der Milliarde!“ und der Ruf der Arbeiter: „Recht auf Arbeit,“ und Bauern und Arbeiter, die „Ruhe und Ordnung“ des Kapitalisten verhöhnend, sind entbrannt von kriegerischem Muthe. Napoleon allein ist ernst und nachsinnend: dem König von Preußen wird eine Kaiserkrone angeboten; der König Friedrich Wilhelm IV. wird um den Helm ein kaiserliches Diadem aufsetzen, und er, der kaiserliche Neffe, hat noch immer keinen Bonaparteshut, und er, der ein zweiter Napoleon werden wollte, ist noch immer nicht Napoleon der Zweite.

12 Paris, 12. April.

Mit dem Berge ist's aus. Der Berg ist todt! so jubeln die reaktionären Blätter. Und warum ist es mit dem Berge aus? Warum ist der Berg todt? Weil Eugene Raspail dem Herrn Point eine Ohrschelle gegeben hat! Die Ohrfeige also hat den Berg getödtet! Das ist noch nicht Alles. Raspail, Mitglied des Berges, hat nicht allein durch eine Ohrfeige den Berg, sondern der Berg durch seine Sympathie für Raspail soll die ganze demokratische Partei getödtet haben. Und wer führt diese Sprache? Das Journal des Debats! In einem Leitartikel wird der Untergang des Berges ausführlich auseinandergesetzt, und am Ende des Artikels das Bedauern darüber ausgesprochen, daß der Kammer das Recht nicht zustände, den Raspail gleich in der Sitzung zu verurtheilen. Wir wollen die Geschichte mit der Ohrfeige kurz erzählen, und dann wird es klar werden, daß die von Herrn Raspail Ertheilte eine Ohrfeige ist, welche die ganze Bourgeoisie in der Person des Herrn Point erhalten hat. Der Deputirte Point ist der famose Zeuge in dem Prozesse von Bourges, der hauptsächlich Schuld an Raspail's Verhaftung war. Sei es Neugierde oder Schadenfreude, in der heutigen Sitzung hatte er seine Lorgnette beständig fixirt gehalten auf Eugene Raspail, den Neffen des Verurtheilten. Der junge Raspail stellte ihn deshalb außerhalb der Kammer zur Rede; sie geriethen in Wortwechsel und die Sache endigte mit einer Ohrfeige, die Raspail dem Hrn. Point zu geben sich veranlaßt gefunden. Point rief den bekannten Prokurator Baroche herbei, der auf der Stelle sein Requisitorium redigirte, und darauf besteht, daß die Kammer die nöthige Autorisation zur Belangung des Herrn Raspail vor dem kompetenten Gerichte bewillige, was denn auch geschah. Der Berg gab seine Entrüstung laut zu erkennen: also Herr Point, statt die ihm gebotene Satisfaktion anzunehmen, wendet sich an das Gericht! Statt sich zu schlagen im Duell, wie ein Franzose, wie ein Mann von Muth und Ehre, zieht er es vor, die Ohrfeige zu behalten und Raspail verurtheilen zu lassen. Und das Duell ist nicht allein tolerirt in Frankreich, sondern sogar geboten, von Guizot selbst, der, ich weiß nicht mehr bei welcher Gelegenheit, in der Kammer erklärt hat, daß es Fälle gebe, wo das bürgerliche Gericht aufhöre und das Ehrengericht des Duells anfange. Und als wenn Guizot's Autorität noch nöthig wäre, um dies einem Franzosen zu sagen. Aber die Bourgeoisie ist so feige geworden, daß sie gar nicht mehr fühlt, wie Point's feiges Betragen in ganz Frankreich das Blut in Wallung bringen muß. Im Gegentheil: sie will die Ohrfeige exploitiren; sie will sie als Argument gebrauchen, um zu zeigen, wie Leute, „die so wenig Anstand“ hätten, nicht mehr für die nächste Kammer gewählt werden können! Und sie sieht gar nicht ein, daß die Franzosen sich innerlich freuen über die so gut applizirte Ohrfeige, und daß Point, wenn er sie wirklich nicht verdient hätte, schon durch die Verweigerung der Satisfaktion als der gehässigste Mensch dasteht. Die Ohrfeige, wie gesagt, wird die Runde in Frankreich machen: die Bourgeoisie wird dies bald merken, und Point könnte am Ende genöthigt werden, sich nicht mehr für seine Ehre, sondern für die Interessen der Bourgeoisie, gezwungenerweise zu schlagen.

Das bürgerliche Gericht: hiermit hoffte die Bourgeoisie die Demokratie zu tödten. Man kennt die Verfolgungen der Presse; trotzdem tritt sie kühner auf, als je. Die Verfolgungen schlagen sogar zum Besten der demokratischen Partei aus.

Proudhon hat heute die erste revolutionäre Maßregel getroffen: er hat seine Bank aufgelöst. Als Grund dieser Auflösung giebt Hr. Proudhon seine Verurtheilung an. «Loin des bureaux, loin des affaires.» Weil er, Proudhon, sei es in Folge seiner bevorstehenden Einkerkerung, oder einer freiwilligen Verbannung, nicht mehr in den Bureaux ist, kann er auch die Geschäfte, die „Affaires“ nicht mehr überwachen. Was für Geschäfte? Die kleinen Epiciersgeschäfte, die Geschäfte, die im Austausche innerhalb eines ganz kleinen Kreises bestanden, mit Hinweglassung der Hauptgeschäfte, der Geschäftsverbindungen mit den andern Staaten, ohne der Hindernisse zu gedenken, auf welchen diese Geschäfte bei der mindesten Berührung mit der Bourgeoisie, ob ausländisch ob französisch, stoßen mußten! Und als wenn diese Geschäftsversuche, diese Organisationspläne schon nach der Februarrevolution nicht Alles verdorben hätten, weil sie die Arbeiter eben abführten von den revolutionären Maßregeln, die getroffen werden mußten, um die Schranken der bürgerlichen Produktion zu brechen, ehe noch überhaupt die Rede sein konnte von einer Aenderung im Produktionsaustausche! Und als wenn nicht im günstigsten Falle dieser Produktenaustausch nothwendigerweise in die alten Verhältnisse zurückführen mußte, während im ungünstigeren Falle die Bank Proudhon's jedesmal, wenn sie auf die Kreise außerhalb ihres Bereiches stieß, d. h. jedesmal, wenn sie in Geschäftsverbindung treten mußte mit Nichtaktionären, in Stockung zu gerathen Gefahr lief! Und als wenn endlich nicht jeder Bourgeois mit einem Einlegekapital von 100,000 Fr. die ganze Bank zum Bankrutmachen bringen konnte. Alle diese ungünstigen Fälle sind unglücklicherweise nicht eingetroffen. Die Bank ist nicht dazu gekommen, Geschäfte zu machen. Proudhon, in seine Rechnungsablage, führt 17,000 Fr. an, die im Ganzen eingekommen sind; davon gehen 8000 Fr. Kosten ab, die Proudhon sich persönlich anheischig macht, den Gläubigern zurückzuzahlen. Einige Anhänger Proudhon's bestehen zwar darauf, das Geschäft fortzuführen; aber Proudhon, der von vornherein erklärte, daß zur Ausführung der Idee, „die er in die Welt geschleudert,“ seine Gegenwart nothwendig sei, ist nicht mehr verantwortlich. Wenn seine Idee falsch aufgegriffen, oder falsch angewendet werde, was um so leichter sei, da er „mit seiner im Kontrakte erheischten monarchischen Autorität“ nicht mehr die Geschäfte leiten könne, so dürfe man ihm die Schuld davon nicht aufbürden. Die Jury's haben Proudhon so möglich gemacht, seine Volksbank mit Anstand untergehen zu lassen. Weiter heißt der erste Theil seiner Erklärung im „Peuple“ nichts.

Aber Proudhon beschränkt sich nicht darauf, das Eingehen seiner Bank durch den «accident judiciaire,» durch den Zufall seiner gerichtlichen Verurtheilung zu erklären. Das welterlösende Projekt an den Stimmen zweier Jury's gescheitert! Die Kriegsmaschine gegen die bestehende Gesellschaft zersplittert an der leisesten Berührung mit den äußerlichsten Haken dieser Gesellschaft!

Proudhon kann unmöglich dies demüthigende Geständniß zu Protokoll geben.

Nein, zum «accident judiciaire,» zum Zufall eines Urtheilsspuchs kommen allgemeine „Motive“ hinzu, „abgeleitet aus der Lage Frankreichs und der Politik seiner Regierung.“

„Die Zeit,“ ruft Proudhon aus, „die Zeit ist vorbei für friedliche und auf dem Boden der Gesetze sich bewegende Organisation. Es gilt jetzt, für unsere Existenz zu kämpfen. Organisiren durch freiwillige Unterschriften und in Verbindungssetzen der Arbeiterassociationen, heißt seine Zeit mit Bagatellen verlieren und uns fruchtlos den Transportationen und Füsilladen aussetzen. Die Welt hat keine Zeit mehr, das Resultat unsrer Erfahrungen abzuwarten. Siegen gilt es oder sterben auf dem Kampfplatz der Revolution! Siegen! d. h. das demokratisch-soziale Prinzip zur Herrschaft erheben. Wozu bedarf es aber dann noch der Volksbank? Wozu der Büreaus der Straße des Faubourg St. Denis? Wenn wir siegen, steht uns nicht die Bank von Frankreich zu Gebot? Unterliegen wir aber, fallen wir zurück unter das Joch der Kapitalisten, wozu Tag für Tag den Centime des Armen abzwacken?“ Herr Proudhon ist also jetzt durch die Erfahrung gezwungen, zu proklamiren, was ihm Karl Marx in seiner Schrift «Misére de la Philosophie» vor der Februarrevolution zurief:

„Um Ihren Plan zu verwirklichen, setzen Sie den Sturz der bestehenden Gesellschaftszustände voraus. Ist die jetzige Gesellschaft aber gestürzt, so brauchen wir Ihren Plan nicht mehr.“ Marx endete damals seine Schrift gegen Proudhon damit, daß es sich vor allem für die Proletarier um die Erringung der Herrschaft handle, die nur auf revolutionärem Wege zu erkämpfen sei.

Mit Proudhons dokrinärem Socialismus ist der doktrinäre Socialismus in Frankreich überhaupt gescheitert, gründlich gescheitert. Der Klassenkampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie hat jetzt glücklich die letzte doktrinär organisirende Form abgestreift und tritt somit in seine wirklich revolutionäre Phase.

Paris, 12. April.

Gestern Abend verbreitete sich das Gerücht, der Präsident Bonaparte habe den Hals gebrochen.

Der Moniteur beruhigt die Bevölkerung hierüber durch folgenden Artikel:

„Während seiner gewöhnlichen Promenade im Gehölz von Boulogne stieß dem Präsidenten ein leichter Unfall zu. Sein Pferd glitt im raschen Fluge auf dem beweglichen Boden aus und stürzte mit ihm nieder. Der Präsident trug keine Verletzung davon; er erhob sich sofort, bestieg das Pferd wieder und kehrte in das Elysée zurück.“

‒ Im Elysée trafen diesen Morgen wichtige Depeschen aus Turin ein. Ihr Inhalt blieb für uns bis Postschluß noch ein Geheimniß.

Auf dem gewöhnlichen Korrespondenzwege kennen wir nur das Bombardement Genua's durch Lamarmora, das am 7. April eingestellt wurde, um eine Antwort aus Turin abzuwarten. (Siehe Italine.)

‒ Wie wir hören, ist Montanelli mit wichtigen Aufträgen der toskanischen Republik in Paris eingetroffen.

‒ Der „Courrier de Lyon“ vom 11. April meldet: Eben geht dem Generalstabe der Alpenarmee aus dem Kriegsministerium der Befehl zu, eine Brigade abzuzweigen und sie nach Marseille zu schicken, um sie der Rom-Expedition beizugesellen.

‒ Die Journale aus Turin, Genua, Florenz und Rom sind heute in Paris ausgeblieben.

‒ Aus Perpignan liegen Briefe vom 7. April Abends vor uns, laut welchen Cabrera noch nicht todt war.

Montemolin ist mit Extrapost nach England zurückexpedirt worden. Die Carlistische Wiedereroberung Spaniens hätte somit ein Ende und die Theefeste in London können wieder ihren Anfang nehmen.

National-Versammlung vom 12. April. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast.

Beim Beginn hört man, daß Eugene Raspail eben verhaftet worden sei. Diese Maßregel wurde wahrscheinlich nur angewandt, um ein n Zweikampf zu verhindern. Ferner hört man, daß es in den Abtheilungssälen, wo die ausnahmsweise Stellung Changarnier's besprochen wurde, sehr heiß hergegangen sein soll. Das Ministerium verlangt nämlich, dem Changarnier im Gegensatze zum Artikel 67 des Bürgerwehrgesetzes sein Doppelkommando noch drei Monate lang zu erhalten, wofür eben eine Kommission zur Begutachtung erwählt worden ist. Dieselbe besteht aus 15 Gliedern, von denen sich 9 für und nur 6 gegen die ministerielle Absicht aussprachen. Der Berg und die entschiedene Linke sollen schrecklich über den armen Ordnungsgeneral hergefallen sein.

Nachdem sich die Deputirten eingefunden und das Protokoll verlesen, wurden die Staatsrathswahlen fortgesetzt. Lamoriciere leitet dieses Mal die Stimmzettelzählung, deren Resultat schwerlich vor 6 Uhr bekannt werden dürfte.

Während sich Lamoriciere um 2 1/2 Uhr mit sämmtlichen Urnen, Skrutatoren und Schriftführern in einen der Nebensäle begibt, nimmt die Versammlung nach Erledigung einiger dringender Lokalgesetzentwürfe das Büdget wieder auf.

Sie war beim Kultusbüdget stehen geblieben, von dem einige Artikel wegen nochmaliger Begutachtung an die Kommission zurückgewiesen worden waren.

Jean Reynaud stattet Bericht über diese Nachprüfung ab, die sich auf eine Gehaltserhöhung für die niedrige Geistlichkeit bezieht.

Nach Erledigung dieser Nachträge zum Kultusbüdget geht die Versammlung zum Büdget des Finanzministeriums über.

Die 45 Centimensteuer wird bei der Generaldiskussion abermals durchgedroschen.

Duclerc eilt auf die Bühne und ruft nach einer kurzen Einleitung: So wird denn abermals die 45 Centimensteuer ins Spiel geworfen! Wir wollten auf diese neuen Provokationen nicht antworten. Starke Mißhelligkeiten herrschten unter der Provisorischen Regierung, doch bisher schleuderte man uns kein Defi entgegen. Heute geschieht dies, wohlan ich will antworten. Am 10 März 1848 war Garnier Pages Finanzminister. Er stattete die Regierung einen ziemlich befriedigenden Bericht über die Finanzlagen der kaum erstandenen Republik ab. Am 15 März, also kaum fünf Tage darauf, war der Horizont plötzlich finsterer geworden. (Ah! Ah!) Warum? Welches waren die Gründe? Die Rundschreiben Ledru-Rollin's waren erschienen. (Fröhlicher Tumult vom Berge.)

Rechts: Zur Ordnung! Zur Ordnung!

Duclerc: Ich sage die Wahrheit.… Man muß sie endlich wissen… Man schlug den National-Bankerott vor. (Sensation im ganzen Saal.) Jawohl, man schlug dem Finanzminister den Nationalbankerott vor …

Stimmen: Wer? Wer?

Duclerc: Herr Ledru-Rollin wird es Ihnen sagen.

Ledru-Rollin: Niemals!

Duclerc: Sie schlugen Papiergeld vor!

Ledru-Rollin: erwidert, daß er weder den Nationalbankerott, noch das Papiergeld vorgeschlagen, sondern daß er 2 Frcs. oder mindesters 1 1/2 Frcs. Steuerzuschuß auf die Reichen vorgeschlagen habe. (Ah! Ah! zur Rechten. Bravo vom Berge) Sodann vertheidigt er die andern Maßregeln der Regierung des Februar.

Flocon donnert gegen die 45 Centimensteuer und stellt den Antrag:

„Die 45 Centimensteuer durch jährliche Beträge binnen sechs Jahren zurückzuzahlen und damit am 1. Januar 1849 anzufangen.“

Die gesammte Rechte ruft: La question préalable!

Die Versammlung laßt den Antrag fallen.

Chavoix nimmt ihn wieder auf.

Flocon erklärt, daß er sich verschrieben habe, er habe „vom 1. Januar 1850, statt 1849“, schreiben wollen.

Marrast läßt zur Abstimmung schreiten.

Viele Stimmen: Kugelabstimmung!

Diese Operation gibt folgendes Resultat:

414 gegen 119 Stimmen nehmen die Question préalable an, d. h. verwerfen die Rückzahlung der 45 Centimensteuer.

Schließlich proklamirt Marrast die heute gewählten Glieder des Staatsrathes, deren Namen wir morgen mittheilen wollen.

Die Sitzung wird um 6 3/4 Uhr geschlossen.

Polen.
Krakau, 7. April.

Der Sicherheitsausschuß macht bekannt, die Militärbehörde habe neuerdings angeordnet, daß die Patrouillen, sobald die in den Straßen versammelten Menschenhaufen der Aufforderung der Offiziere zum Auseinandergehen nicht genügten, sofort von ihrer Schießwaffe Gebrauch machen sollten.

(Gaz. Krak.)
Rußland.
Von der russischen Grenze, 2. April.

Nicht nur in Russisch-Litthauen nimmt die Verarmung des grundbesitzenden Adels immer mehr zu, sondern überhaupt zählt Rußlands Adel in vielen Gouvernements dermaßen verarmte Individuen, daß nach einer offiziellen Darlegung des Ministers des Innern, der eine darauf Bezug nehmende Untersuchung voranging, sich in 29 Gouvernements 21,148 adelige Grundbesitzer finden, deren ganzer Besitzstand sich nur auf 20 und weniger leibeigene Bauern beschränkt; ja es finden sich in diesen Gouvernements mehrere Familien, die nur eine halbe, ja eine Viertel-Desätine Land ohne Bauern besitzen. Zur möglichen Aufhülfe dieser so sehr verarmten Edelleute hat die Regierung nun beschlossen, sie unverzüglich auf Kornländereien in den Gouvernements Simbirsk und Tobolsk überzusiedeln.

(Osts. Ztg.)
Dänemark.
Kopenhagen, 8. April.

Die Abreise Fabviers, welche die Berlingsche Zeitung den Pariser Wahlen zuschreibt, ist die Folge einer zu einem ernsthaften Zwiste ausgearteten Meinungsverschiedenheit mit unserm Kriegsminister Hansen. Der französische General fühlte sich verletzt, als er seinen Operationsplan, der einen Guerillakrieg anrieth und jeden offenen Kampf für Tollkühnheit erklärte, zurückgewiesen sah. Das unangenehme seiner Stellung als bloßer Rathgeber, der die ungünstige Resultate verantworten und die günstigen fremden Verdienste hätte zurechnen lassen müssen soll die Unzufriedenheit Fabviers bis zum offnen Bruche gesteigert haben. Uebrigens erkennt unser Kriegsministerium bereits recht gut, wie zweckmäßig der Kriegsplang Fabviers gwesen ist; ja ma behauptet in wohl unterrichteten Kreisen, daß es beabsichtigt sei, Jütland Preis zu geben und sich auf Blockade und Küstenangriffe zu beschränken.

(Lüb. Z.)
Redakteur en chef Karl Marx.

Morgen wird eine zweite Ausgabe ausgegeben werden.

Meteorologische Beobachtungen. [irrelevantes Material]
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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 11. April.</head>
          <p>Ein Antiprogramm! Die Rue de Poitiers will das Programm des Berges widerlegen, und diese Widerlegung, dieses Antiprogramm an alle Bauern und Soldaten, in Stadt und Land verbreiten. Die Rue de Poitiers hat weiter nichts zu bieten, als Geld und Papier; einige Frankenthaler für den Agenten, der die Wähler bearbeitet, und eine Masse gedrucktes Papier, für die Wähler selbst: Ihre Thätigkeit erstreckt sich in Paris blos auf die Kleinbürger und Krämer, und in den Departements auf die Geistlichen und Beamten. Zu den Arbeitern, zu den Hunderttausenden von Arbeitern kann die Rue de Poitiers schon deßhalb nicht durchdringen, weil sie gar nicht weiß, wo sie wohnen. Die Arbeiter werden erst sichtbar in Zeiten der Revolution, auf der Straße, wenn sie zu Tausenden wie aus dem Boden hervorkommen. Die Industrie hat es dem Arbeiter unmöglich gemacht, vereinzelt zu wohnen; er wohnt mit Hunderten seiner Genossen in demselben Hause, auf demselben Korridor, und da wohnt er auch eigentlich nicht: er schläft nur da. Er wohnt auf der Straße und in der Werkstätte, ebenfalls nicht vereinzelt, sondern mit seinen Kameraden. Hier im Atelier, im Hause, hat die Association bereits ihren Anfang genommen, noch ehe das Associationsrecht als eine Errungenschaft faktisch proklamirt worden. Die Rue Poitiers sieht weiter nichts als die Klubs und die öffentlichen Associationen, und in ihrer Verblendung wähnte sie, durch Verurtheilung der Führer und Organe die demokratische Partei direkt auf's Haupt zu schlagen. Die Wirkung dieser Verurtheilungen ist gerade eine entgegengesetzte. Selbst der National tritt für den &#x201E;Peuple&#x201C; und die &#x201E;Revolution demokratique et sociale&#x201C; auf. Der National, der zur Begründung seiner Herrschaft auf dieselbe Weise verfuhr, wie jetzt Faucher und Barrot, wirft der Magistratur der Herren Barrot und Faucher vor, daß sie &#x201E;monarchisch&#x201C; urtheile. Ungeachtet aller Angriffe, welche der National vom &#x201E;Peuple&#x201C; und der &#x201E;Revolution&#x201C; erfahren hat und noch täglich erfährt, ist der National genöthigt, alles zu vergessen, alle Angriffe zu übersehen, und, verstoßen von der Partei der Rue Poitiers, sich heranzudrängen an die demokratische-soziale Partei der Revolution.</p>
          <p>Der National unterschreibt für 100 Franken zu Gunsten der verfolgten Journale. So weit ist es also mit dieser Bastards-Partei gekommen, daß sie, nachdem sie die Revolution untergraben und die Juni-Insurgenten geschlachtet hat jetzt, um nicht selbst abgeschlachtet zu werden, sich gezwungen sieht, für die Schlachtopfer zu unterschreiben. Dieses Faktum allein zeigt schon an, wie es mit dem Programm der Montagne steht. Die Schläge, welche die Montagne erlitten hat, sei es in ihren Männern, sei es in ihren Journalen, sind direkt veranlaßt worden von der Rue Poitiers; Cavaignac und Marrast waren auf der Liste der Rue Poitiers als Candidaten vorgeschlagen; und der National, der immer noch Verbindungen mit Marrast unterhält und Cavaignac sogar als seinen geheimen Mitarbeiter hat, reißt sich durch diese Souscription los von der rue Poitiers, um sich für die &#x201E;verfolgte Montagne&#x201C; zu erklären, obgleich er weiß, daß die Angriffe später wieder beginnen werden.</p>
          <p>Also ungeachtet der Kapitulation, über welche die Rue Poitiers zu verfügen hat, ist die Stellung dieser Partei täglich mehr gefährdet. Am deutlichsten geht dies aber aus dem Vorschlag des Herrn Faucher hervor, welcher die exceptionelle Stellung des Herrn Changarnier, als obersten Commandanten der Nationalgarde und der Linientruppen legalisiren lassen will. Durch ein Gesetz soll die Kammer dem Herrn Changarnier diese ungeheure Macht während der ganzen Zeit der Wahlen in Händen lassen. Was Bugeaud im Februar als Plan dem Herrn Thiers mitgetheilt, das soll Changarnier verwirklichen. Die siegreiche Demokratie soll durch einen Handstreich des Herrn Changarnier überrumpelt werden. Es ist vorauszusehen, daß dieser Vorschlag in der Kammer <hi rendition="#g">scheitern</hi> wird. Das Auftreten des Nationals hat die Lage der Dinge ungemein geändert, und Verlust für Verlust, denkt der National, besser ist's noch von der Montagne als von der Partei des Herrn Thiers aus dem Felde geschlagen zu werden.</p>
          <p>Was übrigens die Kandidatur des Hrn. Cavaignac anbetrifft, so meint es keineswegs die Rue Poitiers ernst mit ihr. Sie hat in diesem Augenblick viel zu viel zu thun, um die des Hrn. Thiers und Molé durchzubringen. Cavaignac weiß dies recht wohl, und er weiß auch, daß Changarnier ihn völlig überflüssig macht. Die Rue Poitiers braucht wirkliche Generäle, aber keine vergangenen Größen, und weiter ist Cavaignac nichts mehr in den Augen der Rue Poitiers. Hat man ihm nicht bereits seine Mobilen genommen, deren letzte 12 Bataillone nun auch bis auf die Hälfte beurlaubt sind? Und was ist Cavaignac ohne die Mobile, und zumal da die Afrikaner nur dem General Bugeaud angehören?</p>
          <p>Wir stehen am Vorabend einer neuen Revolution. Die Parteien fangen an, sich in Schlachtordnung aufzustellen. &#x201E;Ruhe und Ordnung,&#x201C; das ist der Schlachtruf der Einen, und um die Ruhe und Ordnung herzustellen, sind sie bereit, den Kampf in den Straßen aufs Neue anzufachen. &#x201E;Ueber die Alpen und an den Rhein!&#x201C; das ist der Schlachtruf der andern Partei, der wahren Franzosen, und dazwischen tönt der Ruf der Bauern: &#x201E;Heraus mit der Milliarde!&#x201C; und der Ruf der Arbeiter: &#x201E;Recht auf Arbeit,&#x201C; und Bauern und Arbeiter, die &#x201E;Ruhe und Ordnung&#x201C; des Kapitalisten verhöhnend, sind entbrannt von kriegerischem Muthe. Napoleon allein ist ernst und nachsinnend: dem König von Preußen wird eine Kaiserkrone angeboten; der König Friedrich Wilhelm IV. wird um den Helm ein kaiserliches Diadem aufsetzen, und er, der kaiserliche Neffe, hat noch immer keinen Bonaparteshut, und er, der ein zweiter Napoleon werden wollte, ist noch immer nicht Napoleon der Zweite.</p>
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          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 12. April.</head>
          <p>Mit dem Berge ist's aus. Der Berg ist todt! so jubeln die reaktionären Blätter. Und warum ist es mit dem Berge aus? Warum ist der Berg todt? Weil Eugene Raspail dem Herrn Point eine Ohrschelle gegeben hat! Die Ohrfeige also hat den Berg getödtet! Das ist noch nicht Alles. Raspail, Mitglied des Berges, hat nicht allein durch eine Ohrfeige den Berg, sondern der Berg durch seine Sympathie für Raspail soll die ganze demokratische Partei getödtet haben. Und wer führt diese Sprache? Das Journal des Debats! In einem Leitartikel wird der Untergang des Berges ausführlich auseinandergesetzt, und am Ende des Artikels das Bedauern darüber ausgesprochen, daß der Kammer das Recht nicht zustände, den Raspail gleich in der Sitzung zu verurtheilen. Wir wollen die Geschichte mit der Ohrfeige kurz erzählen, und dann wird es klar werden, daß die von Herrn Raspail Ertheilte eine Ohrfeige ist, welche die ganze Bourgeoisie in der Person des Herrn Point erhalten hat. Der Deputirte Point ist der famose Zeuge in dem Prozesse von Bourges, der hauptsächlich Schuld an Raspail's Verhaftung war. Sei es Neugierde oder Schadenfreude, in der heutigen Sitzung hatte er seine Lorgnette beständig fixirt gehalten auf Eugene Raspail, den Neffen des Verurtheilten. Der junge Raspail stellte ihn deshalb außerhalb der Kammer zur Rede; sie geriethen in Wortwechsel und die Sache endigte mit einer Ohrfeige, die Raspail dem Hrn. Point zu geben sich veranlaßt gefunden. Point rief den bekannten Prokurator Baroche herbei, der auf der Stelle sein Requisitorium redigirte, und darauf besteht, daß die Kammer die nöthige Autorisation zur Belangung des Herrn Raspail vor dem kompetenten Gerichte bewillige, was denn auch geschah. Der Berg gab seine Entrüstung laut zu erkennen: also Herr Point, statt die ihm gebotene Satisfaktion anzunehmen, wendet sich an das Gericht! Statt sich zu schlagen im Duell, wie ein Franzose, wie ein Mann von Muth und Ehre, zieht er es vor, die Ohrfeige zu behalten und Raspail verurtheilen zu lassen. Und das Duell ist nicht allein tolerirt in Frankreich, sondern sogar geboten, von Guizot selbst, der, ich weiß nicht mehr bei welcher Gelegenheit, in der Kammer erklärt hat, daß es Fälle gebe, wo das bürgerliche Gericht aufhöre und das Ehrengericht des Duells anfange. Und als wenn Guizot's Autorität noch nöthig wäre, um dies einem Franzosen zu sagen. Aber die Bourgeoisie ist so feige geworden, daß sie gar nicht mehr fühlt, wie Point's feiges Betragen in ganz Frankreich das Blut in Wallung bringen muß. Im Gegentheil: sie will die Ohrfeige exploitiren; sie will sie als Argument gebrauchen, um zu zeigen, wie Leute, &#x201E;die so wenig Anstand&#x201C; hätten, nicht mehr für die nächste Kammer gewählt werden können! Und sie sieht gar nicht ein, daß die Franzosen sich innerlich freuen über die so gut applizirte Ohrfeige, und daß Point, wenn er sie wirklich nicht verdient hätte, schon durch die Verweigerung der Satisfaktion als der gehässigste Mensch dasteht. Die Ohrfeige, wie gesagt, wird die Runde in Frankreich machen: die Bourgeoisie wird dies bald merken, und Point könnte am Ende genöthigt werden, sich nicht mehr für seine Ehre, sondern für die Interessen der Bourgeoisie, gezwungenerweise zu schlagen.</p>
          <p>Das bürgerliche Gericht: hiermit hoffte die Bourgeoisie die Demokratie zu tödten. Man kennt die Verfolgungen der Presse; trotzdem tritt sie kühner auf, als je. Die Verfolgungen schlagen sogar zum Besten der demokratischen Partei aus.</p>
          <p>Proudhon hat heute die erste revolutionäre Maßregel getroffen: er hat seine Bank aufgelöst. Als Grund dieser Auflösung giebt Hr. Proudhon seine Verurtheilung an. «Loin des bureaux, loin des affaires.» Weil er, Proudhon, sei es in Folge seiner bevorstehenden Einkerkerung, oder einer freiwilligen Verbannung, nicht mehr in den Bureaux ist, kann er auch die Geschäfte, die &#x201E;Affaires&#x201C; nicht mehr überwachen. Was für Geschäfte? Die kleinen Epiciersgeschäfte, die Geschäfte, die im Austausche innerhalb eines ganz kleinen Kreises bestanden, mit Hinweglassung der Hauptgeschäfte, der Geschäftsverbindungen mit den andern Staaten, ohne der Hindernisse zu gedenken, auf welchen diese Geschäfte bei der mindesten Berührung mit der Bourgeoisie, ob ausländisch ob französisch, stoßen mußten! Und als wenn diese Geschäftsversuche, diese Organisationspläne schon nach der Februarrevolution nicht Alles verdorben hätten, weil sie die Arbeiter eben abführten von den revolutionären Maßregeln, die getroffen werden mußten, um die Schranken der bürgerlichen Produktion zu brechen, ehe noch überhaupt die Rede sein konnte von einer Aenderung im Produktionsaustausche! Und als wenn nicht im günstigsten Falle dieser Produktenaustausch nothwendigerweise in die alten Verhältnisse zurückführen mußte, während im ungünstigeren Falle die Bank Proudhon's jedesmal, wenn sie auf die Kreise außerhalb ihres Bereiches stieß, d. h. jedesmal, wenn sie in Geschäftsverbindung treten mußte mit Nichtaktionären, in Stockung zu gerathen Gefahr lief! Und als wenn endlich nicht jeder Bourgeois mit einem Einlegekapital von 100,000 Fr. die ganze Bank zum Bankrutmachen bringen konnte. Alle diese ungünstigen Fälle sind unglücklicherweise nicht eingetroffen. Die Bank ist nicht dazu gekommen, Geschäfte zu machen. Proudhon, in seine Rechnungsablage, führt 17,000 Fr. an, die im Ganzen eingekommen sind; davon gehen 8000 Fr. Kosten ab, die Proudhon sich persönlich anheischig macht, den Gläubigern zurückzuzahlen. Einige Anhänger Proudhon's bestehen zwar darauf, das Geschäft fortzuführen; aber Proudhon, der von vornherein erklärte, daß zur Ausführung der Idee, &#x201E;die er in die Welt geschleudert,&#x201C; seine Gegenwart nothwendig sei, ist nicht mehr verantwortlich. Wenn seine Idee falsch aufgegriffen, oder falsch angewendet werde, was um so leichter sei, da er &#x201E;mit seiner im Kontrakte erheischten monarchischen Autorität&#x201C; nicht mehr die Geschäfte leiten könne, so dürfe man ihm die Schuld davon nicht aufbürden. Die Jury's haben Proudhon so möglich gemacht, seine Volksbank mit Anstand untergehen zu lassen. Weiter heißt der erste Theil seiner Erklärung im &#x201E;Peuple&#x201C; nichts.</p>
          <p>Aber Proudhon beschränkt sich nicht darauf, das Eingehen seiner Bank durch den «accident judiciaire,» durch den Zufall seiner gerichtlichen Verurtheilung zu erklären. Das welterlösende Projekt an den Stimmen zweier Jury's gescheitert! Die Kriegsmaschine gegen die bestehende Gesellschaft zersplittert an der leisesten Berührung mit den äußerlichsten Haken dieser Gesellschaft!</p>
          <p>Proudhon kann unmöglich dies demüthigende Geständniß zu Protokoll geben.</p>
          <p>Nein, zum «accident judiciaire,» zum Zufall eines Urtheilsspuchs kommen allgemeine &#x201E;Motive&#x201C; hinzu, &#x201E;abgeleitet aus der Lage Frankreichs und der Politik seiner Regierung.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Die Zeit,&#x201C; ruft Proudhon aus, &#x201E;die Zeit ist vorbei für friedliche und auf dem Boden der Gesetze sich bewegende Organisation. Es gilt jetzt, für unsere Existenz zu kämpfen. Organisiren durch freiwillige Unterschriften und in Verbindungssetzen der Arbeiterassociationen, heißt seine Zeit mit Bagatellen verlieren und uns fruchtlos den Transportationen und Füsilladen aussetzen. Die Welt hat keine Zeit mehr, das Resultat unsrer Erfahrungen abzuwarten. Siegen gilt es oder sterben auf dem Kampfplatz der Revolution! Siegen! d. h. das demokratisch-soziale Prinzip zur Herrschaft erheben. Wozu bedarf es aber dann noch der Volksbank? Wozu der Büreaus der Straße des Faubourg St. Denis? Wenn wir siegen, steht uns nicht die Bank von Frankreich zu Gebot? Unterliegen wir aber, fallen wir zurück unter das Joch der Kapitalisten, wozu Tag für Tag den Centime des Armen abzwacken?&#x201C; Herr Proudhon ist also jetzt durch die Erfahrung gezwungen, zu proklamiren, was ihm <hi rendition="#g">Karl Marx</hi> in seiner Schrift «Misére de la Philosophie» <hi rendition="#g">vor</hi> der Februarrevolution zurief:</p>
          <p>&#x201E;Um Ihren Plan zu verwirklichen, setzen Sie den Sturz der bestehenden Gesellschaftszustände voraus. Ist die jetzige Gesellschaft aber gestürzt, so brauchen wir Ihren Plan nicht mehr.&#x201C; Marx endete damals seine Schrift gegen Proudhon damit, daß es sich vor allem für die Proletarier um die Erringung der <hi rendition="#g">Herrschaft</hi> handle, die nur auf <hi rendition="#g">revolutionärem Wege</hi> zu erkämpfen sei.</p>
          <p>Mit Proudhons dokrinärem Socialismus ist der <hi rendition="#g">doktrinäre Socialismus in Frankreich überhaupt</hi> gescheitert, gründlich gescheitert. Der Klassenkampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie hat jetzt glücklich die letzte <hi rendition="#g">doktrinär</hi> organisirende Form abgestreift und tritt somit in seine <hi rendition="#g">wirklich revolutionäre Phase.</hi> </p>
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          <p>&#x201E;Während seiner gewöhnlichen Promenade im Gehölz von Boulogne stieß dem Präsidenten ein leichter Unfall zu. Sein Pferd glitt im raschen Fluge auf dem beweglichen Boden aus und stürzte mit ihm nieder. Der Präsident trug keine Verletzung davon; er erhob sich sofort, bestieg das Pferd wieder und kehrte in das Elysée zurück.&#x201C;</p>
          <p>&#x2012; Im Elysée trafen diesen Morgen wichtige Depeschen aus Turin ein. Ihr Inhalt blieb für uns bis Postschluß noch ein Geheimniß.</p>
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          <p>&#x2012; Der &#x201E;Courrier de Lyon&#x201C; vom 11. April meldet: Eben geht dem Generalstabe der Alpenarmee aus dem Kriegsministerium der Befehl zu, eine Brigade abzuzweigen und sie nach Marseille zu schicken, um sie der Rom-Expedition beizugesellen.</p>
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          <p>Nachdem sich die Deputirten eingefunden und das Protokoll verlesen, wurden die Staatsrathswahlen fortgesetzt. Lamoriciere leitet dieses Mal die Stimmzettelzählung, deren Resultat schwerlich vor 6 Uhr bekannt werden dürfte.</p>
          <p>Während sich Lamoriciere um 2 1/2 Uhr mit sämmtlichen Urnen, Skrutatoren und Schriftführern in einen der Nebensäle begibt, nimmt die Versammlung nach Erledigung einiger dringender Lokalgesetzentwürfe das Büdget wieder auf.</p>
          <p>Sie war beim Kultusbüdget stehen geblieben, von dem einige Artikel wegen nochmaliger Begutachtung an die Kommission zurückgewiesen worden waren.</p>
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          <p>Rechts: Zur Ordnung! Zur Ordnung!</p>
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          <p><hi rendition="#g">Ledru-Rollin:</hi> erwidert, daß er weder den Nationalbankerott, noch das Papiergeld vorgeschlagen, sondern daß er 2 Frcs. oder mindesters 1 1/2 Frcs. Steuerzuschuß auf die Reichen vorgeschlagen habe. (Ah! Ah! zur Rechten. Bravo vom Berge) Sodann vertheidigt er die andern Maßregeln der Regierung des Februar.</p>
          <p><hi rendition="#g">Flocon</hi> donnert gegen die 45 Centimensteuer und stellt den Antrag:</p>
          <p>&#x201E;Die 45 Centimensteuer durch jährliche Beträge binnen sechs Jahren zurückzuzahlen und damit am 1. Januar 1849 anzufangen.&#x201C;</p>
          <p>Die gesammte Rechte ruft: La question préalable!</p>
          <p>Die Versammlung laßt den Antrag fallen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Chavoix</hi> nimmt ihn wieder auf.</p>
          <p><hi rendition="#g">Flocon</hi> erklärt, daß er sich verschrieben habe, er habe &#x201E;vom 1. Januar 1850, statt 1849&#x201C;, schreiben wollen.</p>
          <p>Marrast läßt zur Abstimmung schreiten.</p>
          <p>Viele Stimmen: Kugelabstimmung!</p>
          <p>Diese Operation gibt folgendes Resultat:</p>
          <p>414 gegen 119 Stimmen nehmen die Question préalable an, d. h. verwerfen die Rückzahlung der 45 Centimensteuer.</p>
          <p>Schließlich proklamirt Marrast die heute gewählten Glieder des Staatsrathes, deren Namen wir morgen mittheilen wollen.</p>
          <p>Die Sitzung wird um 6 3/4 Uhr geschlossen.</p>
        </div>
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        <head>Polen.</head>
        <div xml:id="ar273-1_024" type="jArticle">
          <head>Krakau, 7. April.</head>
          <p>Der Sicherheitsausschuß macht bekannt, die Militärbehörde habe neuerdings angeordnet, daß die Patrouillen, sobald die in den Straßen versammelten Menschenhaufen der Aufforderung der Offiziere zum Auseinandergehen nicht genügten, sofort von ihrer Schießwaffe Gebrauch machen sollten.</p>
          <bibl>(Gaz. Krak.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Rußland.</head>
        <div xml:id="ar273-1_025" type="jArticle">
          <head>Von der russischen Grenze, 2. April.</head>
          <p>Nicht nur in Russisch-Litthauen nimmt die Verarmung des grundbesitzenden Adels immer mehr zu, sondern überhaupt zählt Rußlands Adel in vielen Gouvernements dermaßen verarmte Individuen, daß nach einer offiziellen Darlegung des Ministers des Innern, der eine darauf Bezug nehmende Untersuchung voranging, sich in 29 Gouvernements 21,148 adelige Grundbesitzer finden, deren ganzer Besitzstand sich nur auf 20 und weniger leibeigene Bauern beschränkt; ja es finden sich in diesen Gouvernements mehrere Familien, die nur eine halbe, ja eine Viertel-Desätine Land ohne Bauern besitzen. Zur möglichen Aufhülfe dieser so sehr verarmten Edelleute hat die Regierung nun beschlossen, sie unverzüglich auf Kornländereien in den Gouvernements Simbirsk und Tobolsk überzusiedeln.</p>
          <bibl>(Osts. Ztg.)</bibl>
        </div>
      </div>
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        <head>Dänemark.</head>
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          <head>Kopenhagen, 8. April.</head>
          <p>Die Abreise Fabviers, welche die Berlingsche Zeitung den Pariser Wahlen zuschreibt, ist die Folge einer zu einem ernsthaften Zwiste ausgearteten Meinungsverschiedenheit mit unserm Kriegsminister Hansen. Der französische General fühlte sich verletzt, als er seinen Operationsplan, der einen Guerillakrieg anrieth und jeden offenen Kampf für Tollkühnheit erklärte, zurückgewiesen sah. Das unangenehme seiner Stellung als bloßer Rathgeber, der die ungünstige Resultate verantworten und die günstigen fremden Verdienste hätte zurechnen lassen müssen soll die Unzufriedenheit Fabviers bis zum offnen Bruche gesteigert haben. Uebrigens erkennt unser Kriegsministerium bereits recht gut, wie zweckmäßig der Kriegsplang Fabviers gwesen ist; ja ma behauptet in wohl unterrichteten Kreisen, daß es beabsichtigt sei, Jütland Preis zu geben und sich auf Blockade und Küstenangriffe zu beschränken.</p>
          <bibl>(Lüb. Z.)</bibl>
        </div>
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      <div>
        <bibl>Redakteur en chef <editor>Karl Marx.</editor>             </bibl>
      </div>
      <div n="1">
        <p> <hi rendition="#b">Morgen wird eine zweite Ausgabe ausgegeben werden.</hi> </p>
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        <head>Meteorologische Beobachtungen.</head>
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</TEI>
[1541/0003] 12 Paris, 11. April. Ein Antiprogramm! Die Rue de Poitiers will das Programm des Berges widerlegen, und diese Widerlegung, dieses Antiprogramm an alle Bauern und Soldaten, in Stadt und Land verbreiten. Die Rue de Poitiers hat weiter nichts zu bieten, als Geld und Papier; einige Frankenthaler für den Agenten, der die Wähler bearbeitet, und eine Masse gedrucktes Papier, für die Wähler selbst: Ihre Thätigkeit erstreckt sich in Paris blos auf die Kleinbürger und Krämer, und in den Departements auf die Geistlichen und Beamten. Zu den Arbeitern, zu den Hunderttausenden von Arbeitern kann die Rue de Poitiers schon deßhalb nicht durchdringen, weil sie gar nicht weiß, wo sie wohnen. Die Arbeiter werden erst sichtbar in Zeiten der Revolution, auf der Straße, wenn sie zu Tausenden wie aus dem Boden hervorkommen. Die Industrie hat es dem Arbeiter unmöglich gemacht, vereinzelt zu wohnen; er wohnt mit Hunderten seiner Genossen in demselben Hause, auf demselben Korridor, und da wohnt er auch eigentlich nicht: er schläft nur da. Er wohnt auf der Straße und in der Werkstätte, ebenfalls nicht vereinzelt, sondern mit seinen Kameraden. Hier im Atelier, im Hause, hat die Association bereits ihren Anfang genommen, noch ehe das Associationsrecht als eine Errungenschaft faktisch proklamirt worden. Die Rue Poitiers sieht weiter nichts als die Klubs und die öffentlichen Associationen, und in ihrer Verblendung wähnte sie, durch Verurtheilung der Führer und Organe die demokratische Partei direkt auf's Haupt zu schlagen. Die Wirkung dieser Verurtheilungen ist gerade eine entgegengesetzte. Selbst der National tritt für den „Peuple“ und die „Revolution demokratique et sociale“ auf. Der National, der zur Begründung seiner Herrschaft auf dieselbe Weise verfuhr, wie jetzt Faucher und Barrot, wirft der Magistratur der Herren Barrot und Faucher vor, daß sie „monarchisch“ urtheile. Ungeachtet aller Angriffe, welche der National vom „Peuple“ und der „Revolution“ erfahren hat und noch täglich erfährt, ist der National genöthigt, alles zu vergessen, alle Angriffe zu übersehen, und, verstoßen von der Partei der Rue Poitiers, sich heranzudrängen an die demokratische-soziale Partei der Revolution. Der National unterschreibt für 100 Franken zu Gunsten der verfolgten Journale. So weit ist es also mit dieser Bastards-Partei gekommen, daß sie, nachdem sie die Revolution untergraben und die Juni-Insurgenten geschlachtet hat jetzt, um nicht selbst abgeschlachtet zu werden, sich gezwungen sieht, für die Schlachtopfer zu unterschreiben. Dieses Faktum allein zeigt schon an, wie es mit dem Programm der Montagne steht. Die Schläge, welche die Montagne erlitten hat, sei es in ihren Männern, sei es in ihren Journalen, sind direkt veranlaßt worden von der Rue Poitiers; Cavaignac und Marrast waren auf der Liste der Rue Poitiers als Candidaten vorgeschlagen; und der National, der immer noch Verbindungen mit Marrast unterhält und Cavaignac sogar als seinen geheimen Mitarbeiter hat, reißt sich durch diese Souscription los von der rue Poitiers, um sich für die „verfolgte Montagne“ zu erklären, obgleich er weiß, daß die Angriffe später wieder beginnen werden. Also ungeachtet der Kapitulation, über welche die Rue Poitiers zu verfügen hat, ist die Stellung dieser Partei täglich mehr gefährdet. Am deutlichsten geht dies aber aus dem Vorschlag des Herrn Faucher hervor, welcher die exceptionelle Stellung des Herrn Changarnier, als obersten Commandanten der Nationalgarde und der Linientruppen legalisiren lassen will. Durch ein Gesetz soll die Kammer dem Herrn Changarnier diese ungeheure Macht während der ganzen Zeit der Wahlen in Händen lassen. Was Bugeaud im Februar als Plan dem Herrn Thiers mitgetheilt, das soll Changarnier verwirklichen. Die siegreiche Demokratie soll durch einen Handstreich des Herrn Changarnier überrumpelt werden. Es ist vorauszusehen, daß dieser Vorschlag in der Kammer scheitern wird. Das Auftreten des Nationals hat die Lage der Dinge ungemein geändert, und Verlust für Verlust, denkt der National, besser ist's noch von der Montagne als von der Partei des Herrn Thiers aus dem Felde geschlagen zu werden. Was übrigens die Kandidatur des Hrn. Cavaignac anbetrifft, so meint es keineswegs die Rue Poitiers ernst mit ihr. Sie hat in diesem Augenblick viel zu viel zu thun, um die des Hrn. Thiers und Molé durchzubringen. Cavaignac weiß dies recht wohl, und er weiß auch, daß Changarnier ihn völlig überflüssig macht. Die Rue Poitiers braucht wirkliche Generäle, aber keine vergangenen Größen, und weiter ist Cavaignac nichts mehr in den Augen der Rue Poitiers. Hat man ihm nicht bereits seine Mobilen genommen, deren letzte 12 Bataillone nun auch bis auf die Hälfte beurlaubt sind? Und was ist Cavaignac ohne die Mobile, und zumal da die Afrikaner nur dem General Bugeaud angehören? Wir stehen am Vorabend einer neuen Revolution. Die Parteien fangen an, sich in Schlachtordnung aufzustellen. „Ruhe und Ordnung,“ das ist der Schlachtruf der Einen, und um die Ruhe und Ordnung herzustellen, sind sie bereit, den Kampf in den Straßen aufs Neue anzufachen. „Ueber die Alpen und an den Rhein!“ das ist der Schlachtruf der andern Partei, der wahren Franzosen, und dazwischen tönt der Ruf der Bauern: „Heraus mit der Milliarde!“ und der Ruf der Arbeiter: „Recht auf Arbeit,“ und Bauern und Arbeiter, die „Ruhe und Ordnung“ des Kapitalisten verhöhnend, sind entbrannt von kriegerischem Muthe. Napoleon allein ist ernst und nachsinnend: dem König von Preußen wird eine Kaiserkrone angeboten; der König Friedrich Wilhelm IV. wird um den Helm ein kaiserliches Diadem aufsetzen, und er, der kaiserliche Neffe, hat noch immer keinen Bonaparteshut, und er, der ein zweiter Napoleon werden wollte, ist noch immer nicht Napoleon der Zweite. 12 Paris, 12. April. Mit dem Berge ist's aus. Der Berg ist todt! so jubeln die reaktionären Blätter. Und warum ist es mit dem Berge aus? Warum ist der Berg todt? Weil Eugene Raspail dem Herrn Point eine Ohrschelle gegeben hat! Die Ohrfeige also hat den Berg getödtet! Das ist noch nicht Alles. Raspail, Mitglied des Berges, hat nicht allein durch eine Ohrfeige den Berg, sondern der Berg durch seine Sympathie für Raspail soll die ganze demokratische Partei getödtet haben. Und wer führt diese Sprache? Das Journal des Debats! In einem Leitartikel wird der Untergang des Berges ausführlich auseinandergesetzt, und am Ende des Artikels das Bedauern darüber ausgesprochen, daß der Kammer das Recht nicht zustände, den Raspail gleich in der Sitzung zu verurtheilen. Wir wollen die Geschichte mit der Ohrfeige kurz erzählen, und dann wird es klar werden, daß die von Herrn Raspail Ertheilte eine Ohrfeige ist, welche die ganze Bourgeoisie in der Person des Herrn Point erhalten hat. Der Deputirte Point ist der famose Zeuge in dem Prozesse von Bourges, der hauptsächlich Schuld an Raspail's Verhaftung war. Sei es Neugierde oder Schadenfreude, in der heutigen Sitzung hatte er seine Lorgnette beständig fixirt gehalten auf Eugene Raspail, den Neffen des Verurtheilten. Der junge Raspail stellte ihn deshalb außerhalb der Kammer zur Rede; sie geriethen in Wortwechsel und die Sache endigte mit einer Ohrfeige, die Raspail dem Hrn. Point zu geben sich veranlaßt gefunden. Point rief den bekannten Prokurator Baroche herbei, der auf der Stelle sein Requisitorium redigirte, und darauf besteht, daß die Kammer die nöthige Autorisation zur Belangung des Herrn Raspail vor dem kompetenten Gerichte bewillige, was denn auch geschah. Der Berg gab seine Entrüstung laut zu erkennen: also Herr Point, statt die ihm gebotene Satisfaktion anzunehmen, wendet sich an das Gericht! Statt sich zu schlagen im Duell, wie ein Franzose, wie ein Mann von Muth und Ehre, zieht er es vor, die Ohrfeige zu behalten und Raspail verurtheilen zu lassen. Und das Duell ist nicht allein tolerirt in Frankreich, sondern sogar geboten, von Guizot selbst, der, ich weiß nicht mehr bei welcher Gelegenheit, in der Kammer erklärt hat, daß es Fälle gebe, wo das bürgerliche Gericht aufhöre und das Ehrengericht des Duells anfange. Und als wenn Guizot's Autorität noch nöthig wäre, um dies einem Franzosen zu sagen. Aber die Bourgeoisie ist so feige geworden, daß sie gar nicht mehr fühlt, wie Point's feiges Betragen in ganz Frankreich das Blut in Wallung bringen muß. Im Gegentheil: sie will die Ohrfeige exploitiren; sie will sie als Argument gebrauchen, um zu zeigen, wie Leute, „die so wenig Anstand“ hätten, nicht mehr für die nächste Kammer gewählt werden können! Und sie sieht gar nicht ein, daß die Franzosen sich innerlich freuen über die so gut applizirte Ohrfeige, und daß Point, wenn er sie wirklich nicht verdient hätte, schon durch die Verweigerung der Satisfaktion als der gehässigste Mensch dasteht. Die Ohrfeige, wie gesagt, wird die Runde in Frankreich machen: die Bourgeoisie wird dies bald merken, und Point könnte am Ende genöthigt werden, sich nicht mehr für seine Ehre, sondern für die Interessen der Bourgeoisie, gezwungenerweise zu schlagen. Das bürgerliche Gericht: hiermit hoffte die Bourgeoisie die Demokratie zu tödten. Man kennt die Verfolgungen der Presse; trotzdem tritt sie kühner auf, als je. Die Verfolgungen schlagen sogar zum Besten der demokratischen Partei aus. Proudhon hat heute die erste revolutionäre Maßregel getroffen: er hat seine Bank aufgelöst. Als Grund dieser Auflösung giebt Hr. Proudhon seine Verurtheilung an. «Loin des bureaux, loin des affaires.» Weil er, Proudhon, sei es in Folge seiner bevorstehenden Einkerkerung, oder einer freiwilligen Verbannung, nicht mehr in den Bureaux ist, kann er auch die Geschäfte, die „Affaires“ nicht mehr überwachen. Was für Geschäfte? Die kleinen Epiciersgeschäfte, die Geschäfte, die im Austausche innerhalb eines ganz kleinen Kreises bestanden, mit Hinweglassung der Hauptgeschäfte, der Geschäftsverbindungen mit den andern Staaten, ohne der Hindernisse zu gedenken, auf welchen diese Geschäfte bei der mindesten Berührung mit der Bourgeoisie, ob ausländisch ob französisch, stoßen mußten! Und als wenn diese Geschäftsversuche, diese Organisationspläne schon nach der Februarrevolution nicht Alles verdorben hätten, weil sie die Arbeiter eben abführten von den revolutionären Maßregeln, die getroffen werden mußten, um die Schranken der bürgerlichen Produktion zu brechen, ehe noch überhaupt die Rede sein konnte von einer Aenderung im Produktionsaustausche! Und als wenn nicht im günstigsten Falle dieser Produktenaustausch nothwendigerweise in die alten Verhältnisse zurückführen mußte, während im ungünstigeren Falle die Bank Proudhon's jedesmal, wenn sie auf die Kreise außerhalb ihres Bereiches stieß, d. h. jedesmal, wenn sie in Geschäftsverbindung treten mußte mit Nichtaktionären, in Stockung zu gerathen Gefahr lief! Und als wenn endlich nicht jeder Bourgeois mit einem Einlegekapital von 100,000 Fr. die ganze Bank zum Bankrutmachen bringen konnte. Alle diese ungünstigen Fälle sind unglücklicherweise nicht eingetroffen. Die Bank ist nicht dazu gekommen, Geschäfte zu machen. Proudhon, in seine Rechnungsablage, führt 17,000 Fr. an, die im Ganzen eingekommen sind; davon gehen 8000 Fr. Kosten ab, die Proudhon sich persönlich anheischig macht, den Gläubigern zurückzuzahlen. Einige Anhänger Proudhon's bestehen zwar darauf, das Geschäft fortzuführen; aber Proudhon, der von vornherein erklärte, daß zur Ausführung der Idee, „die er in die Welt geschleudert,“ seine Gegenwart nothwendig sei, ist nicht mehr verantwortlich. Wenn seine Idee falsch aufgegriffen, oder falsch angewendet werde, was um so leichter sei, da er „mit seiner im Kontrakte erheischten monarchischen Autorität“ nicht mehr die Geschäfte leiten könne, so dürfe man ihm die Schuld davon nicht aufbürden. Die Jury's haben Proudhon so möglich gemacht, seine Volksbank mit Anstand untergehen zu lassen. Weiter heißt der erste Theil seiner Erklärung im „Peuple“ nichts. Aber Proudhon beschränkt sich nicht darauf, das Eingehen seiner Bank durch den «accident judiciaire,» durch den Zufall seiner gerichtlichen Verurtheilung zu erklären. Das welterlösende Projekt an den Stimmen zweier Jury's gescheitert! Die Kriegsmaschine gegen die bestehende Gesellschaft zersplittert an der leisesten Berührung mit den äußerlichsten Haken dieser Gesellschaft! Proudhon kann unmöglich dies demüthigende Geständniß zu Protokoll geben. Nein, zum «accident judiciaire,» zum Zufall eines Urtheilsspuchs kommen allgemeine „Motive“ hinzu, „abgeleitet aus der Lage Frankreichs und der Politik seiner Regierung.“ „Die Zeit,“ ruft Proudhon aus, „die Zeit ist vorbei für friedliche und auf dem Boden der Gesetze sich bewegende Organisation. Es gilt jetzt, für unsere Existenz zu kämpfen. Organisiren durch freiwillige Unterschriften und in Verbindungssetzen der Arbeiterassociationen, heißt seine Zeit mit Bagatellen verlieren und uns fruchtlos den Transportationen und Füsilladen aussetzen. Die Welt hat keine Zeit mehr, das Resultat unsrer Erfahrungen abzuwarten. Siegen gilt es oder sterben auf dem Kampfplatz der Revolution! Siegen! d. h. das demokratisch-soziale Prinzip zur Herrschaft erheben. Wozu bedarf es aber dann noch der Volksbank? Wozu der Büreaus der Straße des Faubourg St. Denis? Wenn wir siegen, steht uns nicht die Bank von Frankreich zu Gebot? Unterliegen wir aber, fallen wir zurück unter das Joch der Kapitalisten, wozu Tag für Tag den Centime des Armen abzwacken?“ Herr Proudhon ist also jetzt durch die Erfahrung gezwungen, zu proklamiren, was ihm Karl Marx in seiner Schrift «Misére de la Philosophie» vor der Februarrevolution zurief: „Um Ihren Plan zu verwirklichen, setzen Sie den Sturz der bestehenden Gesellschaftszustände voraus. Ist die jetzige Gesellschaft aber gestürzt, so brauchen wir Ihren Plan nicht mehr.“ Marx endete damals seine Schrift gegen Proudhon damit, daß es sich vor allem für die Proletarier um die Erringung der Herrschaft handle, die nur auf revolutionärem Wege zu erkämpfen sei. Mit Proudhons dokrinärem Socialismus ist der doktrinäre Socialismus in Frankreich überhaupt gescheitert, gründlich gescheitert. Der Klassenkampf des Proletariats gegen die Bourgeoisie hat jetzt glücklich die letzte doktrinär organisirende Form abgestreift und tritt somit in seine wirklich revolutionäre Phase. Paris, 12. April. Gestern Abend verbreitete sich das Gerücht, der Präsident Bonaparte habe den Hals gebrochen. Der Moniteur beruhigt die Bevölkerung hierüber durch folgenden Artikel: „Während seiner gewöhnlichen Promenade im Gehölz von Boulogne stieß dem Präsidenten ein leichter Unfall zu. Sein Pferd glitt im raschen Fluge auf dem beweglichen Boden aus und stürzte mit ihm nieder. Der Präsident trug keine Verletzung davon; er erhob sich sofort, bestieg das Pferd wieder und kehrte in das Elysée zurück.“ ‒ Im Elysée trafen diesen Morgen wichtige Depeschen aus Turin ein. Ihr Inhalt blieb für uns bis Postschluß noch ein Geheimniß. Auf dem gewöhnlichen Korrespondenzwege kennen wir nur das Bombardement Genua's durch Lamarmora, das am 7. April eingestellt wurde, um eine Antwort aus Turin abzuwarten. (Siehe Italine.) ‒ Wie wir hören, ist Montanelli mit wichtigen Aufträgen der toskanischen Republik in Paris eingetroffen. ‒ Der „Courrier de Lyon“ vom 11. April meldet: Eben geht dem Generalstabe der Alpenarmee aus dem Kriegsministerium der Befehl zu, eine Brigade abzuzweigen und sie nach Marseille zu schicken, um sie der Rom-Expedition beizugesellen. ‒ Die Journale aus Turin, Genua, Florenz und Rom sind heute in Paris ausgeblieben. ‒ Aus Perpignan liegen Briefe vom 7. April Abends vor uns, laut welchen Cabrera noch nicht todt war. Montemolin ist mit Extrapost nach England zurückexpedirt worden. Die Carlistische Wiedereroberung Spaniens hätte somit ein Ende und die Theefeste in London können wieder ihren Anfang nehmen. ‒ National-Versammlung vom 12. April. Anfang 12 1/2 Uhr. Präsident Marrast. Beim Beginn hört man, daß Eugene Raspail eben verhaftet worden sei. Diese Maßregel wurde wahrscheinlich nur angewandt, um ein n Zweikampf zu verhindern. Ferner hört man, daß es in den Abtheilungssälen, wo die ausnahmsweise Stellung Changarnier's besprochen wurde, sehr heiß hergegangen sein soll. Das Ministerium verlangt nämlich, dem Changarnier im Gegensatze zum Artikel 67 des Bürgerwehrgesetzes sein Doppelkommando noch drei Monate lang zu erhalten, wofür eben eine Kommission zur Begutachtung erwählt worden ist. Dieselbe besteht aus 15 Gliedern, von denen sich 9 für und nur 6 gegen die ministerielle Absicht aussprachen. Der Berg und die entschiedene Linke sollen schrecklich über den armen Ordnungsgeneral hergefallen sein. Nachdem sich die Deputirten eingefunden und das Protokoll verlesen, wurden die Staatsrathswahlen fortgesetzt. Lamoriciere leitet dieses Mal die Stimmzettelzählung, deren Resultat schwerlich vor 6 Uhr bekannt werden dürfte. Während sich Lamoriciere um 2 1/2 Uhr mit sämmtlichen Urnen, Skrutatoren und Schriftführern in einen der Nebensäle begibt, nimmt die Versammlung nach Erledigung einiger dringender Lokalgesetzentwürfe das Büdget wieder auf. Sie war beim Kultusbüdget stehen geblieben, von dem einige Artikel wegen nochmaliger Begutachtung an die Kommission zurückgewiesen worden waren. Jean Reynaud stattet Bericht über diese Nachprüfung ab, die sich auf eine Gehaltserhöhung für die niedrige Geistlichkeit bezieht. Nach Erledigung dieser Nachträge zum Kultusbüdget geht die Versammlung zum Büdget des Finanzministeriums über. Die 45 Centimensteuer wird bei der Generaldiskussion abermals durchgedroschen. Duclerc eilt auf die Bühne und ruft nach einer kurzen Einleitung: So wird denn abermals die 45 Centimensteuer ins Spiel geworfen! Wir wollten auf diese neuen Provokationen nicht antworten. Starke Mißhelligkeiten herrschten unter der Provisorischen Regierung, doch bisher schleuderte man uns kein Defi entgegen. Heute geschieht dies, wohlan ich will antworten. Am 10 März 1848 war Garnier Pages Finanzminister. Er stattete die Regierung einen ziemlich befriedigenden Bericht über die Finanzlagen der kaum erstandenen Republik ab. Am 15 März, also kaum fünf Tage darauf, war der Horizont plötzlich finsterer geworden. (Ah! Ah!) Warum? Welches waren die Gründe? Die Rundschreiben Ledru-Rollin's waren erschienen. (Fröhlicher Tumult vom Berge.) Rechts: Zur Ordnung! Zur Ordnung! Duclerc: Ich sage die Wahrheit.… Man muß sie endlich wissen… Man schlug den National-Bankerott vor. (Sensation im ganzen Saal.) Jawohl, man schlug dem Finanzminister den Nationalbankerott vor … Stimmen: Wer? Wer? Duclerc: Herr Ledru-Rollin wird es Ihnen sagen. Ledru-Rollin: Niemals! Duclerc: Sie schlugen Papiergeld vor! Ledru-Rollin: erwidert, daß er weder den Nationalbankerott, noch das Papiergeld vorgeschlagen, sondern daß er 2 Frcs. oder mindesters 1 1/2 Frcs. Steuerzuschuß auf die Reichen vorgeschlagen habe. (Ah! Ah! zur Rechten. Bravo vom Berge) Sodann vertheidigt er die andern Maßregeln der Regierung des Februar. Flocon donnert gegen die 45 Centimensteuer und stellt den Antrag: „Die 45 Centimensteuer durch jährliche Beträge binnen sechs Jahren zurückzuzahlen und damit am 1. Januar 1849 anzufangen.“ Die gesammte Rechte ruft: La question préalable! Die Versammlung laßt den Antrag fallen. Chavoix nimmt ihn wieder auf. Flocon erklärt, daß er sich verschrieben habe, er habe „vom 1. Januar 1850, statt 1849“, schreiben wollen. Marrast läßt zur Abstimmung schreiten. Viele Stimmen: Kugelabstimmung! Diese Operation gibt folgendes Resultat: 414 gegen 119 Stimmen nehmen die Question préalable an, d. h. verwerfen die Rückzahlung der 45 Centimensteuer. Schließlich proklamirt Marrast die heute gewählten Glieder des Staatsrathes, deren Namen wir morgen mittheilen wollen. Die Sitzung wird um 6 3/4 Uhr geschlossen. Polen. Krakau, 7. April. Der Sicherheitsausschuß macht bekannt, die Militärbehörde habe neuerdings angeordnet, daß die Patrouillen, sobald die in den Straßen versammelten Menschenhaufen der Aufforderung der Offiziere zum Auseinandergehen nicht genügten, sofort von ihrer Schießwaffe Gebrauch machen sollten. (Gaz. Krak.) Rußland. Von der russischen Grenze, 2. April. Nicht nur in Russisch-Litthauen nimmt die Verarmung des grundbesitzenden Adels immer mehr zu, sondern überhaupt zählt Rußlands Adel in vielen Gouvernements dermaßen verarmte Individuen, daß nach einer offiziellen Darlegung des Ministers des Innern, der eine darauf Bezug nehmende Untersuchung voranging, sich in 29 Gouvernements 21,148 adelige Grundbesitzer finden, deren ganzer Besitzstand sich nur auf 20 und weniger leibeigene Bauern beschränkt; ja es finden sich in diesen Gouvernements mehrere Familien, die nur eine halbe, ja eine Viertel-Desätine Land ohne Bauern besitzen. Zur möglichen Aufhülfe dieser so sehr verarmten Edelleute hat die Regierung nun beschlossen, sie unverzüglich auf Kornländereien in den Gouvernements Simbirsk und Tobolsk überzusiedeln. (Osts. Ztg.) Dänemark. Kopenhagen, 8. April. Die Abreise Fabviers, welche die Berlingsche Zeitung den Pariser Wahlen zuschreibt, ist die Folge einer zu einem ernsthaften Zwiste ausgearteten Meinungsverschiedenheit mit unserm Kriegsminister Hansen. Der französische General fühlte sich verletzt, als er seinen Operationsplan, der einen Guerillakrieg anrieth und jeden offenen Kampf für Tollkühnheit erklärte, zurückgewiesen sah. Das unangenehme seiner Stellung als bloßer Rathgeber, der die ungünstige Resultate verantworten und die günstigen fremden Verdienste hätte zurechnen lassen müssen soll die Unzufriedenheit Fabviers bis zum offnen Bruche gesteigert haben. Uebrigens erkennt unser Kriegsministerium bereits recht gut, wie zweckmäßig der Kriegsplang Fabviers gwesen ist; ja ma behauptet in wohl unterrichteten Kreisen, daß es beabsichtigt sei, Jütland Preis zu geben und sich auf Blockade und Küstenangriffe zu beschränken. (Lüb. Z.) Redakteur en chef Karl Marx. Morgen wird eine zweite Ausgabe ausgegeben werden. Meteorologische Beobachtungen. _

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 273. Köln, 15. April 1849, S. 1541. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz273i_1849/3>, abgerufen am 19.04.2024.