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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 270. Köln, 12. April 1849.

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er darauf eingegangen sein, dieses als Feigheit ausgeschrieen haben; hatten doch gewisse Herren beim Bataillon, die andere Männer stets nach sich selbst beurtheilen, schon ähnliches verlauten lassen. Diese Herren können den Bürgerwehroffizier Foerg nicht verdauen! Der Bataillonsarzt erklärte nun, er habe hier zum ersten Male gehört, daß es eine Bestimmung gebe, dergemäß Landwehrleute dem Train überwiesen werden könnten, nie aber wäre diese Bestimmung angewandt, wenigstens bei den vielen Kommissionen und Aushebungen, denen er beigewohnt, habe nie eine solche Ueberweisung stattgefunden. Mag nun diese alte Bestimmung auch bestehen, so liegt es auf der Hand, daß es nur eine Präventivbestimmung ist für den Fall, daß an Trainsoldaten Mangel und an Wehrmännern Ueberfluß ist; aber empörend ist eine Anwendung dieser Bestimmung bei einem Landwehrmann zu machen, der seiner Militärpflicht genügt und schon seit sieben Jahren vom Regiment entlassen ist. Bei den Aushebungen werden zum Train in der Regel solche genommen, die untauglich zu irgend einer Waffengattung sind, und giebt es der dem Train Ueberwiesenen eine Unmasse. Es ist klar, Foerg soll büßen, weil er mißliebige Ansichten hat und liegt es auf der Hand, daß eine Gesinnungsverfolgung bei der Mobilmachung einzelner Landwehrmänner stattgefunden.

Ihr Brüder habt Geduld,
Wir wissen, wer's verschuld't
Daß ihr so exerzieret
Mit steifen Knien marschiret.

Foerg ist mit dem Bataillon nach Schleswig ausgerückt; der Dr. Pankritzins ist in Essen zurückgeblieben, weil der Aesculap im Majorskleide einen vom Doktor für's Lazareth bestimmten Fieberkranken für nur mit Kopfschmerzen behaftet erklärte. Hr. Lützow ist jedenfalls ein Wunderkind.

113 Trarbach, 7. April.

Wie in der Moselgegend die Grund steuer ungleichmäßig und ungerecht, namentlich bei Weinbergen im Vergleich mit Ackerland, vertheilt und erhoben und der ohnehin so stark gedrückte Winzer seinem Ruin immer mehr zugeführt wird, davon will ich Ihnen blos ein Beispiel anführen. Dieser Tage überzeugte ich mich zu Enkirch beim Güterfortschreiben, daß ein Weinberg, 14 Quadrat-Ruthen enthaltend, der schon vor ein paar Jahren, als die Preise höher standen und Vertrauen im Verkehr vorhanden war, zu 17 Thlr. 15 Sgr. versteigert wurde, mit 6 Sgr. 8 Pfg. Grundsteuer belegt ist. Er ist, nebenbei bemerkt, von solcher Steilheit, daß man sich nur mit Mühe darin aufrecht erhalten kann. Das Ackerland, namentlich das der Hundsrückener Bauern, die denn auch "schwarzweiß" genug aussehen, ist dagegen außer allem Verhältniß niedrig bedacht. Ein Bauer aus jener Gegend erhielt kürzlich beim Verkauf seiner Besitzung etwas über 1000 Thlr. Und wieviel zahlte er Grundsteuer? Einen Thaler! nicht mehr und nicht weniger. Die Grundsteuer als Maßstab des Werthes angenommen, hätte oben erwähnter Weinberg 222 Thlr. 6 Sgr. 8 Pfg., statt 17 1/2 Thlr. kosten müssen, oder mit andern Worten: die Grundsteuer des Weinberges dürfte, da jener Bauer nur 1 Thlr. zahlt, höchstens 6 Pfg. betragen.

Dieser Tage hatten wir hier 30 Mann Einquartierung von den Koblenzer Pioniren, die Arm in Arm durch die Straßen ziehend, uns mit dem Heckerlied erfreuten. Es sind die nämlichen, zu denen früher in Saarlouis der jetzige Kriegsminister Strotha sagte:

"In Euch herrscht kein guter Geist!"

143 Winterscheid, 8. April.

Ueber den Zehnten, welcher in hiesiger Gegend dem Grafen Droste zu Vischering, Neßelrode-Reichenstein entrichtet wird, kann ich Ihnen einige nähere Auskunft ertheilen. Dieser Zehnte bestebt in der Bürgermeisterei und Gemeinde Ruppichteroth.

Ueber den Ursprung desselben sind keinerlei Nachweise vorhanden. In frühern Jahren wurde er in folgender Weise erhoben:

Der Graf schickte zur Zeit der Erndte seine Jäger in die betreffenden Ortschaften; diese unterhandelten dann mit den Einwohnern und letztere lieferten gewöhnlich nur einen unbedeutenden Betrag ab.

Späterhin wurde der Zehnte an einen Unterpächter verpachtet. Dieser richtete sich Anfangs etwas nach den früheren Abgaben, doch nach einigen Jahren wurde schon das Doppelte erhoben und wieder über eine gewisse Zeit das Drei- bis Vierfache. Zuletzt wurden gar alle eingeordneten Felder, deren hier eine Menge sind, und vordem frei waren, mit als zehntpflichtig behandelt.

In den Jahren 1829 bis 1832 hatte der Zehnte endlich eine Höhe erreicht, daß ihn die Leute nicht mehr aufzubringen wußten. Sie weigerten sich, ihn zu entrichten und endlich kams zu einem Prozesse.

Die Gemeinde Winterscheid sah sich am Ende genöthigt, ihren Zehnten abzulösen, indem sie auf dem gerichtlichen Wege wenig ausrichtete. Im Jahre 1842 wurde ihr ein Ablösungskapital von 7000 Thlr. zudiktirt.

Den Ortschaften Haenscheid, Nieder- und Oberlückerrath wurde das Ablösekapital zu 4000 Thlr. gestellt. Die Einwohner hielten sich um so mehr für geprellt, als sie wohl wußten, was sie früher entrichtet und in welchem Mißverhältniß dazu diese raubritterliche octroyirte Summe stand. Noch ärger wird diese Räuberei, wenn man bedenkt, daß ihnen die Zehntpflichtigkeit nicht einmal nachgewiesen werden konnte.

Der betreffende Prozeß ist im Jahre 1848 zu Gunsten des Grafen entschieden worden, wonach die drei letztgenannten Ortschaften ein Kapital von 7300 Thlr. (!!) zu bezahlen haben!!

Der Graf schickte neulich den Gerichtsvollzieher in die genannten Ortschaften, um die armen Leute vor Gericht zu laden. Diese Ortschaften sind so arm, daß man kaum 100 Thlr. baares Geld in ihnen auffinden würde. Die Leute ließen es aber nicht beim passiven Widerstand, sondern empfingen den Gerichtsvollzieher mit Bohnenstangen und dergleichen Instrumenten, daß demselben sein Pferd endlich vor Mattigkeit niedersank. So eben höre ich, daß deshalb eine Untersuchung eröffnet worden.

Neulich wurde dort ein Gü#chen subha#tirt, circa 40 Morgen mit Wohnung. Es wurde für 45 Thlr. verkauft, während 48 Thlr (!!) Zehnten darauf lasteten.

Was hier angeführt ist, beruhet in Wahrheit, worauf Sie sich verlassen können.

X Berlin, 9. April.

Bodelschwingh war, wie wir schon vor einigen Tagen angaben, zum Konseilpräsidenten bestimmt. Es erklärt sich dieser Wunsch des Königs auch aus zwei, für seine Charakteristik merkwürdigen Momenten. Einestheils soll die Revolution und ihr Andenken ausgelöscht werden bis auf das letzte Atom, man muß zurückkehren zu dem Stand der Dinge vor dem 18. März, und auch zu den betreffenden Personen. Deshalb muß der Premier, welchen damals das Volk stürzte, seinen frühern Sitz wieder einnehmen. Andererseits aber besitzt der König ein furchtbares Mißtrauen gegen seine ganze Umgebung. Die Prinzen sind mit Spionen umgeben, der König glaubt sich von ihnen und allen seinen Dienern verrathen und verkauft. Dies Mißtrauen wendet sich sogar jetzt schon gegen die Kompagnie Manteuffel, auch dieser Mann der "rettenden That" ist für seinen königlichen Herrn ein Untreuer geworden. So sprach er vor wenigen Tagen erst es offen aus: "Bodelschwingh ist der einzige Mann, der es mit mir noch redlich meint!"

Nach Ertheilung der Antwort an die Frankfurter hat die Prinzessin von Preußen, unsere Erzherzogin Sophie, höchstselbst in ihrem einsamen Zimmer Thränen des Schmerzes und des Kummers vergossen. Ebenso geberdet sich ihr hoher Gemahl. Als der König vorgestern zu ihm schickte, um ihn zum Kabinetsrath einzuladen, ließ er zurücksagen, "Se. Maj. möge ihn mit der Politik verschonen, so lange Sie solche Rathgeber um sich hätten!" Man will sich für gewisse Eventualitäten populär machen, aber "man merkt die Absicht."

Das arme Ministerium hat einen schweren Kampf. Nicht nur die Linke greift es an, auch in der Rechten ist ein tiefer Groll gegen Manteuffel etc. Wenn sie einmal, sagen selbst die Auerswald, Vincke etc. contrerevolutionär gehandelt hatten, so wäre es ihnen leicht geworden, das allgemeine Wahlrecht, mit dem sich, wie die Erfahrung zeige, nicht regieren lasse, ebenfalls zu eskamotiren. Es sei dasselbe aber jetzt ein förmliches Dogma geworden, welches sich auf gesetzlichem Wege, ohne Gewalt, nicht wieder ausrotten lasse.

Trotz der vielen Summen, welche auf unsere Polizeiverwaltung gewendet werden, trotzdem man die alten Polizisten der Zahl nach nicht vermindert und ihnen noch Constabler zur Seite gestellt hat, ist es merkwürdig, wie sehr gerade jetzt Diebstähle etc. zunehmen. Das ist erwiesen, die Constabler nutzen nichts, man kann sie höchstens zur Spionage gebrauchen, aber sie haben nicht allein den Haß des Volkes, der ihnen bei einer großen Bewegung das Schicksal der Pariser Munizipalgarde verspricht, sondern auch den der Soldaten auf sich geladen. Täglich kommen zwischen beiden feindlichen Mächten Prugeleien vor, auf welche also, wie es scheint, die erste Kammer nicht das Privilegium hat.

Der dankbaren Kaiserfarce hat sich natürlich auch der Witz bemächtigt. Buddelmey# und Andere unserer Komiker haben neuen Stoff zu jüdischen Briefen a la Moses Hersch etc. bekommen. Auch Louis Drucker läßt es an einer bezüglichen Einladung in seine vergnügte Weinhandlung nicht fehlen. Unter Andern zeigt der Tabakshändler Fahndrich an: "Kaisercigarren mit östreichischer Einlage und preußischem Deckblatt."

Der Sieg des Herzogs von Coburg bei Eckernförde über die dänischen Kriegsschiffe wird im Kleineu ein neues Navarin werden. Der Herzog ist nämlich sehr unvorsichtig gewesen, man wäre hier zufriedener, wenn er die Dänen hätte entkommen lassen, da man beabsichtigt, den Krieg gegen den "aimablen" König mit zarter Rücksicht zu führen. So ist aber die Geschichte ein sehr unbequemer Sieg geworden und an der Börse äußerte man schon, "wahrscheinlich würden beim Friedensschluß die Schiffe doch aus unserer Kasse bezahlt!" Das ist doch noch ein edelmüthiger Krieg!

Die Gesellen aller Gewerbe hatten hier bis jetzt besondere Kranken und Sterbekassen, zu denen jeder beitragen mußte, um als Kranker entweder in der Charite oder durch einen besondern Arzt in seiner Wohnung verpflegt zu werden. Der Magistrat hatte bis jetzt durch einen besondern Kommissarius die Oberaufsicht und es wurden demungeachtet manche Unterschleife bemerklich. Die Gesellen machen gegen ein solches Protektorat Opposition und wollen jetzt ihre Kassen selbstständig verwalten.

* Falkenberg, 6. April.

Arbeiter! Wir haben die nachstehende Petition an die zweite Kammer gerichtet; wir fordern euch auf, in unser aller Interesse dieselbe oder ähnliche Petitionen recht zahlreich zu unterzeichnen, und ebenfalls an die Kammer einzureichen, damit diese kräftig daran gemahnt werde, was sie uns schuldig ist. Von den Demokratenvereinen, die es wirklich redlich mit der Sache der Arbeiter meinen, erwarten wir, daß sie bereitwillig die Petition unter die Arbeiter verbreiten und deren Unterzeichnung veranlassen werden. Es ist das um so mehr ihre Pflicht und nothwendig, als die Arbeiter noch so wenig organisirt sind und Mittel haben, es zu können, und als sie selbst kaum wissen, was und wie viel sie bedürfen.

Die socialen Zeitblätter dürfen wir nicht erst bitten, sich der Sache anzunehmen.

Der Arbeiterverein des Kreises Falkenberg in Schlesien.

Hohe zweite Kammer.

Wieder greifen die Hungerseuchen um sich und erinnern von Neuem furchtbar mahnend unsre Regierung an ihre Pflicht, aber wir hoffen von ihr, der alten Genossenschaft Bodelschwing's, keine Hülfe, wir wissen, sie wird uns fort und fort verhungern lassen, wie sie es bisher gethan hat, darum wenden wir uns an Euch, unsre erwählten Vertreter und Fürsprecher, an Euch, die ihr unsrer Wahl Eure Parlamentssitze verdankt, und fordern von Euch:

Brod.

Allerdings hat in der ersten Kammer der Kattunfabrikant Herr Milde beantragt, zur Beruhigung der Arbeiter in der Adresse die sociale Frage zu berühren, und wir wollen glauben, daß dieser Herr wirklich in dem Wahne steht, uns mit solchen Redensarten satt machen zu können, aber bei Euch, den Abgeordneten des Volkes, setzen wir eine andere Anschauung der Sache voraus, von Euch erwarten wir nicht herzruhrende ausgesprochene sociale Redensarten, sondern wirkliches ernstes Eingehen in die materiellen Einzelnheiten der Frage und danach schleunige, kräftige Hülfe, durch entsprechende Gesetze. Darum erlaubt uns eine kurze Schilderung des Bedürfnisses und der Lage der Arbeiter, weil wir glauben, daß diese Euch zur Richtschnur Eures Handelns dienen wird.

Die Statistiker rechnen eine Familie gewöhnlich zu 6 Köpfen, Mann, Frau und 4 Kinder; eine solche Familie bedarf zu ihrem nothdurftigen Lebensunterhalt im Jahr

Brod, 2 Erwachsene täglich 1 1/2Pfd., jedes a 6 Pf. das Pfd. macht 18 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf.

4 Kinder täglich 3 1/4 Pfd., jedes a 6 Pf. das
Pfd. macht
18Thlr.7Sgr.6Pf.
Gemüse, als Hülsenfrüchte. Kartoffeln u. dgl.
2 Erwachsene, jedes für 6 Pf. täglich, macht
12Thlr.5Sgr.--Pf.
4 Kinder, jedes fur 3 Pf. täglich, macht12Thlr.5Sgr.--Pf.
Fleisch, Butter, Käse u. s. w., 2 Erwachsene, jedes für 1 1/2 Sgr. täglich, macht36Thlr.15Sgr.--Pf.
4 Kinder, jedes für 9 Pf. täglich, macht36Thlr.15Sgr.--Pf.
Salz 3Thlr.--Sgr.--Pf.
Bier, 2 Erwachsene, täglich jedes für 6 Pf. macht12Thlr.5Sgr.--Pf.
Milch, 4 Kinder, täglich jedes für 6 Pf. macht12Thlr.5Sgr.--Pf.
Kleidung, der Mann Rock, Arbeitskittel, Beinkleider12Thlr.--Sgr.--Pf.
Hemden3Thlr.--Sgr.--Pf.
Tucher, Kopfbedeckung, Kleinigkeiten3Thlr.--Sgr.--Pf.
Schuhwerk6Thlr.--Sgr.--Pf.
Die Frau, Kleider, Unterrock8Thlr.--Sgr.--Pf.
Hemden3Thlr.--Sgr.--Pf.
Tücher, Hauben, Strohhut, Kleinigkeiten4Thlr.--Sgr.--Pf.
Schuhwerk4Thlr.--Sgr.--Pf.
Die 4 Kinder a 6 Thlr.24Thlr.--Sgr.--Pf.
Wohnung12Thlr.--Sgr.--Pf.
Heizung und Licht16Thlr.--Sgr.--Pf.
Unterhaltung des Hausrats und Bettzeugs10Thlr.--Sgr.--Pf.
Arbeitszeug8Thlr.--Sgr.--Pf.
Steuern und Abgaben2Thlr.--Sgr.--Pf.
Außerordentliches17Thlr.25Sgr.--Pf.
Zusammen 300 Thlr.

Da nun der Mann 300 Tage im Jahre arbeitet, und die Frau, die viel schwächer ist und viel durch die Besorgung des Häuslichen abgehalten wird, nur etwa so viel verkäufliche Arbeit leisten kann, als 150 Mannsarbeitstage betragen, so müßten durch 450 Mannesarbeitstage 300 Thlr. verdient werden können, oder der Mannestagelohn müßte auf 20 Sgr. stehen, sollte eine Arbeiterfamilie so leben können wie hier veranschlagt worden ist.

Je weniger wir nun glauben, daß irgend Einer unter Euch, unseren Abgeordneten, ist, der nicht anerkennt, daß dieser veranschlagte Lebensunterhalt, der, um ihn haben zu können, einen Lohn von 20 Sgr. täglich erfordert, das Wenigste ist, was man noch menschliches Leben nennen kann, desto mehr sind wir überzeugt, daß Ihr sofort die Nothwendigkeit schleunigster thatsächlicher Hülfe begreifen, vom tiefsten Mitleid mit uns durchdrungen sein werdet, wenn Ihr bedenkt, daß wir mit der schwersten angestrengtesten Arbeit nur den fünften Theil jenes nöthigen Lohnes verdienen können, da der Tagelohn des Mannes hier 3, 4 bis 5 Sgr., der der Frau 2, 3 bis 4 Sgr. steht. Wenn Mann und Frau zusammen trotz alles Sinnens und Denkens auf Besserung mit allem Fleiß die Woche nur 1 Thlr. 12 Sgr., oder auf den Tag 6 Sgr. verdienen können, sagt Ihr Herren Abgeordneten, was sollen sie dafür wohl zuerst anschaffen; satt Brod und Kartoffeln für sich daß sie wieder arbeiten können, und für die Kinder? Wohl, aber wo wurde dann Wohnungsmiethe herkommen, wo im Winter Holzgeld, daß unsere, nur mit Leinwandlumpen bedeckten Kinder in den dünnwandigen Lehmkammern nicht erfrieren, wo das Geld, um die, wenn auch ärmliche, doch reinliche Kleidung, die die Vornehmen immer bei uns verlangen, zu bezahlen?

Ihr Herren Abgeordneten der zweiten Kammer werdet nun wissen, warum Ihr so viele, nur mit schmutzigen Lumpen bedeckte kraftlose Gestalten in Eurer Heimath seht, Ihr werdet sie ferner nicht mehr für liederliche Vergeuder des Verdienten halten, denen Ihr, wie der geh. Hofrath Dieterici in d#r 7. Sitzung der ersten Kammer that, auf ihr Bitten rathet, helft Euch selbst durch Thätigkeit und Sparsamkeit, sondern Ihr werdet einsehen, daß solches, heute gegen uns ausgesprochen, Hohn ist, und Ihr werdet den Grimm gegen Alles verstehen, der uns erfüllt, wenn z. B. vor unsern Augen nsrer Gutsherren fette Merinos und Rinder die Kartoffeln in reichem Maß verzehren, von denen wir so gern nur einige wenige hätten, unsere verhungernden Kinder damit zu sättigen. Ja, fragt Eure Statistiker, fragt selbst Herrn Geheimrath Dieterici und er muß sagen, daß es unsere Kinder sind, die massenweis verschmachten, die die Sterblichkeitslisten so schreckenerregend fullen, und glaubt Ihr da nicht, daß auch wir Vatergefühle kennen, daß auch in der bleichen Arbeiterin ein Mutterherz schlägt, das gern für sein Kind einen andern Wunsch haben möchte, als den: stirb, damit du solcher Noth entgehst

Bei Euren Kindern! Ihr müßt uns h#lfen, Ihr müßt das ändern, darum, so oft Ihr in Berlin des Hofes glänzende Uniformen sehet, denkt auch unsrer Lumpen, und wenn Ihr für die Arbeit des bloßen Schreibens eines Namens eine Civilliste von Millionen dekretiren werdet, dann erlaßt auch ein Gesetz, das bestimmt, daß für unsre schwere Arbeit uns

ein Tagelohn von 20 Sgr.

werden muß, ein Lohn, doch hinreichend unsern Hunger zu stillen, unsere Bloße zu decken.

X Königsberg, 5. April.

-- "Die Königsberger Demokraten haben sich um das Vaterland wohl verdient gemacht." Wir unterschreiben diesen Satz nicht, aber einsichtsvolle Preußenvereiner -- es giebt deren -- sagen es sich im Verborgenen und unsere Demokraten müssen beschämt eingestehen, daß sie eine Partei, die während ihrer Geburt schon der Verachtung preisgegeben, erst gekräftigt und organisirt haben. Wir sind am Ausgange des Winters. Die Reaktion blüht und der Starrkrampf hält unsere Demokratie darnieder. Wohl wird die Frühlingssonne die Träumer wachrütteln; mögen sie dann aber auch die bittere Erfahrungen, die sie seit Jahr und Tag gemacht, nicht verschlafen haben, sondern zeigen, daß sie was gelernt! Einstweilen spielt der Preußen-Verein die erste Geige. Er hält seine Versammlungen der großen Anzahl seiner Mitglieder wegen noch immer gleichzeitig in vier verschiedenen Lokalen und übt täglich merklichern Einfluß, der hauptsächlich Lieferanten, Arbeitsunternehmern und Handwerkern fühlbar ist. Nach und nach werden diese von allen Arbeiten, die von königlichen Instituten vergeben werden, ausgeschlossen, wenn es ihrer politischen Ueberzeugung widerstrebt, dem schwarz-weißen Verein beizutreten. Vielleicht heißt der letzte Paragraph der Statuten dieser "toleranten" Preußen: "Wer dem Vereine nicht beitritt soll verhungern!"

Nächster Tage schicken die wüthenden Reactionärs eine herrliche Adresse an das Kaiserl Königl. Preuß. Staatsministerium, in der sie dieses anflehen, der Stadt jede Betheiligung an der "unnützen" Bürgerwehr zu erlassen. Wir haben ja "mein herrliches Kriegsheer", das seinen Ruf in Friedenszeiten glorreichst bewährt, wozu so plebeje bürgerliche Institute?! Die Petition lag an 8 verschiedenen Orten aus und trägt zahlreiche Unterschriften.

Anders noch offenbart sich der Kretinismus der "Grauen" in einer Aufforderung zu Beiträgen für das den berliner Märzschlächtern zu errichtende Denkmal: "Tapferkeit vor dem Feinde (dem Volke) ist eine glänzende Selbstbeherrschung und hingebende Entsagung, dem höhern Willen gegenüber, eine stille, deßhalb aber nicht minder erhabene Tugend des Soldaten. In den denkwürdigen Märztagen des Jahres 1848 sind beide von preußischen Soldaten in Berlin in einer Art geübt worden, wie sie geeignet ist, einen neuen Zweig in den nie welkenden Kranz des Ruhmes der Armee zu flechten, und patriotische Männer sind dort zusammengetreten, um durch Errichtung eines Denkmals hiervon vor der Nachwelt Zeugniß abzulegen. Auch unsere Provinz wird Verlangen tragen u. s. w. -- -- "

Das von Preußenvereinern gebildete "Provinzial-Wahl-Comite für Volksfreiheit (schlau!) und konstitutionelles Königthum" (sehr schlau!) hat Wasser auf seine Mühle erhalten. Es jubelt laut über die "feierliche Anerkennung" seines "unerschütterlich festgehaltenen Grundsatzes" durch beide Kammern, in deren Antwort-Adressen auf die Thronrede klar und deutlich ausgesprochen stehe: "daß die Verfassung vom 5. Dezember pr. das rechtsgiltige Grundgesetz des preußischen Staates sei etc.", und indem es erklärt: es wäre "jeder Protest dagegen null und nichtig" fordert es alle mit ihm "auf gleichem Boden stehenden Mitbürger" auf, solchen Zweifeln und Protesten überall entschieden entgegen zu treten." -- Unsern lieben Kammern sollen wir von diesen lieben Herren einen Knix machen, ihnen schönsten Gruß entbieten, und freundlich danken für die Liebe, mit der sie sich der "guten Sache" so hübsch angenommen haben.

15 Aus Sachsen, 9. April.

Erlauben Sie mir einen Beitrag zu Ihren jüngsten Korrespondenzen über unsere schulmeisterlichen Vaterlandslappen.

Sachsen hat sich von jeher und in jeder Beziehung für ein unübertroffenes Eldorado von Volkommenheit gehalten und wer einem Liliput- und Ameisendasein Geschmack abgewinnen kann, wird ihm die naive Schulmeisterüberzeugung nicht ganz verargen können. Wären die von der Metternichspolitik künstlich geschaffenen Schwerpunkte des absolutistischen Deutschlands nicht in Wien und Berlin, oder wären dieselben so leicht zu kassiren, man würde behaupten können, Sachsen allein könne der naturwüchsische Centralpunkt des nun abermals reichsbankrotten einen und freien Deutschlands sein. Dazu gehört indessen die Pulsader der revolutionären Gewaltigkeit, und diese ist bei uns am allerwenigsten zu Hause. Sachsen hat niemals eine Revolution gemacht, der Pariser Sturm hat hier nur kaum sichtbare Welchen angeregt Man zog es vor, sich gar nicht zu regen; man behielt die alte patriarchalische Bundestagsverfassung mit ihrem Landtag, ihrem absoluten Veto, ihrer Steuerverweigerungsohnmacht, ihren zwei Kammern und ihrem andern mitteralterlich aufgewärmten Brei, statt dieselbe mit einem energischen Ruck, der im März wenig Kühnheit erforderte, über den Haufen zu werfen. Dafür ergab man sich einer sächsischmatten politischen Ameisenthätigkeit. Mit einem neuen, ganz den Ausdruck des Landes tragenden guten und gemüthreichen Ministerium ohne Stachel und Geist, fabrizirte man vom März bis November an einem liberalen Wahlgesetz, an einem liberalen Preßgesetz, an einem liberalen Vereinsgesetz. Im November hatte die Reaktion auswärts gesiegt, die Kammern stürzten daher, wie sie blödsinnig behaupten, das liberale, gutmüthige Ministerium, und ließen sich rasch ein reaktionär-fanatisches Ministenium Held aufoctroyiren. Da sie dasselbe angeblich bona fide, d. h. in germanischer Bornirtheit, gestürzt hatten, so behielten sie vorläufig noch die öffentliche Meinung des Volks und galten in den Augen der zwischen Olmütz und Potsdam Spießruthen laufenden sächsischen Reaktion (Contrerevolution geht zu sehr über sächsische Mattheit hinaus) selbst für republikanische Hochverrathskneipen. Man hatte unter dem verzagten Ministerium Braun schöne, immer aber höchst bescheidene Phrasen gemacht, welche das gegenwärtige Spießruthen-

er darauf eingegangen sein, dieses als Feigheit ausgeschrieen haben; hatten doch gewisse Herren beim Bataillon, die andere Männer stets nach sich selbst beurtheilen, schon ähnliches verlauten lassen. Diese Herren können den Bürgerwehroffizier Foerg nicht verdauen! Der Bataillonsarzt erklärte nun, er habe hier zum ersten Male gehört, daß es eine Bestimmung gebe, dergemäß Landwehrleute dem Train überwiesen werden könnten, nie aber wäre diese Bestimmung angewandt, wenigstens bei den vielen Kommissionen und Aushebungen, denen er beigewohnt, habe nie eine solche Ueberweisung stattgefunden. Mag nun diese alte Bestimmung auch bestehen, so liegt es auf der Hand, daß es nur eine Präventivbestimmung ist für den Fall, daß an Trainsoldaten Mangel und an Wehrmännern Ueberfluß ist; aber empörend ist eine Anwendung dieser Bestimmung bei einem Landwehrmann zu machen, der seiner Militärpflicht genügt und schon seit sieben Jahren vom Regiment entlassen ist. Bei den Aushebungen werden zum Train in der Regel solche genommen, die untauglich zu irgend einer Waffengattung sind, und giebt es der dem Train Ueberwiesenen eine Unmasse. Es ist klar, Foerg soll büßen, weil er mißliebige Ansichten hat und liegt es auf der Hand, daß eine Gesinnungsverfolgung bei der Mobilmachung einzelner Landwehrmänner stattgefunden.

Ihr Brüder habt Geduld,
Wir wissen, wer's verschuld't
Daß ihr so exerzieret
Mit steifen Knien marschiret.

Foerg ist mit dem Bataillon nach Schleswig ausgerückt; der Dr. Pankritzins ist in Essen zurückgeblieben, weil der Aesculap im Majorskleide einen vom Doktor für's Lazareth bestimmten Fieberkranken für nur mit Kopfschmerzen behaftet erklärte. Hr. Lützow ist jedenfalls ein Wunderkind.

113 Trarbach, 7. April.

Wie in der Moselgegend die Grund steuer ungleichmäßig und ungerecht, namentlich bei Weinbergen im Vergleich mit Ackerland, vertheilt und erhoben und der ohnehin so stark gedrückte Winzer seinem Ruin immer mehr zugeführt wird, davon will ich Ihnen blos ein Beispiel anführen. Dieser Tage überzeugte ich mich zu Enkirch beim Güterfortschreiben, daß ein Weinberg, 14 Quadrat-Ruthen enthaltend, der schon vor ein paar Jahren, als die Preise höher standen und Vertrauen im Verkehr vorhanden war, zu 17 Thlr. 15 Sgr. versteigert wurde, mit 6 Sgr. 8 Pfg. Grundsteuer belegt ist. Er ist, nebenbei bemerkt, von solcher Steilheit, daß man sich nur mit Mühe darin aufrecht erhalten kann. Das Ackerland, namentlich das der Hundsrückener Bauern, die denn auch „schwarzweiß“ genug aussehen, ist dagegen außer allem Verhältniß niedrig bedacht. Ein Bauer aus jener Gegend erhielt kürzlich beim Verkauf seiner Besitzung etwas über 1000 Thlr. Und wieviel zahlte er Grundsteuer? Einen Thaler! nicht mehr und nicht weniger. Die Grundsteuer als Maßstab des Werthes angenommen, hätte oben erwähnter Weinberg 222 Thlr. 6 Sgr. 8 Pfg., statt 17 ½ Thlr. kosten müssen, oder mit andern Worten: die Grundsteuer des Weinberges dürfte, da jener Bauer nur 1 Thlr. zahlt, höchstens 6 Pfg. betragen.

Dieser Tage hatten wir hier 30 Mann Einquartierung von den Koblenzer Pioniren, die Arm in Arm durch die Straßen ziehend, uns mit dem Heckerlied erfreuten. Es sind die nämlichen, zu denen früher in Saarlouis der jetzige Kriegsminister Strotha sagte:

„In Euch herrscht kein guter Geist!“

143 Winterscheid, 8. April.

Ueber den Zehnten, welcher in hiesiger Gegend dem Grafen Droste zu Vischering, Neßelrode-Reichenstein entrichtet wird, kann ich Ihnen einige nähere Auskunft ertheilen. Dieser Zehnte bestebt in der Bürgermeisterei und Gemeinde Ruppichteroth.

Ueber den Ursprung desselben sind keinerlei Nachweise vorhanden. In frühern Jahren wurde er in folgender Weise erhoben:

Der Graf schickte zur Zeit der Erndte seine Jäger in die betreffenden Ortschaften; diese unterhandelten dann mit den Einwohnern und letztere lieferten gewöhnlich nur einen unbedeutenden Betrag ab.

Späterhin wurde der Zehnte an einen Unterpächter verpachtet. Dieser richtete sich Anfangs etwas nach den früheren Abgaben, doch nach einigen Jahren wurde schon das Doppelte erhoben und wieder über eine gewisse Zeit das Drei- bis Vierfache. Zuletzt wurden gar alle eingeordneten Felder, deren hier eine Menge sind, und vordem frei waren, mit als zehntpflichtig behandelt.

In den Jahren 1829 bis 1832 hatte der Zehnte endlich eine Höhe erreicht, daß ihn die Leute nicht mehr aufzubringen wußten. Sie weigerten sich, ihn zu entrichten und endlich kams zu einem Prozesse.

Die Gemeinde Winterscheid sah sich am Ende genöthigt, ihren Zehnten abzulösen, indem sie auf dem gerichtlichen Wege wenig ausrichtete. Im Jahre 1842 wurde ihr ein Ablösungskapital von 7000 Thlr. zudiktirt.

Den Ortschaften Haenscheid, Nieder- und Oberlückerrath wurde das Ablösekapital zu 4000 Thlr. gestellt. Die Einwohner hielten sich um so mehr für geprellt, als sie wohl wußten, was sie früher entrichtet und in welchem Mißverhältniß dazu diese raubritterliche octroyirte Summe stand. Noch ärger wird diese Räuberei, wenn man bedenkt, daß ihnen die Zehntpflichtigkeit nicht einmal nachgewiesen werden konnte.

Der betreffende Prozeß ist im Jahre 1848 zu Gunsten des Grafen entschieden worden, wonach die drei letztgenannten Ortschaften ein Kapital von 7300 Thlr. (!!) zu bezahlen haben!!

Der Graf schickte neulich den Gerichtsvollzieher in die genannten Ortschaften, um die armen Leute vor Gericht zu laden. Diese Ortschaften sind so arm, daß man kaum 100 Thlr. baares Geld in ihnen auffinden würde. Die Leute ließen es aber nicht beim passiven Widerstand, sondern empfingen den Gerichtsvollzieher mit Bohnenstangen und dergleichen Instrumenten, daß demselben sein Pferd endlich vor Mattigkeit niedersank. So eben höre ich, daß deshalb eine Untersuchung eröffnet worden.

Neulich wurde dort ein Gü#chen subha#tirt, circa 40 Morgen mit Wohnung. Es wurde für 45 Thlr. verkauft, während 48 Thlr (!!) Zehnten darauf lasteten.

Was hier angeführt ist, beruhet in Wahrheit, worauf Sie sich verlassen können.

X Berlin, 9. April.

Bodelschwingh war, wie wir schon vor einigen Tagen angaben, zum Konseilpräsidenten bestimmt. Es erklärt sich dieser Wunsch des Königs auch aus zwei, für seine Charakteristik merkwürdigen Momenten. Einestheils soll die Revolution und ihr Andenken ausgelöscht werden bis auf das letzte Atom, man muß zurückkehren zu dem Stand der Dinge vor dem 18. März, und auch zu den betreffenden Personen. Deshalb muß der Premier, welchen damals das Volk stürzte, seinen frühern Sitz wieder einnehmen. Andererseits aber besitzt der König ein furchtbares Mißtrauen gegen seine ganze Umgebung. Die Prinzen sind mit Spionen umgeben, der König glaubt sich von ihnen und allen seinen Dienern verrathen und verkauft. Dies Mißtrauen wendet sich sogar jetzt schon gegen die Kompagnie Manteuffel, auch dieser Mann der „rettenden That“ ist für seinen königlichen Herrn ein Untreuer geworden. So sprach er vor wenigen Tagen erst es offen aus: „Bodelschwingh ist der einzige Mann, der es mit mir noch redlich meint!“

Nach Ertheilung der Antwort an die Frankfurter hat die Prinzessin von Preußen, unsere Erzherzogin Sophie, höchstselbst in ihrem einsamen Zimmer Thränen des Schmerzes und des Kummers vergossen. Ebenso geberdet sich ihr hoher Gemahl. Als der König vorgestern zu ihm schickte, um ihn zum Kabinetsrath einzuladen, ließ er zurücksagen, „Se. Maj. möge ihn mit der Politik verschonen, so lange Sie solche Rathgeber um sich hätten!“ Man will sich für gewisse Eventualitäten populär machen, aber „man merkt die Absicht.“

Das arme Ministerium hat einen schweren Kampf. Nicht nur die Linke greift es an, auch in der Rechten ist ein tiefer Groll gegen Manteuffel etc. Wenn sie einmal, sagen selbst die Auerswald, Vincke etc. contrerevolutionär gehandelt hatten, so wäre es ihnen leicht geworden, das allgemeine Wahlrecht, mit dem sich, wie die Erfahrung zeige, nicht regieren lasse, ebenfalls zu eskamotiren. Es sei dasselbe aber jetzt ein förmliches Dogma geworden, welches sich auf gesetzlichem Wege, ohne Gewalt, nicht wieder ausrotten lasse.

Trotz der vielen Summen, welche auf unsere Polizeiverwaltung gewendet werden, trotzdem man die alten Polizisten der Zahl nach nicht vermindert und ihnen noch Constabler zur Seite gestellt hat, ist es merkwürdig, wie sehr gerade jetzt Diebstähle etc. zunehmen. Das ist erwiesen, die Constabler nutzen nichts, man kann sie höchstens zur Spionage gebrauchen, aber sie haben nicht allein den Haß des Volkes, der ihnen bei einer großen Bewegung das Schicksal der Pariser Munizipalgarde verspricht, sondern auch den der Soldaten auf sich geladen. Täglich kommen zwischen beiden feindlichen Mächten Prugeleien vor, auf welche also, wie es scheint, die erste Kammer nicht das Privilegium hat.

Der dankbaren Kaiserfarce hat sich natürlich auch der Witz bemächtigt. Buddelmey# und Andere unserer Komiker haben neuen Stoff zu jüdischen Briefen à la Moses Hersch etc. bekommen. Auch Louis Drucker läßt es an einer bezüglichen Einladung in seine vergnügte Weinhandlung nicht fehlen. Unter Andern zeigt der Tabakshändler Fahndrich an: „Kaisercigarren mit östreichischer Einlage und preußischem Deckblatt.“

Der Sieg des Herzogs von Coburg bei Eckernförde über die dänischen Kriegsschiffe wird im Kleineu ein neues Navarin werden. Der Herzog ist nämlich sehr unvorsichtig gewesen, man wäre hier zufriedener, wenn er die Dänen hätte entkommen lassen, da man beabsichtigt, den Krieg gegen den „aimablen“ König mit zarter Rücksicht zu führen. So ist aber die Geschichte ein sehr unbequemer Sieg geworden und an der Börse äußerte man schon, „wahrscheinlich würden beim Friedensschluß die Schiffe doch aus unserer Kasse bezahlt!“ Das ist doch noch ein edelmüthiger Krieg!

Die Gesellen aller Gewerbe hatten hier bis jetzt besondere Kranken und Sterbekassen, zu denen jeder beitragen mußte, um als Kranker entweder in der Charite oder durch einen besondern Arzt in seiner Wohnung verpflegt zu werden. Der Magistrat hatte bis jetzt durch einen besondern Kommissarius die Oberaufsicht und es wurden demungeachtet manche Unterschleife bemerklich. Die Gesellen machen gegen ein solches Protektorat Opposition und wollen jetzt ihre Kassen selbstständig verwalten.

* Falkenberg, 6. April.

Arbeiter! Wir haben die nachstehende Petition an die zweite Kammer gerichtet; wir fordern euch auf, in unser aller Interesse dieselbe oder ähnliche Petitionen recht zahlreich zu unterzeichnen, und ebenfalls an die Kammer einzureichen, damit diese kräftig daran gemahnt werde, was sie uns schuldig ist. Von den Demokratenvereinen, die es wirklich redlich mit der Sache der Arbeiter meinen, erwarten wir, daß sie bereitwillig die Petition unter die Arbeiter verbreiten und deren Unterzeichnung veranlassen werden. Es ist das um so mehr ihre Pflicht und nothwendig, als die Arbeiter noch so wenig organisirt sind und Mittel haben, es zu können, und als sie selbst kaum wissen, was und wie viel sie bedürfen.

Die socialen Zeitblätter dürfen wir nicht erst bitten, sich der Sache anzunehmen.

Der Arbeiterverein des Kreises Falkenberg in Schlesien.

Hohe zweite Kammer.

Wieder greifen die Hungerseuchen um sich und erinnern von Neuem furchtbar mahnend unsre Regierung an ihre Pflicht, aber wir hoffen von ihr, der alten Genossenschaft Bodelschwing's, keine Hülfe, wir wissen, sie wird uns fort und fort verhungern lassen, wie sie es bisher gethan hat, darum wenden wir uns an Euch, unsre erwählten Vertreter und Fürsprecher, an Euch, die ihr unsrer Wahl Eure Parlamentssitze verdankt, und fordern von Euch:

Brod.

Allerdings hat in der ersten Kammer der Kattunfabrikant Herr Milde beantragt, zur Beruhigung der Arbeiter in der Adresse die sociale Frage zu berühren, und wir wollen glauben, daß dieser Herr wirklich in dem Wahne steht, uns mit solchen Redensarten satt machen zu können, aber bei Euch, den Abgeordneten des Volkes, setzen wir eine andere Anschauung der Sache voraus, von Euch erwarten wir nicht herzruhrende ausgesprochene sociale Redensarten, sondern wirkliches ernstes Eingehen in die materiellen Einzelnheiten der Frage und danach schleunige, kräftige Hülfe, durch entsprechende Gesetze. Darum erlaubt uns eine kurze Schilderung des Bedürfnisses und der Lage der Arbeiter, weil wir glauben, daß diese Euch zur Richtschnur Eures Handelns dienen wird.

Die Statistiker rechnen eine Familie gewöhnlich zu 6 Köpfen, Mann, Frau und 4 Kinder; eine solche Familie bedarf zu ihrem nothdurftigen Lebensunterhalt im Jahr

Brod, 2 Erwachsene täglich 1 ½Pfd., jedes à 6 Pf. das Pfd. macht 18 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf.

4 Kinder täglich 3 ¼ Pfd., jedes á 6 Pf. das
Pfd. macht
18Thlr.7Sgr.6Pf.
Gemüse, als Hülsenfrüchte. Kartoffeln u. dgl.
2 Erwachsene, jedes für 6 Pf. täglich, macht
12Thlr.5Sgr.Pf.
4 Kinder, jedes fur 3 Pf. täglich, macht12Thlr.5Sgr.Pf.
Fleisch, Butter, Käse u. s. w., 2 Erwachsene, jedes für 1 ½ Sgr. täglich, macht36Thlr.15Sgr.Pf.
4 Kinder, jedes für 9 Pf. täglich, macht36Thlr.15Sgr.Pf.
Salz 3Thlr.Sgr.Pf.
Bier, 2 Erwachsene, täglich jedes für 6 Pf. macht12Thlr.5Sgr.Pf.
Milch, 4 Kinder, täglich jedes für 6 Pf. macht12Thlr.5Sgr.Pf.
Kleidung, der Mann Rock, Arbeitskittel, Beinkleider12Thlr.Sgr.Pf.
Hemden3Thlr.Sgr.Pf.
Tucher, Kopfbedeckung, Kleinigkeiten3Thlr.Sgr.Pf.
Schuhwerk6Thlr.Sgr.Pf.
Die Frau, Kleider, Unterrock8Thlr.Sgr.Pf.
Hemden3Thlr.Sgr.Pf.
Tücher, Hauben, Strohhut, Kleinigkeiten4Thlr.Sgr.Pf.
Schuhwerk4Thlr.Sgr.Pf.
Die 4 Kinder à 6 Thlr.24Thlr.Sgr.Pf.
Wohnung12Thlr.Sgr.Pf.
Heizung und Licht16Thlr.Sgr.Pf.
Unterhaltung des Hausrats und Bettzeugs10Thlr.Sgr.Pf.
Arbeitszeug8Thlr.Sgr.Pf.
Steuern und Abgaben2Thlr.Sgr.Pf.
Außerordentliches17Thlr.25Sgr.Pf.
Zusammen 300 Thlr.

Da nun der Mann 300 Tage im Jahre arbeitet, und die Frau, die viel schwächer ist und viel durch die Besorgung des Häuslichen abgehalten wird, nur etwa so viel verkäufliche Arbeit leisten kann, als 150 Mannsarbeitstage betragen, so müßten durch 450 Mannesarbeitstage 300 Thlr. verdient werden können, oder der Mannestagelohn müßte auf 20 Sgr. stehen, sollte eine Arbeiterfamilie so leben können wie hier veranschlagt worden ist.

Je weniger wir nun glauben, daß irgend Einer unter Euch, unseren Abgeordneten, ist, der nicht anerkennt, daß dieser veranschlagte Lebensunterhalt, der, um ihn haben zu können, einen Lohn von 20 Sgr. täglich erfordert, das Wenigste ist, was man noch menschliches Leben nennen kann, desto mehr sind wir überzeugt, daß Ihr sofort die Nothwendigkeit schleunigster thatsächlicher Hülfe begreifen, vom tiefsten Mitleid mit uns durchdrungen sein werdet, wenn Ihr bedenkt, daß wir mit der schwersten angestrengtesten Arbeit nur den fünften Theil jenes nöthigen Lohnes verdienen können, da der Tagelohn des Mannes hier 3, 4 bis 5 Sgr., der der Frau 2, 3 bis 4 Sgr. steht. Wenn Mann und Frau zusammen trotz alles Sinnens und Denkens auf Besserung mit allem Fleiß die Woche nur 1 Thlr. 12 Sgr., oder auf den Tag 6 Sgr. verdienen können, sagt Ihr Herren Abgeordneten, was sollen sie dafür wohl zuerst anschaffen; satt Brod und Kartoffeln für sich daß sie wieder arbeiten können, und für die Kinder? Wohl, aber wo wurde dann Wohnungsmiethe herkommen, wo im Winter Holzgeld, daß unsere, nur mit Leinwandlumpen bedeckten Kinder in den dünnwandigen Lehmkammern nicht erfrieren, wo das Geld, um die, wenn auch ärmliche, doch reinliche Kleidung, die die Vornehmen immer bei uns verlangen, zu bezahlen?

Ihr Herren Abgeordneten der zweiten Kammer werdet nun wissen, warum Ihr so viele, nur mit schmutzigen Lumpen bedeckte kraftlose Gestalten in Eurer Heimath seht, Ihr werdet sie ferner nicht mehr für liederliche Vergeuder des Verdienten halten, denen Ihr, wie der geh. Hofrath Dieterici in d#r 7. Sitzung der ersten Kammer that, auf ihr Bitten rathet, helft Euch selbst durch Thätigkeit und Sparsamkeit, sondern Ihr werdet einsehen, daß solches, heute gegen uns ausgesprochen, Hohn ist, und Ihr werdet den Grimm gegen Alles verstehen, der uns erfüllt, wenn z. B. vor unsern Augen nsrer Gutsherren fette Merinos und Rinder die Kartoffeln in reichem Maß verzehren, von denen wir so gern nur einige wenige hätten, unsere verhungernden Kinder damit zu sättigen. Ja, fragt Eure Statistiker, fragt selbst Herrn Geheimrath Dieterici und er muß sagen, daß es unsere Kinder sind, die massenweis verschmachten, die die Sterblichkeitslisten so schreckenerregend fullen, und glaubt Ihr da nicht, daß auch wir Vatergefühle kennen, daß auch in der bleichen Arbeiterin ein Mutterherz schlägt, das gern für sein Kind einen andern Wunsch haben möchte, als den: stirb, damit du solcher Noth entgehst

Bei Euren Kindern! Ihr müßt uns h#lfen, Ihr müßt das ändern, darum, so oft Ihr in Berlin des Hofes glänzende Uniformen sehet, denkt auch unsrer Lumpen, und wenn Ihr für die Arbeit des bloßen Schreibens eines Namens eine Civilliste von Millionen dekretiren werdet, dann erlaßt auch ein Gesetz, das bestimmt, daß für unsre schwere Arbeit uns

ein Tagelohn von 20 Sgr.

werden muß, ein Lohn, doch hinreichend unsern Hunger zu stillen, unsere Bloße zu decken.

X Königsberg, 5. April.

— „Die Königsberger Demokraten haben sich um das Vaterland wohl verdient gemacht.“ Wir unterschreiben diesen Satz nicht, aber einsichtsvolle Preußenvereiner — es giebt deren — sagen es sich im Verborgenen und unsere Demokraten müssen beschämt eingestehen, daß sie eine Partei, die während ihrer Geburt schon der Verachtung preisgegeben, erst gekräftigt und organisirt haben. Wir sind am Ausgange des Winters. Die Reaktion blüht und der Starrkrampf hält unsere Demokratie darnieder. Wohl wird die Frühlingssonne die Träumer wachrütteln; mögen sie dann aber auch die bittere Erfahrungen, die sie seit Jahr und Tag gemacht, nicht verschlafen haben, sondern zeigen, daß sie was gelernt! Einstweilen spielt der Preußen-Verein die erste Geige. Er hält seine Versammlungen der großen Anzahl seiner Mitglieder wegen noch immer gleichzeitig in vier verschiedenen Lokalen und übt täglich merklichern Einfluß, der hauptsächlich Lieferanten, Arbeitsunternehmern und Handwerkern fühlbar ist. Nach und nach werden diese von allen Arbeiten, die von königlichen Instituten vergeben werden, ausgeschlossen, wenn es ihrer politischen Ueberzeugung widerstrebt, dem schwarz-weißen Verein beizutreten. Vielleicht heißt der letzte Paragraph der Statuten dieser „toleranten“ Preußen: „Wer dem Vereine nicht beitritt soll verhungern!“

Nächster Tage schicken die wüthenden Reactionärs eine herrliche Adresse an das Kaiserl Königl. Preuß. Staatsministerium, in der sie dieses anflehen, der Stadt jede Betheiligung an der „unnützen“ Bürgerwehr zu erlassen. Wir haben ja „mein herrliches Kriegsheer“, das seinen Ruf in Friedenszeiten glorreichst bewährt, wozu so plebeje bürgerliche Institute?! Die Petition lag an 8 verschiedenen Orten aus und trägt zahlreiche Unterschriften.

Anders noch offenbart sich der Kretinismus der „Grauen“ in einer Aufforderung zu Beiträgen für das den berliner Märzschlächtern zu errichtende Denkmal: „Tapferkeit vor dem Feinde (dem Volke) ist eine glänzende Selbstbeherrschung und hingebende Entsagung, dem höhern Willen gegenüber, eine stille, deßhalb aber nicht minder erhabene Tugend des Soldaten. In den denkwürdigen Märztagen des Jahres 1848 sind beide von preußischen Soldaten in Berlin in einer Art geübt worden, wie sie geeignet ist, einen neuen Zweig in den nie welkenden Kranz des Ruhmes der Armee zu flechten, und patriotische Männer sind dort zusammengetreten, um durch Errichtung eines Denkmals hiervon vor der Nachwelt Zeugniß abzulegen. Auch unsere Provinz wird Verlangen tragen u. s. w. — — “

Das von Preußenvereinern gebildete „Provinzial-Wahl-Comité für Volksfreiheit (schlau!) und konstitutionelles Königthum“ (sehr schlau!) hat Wasser auf seine Mühle erhalten. Es jubelt laut über die „feierliche Anerkennung“ seines „unerschütterlich festgehaltenen Grundsatzes“ durch beide Kammern, in deren Antwort-Adressen auf die Thronrede klar und deutlich ausgesprochen stehe: „daß die Verfassung vom 5. Dezember pr. das rechtsgiltige Grundgesetz des preußischen Staates sei etc.“, und indem es erklärt: es wäre „jeder Protest dagegen null und nichtig“ fordert es alle mit ihm „auf gleichem Boden stehenden Mitbürger“ auf, solchen Zweifeln und Protesten überall entschieden entgegen zu treten.“ — Unsern lieben Kammern sollen wir von diesen lieben Herren einen Knix machen, ihnen schönsten Gruß entbieten, und freundlich danken für die Liebe, mit der sie sich der „guten Sache“ so hübsch angenommen haben.

15 Aus Sachsen, 9. April.

Erlauben Sie mir einen Beitrag zu Ihren jüngsten Korrespondenzen über unsere schulmeisterlichen Vaterlandslappen.

Sachsen hat sich von jeher und in jeder Beziehung für ein unübertroffenes Eldorado von Volkommenheit gehalten und wer einem Liliput- und Ameisendasein Geschmack abgewinnen kann, wird ihm die naive Schulmeisterüberzeugung nicht ganz verargen können. Wären die von der Metternichspolitik künstlich geschaffenen Schwerpunkte des absolutistischen Deutschlands nicht in Wien und Berlin, oder wären dieselben so leicht zu kassiren, man würde behaupten können, Sachsen allein könne der naturwüchsische Centralpunkt des nun abermals reichsbankrotten einen und freien Deutschlands sein. Dazu gehört indessen die Pulsader der revolutionären Gewaltigkeit, und diese ist bei uns am allerwenigsten zu Hause. Sachsen hat niemals eine Revolution gemacht, der Pariser Sturm hat hier nur kaum sichtbare Welchen angeregt Man zog es vor, sich gar nicht zu regen; man behielt die alte patriarchalische Bundestagsverfassung mit ihrem Landtag, ihrem absoluten Veto, ihrer Steuerverweigerungsohnmacht, ihren zwei Kammern und ihrem andern mitteralterlich aufgewärmten Brei, statt dieselbe mit einem energischen Ruck, der im März wenig Kühnheit erforderte, über den Haufen zu werfen. Dafür ergab man sich einer sächsischmatten politischen Ameisenthätigkeit. Mit einem neuen, ganz den Ausdruck des Landes tragenden guten und gemüthreichen Ministerium ohne Stachel und Geist, fabrizirte man vom März bis November an einem liberalen Wahlgesetz, an einem liberalen Preßgesetz, an einem liberalen Vereinsgesetz. Im November hatte die Reaktion auswärts gesiegt, die Kammern stürzten daher, wie sie blödsinnig behaupten, das liberale, gutmüthige Ministerium, und ließen sich rasch ein reaktionär-fanatisches Ministenium Held aufoctroyiren. Da sie dasselbe angeblich bona fide, d. h. in germanischer Bornirtheit, gestürzt hatten, so behielten sie vorläufig noch die öffentliche Meinung des Volks und galten in den Augen der zwischen Olmütz und Potsdam Spießruthen laufenden sächsischen Reaktion (Contrerevolution geht zu sehr über sächsische Mattheit hinaus) selbst für republikanische Hochverrathskneipen. Man hatte unter dem verzagten Ministerium Braun schöne, immer aber höchst bescheidene Phrasen gemacht, welche das gegenwärtige Spießruthen-

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er darauf eingegangen sein, dieses als Feigheit ausgeschrieen haben; hatten doch gewisse Herren beim Bataillon, die andere Männer stets nach sich selbst beurtheilen, schon ähnliches verlauten lassen. Diese Herren können den Bürgerwehroffizier Foerg nicht verdauen! Der Bataillonsarzt erklärte nun, er habe hier zum ersten Male gehört, daß es eine Bestimmung gebe, dergemäß Landwehrleute dem Train überwiesen werden könnten, nie aber wäre diese Bestimmung angewandt, wenigstens bei den vielen Kommissionen und Aushebungen, denen er beigewohnt, habe nie eine solche Ueberweisung stattgefunden. Mag nun diese alte Bestimmung auch bestehen, so liegt es auf der Hand, daß es nur eine Präventivbestimmung ist für den Fall, daß an Trainsoldaten Mangel und an Wehrmännern Ueberfluß ist; aber empörend ist eine Anwendung dieser Bestimmung bei einem Landwehrmann zu machen, der seiner Militärpflicht genügt und schon seit sieben Jahren vom Regiment entlassen ist. Bei den Aushebungen werden zum Train in der Regel solche genommen, die untauglich zu irgend einer Waffengattung sind, und giebt es der dem Train Ueberwiesenen eine Unmasse. Es ist klar, Foerg soll büßen, weil er mißliebige Ansichten hat und liegt es auf der Hand, daß eine Gesinnungsverfolgung bei der Mobilmachung einzelner Landwehrmänner stattgefunden.</p>
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Wir wissen, wer's verschuld't<lb/>
Daß ihr so exerzieret<lb/>
Mit steifen Knien marschiret.</p>
          <p>Foerg ist mit dem Bataillon nach Schleswig ausgerückt; der Dr. Pankritzins ist in Essen zurückgeblieben, weil der Aesculap im Majorskleide einen vom Doktor für's Lazareth bestimmten Fieberkranken für nur mit Kopfschmerzen behaftet erklärte. Hr. Lützow ist jedenfalls ein Wunderkind.</p>
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          <head><bibl><author>113</author></bibl> Trarbach, 7. April.</head>
          <p>Wie in der Moselgegend die Grund steuer ungleichmäßig und ungerecht, namentlich bei Weinbergen im Vergleich mit Ackerland, vertheilt und erhoben und der ohnehin so stark gedrückte Winzer seinem Ruin immer mehr zugeführt wird, davon will ich Ihnen blos ein Beispiel anführen. Dieser Tage überzeugte ich mich zu Enkirch beim Güterfortschreiben, daß ein Weinberg, 14 Quadrat-Ruthen enthaltend, der schon vor ein paar Jahren, als die Preise höher standen und Vertrauen im Verkehr vorhanden war, zu 17 Thlr. 15 Sgr. versteigert wurde, mit 6 Sgr. 8 Pfg. Grundsteuer belegt ist. Er ist, nebenbei bemerkt, von solcher Steilheit, daß man sich nur mit Mühe darin aufrecht erhalten kann. Das Ackerland, namentlich das der Hundsrückener Bauern, die denn auch &#x201E;schwarzweiß&#x201C; genug aussehen, ist dagegen außer allem Verhältniß niedrig bedacht. Ein Bauer aus jener Gegend erhielt kürzlich beim Verkauf seiner Besitzung etwas über 1000 Thlr. Und wieviel zahlte er Grundsteuer? Einen Thaler! nicht mehr und nicht weniger. Die Grundsteuer als Maßstab des Werthes angenommen, hätte oben erwähnter Weinberg 222 Thlr. 6 Sgr. 8 Pfg., statt 17 ½ Thlr. kosten müssen, oder mit andern Worten: die Grundsteuer des Weinberges dürfte, da jener Bauer nur 1 Thlr. zahlt, höchstens 6 Pfg. betragen.</p>
          <p>Dieser Tage hatten wir hier 30 Mann Einquartierung von den Koblenzer Pioniren, die Arm in Arm durch die Straßen ziehend, uns mit dem Heckerlied erfreuten. Es sind die nämlichen, zu denen früher in Saarlouis der jetzige Kriegsminister Strotha sagte:</p>
          <p>&#x201E;In <hi rendition="#g">Euch</hi> herrscht kein guter Geist!&#x201C;</p>
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          <head><bibl><author>143</author></bibl> Winterscheid, 8. April.</head>
          <p>Ueber den Zehnten, welcher in hiesiger Gegend dem Grafen Droste zu Vischering, Neßelrode-Reichenstein entrichtet wird, kann ich Ihnen einige nähere Auskunft ertheilen. Dieser Zehnte bestebt in der Bürgermeisterei und Gemeinde Ruppichteroth.</p>
          <p>Ueber den Ursprung desselben sind keinerlei Nachweise vorhanden. In frühern Jahren wurde er in folgender Weise erhoben:</p>
          <p>Der Graf schickte zur Zeit der Erndte seine Jäger in die betreffenden Ortschaften; diese unterhandelten dann mit den Einwohnern und letztere lieferten gewöhnlich nur einen unbedeutenden Betrag ab.</p>
          <p>Späterhin wurde der Zehnte an einen Unterpächter verpachtet. Dieser richtete sich Anfangs etwas nach den früheren Abgaben, doch nach einigen Jahren wurde schon das Doppelte erhoben und wieder über eine gewisse Zeit das Drei- bis Vierfache. Zuletzt wurden gar alle eingeordneten Felder, deren hier eine Menge sind, und vordem frei waren, mit als zehntpflichtig behandelt.</p>
          <p>In den Jahren 1829 bis 1832 hatte der Zehnte endlich eine Höhe erreicht, daß ihn die Leute nicht mehr aufzubringen wußten. Sie weigerten sich, ihn zu entrichten und endlich kams zu einem Prozesse.</p>
          <p>Die Gemeinde Winterscheid sah sich am Ende genöthigt, ihren Zehnten abzulösen, indem sie auf dem gerichtlichen Wege wenig ausrichtete. Im Jahre 1842 wurde ihr ein Ablösungskapital von 7000 Thlr. zudiktirt.</p>
          <p>Den Ortschaften Haenscheid, Nieder- und Oberlückerrath wurde das Ablösekapital zu 4000 Thlr. gestellt. Die Einwohner hielten sich um so mehr für geprellt, als sie wohl wußten, was sie früher entrichtet und in welchem Mißverhältniß dazu diese raubritterliche octroyirte Summe stand. Noch ärger wird diese Räuberei, wenn man bedenkt, daß ihnen die Zehntpflichtigkeit nicht einmal nachgewiesen werden konnte.</p>
          <p>Der betreffende Prozeß ist im Jahre 1848 zu Gunsten des Grafen entschieden worden, wonach die drei letztgenannten Ortschaften ein Kapital von <hi rendition="#b">7300 Thlr. (!!)</hi> zu bezahlen haben!!</p>
          <p>Der Graf schickte neulich den Gerichtsvollzieher in die genannten Ortschaften, um die armen Leute vor Gericht zu laden. Diese Ortschaften sind so arm, daß man kaum 100 Thlr. baares Geld in ihnen auffinden würde. Die Leute ließen es aber nicht beim passiven Widerstand, sondern empfingen den Gerichtsvollzieher mit Bohnenstangen und dergleichen Instrumenten, daß demselben sein Pferd endlich vor Mattigkeit niedersank. So eben höre ich, daß deshalb eine Untersuchung eröffnet worden.</p>
          <p>Neulich wurde dort ein Gü#chen subha#tirt, circa 40 Morgen mit Wohnung. Es wurde für 45 Thlr. verkauft, während 48 Thlr (!!) Zehnten darauf lasteten.</p>
          <p>Was hier angeführt ist, beruhet in Wahrheit, worauf Sie sich verlassen können.</p>
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          <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 9. April.</head>
          <p>Bodelschwingh war, wie wir schon vor einigen Tagen angaben, zum Konseilpräsidenten bestimmt. Es erklärt sich dieser Wunsch des Königs auch aus zwei, für seine Charakteristik merkwürdigen Momenten. Einestheils soll die Revolution und ihr Andenken ausgelöscht werden bis auf das letzte Atom, man muß zurückkehren zu dem Stand der Dinge vor dem 18. März, und auch zu den betreffenden Personen. Deshalb muß der Premier, welchen damals das Volk stürzte, seinen frühern Sitz wieder einnehmen. Andererseits aber besitzt der König ein furchtbares Mißtrauen gegen seine ganze Umgebung. Die Prinzen sind mit Spionen umgeben, der König glaubt sich von ihnen und allen seinen Dienern verrathen und verkauft. Dies Mißtrauen wendet sich sogar jetzt schon gegen die Kompagnie Manteuffel, auch dieser Mann der &#x201E;rettenden That&#x201C; ist für seinen königlichen Herrn ein Untreuer geworden. So sprach er vor wenigen Tagen erst es offen aus: &#x201E;Bodelschwingh ist der einzige Mann, der es mit mir noch redlich meint!&#x201C;</p>
          <p>Nach Ertheilung der Antwort an die Frankfurter hat die Prinzessin von Preußen, unsere Erzherzogin Sophie, höchstselbst in ihrem einsamen Zimmer Thränen des Schmerzes und des Kummers vergossen. Ebenso geberdet sich ihr hoher Gemahl. Als der König vorgestern zu ihm schickte, um ihn zum Kabinetsrath einzuladen, ließ er zurücksagen, &#x201E;Se. Maj. möge ihn mit der Politik verschonen, so lange Sie solche Rathgeber um sich hätten!&#x201C; Man will sich für gewisse Eventualitäten populär machen, aber &#x201E;man merkt die Absicht.&#x201C;</p>
          <p>Das arme Ministerium hat einen schweren Kampf. Nicht nur die Linke greift es an, auch in der Rechten ist ein tiefer Groll gegen Manteuffel etc. Wenn sie einmal, sagen selbst die Auerswald, Vincke etc. contrerevolutionär gehandelt hatten, so wäre es ihnen leicht geworden, das allgemeine Wahlrecht, mit dem sich, wie die Erfahrung zeige, nicht regieren lasse, ebenfalls zu eskamotiren. Es sei dasselbe aber jetzt ein förmliches Dogma geworden, welches sich auf gesetzlichem Wege, ohne Gewalt, nicht wieder ausrotten lasse.</p>
          <p>Trotz der vielen Summen, welche auf unsere Polizeiverwaltung gewendet werden, trotzdem man die alten Polizisten der Zahl nach nicht vermindert und ihnen noch Constabler zur Seite gestellt hat, ist es merkwürdig, wie sehr gerade jetzt Diebstähle etc. zunehmen. Das ist erwiesen, die Constabler nutzen nichts, man kann sie höchstens zur Spionage gebrauchen, aber sie haben nicht allein den Haß des Volkes, der ihnen bei einer großen Bewegung das Schicksal der Pariser Munizipalgarde verspricht, sondern auch den der Soldaten auf sich geladen. Täglich kommen zwischen beiden feindlichen Mächten Prugeleien vor, auf welche also, wie es scheint, die erste Kammer nicht das Privilegium hat.</p>
          <p>Der dankbaren Kaiserfarce hat sich natürlich auch der Witz bemächtigt. Buddelmey# und Andere unserer Komiker haben neuen Stoff zu jüdischen Briefen à la Moses Hersch etc. bekommen. Auch Louis Drucker läßt es an einer bezüglichen Einladung in seine vergnügte Weinhandlung nicht fehlen. Unter Andern zeigt der Tabakshändler Fahndrich an: &#x201E;Kaisercigarren mit östreichischer Einlage und preußischem Deckblatt.&#x201C;</p>
          <p>Der Sieg des Herzogs von Coburg bei Eckernförde über die dänischen Kriegsschiffe wird im Kleineu ein neues Navarin werden. Der Herzog ist nämlich sehr unvorsichtig gewesen, man wäre hier zufriedener, wenn er die Dänen hätte entkommen lassen, da man beabsichtigt, den Krieg gegen den &#x201E;aimablen&#x201C; König mit zarter Rücksicht zu führen. So ist aber die Geschichte ein sehr unbequemer Sieg geworden und an der Börse äußerte man schon, &#x201E;wahrscheinlich würden beim Friedensschluß die Schiffe doch aus unserer Kasse bezahlt!&#x201C; Das ist doch noch ein edelmüthiger Krieg!</p>
          <p>Die Gesellen aller Gewerbe hatten hier bis jetzt besondere Kranken und Sterbekassen, zu denen jeder beitragen mußte, um als Kranker entweder in der Charite oder durch einen besondern Arzt in seiner Wohnung verpflegt zu werden. Der Magistrat hatte bis jetzt durch einen besondern Kommissarius die Oberaufsicht und es wurden demungeachtet manche Unterschleife bemerklich. Die Gesellen machen gegen ein solches Protektorat Opposition und wollen jetzt ihre Kassen selbstständig verwalten.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Falkenberg, 6. April.</head>
          <p>Arbeiter! Wir haben die nachstehende Petition an die zweite Kammer gerichtet; wir fordern euch auf, in unser aller Interesse dieselbe oder ähnliche Petitionen recht zahlreich zu unterzeichnen, und ebenfalls an die Kammer einzureichen, damit diese kräftig daran gemahnt werde, was sie uns schuldig ist. Von den Demokratenvereinen, die es wirklich redlich mit der Sache der Arbeiter meinen, erwarten wir, daß sie bereitwillig die Petition unter die Arbeiter verbreiten und deren Unterzeichnung veranlassen werden. Es ist das um so mehr ihre Pflicht und nothwendig, als die Arbeiter noch so wenig organisirt sind und Mittel haben, es zu können, und als sie selbst kaum wissen, was und wie viel sie bedürfen.</p>
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              <cell cols="6">Zusammen 300 Thlr.</cell>
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          <p>Da nun der Mann 300 Tage im Jahre arbeitet, und die Frau, die viel schwächer ist und viel durch die Besorgung des Häuslichen abgehalten wird, nur etwa so viel verkäufliche Arbeit leisten kann, als 150 Mannsarbeitstage betragen, so müßten durch 450 Mannesarbeitstage 300 Thlr. verdient werden können, oder der Mannestagelohn müßte auf 20 Sgr. stehen, sollte eine Arbeiterfamilie so leben können wie hier veranschlagt worden ist.</p>
          <p>Je weniger wir nun glauben, daß irgend Einer unter Euch, unseren Abgeordneten, ist, der nicht anerkennt, daß dieser veranschlagte Lebensunterhalt, der, um ihn haben zu können, einen Lohn von 20 Sgr. täglich erfordert, das Wenigste ist, was man noch menschliches Leben nennen kann, desto mehr sind wir überzeugt, daß Ihr sofort die Nothwendigkeit schleunigster thatsächlicher Hülfe begreifen, vom tiefsten Mitleid mit uns durchdrungen sein werdet, wenn Ihr bedenkt, daß wir mit der schwersten angestrengtesten Arbeit nur den fünften Theil jenes nöthigen Lohnes verdienen können, da der Tagelohn des Mannes hier 3, 4 bis 5 Sgr., der der Frau 2, 3 bis 4 Sgr. steht. Wenn Mann und Frau zusammen trotz alles Sinnens und Denkens auf Besserung mit allem Fleiß die Woche nur 1 Thlr. 12 Sgr., oder auf den Tag 6 Sgr. verdienen können, sagt Ihr Herren Abgeordneten, was sollen sie dafür wohl zuerst anschaffen; satt Brod und Kartoffeln für sich daß sie wieder arbeiten können, und für die Kinder? Wohl, aber wo wurde dann Wohnungsmiethe herkommen, wo im Winter Holzgeld, daß unsere, nur mit Leinwandlumpen bedeckten Kinder in den dünnwandigen Lehmkammern nicht erfrieren, wo das Geld, um die, wenn auch ärmliche, doch reinliche Kleidung, die die Vornehmen immer bei uns verlangen, zu bezahlen?</p>
          <p>Ihr Herren Abgeordneten der zweiten Kammer werdet nun wissen, warum Ihr so viele, nur mit schmutzigen Lumpen bedeckte kraftlose Gestalten in Eurer Heimath seht, Ihr werdet sie ferner nicht mehr für liederliche Vergeuder des Verdienten halten, denen Ihr, wie der geh. Hofrath Dieterici in d#r 7. Sitzung der ersten Kammer that, auf ihr Bitten rathet, helft Euch selbst durch Thätigkeit und Sparsamkeit, sondern Ihr werdet einsehen, daß solches, heute gegen uns ausgesprochen, Hohn ist, und Ihr werdet den Grimm gegen Alles verstehen, der uns erfüllt, wenn z. B. vor unsern Augen nsrer Gutsherren fette Merinos und Rinder die Kartoffeln in reichem Maß verzehren, von denen wir so gern nur einige wenige hätten, unsere verhungernden Kinder damit zu sättigen. Ja, fragt Eure Statistiker, fragt selbst Herrn Geheimrath Dieterici und er muß sagen, daß es unsere Kinder sind, die massenweis verschmachten, die die Sterblichkeitslisten so schreckenerregend fullen, und glaubt Ihr da nicht, daß auch wir Vatergefühle kennen, daß auch in der bleichen Arbeiterin ein Mutterherz schlägt, das gern für sein Kind einen andern Wunsch haben möchte, als den: stirb, damit du solcher Noth entgehst</p>
          <p>Bei Euren Kindern! Ihr müßt uns h#lfen, Ihr müßt das ändern, darum, so oft Ihr in Berlin des Hofes glänzende Uniformen sehet, denkt auch unsrer Lumpen, und wenn Ihr für die Arbeit des bloßen Schreibens eines Namens eine Civilliste von Millionen dekretiren werdet, dann erlaßt auch ein Gesetz, das bestimmt, daß für unsre schwere Arbeit uns</p>
          <p>ein Tagelohn von 20 Sgr.</p>
          <p>werden muß, ein Lohn, doch hinreichend unsern Hunger zu stillen, unsere Bloße zu decken.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar270_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Königsberg, 5. April.</head>
          <p>&#x2014; &#x201E;Die Königsberger Demokraten haben sich um das Vaterland wohl verdient gemacht.&#x201C; Wir unterschreiben diesen Satz nicht, aber einsichtsvolle Preußenvereiner &#x2014; es giebt deren &#x2014; sagen es sich im Verborgenen und unsere Demokraten müssen beschämt eingestehen, daß sie eine Partei, die während ihrer Geburt schon der Verachtung preisgegeben, erst gekräftigt und organisirt haben. Wir sind am Ausgange des Winters. Die Reaktion blüht und der Starrkrampf hält unsere Demokratie darnieder. Wohl wird die Frühlingssonne die Träumer wachrütteln; mögen sie dann aber auch die bittere Erfahrungen, die sie seit Jahr und Tag gemacht, nicht verschlafen haben, sondern zeigen, daß sie was gelernt! Einstweilen spielt der Preußen-Verein die erste Geige. Er hält seine Versammlungen der großen Anzahl seiner Mitglieder wegen noch immer gleichzeitig in vier verschiedenen Lokalen und übt täglich merklichern Einfluß, der hauptsächlich Lieferanten, Arbeitsunternehmern und Handwerkern fühlbar ist. Nach und nach werden diese von allen Arbeiten, die von königlichen Instituten vergeben werden, ausgeschlossen, wenn es ihrer politischen Ueberzeugung widerstrebt, dem schwarz-weißen Verein beizutreten. Vielleicht heißt der letzte Paragraph der Statuten dieser &#x201E;toleranten&#x201C; Preußen: &#x201E;Wer dem Vereine nicht beitritt soll verhungern!&#x201C;</p>
          <p>Nächster Tage schicken die wüthenden Reactionärs eine herrliche Adresse an das Kaiserl Königl. Preuß. Staatsministerium, in der sie dieses anflehen, der Stadt jede Betheiligung an der &#x201E;unnützen&#x201C; Bürgerwehr zu erlassen. Wir haben ja &#x201E;mein herrliches Kriegsheer&#x201C;, das seinen Ruf in Friedenszeiten glorreichst bewährt, wozu so plebeje bürgerliche Institute?! Die Petition lag an 8 verschiedenen Orten aus und trägt zahlreiche Unterschriften.</p>
          <p>Anders noch offenbart sich der Kretinismus der &#x201E;Grauen&#x201C; in einer Aufforderung zu Beiträgen für das den berliner Märzschlächtern zu errichtende Denkmal: &#x201E;Tapferkeit vor dem Feinde (dem Volke) ist eine glänzende Selbstbeherrschung und hingebende Entsagung, dem höhern Willen gegenüber, eine stille, deßhalb aber nicht minder erhabene Tugend des Soldaten. In den denkwürdigen Märztagen des Jahres 1848 sind beide von preußischen Soldaten in Berlin in einer Art geübt worden, wie sie geeignet ist, einen neuen Zweig in den nie welkenden Kranz des Ruhmes der Armee zu flechten, und patriotische Männer sind dort zusammengetreten, um durch Errichtung eines Denkmals hiervon vor der Nachwelt Zeugniß abzulegen. Auch unsere Provinz wird Verlangen tragen u. s. w. &#x2014; &#x2014; &#x201C;</p>
          <p>Das von Preußenvereinern gebildete &#x201E;Provinzial-Wahl-Comité für Volksfreiheit (schlau!) und konstitutionelles Königthum&#x201C; (sehr schlau!) hat Wasser auf seine Mühle erhalten. Es jubelt laut über die &#x201E;feierliche Anerkennung&#x201C; seines &#x201E;unerschütterlich festgehaltenen Grundsatzes&#x201C; durch beide Kammern, in deren Antwort-Adressen auf die Thronrede klar und deutlich ausgesprochen stehe: &#x201E;daß die Verfassung vom 5. Dezember pr. das rechtsgiltige Grundgesetz des preußischen Staates sei etc.&#x201C;, und indem es erklärt: es wäre &#x201E;jeder Protest dagegen null und nichtig&#x201C; fordert es alle mit ihm &#x201E;auf gleichem Boden stehenden Mitbürger&#x201C; auf, solchen Zweifeln und Protesten überall entschieden entgegen zu treten.&#x201C; &#x2014; Unsern lieben Kammern sollen wir von diesen lieben Herren einen Knix machen, ihnen schönsten Gruß entbieten, und freundlich danken für die Liebe, mit der sie sich der &#x201E;guten Sache&#x201C; so hübsch angenommen haben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar270_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Aus Sachsen, 9. April.</head>
          <p>Erlauben Sie mir einen Beitrag zu Ihren jüngsten Korrespondenzen über unsere schulmeisterlichen Vaterlandslappen.</p>
          <p>Sachsen hat sich von jeher und in jeder Beziehung für ein unübertroffenes Eldorado von Volkommenheit gehalten und wer einem Liliput- und Ameisendasein Geschmack abgewinnen kann, wird ihm die naive Schulmeisterüberzeugung nicht ganz verargen können. Wären die von der Metternichspolitik künstlich geschaffenen Schwerpunkte des absolutistischen Deutschlands nicht in Wien und Berlin, oder wären dieselben so leicht zu kassiren, man würde behaupten können, Sachsen allein könne der naturwüchsische Centralpunkt des nun abermals reichsbankrotten einen und freien Deutschlands sein. Dazu gehört indessen die Pulsader der revolutionären Gewaltigkeit, und diese ist bei uns am allerwenigsten zu Hause. Sachsen hat niemals eine Revolution gemacht, der Pariser Sturm hat hier nur kaum sichtbare Welchen angeregt Man zog es vor, sich gar nicht zu regen; man behielt die alte patriarchalische Bundestagsverfassung mit ihrem Landtag, ihrem absoluten Veto, ihrer Steuerverweigerungsohnmacht, ihren zwei Kammern und ihrem andern mitteralterlich aufgewärmten Brei, statt dieselbe mit einem energischen Ruck, der im März wenig Kühnheit erforderte, über den Haufen zu werfen. Dafür ergab man sich einer sächsischmatten politischen Ameisenthätigkeit. Mit einem neuen, ganz den Ausdruck des Landes tragenden guten und gemüthreichen Ministerium ohne Stachel und Geist, fabrizirte man vom März bis November an einem liberalen Wahlgesetz, an einem liberalen Preßgesetz, an einem liberalen Vereinsgesetz. Im November hatte die Reaktion auswärts gesiegt, die Kammern stürzten daher, wie sie blödsinnig behaupten, das liberale, gutmüthige Ministerium, und ließen sich rasch ein reaktionär-fanatisches Ministenium Held aufoctroyiren. Da sie dasselbe angeblich bona fide, d. h. in germanischer Bornirtheit, gestürzt hatten, so behielten sie vorläufig noch die öffentliche Meinung des Volks und galten in den Augen der zwischen Olmütz und Potsdam Spießruthen laufenden sächsischen Reaktion (Contrerevolution geht zu sehr über sächsische Mattheit hinaus) selbst für republikanische Hochverrathskneipen. Man hatte unter dem verzagten Ministerium Braun schöne, immer aber höchst bescheidene Phrasen gemacht, welche das gegenwärtige Spießruthen-
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
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</TEI>
[1522/0002] er darauf eingegangen sein, dieses als Feigheit ausgeschrieen haben; hatten doch gewisse Herren beim Bataillon, die andere Männer stets nach sich selbst beurtheilen, schon ähnliches verlauten lassen. Diese Herren können den Bürgerwehroffizier Foerg nicht verdauen! Der Bataillonsarzt erklärte nun, er habe hier zum ersten Male gehört, daß es eine Bestimmung gebe, dergemäß Landwehrleute dem Train überwiesen werden könnten, nie aber wäre diese Bestimmung angewandt, wenigstens bei den vielen Kommissionen und Aushebungen, denen er beigewohnt, habe nie eine solche Ueberweisung stattgefunden. Mag nun diese alte Bestimmung auch bestehen, so liegt es auf der Hand, daß es nur eine Präventivbestimmung ist für den Fall, daß an Trainsoldaten Mangel und an Wehrmännern Ueberfluß ist; aber empörend ist eine Anwendung dieser Bestimmung bei einem Landwehrmann zu machen, der seiner Militärpflicht genügt und schon seit sieben Jahren vom Regiment entlassen ist. Bei den Aushebungen werden zum Train in der Regel solche genommen, die untauglich zu irgend einer Waffengattung sind, und giebt es der dem Train Ueberwiesenen eine Unmasse. Es ist klar, Foerg soll büßen, weil er mißliebige Ansichten hat und liegt es auf der Hand, daß eine Gesinnungsverfolgung bei der Mobilmachung einzelner Landwehrmänner stattgefunden. Ihr Brüder habt Geduld, Wir wissen, wer's verschuld't Daß ihr so exerzieret Mit steifen Knien marschiret. Foerg ist mit dem Bataillon nach Schleswig ausgerückt; der Dr. Pankritzins ist in Essen zurückgeblieben, weil der Aesculap im Majorskleide einen vom Doktor für's Lazareth bestimmten Fieberkranken für nur mit Kopfschmerzen behaftet erklärte. Hr. Lützow ist jedenfalls ein Wunderkind. 113 Trarbach, 7. April. Wie in der Moselgegend die Grund steuer ungleichmäßig und ungerecht, namentlich bei Weinbergen im Vergleich mit Ackerland, vertheilt und erhoben und der ohnehin so stark gedrückte Winzer seinem Ruin immer mehr zugeführt wird, davon will ich Ihnen blos ein Beispiel anführen. Dieser Tage überzeugte ich mich zu Enkirch beim Güterfortschreiben, daß ein Weinberg, 14 Quadrat-Ruthen enthaltend, der schon vor ein paar Jahren, als die Preise höher standen und Vertrauen im Verkehr vorhanden war, zu 17 Thlr. 15 Sgr. versteigert wurde, mit 6 Sgr. 8 Pfg. Grundsteuer belegt ist. Er ist, nebenbei bemerkt, von solcher Steilheit, daß man sich nur mit Mühe darin aufrecht erhalten kann. Das Ackerland, namentlich das der Hundsrückener Bauern, die denn auch „schwarzweiß“ genug aussehen, ist dagegen außer allem Verhältniß niedrig bedacht. Ein Bauer aus jener Gegend erhielt kürzlich beim Verkauf seiner Besitzung etwas über 1000 Thlr. Und wieviel zahlte er Grundsteuer? Einen Thaler! nicht mehr und nicht weniger. Die Grundsteuer als Maßstab des Werthes angenommen, hätte oben erwähnter Weinberg 222 Thlr. 6 Sgr. 8 Pfg., statt 17 ½ Thlr. kosten müssen, oder mit andern Worten: die Grundsteuer des Weinberges dürfte, da jener Bauer nur 1 Thlr. zahlt, höchstens 6 Pfg. betragen. Dieser Tage hatten wir hier 30 Mann Einquartierung von den Koblenzer Pioniren, die Arm in Arm durch die Straßen ziehend, uns mit dem Heckerlied erfreuten. Es sind die nämlichen, zu denen früher in Saarlouis der jetzige Kriegsminister Strotha sagte: „In Euch herrscht kein guter Geist!“ 143 Winterscheid, 8. April. Ueber den Zehnten, welcher in hiesiger Gegend dem Grafen Droste zu Vischering, Neßelrode-Reichenstein entrichtet wird, kann ich Ihnen einige nähere Auskunft ertheilen. Dieser Zehnte bestebt in der Bürgermeisterei und Gemeinde Ruppichteroth. Ueber den Ursprung desselben sind keinerlei Nachweise vorhanden. In frühern Jahren wurde er in folgender Weise erhoben: Der Graf schickte zur Zeit der Erndte seine Jäger in die betreffenden Ortschaften; diese unterhandelten dann mit den Einwohnern und letztere lieferten gewöhnlich nur einen unbedeutenden Betrag ab. Späterhin wurde der Zehnte an einen Unterpächter verpachtet. Dieser richtete sich Anfangs etwas nach den früheren Abgaben, doch nach einigen Jahren wurde schon das Doppelte erhoben und wieder über eine gewisse Zeit das Drei- bis Vierfache. Zuletzt wurden gar alle eingeordneten Felder, deren hier eine Menge sind, und vordem frei waren, mit als zehntpflichtig behandelt. In den Jahren 1829 bis 1832 hatte der Zehnte endlich eine Höhe erreicht, daß ihn die Leute nicht mehr aufzubringen wußten. Sie weigerten sich, ihn zu entrichten und endlich kams zu einem Prozesse. Die Gemeinde Winterscheid sah sich am Ende genöthigt, ihren Zehnten abzulösen, indem sie auf dem gerichtlichen Wege wenig ausrichtete. Im Jahre 1842 wurde ihr ein Ablösungskapital von 7000 Thlr. zudiktirt. Den Ortschaften Haenscheid, Nieder- und Oberlückerrath wurde das Ablösekapital zu 4000 Thlr. gestellt. Die Einwohner hielten sich um so mehr für geprellt, als sie wohl wußten, was sie früher entrichtet und in welchem Mißverhältniß dazu diese raubritterliche octroyirte Summe stand. Noch ärger wird diese Räuberei, wenn man bedenkt, daß ihnen die Zehntpflichtigkeit nicht einmal nachgewiesen werden konnte. Der betreffende Prozeß ist im Jahre 1848 zu Gunsten des Grafen entschieden worden, wonach die drei letztgenannten Ortschaften ein Kapital von 7300 Thlr. (!!) zu bezahlen haben!! Der Graf schickte neulich den Gerichtsvollzieher in die genannten Ortschaften, um die armen Leute vor Gericht zu laden. Diese Ortschaften sind so arm, daß man kaum 100 Thlr. baares Geld in ihnen auffinden würde. Die Leute ließen es aber nicht beim passiven Widerstand, sondern empfingen den Gerichtsvollzieher mit Bohnenstangen und dergleichen Instrumenten, daß demselben sein Pferd endlich vor Mattigkeit niedersank. So eben höre ich, daß deshalb eine Untersuchung eröffnet worden. Neulich wurde dort ein Gü#chen subha#tirt, circa 40 Morgen mit Wohnung. Es wurde für 45 Thlr. verkauft, während 48 Thlr (!!) Zehnten darauf lasteten. Was hier angeführt ist, beruhet in Wahrheit, worauf Sie sich verlassen können. X Berlin, 9. April. Bodelschwingh war, wie wir schon vor einigen Tagen angaben, zum Konseilpräsidenten bestimmt. Es erklärt sich dieser Wunsch des Königs auch aus zwei, für seine Charakteristik merkwürdigen Momenten. Einestheils soll die Revolution und ihr Andenken ausgelöscht werden bis auf das letzte Atom, man muß zurückkehren zu dem Stand der Dinge vor dem 18. März, und auch zu den betreffenden Personen. Deshalb muß der Premier, welchen damals das Volk stürzte, seinen frühern Sitz wieder einnehmen. Andererseits aber besitzt der König ein furchtbares Mißtrauen gegen seine ganze Umgebung. Die Prinzen sind mit Spionen umgeben, der König glaubt sich von ihnen und allen seinen Dienern verrathen und verkauft. Dies Mißtrauen wendet sich sogar jetzt schon gegen die Kompagnie Manteuffel, auch dieser Mann der „rettenden That“ ist für seinen königlichen Herrn ein Untreuer geworden. So sprach er vor wenigen Tagen erst es offen aus: „Bodelschwingh ist der einzige Mann, der es mit mir noch redlich meint!“ Nach Ertheilung der Antwort an die Frankfurter hat die Prinzessin von Preußen, unsere Erzherzogin Sophie, höchstselbst in ihrem einsamen Zimmer Thränen des Schmerzes und des Kummers vergossen. Ebenso geberdet sich ihr hoher Gemahl. Als der König vorgestern zu ihm schickte, um ihn zum Kabinetsrath einzuladen, ließ er zurücksagen, „Se. Maj. möge ihn mit der Politik verschonen, so lange Sie solche Rathgeber um sich hätten!“ Man will sich für gewisse Eventualitäten populär machen, aber „man merkt die Absicht.“ Das arme Ministerium hat einen schweren Kampf. Nicht nur die Linke greift es an, auch in der Rechten ist ein tiefer Groll gegen Manteuffel etc. Wenn sie einmal, sagen selbst die Auerswald, Vincke etc. contrerevolutionär gehandelt hatten, so wäre es ihnen leicht geworden, das allgemeine Wahlrecht, mit dem sich, wie die Erfahrung zeige, nicht regieren lasse, ebenfalls zu eskamotiren. Es sei dasselbe aber jetzt ein förmliches Dogma geworden, welches sich auf gesetzlichem Wege, ohne Gewalt, nicht wieder ausrotten lasse. Trotz der vielen Summen, welche auf unsere Polizeiverwaltung gewendet werden, trotzdem man die alten Polizisten der Zahl nach nicht vermindert und ihnen noch Constabler zur Seite gestellt hat, ist es merkwürdig, wie sehr gerade jetzt Diebstähle etc. zunehmen. Das ist erwiesen, die Constabler nutzen nichts, man kann sie höchstens zur Spionage gebrauchen, aber sie haben nicht allein den Haß des Volkes, der ihnen bei einer großen Bewegung das Schicksal der Pariser Munizipalgarde verspricht, sondern auch den der Soldaten auf sich geladen. Täglich kommen zwischen beiden feindlichen Mächten Prugeleien vor, auf welche also, wie es scheint, die erste Kammer nicht das Privilegium hat. Der dankbaren Kaiserfarce hat sich natürlich auch der Witz bemächtigt. Buddelmey# und Andere unserer Komiker haben neuen Stoff zu jüdischen Briefen à la Moses Hersch etc. bekommen. Auch Louis Drucker läßt es an einer bezüglichen Einladung in seine vergnügte Weinhandlung nicht fehlen. Unter Andern zeigt der Tabakshändler Fahndrich an: „Kaisercigarren mit östreichischer Einlage und preußischem Deckblatt.“ Der Sieg des Herzogs von Coburg bei Eckernförde über die dänischen Kriegsschiffe wird im Kleineu ein neues Navarin werden. Der Herzog ist nämlich sehr unvorsichtig gewesen, man wäre hier zufriedener, wenn er die Dänen hätte entkommen lassen, da man beabsichtigt, den Krieg gegen den „aimablen“ König mit zarter Rücksicht zu führen. So ist aber die Geschichte ein sehr unbequemer Sieg geworden und an der Börse äußerte man schon, „wahrscheinlich würden beim Friedensschluß die Schiffe doch aus unserer Kasse bezahlt!“ Das ist doch noch ein edelmüthiger Krieg! Die Gesellen aller Gewerbe hatten hier bis jetzt besondere Kranken und Sterbekassen, zu denen jeder beitragen mußte, um als Kranker entweder in der Charite oder durch einen besondern Arzt in seiner Wohnung verpflegt zu werden. Der Magistrat hatte bis jetzt durch einen besondern Kommissarius die Oberaufsicht und es wurden demungeachtet manche Unterschleife bemerklich. Die Gesellen machen gegen ein solches Protektorat Opposition und wollen jetzt ihre Kassen selbstständig verwalten. * Falkenberg, 6. April. Arbeiter! Wir haben die nachstehende Petition an die zweite Kammer gerichtet; wir fordern euch auf, in unser aller Interesse dieselbe oder ähnliche Petitionen recht zahlreich zu unterzeichnen, und ebenfalls an die Kammer einzureichen, damit diese kräftig daran gemahnt werde, was sie uns schuldig ist. Von den Demokratenvereinen, die es wirklich redlich mit der Sache der Arbeiter meinen, erwarten wir, daß sie bereitwillig die Petition unter die Arbeiter verbreiten und deren Unterzeichnung veranlassen werden. Es ist das um so mehr ihre Pflicht und nothwendig, als die Arbeiter noch so wenig organisirt sind und Mittel haben, es zu können, und als sie selbst kaum wissen, was und wie viel sie bedürfen. Die socialen Zeitblätter dürfen wir nicht erst bitten, sich der Sache anzunehmen. Der Arbeiterverein des Kreises Falkenberg in Schlesien. Hohe zweite Kammer. Wieder greifen die Hungerseuchen um sich und erinnern von Neuem furchtbar mahnend unsre Regierung an ihre Pflicht, aber wir hoffen von ihr, der alten Genossenschaft Bodelschwing's, keine Hülfe, wir wissen, sie wird uns fort und fort verhungern lassen, wie sie es bisher gethan hat, darum wenden wir uns an Euch, unsre erwählten Vertreter und Fürsprecher, an Euch, die ihr unsrer Wahl Eure Parlamentssitze verdankt, und fordern von Euch: Brod. Allerdings hat in der ersten Kammer der Kattunfabrikant Herr Milde beantragt, zur Beruhigung der Arbeiter in der Adresse die sociale Frage zu berühren, und wir wollen glauben, daß dieser Herr wirklich in dem Wahne steht, uns mit solchen Redensarten satt machen zu können, aber bei Euch, den Abgeordneten des Volkes, setzen wir eine andere Anschauung der Sache voraus, von Euch erwarten wir nicht herzruhrende ausgesprochene sociale Redensarten, sondern wirkliches ernstes Eingehen in die materiellen Einzelnheiten der Frage und danach schleunige, kräftige Hülfe, durch entsprechende Gesetze. Darum erlaubt uns eine kurze Schilderung des Bedürfnisses und der Lage der Arbeiter, weil wir glauben, daß diese Euch zur Richtschnur Eures Handelns dienen wird. Die Statistiker rechnen eine Familie gewöhnlich zu 6 Köpfen, Mann, Frau und 4 Kinder; eine solche Familie bedarf zu ihrem nothdurftigen Lebensunterhalt im Jahr Brod, 2 Erwachsene täglich 1 ½Pfd., jedes à 6 Pf. das Pfd. macht 18 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf. 4 Kinder täglich 3 ¼ Pfd., jedes á 6 Pf. das Pfd. macht 18 Thlr. 7 Sgr. 6 Pf. Gemüse, als Hülsenfrüchte. Kartoffeln u. dgl. 2 Erwachsene, jedes für 6 Pf. täglich, macht 12 Thlr. 5 Sgr. — Pf. 4 Kinder, jedes fur 3 Pf. täglich, macht 12 Thlr. 5 Sgr. — Pf. Fleisch, Butter, Käse u. s. w., 2 Erwachsene, jedes für 1 ½ Sgr. täglich, macht 36 Thlr. 15 Sgr. — Pf. 4 Kinder, jedes für 9 Pf. täglich, macht 36 Thlr. 15 Sgr. — Pf. Salz 3 Thlr. — Sgr. — Pf. Bier, 2 Erwachsene, täglich jedes für 6 Pf. macht 12 Thlr. 5 Sgr. — Pf. Milch, 4 Kinder, täglich jedes für 6 Pf. macht 12 Thlr. 5 Sgr. — Pf. Kleidung, der Mann Rock, Arbeitskittel, Beinkleider 12 Thlr. — Sgr. — Pf. Hemden 3 Thlr. — Sgr. — Pf. Tucher, Kopfbedeckung, Kleinigkeiten 3 Thlr. — Sgr. — Pf. Schuhwerk 6 Thlr. — Sgr. — Pf. Die Frau, Kleider, Unterrock 8 Thlr. — Sgr. — Pf. Hemden 3 Thlr. — Sgr. — Pf. Tücher, Hauben, Strohhut, Kleinigkeiten 4 Thlr. — Sgr. — Pf. Schuhwerk 4 Thlr. — Sgr. — Pf. Die 4 Kinder à 6 Thlr. 24 Thlr. — Sgr. — Pf. Wohnung 12 Thlr. — Sgr. — Pf. Heizung und Licht 16 Thlr. — Sgr. — Pf. Unterhaltung des Hausrats und Bettzeugs 10 Thlr. — Sgr. — Pf. Arbeitszeug 8 Thlr. — Sgr. — Pf. Steuern und Abgaben 2 Thlr. — Sgr. — Pf. Außerordentliches 17 Thlr. 25 Sgr. — Pf. Zusammen 300 Thlr. Da nun der Mann 300 Tage im Jahre arbeitet, und die Frau, die viel schwächer ist und viel durch die Besorgung des Häuslichen abgehalten wird, nur etwa so viel verkäufliche Arbeit leisten kann, als 150 Mannsarbeitstage betragen, so müßten durch 450 Mannesarbeitstage 300 Thlr. verdient werden können, oder der Mannestagelohn müßte auf 20 Sgr. stehen, sollte eine Arbeiterfamilie so leben können wie hier veranschlagt worden ist. Je weniger wir nun glauben, daß irgend Einer unter Euch, unseren Abgeordneten, ist, der nicht anerkennt, daß dieser veranschlagte Lebensunterhalt, der, um ihn haben zu können, einen Lohn von 20 Sgr. täglich erfordert, das Wenigste ist, was man noch menschliches Leben nennen kann, desto mehr sind wir überzeugt, daß Ihr sofort die Nothwendigkeit schleunigster thatsächlicher Hülfe begreifen, vom tiefsten Mitleid mit uns durchdrungen sein werdet, wenn Ihr bedenkt, daß wir mit der schwersten angestrengtesten Arbeit nur den fünften Theil jenes nöthigen Lohnes verdienen können, da der Tagelohn des Mannes hier 3, 4 bis 5 Sgr., der der Frau 2, 3 bis 4 Sgr. steht. Wenn Mann und Frau zusammen trotz alles Sinnens und Denkens auf Besserung mit allem Fleiß die Woche nur 1 Thlr. 12 Sgr., oder auf den Tag 6 Sgr. verdienen können, sagt Ihr Herren Abgeordneten, was sollen sie dafür wohl zuerst anschaffen; satt Brod und Kartoffeln für sich daß sie wieder arbeiten können, und für die Kinder? Wohl, aber wo wurde dann Wohnungsmiethe herkommen, wo im Winter Holzgeld, daß unsere, nur mit Leinwandlumpen bedeckten Kinder in den dünnwandigen Lehmkammern nicht erfrieren, wo das Geld, um die, wenn auch ärmliche, doch reinliche Kleidung, die die Vornehmen immer bei uns verlangen, zu bezahlen? Ihr Herren Abgeordneten der zweiten Kammer werdet nun wissen, warum Ihr so viele, nur mit schmutzigen Lumpen bedeckte kraftlose Gestalten in Eurer Heimath seht, Ihr werdet sie ferner nicht mehr für liederliche Vergeuder des Verdienten halten, denen Ihr, wie der geh. Hofrath Dieterici in d#r 7. Sitzung der ersten Kammer that, auf ihr Bitten rathet, helft Euch selbst durch Thätigkeit und Sparsamkeit, sondern Ihr werdet einsehen, daß solches, heute gegen uns ausgesprochen, Hohn ist, und Ihr werdet den Grimm gegen Alles verstehen, der uns erfüllt, wenn z. B. vor unsern Augen nsrer Gutsherren fette Merinos und Rinder die Kartoffeln in reichem Maß verzehren, von denen wir so gern nur einige wenige hätten, unsere verhungernden Kinder damit zu sättigen. Ja, fragt Eure Statistiker, fragt selbst Herrn Geheimrath Dieterici und er muß sagen, daß es unsere Kinder sind, die massenweis verschmachten, die die Sterblichkeitslisten so schreckenerregend fullen, und glaubt Ihr da nicht, daß auch wir Vatergefühle kennen, daß auch in der bleichen Arbeiterin ein Mutterherz schlägt, das gern für sein Kind einen andern Wunsch haben möchte, als den: stirb, damit du solcher Noth entgehst Bei Euren Kindern! Ihr müßt uns h#lfen, Ihr müßt das ändern, darum, so oft Ihr in Berlin des Hofes glänzende Uniformen sehet, denkt auch unsrer Lumpen, und wenn Ihr für die Arbeit des bloßen Schreibens eines Namens eine Civilliste von Millionen dekretiren werdet, dann erlaßt auch ein Gesetz, das bestimmt, daß für unsre schwere Arbeit uns ein Tagelohn von 20 Sgr. werden muß, ein Lohn, doch hinreichend unsern Hunger zu stillen, unsere Bloße zu decken. X Königsberg, 5. April. — „Die Königsberger Demokraten haben sich um das Vaterland wohl verdient gemacht.“ Wir unterschreiben diesen Satz nicht, aber einsichtsvolle Preußenvereiner — es giebt deren — sagen es sich im Verborgenen und unsere Demokraten müssen beschämt eingestehen, daß sie eine Partei, die während ihrer Geburt schon der Verachtung preisgegeben, erst gekräftigt und organisirt haben. Wir sind am Ausgange des Winters. Die Reaktion blüht und der Starrkrampf hält unsere Demokratie darnieder. Wohl wird die Frühlingssonne die Träumer wachrütteln; mögen sie dann aber auch die bittere Erfahrungen, die sie seit Jahr und Tag gemacht, nicht verschlafen haben, sondern zeigen, daß sie was gelernt! Einstweilen spielt der Preußen-Verein die erste Geige. Er hält seine Versammlungen der großen Anzahl seiner Mitglieder wegen noch immer gleichzeitig in vier verschiedenen Lokalen und übt täglich merklichern Einfluß, der hauptsächlich Lieferanten, Arbeitsunternehmern und Handwerkern fühlbar ist. Nach und nach werden diese von allen Arbeiten, die von königlichen Instituten vergeben werden, ausgeschlossen, wenn es ihrer politischen Ueberzeugung widerstrebt, dem schwarz-weißen Verein beizutreten. Vielleicht heißt der letzte Paragraph der Statuten dieser „toleranten“ Preußen: „Wer dem Vereine nicht beitritt soll verhungern!“ Nächster Tage schicken die wüthenden Reactionärs eine herrliche Adresse an das Kaiserl Königl. Preuß. Staatsministerium, in der sie dieses anflehen, der Stadt jede Betheiligung an der „unnützen“ Bürgerwehr zu erlassen. Wir haben ja „mein herrliches Kriegsheer“, das seinen Ruf in Friedenszeiten glorreichst bewährt, wozu so plebeje bürgerliche Institute?! Die Petition lag an 8 verschiedenen Orten aus und trägt zahlreiche Unterschriften. Anders noch offenbart sich der Kretinismus der „Grauen“ in einer Aufforderung zu Beiträgen für das den berliner Märzschlächtern zu errichtende Denkmal: „Tapferkeit vor dem Feinde (dem Volke) ist eine glänzende Selbstbeherrschung und hingebende Entsagung, dem höhern Willen gegenüber, eine stille, deßhalb aber nicht minder erhabene Tugend des Soldaten. In den denkwürdigen Märztagen des Jahres 1848 sind beide von preußischen Soldaten in Berlin in einer Art geübt worden, wie sie geeignet ist, einen neuen Zweig in den nie welkenden Kranz des Ruhmes der Armee zu flechten, und patriotische Männer sind dort zusammengetreten, um durch Errichtung eines Denkmals hiervon vor der Nachwelt Zeugniß abzulegen. Auch unsere Provinz wird Verlangen tragen u. s. w. — — “ Das von Preußenvereinern gebildete „Provinzial-Wahl-Comité für Volksfreiheit (schlau!) und konstitutionelles Königthum“ (sehr schlau!) hat Wasser auf seine Mühle erhalten. Es jubelt laut über die „feierliche Anerkennung“ seines „unerschütterlich festgehaltenen Grundsatzes“ durch beide Kammern, in deren Antwort-Adressen auf die Thronrede klar und deutlich ausgesprochen stehe: „daß die Verfassung vom 5. Dezember pr. das rechtsgiltige Grundgesetz des preußischen Staates sei etc.“, und indem es erklärt: es wäre „jeder Protest dagegen null und nichtig“ fordert es alle mit ihm „auf gleichem Boden stehenden Mitbürger“ auf, solchen Zweifeln und Protesten überall entschieden entgegen zu treten.“ — Unsern lieben Kammern sollen wir von diesen lieben Herren einen Knix machen, ihnen schönsten Gruß entbieten, und freundlich danken für die Liebe, mit der sie sich der „guten Sache“ so hübsch angenommen haben. 15 Aus Sachsen, 9. April. Erlauben Sie mir einen Beitrag zu Ihren jüngsten Korrespondenzen über unsere schulmeisterlichen Vaterlandslappen. Sachsen hat sich von jeher und in jeder Beziehung für ein unübertroffenes Eldorado von Volkommenheit gehalten und wer einem Liliput- und Ameisendasein Geschmack abgewinnen kann, wird ihm die naive Schulmeisterüberzeugung nicht ganz verargen können. Wären die von der Metternichspolitik künstlich geschaffenen Schwerpunkte des absolutistischen Deutschlands nicht in Wien und Berlin, oder wären dieselben so leicht zu kassiren, man würde behaupten können, Sachsen allein könne der naturwüchsische Centralpunkt des nun abermals reichsbankrotten einen und freien Deutschlands sein. Dazu gehört indessen die Pulsader der revolutionären Gewaltigkeit, und diese ist bei uns am allerwenigsten zu Hause. Sachsen hat niemals eine Revolution gemacht, der Pariser Sturm hat hier nur kaum sichtbare Welchen angeregt Man zog es vor, sich gar nicht zu regen; man behielt die alte patriarchalische Bundestagsverfassung mit ihrem Landtag, ihrem absoluten Veto, ihrer Steuerverweigerungsohnmacht, ihren zwei Kammern und ihrem andern mitteralterlich aufgewärmten Brei, statt dieselbe mit einem energischen Ruck, der im März wenig Kühnheit erforderte, über den Haufen zu werfen. Dafür ergab man sich einer sächsischmatten politischen Ameisenthätigkeit. Mit einem neuen, ganz den Ausdruck des Landes tragenden guten und gemüthreichen Ministerium ohne Stachel und Geist, fabrizirte man vom März bis November an einem liberalen Wahlgesetz, an einem liberalen Preßgesetz, an einem liberalen Vereinsgesetz. Im November hatte die Reaktion auswärts gesiegt, die Kammern stürzten daher, wie sie blödsinnig behaupten, das liberale, gutmüthige Ministerium, und ließen sich rasch ein reaktionär-fanatisches Ministenium Held aufoctroyiren. Da sie dasselbe angeblich bona fide, d. h. in germanischer Bornirtheit, gestürzt hatten, so behielten sie vorläufig noch die öffentliche Meinung des Volks und galten in den Augen der zwischen Olmütz und Potsdam Spießruthen laufenden sächsischen Reaktion (Contrerevolution geht zu sehr über sächsische Mattheit hinaus) selbst für republikanische Hochverrathskneipen. Man hatte unter dem verzagten Ministerium Braun schöne, immer aber höchst bescheidene Phrasen gemacht, welche das gegenwärtige Spießruthen-

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 270. Köln, 12. April 1849, S. 1522. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz270_1849/2>, abgerufen am 23.11.2024.