Neue Rheinische Zeitung. Nr. 266. Köln, 7. April 1849. Beilage.Beilage zu Nr. 266 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Samstag, 7. April 1849. [Französische Republik] [Fortsetzung] Blanqui. Wenn man bisher noch einen letzten Zweifel über die verächtlichen Leidenschaften hegen konnte, welche hier an meinem Verderben arbeiten, so ist jetzt der Schleier vollständig gefallen. Man hat offen die schwarze Flagge gegen mich aufgezogen, und schreit in voller Mordlust nach meinem Tod... Präsident. Angeklagter, wenn Sie in dieser Weise fortfahren, entziehe ich Ihnen das Wort. Blanqui. Ja, es ist nicht der Angeklagte, es ist der ganze Charakter, das ganze Leben des Privatmannes, gegen welches man die wilde Jagd der Verläumdungen und erbärmlichsten Bosheiten losläßt. Man ist gestern auf den 12. Mai 1839 zurückgegangen, um zu behaupten, daß ich meine Vertheidigung damals in derselben Weise wie heute geführt hätte; ich habe nicht nöthig, auf diese Lüge einzugehen, denn ich habe mich damals gar nicht vertheidigt. Diese feige Erfindung kann nicht aus den Journalen jener Zeit geschöpft sein; sie stammt aus den schmutzigen Privatleidenschaften, welche meine Verfolger hier leiten. Hoher Muth, würdige Größe und Gerechtigkeit dieses erlauchten Gerichtshofes, die Angeklagten mit Haß und Verläumdung zu überschütten! Wahrhaftig! Gestern hat sich der Hr. Generalprokurator gegen einen Journalartikel erhoben und den anwesenden Redakteur als einen Feigen behandelt! Der Generalprokurator aber könnte sich am ersten hüten, den Vorwurf der Feigheit in Anregung zu bringen, der auf ihn selbst zurückfallen kann. Die wüthenden Ausfälle seiner Antwort beweisen, wie sehr sich die Anklage selbst auf den Tod verwundet fühlt, wie sie sich aller, auch der verzweifeltsten und elendsten Mittel gegen das vogelfreie Opfer, den Sündenbock aller Verbrechen Israel's bedient. ... Nun denn, was ist jetzt noch von dieser Anklage übrig geblieben? Haben wir die Regierungsform umstoßen wollen? Der Advokat Bethmont hat bereits diese Absurdität auf ihre ganze Lächerlichkeit zurückgeführt. Wir haben also im schlimmsten Fall das begangen, was Hr. v. Lamartine eine volksthümliche Unbesonnenheit nannte. Der Hr. Generalprokurator selbst hat bei dem Antrag auf unsere Verurtheilung zur Entschuldigung von der Gnade des Präsidenten gesprochen, welche uns zu Theil werden könnte; eine solche Entschuldigung ist eine Anerkennung unserer Unschuld. Ich aber verlange, daß die Geschworenen auf ein Begnadigungsrecht nicht Rücksicht nehmen, welches ich verwerfe, und daß sie sich einzig und allein von ihrer Pflicht, von dem Recht der Angeklagten auf Gerechtigkeit leiten lassen. General-Prokurator. Ich protestire gegen diese Auslegung meiner Worte. Barbes erhält das Wort. Derselbe hatte die Rede Blanquis unterbrochen, als Blanqui einer Behauptung des General-Prokurators ein Dementi gab, wonach selbst die demokratische Partei, darunter Barbes, die politische Vergangenheit Blanquis desavouirt haben sollte. Barbes erklärt allerdings Blanqui im Revolutionsklub öffentlich angegriffen zu haben, worauf der Angeklagte Flotte aufspringt und mit Heftigkeit für Blanqui Partei nimmt. Barbes wendet sich dann in seiner Anrede an die Geschwornen: Meine ersten Worte in diesem Prozeß waren eine Protestation gegen Eure Autorität; meine letzten Worte können nur eine Wiederholung sein, daß ich in Euch wohl meine Henker aber nicht meine Richter erblicken kann. Ihr habt nicht das Recht mich zu richten, nicht allein weil unsere Vorführung vor Euer Tribunal eine Retroaktivität ist, sondern weil Ihr durch die Nothwendigkeit Eurer Interessen, eine meinen Prinzipien, meiner ganzen Lebensthätigkeit feindliche Kaste seid Die absolute Herrschaft des Kapitals über den Menschen, das ist Euer Gesetz, Eure Ordnung, Eure Gerechtigkeit; gleiches Recht aller Bürger auf die sozialen Wohlthaten, das ist im Gegentheil mein Bekenntniß. Können wir uns von diesen entgegengesetzten Polen des politischen Horizontes hier in anderer Art begegnen, als um aufeinanderzustoßen wie zwei von verschiedener Elektricität gefüllte Gewitterwolken? Sie sind die Stärkeren; schlagen Sie denn zu, meine Herren. Vielleicht bin ich auch in der That noch schuldiger, als man es in diesen Debatten zu sagen wußte, und da das Bekenntniß der Wahrheit hier noch ein Verdienst sein kann, will ich Ihnen ein vollständiges Geständniß machen, um Ihnen Ihre Henkerarbeit zu erleichtern. Die Volkssouveränetät ist nicht der höchste Zweck; sie ist nur ein Mittel, ein Instrument, um den höchsten Zweck, die Wohlfahrt des Volks zu erreichen. Dieser Zweck ist der wahre Souverain; alle sozialen Handlungen müssen auf ihn zurückgehen, und der welcher sich ihm entzieht, ist ein Hochverräther. Das Volk und die Commune von Paris erfüllten gegen diesen Souverän ihre Pflicht, als sie am 31. Mai 1793 die Chefs der girondistischen Majorität aus dem Convent warfen, und ich würde in Erfüllung dieser Pflicht keinen Augenblick anstehen, mich gegen eine Assemblee zu bewaffnen, welche trotz ihres Mandats von dem allgemeinen Stimmrecht, in das Gleis der von den philippistischen 200-Franks-Wählern ernannten Kammern träte. Mein Respekt würde in dieser Hinsicht nicht größer sein für die Assemblee von gegenwärtig 900 Repräsentanten, als er es für die andere zufällige Versammlung von 11 Männern gewesen wäre, welche nach dem 24. Febr. die Republik verwalteten. Aber weder das Eine noch das Andere schien mir im Augenblick von der Nothwendigkeit geboten, und lediglich aus diesem Grunde geschah es, daß ich mich der Demonstration vom 15. Mai widersetzte, welche mir das öffentliche Wohl auf das Spiel zu setzen schien. Ich widersetzte mich der Demonstration bis zum Mittag; als ich aber die reißenden Ereignisse des Tages sah, als ich die Assemblee erstürmt und die Repräsentanten muthlos und zitternd gleich einer scheuen Heerde beim Anblick des Löwen zusammenbrechen sah, da glaubte ich die Gelegenheit günstig, um etwas für die Sache des Volkes zu thun, und ich trat, wie ich als Repräsentant das Recht hatte, auf die Tribüne; um eine Milliarde als Steuer auf die Reichen zu verlangen. Ich wollte nicht weiter gehen, als zur Votirung einiger socialen, revolutionären Maßregeln; ich dachte nicht daran, die Assemblee zu sprengen, und wenn ich es vermogt hätte, ich würde die Auflösungs-Erklärung in dem Munde Huber's verstummen gemacht haben. Aber ich sah die Feigheit und Rathlosigkeit der Repräsentanten die Verwegenheit dieses Decretes justificiren, und vor meiner Seele tauchte der Gedanke an eine andere Pflicht, an eine kühnere Hoffnung auf. Die Anarchie war vollständig; alle constituirten Gewalten hatten in diesem Augenblick aufgehört. Es galt für mich, mein Vaterland zu retten, und unter dem Vortheil der gebotenen Umstände, ein Gouvernement zu bilden, welches auf dem republikanischen Wege nicht schwankte. Mit dem Gedanken begab ich mich nach dem Hotel de Ville, nicht wie die Anklage sagt, von dem Volk fortgerissen, sondern indem ich mich von Zeit zu Zeit umsah, ob das Volk mir auch folgte. Das ist mein Verbrechen in ihren Augen; verurtheilen sie mich dafür. Es ist mir gleichgültig, in einem Kerker zu sterben, da meine besten Hoffnungen getäuscht und unser Vaterland wieder den wüthenden Erpressungen einer herzlosen, feigen, barbarischen Race zum Opfer gefallen ist. Möge Frankreich mir verzeihen, daß ich ihm zu Nichts in meinem Leben nützlich sein konnte! Mögen meine unterdrückten Brüder aller Nationen mir verzeihen, daß ich nicht, wie es mein heißestes Streben war, ihnen die Bruderhand meiner edlen und hochherzigen Nation reichen konnte! Es lebe die sozial-demokratische Republik! Nachdem die Angeklagten nichts weiter hinzuzufügen erklärt haben und der Präsident in einer der ganzen Prozedur würdigen Weise, voll Gehässigkeit und Parteileidenschaft resumirt hat, treten die Geschwornen um 3 1/4 Uhr in das Berathungszimmer. Um 9 Uhr Abends kehren sie in den Sitzungssaal zurück, wo sie auf die vorgelegten Fragen: Barbes und Albert in allen Theilen für schuldig, Blanqui, Raspail, Flotte, Quentin und Sobrier für schuldig mit mildernden Umständen, und die Angeklagten Courtais, Degre, Larger, Borme, Thomas und Villain für nicht schuldig erklären. Großbritannien. * London, 3. April. Die senkrecht rotirenden Druckmaschinen sind für die Zeitungspresse von solcher Wichtigkeit, daß wir nochmals darauf zurückkommen. Bekanntlich werden die hiesigen "Times" mittelst solcher Maschinen gedruckt. Die tägliche Praxis in dieser Druckerei hat die beiden technischen Einwürfe gegen das vertikale System, nämlich 1) die Bogen aus der horizontalen in die vertikale Lage zu bringen, und 2) die Vertheilung der Schwärze betreffend, vollständig beseitigt. Die mechanischen Vortheile einer ununterbrochenen Kreisbewegung sind wohl bekannt und es wird allgemein zugestanden, daß der Druck der jetzigen "Times" viel vorzüglicher ist, als zur Zeit, da dieses Journal auf horizontalen Maschinen gedruckt wurde. Um nur Einen Vortheil hervorzuheben: auf der jetzt im Gange befindlichen Maschine werden 40,000 Exemplare hintereinander abgezogen, ohne daß die Typen gebürstet oder die Walzen gewechselt zu werden brauchen. Hr. Applegath, Ingenieur und auf diese Maschine patentirt, weist heute in derselben Times nach, daß mit einigen wenigen Veränderungen an der gedachten Maschine der Times, die jetzt stündlich 10,000 Abdrücke liefert, die Zahl auf der Einen Maschine auf beiden Seiten während einer Stunde gedruckten Zeitungsbogen bis zu 16,500 gesteigert werden kann. Vorigen Sommer, bemerkt Hr. Applegath weiter, war ich mit einem angesehenen französischen Drucker bezüglich dieses Gegenstandes in Unterhandlungen. Ich garantirte ihm 15,000 Abzüge per Stunde. Allein ein schwerer häuslicher Unfall meinerseits und wahrscheinlich die öffentlichen Zustände in Paris andrerseits, verhinderten die Abschließung eines Vertrags. Bisher habe ich die Times, deren Bogen 4 Fuß lang und 3 Fuß breit, auf der gedachten Maschine stündlich in 10,00 Exemplaren abgezogen. Nimmt man aber eine Zeitung von kleinerm Format, z. B. "La Presse", welche halb so groß als die Times ist, so würde sich die Zahl der Abzüge in der nämlichen Zeit verdoppeln und die oben erwähnten Veränderungen an der Maschine vorausgesetzt, würden in der Stunde 33,000 Abzüge geliefert werden. * London, 4. April. In der gestrigen Unterhaus -Sitzung wieder eine irische Debatte - über die zweite Lesung der irischen Supplementar-Armensteuer-Bill. Die "Daley News" bemerken darüber: "Endlich ist die langweilige Diskussion über die irische Supplementar-Armensteuer zum Schluß gelangt. Niemals wurde eine Debatte mit so unerheblichen Gründen und zugleich solcher Bitterkeit geführt, als diese, und nie der eigentliche Fragepunkt so oft außer Augen gelassen, als bei dieser Gelegenheit. Zum Theil mag dies der durch Robert Peel ausgeführten Diversion beigemessen werden. Denn so wie er's für geeignet gehalten hat, die Leitung wohin immer zu übernehmen, so ist's schwer, ihm nicht zu folgen. Daß die ministerielle Maaßregel ein unwirksames, unangemessenes, übelerwogenes Auskunftsmittel ist, hat man längst auf allen Seiten anerkannt." Das Unterhaus beschäftigte sich im Anfang seiner gestrigen Sitzung mit mehrern Interpellationen über die auswärtige Politik. In Betreff Piemont's wird Palmerston von Urquhart scharf interpellirt. Palmerston bemerkt in seiner Antwort u. A.: "Es ist klar, daß irgend eine Veränderung der Landesgränzen Piemonts eine europäische Frage von höchst ernsthafter Bedeutung sein würde." Er versichert zugleich dem Interpellanten, daß Oestreich nicht daran denke, eine Abtretung sardinischen Gebiets zur Friedensbedingung zu machen. Die eigentliche Tagesordnung auf der eine Menge unerquicklicher Gegenstände verzeichnet stehen, wird hierauf vorgenommen. Namentlich ist es wieder eine langweilige irische Debatte, über eine irische Supplementar-Armensteuer - die den größten Theil der Zeit des Unterhauses in Anspruch nimmt und schließlich auf Morgen vertagt wird. Schluß der Sitzung um Mitternacht. Italien. * Turin, 30. März. Die Kavallerie und Artillerie hielten sich ausgezeichnet in der Schlacht von Novara. Sie hatten nicht allein die Oestreicher zu bekämpfen, sondern auch die desertirenden piemontesischen Regimenter, welche auf sie feuerten, nachdem sie aus Reih und Glied gelaufen waren. Piemont, welches am 20. Morgens an 100,000 Mann Linie zählte, wird heute Mühe haben, ihrer 20,000 wiederzufinden. Zu Chambery wurde dem General Broglia, der neulich dahin geschickt worden als Divisionskommandant, ein wüthendes Charivari gebracht. Dieser Broglia, einer der verstocktesten Reaktionäre, ist derselbe General, der im vorjährigen Feldzug an der Spitze des Regiments von Savoyen stand und sich durch seine gänzliche Unfähigkeit kompromittirte. Es sind von hier aus Ordonnanzen an den General Marmora geschickt worden, die ihm befehlen, auf Genua loszumarschiren und die Stadt in Belagerungszustand zu versetzen. Die Nationalgarden von Casale haben die Zugänge von Casale tapfer gegen die Oestreicher vertheidigt. Nachdem sie das Schlachtfeld von Novara verlassen, sind die östreichischen Truppen nicht alle in der Lombardei stehen geblieben. Eine Kolonne ist aufgebrochen nach den Kirchenstaaten, die andere nach Toskana. Die Oestreicher waren 45,000 Mann stark zu Novara; sie haben 20,000 Mann in Piemont gelassen und von den übrigen 25,000 disponiblen Mannschaften haben sie einen ziemlich beträchtlichen Theil nach der Lombardei zurückziehen müssen, wegen der Insurrektion, die auf einigen Punkten ausgebrochen und auf allen auszubrechen droht. Die zum Einfall in Centralitalien bestimmten Kolonnen können daher nicht sehr stark sein und selbst ohne große Kraftentwickelung ist die Passage der Apenninen leicht durch die Toskaner zu vertheidigen. Das jetzige Turiner Ministerium ist aus demselben Stoffe, woraus die contrerevolutionären Ministerien in ganz Europa jetzt gemacht werden. An der Spitze Gioberti, der Jesuit. Pinelli und Galvagno engherzige und kleinsinnige Advokaten. Delannay hat seine Sporen in Sardinien und in Chambery verdient. In Genua endlich eroberte er den Beinamen: "persönlicher Feind der Demokratie". Nigra repräsentirt die Aristokratie des Geldsacks, Demargherita, die Suprematie der Rabulisterei. Rocca und Mameli sind Nullen. Dies Ministerium ist natürlich wenig populär zu Turin. Das Journal "Le Resorgimento" selbst, ein "honettes und gemäßigtes" Blattt, greift es an. Unterdeß spickt der neue König seine Hauptstadt mit den Gardes du Corps, die sich so elend dem Feinde gegenüber benommen haben und ist entschlossen, Ordnung zu stiften. Man weiß, was das heißt. Um Ordnung zu machen, bedarf es des Friedens mit Oestreich. Er wird ihn mit der größten Hast abschließen. Die Aristokratie steht hinter ihm und treibt. Diese Elenden verwünschen den Krieg schon, weil er Zwangsanleihen und einige andere Opfer ihnen auferlegte. Hinter der Aristokratie steht wieder die europäische Diplomatie, an ihrer Spitze die französische. Auch sie will die Ordnung, wie vor dem Februar. Romarino, der jetzt in der Citadelle von Turin verhaftet sitzt, wurde gerade in demselben Augenblick zu Arona verhaftet, als er nach der Lombardei, also zu Radetzky, entfliehen wollte. Der neue piemontesische König, der mehr Schmerz über den Verlust von sechs Pferden, als über den seiner Armee empfand, soll sich durch einen geheimen Artikel gegen Radetzky verpflichtet haben, die Festungswerke von Alessandria zu schleifen, sobald die Oesterreicher diese Stadt verlassen würden. Es ist übrigens jetzt erwiesen, daß Radetzky dem Karl Albert selbst viel härtere Waffenstillstandsbedingungen gestellt hatte. Sobald er abgedankt hatte, modifizirte Radetzky von selbst, wohlunterrichtet über die Pläne des jetzigen Königs, die entehrendste Bedingung, die Entwaffnung. General Perone ist an den in der Schlacht bei Novara erhaltenen Wunden gestorben. Er war Savoyarde von Geburt und hatte von 1815 bis 1848 in der französischen Armee gedient. Die Plünderung und die Metzeleien dauern im ganzen Novaresischen bis Biella fort. Die Aristokratie und die Pfaffen stehen in Verdacht, diese Art Propaganda für den Marschall Radetzky ermuthigt zu haben. Mailand, 30. März. Ein Befehl des Gouverneurs von Mailand, Graf von Wimpfen, verordnet, daß, um die Ruhe in der Hauptstadt zu sichern, alle fremden Personen, welche nicht im Besitz von Ausweisschriften sind und sich über ihren Aufenthalt nicht zu rechtfertigen vermögen, festgenommen und an die vom Feldmarschall bestimmten Orte transportirt werden. Südamerika. * Die "New-Yorker Handelszeitung" theilt einen Brief aus Curacoa vom 6. Februar mit, worin es heißt, daß sich die Provinz Margarita für die demokratische Partei des General Paez erklärt und daß ein Treffen stattgefunden, in welchem der General Marino, von der Partei des Präsidenten Monagas völlig geschlagen und er selbst tödtlich verwundet worden. Auch seien die Provinzen Barcelona und Cumana in offnem Aufstande gegen Monagas. Redakteur en chef: Karl Marx. Aus Thüringen, 4. April. Die gottbegnadigte Bureaukratie schläge in ihrem heiligen Eifer gegen die demokratischen Ketzereien so ergötzlicht Purzelbäume, daß man sich zuweilen den Spaß nicht versagen darf, dieselben etwas näher zu betrachten. Ein Haupttummelplatz federfuchsender Donquixote vom reinsten Geblüte ist Erfurt. Diese Stadt beherbergt nicht allein von Alters her eine gar stattliche Schaar der ausgezeichnetsten politischen Harlekine, sondern ist auch im Vollgenusse der größten Erfindung der neueren Zeit, des Belagerungszustandes. Wiederholte Bitten einiger Irregeführten werden sie dieses Vorzuges nicht berauben, und die jüngste Bittschrift von 1731 Bürgern um Aufhebung desselben wird ebenfalls wohl zu den Akten gelegt werden, so lange der donnerkundige Brandenburg-Kronion durch das welterschütternde Zucken der Augenbraunen eine andere Ansicht an den Tag zu legen geruht. - Man nennt Erfurt zuweilen die Metropole des Thüringerlandes; mit mehr Recht könnte man sie die sächsische Metropole des Belagerungs-Cultus und die Herren v. Voß, Türck, Rochlitz, Hutsteiner und Dufft die hohen Priester desselben nennen. Dieser Cultus hat, wie er in Thüringen geübt wird, daß Ungewöhnliche, das er Herz und Sinn erheitert; und hätte Schiller ihn gekannt, er hätte statt der Götter Griechenlands unsere Belagerungsgötter besungen. Hat nicht ganz Deutschland laut mitgelacht, als es hörte, daß hier trotz Verfassung und sonstigem modernen Schnickschnack die heilige Censur und das Zeitungsverbot wieder eingeführt worden? - In wie ergötzlicher Weise hier die Opferdüfte zum Göttersitze emporsteigen und welch' anmuthige Spiele die neue preußische Ritterschaft den angestammten hohenzollernschen Göttern zu Ehren treibt, mögen Sie aus folgender Anekdote ersehen: Krackrügge verbüßte eben seine Strafe dafür, daß er ein mißhandeltes Mädchen den Klauen seiner Würger entrissen und bei dieser Gelegenheit einen - schaudre Leser! - einen Edelmann beleidigt hatte, als die Märzschauern des vorigen Jahres ins Land fuhren. Krackrügge wanderte aus dem Zuchthause in die Nationalversammlung. Sobald die Camarilla in Potsdam sich wieder einiger Maßen fühlte, wurden ihre Getreuen in Erfurt auch wieder munter. Sie occupirten ein Winkelblättchen, die "Erfurter Zeitung", füllten es mit den Trebern der "Neuen Preußischen Zeitung" und ließen Krackrügge in jeder Nummer Gasse laufen. Zum Schlusse der Nationalversammlung erklüngelte man auch ein großartiges, von der braven "Kölnischen Zeitung" mit Wollust abgedrucktes Mißtrauensvotum gegen denselben. Der Belagerungszustand bot die ersehnte Gelegenheit, Krackrügge's Organ, "den deutschen Stadt- und Landboten", zu unterdrücken. Krackrügge kehrte gegen Weihnachten zurück. Er wollte sich durch fliegende Blätter bei seinen Wählern rechtfertigen; in Erfurt aber wurde ihm die Druckerlaubniß dazu versagt und, nachdem er die Blätter in Gotha hatte drucken lassen, die Einfuhr und Verbreitung derselben in Erfurt verboten. Daß der mit Krackrügge haltenden Partei keine Wahlversammlung gestattet wurde, versteht sich von selbst. Der Wahltag kam heran, die neuen preußischen Junker glaubten gewonnenes Spiel zu haben und stellten den Ober-Regierungsrath von Tellau als Kandidaten auf. Siehe da! die Junker denken und die Völker lenken. Krackrügge wurde wieder gewählt. Am 9. Februar berichtete die Regierung dem Minister v. Manteuffel (mit Ueberspringung des Oberpräsidenten, an den nach §. 34 des Reglements der Bericht gehen mußte, daß gegen Krackrügge's Wahl nichts zu erinnern sei. Am 10. Februar aber stellt die "Erfurter Zeitung" die Behauptung auf, Krackrügge sei wegen seiner Zuchthausstrafe nicht mehr im Vollbesitze seiner bürgerlichen Rechte und deshalb nicht wählbar. Dieser anonyme Aufsatz konnte unberücksichtigt bleiben, da das Wahlgesetz nur dem die Wählbarkeit abspricht, wo das richterliche Erkenntniß ausdrücklich die Schmälerung der Ehrenrechte ausgesprochen hat. Inzwischen nahm sich die "Neue Preußische Zeitung" (Nr. 42) der Sache an und machte der Regierung in Erfurt Vorwürfe, daß sie den Aufsatz der "Erfurter Zeitung" nicht gehörig würdige. Das Gewünschte war erreicht, nämlich ein Vorwand, Krackrügge's Wahl angreifen zu müssen. Die Erfurter Regierung kennt den amtlichen Charakter der "Neuen Preußischen Zeitung". Sie weiß, daß sie vor der öffentlichen Meinung gerechtfertigt ist, wenn sie einem Wink des hohenzollernschen Moniteurs nachkommt und beschloß in der Sache das Geeignete zu thun. Herr v. Tellau, derselbe, der gegen Krackrügge durchgefallen war, wurde als Referent bestellt, und auf dessen Vortrag hin am 25. Februar nachfolgender Bericht an von Manteuffel eingeschickt: Beilage zu Nr. 266 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Samstag, 7. April 1849. [Französische Republik] [Fortsetzung] Blanqui. Wenn man bisher noch einen letzten Zweifel über die verächtlichen Leidenschaften hegen konnte, welche hier an meinem Verderben arbeiten, so ist jetzt der Schleier vollständig gefallen. Man hat offen die schwarze Flagge gegen mich aufgezogen, und schreit in voller Mordlust nach meinem Tod… Präsident. Angeklagter, wenn Sie in dieser Weise fortfahren, entziehe ich Ihnen das Wort. Blanqui. Ja, es ist nicht der Angeklagte, es ist der ganze Charakter, das ganze Leben des Privatmannes, gegen welches man die wilde Jagd der Verläumdungen und erbärmlichsten Bosheiten losläßt. Man ist gestern auf den 12. Mai 1839 zurückgegangen, um zu behaupten, daß ich meine Vertheidigung damals in derselben Weise wie heute geführt hätte; ich habe nicht nöthig, auf diese Lüge einzugehen, denn ich habe mich damals gar nicht vertheidigt. Diese feige Erfindung kann nicht aus den Journalen jener Zeit geschöpft sein; sie stammt aus den schmutzigen Privatleidenschaften, welche meine Verfolger hier leiten. Hoher Muth, würdige Größe und Gerechtigkeit dieses erlauchten Gerichtshofes, die Angeklagten mit Haß und Verläumdung zu überschütten! Wahrhaftig! Gestern hat sich der Hr. Generalprokurator gegen einen Journalartikel erhoben und den anwesenden Redakteur als einen Feigen behandelt! Der Generalprokurator aber könnte sich am ersten hüten, den Vorwurf der Feigheit in Anregung zu bringen, der auf ihn selbst zurückfallen kann. Die wüthenden Ausfälle seiner Antwort beweisen, wie sehr sich die Anklage selbst auf den Tod verwundet fühlt, wie sie sich aller, auch der verzweifeltsten und elendsten Mittel gegen das vogelfreie Opfer, den Sündenbock aller Verbrechen Israel's bedient. … Nun denn, was ist jetzt noch von dieser Anklage übrig geblieben? Haben wir die Regierungsform umstoßen wollen? Der Advokat Bethmont hat bereits diese Absurdität auf ihre ganze Lächerlichkeit zurückgeführt. Wir haben also im schlimmsten Fall das begangen, was Hr. v. Lamartine eine volksthümliche Unbesonnenheit nannte. Der Hr. Generalprokurator selbst hat bei dem Antrag auf unsere Verurtheilung zur Entschuldigung von der Gnade des Präsidenten gesprochen, welche uns zu Theil werden könnte; eine solche Entschuldigung ist eine Anerkennung unserer Unschuld. Ich aber verlange, daß die Geschworenen auf ein Begnadigungsrecht nicht Rücksicht nehmen, welches ich verwerfe, und daß sie sich einzig und allein von ihrer Pflicht, von dem Recht der Angeklagten auf Gerechtigkeit leiten lassen. General-Prokurator. Ich protestire gegen diese Auslegung meiner Worte. Barbès erhält das Wort. Derselbe hatte die Rede Blanquis unterbrochen, als Blanqui einer Behauptung des General-Prokurators ein Dementi gab, wonach selbst die demokratische Partei, darunter Barbès, die politische Vergangenheit Blanquis desavouirt haben sollte. Barbès erklärt allerdings Blanqui im Revolutionsklub öffentlich angegriffen zu haben, worauf der Angeklagte Flotte aufspringt und mit Heftigkeit für Blanqui Partei nimmt. Barbès wendet sich dann in seiner Anrede an die Geschwornen: Meine ersten Worte in diesem Prozeß waren eine Protestation gegen Eure Autorität; meine letzten Worte können nur eine Wiederholung sein, daß ich in Euch wohl meine Henker aber nicht meine Richter erblicken kann. Ihr habt nicht das Recht mich zu richten, nicht allein weil unsere Vorführung vor Euer Tribunal eine Retroaktivität ist, sondern weil Ihr durch die Nothwendigkeit Eurer Interessen, eine meinen Prinzipien, meiner ganzen Lebensthätigkeit feindliche Kaste seid Die absolute Herrschaft des Kapitals über den Menschen, das ist Euer Gesetz, Eure Ordnung, Eure Gerechtigkeit; gleiches Recht aller Bürger auf die sozialen Wohlthaten, das ist im Gegentheil mein Bekenntniß. Können wir uns von diesen entgegengesetzten Polen des politischen Horizontes hier in anderer Art begegnen, als um aufeinanderzustoßen wie zwei von verschiedener Elektricität gefüllte Gewitterwolken? Sie sind die Stärkeren; schlagen Sie denn zu, meine Herren. Vielleicht bin ich auch in der That noch schuldiger, als man es in diesen Debatten zu sagen wußte, und da das Bekenntniß der Wahrheit hier noch ein Verdienst sein kann, will ich Ihnen ein vollständiges Geständniß machen, um Ihnen Ihre Henkerarbeit zu erleichtern. Die Volkssouveränetät ist nicht der höchste Zweck; sie ist nur ein Mittel, ein Instrument, um den höchsten Zweck, die Wohlfahrt des Volks zu erreichen. Dieser Zweck ist der wahre Souverain; alle sozialen Handlungen müssen auf ihn zurückgehen, und der welcher sich ihm entzieht, ist ein Hochverräther. Das Volk und die Commune von Paris erfüllten gegen diesen Souverän ihre Pflicht, als sie am 31. Mai 1793 die Chefs der girondistischen Majorität aus dem Convent warfen, und ich würde in Erfüllung dieser Pflicht keinen Augenblick anstehen, mich gegen eine Assemblée zu bewaffnen, welche trotz ihres Mandats von dem allgemeinen Stimmrecht, in das Gleis der von den philippistischen 200-Franks-Wählern ernannten Kammern träte. Mein Respekt würde in dieser Hinsicht nicht größer sein für die Assemblée von gegenwärtig 900 Repräsentanten, als er es für die andere zufällige Versammlung von 11 Männern gewesen wäre, welche nach dem 24. Febr. die Republik verwalteten. Aber weder das Eine noch das Andere schien mir im Augenblick von der Nothwendigkeit geboten, und lediglich aus diesem Grunde geschah es, daß ich mich der Demonstration vom 15. Mai widersetzte, welche mir das öffentliche Wohl auf das Spiel zu setzen schien. Ich widersetzte mich der Demonstration bis zum Mittag; als ich aber die reißenden Ereignisse des Tages sah, als ich die Assemblée erstürmt und die Repräsentanten muthlos und zitternd gleich einer scheuen Heerde beim Anblick des Löwen zusammenbrechen sah, da glaubte ich die Gelegenheit günstig, um etwas für die Sache des Volkes zu thun, und ich trat, wie ich als Repräsentant das Recht hatte, auf die Tribüne; um eine Milliarde als Steuer auf die Reichen zu verlangen. Ich wollte nicht weiter gehen, als zur Votirung einiger socialen, revolutionären Maßregeln; ich dachte nicht daran, die Assemblée zu sprengen, und wenn ich es vermogt hätte, ich würde die Auflösungs-Erklärung in dem Munde Huber's verstummen gemacht haben. Aber ich sah die Feigheit und Rathlosigkeit der Repräsentanten die Verwegenheit dieses Decretes justificiren, und vor meiner Seele tauchte der Gedanke an eine andere Pflicht, an eine kühnere Hoffnung auf. Die Anarchie war vollständig; alle constituirten Gewalten hatten in diesem Augenblick aufgehört. Es galt für mich, mein Vaterland zu retten, und unter dem Vortheil der gebotenen Umstände, ein Gouvernement zu bilden, welches auf dem republikanischen Wege nicht schwankte. Mit dem Gedanken begab ich mich nach dem Hotel de Ville, nicht wie die Anklage sagt, von dem Volk fortgerissen, sondern indem ich mich von Zeit zu Zeit umsah, ob das Volk mir auch folgte. Das ist mein Verbrechen in ihren Augen; verurtheilen sie mich dafür. Es ist mir gleichgültig, in einem Kerker zu sterben, da meine besten Hoffnungen getäuscht und unser Vaterland wieder den wüthenden Erpressungen einer herzlosen, feigen, barbarischen Raçe zum Opfer gefallen ist. Möge Frankreich mir verzeihen, daß ich ihm zu Nichts in meinem Leben nützlich sein konnte! Mögen meine unterdrückten Brüder aller Nationen mir verzeihen, daß ich nicht, wie es mein heißestes Streben war, ihnen die Bruderhand meiner edlen und hochherzigen Nation reichen konnte! Es lebe die sozial-demokratische Republik! Nachdem die Angeklagten nichts weiter hinzuzufügen erklärt haben und der Präsident in einer der ganzen Prozedur würdigen Weise, voll Gehässigkeit und Parteileidenschaft resumirt hat, treten die Geschwornen um 3 1/4 Uhr in das Berathungszimmer. Um 9 Uhr Abends kehren sie in den Sitzungssaal zurück, wo sie auf die vorgelegten Fragen: Barbes und Albert in allen Theilen für schuldig, Blanqui, Raspail, Flotte, Quentin und Sobrier für schuldig mit mildernden Umständen, und die Angeklagten Courtais, Degré, Larger, Borme, Thomas und Villain für nicht schuldig erklären. Großbritannien. * London, 3. April. Die senkrecht rotirenden Druckmaschinen sind für die Zeitungspresse von solcher Wichtigkeit, daß wir nochmals darauf zurückkommen. Bekanntlich werden die hiesigen „Times“ mittelst solcher Maschinen gedruckt. Die tägliche Praxis in dieser Druckerei hat die beiden technischen Einwürfe gegen das vertikale System, nämlich 1) die Bogen aus der horizontalen in die vertikale Lage zu bringen, und 2) die Vertheilung der Schwärze betreffend, vollständig beseitigt. Die mechanischen Vortheile einer ununterbrochenen Kreisbewegung sind wohl bekannt und es wird allgemein zugestanden, daß der Druck der jetzigen „Times“ viel vorzüglicher ist, als zur Zeit, da dieses Journal auf horizontalen Maschinen gedruckt wurde. Um nur Einen Vortheil hervorzuheben: auf der jetzt im Gange befindlichen Maschine werden 40,000 Exemplare hintereinander abgezogen, ohne daß die Typen gebürstet oder die Walzen gewechselt zu werden brauchen. Hr. Applegath, Ingenieur und auf diese Maschine patentirt, weist heute in derselben Times nach, daß mit einigen wenigen Veränderungen an der gedachten Maschine der Times, die jetzt stündlich 10,000 Abdrücke liefert, die Zahl auf der Einen Maschine auf beiden Seiten während einer Stunde gedruckten Zeitungsbogen bis zu 16,500 gesteigert werden kann. Vorigen Sommer, bemerkt Hr. Applegath weiter, war ich mit einem angesehenen französischen Drucker bezüglich dieses Gegenstandes in Unterhandlungen. Ich garantirte ihm 15,000 Abzüge per Stunde. Allein ein schwerer häuslicher Unfall meinerseits und wahrscheinlich die öffentlichen Zustände in Paris andrerseits, verhinderten die Abschließung eines Vertrags. Bisher habe ich die Times, deren Bogen 4 Fuß lang und 3 Fuß breit, auf der gedachten Maschine stündlich in 10,00 Exemplaren abgezogen. Nimmt man aber eine Zeitung von kleinerm Format, z. B. „La Presse“, welche halb so groß als die Times ist, so würde sich die Zahl der Abzüge in der nämlichen Zeit verdoppeln und die oben erwähnten Veränderungen an der Maschine vorausgesetzt, würden in der Stunde 33,000 Abzüge geliefert werden. * London, 4. April. In der gestrigen Unterhaus -Sitzung wieder eine irische Debatte ‒ über die zweite Lesung der irischen Supplementar-Armensteuer-Bill. Die „Daley News“ bemerken darüber: „Endlich ist die langweilige Diskussion über die irische Supplementar-Armensteuer zum Schluß gelangt. Niemals wurde eine Debatte mit so unerheblichen Gründen und zugleich solcher Bitterkeit geführt, als diese, und nie der eigentliche Fragepunkt so oft außer Augen gelassen, als bei dieser Gelegenheit. Zum Theil mag dies der durch Robert Peel ausgeführten Diversion beigemessen werden. Denn so wie er's für geeignet gehalten hat, die Leitung wohin immer zu übernehmen, so ist's schwer, ihm nicht zu folgen. Daß die ministerielle Maaßregel ein unwirksames, unangemessenes, übelerwogenes Auskunftsmittel ist, hat man längst auf allen Seiten anerkannt.“ Das Unterhaus beschäftigte sich im Anfang seiner gestrigen Sitzung mit mehrern Interpellationen über die auswärtige Politik. In Betreff Piemont's wird Palmerston von Urquhart scharf interpellirt. Palmerston bemerkt in seiner Antwort u. A.: „Es ist klar, daß irgend eine Veränderung der Landesgränzen Piemonts eine europäische Frage von höchst ernsthafter Bedeutung sein würde.“ Er versichert zugleich dem Interpellanten, daß Oestreich nicht daran denke, eine Abtretung sardinischen Gebiets zur Friedensbedingung zu machen. Die eigentliche Tagesordnung auf der eine Menge unerquicklicher Gegenstände verzeichnet stehen, wird hierauf vorgenommen. Namentlich ist es wieder eine langweilige irische Debatte, über eine irische Supplementar-Armensteuer ‒ die den größten Theil der Zeit des Unterhauses in Anspruch nimmt und schließlich auf Morgen vertagt wird. Schluß der Sitzung um Mitternacht. Italien. * Turin, 30. März. Die Kavallerie und Artillerie hielten sich ausgezeichnet in der Schlacht von Novara. Sie hatten nicht allein die Oestreicher zu bekämpfen, sondern auch die desertirenden piemontesischen Regimenter, welche auf sie feuerten, nachdem sie aus Reih und Glied gelaufen waren. Piemont, welches am 20. Morgens an 100,000 Mann Linie zählte, wird heute Mühe haben, ihrer 20,000 wiederzufinden. Zu Chambery wurde dem General Broglia, der neulich dahin geschickt worden als Divisionskommandant, ein wüthendes Charivari gebracht. Dieser Broglia, einer der verstocktesten Reaktionäre, ist derselbe General, der im vorjährigen Feldzug an der Spitze des Regiments von Savoyen stand und sich durch seine gänzliche Unfähigkeit kompromittirte. Es sind von hier aus Ordonnanzen an den General Marmora geschickt worden, die ihm befehlen, auf Genua loszumarschiren und die Stadt in Belagerungszustand zu versetzen. Die Nationalgarden von Casale haben die Zugänge von Casale tapfer gegen die Oestreicher vertheidigt. Nachdem sie das Schlachtfeld von Novara verlassen, sind die östreichischen Truppen nicht alle in der Lombardei stehen geblieben. Eine Kolonne ist aufgebrochen nach den Kirchenstaaten, die andere nach Toskana. Die Oestreicher waren 45,000 Mann stark zu Novara; sie haben 20,000 Mann in Piemont gelassen und von den übrigen 25,000 disponiblen Mannschaften haben sie einen ziemlich beträchtlichen Theil nach der Lombardei zurückziehen müssen, wegen der Insurrektion, die auf einigen Punkten ausgebrochen und auf allen auszubrechen droht. Die zum Einfall in Centralitalien bestimmten Kolonnen können daher nicht sehr stark sein und selbst ohne große Kraftentwickelung ist die Passage der Apenninen leicht durch die Toskaner zu vertheidigen. Das jetzige Turiner Ministerium ist aus demselben Stoffe, woraus die contrerevolutionären Ministerien in ganz Europa jetzt gemacht werden. An der Spitze Gioberti, der Jesuit. Pinelli und Galvagno engherzige und kleinsinnige Advokaten. Delannay hat seine Sporen in Sardinien und in Chambèry verdient. In Genua endlich eroberte er den Beinamen: „persönlicher Feind der Demokratie“. Nigra repräsentirt die Aristokratie des Geldsacks, Demargherita, die Suprematie der Rabulisterei. Rocca und Mameli sind Nullen. Dies Ministerium ist natürlich wenig populär zu Turin. Das Journal „Le Resorgimento“ selbst, ein „honettes und gemäßigtes“ Blattt, greift es an. Unterdeß spickt der neue König seine Hauptstadt mit den Gardes du Corps, die sich so elend dem Feinde gegenüber benommen haben und ist entschlossen, Ordnung zu stiften. Man weiß, was das heißt. Um Ordnung zu machen, bedarf es des Friedens mit Oestreich. Er wird ihn mit der größten Hast abschließen. Die Aristokratie steht hinter ihm und treibt. Diese Elenden verwünschen den Krieg schon, weil er Zwangsanleihen und einige andere Opfer ihnen auferlegte. Hinter der Aristokratie steht wieder die europäische Diplomatie, an ihrer Spitze die französische. Auch sie will die Ordnung, wie vor dem Februar. Romarino, der jetzt in der Citadelle von Turin verhaftet sitzt, wurde gerade in demselben Augenblick zu Arona verhaftet, als er nach der Lombardei, also zu Radetzky, entfliehen wollte. Der neue piemontesische König, der mehr Schmerz über den Verlust von sechs Pferden, als über den seiner Armee empfand, soll sich durch einen geheimen Artikel gegen Radetzky verpflichtet haben, die Festungswerke von Alessandria zu schleifen, sobald die Oesterreicher diese Stadt verlassen würden. Es ist übrigens jetzt erwiesen, daß Radetzky dem Karl Albert selbst viel härtere Waffenstillstandsbedingungen gestellt hatte. Sobald er abgedankt hatte, modifizirte Radetzky von selbst, wohlunterrichtet über die Pläne des jetzigen Königs, die entehrendste Bedingung, die Entwaffnung. General Perone ist an den in der Schlacht bei Novara erhaltenen Wunden gestorben. Er war Savoyarde von Geburt und hatte von 1815 bis 1848 in der französischen Armee gedient. Die Plünderung und die Metzeleien dauern im ganzen Novaresischen bis Biella fort. Die Aristokratie und die Pfaffen stehen in Verdacht, diese Art Propaganda für den Marschall Radetzky ermuthigt zu haben. Mailand, 30. März. Ein Befehl des Gouverneurs von Mailand, Graf von Wimpfen, verordnet, daß, um die Ruhe in der Hauptstadt zu sichern, alle fremden Personen, welche nicht im Besitz von Ausweisschriften sind und sich über ihren Aufenthalt nicht zu rechtfertigen vermögen, festgenommen und an die vom Feldmarschall bestimmten Orte transportirt werden. Südamerika. * Die „New-Yorker Handelszeitung“ theilt einen Brief aus Curaçoa vom 6. Februar mit, worin es heißt, daß sich die Provinz Margarita für die demokratische Partei des General Paez erklärt und daß ein Treffen stattgefunden, in welchem der General Marino, von der Partei des Präsidenten Monagas völlig geschlagen und er selbst tödtlich verwundet worden. Auch seien die Provinzen Barcelona und Cumana in offnem Aufstande gegen Monagas. Redakteur en chef: Karl Marx. Aus Thüringen, 4. April. Die gottbegnadigte Bureaukratie schläge in ihrem heiligen Eifer gegen die demokratischen Ketzereien so ergötzlicht Purzelbäume, daß man sich zuweilen den Spaß nicht versagen darf, dieselben etwas näher zu betrachten. Ein Haupttummelplatz federfuchsender Donquixote vom reinsten Geblüte ist Erfurt. Diese Stadt beherbergt nicht allein von Alters her eine gar stattliche Schaar der ausgezeichnetsten politischen Harlekine, sondern ist auch im Vollgenusse der größten Erfindung der neueren Zeit, des Belagerungszustandes. Wiederholte Bitten einiger Irregeführten werden sie dieses Vorzuges nicht berauben, und die jüngste Bittschrift von 1731 Bürgern um Aufhebung desselben wird ebenfalls wohl zu den Akten gelegt werden, so lange der donnerkundige Brandenburg-Kronion durch das welterschütternde Zucken der Augenbraunen eine andere Ansicht an den Tag zu legen geruht. ‒ Man nennt Erfurt zuweilen die Metropole des Thüringerlandes; mit mehr Recht könnte man sie die sächsische Metropole des Belagerungs-Cultus und die Herren v. Voß, Türck, Rochlitz, Hutsteiner und Dufft die hohen Priester desselben nennen. Dieser Cultus hat, wie er in Thüringen geübt wird, daß Ungewöhnliche, das er Herz und Sinn erheitert; und hätte Schiller ihn gekannt, er hätte statt der Götter Griechenlands unsere Belagerungsgötter besungen. Hat nicht ganz Deutschland laut mitgelacht, als es hörte, daß hier trotz Verfassung und sonstigem modernen Schnickschnack die heilige Censur und das Zeitungsverbot wieder eingeführt worden? ‒ In wie ergötzlicher Weise hier die Opferdüfte zum Göttersitze emporsteigen und welch' anmuthige Spiele die neue preußische Ritterschaft den angestammten hohenzollernschen Göttern zu Ehren treibt, mögen Sie aus folgender Anekdote ersehen: Krackrügge verbüßte eben seine Strafe dafür, daß er ein mißhandeltes Mädchen den Klauen seiner Würger entrissen und bei dieser Gelegenheit einen ‒ schaudre Leser! ‒ einen Edelmann beleidigt hatte, als die Märzschauern des vorigen Jahres ins Land fuhren. Krackrügge wanderte aus dem Zuchthause in die Nationalversammlung. Sobald die Camarilla in Potsdam sich wieder einiger Maßen fühlte, wurden ihre Getreuen in Erfurt auch wieder munter. Sie occupirten ein Winkelblättchen, die „Erfurter Zeitung“, füllten es mit den Trebern der „Neuen Preußischen Zeitung“ und ließen Krackrügge in jeder Nummer Gasse laufen. Zum Schlusse der Nationalversammlung erklüngelte man auch ein großartiges, von der braven „Kölnischen Zeitung“ mit Wollust abgedrucktes Mißtrauensvotum gegen denselben. Der Belagerungszustand bot die ersehnte Gelegenheit, Krackrügge's Organ, „den deutschen Stadt- und Landboten“, zu unterdrücken. Krackrügge kehrte gegen Weihnachten zurück. Er wollte sich durch fliegende Blätter bei seinen Wählern rechtfertigen; in Erfurt aber wurde ihm die Druckerlaubniß dazu versagt und, nachdem er die Blätter in Gotha hatte drucken lassen, die Einfuhr und Verbreitung derselben in Erfurt verboten. Daß der mit Krackrügge haltenden Partei keine Wahlversammlung gestattet wurde, versteht sich von selbst. Der Wahltag kam heran, die neuen preußischen Junker glaubten gewonnenes Spiel zu haben und stellten den Ober-Regierungsrath von Tellau als Kandidaten auf. Siehe da! die Junker denken und die Völker lenken. Krackrügge wurde wieder gewählt. Am 9. Februar berichtete die Regierung dem Minister v. Manteuffel (mit Ueberspringung des Oberpräsidenten, an den nach §. 34 des Reglements der Bericht gehen mußte, daß gegen Krackrügge's Wahl nichts zu erinnern sei. Am 10. Februar aber stellt die „Erfurter Zeitung“ die Behauptung auf, Krackrügge sei wegen seiner Zuchthausstrafe nicht mehr im Vollbesitze seiner bürgerlichen Rechte und deshalb nicht wählbar. Dieser anonyme Aufsatz konnte unberücksichtigt bleiben, da das Wahlgesetz nur dem die Wählbarkeit abspricht, wo das richterliche Erkenntniß ausdrücklich die Schmälerung der Ehrenrechte ausgesprochen hat. Inzwischen nahm sich die „Neue Preußische Zeitung“ (Nr. 42) der Sache an und machte der Regierung in Erfurt Vorwürfe, daß sie den Aufsatz der „Erfurter Zeitung“ nicht gehörig würdige. Das Gewünschte war erreicht, nämlich ein Vorwand, Krackrügge's Wahl angreifen zu müssen. Die Erfurter Regierung kennt den amtlichen Charakter der „Neuen Preußischen Zeitung“. Sie weiß, daß sie vor der öffentlichen Meinung gerechtfertigt ist, wenn sie einem Wink des hohenzollernschen Moniteurs nachkommt und beschloß in der Sache das Geeignete zu thun. Herr v. Tellau, derselbe, der gegen Krackrügge durchgefallen war, wurde als Referent bestellt, und auf dessen Vortrag hin am 25. Februar nachfolgender Bericht an von Manteuffel eingeschickt: <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1501"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 266 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Samstag, 7. April 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>[Französische Republik]</head> <div xml:id="ar266b_001" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> Blanqui. Wenn man bisher noch einen letzten Zweifel über die verächtlichen Leidenschaften hegen konnte, welche hier an meinem Verderben arbeiten, so ist jetzt der Schleier vollständig gefallen. Man hat offen die schwarze Flagge gegen mich aufgezogen, und schreit in voller Mordlust nach meinem Tod…</p> <p>Präsident. Angeklagter, wenn Sie in dieser Weise fortfahren, entziehe ich Ihnen das Wort.</p> <p>Blanqui. Ja, es ist nicht der Angeklagte, es ist der ganze Charakter, das ganze Leben des Privatmannes, gegen welches man die wilde Jagd der Verläumdungen und erbärmlichsten Bosheiten losläßt. Man ist gestern auf den 12. Mai 1839 zurückgegangen, um zu behaupten, daß ich meine Vertheidigung damals in derselben Weise wie heute geführt hätte; ich habe nicht nöthig, auf diese Lüge einzugehen, denn ich habe mich damals gar nicht vertheidigt. Diese feige Erfindung kann nicht aus den Journalen jener Zeit geschöpft sein; sie stammt aus den schmutzigen Privatleidenschaften, welche meine Verfolger hier leiten. Hoher Muth, würdige Größe und Gerechtigkeit dieses erlauchten Gerichtshofes, die Angeklagten mit Haß und Verläumdung zu überschütten!</p> <p>Wahrhaftig! Gestern hat sich der Hr. Generalprokurator gegen einen Journalartikel erhoben und den anwesenden Redakteur als einen Feigen behandelt! Der Generalprokurator aber könnte sich am ersten hüten, den Vorwurf der Feigheit in Anregung zu bringen, der auf ihn selbst zurückfallen kann. Die wüthenden Ausfälle seiner Antwort beweisen, wie sehr sich die Anklage selbst auf den Tod verwundet fühlt, wie sie sich aller, auch der verzweifeltsten und elendsten Mittel gegen das vogelfreie Opfer, den Sündenbock aller Verbrechen Israel's bedient.</p> <p>… Nun denn, was ist jetzt noch von dieser Anklage übrig geblieben? Haben wir die Regierungsform umstoßen wollen? Der Advokat Bethmont hat bereits diese Absurdität auf ihre ganze Lächerlichkeit zurückgeführt. Wir haben also im schlimmsten Fall das begangen, was Hr. v. Lamartine eine volksthümliche Unbesonnenheit nannte. Der Hr. Generalprokurator selbst hat bei dem Antrag auf unsere Verurtheilung zur Entschuldigung von der Gnade des Präsidenten gesprochen, welche uns zu Theil werden könnte; eine solche Entschuldigung ist eine Anerkennung unserer Unschuld. Ich aber verlange, daß die Geschworenen auf ein Begnadigungsrecht nicht Rücksicht nehmen, welches ich verwerfe, und daß sie sich einzig und allein von ihrer Pflicht, von dem Recht der Angeklagten auf Gerechtigkeit leiten lassen.</p> <p>General-Prokurator. Ich protestire gegen diese Auslegung meiner Worte.</p> <p>Barbès erhält das Wort. Derselbe hatte die Rede Blanquis unterbrochen, als Blanqui einer Behauptung des General-Prokurators ein Dementi gab, wonach selbst die demokratische Partei, darunter Barbès, die politische Vergangenheit Blanquis desavouirt haben sollte. Barbès erklärt allerdings Blanqui im Revolutionsklub öffentlich angegriffen zu haben, worauf der Angeklagte Flotte aufspringt und mit Heftigkeit für Blanqui Partei nimmt. Barbès wendet sich dann in seiner Anrede an die Geschwornen:</p> <p>Meine ersten Worte in diesem Prozeß waren eine Protestation gegen Eure Autorität; meine letzten Worte können nur eine Wiederholung sein, daß ich in Euch wohl meine Henker aber nicht meine Richter erblicken kann. Ihr habt nicht das Recht mich zu richten, nicht allein weil unsere Vorführung vor Euer Tribunal eine Retroaktivität ist, sondern weil Ihr durch die Nothwendigkeit Eurer Interessen, eine meinen Prinzipien, meiner ganzen Lebensthätigkeit feindliche Kaste seid Die absolute Herrschaft des Kapitals über den Menschen, das ist Euer Gesetz, Eure Ordnung, Eure Gerechtigkeit; gleiches Recht aller Bürger auf die sozialen Wohlthaten, das ist im Gegentheil mein Bekenntniß. Können wir uns von diesen entgegengesetzten Polen des politischen Horizontes hier in anderer Art begegnen, als um aufeinanderzustoßen wie zwei von verschiedener Elektricität gefüllte Gewitterwolken?</p> <p>Sie sind die Stärkeren; schlagen Sie denn zu, meine Herren. Vielleicht bin ich auch in der That noch schuldiger, als man es in diesen Debatten zu sagen wußte, und da das Bekenntniß der Wahrheit hier noch ein Verdienst sein kann, will ich Ihnen ein vollständiges Geständniß machen, um Ihnen Ihre Henkerarbeit zu erleichtern.</p> <p>Die Volkssouveränetät ist nicht der höchste Zweck; sie ist nur ein Mittel, ein Instrument, um den höchsten Zweck, die Wohlfahrt des Volks zu erreichen. Dieser Zweck ist der wahre Souverain; alle sozialen Handlungen müssen auf ihn zurückgehen, und der welcher sich ihm entzieht, ist ein Hochverräther. Das Volk und die Commune von Paris erfüllten gegen diesen Souverän ihre Pflicht, als sie am 31. Mai 1793 die Chefs der girondistischen Majorität aus dem Convent warfen, und ich würde in Erfüllung dieser Pflicht keinen Augenblick anstehen, mich gegen eine Assemblée zu bewaffnen, welche trotz ihres Mandats von dem allgemeinen Stimmrecht, in das Gleis der von den philippistischen 200-Franks-Wählern ernannten Kammern träte. Mein Respekt würde in dieser Hinsicht nicht größer sein für die Assemblée von gegenwärtig 900 Repräsentanten, als er es für die andere zufällige Versammlung von 11 Männern gewesen wäre, welche nach dem 24. Febr. die Republik verwalteten.</p> <p>Aber weder das Eine noch das Andere schien mir im Augenblick von der Nothwendigkeit geboten, und lediglich aus diesem Grunde geschah es, daß ich mich der Demonstration vom 15. Mai widersetzte, welche mir das öffentliche Wohl auf das Spiel zu setzen schien.</p> <p>Ich widersetzte mich der Demonstration bis zum Mittag; als ich aber die reißenden Ereignisse des Tages sah, als ich die Assemblée erstürmt und die Repräsentanten muthlos und zitternd gleich einer scheuen Heerde beim Anblick des Löwen zusammenbrechen sah, da glaubte ich die Gelegenheit günstig, um etwas für die Sache des Volkes zu thun, und ich trat, wie ich als Repräsentant das Recht hatte, auf die Tribüne; um eine Milliarde als Steuer auf die Reichen zu verlangen.</p> <p>Ich wollte nicht weiter gehen, als zur Votirung einiger socialen, revolutionären Maßregeln; ich dachte nicht daran, die Assemblée zu sprengen, und wenn ich es vermogt hätte, ich würde die Auflösungs-Erklärung in dem Munde Huber's verstummen gemacht haben.</p> <p>Aber ich sah die Feigheit und Rathlosigkeit der Repräsentanten die Verwegenheit dieses Decretes justificiren, und vor meiner Seele tauchte der Gedanke an eine andere Pflicht, an eine kühnere Hoffnung auf. Die Anarchie war vollständig; alle constituirten Gewalten hatten in diesem Augenblick aufgehört. Es galt für mich, mein Vaterland zu retten, und unter dem Vortheil der gebotenen Umstände, ein Gouvernement zu bilden, welches auf dem republikanischen Wege nicht schwankte.</p> <p>Mit dem Gedanken begab ich mich nach dem Hotel de Ville, nicht wie die Anklage sagt, von dem Volk fortgerissen, sondern indem ich mich von Zeit zu Zeit umsah, ob das Volk mir auch folgte. Das ist mein Verbrechen in ihren Augen; verurtheilen sie mich dafür. Es ist mir gleichgültig, in einem Kerker zu sterben, da meine besten Hoffnungen getäuscht und unser Vaterland wieder den wüthenden Erpressungen einer herzlosen, feigen, barbarischen Raçe zum Opfer gefallen ist. Möge Frankreich mir verzeihen, daß ich ihm zu Nichts in meinem Leben nützlich sein konnte! Mögen meine unterdrückten Brüder aller Nationen mir verzeihen, daß ich nicht, wie es mein heißestes Streben war, ihnen die Bruderhand meiner edlen und hochherzigen Nation reichen konnte! <hi rendition="#g">Es lebe die sozial-demokratische Republik!</hi> </p> <p>Nachdem die Angeklagten nichts weiter hinzuzufügen erklärt haben und der Präsident in einer der ganzen Prozedur würdigen Weise, voll Gehässigkeit und Parteileidenschaft resumirt hat, treten die Geschwornen um 3 1/4 Uhr in das Berathungszimmer.</p> <p>Um 9 Uhr Abends kehren sie in den Sitzungssaal zurück, wo sie auf die vorgelegten Fragen: Barbes und Albert in allen Theilen für schuldig, Blanqui, Raspail, Flotte, Quentin und Sobrier für schuldig mit mildernden Umständen, und die Angeklagten Courtais, Degré, Larger, Borme, Thomas und Villain für nicht schuldig erklären.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar266b_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 3. April.</head> <p>Die senkrecht rotirenden Druckmaschinen sind für die Zeitungspresse von solcher Wichtigkeit, daß wir nochmals darauf zurückkommen. Bekanntlich werden die hiesigen „Times“ mittelst solcher Maschinen gedruckt. Die tägliche Praxis in dieser Druckerei hat die beiden technischen Einwürfe gegen das vertikale System, nämlich 1) die Bogen aus der horizontalen in die vertikale Lage zu bringen, und 2) die Vertheilung der Schwärze betreffend, vollständig beseitigt. Die mechanischen Vortheile einer ununterbrochenen Kreisbewegung sind wohl bekannt und es wird allgemein zugestanden, daß der Druck der jetzigen „Times“ viel vorzüglicher ist, als zur Zeit, da dieses Journal auf horizontalen Maschinen gedruckt wurde. Um nur Einen Vortheil hervorzuheben: auf der jetzt im Gange befindlichen Maschine werden 40,000 Exemplare hintereinander abgezogen, ohne daß die Typen gebürstet oder die Walzen gewechselt zu werden brauchen. Hr. Applegath, Ingenieur und auf diese Maschine patentirt, weist heute in derselben Times nach, daß mit einigen wenigen Veränderungen an der gedachten Maschine der Times, die jetzt stündlich 10,000 Abdrücke liefert, die Zahl auf der Einen Maschine auf <hi rendition="#g">beiden</hi> Seiten während einer Stunde gedruckten Zeitungsbogen bis zu 16,500 gesteigert werden kann. Vorigen Sommer, bemerkt Hr. Applegath weiter, war ich mit einem angesehenen französischen Drucker bezüglich dieses Gegenstandes in Unterhandlungen. Ich garantirte ihm 15,000 Abzüge per Stunde. Allein ein schwerer häuslicher Unfall meinerseits und wahrscheinlich die öffentlichen Zustände in Paris andrerseits, verhinderten die Abschließung eines Vertrags. Bisher habe ich die Times, deren Bogen 4 Fuß lang und 3 Fuß breit, auf der gedachten Maschine stündlich in 10,00 Exemplaren abgezogen. Nimmt man aber eine Zeitung von kleinerm Format, z. B. „La Presse“, welche halb so groß als die Times ist, so würde sich die Zahl der Abzüge in der nämlichen Zeit verdoppeln und die oben erwähnten Veränderungen an der Maschine vorausgesetzt, würden in der Stunde 33,000 Abzüge geliefert werden.</p> </div> <div xml:id="ar266b_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 4. April.</head> <p>In der gestrigen <hi rendition="#g">Unterhaus</hi> -Sitzung wieder eine irische Debatte ‒ über die zweite Lesung der irischen Supplementar-Armensteuer-Bill. Die „Daley News“ bemerken darüber: „Endlich ist die langweilige Diskussion über die irische Supplementar-Armensteuer zum Schluß gelangt. Niemals wurde eine Debatte mit so unerheblichen Gründen und zugleich solcher Bitterkeit geführt, als diese, und nie der eigentliche Fragepunkt so oft außer Augen gelassen, als bei dieser Gelegenheit. Zum Theil mag dies der durch Robert Peel ausgeführten Diversion beigemessen werden. Denn so wie er's für geeignet gehalten hat, die Leitung wohin immer zu übernehmen, so ist's schwer, ihm nicht zu folgen. Daß die ministerielle Maaßregel ein unwirksames, unangemessenes, übelerwogenes Auskunftsmittel ist, hat man längst auf allen Seiten anerkannt.“</p> <p>Das <hi rendition="#g">Unterhaus</hi> beschäftigte sich im Anfang seiner gestrigen Sitzung mit mehrern Interpellationen über die auswärtige Politik. In Betreff Piemont's wird Palmerston von Urquhart scharf interpellirt. Palmerston bemerkt in seiner Antwort u. A.: „Es ist klar, daß irgend eine Veränderung der Landesgränzen Piemonts eine europäische Frage von höchst ernsthafter Bedeutung sein würde.“ Er versichert zugleich dem Interpellanten, daß Oestreich nicht daran denke, eine Abtretung sardinischen Gebiets zur Friedensbedingung zu machen.</p> <p>Die eigentliche Tagesordnung auf der eine Menge unerquicklicher Gegenstände verzeichnet stehen, wird hierauf vorgenommen. Namentlich ist es wieder eine langweilige irische Debatte, über eine irische Supplementar-Armensteuer ‒ die den größten Theil der Zeit des Unterhauses in Anspruch nimmt und schließlich auf Morgen vertagt wird. Schluß der Sitzung um Mitternacht.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar266b_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 30. März.</head> <p>Die Kavallerie und Artillerie hielten sich ausgezeichnet in der Schlacht von Novara. Sie hatten nicht allein die Oestreicher zu bekämpfen, sondern auch die desertirenden piemontesischen Regimenter, welche auf sie feuerten, nachdem sie aus Reih und Glied gelaufen waren. Piemont, welches am 20. Morgens an 100,000 Mann Linie zählte, wird heute Mühe haben, ihrer 20,000 wiederzufinden.</p> <p>Zu <hi rendition="#g">Chambery</hi> wurde dem General Broglia, der neulich dahin geschickt worden als Divisionskommandant, ein wüthendes Charivari gebracht. Dieser Broglia, einer der verstocktesten Reaktionäre, ist derselbe General, der im vorjährigen Feldzug an der Spitze des Regiments von Savoyen stand und sich durch seine gänzliche Unfähigkeit kompromittirte.</p> <p>Es sind von hier aus Ordonnanzen an den General Marmora geschickt worden, die ihm befehlen, auf Genua loszumarschiren und die Stadt in Belagerungszustand zu versetzen.</p> <p>Die Nationalgarden von Casale haben die Zugänge von Casale tapfer gegen die Oestreicher vertheidigt.</p> <p>Nachdem sie das Schlachtfeld von Novara verlassen, sind die östreichischen Truppen nicht alle in der Lombardei stehen geblieben. Eine Kolonne ist aufgebrochen nach den Kirchenstaaten, die andere nach Toskana. Die Oestreicher waren 45,000 Mann stark zu Novara; sie haben 20,000 Mann in Piemont gelassen und von den übrigen 25,000 disponiblen Mannschaften haben sie einen ziemlich beträchtlichen Theil nach der Lombardei zurückziehen müssen, wegen der Insurrektion, die auf einigen Punkten ausgebrochen und auf allen auszubrechen droht. Die zum Einfall in Centralitalien bestimmten Kolonnen können daher nicht sehr stark sein und selbst ohne große Kraftentwickelung ist die Passage der Apenninen leicht durch die Toskaner zu vertheidigen.</p> <p>Das jetzige Turiner Ministerium ist aus demselben Stoffe, woraus die contrerevolutionären Ministerien in ganz Europa jetzt gemacht werden. An der Spitze Gioberti, der Jesuit. Pinelli und Galvagno engherzige und kleinsinnige Advokaten. Delannay hat seine Sporen in Sardinien und in Chambèry verdient. In Genua endlich eroberte er den Beinamen: „persönlicher Feind der Demokratie“. Nigra repräsentirt die Aristokratie des Geldsacks, Demargherita, die Suprematie der Rabulisterei. Rocca und Mameli sind Nullen. Dies Ministerium ist natürlich wenig populär zu Turin. Das Journal „Le Resorgimento“ selbst, ein „honettes und gemäßigtes“ Blattt, greift es an. Unterdeß spickt der neue König seine Hauptstadt mit den Gardes du Corps, die sich so elend dem Feinde gegenüber benommen haben und ist entschlossen, <hi rendition="#g">Ordnung zu stiften.</hi> Man weiß, was das heißt. Um Ordnung zu machen, bedarf es des Friedens mit Oestreich. Er wird ihn mit der größten Hast abschließen. Die Aristokratie steht hinter ihm und treibt. Diese Elenden verwünschen den Krieg schon, weil er Zwangsanleihen und einige andere Opfer ihnen auferlegte. Hinter der Aristokratie steht wieder die europäische Diplomatie, an ihrer Spitze die französische. Auch sie will die Ordnung, wie <hi rendition="#g">vor dem Februar.</hi> </p> <p>Romarino, der jetzt in der Citadelle von Turin verhaftet sitzt, wurde gerade in demselben Augenblick zu Arona verhaftet, als er nach der Lombardei, also zu Radetzky, entfliehen wollte.</p> <p>Der neue piemontesische König, der mehr Schmerz über den Verlust von sechs Pferden, als über den seiner Armee empfand, soll sich durch einen geheimen Artikel gegen Radetzky verpflichtet haben, die Festungswerke von Alessandria zu schleifen, sobald die Oesterreicher diese Stadt verlassen würden. Es ist übrigens jetzt erwiesen, daß Radetzky dem Karl Albert selbst viel härtere Waffenstillstandsbedingungen gestellt hatte. Sobald er abgedankt hatte, modifizirte Radetzky von selbst, wohlunterrichtet über die Pläne des jetzigen Königs, die entehrendste Bedingung, die Entwaffnung.</p> <p>General Perone ist an den in der Schlacht bei Novara erhaltenen Wunden gestorben. Er war Savoyarde von Geburt und hatte von 1815 bis 1848 in der französischen Armee gedient.</p> <p>Die Plünderung und die Metzeleien dauern im ganzen Novaresischen bis Biella fort. Die Aristokratie und die Pfaffen stehen in Verdacht, diese Art Propaganda für den Marschall Radetzky ermuthigt zu haben.</p> </div> <div xml:id="ar266b_005" type="jArticle"> <head>Mailand, 30. März.</head> <p>Ein Befehl des Gouverneurs von Mailand, Graf von Wimpfen, verordnet, daß, um die Ruhe in der Hauptstadt zu sichern, alle fremden Personen, welche nicht im Besitz von Ausweisschriften sind und sich über ihren Aufenthalt nicht zu rechtfertigen vermögen, festgenommen und an die vom Feldmarschall bestimmten Orte transportirt werden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Südamerika.</head> <div xml:id="ar266b_006" type="jArticle"> <p><bibl><author>*</author></bibl> Die „New-Yorker Handelszeitung“ theilt einen Brief aus Curaçoa vom 6. Februar mit, worin es heißt, daß sich die Provinz Margarita für die demokratische Partei des General Paez erklärt und daß ein Treffen stattgefunden, in welchem der General Marino, von der Partei des Präsidenten Monagas völlig geschlagen und er selbst tödtlich verwundet worden. Auch seien die Provinzen Barcelona und Cumana in offnem Aufstande gegen Monagas.</p> </div> </div> <div> <bibl>Redakteur en chef: <editor>Karl Marx.</editor> </bibl> </div> <div type="jReadersLetters" n="1"> <div xml:id="ar266b_007" type="jArticle"> <head>Aus Thüringen, 4. April.</head> <p>Die gottbegnadigte Bureaukratie schläge in ihrem heiligen Eifer gegen die demokratischen Ketzereien so ergötzlicht Purzelbäume, daß man sich zuweilen den Spaß nicht versagen darf, dieselben etwas näher zu betrachten. Ein Haupttummelplatz federfuchsender Donquixote vom reinsten Geblüte ist Erfurt. Diese Stadt beherbergt nicht allein von Alters her eine gar stattliche Schaar der ausgezeichnetsten politischen Harlekine, sondern ist auch im Vollgenusse der größten Erfindung der neueren Zeit, des Belagerungszustandes. Wiederholte Bitten einiger Irregeführten werden sie dieses Vorzuges nicht berauben, und die jüngste Bittschrift von 1731 Bürgern um Aufhebung desselben wird ebenfalls wohl zu den Akten gelegt werden, so lange der donnerkundige Brandenburg-Kronion durch das welterschütternde Zucken der Augenbraunen eine andere Ansicht an den Tag zu legen geruht. ‒ Man nennt Erfurt zuweilen die Metropole des Thüringerlandes; mit mehr Recht könnte man sie die sächsische Metropole des Belagerungs-Cultus und die Herren v. Voß, Türck, Rochlitz, Hutsteiner und Dufft die hohen Priester desselben nennen. Dieser Cultus hat, wie er in Thüringen geübt wird, daß Ungewöhnliche, das er Herz und Sinn erheitert; und hätte Schiller ihn gekannt, er hätte statt der Götter Griechenlands unsere Belagerungsgötter besungen. Hat nicht ganz Deutschland laut mitgelacht, als es hörte, daß hier trotz Verfassung und sonstigem modernen Schnickschnack die heilige Censur und das Zeitungsverbot wieder eingeführt worden? ‒ In wie ergötzlicher Weise hier die Opferdüfte zum Göttersitze emporsteigen und welch' anmuthige Spiele die neue preußische Ritterschaft den angestammten hohenzollernschen Göttern zu Ehren treibt, mögen Sie aus folgender Anekdote ersehen:</p> <p>Krackrügge verbüßte eben seine Strafe dafür, daß er ein mißhandeltes Mädchen den Klauen seiner Würger entrissen und bei dieser Gelegenheit einen ‒ schaudre Leser! ‒ einen Edelmann beleidigt hatte, als die Märzschauern des vorigen Jahres ins Land fuhren. Krackrügge wanderte aus dem Zuchthause in die Nationalversammlung. Sobald die Camarilla in Potsdam sich wieder einiger Maßen fühlte, wurden ihre Getreuen in Erfurt auch wieder munter. Sie occupirten ein Winkelblättchen, die „Erfurter Zeitung“, füllten es mit den Trebern der „Neuen Preußischen Zeitung“ und ließen Krackrügge in jeder Nummer Gasse laufen. Zum Schlusse der Nationalversammlung erklüngelte man auch ein großartiges, von der braven „Kölnischen Zeitung“ mit Wollust abgedrucktes Mißtrauensvotum gegen denselben. Der Belagerungszustand bot die ersehnte Gelegenheit, Krackrügge's Organ, „den deutschen Stadt- und Landboten“, zu unterdrücken. Krackrügge kehrte gegen Weihnachten zurück. Er wollte sich durch fliegende Blätter bei seinen Wählern rechtfertigen; in Erfurt aber wurde ihm die Druckerlaubniß dazu versagt und, nachdem er die Blätter in Gotha hatte drucken lassen, die Einfuhr und Verbreitung derselben in Erfurt verboten. Daß der mit Krackrügge haltenden Partei keine Wahlversammlung gestattet wurde, versteht sich von selbst. Der Wahltag kam heran, die neuen preußischen Junker glaubten gewonnenes Spiel zu haben und stellten den Ober-Regierungsrath von Tellau als Kandidaten auf. Siehe da! die Junker denken und die Völker lenken. Krackrügge wurde wieder gewählt. Am 9. Februar berichtete die Regierung dem Minister v. Manteuffel (mit Ueberspringung des Oberpräsidenten, an den nach §. 34 des Reglements der Bericht gehen mußte, daß gegen Krackrügge's Wahl nichts zu erinnern sei. Am 10. Februar aber stellt die „Erfurter Zeitung“ die Behauptung auf, Krackrügge sei wegen seiner Zuchthausstrafe nicht mehr im Vollbesitze seiner bürgerlichen Rechte und deshalb nicht wählbar. Dieser anonyme Aufsatz konnte unberücksichtigt bleiben, da das Wahlgesetz nur dem die Wählbarkeit abspricht, wo das richterliche Erkenntniß ausdrücklich die Schmälerung der Ehrenrechte ausgesprochen hat. Inzwischen nahm sich die „Neue Preußische Zeitung“ (Nr. 42) der Sache an und machte der Regierung in Erfurt Vorwürfe, daß sie den Aufsatz der „Erfurter Zeitung“ nicht gehörig würdige. Das Gewünschte war erreicht, nämlich ein Vorwand, Krackrügge's Wahl angreifen zu müssen. Die Erfurter Regierung kennt den amtlichen Charakter der „Neuen Preußischen Zeitung“. Sie weiß, daß sie vor der öffentlichen Meinung gerechtfertigt ist, wenn sie einem Wink des hohenzollernschen Moniteurs nachkommt und beschloß in der Sache das Geeignete zu thun. Herr v. Tellau, derselbe, der gegen Krackrügge durchgefallen war, wurde als Referent bestellt, und auf dessen Vortrag hin am 25. Februar nachfolgender Bericht an von Manteuffel eingeschickt:</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1501/0001]
Beilage zu Nr. 266 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Samstag, 7. April 1849. [Französische Republik] [Fortsetzung] Blanqui. Wenn man bisher noch einen letzten Zweifel über die verächtlichen Leidenschaften hegen konnte, welche hier an meinem Verderben arbeiten, so ist jetzt der Schleier vollständig gefallen. Man hat offen die schwarze Flagge gegen mich aufgezogen, und schreit in voller Mordlust nach meinem Tod…
Präsident. Angeklagter, wenn Sie in dieser Weise fortfahren, entziehe ich Ihnen das Wort.
Blanqui. Ja, es ist nicht der Angeklagte, es ist der ganze Charakter, das ganze Leben des Privatmannes, gegen welches man die wilde Jagd der Verläumdungen und erbärmlichsten Bosheiten losläßt. Man ist gestern auf den 12. Mai 1839 zurückgegangen, um zu behaupten, daß ich meine Vertheidigung damals in derselben Weise wie heute geführt hätte; ich habe nicht nöthig, auf diese Lüge einzugehen, denn ich habe mich damals gar nicht vertheidigt. Diese feige Erfindung kann nicht aus den Journalen jener Zeit geschöpft sein; sie stammt aus den schmutzigen Privatleidenschaften, welche meine Verfolger hier leiten. Hoher Muth, würdige Größe und Gerechtigkeit dieses erlauchten Gerichtshofes, die Angeklagten mit Haß und Verläumdung zu überschütten!
Wahrhaftig! Gestern hat sich der Hr. Generalprokurator gegen einen Journalartikel erhoben und den anwesenden Redakteur als einen Feigen behandelt! Der Generalprokurator aber könnte sich am ersten hüten, den Vorwurf der Feigheit in Anregung zu bringen, der auf ihn selbst zurückfallen kann. Die wüthenden Ausfälle seiner Antwort beweisen, wie sehr sich die Anklage selbst auf den Tod verwundet fühlt, wie sie sich aller, auch der verzweifeltsten und elendsten Mittel gegen das vogelfreie Opfer, den Sündenbock aller Verbrechen Israel's bedient.
… Nun denn, was ist jetzt noch von dieser Anklage übrig geblieben? Haben wir die Regierungsform umstoßen wollen? Der Advokat Bethmont hat bereits diese Absurdität auf ihre ganze Lächerlichkeit zurückgeführt. Wir haben also im schlimmsten Fall das begangen, was Hr. v. Lamartine eine volksthümliche Unbesonnenheit nannte. Der Hr. Generalprokurator selbst hat bei dem Antrag auf unsere Verurtheilung zur Entschuldigung von der Gnade des Präsidenten gesprochen, welche uns zu Theil werden könnte; eine solche Entschuldigung ist eine Anerkennung unserer Unschuld. Ich aber verlange, daß die Geschworenen auf ein Begnadigungsrecht nicht Rücksicht nehmen, welches ich verwerfe, und daß sie sich einzig und allein von ihrer Pflicht, von dem Recht der Angeklagten auf Gerechtigkeit leiten lassen.
General-Prokurator. Ich protestire gegen diese Auslegung meiner Worte.
Barbès erhält das Wort. Derselbe hatte die Rede Blanquis unterbrochen, als Blanqui einer Behauptung des General-Prokurators ein Dementi gab, wonach selbst die demokratische Partei, darunter Barbès, die politische Vergangenheit Blanquis desavouirt haben sollte. Barbès erklärt allerdings Blanqui im Revolutionsklub öffentlich angegriffen zu haben, worauf der Angeklagte Flotte aufspringt und mit Heftigkeit für Blanqui Partei nimmt. Barbès wendet sich dann in seiner Anrede an die Geschwornen:
Meine ersten Worte in diesem Prozeß waren eine Protestation gegen Eure Autorität; meine letzten Worte können nur eine Wiederholung sein, daß ich in Euch wohl meine Henker aber nicht meine Richter erblicken kann. Ihr habt nicht das Recht mich zu richten, nicht allein weil unsere Vorführung vor Euer Tribunal eine Retroaktivität ist, sondern weil Ihr durch die Nothwendigkeit Eurer Interessen, eine meinen Prinzipien, meiner ganzen Lebensthätigkeit feindliche Kaste seid Die absolute Herrschaft des Kapitals über den Menschen, das ist Euer Gesetz, Eure Ordnung, Eure Gerechtigkeit; gleiches Recht aller Bürger auf die sozialen Wohlthaten, das ist im Gegentheil mein Bekenntniß. Können wir uns von diesen entgegengesetzten Polen des politischen Horizontes hier in anderer Art begegnen, als um aufeinanderzustoßen wie zwei von verschiedener Elektricität gefüllte Gewitterwolken?
Sie sind die Stärkeren; schlagen Sie denn zu, meine Herren. Vielleicht bin ich auch in der That noch schuldiger, als man es in diesen Debatten zu sagen wußte, und da das Bekenntniß der Wahrheit hier noch ein Verdienst sein kann, will ich Ihnen ein vollständiges Geständniß machen, um Ihnen Ihre Henkerarbeit zu erleichtern.
Die Volkssouveränetät ist nicht der höchste Zweck; sie ist nur ein Mittel, ein Instrument, um den höchsten Zweck, die Wohlfahrt des Volks zu erreichen. Dieser Zweck ist der wahre Souverain; alle sozialen Handlungen müssen auf ihn zurückgehen, und der welcher sich ihm entzieht, ist ein Hochverräther. Das Volk und die Commune von Paris erfüllten gegen diesen Souverän ihre Pflicht, als sie am 31. Mai 1793 die Chefs der girondistischen Majorität aus dem Convent warfen, und ich würde in Erfüllung dieser Pflicht keinen Augenblick anstehen, mich gegen eine Assemblée zu bewaffnen, welche trotz ihres Mandats von dem allgemeinen Stimmrecht, in das Gleis der von den philippistischen 200-Franks-Wählern ernannten Kammern träte. Mein Respekt würde in dieser Hinsicht nicht größer sein für die Assemblée von gegenwärtig 900 Repräsentanten, als er es für die andere zufällige Versammlung von 11 Männern gewesen wäre, welche nach dem 24. Febr. die Republik verwalteten.
Aber weder das Eine noch das Andere schien mir im Augenblick von der Nothwendigkeit geboten, und lediglich aus diesem Grunde geschah es, daß ich mich der Demonstration vom 15. Mai widersetzte, welche mir das öffentliche Wohl auf das Spiel zu setzen schien.
Ich widersetzte mich der Demonstration bis zum Mittag; als ich aber die reißenden Ereignisse des Tages sah, als ich die Assemblée erstürmt und die Repräsentanten muthlos und zitternd gleich einer scheuen Heerde beim Anblick des Löwen zusammenbrechen sah, da glaubte ich die Gelegenheit günstig, um etwas für die Sache des Volkes zu thun, und ich trat, wie ich als Repräsentant das Recht hatte, auf die Tribüne; um eine Milliarde als Steuer auf die Reichen zu verlangen.
Ich wollte nicht weiter gehen, als zur Votirung einiger socialen, revolutionären Maßregeln; ich dachte nicht daran, die Assemblée zu sprengen, und wenn ich es vermogt hätte, ich würde die Auflösungs-Erklärung in dem Munde Huber's verstummen gemacht haben.
Aber ich sah die Feigheit und Rathlosigkeit der Repräsentanten die Verwegenheit dieses Decretes justificiren, und vor meiner Seele tauchte der Gedanke an eine andere Pflicht, an eine kühnere Hoffnung auf. Die Anarchie war vollständig; alle constituirten Gewalten hatten in diesem Augenblick aufgehört. Es galt für mich, mein Vaterland zu retten, und unter dem Vortheil der gebotenen Umstände, ein Gouvernement zu bilden, welches auf dem republikanischen Wege nicht schwankte.
Mit dem Gedanken begab ich mich nach dem Hotel de Ville, nicht wie die Anklage sagt, von dem Volk fortgerissen, sondern indem ich mich von Zeit zu Zeit umsah, ob das Volk mir auch folgte. Das ist mein Verbrechen in ihren Augen; verurtheilen sie mich dafür. Es ist mir gleichgültig, in einem Kerker zu sterben, da meine besten Hoffnungen getäuscht und unser Vaterland wieder den wüthenden Erpressungen einer herzlosen, feigen, barbarischen Raçe zum Opfer gefallen ist. Möge Frankreich mir verzeihen, daß ich ihm zu Nichts in meinem Leben nützlich sein konnte! Mögen meine unterdrückten Brüder aller Nationen mir verzeihen, daß ich nicht, wie es mein heißestes Streben war, ihnen die Bruderhand meiner edlen und hochherzigen Nation reichen konnte! Es lebe die sozial-demokratische Republik!
Nachdem die Angeklagten nichts weiter hinzuzufügen erklärt haben und der Präsident in einer der ganzen Prozedur würdigen Weise, voll Gehässigkeit und Parteileidenschaft resumirt hat, treten die Geschwornen um 3 1/4 Uhr in das Berathungszimmer.
Um 9 Uhr Abends kehren sie in den Sitzungssaal zurück, wo sie auf die vorgelegten Fragen: Barbes und Albert in allen Theilen für schuldig, Blanqui, Raspail, Flotte, Quentin und Sobrier für schuldig mit mildernden Umständen, und die Angeklagten Courtais, Degré, Larger, Borme, Thomas und Villain für nicht schuldig erklären.
Großbritannien. * London, 3. April. Die senkrecht rotirenden Druckmaschinen sind für die Zeitungspresse von solcher Wichtigkeit, daß wir nochmals darauf zurückkommen. Bekanntlich werden die hiesigen „Times“ mittelst solcher Maschinen gedruckt. Die tägliche Praxis in dieser Druckerei hat die beiden technischen Einwürfe gegen das vertikale System, nämlich 1) die Bogen aus der horizontalen in die vertikale Lage zu bringen, und 2) die Vertheilung der Schwärze betreffend, vollständig beseitigt. Die mechanischen Vortheile einer ununterbrochenen Kreisbewegung sind wohl bekannt und es wird allgemein zugestanden, daß der Druck der jetzigen „Times“ viel vorzüglicher ist, als zur Zeit, da dieses Journal auf horizontalen Maschinen gedruckt wurde. Um nur Einen Vortheil hervorzuheben: auf der jetzt im Gange befindlichen Maschine werden 40,000 Exemplare hintereinander abgezogen, ohne daß die Typen gebürstet oder die Walzen gewechselt zu werden brauchen. Hr. Applegath, Ingenieur und auf diese Maschine patentirt, weist heute in derselben Times nach, daß mit einigen wenigen Veränderungen an der gedachten Maschine der Times, die jetzt stündlich 10,000 Abdrücke liefert, die Zahl auf der Einen Maschine auf beiden Seiten während einer Stunde gedruckten Zeitungsbogen bis zu 16,500 gesteigert werden kann. Vorigen Sommer, bemerkt Hr. Applegath weiter, war ich mit einem angesehenen französischen Drucker bezüglich dieses Gegenstandes in Unterhandlungen. Ich garantirte ihm 15,000 Abzüge per Stunde. Allein ein schwerer häuslicher Unfall meinerseits und wahrscheinlich die öffentlichen Zustände in Paris andrerseits, verhinderten die Abschließung eines Vertrags. Bisher habe ich die Times, deren Bogen 4 Fuß lang und 3 Fuß breit, auf der gedachten Maschine stündlich in 10,00 Exemplaren abgezogen. Nimmt man aber eine Zeitung von kleinerm Format, z. B. „La Presse“, welche halb so groß als die Times ist, so würde sich die Zahl der Abzüge in der nämlichen Zeit verdoppeln und die oben erwähnten Veränderungen an der Maschine vorausgesetzt, würden in der Stunde 33,000 Abzüge geliefert werden.
* London, 4. April. In der gestrigen Unterhaus -Sitzung wieder eine irische Debatte ‒ über die zweite Lesung der irischen Supplementar-Armensteuer-Bill. Die „Daley News“ bemerken darüber: „Endlich ist die langweilige Diskussion über die irische Supplementar-Armensteuer zum Schluß gelangt. Niemals wurde eine Debatte mit so unerheblichen Gründen und zugleich solcher Bitterkeit geführt, als diese, und nie der eigentliche Fragepunkt so oft außer Augen gelassen, als bei dieser Gelegenheit. Zum Theil mag dies der durch Robert Peel ausgeführten Diversion beigemessen werden. Denn so wie er's für geeignet gehalten hat, die Leitung wohin immer zu übernehmen, so ist's schwer, ihm nicht zu folgen. Daß die ministerielle Maaßregel ein unwirksames, unangemessenes, übelerwogenes Auskunftsmittel ist, hat man längst auf allen Seiten anerkannt.“
Das Unterhaus beschäftigte sich im Anfang seiner gestrigen Sitzung mit mehrern Interpellationen über die auswärtige Politik. In Betreff Piemont's wird Palmerston von Urquhart scharf interpellirt. Palmerston bemerkt in seiner Antwort u. A.: „Es ist klar, daß irgend eine Veränderung der Landesgränzen Piemonts eine europäische Frage von höchst ernsthafter Bedeutung sein würde.“ Er versichert zugleich dem Interpellanten, daß Oestreich nicht daran denke, eine Abtretung sardinischen Gebiets zur Friedensbedingung zu machen.
Die eigentliche Tagesordnung auf der eine Menge unerquicklicher Gegenstände verzeichnet stehen, wird hierauf vorgenommen. Namentlich ist es wieder eine langweilige irische Debatte, über eine irische Supplementar-Armensteuer ‒ die den größten Theil der Zeit des Unterhauses in Anspruch nimmt und schließlich auf Morgen vertagt wird. Schluß der Sitzung um Mitternacht.
Italien. * Turin, 30. März. Die Kavallerie und Artillerie hielten sich ausgezeichnet in der Schlacht von Novara. Sie hatten nicht allein die Oestreicher zu bekämpfen, sondern auch die desertirenden piemontesischen Regimenter, welche auf sie feuerten, nachdem sie aus Reih und Glied gelaufen waren. Piemont, welches am 20. Morgens an 100,000 Mann Linie zählte, wird heute Mühe haben, ihrer 20,000 wiederzufinden.
Zu Chambery wurde dem General Broglia, der neulich dahin geschickt worden als Divisionskommandant, ein wüthendes Charivari gebracht. Dieser Broglia, einer der verstocktesten Reaktionäre, ist derselbe General, der im vorjährigen Feldzug an der Spitze des Regiments von Savoyen stand und sich durch seine gänzliche Unfähigkeit kompromittirte.
Es sind von hier aus Ordonnanzen an den General Marmora geschickt worden, die ihm befehlen, auf Genua loszumarschiren und die Stadt in Belagerungszustand zu versetzen.
Die Nationalgarden von Casale haben die Zugänge von Casale tapfer gegen die Oestreicher vertheidigt.
Nachdem sie das Schlachtfeld von Novara verlassen, sind die östreichischen Truppen nicht alle in der Lombardei stehen geblieben. Eine Kolonne ist aufgebrochen nach den Kirchenstaaten, die andere nach Toskana. Die Oestreicher waren 45,000 Mann stark zu Novara; sie haben 20,000 Mann in Piemont gelassen und von den übrigen 25,000 disponiblen Mannschaften haben sie einen ziemlich beträchtlichen Theil nach der Lombardei zurückziehen müssen, wegen der Insurrektion, die auf einigen Punkten ausgebrochen und auf allen auszubrechen droht. Die zum Einfall in Centralitalien bestimmten Kolonnen können daher nicht sehr stark sein und selbst ohne große Kraftentwickelung ist die Passage der Apenninen leicht durch die Toskaner zu vertheidigen.
Das jetzige Turiner Ministerium ist aus demselben Stoffe, woraus die contrerevolutionären Ministerien in ganz Europa jetzt gemacht werden. An der Spitze Gioberti, der Jesuit. Pinelli und Galvagno engherzige und kleinsinnige Advokaten. Delannay hat seine Sporen in Sardinien und in Chambèry verdient. In Genua endlich eroberte er den Beinamen: „persönlicher Feind der Demokratie“. Nigra repräsentirt die Aristokratie des Geldsacks, Demargherita, die Suprematie der Rabulisterei. Rocca und Mameli sind Nullen. Dies Ministerium ist natürlich wenig populär zu Turin. Das Journal „Le Resorgimento“ selbst, ein „honettes und gemäßigtes“ Blattt, greift es an. Unterdeß spickt der neue König seine Hauptstadt mit den Gardes du Corps, die sich so elend dem Feinde gegenüber benommen haben und ist entschlossen, Ordnung zu stiften. Man weiß, was das heißt. Um Ordnung zu machen, bedarf es des Friedens mit Oestreich. Er wird ihn mit der größten Hast abschließen. Die Aristokratie steht hinter ihm und treibt. Diese Elenden verwünschen den Krieg schon, weil er Zwangsanleihen und einige andere Opfer ihnen auferlegte. Hinter der Aristokratie steht wieder die europäische Diplomatie, an ihrer Spitze die französische. Auch sie will die Ordnung, wie vor dem Februar.
Romarino, der jetzt in der Citadelle von Turin verhaftet sitzt, wurde gerade in demselben Augenblick zu Arona verhaftet, als er nach der Lombardei, also zu Radetzky, entfliehen wollte.
Der neue piemontesische König, der mehr Schmerz über den Verlust von sechs Pferden, als über den seiner Armee empfand, soll sich durch einen geheimen Artikel gegen Radetzky verpflichtet haben, die Festungswerke von Alessandria zu schleifen, sobald die Oesterreicher diese Stadt verlassen würden. Es ist übrigens jetzt erwiesen, daß Radetzky dem Karl Albert selbst viel härtere Waffenstillstandsbedingungen gestellt hatte. Sobald er abgedankt hatte, modifizirte Radetzky von selbst, wohlunterrichtet über die Pläne des jetzigen Königs, die entehrendste Bedingung, die Entwaffnung.
General Perone ist an den in der Schlacht bei Novara erhaltenen Wunden gestorben. Er war Savoyarde von Geburt und hatte von 1815 bis 1848 in der französischen Armee gedient.
Die Plünderung und die Metzeleien dauern im ganzen Novaresischen bis Biella fort. Die Aristokratie und die Pfaffen stehen in Verdacht, diese Art Propaganda für den Marschall Radetzky ermuthigt zu haben.
Mailand, 30. März. Ein Befehl des Gouverneurs von Mailand, Graf von Wimpfen, verordnet, daß, um die Ruhe in der Hauptstadt zu sichern, alle fremden Personen, welche nicht im Besitz von Ausweisschriften sind und sich über ihren Aufenthalt nicht zu rechtfertigen vermögen, festgenommen und an die vom Feldmarschall bestimmten Orte transportirt werden.
Südamerika. * Die „New-Yorker Handelszeitung“ theilt einen Brief aus Curaçoa vom 6. Februar mit, worin es heißt, daß sich die Provinz Margarita für die demokratische Partei des General Paez erklärt und daß ein Treffen stattgefunden, in welchem der General Marino, von der Partei des Präsidenten Monagas völlig geschlagen und er selbst tödtlich verwundet worden. Auch seien die Provinzen Barcelona und Cumana in offnem Aufstande gegen Monagas.
Redakteur en chef: Karl Marx. Aus Thüringen, 4. April. Die gottbegnadigte Bureaukratie schläge in ihrem heiligen Eifer gegen die demokratischen Ketzereien so ergötzlicht Purzelbäume, daß man sich zuweilen den Spaß nicht versagen darf, dieselben etwas näher zu betrachten. Ein Haupttummelplatz federfuchsender Donquixote vom reinsten Geblüte ist Erfurt. Diese Stadt beherbergt nicht allein von Alters her eine gar stattliche Schaar der ausgezeichnetsten politischen Harlekine, sondern ist auch im Vollgenusse der größten Erfindung der neueren Zeit, des Belagerungszustandes. Wiederholte Bitten einiger Irregeführten werden sie dieses Vorzuges nicht berauben, und die jüngste Bittschrift von 1731 Bürgern um Aufhebung desselben wird ebenfalls wohl zu den Akten gelegt werden, so lange der donnerkundige Brandenburg-Kronion durch das welterschütternde Zucken der Augenbraunen eine andere Ansicht an den Tag zu legen geruht. ‒ Man nennt Erfurt zuweilen die Metropole des Thüringerlandes; mit mehr Recht könnte man sie die sächsische Metropole des Belagerungs-Cultus und die Herren v. Voß, Türck, Rochlitz, Hutsteiner und Dufft die hohen Priester desselben nennen. Dieser Cultus hat, wie er in Thüringen geübt wird, daß Ungewöhnliche, das er Herz und Sinn erheitert; und hätte Schiller ihn gekannt, er hätte statt der Götter Griechenlands unsere Belagerungsgötter besungen. Hat nicht ganz Deutschland laut mitgelacht, als es hörte, daß hier trotz Verfassung und sonstigem modernen Schnickschnack die heilige Censur und das Zeitungsverbot wieder eingeführt worden? ‒ In wie ergötzlicher Weise hier die Opferdüfte zum Göttersitze emporsteigen und welch' anmuthige Spiele die neue preußische Ritterschaft den angestammten hohenzollernschen Göttern zu Ehren treibt, mögen Sie aus folgender Anekdote ersehen:
Krackrügge verbüßte eben seine Strafe dafür, daß er ein mißhandeltes Mädchen den Klauen seiner Würger entrissen und bei dieser Gelegenheit einen ‒ schaudre Leser! ‒ einen Edelmann beleidigt hatte, als die Märzschauern des vorigen Jahres ins Land fuhren. Krackrügge wanderte aus dem Zuchthause in die Nationalversammlung. Sobald die Camarilla in Potsdam sich wieder einiger Maßen fühlte, wurden ihre Getreuen in Erfurt auch wieder munter. Sie occupirten ein Winkelblättchen, die „Erfurter Zeitung“, füllten es mit den Trebern der „Neuen Preußischen Zeitung“ und ließen Krackrügge in jeder Nummer Gasse laufen. Zum Schlusse der Nationalversammlung erklüngelte man auch ein großartiges, von der braven „Kölnischen Zeitung“ mit Wollust abgedrucktes Mißtrauensvotum gegen denselben. Der Belagerungszustand bot die ersehnte Gelegenheit, Krackrügge's Organ, „den deutschen Stadt- und Landboten“, zu unterdrücken. Krackrügge kehrte gegen Weihnachten zurück. Er wollte sich durch fliegende Blätter bei seinen Wählern rechtfertigen; in Erfurt aber wurde ihm die Druckerlaubniß dazu versagt und, nachdem er die Blätter in Gotha hatte drucken lassen, die Einfuhr und Verbreitung derselben in Erfurt verboten. Daß der mit Krackrügge haltenden Partei keine Wahlversammlung gestattet wurde, versteht sich von selbst. Der Wahltag kam heran, die neuen preußischen Junker glaubten gewonnenes Spiel zu haben und stellten den Ober-Regierungsrath von Tellau als Kandidaten auf. Siehe da! die Junker denken und die Völker lenken. Krackrügge wurde wieder gewählt. Am 9. Februar berichtete die Regierung dem Minister v. Manteuffel (mit Ueberspringung des Oberpräsidenten, an den nach §. 34 des Reglements der Bericht gehen mußte, daß gegen Krackrügge's Wahl nichts zu erinnern sei. Am 10. Februar aber stellt die „Erfurter Zeitung“ die Behauptung auf, Krackrügge sei wegen seiner Zuchthausstrafe nicht mehr im Vollbesitze seiner bürgerlichen Rechte und deshalb nicht wählbar. Dieser anonyme Aufsatz konnte unberücksichtigt bleiben, da das Wahlgesetz nur dem die Wählbarkeit abspricht, wo das richterliche Erkenntniß ausdrücklich die Schmälerung der Ehrenrechte ausgesprochen hat. Inzwischen nahm sich die „Neue Preußische Zeitung“ (Nr. 42) der Sache an und machte der Regierung in Erfurt Vorwürfe, daß sie den Aufsatz der „Erfurter Zeitung“ nicht gehörig würdige. Das Gewünschte war erreicht, nämlich ein Vorwand, Krackrügge's Wahl angreifen zu müssen. Die Erfurter Regierung kennt den amtlichen Charakter der „Neuen Preußischen Zeitung“. Sie weiß, daß sie vor der öffentlichen Meinung gerechtfertigt ist, wenn sie einem Wink des hohenzollernschen Moniteurs nachkommt und beschloß in der Sache das Geeignete zu thun. Herr v. Tellau, derselbe, der gegen Krackrügge durchgefallen war, wurde als Referent bestellt, und auf dessen Vortrag hin am 25. Februar nachfolgender Bericht an von Manteuffel eingeschickt:
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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