Neue Rheinische Zeitung. Nr. 261. Köln, 1. April 1849.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. N: 261. Köln, Sonntag, den 1. April 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 71/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. - Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Mit dem heutigen Tage tritt der bisherige Gerant, Herr Korff, folge gegenseitiger Uebereinkunft aus der Verwaltung der "Neuen Rheinischen Zeitung" aus. Der bisherige Cogerant, Herr Stephan Adolph Naut, übernimmt die Leitung der Verwaltung. Alle geschäftlichen Briefe werden unter der Adresse des Herrn Naut, alle Mittheilungen unter derjenigen der Redaktion erbeten. Uebersicht Deutschland. Köln. (Die Reichskaiser-Deputation.) Xanten. (Illustration zur Habeas-Corpus-Akte.) Berlin. (Klatsch. Kammer.) Wien. (Vermischtes.) Prag. (Der Entwurf der Landesverfassung. - Die Slovanska Lipa.) Dresden. (2te Kammer.) Schleswig. (Die Statthalterschaft.) Kassel. (Civilliste.) Offenburg. (Verweigerung der Landtagswahl.) Freiburg. (Prozeß gegen Struve und Blind.) Frankfurt. (Nationalversammlung.) Ungarn. (Vermischtes.) Pesth. (Verurtheilungen.) Polen. Krakau. (Ministerielle Antwort an die Emigranten. - Die russische Hülfe.) Franz. Republik. Paris. (Vermischtes. - Nationalversammlung.) Großbritannien. London. (Unterhaus. - Zwei Schiffsladungen exkönigliches Eigenthum.) Dänemark. Kopenhagen. (Die neue Friedensbasis. - Dänisches Ultimatum.) Türkei. Konstantinopel. (Ein diplomatisches Aktenstück.) Deutschland. * Köln, 31. März. Gestern Mittag traf die Frankfurter Deputation hier ein, welche dem Könige von Preußen die in vier Abstimmungen durchgefallene, und endlich bei der fünften hängen gebliebene Kaiserkrone anbieten soll. Am Abend beeilten sich die Herren des Bürger- und Heulervereins im schwarzen Frack und weißen Handschuhen, den Abgesandten im Hotel Disch ihre Huldigung darzubringen. Die Herren mochten eben ihre ersten Herzensergüsse ausgetauscht haben, als sich draußen vor dem Hotel zahlreiche Volkshaufen einfanden, um den Frankfurter Vaterlandsrettern unmittelbar, ohne alle vermittelnde Deputationen, ihre Sympathieen an den Tag zu legen. Liebevolle Rufe nach "Soiron", Pfeifen, Trompeten, Küchen-Zimbeln und ähnliche vaterländische Instrumente tönten in einem Conzert zusammen, wie es Heulergemüthern nicht ansprechender geboten werden konnte. Dazwischen erklang plötzlich ein Leierkasten - die Menge schwieg wie auf einen Zauberschlag -, und man hörte die Melodie eines allbekannten, am Rhein zum mindesten auch vaterländischen Liedes, in welches das Volk alsbald einfiel: Allons, enfants de la patrie! Die Herren Deputirten hielten es nöthig, zu ihrem Schutz gegen diese Töne Gensd'armerie und Linienmilitär aufzubieten. Die Truppen luden vor dem Hotel ihre Gewehre, während sicherm Vernehmen nach in der Hausflur zwei literarische Notabilitäten, Herr Brüggemann und Patriot Benedix, einem Stabsoffizier mit ihrer bürgerlichen Weisheit sekundirten, und nur von "Gewaltmaßregeln" gegen das "Lumpengesindel" die Sicherheit der Stadt abhängig machten. Das Militär trieb das Volk mit gewohnter preußischer Humanität auseinander, wobei ein honetter Bürger, der sich eben in's Hotel Disch begeben wollte, von einem Polizeispion und Ex-Lieutenant einen Stockhieb über den Kopf erhielt, daß er blutend zusammenstürzte. Die Frankfurter Deputation möge diese Huldigung der ersten preußischen Stadt, welche sie besuchte, mit in die märkischen Kaiserlande tragen. 35 Xanten, 28. März. Folgende Thatsache liefert einen kleinen Beitrag zu der Art und Weise, wie die Habeas-Corpus-Akte von der gottbegnadeten königlich preußischen Büreaukratie gehandhabt wird. Ein hiesiger Anstreicher hatte zur Feier des 18. März ein Transparent ausgestellt mit der Inschrift: "Hoch den Versprechungen des 18. März 1848". Darunter befand sich ein Galgen, an welchen eine menschliche Figur, auf einer Leiter stehend, einen Vogel aufknüpfte, den die Zuschauer für den preußischen Adler hielten. Die Folge davon war, daß der Bürgermeister, ein uns unlängst aufoctroyirter ehemaliger königlich preußischer Unteroffizier, den folgenden Tag in Begleitung eines Polizisten, in Abwesenheit des Mannes in dessen Wohnung drang und das besagte Gemälde aus der Schlafstube entwendete. Der über diese Rechtsverletzung empörte Mann konnte trotz aller Reklamationen sein Eigenthum nicht wieder erlangen, das wahrscheinlich eine Klage auf Majestätsbeleidigung begründen soll, indem der pfiffige, vielleicht auf einen Orden spekulirende Büreaukrat nichts Eiligeres zu thun hatte, als das Bild wohl verpackt dem Oberprokurator einzuschicken. 115 Münster, 27. März. Das Münstersche Gericht erwirbt immer neue Lorbeeren und Herr Rintelen Excellenz wird gewiß dem guten Rath des Abgeordneten Neumann aus Posen (vide stenogr. Bericht Seite 254) Folge leisten und dieses Gericht neben "meinem trefflichen Heere" ins Kirchengebet aufnehmen lassen. Der Decembergefangene Canonicus v. Schmitz brachte gleichzeitig mit dem Gastwirth Keller aus Dülmen ärztliche Zeugnisse des Hausarztes bei. Keller (katholisch) wurde entlassen. Schmitz (Protestant) bleibt in den verpesteten Räumen des Zuchthauses. In der Nacht des 11. März ist Schmitz dem Wahnsinn nahe vor Schmerz, so daß sein Hilferufen die Mitangeklagten aufweckte. Natürlich konnte bei verschlossenen Thüren Keiner helfen. Am Morgen des 12. stellt Schmitz den Antrag: das Gericht möge, da er auf die bündigsten, ärztlichen Zeugnisse seine Freiheit nicht wieder erlangen könne, von einem langsamen Morde abstehen und ihn a la Windischgrätz zu Pulver und Blei begnadigen. - Keine Antwort! Da schreibt Schmitz nachfolgendes Gesuch an die II. Kammer. Hohe zweite Kammer! Es beruht in der Notorietät, daß die am 11. Decbr. v. J. auf Befehl des Münstersche Stadtgerichts vollzogene Verhaftung von 14 Mitgliedern des am 18. und 19. November getagten sogenannten westfälischen Städtecongresses in dem größten Theile unsres Vaterlandes die tiefste Entrüstung hervorgerufen hat. Wäre nun auch das, von den Münsterschen Richtern beliebte Verfahren bei einer bloßen, vagen Verwechselung Staats- oder Criminalrechtlicher Fragen stehen geblieben, wäre überhaupt nur eine einfache Rechtsverletzung daraus hervorgegangen, so würde auch der ehrerbietig unterzeichnete und zuchthäuslich gemaßregelte Decembergefangene sich mit so vielen Anderen trösten, welche zur Zeit des Novemberconflicts einem contrerevolutionären Auto da fe verfallen sind; aber nicht dies ist es, wodurch sein Rechts- u. Moralitätsgefühl aufs schwerste gekränkt ward, nein, es ist die offenbarste Rechtsverhöhnung, welche seine volle Entrüstung in Anspruch nimmt und dieserhalb die nachfolgende Bitte an die hohe zweite Kammer begründen wird. Seit fast 4 Monaten sitze ich nämlich in den dumpfen, mephytischen Zellen des hiesigen Zuchthauses. Schon vor circa 6 Wochen hat man jedoch, und zwar allmälig, fünf Decembergefangene auf Grund ärztlicher Atteste entlassen, darunter auch drei ehrenwerthe Deputirte aus Westfalen. Meine Gesundheit indessen neigt sich ebenfalls einem bedrohlichen Ende zu, mit ihr der letzte Trost, die letzte Hoffnung einer zahlreichen Familie. Muß doch endlich der stärkste Körper einem ungewohnten Troglodytenleben erliegen! Ich habe deshalb bereits unterm 27. Febr. c. die bündigsten ärztlichsten Atteste beigebracht und nicht destoweniger wird meine Haft durch die Münsterschen Richter offenbar wie es scheint nach dem Grundsatze: car tel est notre plaisire willkürlich und Ausnahmsweise verlängert. Meine Herren Deputirten hoher zweiter Kammer! Ich bin nebst meinen noch übrigen Leidensgefährten lediglich nach Angabe des Haftbefehls darum verhaftet, weil ich am Vereinbarungsprinzip im gesetzlichen Wege, gestützt auf die Königl. Verheißungen des Märzes, festzuhalten versuchte, man hat gegen mich auf Hochverrath, also auf ein schweres Verbrechen los inquirirt! Meine Herren, bescheidentlichst frage ich Sie: "Kann und darf ein Preußisches Gericht Hochverräther Krankheitshalber aus der decretirten Haft entlassen, sprechen nicht die ausdrücklichen Bestimmungen des Landrechts und der Criminalordnung dagegen"? Mithin erscheint das Verfahren der Münsterschen Richter in Beziehung auf mich als ein willkürliches, als ein rechtsverletzendes, als ein rechtsverhöhnendes, denn man hat durch Entlassung kranker Gefangenen faktisch den Beweis geliefert, daß kein Hochverrath vorliegt. Schon ist es mit mir dahin gekommen, daß ich um nur 50 Schritte zu gehen, der Stütze eines Stockes bedarf, die Füße fangen mir an zu schwellen und ich sehe einem jammervollen Tode entgegen, um so jammervoller, als ich mit meiner Familie von einer geringen Pension leben muß und eine Mutter mit drei unmündigen Kindern dem Bettelstabe entgegen geht. Die Münsterschen Richter, indem sie sich gegen mich des beispiellosesten exceptionellen Verfahrens befleißigen, begehen einen prämeditirten, langsamen Mord, sie entblöden sich nicht, lustig in die Fußtapfen eines Georgi und Dambach zu treten, denn meine Herren Deputirten, hören Sie und staunen Sie: Ich bin in meiner Vaterstadt Soest dem Schoose meiner verzweifelnden Familie entrissen worden, weil ich Stadtverordneter, Bürgerschützenschef, weil ich Mitvorsteher des demokratisch-constitutionellen Vereins war; ich bin arretirt worden, weil ich mich der Zuneigung eines großen Theils meiner Mitbürger zu erfreuen hatte, tch bin endlich arretirt worden, damit die Wahl des Exministers Bodelschwingh nicht gefährdet werde oder Concurrenz erleide. Mit einem Worte, der unschuldige Münstersche Congreß lieferte nur den Vorwand zu dem gegen mich verübten Akt einer rohen Gewalt! Ehrenwerthe Volksvertreter der zweiten Kammer! Welcher politischen Meinung Sie nach Ihren Individualitäten auch angehören mögen, so werden Sie Alle doch nicht verkennen, daß eine Rechtsverhöhnung gegen einen Staatsbürger, eine Verhöhnung des Vertrauens ist, Kraft dessen das Volk Sie mit Ihrer Mission betraut hat, und darum wende ich mich um so mehr mit der folgenden Bitte an hohe zweite Kammer, als bei des unbegreiflichen Herrn Rintelen Excellenz die wohlbegründeten Beschwerden, welche ich so wie meine Leidensgefährten ihm vorgetragen, ohne alle Rücksicht geblieben sind. Daher bitte ich: Hohe zweite Kammer wolle geneigtest dahin wirken, daß die gegen mich Seitens der Münsterschen Richter beliebten exceptionellen Maßregeln, als Akte der Willkür erkannt und somit durch meine Entlassung aus den verpesteten Zellen des hiesigen Zuchthauses ein wohl prämeditirter, langsamer Mord verhütet und ein 50jähriger Familienvater nicht länger gemaßregelt werde, der dieselben Ansprüche aufs Dasein hat, wie die so vielfältig von der öffentlichen Meinung interpellirten Richter der westfälischen Hauptstadt. Mit aller Ehrerbietung zeichnend: Ludwig Friedr. v. Schmitz, Canonicus. Münster im Zuchthause, den 22. März 1848. Dieses Gesuch nebst Begleitschreiben an den Abgeordneten D'Ester wird dem Direktor der Strafanstalt übergeben, und während Schmitz glaubt, seine Schreiben seien längst in Berlin, erhält er heute folgendes erbauliche Rescript: "Der Abgang Ihres zur Revision (?!?) vorgelegten Schreibens an den Abgeordneten D'Ester vom 23. l. M. hat wegen der darin enthaltenen Beleidigungen des Gerichts, welches die Criminal-Untersuchung und die Verhaftung wider Sie verfügt hat, Anstand gefunden. Es soll vielmehr nach dessen heutigem Beschlusse mit dem Antrage auf Untersuchung und Bestrafung der Injurien dem Königl. Oberlandesgerichte eingereicht werden. Auch Ihre Eingabe vom 12. März ist in gleicher Veranlassung und mit gleichem Antrage dahin abgegeben, welches Ihnen nachrichtlich eröffnet wird. Münster, den 28. März 1849. Königliches Land- und Stadtgericht. Abtheilung für Untersuchungs-Sachen. Giese. An den Untersuchungs-Gefangenen Herrn Canonicus v. Schmitz hier. - 29. März, Morgens 9 Uhr. So eben marschirt das 11. Husaren-Regiment unter meinem Fenster vorbei nach Schleswig-Holstein! - * Berlin, 29. März. Hr. Professor Urlichs aus Greifswald verlangte bei der Berathung des Preßgesetzes in der vierten Abtheilung, daß zwar Verfolgungen wegen Beleidigung gegen Privatpersonen u. s. w. nur mit Zulassung des Beleidigten stattfinden möchten: Beleidigung gegen die Kammern aber, sollten auch ohne deren Genehmigung verfolgt werden können! Da war nun doch die ganze Abtheilung, auch die schwärzesten Rechten, gemäßigter; diesen Satz ließen Alle fallen außer dem Einzigen. Aber für diesen Durchfall rächte sich das Mitglied für Greifswald, als man nun an den Paragraphen von den guten Sitten kam. Druckschriften gegen "gute Sitten" werden mit Geldbuße bis zu 100 Thlr. oder Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. Ein gelehrtes Mitglied machte den Mann des Alterthums auf einen reich wuchernden Zweig der alten Literatur aufmerksam, und bewies ihm, daß hinfort kein Philologe Ovidium und Aristophanem ediren dürfe, ohne ein Jahr dafür abzusitzen. Hr. Urlichs ging in die Mausefalle, und, um über antikes Faunenthum ein Privilegium für seinen Stand zu erzielen, schlug er das Amendement vor, vor "Druckschriften" das Wort: "neuverfaßte" einzuschieben. So wären freilich Ovidii Amores, Horatii Sermones, Juvenals Satiren, Aristophanis Lysistrata und Luciani Grisettengespräche vor den preußischen Kriminalgerichten salvirt worden, aber auch Aretin, Casanova und die französischen Fabliaux laufen, Dank unserer attischen Biene, künftig frei durch. En voila du grec! Heute Vormittag sind in den verschiedenen Abtheilungen die Mitglieder der Fachkommissionen gewählt worden. Die Linke ist mehr, wie man erwarten konnte, im Vortheil geblieben, sie hat in einigen Kommissionen sogar die Majorität. Wir geben die Wahlen für folgende Kommissionen: *) Agrarverhältnisse: * Jaczkowsky, * v. Schirnding (1. Abtheilung). Klein, * Haber, (2. Abth.). * Elsner, Schwiedler (3. Abth.). Roegel, Fürst Hatzfeld (4. Abth.). * Schmiedicke, * Eckard (5. Abth.). Bismark, Leonhard (6. Abth.). v. Münchhausen, Tegetmeier (7. Abth.). Handel und Gewerbe: * Erbreich, * Freund (1. Abth.). Medersheim, Viebahn (2. Abth.). * Münsberg, Pruß (3. Abth.). Jacobi, Schmidt (4. Abth.). * Pax, * Schmidt [Landshut] (5. Abth.). Osterrath, Johanny (6. Abth.). Thiel [Burscheid], Andritzki (7. Abth.). Finanzen und Zölle: * Müller [Zell], * Messerich, (1. Abth.). Camphausen, Merres (2. Abth.). Plaßmann, v. Merkel (3. Abth.). Herrmann, Müllensiefen (4. Abth.). * Matthaei, * Wenzel [Glatz] (5. Abth.). Harkort, Dohna (6. Abth.). von Beughen, Dötsch (7. Abth.). Justizorganisation: * de Syo, * Eberty (1. Abth). Breithaupt, Müller [Siegen], (2. Abth.). * Schornbaum, * Pelzer [Remscheid] (3. Abth.). Evelt, Wenzel (4. Abth.). * Ziegler, * Knauth (5. Abth.). Staudt, Reygers (6. Abth.). * Immermann, * Parrisius (7. Abth.). Gemeindewesen: * Gierse, Ludwig [Mühlhausen] (1. Abth.). Peschke, Pütz (2. Abth.). Sack, * Kosch (3. Abth.). v. Borries, v. Negelein (4. Abth.). * Stein, * Schaffranneck (5. Abth.) Graf Arnim, v. Saucken (6. Abth.). * Schulze, [Delitzsch] Wagener (7. Abth.). Unterrichtswesen: * Wessel, * Schneeweiß, (1. Abth.). * Schramm, * Richter (2. Abth.). * Jacobi, * Vater (3. Abth.). Urlichs, Fubel (4. Abth.) * Borchard, Dahne (5. Abth.) * Wehmer, Krause (6. Abth.) Bogedain, Kellner (7. Abth.). Die sechste Abtheilung hat Krause zum Mitglied des Centralausschusses für die Preßgesetzgebung ernannt. Die Söhne des Hrn. Potworowski, Mitglied der ersten Kammer, sind ausgewiesen worden. Es waren die Schüler einer hiesigen Lehranstalt, welche der Zorn der Polizei traf. Die Finanzkommission führt mit dem Finanzminister keine sehr friedliche Ehe. Alle Belege, alle Aktenstücke kann sie nur nach langem Zögern dieses Herrn bekommen. So die Rechnungsabschlüsse für 1846 und 1847 und den Etat der Seehandlung, obgleich dieselben durchaus nothwendig sind, um einen klaren Blick in unsere Finanzwirthschaft zu verlangen. Gestern fand in Frankfurt a. d. O. die Wahl des Kommandeurs der Bürgerwehr statt. In der ersten Abstimmung erhielten von 1235 Stimmenden, der Abgeordnete Görz-Wrisberg 1012 Stimmen, der Gegenkandidat, Generallieutenant v. Pochhammer Excellenz, 161 Stimmen, die andern Stimmen waren zersplittert. Wien, 27. März. Nicht alle Minister, sondern nur Schwarzenberg wurde nach Olmütz berufen, um mit dem dort schon seit länger verweilenden Kriegsminister Cordon zu berathen, damit Die mit einem * bezeichneten Mitglieder gehören der Opposition an.
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. N: 261. Köln, Sonntag, den 1. April 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 71/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Mit dem heutigen Tage tritt der bisherige Gerant, Herr Korff, folge gegenseitiger Uebereinkunft aus der Verwaltung der „Neuen Rheinischen Zeitung“ aus. Der bisherige Cogerant, Herr Stephan Adolph Naut, übernimmt die Leitung der Verwaltung. Alle geschäftlichen Briefe werden unter der Adresse des Herrn Naut, alle Mittheilungen unter derjenigen der Redaktion erbeten. Uebersicht Deutschland. Köln. (Die Reichskaiser-Deputation.) Xanten. (Illustration zur Habeas-Corpus-Akte.) Berlin. (Klatsch. Kammer.) Wien. (Vermischtes.) Prag. (Der Entwurf der Landesverfassung. ‒ Die Slovanska Lipa.) Dresden. (2te Kammer.) Schleswig. (Die Statthalterschaft.) Kassel. (Civilliste.) Offenburg. (Verweigerung der Landtagswahl.) Freiburg. (Prozeß gegen Struve und Blind.) Frankfurt. (Nationalversammlung.) Ungarn. (Vermischtes.) Pesth. (Verurtheilungen.) Polen. Krakau. (Ministerielle Antwort an die Emigranten. ‒ Die russische Hülfe.) Franz. Republik. Paris. (Vermischtes. ‒ Nationalversammlung.) Großbritannien. London. (Unterhaus. ‒ Zwei Schiffsladungen exkönigliches Eigenthum.) Dänemark. Kopenhagen. (Die neue Friedensbasis. ‒ Dänisches Ultimatum.) Türkei. Konstantinopel. (Ein diplomatisches Aktenstück.) Deutschland. * Köln, 31. März. Gestern Mittag traf die Frankfurter Deputation hier ein, welche dem Könige von Preußen die in vier Abstimmungen durchgefallene, und endlich bei der fünften hängen gebliebene Kaiserkrone anbieten soll. Am Abend beeilten sich die Herren des Bürger- und Heulervereins im schwarzen Frack und weißen Handschuhen, den Abgesandten im Hotel Disch ihre Huldigung darzubringen. Die Herren mochten eben ihre ersten Herzensergüsse ausgetauscht haben, als sich draußen vor dem Hotel zahlreiche Volkshaufen einfanden, um den Frankfurter Vaterlandsrettern unmittelbar, ohne alle vermittelnde Deputationen, ihre Sympathieen an den Tag zu legen. Liebevolle Rufe nach „Soiron“, Pfeifen, Trompeten, Küchen-Zimbeln und ähnliche vaterländische Instrumente tönten in einem Conzert zusammen, wie es Heulergemüthern nicht ansprechender geboten werden konnte. Dazwischen erklang plötzlich ein Leierkasten ‒ die Menge schwieg wie auf einen Zauberschlag ‒, und man hörte die Melodie eines allbekannten, am Rhein zum mindesten auch vaterländischen Liedes, in welches das Volk alsbald einfiel: Allons, enfants de la patrie! Die Herren Deputirten hielten es nöthig, zu ihrem Schutz gegen diese Töne Gensd'armerie und Linienmilitär aufzubieten. Die Truppen luden vor dem Hotel ihre Gewehre, während sicherm Vernehmen nach in der Hausflur zwei literarische Notabilitäten, Herr Brüggemann und Patriot Benedix, einem Stabsoffizier mit ihrer bürgerlichen Weisheit sekundirten, und nur von „Gewaltmaßregeln“ gegen das „Lumpengesindel“ die Sicherheit der Stadt abhängig machten. Das Militär trieb das Volk mit gewohnter preußischer Humanität auseinander, wobei ein honetter Bürger, der sich eben in's Hotel Disch begeben wollte, von einem Polizeispion und Ex-Lieutenant einen Stockhieb über den Kopf erhielt, daß er blutend zusammenstürzte. Die Frankfurter Deputation möge diese Huldigung der ersten preußischen Stadt, welche sie besuchte, mit in die märkischen Kaiserlande tragen. 35 Xanten, 28. März. Folgende Thatsache liefert einen kleinen Beitrag zu der Art und Weise, wie die Habeas-Corpus-Akte von der gottbegnadeten königlich preußischen Büreaukratie gehandhabt wird. Ein hiesiger Anstreicher hatte zur Feier des 18. März ein Transparent ausgestellt mit der Inschrift: „Hoch den Versprechungen des 18. März 1848“. Darunter befand sich ein Galgen, an welchen eine menschliche Figur, auf einer Leiter stehend, einen Vogel aufknüpfte, den die Zuschauer für den preußischen Adler hielten. Die Folge davon war, daß der Bürgermeister, ein uns unlängst aufoctroyirter ehemaliger königlich preußischer Unteroffizier, den folgenden Tag in Begleitung eines Polizisten, in Abwesenheit des Mannes in dessen Wohnung drang und das besagte Gemälde aus der Schlafstube entwendete. Der über diese Rechtsverletzung empörte Mann konnte trotz aller Reklamationen sein Eigenthum nicht wieder erlangen, das wahrscheinlich eine Klage auf Majestätsbeleidigung begründen soll, indem der pfiffige, vielleicht auf einen Orden spekulirende Büreaukrat nichts Eiligeres zu thun hatte, als das Bild wohl verpackt dem Oberprokurator einzuschicken. 115 Münster, 27. März. Das Münstersche Gericht erwirbt immer neue Lorbeeren und Herr Rintelen Excellenz wird gewiß dem guten Rath des Abgeordneten Neumann aus Posen (vide stenogr. Bericht Seite 254) Folge leisten und dieses Gericht neben „meinem trefflichen Heere“ ins Kirchengebet aufnehmen lassen. Der Decembergefangene Canonicus v. Schmitz brachte gleichzeitig mit dem Gastwirth Keller aus Dülmen ärztliche Zeugnisse des Hausarztes bei. Keller (katholisch) wurde entlassen. Schmitz (Protestant) bleibt in den verpesteten Räumen des Zuchthauses. In der Nacht des 11. März ist Schmitz dem Wahnsinn nahe vor Schmerz, so daß sein Hilferufen die Mitangeklagten aufweckte. Natürlich konnte bei verschlossenen Thüren Keiner helfen. Am Morgen des 12. stellt Schmitz den Antrag: das Gericht möge, da er auf die bündigsten, ärztlichen Zeugnisse seine Freiheit nicht wieder erlangen könne, von einem langsamen Morde abstehen und ihn à la Windischgrätz zu Pulver und Blei begnadigen. ‒ Keine Antwort! Da schreibt Schmitz nachfolgendes Gesuch an die II. Kammer. Hohe zweite Kammer! Es beruht in der Notorietät, daß die am 11. Decbr. v. J. auf Befehl des Münstersche Stadtgerichts vollzogene Verhaftung von 14 Mitgliedern des am 18. und 19. November getagten sogenannten westfälischen Städtecongresses in dem größten Theile unsres Vaterlandes die tiefste Entrüstung hervorgerufen hat. Wäre nun auch das, von den Münsterschen Richtern beliebte Verfahren bei einer bloßen, vagen Verwechselung Staats- oder Criminalrechtlicher Fragen stehen geblieben, wäre überhaupt nur eine einfache Rechtsverletzung daraus hervorgegangen, so würde auch der ehrerbietig unterzeichnete und zuchthäuslich gemaßregelte Decembergefangene sich mit so vielen Anderen trösten, welche zur Zeit des Novemberconflicts einem contrerevolutionären Auto da fe verfallen sind; aber nicht dies ist es, wodurch sein Rechts- u. Moralitätsgefühl aufs schwerste gekränkt ward, nein, es ist die offenbarste Rechtsverhöhnung, welche seine volle Entrüstung in Anspruch nimmt und dieserhalb die nachfolgende Bitte an die hohe zweite Kammer begründen wird. Seit fast 4 Monaten sitze ich nämlich in den dumpfen, mephytischen Zellen des hiesigen Zuchthauses. Schon vor circa 6 Wochen hat man jedoch, und zwar allmälig, fünf Decembergefangene auf Grund ärztlicher Atteste entlassen, darunter auch drei ehrenwerthe Deputirte aus Westfalen. Meine Gesundheit indessen neigt sich ebenfalls einem bedrohlichen Ende zu, mit ihr der letzte Trost, die letzte Hoffnung einer zahlreichen Familie. Muß doch endlich der stärkste Körper einem ungewohnten Troglodytenleben erliegen! Ich habe deshalb bereits unterm 27. Febr. c. die bündigsten ärztlichsten Atteste beigebracht und nicht destoweniger wird meine Haft durch die Münsterschen Richter offenbar wie es scheint nach dem Grundsatze: car tel est notre plaisire willkürlich und Ausnahmsweise verlängert. Meine Herren Deputirten hoher zweiter Kammer! Ich bin nebst meinen noch übrigen Leidensgefährten lediglich nach Angabe des Haftbefehls darum verhaftet, weil ich am Vereinbarungsprinzip im gesetzlichen Wege, gestützt auf die Königl. Verheißungen des Märzes, festzuhalten versuchte, man hat gegen mich auf Hochverrath, also auf ein schweres Verbrechen los inquirirt! Meine Herren, bescheidentlichst frage ich Sie: „Kann und darf ein Preußisches Gericht Hochverräther Krankheitshalber aus der decretirten Haft entlassen, sprechen nicht die ausdrücklichen Bestimmungen des Landrechts und der Criminalordnung dagegen“? Mithin erscheint das Verfahren der Münsterschen Richter in Beziehung auf mich als ein willkürliches, als ein rechtsverletzendes, als ein rechtsverhöhnendes, denn man hat durch Entlassung kranker Gefangenen faktisch den Beweis geliefert, daß kein Hochverrath vorliegt. Schon ist es mit mir dahin gekommen, daß ich um nur 50 Schritte zu gehen, der Stütze eines Stockes bedarf, die Füße fangen mir an zu schwellen und ich sehe einem jammervollen Tode entgegen, um so jammervoller, als ich mit meiner Familie von einer geringen Pension leben muß und eine Mutter mit drei unmündigen Kindern dem Bettelstabe entgegen geht. Die Münsterschen Richter, indem sie sich gegen mich des beispiellosesten exceptionellen Verfahrens befleißigen, begehen einen prämeditirten, langsamen Mord, sie entblöden sich nicht, lustig in die Fußtapfen eines Georgi und Dambach zu treten, denn meine Herren Deputirten, hören Sie und staunen Sie: Ich bin in meiner Vaterstadt Soest dem Schoose meiner verzweifelnden Familie entrissen worden, weil ich Stadtverordneter, Bürgerschützenschef, weil ich Mitvorsteher des demokratisch-constitutionellen Vereins war; ich bin arretirt worden, weil ich mich der Zuneigung eines großen Theils meiner Mitbürger zu erfreuen hatte, tch bin endlich arretirt worden, damit die Wahl des Exministers Bodelschwingh nicht gefährdet werde oder Concurrenz erleide. Mit einem Worte, der unschuldige Münstersche Congreß lieferte nur den Vorwand zu dem gegen mich verübten Akt einer rohen Gewalt! Ehrenwerthe Volksvertreter der zweiten Kammer! Welcher politischen Meinung Sie nach Ihren Individualitäten auch angehören mögen, so werden Sie Alle doch nicht verkennen, daß eine Rechtsverhöhnung gegen einen Staatsbürger, eine Verhöhnung des Vertrauens ist, Kraft dessen das Volk Sie mit Ihrer Mission betraut hat, und darum wende ich mich um so mehr mit der folgenden Bitte an hohe zweite Kammer, als bei des unbegreiflichen Herrn Rintelen Excellenz die wohlbegründeten Beschwerden, welche ich so wie meine Leidensgefährten ihm vorgetragen, ohne alle Rücksicht geblieben sind. Daher bitte ich: Hohe zweite Kammer wolle geneigtest dahin wirken, daß die gegen mich Seitens der Münsterschen Richter beliebten exceptionellen Maßregeln, als Akte der Willkür erkannt und somit durch meine Entlassung aus den verpesteten Zellen des hiesigen Zuchthauses ein wohl prämeditirter, langsamer Mord verhütet und ein 50jähriger Familienvater nicht länger gemaßregelt werde, der dieselben Ansprüche aufs Dasein hat, wie die so vielfältig von der öffentlichen Meinung interpellirten Richter der westfälischen Hauptstadt. Mit aller Ehrerbietung zeichnend: Ludwig Friedr. v. Schmitz, Canonicus. Münster im Zuchthause, den 22. März 1848. Dieses Gesuch nebst Begleitschreiben an den Abgeordneten D'Ester wird dem Direktor der Strafanstalt übergeben, und während Schmitz glaubt, seine Schreiben seien längst in Berlin, erhält er heute folgendes erbauliche Rescript: „Der Abgang Ihres zur Revision (?!?) vorgelegten Schreibens an den Abgeordneten D'Ester vom 23. l. M. hat wegen der darin enthaltenen Beleidigungen des Gerichts, welches die Criminal-Untersuchung und die Verhaftung wider Sie verfügt hat, Anstand gefunden. Es soll vielmehr nach dessen heutigem Beschlusse mit dem Antrage auf Untersuchung und Bestrafung der Injurien dem Königl. Oberlandesgerichte eingereicht werden. Auch Ihre Eingabe vom 12. März ist in gleicher Veranlassung und mit gleichem Antrage dahin abgegeben, welches Ihnen nachrichtlich eröffnet wird. Münster, den 28. März 1849. Königliches Land- und Stadtgericht. Abtheilung für Untersuchungs-Sachen. Giese. An den Untersuchungs-Gefangenen Herrn Canonicus v. Schmitz hier. ‒ 29. März, Morgens 9 Uhr. So eben marschirt das 11. Husaren-Regiment unter meinem Fenster vorbei nach Schleswig-Holstein! ‒ * Berlin, 29. März. Hr. Professor Urlichs aus Greifswald verlangte bei der Berathung des Preßgesetzes in der vierten Abtheilung, daß zwar Verfolgungen wegen Beleidigung gegen Privatpersonen u. s. w. nur mit Zulassung des Beleidigten stattfinden möchten: Beleidigung gegen die Kammern aber, sollten auch ohne deren Genehmigung verfolgt werden können! Da war nun doch die ganze Abtheilung, auch die schwärzesten Rechten, gemäßigter; diesen Satz ließen Alle fallen außer dem Einzigen. Aber für diesen Durchfall rächte sich das Mitglied für Greifswald, als man nun an den Paragraphen von den guten Sitten kam. Druckschriften gegen „gute Sitten“ werden mit Geldbuße bis zu 100 Thlr. oder Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. Ein gelehrtes Mitglied machte den Mann des Alterthums auf einen reich wuchernden Zweig der alten Literatur aufmerksam, und bewies ihm, daß hinfort kein Philologe Ovidium und Aristophanem ediren dürfe, ohne ein Jahr dafür abzusitzen. Hr. Urlichs ging in die Mausefalle, und, um über antikes Faunenthum ein Privilegium für seinen Stand zu erzielen, schlug er das Amendement vor, vor „Druckschriften“ das Wort: „neuverfaßte“ einzuschieben. So wären freilich Ovidii Amores, Horatii Sermones, Juvenals Satiren, Aristophanis Lysistrata und Luciani Grisettengespräche vor den preußischen Kriminalgerichten salvirt worden, aber auch Aretin, Casanova und die französischen Fabliaux laufen, Dank unserer attischen Biene, künftig frei durch. En voilà du grec! Heute Vormittag sind in den verschiedenen Abtheilungen die Mitglieder der Fachkommissionen gewählt worden. Die Linke ist mehr, wie man erwarten konnte, im Vortheil geblieben, sie hat in einigen Kommissionen sogar die Majorität. Wir geben die Wahlen für folgende Kommissionen: *) Agrarverhältnisse: * Jaczkowsky, * v. Schirnding (1. Abtheilung). Klein, * Haber, (2. Abth.). * Elsner, Schwiedler (3. Abth.). Roegel, Fürst Hatzfeld (4. Abth.). * Schmiedicke, * Eckard (5. Abth.). Bismark, Leonhard (6. Abth.). v. Münchhausen, Tegetmeier (7. Abth.). Handel und Gewerbe: * Erbreich, * Freund (1. Abth.). Medersheim, Viebahn (2. Abth.). * Münsberg, Pruß (3. Abth.). Jacobi, Schmidt (4. Abth.). * Pax, * Schmidt [Landshut] (5. Abth.). Osterrath, Johanny (6. Abth.). Thiel [Burscheid], Andritzki (7. Abth.). Finanzen und Zölle: * Müller [Zell], * Messerich, (1. Abth.). Camphausen, Merres (2. Abth.). Plaßmann, v. Merkel (3. Abth.). Herrmann, Müllensiefen (4. Abth.). * Matthaei, * Wenzel [Glatz] (5. Abth.). Harkort, Dohna (6. Abth.). von Beughen, Dötsch (7. Abth.). Justizorganisation: * de Syo, * Eberty (1. Abth). Breithaupt, Müller [Siegen], (2. Abth.). * Schornbaum, * Pelzer [Remscheid] (3. Abth.). Evelt, Wenzel (4. Abth.). * Ziegler, * Knauth (5. Abth.). Staudt, Reygers (6. Abth.). * Immermann, * Parrisius (7. Abth.). Gemeindewesen: * Gierse, Ludwig [Mühlhausen] (1. Abth.). Peschke, Pütz (2. Abth.). Sack, * Kosch (3. Abth.). v. Borries, v. Negelein (4. Abth.). * Stein, * Schaffranneck (5. Abth.) Graf Arnim, v. Saucken (6. Abth.). * Schulze, [Delitzsch] Wagener (7. Abth.). Unterrichtswesen: * Wessel, * Schneeweiß, (1. Abth.). * Schramm, * Richter (2. Abth.). * Jacobi, * Vater (3. Abth.). Urlichs, Fubel (4. Abth.) * Borchard, Dahne (5. Abth.) * Wehmer, Krause (6. Abth.) Bogedain, Kellner (7. Abth.). Die sechste Abtheilung hat Krause zum Mitglied des Centralausschusses für die Preßgesetzgebung ernannt. Die Söhne des Hrn. Potworowski, Mitglied der ersten Kammer, sind ausgewiesen worden. Es waren die Schüler einer hiesigen Lehranstalt, welche der Zorn der Polizei traf. Die Finanzkommission führt mit dem Finanzminister keine sehr friedliche Ehe. Alle Belege, alle Aktenstücke kann sie nur nach langem Zögern dieses Herrn bekommen. So die Rechnungsabschlüsse für 1846 und 1847 und den Etat der Seehandlung, obgleich dieselben durchaus nothwendig sind, um einen klaren Blick in unsere Finanzwirthschaft zu verlangen. Gestern fand in Frankfurt a. d. O. die Wahl des Kommandeurs der Bürgerwehr statt. In der ersten Abstimmung erhielten von 1235 Stimmenden, der Abgeordnete Görz-Wrisberg 1012 Stimmen, der Gegenkandidat, Generallieutenant v. Pochhammer Excellenz, 161 Stimmen, die andern Stimmen waren zersplittert. Wien, 27. März. Nicht alle Minister, sondern nur Schwarzenberg wurde nach Olmütz berufen, um mit dem dort schon seit länger verweilenden Kriegsminister Cordon zu berathen, damit Die mit einem * bezeichneten Mitglieder gehören der Opposition an.
<TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1465"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>N: 261. Köln, Sonntag, den 1. April 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 71/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.</p> <p>Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.</p> <p>Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.</p> <p>Nur frankirte Briefe werden angenommen</p> <p>Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.</p> </div> <div n="1"> <p>Mit dem heutigen Tage tritt der bisherige Gerant, Herr <hi rendition="#g">Korff,</hi> folge gegenseitiger Uebereinkunft aus der Verwaltung der „Neuen Rheinischen Zeitung“ aus.</p> <p>Der bisherige Cogerant, Herr Stephan Adolph <hi rendition="#g">Naut,</hi> übernimmt die Leitung der Verwaltung. Alle geschäftlichen Briefe werden unter der Adresse des Herrn Naut, alle Mittheilungen unter derjenigen der Redaktion erbeten.</p> </div> <div n="1"> <head>Uebersicht</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Köln. (Die Reichskaiser-Deputation.) Xanten. (Illustration zur Habeas-Corpus-Akte.) Berlin. (Klatsch. Kammer.) Wien. (Vermischtes.) Prag. (Der Entwurf der Landesverfassung. ‒ Die Slovanska Lipa.) Dresden. (2te Kammer.) Schleswig. (Die Statthalterschaft.) Kassel. (Civilliste.) Offenburg. (Verweigerung der Landtagswahl.) Freiburg. (Prozeß gegen Struve und Blind.) Frankfurt. (Nationalversammlung.)</p> <p><hi rendition="#g">Ungarn.</hi> (Vermischtes.) Pesth. (Verurtheilungen.)</p> <p><hi rendition="#g">Polen.</hi> Krakau. (Ministerielle Antwort an die Emigranten. ‒ Die russische Hülfe.)</p> <p><hi rendition="#g">Franz. Republik.</hi> Paris. (Vermischtes. ‒ Nationalversammlung.)</p> <p><hi rendition="#g">Großbritannien.</hi> London. (Unterhaus. ‒ Zwei Schiffsladungen exkönigliches Eigenthum.)</p> <p><hi rendition="#g">Dänemark.</hi> Kopenhagen. (Die neue Friedensbasis. ‒ Dänisches Ultimatum.)</p> <p><hi rendition="#g">Türkei.</hi> Konstantinopel. (Ein diplomatisches Aktenstück.)</p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar261-1_001" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 31. März.</head> <p>Gestern Mittag traf die Frankfurter Deputation hier ein, welche dem Könige von Preußen die in vier Abstimmungen durchgefallene, und endlich bei der fünften hängen gebliebene Kaiserkrone anbieten soll. Am Abend beeilten sich die Herren des Bürger- und Heulervereins im schwarzen Frack und weißen Handschuhen, den Abgesandten im Hotel Disch ihre Huldigung darzubringen. Die Herren mochten eben ihre ersten Herzensergüsse ausgetauscht haben, als sich draußen vor dem Hotel zahlreiche Volkshaufen einfanden, um den Frankfurter Vaterlandsrettern unmittelbar, ohne alle vermittelnde Deputationen, ihre Sympathieen an den Tag zu legen. Liebevolle Rufe nach „Soiron“, Pfeifen, Trompeten, Küchen-Zimbeln und ähnliche vaterländische Instrumente tönten in einem Conzert zusammen, wie es Heulergemüthern nicht ansprechender geboten werden konnte. Dazwischen erklang plötzlich ein Leierkasten ‒ die Menge schwieg wie auf einen Zauberschlag ‒, und man hörte die Melodie eines allbekannten, am Rhein zum mindesten <hi rendition="#g">auch</hi> vaterländischen Liedes, in welches das Volk alsbald einfiel:</p> <p>Allons, enfants de la patrie!</p> <p>Die Herren Deputirten hielten es nöthig, zu ihrem Schutz gegen diese Töne Gensd'armerie und Linienmilitär aufzubieten. Die Truppen luden vor dem Hotel ihre Gewehre, während sicherm Vernehmen nach in der Hausflur zwei literarische Notabilitäten, Herr Brüggemann und Patriot Benedix, einem Stabsoffizier mit ihrer bürgerlichen Weisheit sekundirten, und nur von „Gewaltmaßregeln“ gegen das „Lumpengesindel“ die Sicherheit der Stadt abhängig machten. Das Militär trieb das Volk mit gewohnter preußischer Humanität auseinander, wobei ein honetter Bürger, der sich eben in's Hotel Disch begeben wollte, von einem Polizeispion und Ex-Lieutenant einen Stockhieb über den Kopf erhielt, daß er blutend zusammenstürzte.</p> <p>Die Frankfurter Deputation möge diese Huldigung der ersten preußischen Stadt, welche sie besuchte, mit in die märkischen Kaiserlande tragen.</p> </div> <div xml:id="ar261-1_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>35</author></bibl> Xanten, 28. März.</head> <p>Folgende Thatsache liefert einen kleinen Beitrag zu der Art und Weise, wie die Habeas-Corpus-Akte von der gottbegnadeten königlich preußischen Büreaukratie gehandhabt wird. Ein hiesiger Anstreicher hatte zur Feier des 18. März ein Transparent ausgestellt mit der Inschrift: „Hoch den Versprechungen des 18. März 1848“. Darunter befand sich ein Galgen, an welchen eine menschliche Figur, auf einer Leiter stehend, einen Vogel aufknüpfte, den die Zuschauer für den preußischen Adler hielten. Die Folge davon war, daß der Bürgermeister, ein uns unlängst aufoctroyirter ehemaliger königlich preußischer Unteroffizier, den folgenden Tag in Begleitung eines Polizisten, in Abwesenheit des Mannes in dessen Wohnung drang und das besagte Gemälde aus der Schlafstube entwendete. Der über diese Rechtsverletzung empörte Mann konnte trotz aller Reklamationen sein Eigenthum nicht wieder erlangen, das wahrscheinlich eine Klage auf Majestätsbeleidigung begründen soll, indem der pfiffige, vielleicht auf einen Orden spekulirende Büreaukrat nichts Eiligeres zu thun hatte, als das Bild wohl verpackt dem Oberprokurator einzuschicken.</p> </div> <div xml:id="ar261-1_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>115</author></bibl> Münster, 27. März.</head> <p>Das Münstersche Gericht erwirbt immer neue Lorbeeren und Herr Rintelen Excellenz wird gewiß dem guten Rath des Abgeordneten Neumann aus Posen (vide stenogr. Bericht Seite 254) Folge leisten und dieses Gericht neben „meinem trefflichen Heere“ ins Kirchengebet aufnehmen lassen.</p> <p>Der Decembergefangene Canonicus v. Schmitz brachte gleichzeitig mit dem Gastwirth Keller aus Dülmen ärztliche Zeugnisse des Hausarztes bei. Keller (katholisch) wurde entlassen. Schmitz (Protestant) bleibt in den verpesteten Räumen des Zuchthauses. In der Nacht des 11. März ist Schmitz dem Wahnsinn nahe vor Schmerz, so daß sein Hilferufen die Mitangeklagten aufweckte. Natürlich konnte bei verschlossenen Thüren Keiner helfen.</p> <p>Am Morgen des 12. stellt Schmitz den Antrag: das Gericht möge, da er auf die bündigsten, ärztlichen Zeugnisse seine Freiheit nicht wieder erlangen könne, von einem langsamen Morde abstehen und ihn à la Windischgrätz zu Pulver und Blei begnadigen. ‒ Keine Antwort! Da schreibt Schmitz nachfolgendes Gesuch an die II. Kammer.</p> <p>Hohe zweite Kammer!</p> <p>Es beruht in der Notorietät, daß die am 11. Decbr. v. J. auf Befehl des Münstersche Stadtgerichts vollzogene Verhaftung von 14 Mitgliedern des am 18. und 19. November getagten sogenannten westfälischen Städtecongresses in dem größten Theile unsres Vaterlandes die tiefste Entrüstung hervorgerufen hat.</p> <p>Wäre nun auch das, von den Münsterschen Richtern beliebte Verfahren bei einer bloßen, vagen Verwechselung Staats- oder Criminalrechtlicher Fragen stehen geblieben, wäre überhaupt nur eine einfache Rechtsverletzung daraus hervorgegangen, so würde auch der ehrerbietig unterzeichnete und zuchthäuslich gemaßregelte Decembergefangene sich mit so vielen Anderen trösten, welche zur Zeit des Novemberconflicts einem contrerevolutionären Auto da fe verfallen sind; aber nicht dies ist es, wodurch sein Rechts- u. Moralitätsgefühl aufs schwerste gekränkt ward, nein, es ist die offenbarste Rechts<hi rendition="#g">verhöhnung,</hi> welche seine volle Entrüstung in Anspruch nimmt und dieserhalb die nachfolgende Bitte an die hohe zweite Kammer begründen wird.</p> <p>Seit fast 4 Monaten sitze ich nämlich in den dumpfen, mephytischen Zellen des hiesigen Zuchthauses. Schon vor circa 6 Wochen hat man jedoch, und zwar allmälig, fünf Decembergefangene auf Grund ärztlicher Atteste entlassen, darunter auch drei ehrenwerthe Deputirte aus Westfalen. Meine Gesundheit indessen neigt sich ebenfalls einem bedrohlichen Ende zu, mit ihr der letzte Trost, die letzte Hoffnung einer zahlreichen Familie. Muß doch endlich der stärkste Körper einem ungewohnten Troglodytenleben erliegen! Ich habe deshalb bereits unterm 27. Febr. c. die bündigsten ärztlichsten Atteste beigebracht und nicht destoweniger wird meine Haft durch die Münsterschen Richter offenbar wie es scheint nach dem Grundsatze: car tel est notre plaisire willkürlich und <hi rendition="#g">Ausnahmsweise</hi> verlängert.</p> <p>Meine Herren Deputirten hoher zweiter Kammer! Ich bin nebst meinen noch übrigen Leidensgefährten lediglich nach Angabe des Haftbefehls darum verhaftet, weil ich am Vereinbarungsprinzip im gesetzlichen Wege, gestützt auf die Königl. Verheißungen des Märzes, festzuhalten <hi rendition="#g">versuchte,</hi> man hat gegen mich auf Hochverrath, also auf ein schweres Verbrechen los inquirirt! Meine Herren, bescheidentlichst frage ich Sie: „Kann und darf ein Preußisches Gericht Hochverräther Krankheitshalber aus der decretirten Haft entlassen, sprechen nicht die ausdrücklichen Bestimmungen des Landrechts und der Criminalordnung dagegen“?</p> <p>Mithin erscheint das Verfahren der Münsterschen Richter in Beziehung auf mich als ein willkürliches, als ein rechtsverletzendes, als ein rechtsverhöhnendes, denn man hat durch Entlassung kranker Gefangenen faktisch den Beweis geliefert, daß kein Hochverrath vorliegt.</p> <p>Schon ist es mit mir dahin gekommen, daß ich um nur 50 Schritte zu gehen, der Stütze eines Stockes bedarf, die Füße fangen mir an zu schwellen und ich sehe einem jammervollen Tode entgegen, um so jammervoller, als ich mit meiner Familie von einer geringen Pension leben muß und eine Mutter mit drei unmündigen Kindern dem Bettelstabe entgegen geht. Die Münsterschen Richter, indem sie sich gegen mich des beispiellosesten exceptionellen Verfahrens befleißigen, begehen einen prämeditirten, langsamen Mord, sie entblöden sich nicht, lustig in die Fußtapfen eines Georgi und Dambach zu treten, denn meine Herren Deputirten, hören Sie und staunen Sie:</p> <p>Ich bin in meiner Vaterstadt Soest dem Schoose meiner verzweifelnden Familie entrissen worden, <hi rendition="#g">weil</hi> ich Stadtverordneter, Bürgerschützenschef, <hi rendition="#g">weil</hi> ich Mitvorsteher des demokratisch-constitutionellen Vereins war; ich bin arretirt worden, <hi rendition="#g">weil</hi> ich mich der Zuneigung eines großen Theils meiner Mitbürger zu erfreuen hatte, tch bin endlich arretirt worden, damit die Wahl des Exministers Bodelschwingh nicht gefährdet werde oder Concurrenz erleide. Mit einem Worte, der unschuldige Münstersche Congreß lieferte nur den Vorwand zu dem gegen mich verübten Akt einer rohen Gewalt!</p> <p>Ehrenwerthe Volksvertreter der zweiten Kammer! Welcher politischen Meinung Sie nach Ihren Individualitäten auch angehören mögen, so werden Sie Alle doch nicht verkennen, daß eine Rechtsverhöhnung gegen einen Staatsbürger, eine Verhöhnung des Vertrauens ist, Kraft dessen das Volk Sie mit Ihrer Mission betraut hat, und darum wende ich mich um so mehr mit der folgenden Bitte an hohe zweite Kammer, als bei des unbegreiflichen <hi rendition="#g">Herrn Rintelen Excellenz</hi> die wohlbegründeten Beschwerden, welche ich so wie meine Leidensgefährten ihm vorgetragen, ohne alle Rücksicht geblieben sind.</p> <p>Daher bitte ich:</p> <p>Hohe zweite Kammer wolle geneigtest dahin wirken, daß die gegen mich Seitens der Münsterschen Richter beliebten exceptionellen Maßregeln, als Akte der Willkür erkannt und somit durch meine Entlassung aus den verpesteten Zellen des hiesigen Zuchthauses ein wohl prämeditirter, langsamer Mord verhütet und ein 50jähriger Familienvater nicht länger gemaßregelt werde, der dieselben Ansprüche aufs Dasein hat, wie die so vielfältig von der öffentlichen Meinung interpellirten Richter der westfälischen Hauptstadt.</p> <p>Mit aller Ehrerbietung zeichnend:</p> <p> <hi rendition="#g">Ludwig Friedr. v. Schmitz,</hi> </p> <p>Canonicus.</p> <p>Münster im Zuchthause, den 22. März 1848.</p> <p>Dieses Gesuch nebst Begleitschreiben <hi rendition="#g">an den Abgeordneten D'Ester</hi> wird dem Direktor der Strafanstalt übergeben, und während Schmitz glaubt, seine Schreiben seien längst in Berlin, erhält er heute folgendes erbauliche Rescript:</p> <p>„Der Abgang Ihres zur Revision (?!?) vorgelegten Schreibens an den Abgeordneten D'Ester vom 23. l. M. hat wegen der darin enthaltenen Beleidigungen des Gerichts, welches die Criminal-Untersuchung und die Verhaftung wider Sie verfügt hat, Anstand gefunden. Es soll vielmehr nach dessen heutigem Beschlusse mit dem Antrage auf Untersuchung und Bestrafung der Injurien dem Königl. Oberlandesgerichte eingereicht werden.</p> <p>Auch Ihre Eingabe vom 12. März ist in gleicher Veranlassung und mit gleichem Antrage dahin abgegeben, welches Ihnen nachrichtlich eröffnet wird.</p> <p>Münster, den 28. März 1849.</p> <p>Königliches Land- und Stadtgericht. Abtheilung für Untersuchungs-Sachen.</p> <p> <hi rendition="#g">Giese.</hi> </p> <p>An den Untersuchungs-Gefangenen</p> <p>Herrn Canonicus v. Schmitz hier.</p> <p>‒ 29. März, Morgens 9 Uhr. So eben marschirt das 11. Husaren-Regiment unter meinem Fenster vorbei nach Schleswig-Holstein! ‒</p> </div> <div xml:id="ar261-1_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 29. März.</head> <p>Hr. Professor Urlichs aus Greifswald verlangte bei der Berathung des Preßgesetzes in der vierten Abtheilung, daß zwar Verfolgungen wegen Beleidigung gegen Privatpersonen u. s. w. nur mit Zulassung des Beleidigten stattfinden möchten: Beleidigung gegen die Kammern aber, sollten <hi rendition="#g">auch ohne deren Genehmigung</hi> verfolgt werden können! Da war nun doch die ganze Abtheilung, auch die schwärzesten Rechten, gemäßigter; diesen Satz ließen Alle fallen außer dem Einzigen. Aber für diesen Durchfall rächte sich das Mitglied für Greifswald, als man nun an den Paragraphen von den <hi rendition="#g">guten Sitten</hi> kam. Druckschriften gegen „gute Sitten“ werden mit Geldbuße bis zu 100 Thlr. oder Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. Ein gelehrtes Mitglied machte den Mann des Alterthums auf einen reich wuchernden Zweig der alten Literatur aufmerksam, und bewies ihm, daß hinfort kein Philologe Ovidium und Aristophanem ediren dürfe, ohne ein Jahr dafür abzusitzen. Hr. Urlichs ging in die Mausefalle, und, um über antikes Faunenthum ein Privilegium für seinen Stand zu erzielen, schlug er das Amendement vor, vor „Druckschriften“ das Wort: „neuverfaßte“ einzuschieben. So wären freilich Ovidii Amores, Horatii Sermones, Juvenals Satiren, Aristophanis Lysistrata und Luciani Grisettengespräche vor den preußischen Kriminalgerichten salvirt worden, aber auch Aretin, Casanova und die französischen Fabliaux laufen, Dank unserer attischen Biene, künftig frei durch. En voilà du grec!</p> <p>Heute Vormittag sind in den verschiedenen Abtheilungen die Mitglieder der Fachkommissionen gewählt worden. Die Linke ist mehr, wie man erwarten konnte, im Vortheil geblieben, sie hat in einigen Kommissionen sogar die Majorität. Wir geben die Wahlen für folgende Kommissionen: *)<note place="foot">Die mit einem * bezeichneten Mitglieder gehören der Opposition an.</note> </p> <p><hi rendition="#g">Agrarverhältnisse:</hi> * Jaczkowsky, * v. Schirnding (1. Abtheilung). Klein, * Haber, (2. Abth.). * Elsner, Schwiedler (3. Abth.). Roegel, Fürst Hatzfeld (4. Abth.). * Schmiedicke, * Eckard (5. Abth.). Bismark, Leonhard (6. Abth.). v. Münchhausen, Tegetmeier (7. Abth.).</p> <p><hi rendition="#g">Handel und Gewerbe:</hi> * Erbreich, * Freund (1. Abth.). Medersheim, Viebahn (2. Abth.). * Münsberg, Pruß (3. Abth.). Jacobi, Schmidt (4. Abth.). * Pax, * Schmidt [Landshut] (5. Abth.). Osterrath, Johanny (6. Abth.). Thiel [Burscheid], Andritzki (7. Abth.).</p> <p><hi rendition="#g">Finanzen und Zölle:</hi> * Müller [Zell], * Messerich, (1. Abth.). Camphausen, Merres (2. Abth.). Plaßmann, v. Merkel (3. Abth.). Herrmann, Müllensiefen (4. Abth.). * Matthaei, * Wenzel [Glatz] (5. Abth.). Harkort, Dohna (6. Abth.). von Beughen, Dötsch (7. Abth.).</p> <p><hi rendition="#g">Justizorganisation:</hi> * de Syo, * Eberty (1. Abth). Breithaupt, Müller [Siegen], (2. Abth.). * Schornbaum, * Pelzer [Remscheid] (3. Abth.). Evelt, Wenzel (4. Abth.). * Ziegler, * Knauth (5. Abth.). Staudt, Reygers (6. Abth.). * Immermann, * Parrisius (7. Abth.).</p> <p><hi rendition="#g">Gemeindewesen:</hi> * Gierse, Ludwig [Mühlhausen] (1. Abth.). Peschke, Pütz (2. Abth.). Sack, * Kosch (3. Abth.). v. Borries, v. Negelein (4. Abth.). * Stein, * Schaffranneck (5. Abth.) Graf Arnim, v. Saucken (6. Abth.). * Schulze, [Delitzsch] Wagener (7. Abth.).</p> <p><hi rendition="#g">Unterrichtswesen:</hi> * Wessel, * Schneeweiß, (1. Abth.). * Schramm, * Richter (2. Abth.). * Jacobi, * Vater (3. Abth.). Urlichs, Fubel (4. Abth.) * Borchard, Dahne (5. Abth.) * Wehmer, Krause (6. Abth.) Bogedain, Kellner (7. Abth.).</p> <p>Die sechste Abtheilung hat Krause zum Mitglied des Centralausschusses für die Preßgesetzgebung ernannt.</p> <p>Die Söhne des Hrn. Potworowski, Mitglied der ersten Kammer, sind ausgewiesen worden. Es waren die Schüler einer hiesigen Lehranstalt, welche der Zorn der Polizei traf.</p> <p>Die Finanzkommission führt mit dem Finanzminister keine sehr friedliche Ehe. Alle Belege, alle Aktenstücke kann sie nur nach langem Zögern dieses Herrn bekommen. So die Rechnungsabschlüsse für 1846 und 1847 und den Etat der Seehandlung, obgleich dieselben durchaus nothwendig sind, um einen klaren Blick in unsere Finanzwirthschaft zu verlangen.</p> <p>Gestern fand in Frankfurt a. d. O. die Wahl des Kommandeurs der Bürgerwehr statt. In der ersten Abstimmung erhielten von 1235 Stimmenden, der Abgeordnete Görz-Wrisberg 1012 Stimmen, der Gegenkandidat, Generallieutenant v. Pochhammer Excellenz, 161 Stimmen, die andern Stimmen waren zersplittert.</p> </div> <div xml:id="ar261-1_005" type="jArticle"> <head>Wien, 27. März.</head> <p>Nicht alle Minister, sondern nur Schwarzenberg wurde nach Olmütz berufen, um mit dem dort schon seit länger verweilenden Kriegsminister Cordon zu berathen, damit </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1465/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. N: 261. Köln, Sonntag, den 1. April 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 71/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. ‒ Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.
Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.
Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.
Nur frankirte Briefe werden angenommen
Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.
Mit dem heutigen Tage tritt der bisherige Gerant, Herr Korff, folge gegenseitiger Uebereinkunft aus der Verwaltung der „Neuen Rheinischen Zeitung“ aus.
Der bisherige Cogerant, Herr Stephan Adolph Naut, übernimmt die Leitung der Verwaltung. Alle geschäftlichen Briefe werden unter der Adresse des Herrn Naut, alle Mittheilungen unter derjenigen der Redaktion erbeten.
Uebersicht Deutschland. Köln. (Die Reichskaiser-Deputation.) Xanten. (Illustration zur Habeas-Corpus-Akte.) Berlin. (Klatsch. Kammer.) Wien. (Vermischtes.) Prag. (Der Entwurf der Landesverfassung. ‒ Die Slovanska Lipa.) Dresden. (2te Kammer.) Schleswig. (Die Statthalterschaft.) Kassel. (Civilliste.) Offenburg. (Verweigerung der Landtagswahl.) Freiburg. (Prozeß gegen Struve und Blind.) Frankfurt. (Nationalversammlung.)
Ungarn. (Vermischtes.) Pesth. (Verurtheilungen.)
Polen. Krakau. (Ministerielle Antwort an die Emigranten. ‒ Die russische Hülfe.)
Franz. Republik. Paris. (Vermischtes. ‒ Nationalversammlung.)
Großbritannien. London. (Unterhaus. ‒ Zwei Schiffsladungen exkönigliches Eigenthum.)
Dänemark. Kopenhagen. (Die neue Friedensbasis. ‒ Dänisches Ultimatum.)
Türkei. Konstantinopel. (Ein diplomatisches Aktenstück.)
Deutschland. * Köln, 31. März. Gestern Mittag traf die Frankfurter Deputation hier ein, welche dem Könige von Preußen die in vier Abstimmungen durchgefallene, und endlich bei der fünften hängen gebliebene Kaiserkrone anbieten soll. Am Abend beeilten sich die Herren des Bürger- und Heulervereins im schwarzen Frack und weißen Handschuhen, den Abgesandten im Hotel Disch ihre Huldigung darzubringen. Die Herren mochten eben ihre ersten Herzensergüsse ausgetauscht haben, als sich draußen vor dem Hotel zahlreiche Volkshaufen einfanden, um den Frankfurter Vaterlandsrettern unmittelbar, ohne alle vermittelnde Deputationen, ihre Sympathieen an den Tag zu legen. Liebevolle Rufe nach „Soiron“, Pfeifen, Trompeten, Küchen-Zimbeln und ähnliche vaterländische Instrumente tönten in einem Conzert zusammen, wie es Heulergemüthern nicht ansprechender geboten werden konnte. Dazwischen erklang plötzlich ein Leierkasten ‒ die Menge schwieg wie auf einen Zauberschlag ‒, und man hörte die Melodie eines allbekannten, am Rhein zum mindesten auch vaterländischen Liedes, in welches das Volk alsbald einfiel:
Allons, enfants de la patrie!
Die Herren Deputirten hielten es nöthig, zu ihrem Schutz gegen diese Töne Gensd'armerie und Linienmilitär aufzubieten. Die Truppen luden vor dem Hotel ihre Gewehre, während sicherm Vernehmen nach in der Hausflur zwei literarische Notabilitäten, Herr Brüggemann und Patriot Benedix, einem Stabsoffizier mit ihrer bürgerlichen Weisheit sekundirten, und nur von „Gewaltmaßregeln“ gegen das „Lumpengesindel“ die Sicherheit der Stadt abhängig machten. Das Militär trieb das Volk mit gewohnter preußischer Humanität auseinander, wobei ein honetter Bürger, der sich eben in's Hotel Disch begeben wollte, von einem Polizeispion und Ex-Lieutenant einen Stockhieb über den Kopf erhielt, daß er blutend zusammenstürzte.
Die Frankfurter Deputation möge diese Huldigung der ersten preußischen Stadt, welche sie besuchte, mit in die märkischen Kaiserlande tragen.
35 Xanten, 28. März. Folgende Thatsache liefert einen kleinen Beitrag zu der Art und Weise, wie die Habeas-Corpus-Akte von der gottbegnadeten königlich preußischen Büreaukratie gehandhabt wird. Ein hiesiger Anstreicher hatte zur Feier des 18. März ein Transparent ausgestellt mit der Inschrift: „Hoch den Versprechungen des 18. März 1848“. Darunter befand sich ein Galgen, an welchen eine menschliche Figur, auf einer Leiter stehend, einen Vogel aufknüpfte, den die Zuschauer für den preußischen Adler hielten. Die Folge davon war, daß der Bürgermeister, ein uns unlängst aufoctroyirter ehemaliger königlich preußischer Unteroffizier, den folgenden Tag in Begleitung eines Polizisten, in Abwesenheit des Mannes in dessen Wohnung drang und das besagte Gemälde aus der Schlafstube entwendete. Der über diese Rechtsverletzung empörte Mann konnte trotz aller Reklamationen sein Eigenthum nicht wieder erlangen, das wahrscheinlich eine Klage auf Majestätsbeleidigung begründen soll, indem der pfiffige, vielleicht auf einen Orden spekulirende Büreaukrat nichts Eiligeres zu thun hatte, als das Bild wohl verpackt dem Oberprokurator einzuschicken.
115 Münster, 27. März. Das Münstersche Gericht erwirbt immer neue Lorbeeren und Herr Rintelen Excellenz wird gewiß dem guten Rath des Abgeordneten Neumann aus Posen (vide stenogr. Bericht Seite 254) Folge leisten und dieses Gericht neben „meinem trefflichen Heere“ ins Kirchengebet aufnehmen lassen.
Der Decembergefangene Canonicus v. Schmitz brachte gleichzeitig mit dem Gastwirth Keller aus Dülmen ärztliche Zeugnisse des Hausarztes bei. Keller (katholisch) wurde entlassen. Schmitz (Protestant) bleibt in den verpesteten Räumen des Zuchthauses. In der Nacht des 11. März ist Schmitz dem Wahnsinn nahe vor Schmerz, so daß sein Hilferufen die Mitangeklagten aufweckte. Natürlich konnte bei verschlossenen Thüren Keiner helfen.
Am Morgen des 12. stellt Schmitz den Antrag: das Gericht möge, da er auf die bündigsten, ärztlichen Zeugnisse seine Freiheit nicht wieder erlangen könne, von einem langsamen Morde abstehen und ihn à la Windischgrätz zu Pulver und Blei begnadigen. ‒ Keine Antwort! Da schreibt Schmitz nachfolgendes Gesuch an die II. Kammer.
Hohe zweite Kammer!
Es beruht in der Notorietät, daß die am 11. Decbr. v. J. auf Befehl des Münstersche Stadtgerichts vollzogene Verhaftung von 14 Mitgliedern des am 18. und 19. November getagten sogenannten westfälischen Städtecongresses in dem größten Theile unsres Vaterlandes die tiefste Entrüstung hervorgerufen hat.
Wäre nun auch das, von den Münsterschen Richtern beliebte Verfahren bei einer bloßen, vagen Verwechselung Staats- oder Criminalrechtlicher Fragen stehen geblieben, wäre überhaupt nur eine einfache Rechtsverletzung daraus hervorgegangen, so würde auch der ehrerbietig unterzeichnete und zuchthäuslich gemaßregelte Decembergefangene sich mit so vielen Anderen trösten, welche zur Zeit des Novemberconflicts einem contrerevolutionären Auto da fe verfallen sind; aber nicht dies ist es, wodurch sein Rechts- u. Moralitätsgefühl aufs schwerste gekränkt ward, nein, es ist die offenbarste Rechtsverhöhnung, welche seine volle Entrüstung in Anspruch nimmt und dieserhalb die nachfolgende Bitte an die hohe zweite Kammer begründen wird.
Seit fast 4 Monaten sitze ich nämlich in den dumpfen, mephytischen Zellen des hiesigen Zuchthauses. Schon vor circa 6 Wochen hat man jedoch, und zwar allmälig, fünf Decembergefangene auf Grund ärztlicher Atteste entlassen, darunter auch drei ehrenwerthe Deputirte aus Westfalen. Meine Gesundheit indessen neigt sich ebenfalls einem bedrohlichen Ende zu, mit ihr der letzte Trost, die letzte Hoffnung einer zahlreichen Familie. Muß doch endlich der stärkste Körper einem ungewohnten Troglodytenleben erliegen! Ich habe deshalb bereits unterm 27. Febr. c. die bündigsten ärztlichsten Atteste beigebracht und nicht destoweniger wird meine Haft durch die Münsterschen Richter offenbar wie es scheint nach dem Grundsatze: car tel est notre plaisire willkürlich und Ausnahmsweise verlängert.
Meine Herren Deputirten hoher zweiter Kammer! Ich bin nebst meinen noch übrigen Leidensgefährten lediglich nach Angabe des Haftbefehls darum verhaftet, weil ich am Vereinbarungsprinzip im gesetzlichen Wege, gestützt auf die Königl. Verheißungen des Märzes, festzuhalten versuchte, man hat gegen mich auf Hochverrath, also auf ein schweres Verbrechen los inquirirt! Meine Herren, bescheidentlichst frage ich Sie: „Kann und darf ein Preußisches Gericht Hochverräther Krankheitshalber aus der decretirten Haft entlassen, sprechen nicht die ausdrücklichen Bestimmungen des Landrechts und der Criminalordnung dagegen“?
Mithin erscheint das Verfahren der Münsterschen Richter in Beziehung auf mich als ein willkürliches, als ein rechtsverletzendes, als ein rechtsverhöhnendes, denn man hat durch Entlassung kranker Gefangenen faktisch den Beweis geliefert, daß kein Hochverrath vorliegt.
Schon ist es mit mir dahin gekommen, daß ich um nur 50 Schritte zu gehen, der Stütze eines Stockes bedarf, die Füße fangen mir an zu schwellen und ich sehe einem jammervollen Tode entgegen, um so jammervoller, als ich mit meiner Familie von einer geringen Pension leben muß und eine Mutter mit drei unmündigen Kindern dem Bettelstabe entgegen geht. Die Münsterschen Richter, indem sie sich gegen mich des beispiellosesten exceptionellen Verfahrens befleißigen, begehen einen prämeditirten, langsamen Mord, sie entblöden sich nicht, lustig in die Fußtapfen eines Georgi und Dambach zu treten, denn meine Herren Deputirten, hören Sie und staunen Sie:
Ich bin in meiner Vaterstadt Soest dem Schoose meiner verzweifelnden Familie entrissen worden, weil ich Stadtverordneter, Bürgerschützenschef, weil ich Mitvorsteher des demokratisch-constitutionellen Vereins war; ich bin arretirt worden, weil ich mich der Zuneigung eines großen Theils meiner Mitbürger zu erfreuen hatte, tch bin endlich arretirt worden, damit die Wahl des Exministers Bodelschwingh nicht gefährdet werde oder Concurrenz erleide. Mit einem Worte, der unschuldige Münstersche Congreß lieferte nur den Vorwand zu dem gegen mich verübten Akt einer rohen Gewalt!
Ehrenwerthe Volksvertreter der zweiten Kammer! Welcher politischen Meinung Sie nach Ihren Individualitäten auch angehören mögen, so werden Sie Alle doch nicht verkennen, daß eine Rechtsverhöhnung gegen einen Staatsbürger, eine Verhöhnung des Vertrauens ist, Kraft dessen das Volk Sie mit Ihrer Mission betraut hat, und darum wende ich mich um so mehr mit der folgenden Bitte an hohe zweite Kammer, als bei des unbegreiflichen Herrn Rintelen Excellenz die wohlbegründeten Beschwerden, welche ich so wie meine Leidensgefährten ihm vorgetragen, ohne alle Rücksicht geblieben sind.
Daher bitte ich:
Hohe zweite Kammer wolle geneigtest dahin wirken, daß die gegen mich Seitens der Münsterschen Richter beliebten exceptionellen Maßregeln, als Akte der Willkür erkannt und somit durch meine Entlassung aus den verpesteten Zellen des hiesigen Zuchthauses ein wohl prämeditirter, langsamer Mord verhütet und ein 50jähriger Familienvater nicht länger gemaßregelt werde, der dieselben Ansprüche aufs Dasein hat, wie die so vielfältig von der öffentlichen Meinung interpellirten Richter der westfälischen Hauptstadt.
Mit aller Ehrerbietung zeichnend:
Ludwig Friedr. v. Schmitz,
Canonicus.
Münster im Zuchthause, den 22. März 1848.
Dieses Gesuch nebst Begleitschreiben an den Abgeordneten D'Ester wird dem Direktor der Strafanstalt übergeben, und während Schmitz glaubt, seine Schreiben seien längst in Berlin, erhält er heute folgendes erbauliche Rescript:
„Der Abgang Ihres zur Revision (?!?) vorgelegten Schreibens an den Abgeordneten D'Ester vom 23. l. M. hat wegen der darin enthaltenen Beleidigungen des Gerichts, welches die Criminal-Untersuchung und die Verhaftung wider Sie verfügt hat, Anstand gefunden. Es soll vielmehr nach dessen heutigem Beschlusse mit dem Antrage auf Untersuchung und Bestrafung der Injurien dem Königl. Oberlandesgerichte eingereicht werden.
Auch Ihre Eingabe vom 12. März ist in gleicher Veranlassung und mit gleichem Antrage dahin abgegeben, welches Ihnen nachrichtlich eröffnet wird.
Münster, den 28. März 1849.
Königliches Land- und Stadtgericht. Abtheilung für Untersuchungs-Sachen.
Giese.
An den Untersuchungs-Gefangenen
Herrn Canonicus v. Schmitz hier.
‒ 29. März, Morgens 9 Uhr. So eben marschirt das 11. Husaren-Regiment unter meinem Fenster vorbei nach Schleswig-Holstein! ‒
* Berlin, 29. März. Hr. Professor Urlichs aus Greifswald verlangte bei der Berathung des Preßgesetzes in der vierten Abtheilung, daß zwar Verfolgungen wegen Beleidigung gegen Privatpersonen u. s. w. nur mit Zulassung des Beleidigten stattfinden möchten: Beleidigung gegen die Kammern aber, sollten auch ohne deren Genehmigung verfolgt werden können! Da war nun doch die ganze Abtheilung, auch die schwärzesten Rechten, gemäßigter; diesen Satz ließen Alle fallen außer dem Einzigen. Aber für diesen Durchfall rächte sich das Mitglied für Greifswald, als man nun an den Paragraphen von den guten Sitten kam. Druckschriften gegen „gute Sitten“ werden mit Geldbuße bis zu 100 Thlr. oder Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. Ein gelehrtes Mitglied machte den Mann des Alterthums auf einen reich wuchernden Zweig der alten Literatur aufmerksam, und bewies ihm, daß hinfort kein Philologe Ovidium und Aristophanem ediren dürfe, ohne ein Jahr dafür abzusitzen. Hr. Urlichs ging in die Mausefalle, und, um über antikes Faunenthum ein Privilegium für seinen Stand zu erzielen, schlug er das Amendement vor, vor „Druckschriften“ das Wort: „neuverfaßte“ einzuschieben. So wären freilich Ovidii Amores, Horatii Sermones, Juvenals Satiren, Aristophanis Lysistrata und Luciani Grisettengespräche vor den preußischen Kriminalgerichten salvirt worden, aber auch Aretin, Casanova und die französischen Fabliaux laufen, Dank unserer attischen Biene, künftig frei durch. En voilà du grec!
Heute Vormittag sind in den verschiedenen Abtheilungen die Mitglieder der Fachkommissionen gewählt worden. Die Linke ist mehr, wie man erwarten konnte, im Vortheil geblieben, sie hat in einigen Kommissionen sogar die Majorität. Wir geben die Wahlen für folgende Kommissionen: *)
Agrarverhältnisse: * Jaczkowsky, * v. Schirnding (1. Abtheilung). Klein, * Haber, (2. Abth.). * Elsner, Schwiedler (3. Abth.). Roegel, Fürst Hatzfeld (4. Abth.). * Schmiedicke, * Eckard (5. Abth.). Bismark, Leonhard (6. Abth.). v. Münchhausen, Tegetmeier (7. Abth.).
Handel und Gewerbe: * Erbreich, * Freund (1. Abth.). Medersheim, Viebahn (2. Abth.). * Münsberg, Pruß (3. Abth.). Jacobi, Schmidt (4. Abth.). * Pax, * Schmidt [Landshut] (5. Abth.). Osterrath, Johanny (6. Abth.). Thiel [Burscheid], Andritzki (7. Abth.).
Finanzen und Zölle: * Müller [Zell], * Messerich, (1. Abth.). Camphausen, Merres (2. Abth.). Plaßmann, v. Merkel (3. Abth.). Herrmann, Müllensiefen (4. Abth.). * Matthaei, * Wenzel [Glatz] (5. Abth.). Harkort, Dohna (6. Abth.). von Beughen, Dötsch (7. Abth.).
Justizorganisation: * de Syo, * Eberty (1. Abth). Breithaupt, Müller [Siegen], (2. Abth.). * Schornbaum, * Pelzer [Remscheid] (3. Abth.). Evelt, Wenzel (4. Abth.). * Ziegler, * Knauth (5. Abth.). Staudt, Reygers (6. Abth.). * Immermann, * Parrisius (7. Abth.).
Gemeindewesen: * Gierse, Ludwig [Mühlhausen] (1. Abth.). Peschke, Pütz (2. Abth.). Sack, * Kosch (3. Abth.). v. Borries, v. Negelein (4. Abth.). * Stein, * Schaffranneck (5. Abth.) Graf Arnim, v. Saucken (6. Abth.). * Schulze, [Delitzsch] Wagener (7. Abth.).
Unterrichtswesen: * Wessel, * Schneeweiß, (1. Abth.). * Schramm, * Richter (2. Abth.). * Jacobi, * Vater (3. Abth.). Urlichs, Fubel (4. Abth.) * Borchard, Dahne (5. Abth.) * Wehmer, Krause (6. Abth.) Bogedain, Kellner (7. Abth.).
Die sechste Abtheilung hat Krause zum Mitglied des Centralausschusses für die Preßgesetzgebung ernannt.
Die Söhne des Hrn. Potworowski, Mitglied der ersten Kammer, sind ausgewiesen worden. Es waren die Schüler einer hiesigen Lehranstalt, welche der Zorn der Polizei traf.
Die Finanzkommission führt mit dem Finanzminister keine sehr friedliche Ehe. Alle Belege, alle Aktenstücke kann sie nur nach langem Zögern dieses Herrn bekommen. So die Rechnungsabschlüsse für 1846 und 1847 und den Etat der Seehandlung, obgleich dieselben durchaus nothwendig sind, um einen klaren Blick in unsere Finanzwirthschaft zu verlangen.
Gestern fand in Frankfurt a. d. O. die Wahl des Kommandeurs der Bürgerwehr statt. In der ersten Abstimmung erhielten von 1235 Stimmenden, der Abgeordnete Görz-Wrisberg 1012 Stimmen, der Gegenkandidat, Generallieutenant v. Pochhammer Excellenz, 161 Stimmen, die andern Stimmen waren zersplittert.
Wien, 27. März. Nicht alle Minister, sondern nur Schwarzenberg wurde nach Olmütz berufen, um mit dem dort schon seit länger verweilenden Kriegsminister Cordon zu berathen, damit
Die mit einem * bezeichneten Mitglieder gehören der Opposition an.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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