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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 258. Köln, 29. März 1849.

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[Deutschland]

"Ein Reichstags-Beschluß, welcher nach § 140 bei zweiter Berathung von beiden Häusern nochmals gefaßt worden ist, wird auch, wenn die Zustimmung der Reichsregierung nicht erfolgt, mit dem Schlusse des Reichstages zum Gesetze,"

wurde verworfen Nur die Linke stand dafür auf.

Ein zweites Suspensiv-Veto (Antrag von Jülich, Reh, Zell, Mittermeier, Jürgens, Römer als § 107 a. einzuschalten) des Inhalts:

"Ein Reichstagsbeschluß, welcher die Zustimmung der Reichsregierung nicht erlangt hat, darf in derselben Sitzungsperiode nicht wiederholt werden."

"Ist von dem Reichstag in 3 unmittelbar auf einander folgenden ordentlichen Sitzungsperioden derselbe Beschluß unverändert gefaßt worden, so wird derselbe, auch wenn die Zustimmung der Reichsregierung nicht erfolgt, mit dem Schlusse des dritten Reichstages zum Gesetz."

"Eine ordentliche Sitzungsperiode, welche nicht wenigstens 4 Wochen dauert, wird in dieser Reihenfolge nicht mitgezählt"

Dieser Antrag bildet den § 107 a

Der "edle Gagern" stimmte dagegen und befand sich diesmal sogar im Widerspruch mit dem Marine-Rath Jordan aus Berlin und dem dunklen Lasaulx, welche dafür stimmten. Gott, welch ein Minister! Links lachte man ihn furchtbar aus. - Sogar Robert von Mohl sein Excollege stimmte dafür.

Dies Suspensiv-Veto wurde mit 385 Stimmen gegen 127 angenommen. Welch Mißtrauensvotum, wenn der Edle noch Minister wäre!

§ 108 heißt demnach jetzt: "Ein Reichstagsbeschluß ist in folgenden Fällen erforderlich:

1) Wenn es sich um die Erlassung, Aufhebung, Abänderung oder Auslegung von Reichsgesetzen handelt.

2) Wenn der Reichshaushalt festgestellt wird, wenn Anleihen contrahirt werden, wenn das Reich eine im Büdget nicht vorgesehene Ausgabe übernimmt, oder Martricularbeiträge oder Steuern erhebt.

3) Wenn fremde See- und Flußschifffahrt mit höheren Abgaben belegt werden soll.

4) Wenn Landesfestungen zu Reichsfestungen erklärt werden sollen.

5) Wenn Handels-; Schifffahrts- und Auslieferungsverträge mit dem Auslande geschlossen werden, so wie überhaupt völkerrechtliche Verträge, insofern sie das Reich belasten.

6) Wenn nicht zum Reich gehörige Länder oder Landestheile dem deutschen Zollgebiet angeschlossen, oder einzelne Orte oder Gebietstheile von der Zolllinie ausgeschlossen werden sollen.

7) Wenn deutsche Landestheile abgetreten, oder wenn nichtdeutsche Gebiete dem Reiche einverleibt oder auf andere Weise mit demselben verbunden werden sollen.

Die Eile mit der Simson die §§ in der Abstimmung überstürzt, läßt darauf schließen, wenn es nicht vielleicht ein preußischer Kniff ist, um in der eiligst herbeigeführten Oberhauptsfrage nun endlich dem Preußen aus Furcht eine Majorität zu verschaffen.

Von einem verlaßbaren Abgeordneten G. aus Oestreich höre ich, daß bis Morgen die Verfassung (höchst wahrscheinlich den Erbkaiser inbegriffen) fertig gemacht und dann mit Offenlassung der Person des Oberhauptes den Regierungen vorgelegt wird.

Bis zur Erklärung resp. der Annahme Seitens der Regierungen bleibt dann die Versammlung in Frankfurt und beschäftigt sich hie und da mit Allotriis.

Abgang der Post 3/4 7 Uhr. Die Abstimmung dauert noch fort. Schluß Morgen.

Freiburg, 23. März.

Die heutige Sitzung war in so fern besonders merkwürdig, als darin zum erstenmale die Principien der Anklage und Vertheidigung in ganzer Schärfe und Klarheit, ausgesprochen wurden und auf einander trafen. Offenbar ist das eine Art Vorausnahme, in so fern der Principienkampf der Natur der Sache nach, an das Ende der Verhandlungen, in die Schlußreden der Staatsanwälte und der Vertheigiger, gehört. Die Sache war durch die Angeklagten und Vertheidiger durch die bisherige Art der Vertheidigung, namentlich durch fortwährendes Vordrängen von Principiellem, hervorgerufen worden. Heute wurde der erwähnte Kampf von der Staatsanwaltschaft auch von dieser Seite aufgenommen. Der Principienkampf nahm ziemlich die ganze Vormittagssitzung ein. Sodann wurde in dem Zeugenverhör fortgefahren und eine Reihe von Zeugen aus Lörrach, Kandern, Schliengen, Müllheim und Oberweiler vernommen.

Freiburg, 24. März.

Des Zeugenverhör, das heute fortgesetzt wurde, führte nicht so weit, als man von einer siebenstündigen Sitzung erwarten sollte. Dies liegt daran, daß heute zwei kleine, von Struve, und von Struve gemeinsam mit Heinzen verfaßte Broschüren verlesen wurden, und abermals principielle Ausführung einen großen Theil der Zeit in Anspruch nahmen. Von Zeugen trat nachträglich Postmeister Martin auf und erzählte die Vorgänge der Wegnahme der Postkasse in Lörrach und die erfahrne Mißhandlung, die so weit ging, daß er Grund genug zu haben glaubte, um jeden Augenblick seine Hinrichtung befürchten zu müßen. Die weitere Zeugenvernehmung führte nach Müllheim und Umgegend und legte eine Reihe von Gesetzwidrigkeiten dar, die dort am 23 bis 25 Sept. vorfielen. Bis jetzt mögen 70 Zeugen vernommen sein; es bleiben also noch etwa 30 zu vernehmen. Sollten die Verhandlungen auch fernerhin in der bisherigen Ausdehnung geführt werden, so dürfen sie leicht noch beinahe die folgende Woche ausfüllen. Schluß der Sitzung 5 Uhr. Nächste Sitzung Montag den 26 März.

(Fr. Z.)
Französische Republik.
Paris, 26. März.

Der Telegraph stockt gänzlich, denn es schneit seit 24 Stunden unaufhörlich. Heute Vormittag waren alle Höhen um Paris mit zwei Fuß Schnee bedeckt. Der Winter ist förmlich zurückgekehrt... Das Elend wird mit jedem Tage größer.

- Der Moniteur bringt heute das offizielle Sündenregister der rothen Presse aus den Monaten November und December. Die Herzählung der disfälligen Urtelssprechungen füllt zwei enggedruckte Spalten und ist für Liebhaber von Pressprozessen sehr lehrreich. Buchhändler Francois Rouanet, Eduard Vidal, Bocquet Merlieux und Vasbeuter vom Peuple glänzen darin mit bedeutenden Geld- und Gefängnißstrafen. Wir können hinzufügen, daß Vasbenter nicht mehr in Paris, sondern in London ist.

- Alle Truppen sind consignirt. Die Militärgefängnisse mit Gemeinen und Unteroffizieren vollgepfropft, die ihre sozialistische Wißbegierde bei Wasser und Brod büßen.

Der Moniteur setzt seinen Feldzug gegen die rothen Republikaner fort:

"Wir wohnen einem großen Schauspiele bei. Auf der einen Seite sehen wir wie das ganze Land zum Vertrauen, zur Arbeit, zum Wohlstande, mit einem Wort zur Ordnung zurückkehrt. Auf der anderen Seite sehen wir eine Faktion, schwach an Zahl, Tugend und Gelehrsamkeit gegen die ganze Gesellschaft ankämpfen und sich bestreben, ihre Tendenzen und Hoffnungen zu vernichten. Diese Faktion sucht die Gesellschaft noch in den letzten Convulsionen ihrer Agonie zu stören... In Amiens hat man an die Mauern geschlagen: "Blut! das Volk ist der König, es lebe die Gleichheit und die Rache! Ausrottung der Reichen und der Beamten! Gold oder Blut! Schlagt die Reichen todt und verbrennt ihre Häuser!" In Bouziers erdrosselten die Clubisten einen alten Krieger, weil er nicht schreien wollte: Es lebe die demokratisch-soziale Republik! sondern ausrief: Es lebe Napoleon!

.. In Pezenas habe man gebrüllt: Nieder mit den Bonapartisten! Nieder mit dem Präsidenten Louis Napoleon! An die Laterne mit den Carlisten! ... In Lodeve, Saint Clar, Prades u. s. w. habe man die rothe Mütze auf Fahnen durch die Straßen geführt und an letzterem Orte den Unterpräfekten Didier (Sohn des 1816 Gefallenen) fast todt geprügelt. In Nevers hat man aus einem Prostitutionshause auf eine Patrouille gefeuert...."

Mit solchem und ähnlichem Geschwätz sucht Hr. Faucher-Barrot die Sozialisten zu vernichten, Die Sozialisten sind schuld, daß Europa brennt, daß die Baumwollspinnereien stillstehen, die Seidenkultur stockt und die Vieh- und Getreidepreise sinken! Diese Ungeheuer müssen getödtet werden.

Während der Moniteur auf seiner ersten Seite dergestalt gegen die Sozialisten wüthet, meldet er auf seiner zweiten Seite:

"Paris, 26. März. Die Assoziation der Straßenpflaster-Arbeiter gewährt für die Stadt Paris die glücklichsten Folgen. Dieser Assoziation sind so eben die gesammten diesjährigen Pariser Straßenpflaster-Arbeiten im öffentlichen Mindestgebot zugeschlagen worden. Sie leistet die Arbeiten 25 Prozent wohlfeiler als sie der Voranschlag der Meister angab. (Diese 25 Prozent sind somit reiner Gewinn für die Stadt.)"

- Der Moniteur widerlegt die Behauptung, daß der Exgroßherzog von Toskana den Hafen von St. Stephano (bei Nizza) verlassen habe. Derselbe befinde sich noch dort und sei nicht, wie einige Blätter behauptet, nach Gaeta zum Pabst gereist.

- Aus Toulon vom 23. nichts weiter, als daß sich die erste Division zusammenzöge.

Die Marseiller Blätter von demselben Tage schwächen den Eindruck, den eine angebliche Insurrektion der im Fort Iff sitzenden zweihundert polit. Gefangenen in Paris gemacht hatte. Der Kommandant des Forts hatte einigen Gefangenen gestattet, um die Felsenschluchten des Schlosses herum zu fischen. Diese Güte hatten einige Verurtheilte dadurch mißbraucht, daß sie ihre Freunde oder Verwandten mit Fahrzeugen dahin bestellten und dann entwischten. Der Kommandant erließ härtere Tagesbefehle und bat in Marseille um Verstärkung, von wo 200 Mann mehr ins Fort gelegt wurden. Das ist Alles, was wir in den Blättern über die große Insurrektion der gestrigen Pariser Abendblätter lesen.

Aus Lyon besitzen wir Berichte bis zum 25. März. In Rive de Gier und St. Etienne ist zwar die Gährung unter den Arbeitern eher im Steigen als Abnehmen; doch ist bisher noch kein Blut geflossen. Das Militair rückte zeitig ein und nahm - so meldet der Courier de Lyon vom 25. - zwanzig der Haupträdelsführer der Arbeitseinstellung gefangen.

Sehr merkwürdig ist die Gründung eines

"Comptoir du Peuple"

in der Guillotiere, in dessen Prospektus es heißt: unsere Operationen bestehen darin, den Commercants, Marchands und Kleinbürgern (ouvriers sind nicht genannt) Kredit, baares Geld und Arbeit zu verschaffen.

Was wollen die Unzufriedenen mehr verlangen. Zu solcher Concurrenz kann sich Proudhon nur Glück wünschen.

Hört! Hört! Sechs Kapitalisten haben (versichert die Union heute in großer Schrift) bei einem Notarius des Faubourg St. Germain jeder 50,000 Frks. (macht 300,000 Frks.) deponirt, um ein Journal:

"L'Anti Proudhon oder: Le Veritable Ami du Peuple" mit dem Motto: "Aug um Aug, Zahn um Zahn", zu stiften, welches sich zur Aufgabe macht, das Volk vor gänzlicher Vergiftung durch Proudhon's "Peuple" zu retten, und welches in alle Werkstätten und Kasernen gratis vertheilt werden soll. Die erste Nummer des Anti Proudhon erscheint 14 Tage vor den nächsten Wahlen. Granier de Cassagnac und einige andere Redakteure der seligen Epoque werden als Hauptmitarbeiter genannt.

- Proudhon's Volksbank veröffentlicht ihre Bilanz bis zum 25. März:

2592detachirte Aktien12,960 Frs.
5893Coupons2946 Frs.
3682Aktienunterschreibungen18,410 Frs.
Baarbestand34,316 Frs.

An Adherenten zählt sie in Paris 11,355, in Lyon 1054, in Reims 108 und in Besancon 82. Die Bank hofft am 10. April ihre Operationen zu beginnen.

- Wenn man glaubt, daß in Bourges blos Nationalgerichtshof gehalten wird und Alles sehr criminaliter aussieht, so irrt man sich. Es wird im Gegentheil dort viel bankettirt und konspirirt. Sie kennen schon die Details des Banketts, das die hiesigen Rothen so zu sagen unter der Nase der zahllosen Polizeiagenten dem Ledru-Rollin gaben; andere Bankette in kleineren Kreisen finden fast täglich unter Journalisten, Stenographen (Arbeitern und Soldaten) (!) Statt.

Nicht weniger bezeichnend als diese volksthümlichen Regungen sind jedoch die Zusammenkünfte, welche die Hoch-Geschwornen unter sich halten. Diese Kränzchen finden bei Ravez, dem ehemaligen Kammerpräsidenten unter der Restauration Statt, und sind nur politischer Natur. Die Lage der Republik wird darin diskutirt, und soviel uns zu Ohren gekommen, regte man in den ersten Tagen sehr zarte Dinge an, welche im Elysee große Sensation verursachte. Sind wir nicht ganz unglücklich, so gelingt es wohl, den Schleier von diesen Conventikeln noch etwas höher zu heben. Sie sind wichtig, diese Conventikel, da der Gerichtshof aus allen Departements besteht. Ravez wurde von der Gironde als Jüre geschickt.

In jedem Fall geht der Prozeß binnen acht Tagen zu Ende. Er hat die großen Knalleffekthascher gänzlich getäuscht. Heute, Sonntag, war keine Sitzung.

- Nationalversammlung. Sitzung vom 26. März. Marrast besteigt um 11 3/4 Uhr den Präsidentenstuhl.

An der Tagesordnung sind zunächst mehrere Anträge von Städten und ganzen Departements, welche um die Erlaubniß bitten, sich Behufs Beschäftigung ihres Proletariats übersteuern zu dürfen. Dahin gehören: 1. Corsika. 2. Stadt Alby mit 220,000 Fr. 3. Das Sarthedepartement.

Alle diese Uebersteuerungsvorlagen werden mit 576 Stimmen gegen wenige genehmigt.

Dann genehmigt die Versammlung einen Kredit für die republikanische Garde pro 1849 mit 579 gegen 10 Stimmen.

Sarrans überreicht seinen Ausschußbericht über Francisque Bouvets Antrag:

"Auf Abhaltung eines Kongresses aller gebildeten Völker Behufs Herstellung des ewigen Friedens und resp. Abschaffung aller Kriege."

Der Antragsteller präsidirte jüngst bekanntlich den Friedenskongreß in Brüssel und wir werden auf den Bericht zurückkommen. Der Ausschuß beantragt, wie wir hören, vorläufige Verwerfung. (Ah! Ah!)

Statt des Verantwortlichkeitsgesetzes nimmt hierauf die Versammlung das Bautenbudget wieder auf.

Sie war bis zum Kapitel 12 (Flußbauten, Uferbauten etc.) gerückt.

Die Budgetkommission schlägt auf diesen Posten eine Ersparniß von 4,230,000 Fr. vor.

Der Minister Lacrosse will in eine Ermäßigung von 1 1/2 Million willigen, bekämpft aber den Ueberrest.

Ueber diese Ziffer sowohl, als andere Posten entspinnt sich zwischen dem Berichterstatter Stourm und dem Minister eine lange Debatte, die mit Annahme der vorgeschlagenen Reduktion zum großen Nachtheile des Proletariats endigt.

Die Seehäfen gaben zu einer längeren Debatte Veranlassung, die jedoch wenig Interesse bot

Schließlich hob Marrast hervor, daß er die Dringlichkeit beim Kredit für die republikanische Garde vergessen habe, weshalb sich die Versammlung veranlaßt sieht, morgen noch einmal auf diesen Gegenstand zurückzukommen.

Die Sitzung wird um 1/4 vor 6 Uhr geschlossen.

* Bourges, 22. März.

(Prozeßverhandlung.) Die Sitzung beginnt 10 1/2 Uhr.

Zeuge Iwan Golowine, 32 Jahre alt, russischer Flüchtling. Herr v. Lamartine hat gesagt, daß Delegirte von den Clubs in Warschau und Krakau nach Paris gekommen seien; Hr. v. Lamartine täuscht sich vollständig, denn nie haben in Warschau und Krakau Clubs existirt. Der russische Kaiser würde dieselben nicht geduldet haben, und überdies wissen die Einwohner sehr gut, daß in einer Versammlung von 4 Personen sich immer ein Mouchard befindet.

Die Aeußerung, welche der Zeuge Golowine am 15. Mai über die Vertheilung von 10,000 Fr. russischen Geldes gethan haben soll, läugnet derselbe ab.

Zeuge Bracquehaye, 50 Jahre alt, Oberstlieutenant im Generalstabe, erzählt, daß er am 15. Mai Ordre bekommen, nach dem Hotel-de-Ville auszurücken, dann aber wieder Gegenordre erhalten hätte. Da er nichts anzufangen gewußt, und bald darauf von der Cernirung des Hauses Sobrier durch den Commandanten Lallier gehört hätte, sei ihm der "Einfall gekommen", für sein Theil das Haus Villain's zu belagern. Er habe eine "Mausefalle" angelegt, und in der That im Innern mehrere Individuen gefangen genommen.

Präsident. Fanden Sie Patronen in den Zimmern?

Zeuge. Ich weiß nichts davon.

Präsident. Fanden Sie Verdächtiges an Personen oder Gegenständen vor.

Zeuge. Ich weiß nichts davon; ich stand im Hofe und ließ Alles aus der "Mausefalle" herausholen.

Mehrere andere Zeugen werden darüber vernommen, ob Villain Waffen und Munition in seinem Hause gehabt habe; ein Stubenfeger sagt aus, daß er an der Wand einmal ein geladenes Pistol gesehen.

Präsident. Angeklagter Villain, was haben Sie am 15. Mai gemacht?

Villain. Ich überlasse es Ihnen, dies durch die Zeugen feststellen zu lassen. (Gelächter).

Zeuge Montier, 39 Jahre alt, Waffenschmied, erzählt, daß einer seiner Arbeiter, Namens Ley, welcher Mitglied der Gesellschaft der Menschenrechte gewesen, längere Zeit vorher schon Befürchtungen über einen Zusammenstoß am 15. Mai ausgesprochen habe.

Zeuge Sebastian Ley, 40 Jahr alt, Schlosser, erklärt vor dem 15. Mai Barbes von Ansehen, Villain aber gar nicht gekannt zu haben.

Präsident. Sie waren Mitglied der Gesellschaft der Menschenrechte, und kannten Villain nicht, der Präsident daselbst war?

Zeuge. Nein, ich kannte ihn nicht.

Präsident. Sie haben Ihrem Meister die Bewegung vom 15. Mai vorausgesagt?

Zeuge. Ja wohl, nach den Journalen.

Präsident. Sie haben während Ihrer Haft vor dem Instruktionsrichter erklärt, daß die Gesellschaft der Menschenrechte Ordre erhalten hätte, am 15. Mai auszurücken?

Zeuge. Oh, ich wollte in Freiheit gesetzt sein und bejahte Alles, was man wünschte. Ich sagte, ich hätte den Befehl mitauszurücken von 2 Individuen erhalten, von denen der Eine groß, der Andere klein gewesen, und die ich nie gesehen noch gekannt hätte (Gelächter.)

Präsident. Warum haben Sie nach dem 15. Mai Ihren Bart abgeschnitten?

Zeuge. Nach dem 15. Mai schrie man alle Republikaner als Communisten aus, und drohte sie in die Seine zu werfen. Ich hatte keine Lust zu diesen Experimenten und suchte mich durch Abschneiden meines Bartes unkenntlich zu machen.

Präsident. Sie haben indeß vor dem Instruktionsrichter gesagt, daß Sie vor den Mitgliedern der Gesellschaft Furcht gehabt hätten.

Zeuge. Ah, ich sage Ihnen ja, ich sehnte mich nach meiner Entlassung aus dem Gefängniß, und glaubte mich deshalb am Besten vor dem Instruktionsrichter als zweideutiger Republikaner denunziren zu müssen. (Gelächter.)

Präsident. Sie behaupten also, Ihre ganze Belastungsaussage vor dem Instruktionsrichter nur zum Zweck Ihrer Freilassung gegeben zu haben.

Zeuge. (Lebhaft.) Bürger Präsident, wenn ich Garcon gewesen wäre, würde ich in den Casematten gestorben und verfault sein; aber die Casematten sind eine Tortur, eine Angstpresse, wenn man Familienvater ist, wenn man Tag und Nacht das Bild einer Frau und vier Kinder vor Augen hat, die dem Elend und dem Hungertode preisgegeben sind. Ich habe als Familienvater Alles gethan, und ich schäme mich dessen nicht; Bürger Präsident, ich habe jedes Mittel ergriffen, um aus dem Gefängniß zu kommen und die Meinigen durch meiner Hände Arbeit vor dem Verderben retten zu können. (Diesen Worten folgt ein tobender Beifallssturm im Publikum, und der Präsident suchte lange Zeit vergebens die allgemeine Bewegung zu meistern.)

General-Prokurator Baroche. Ich verlange, daß der Zeuge die Sitzung nicht verlasse und zu diesem Zweck von zwei Gensd'armen bewacht werde. (Großer Tumult.)

Villain. Das heißt den Zeugen Gewalt anthun. (Ley nimmt in der Mitte von zwei Gensd'armen auf der Zeugenbank Platz.)

Präsident. Zeuge Ley, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die Strafen auf falsches Zeugniß sehr schwer sind.

Ley. Bürger Präsident, ich habe im Fort gelogen, weil ich nicht Zeuge war; heute bin ich Zeuge, und ich sage die Wahrheit und bin bereit allen Folgen zu trotzen.

Zeuge Lallier, 34 Jahre alt, Schiffskapitain, Ex-Kommandant der Marine-Garde, ist am 15. Mai mit zehn von seinen Leuten in Sobriers Haus gesendet worden, welches bereits von der Nationalgarde bewacht war. Er durchsuchte das Haus, während die Nationalgarde alle Möbel, Tapeten u. s. w. entzwei schlug. Als einige Gardisten plötzlich unter dem Geschrei: "Das Haus fliegt in die Luft! Es ist Pulver im Keller!" die Flucht ergriffen, ging der Zeuge in den Keller, wo er statt des Pulvers nur Wein und einige Kaninchen fand. (Gelächter.) In der Wohnung fand man Kasten mit 100 Gewehren; die Nationalgarde schlug die Weinfässer auf und betrank sich in honett-bürgerlicher, viehischer Weise.

Präsident. Wir schreiten zum Verhör der Entlastungszeugen.

Zeuge Blandin, 28 Jahr alt, Graveur.

Blanqui. Der Zeuge war in dem Delegirten-Corps; er gehörte zu dem Todtenposten des Stadthauses. Ich frage ihn, was ich gethan habe.

Zeuge. Ich sah Herrn Blanqui an dem Posten, und kann versichern daß nicht er, sondern wir es waren, welche den Einlaß von 25 Männern verlangten; wir wollten diese Leute bei uns, weil wir sie als alte Republikaner kannten.

Zeuge Boisaubert, 35 Jahr alt, und Zeuge Gosset, 30 Jahr, Mechaniker, haben Blanqui am Bahnhof der Nordbahn gesehen, wo derselbe die Arbeiter für die Vertagung der Wahlen einzunehmen suchte. Als Blanqui seine Rede beendigt hatte, rief ein Arbeiter: "Und wenn die National-Versammlung schlecht ausfällt, werfen wir sie zu den Fenstern hinaus." Gegen diesen Ruf habe Blanqui auf das Energischste protestirt, da das Volk seine eigne Souveränetät nicht verletzen dürfe.

Zeuge Chaumont, 33 Jahr alt, hat Blanqui an der Nordbahn wie auch in Vauxhall energisch gegen die Theorie protestiren gehört, daß man eine reaktionäre Nationalversammlung gewaltsam fortjagen dürfe.

Zeuge Lavoye, 33 Jahr alt, hat in Vauxhall dasselbe gehört, und erklärt auf Befragen Blanqui's, daß die Arbeiter am 17. März die Vertagung der Wahlen und am 16. April die Bildung eines Fortschrittsministeriums für die Organisation der Arbeit verlangen wollten.

Hierzu eine Beilage.

[Deutschland]

„Ein Reichstags-Beschluß, welcher nach § 140 bei zweiter Berathung von beiden Häusern nochmals gefaßt worden ist, wird auch, wenn die Zustimmung der Reichsregierung nicht erfolgt, mit dem Schlusse des Reichstages zum Gesetze,“

wurde verworfen Nur die Linke stand dafür auf.

Ein zweites Suspensiv-Veto (Antrag von Jülich, Reh, Zell, Mittermeier, Jürgens, Römer als § 107 a. einzuschalten) des Inhalts:

„Ein Reichstagsbeschluß, welcher die Zustimmung der Reichsregierung nicht erlangt hat, darf in derselben Sitzungsperiode nicht wiederholt werden.“

„Ist von dem Reichstag in 3 unmittelbar auf einander folgenden ordentlichen Sitzungsperioden derselbe Beschluß unverändert gefaßt worden, so wird derselbe, auch wenn die Zustimmung der Reichsregierung nicht erfolgt, mit dem Schlusse des dritten Reichstages zum Gesetz.“

„Eine ordentliche Sitzungsperiode, welche nicht wenigstens 4 Wochen dauert, wird in dieser Reihenfolge nicht mitgezählt“

Dieser Antrag bildet den § 107 a

Der „edle Gagern“ stimmte dagegen und befand sich diesmal sogar im Widerspruch mit dem Marine-Rath Jordan aus Berlin und dem dunklen Lasaulx, welche dafür stimmten. Gott, welch ein Minister! Links lachte man ihn furchtbar aus. ‒ Sogar Robert von Mohl sein Excollege stimmte dafür.

Dies Suspensiv-Veto wurde mit 385 Stimmen gegen 127 angenommen. Welch Mißtrauensvotum, wenn der Edle noch Minister wäre!

§ 108 heißt demnach jetzt: „Ein Reichstagsbeschluß ist in folgenden Fällen erforderlich:

1) Wenn es sich um die Erlassung, Aufhebung, Abänderung oder Auslegung von Reichsgesetzen handelt.

2) Wenn der Reichshaushalt festgestellt wird, wenn Anleihen contrahirt werden, wenn das Reich eine im Büdget nicht vorgesehene Ausgabe übernimmt, oder Martricularbeiträge oder Steuern erhebt.

3) Wenn fremde See- und Flußschifffahrt mit höheren Abgaben belegt werden soll.

4) Wenn Landesfestungen zu Reichsfestungen erklärt werden sollen.

5) Wenn Handels-; Schifffahrts- und Auslieferungsverträge mit dem Auslande geschlossen werden, so wie überhaupt völkerrechtliche Verträge, insofern sie das Reich belasten.

6) Wenn nicht zum Reich gehörige Länder oder Landestheile dem deutschen Zollgebiet angeschlossen, oder einzelne Orte oder Gebietstheile von der Zolllinie ausgeschlossen werden sollen.

7) Wenn deutsche Landestheile abgetreten, oder wenn nichtdeutsche Gebiete dem Reiche einverleibt oder auf andere Weise mit demselben verbunden werden sollen.

Die Eile mit der Simson die §§ in der Abstimmung überstürzt, läßt darauf schließen, wenn es nicht vielleicht ein preußischer Kniff ist, um in der eiligst herbeigeführten Oberhauptsfrage nun endlich dem Preußen aus Furcht eine Majorität zu verschaffen.

Von einem verlaßbaren Abgeordneten G. aus Oestreich höre ich, daß bis Morgen die Verfassung (höchst wahrscheinlich den Erbkaiser inbegriffen) fertig gemacht und dann mit Offenlassung der Person des Oberhauptes den Regierungen vorgelegt wird.

Bis zur Erklärung resp. der Annahme Seitens der Regierungen bleibt dann die Versammlung in Frankfurt und beschäftigt sich hie und da mit Allotriis.

Abgang der Post 3/4 7 Uhr. Die Abstimmung dauert noch fort. Schluß Morgen.

Freiburg, 23. März.

Die heutige Sitzung war in so fern besonders merkwürdig, als darin zum erstenmale die Principien der Anklage und Vertheidigung in ganzer Schärfe und Klarheit, ausgesprochen wurden und auf einander trafen. Offenbar ist das eine Art Vorausnahme, in so fern der Principienkampf der Natur der Sache nach, an das Ende der Verhandlungen, in die Schlußreden der Staatsanwälte und der Vertheigiger, gehört. Die Sache war durch die Angeklagten und Vertheidiger durch die bisherige Art der Vertheidigung, namentlich durch fortwährendes Vordrängen von Principiellem, hervorgerufen worden. Heute wurde der erwähnte Kampf von der Staatsanwaltschaft auch von dieser Seite aufgenommen. Der Principienkampf nahm ziemlich die ganze Vormittagssitzung ein. Sodann wurde in dem Zeugenverhör fortgefahren und eine Reihe von Zeugen aus Lörrach, Kandern, Schliengen, Müllheim und Oberweiler vernommen.

Freiburg, 24. März.

Des Zeugenverhör, das heute fortgesetzt wurde, führte nicht so weit, als man von einer siebenstündigen Sitzung erwarten sollte. Dies liegt daran, daß heute zwei kleine, von Struve, und von Struve gemeinsam mit Heinzen verfaßte Broschüren verlesen wurden, und abermals principielle Ausführung einen großen Theil der Zeit in Anspruch nahmen. Von Zeugen trat nachträglich Postmeister Martin auf und erzählte die Vorgänge der Wegnahme der Postkasse in Lörrach und die erfahrne Mißhandlung, die so weit ging, daß er Grund genug zu haben glaubte, um jeden Augenblick seine Hinrichtung befürchten zu müßen. Die weitere Zeugenvernehmung führte nach Müllheim und Umgegend und legte eine Reihe von Gesetzwidrigkeiten dar, die dort am 23 bis 25 Sept. vorfielen. Bis jetzt mögen 70 Zeugen vernommen sein; es bleiben also noch etwa 30 zu vernehmen. Sollten die Verhandlungen auch fernerhin in der bisherigen Ausdehnung geführt werden, so dürfen sie leicht noch beinahe die folgende Woche ausfüllen. Schluß der Sitzung 5 Uhr. Nächste Sitzung Montag den 26 März.

(Fr. Z.)
Französische Republik.
Paris, 26. März.

Der Telegraph stockt gänzlich, denn es schneit seit 24 Stunden unaufhörlich. Heute Vormittag waren alle Höhen um Paris mit zwei Fuß Schnee bedeckt. Der Winter ist förmlich zurückgekehrt… Das Elend wird mit jedem Tage größer.

‒ Der Moniteur bringt heute das offizielle Sündenregister der rothen Presse aus den Monaten November und December. Die Herzählung der disfälligen Urtelssprechungen füllt zwei enggedruckte Spalten und ist für Liebhaber von Pressprozessen sehr lehrreich. Buchhändler Francois Rouanet, Eduard Vidal, Bocquet Merlieux und Vasbeuter vom Peuple glänzen darin mit bedeutenden Geld- und Gefängnißstrafen. Wir können hinzufügen, daß Vasbenter nicht mehr in Paris, sondern in London ist.

‒ Alle Truppen sind consignirt. Die Militärgefängnisse mit Gemeinen und Unteroffizieren vollgepfropft, die ihre sozialistische Wißbegierde bei Wasser und Brod büßen.

Der Moniteur setzt seinen Feldzug gegen die rothen Republikaner fort:

„Wir wohnen einem großen Schauspiele bei. Auf der einen Seite sehen wir wie das ganze Land zum Vertrauen, zur Arbeit, zum Wohlstande, mit einem Wort zur Ordnung zurückkehrt. Auf der anderen Seite sehen wir eine Faktion, schwach an Zahl, Tugend und Gelehrsamkeit gegen die ganze Gesellschaft ankämpfen und sich bestreben, ihre Tendenzen und Hoffnungen zu vernichten. Diese Faktion sucht die Gesellschaft noch in den letzten Convulsionen ihrer Agonie zu stören… In Amiens hat man an die Mauern geschlagen: „Blut! das Volk ist der König, es lebe die Gleichheit und die Rache! Ausrottung der Reichen und der Beamten! Gold oder Blut! Schlagt die Reichen todt und verbrennt ihre Häuser!“ In Bouziers erdrosselten die Clubisten einen alten Krieger, weil er nicht schreien wollte: Es lebe die demokratisch-soziale Republik! sondern ausrief: Es lebe Napoleon!

‥ In Pezenas habe man gebrüllt: Nieder mit den Bonapartisten! Nieder mit dem Präsidenten Louis Napoleon! An die Laterne mit den Carlisten! … In Lodéve, Saint Clar, Prades u. s. w. habe man die rothe Mütze auf Fahnen durch die Straßen geführt und an letzterem Orte den Unterpräfekten Didier (Sohn des 1816 Gefallenen) fast todt geprügelt. In Nevers hat man aus einem Prostitutionshause auf eine Patrouille gefeuert.…“

Mit solchem und ähnlichem Geschwätz sucht Hr. Faucher-Barrot die Sozialisten zu vernichten, Die Sozialisten sind schuld, daß Europa brennt, daß die Baumwollspinnereien stillstehen, die Seidenkultur stockt und die Vieh- und Getreidepreise sinken! Diese Ungeheuer müssen getödtet werden.

Während der Moniteur auf seiner ersten Seite dergestalt gegen die Sozialisten wüthet, meldet er auf seiner zweiten Seite:

„Paris, 26. März. Die Assoziation der Straßenpflaster-Arbeiter gewährt für die Stadt Paris die glücklichsten Folgen. Dieser Assoziation sind so eben die gesammten diesjährigen Pariser Straßenpflaster-Arbeiten im öffentlichen Mindestgebot zugeschlagen worden. Sie leistet die Arbeiten 25 Prozent wohlfeiler als sie der Voranschlag der Meister angab. (Diese 25 Prozent sind somit reiner Gewinn für die Stadt.)“

‒ Der Moniteur widerlegt die Behauptung, daß der Exgroßherzog von Toskana den Hafen von St. Stephano (bei Nizza) verlassen habe. Derselbe befinde sich noch dort und sei nicht, wie einige Blätter behauptet, nach Gaëta zum Pabst gereist.

‒ Aus Toulon vom 23. nichts weiter, als daß sich die erste Division zusammenzöge.

Die Marseiller Blätter von demselben Tage schwächen den Eindruck, den eine angebliche Insurrektion der im Fort Iff sitzenden zweihundert polit. Gefangenen in Paris gemacht hatte. Der Kommandant des Forts hatte einigen Gefangenen gestattet, um die Felsenschluchten des Schlosses herum zu fischen. Diese Güte hatten einige Verurtheilte dadurch mißbraucht, daß sie ihre Freunde oder Verwandten mit Fahrzeugen dahin bestellten und dann entwischten. Der Kommandant erließ härtere Tagesbefehle und bat in Marseille um Verstärkung, von wo 200 Mann mehr ins Fort gelegt wurden. Das ist Alles, was wir in den Blättern über die große Insurrektion der gestrigen Pariser Abendblätter lesen.

Aus Lyon besitzen wir Berichte bis zum 25. März. In Rive de Gier und St. Etienne ist zwar die Gährung unter den Arbeitern eher im Steigen als Abnehmen; doch ist bisher noch kein Blut geflossen. Das Militair rückte zeitig ein und nahm ‒ so meldet der Courier de Lyon vom 25. ‒ zwanzig der Haupträdelsführer der Arbeitseinstellung gefangen.

Sehr merkwürdig ist die Gründung eines

Comptoir du Peuple

in der Guillotiére, in dessen Prospektus es heißt: unsere Operationen bestehen darin, den Commerçants, Marchands und Kleinbürgern (ouvriers sind nicht genannt) Kredit, baares Geld und Arbeit zu verschaffen.

Was wollen die Unzufriedenen mehr verlangen. Zu solcher Concurrenz kann sich Proudhon nur Glück wünschen.

Hört! Hört! Sechs Kapitalisten haben (versichert die Union heute in großer Schrift) bei einem Notarius des Faubourg St. Germain jeder 50,000 Frks. (macht 300,000 Frks.) deponirt, um ein Journal:

„L'Anti Proudhon oder: Le Veritable Ami du Peuple“ mit dem Motto: „Aug um Aug, Zahn um Zahn“, zu stiften, welches sich zur Aufgabe macht, das Volk vor gänzlicher Vergiftung durch Proudhon's „Peuple“ zu retten, und welches in alle Werkstätten und Kasernen gratis vertheilt werden soll. Die erste Nummer des Anti Proudhon erscheint 14 Tage vor den nächsten Wahlen. Granier de Cassagnac und einige andere Redakteure der seligen Epoque werden als Hauptmitarbeiter genannt.

‒ Proudhon's Volksbank veröffentlicht ihre Bilanz bis zum 25. März:

2592detachirte Aktien12,960 Frs.
5893Coupons2946 Frs.
3682Aktienunterschreibungen18,410 Frs.
Baarbestand34,316 Frs.

An Adherenten zählt sie in Paris 11,355, in Lyon 1054, in Reims 108 und in Besançon 82. Die Bank hofft am 10. April ihre Operationen zu beginnen.

‒ Wenn man glaubt, daß in Bourges blos Nationalgerichtshof gehalten wird und Alles sehr criminaliter aussieht, so irrt man sich. Es wird im Gegentheil dort viel bankettirt und konspirirt. Sie kennen schon die Details des Banketts, das die hiesigen Rothen so zu sagen unter der Nase der zahllosen Polizeiagenten dem Ledru-Rollin gaben; andere Bankette in kleineren Kreisen finden fast täglich unter Journalisten, Stenographen (Arbeitern und Soldaten) (!) Statt.

Nicht weniger bezeichnend als diese volksthümlichen Regungen sind jedoch die Zusammenkünfte, welche die Hoch-Geschwornen unter sich halten. Diese Kränzchen finden bei Ravez, dem ehemaligen Kammerpräsidenten unter der Restauration Statt, und sind nur politischer Natur. Die Lage der Republik wird darin diskutirt, und soviel uns zu Ohren gekommen, regte man in den ersten Tagen sehr zarte Dinge an, welche im Elysée große Sensation verursachte. Sind wir nicht ganz unglücklich, so gelingt es wohl, den Schleier von diesen Conventikeln noch etwas höher zu heben. Sie sind wichtig, diese Conventikel, da der Gerichtshof aus allen Departements besteht. Ravez wurde von der Gironde als Jüre geschickt.

In jedem Fall geht der Prozeß binnen acht Tagen zu Ende. Er hat die großen Knalleffekthascher gänzlich getäuscht. Heute, Sonntag, war keine Sitzung.

Nationalversammlung. Sitzung vom 26. März. Marrast besteigt um 11 3/4 Uhr den Präsidentenstuhl.

An der Tagesordnung sind zunächst mehrere Anträge von Städten und ganzen Departements, welche um die Erlaubniß bitten, sich Behufs Beschäftigung ihres Proletariats übersteuern zu dürfen. Dahin gehören: 1. Corsika. 2. Stadt Alby mit 220,000 Fr. 3. Das Sarthedepartement.

Alle diese Uebersteuerungsvorlagen werden mit 576 Stimmen gegen wenige genehmigt.

Dann genehmigt die Versammlung einen Kredit für die republikanische Garde pro 1849 mit 579 gegen 10 Stimmen.

Sarrans überreicht seinen Ausschußbericht über Francisque Bouvets Antrag:

„Auf Abhaltung eines Kongresses aller gebildeten Völker Behufs Herstellung des ewigen Friedens und resp. Abschaffung aller Kriege.“

Der Antragsteller präsidirte jüngst bekanntlich den Friedenskongreß in Brüssel und wir werden auf den Bericht zurückkommen. Der Ausschuß beantragt, wie wir hören, vorläufige Verwerfung. (Ah! Ah!)

Statt des Verantwortlichkeitsgesetzes nimmt hierauf die Versammlung das Bautenbudget wieder auf.

Sie war bis zum Kapitel 12 (Flußbauten, Uferbauten etc.) gerückt.

Die Budgetkommission schlägt auf diesen Posten eine Ersparniß von 4,230,000 Fr. vor.

Der Minister Lacrosse will in eine Ermäßigung von 1 1/2 Million willigen, bekämpft aber den Ueberrest.

Ueber diese Ziffer sowohl, als andere Posten entspinnt sich zwischen dem Berichterstatter Stourm und dem Minister eine lange Debatte, die mit Annahme der vorgeschlagenen Reduktion zum großen Nachtheile des Proletariats endigt.

Die Seehäfen gaben zu einer längeren Debatte Veranlassung, die jedoch wenig Interesse bot

Schließlich hob Marrast hervor, daß er die Dringlichkeit beim Kredit für die republikanische Garde vergessen habe, weshalb sich die Versammlung veranlaßt sieht, morgen noch einmal auf diesen Gegenstand zurückzukommen.

Die Sitzung wird um 1/4 vor 6 Uhr geschlossen.

* Bourges, 22. März.

(Prozeßverhandlung.) Die Sitzung beginnt 10 1/2 Uhr.

Zeuge Iwan Golowine, 32 Jahre alt, russischer Flüchtling. Herr v. Lamartine hat gesagt, daß Delegirte von den Clubs in Warschau und Krakau nach Paris gekommen seien; Hr. v. Lamartine täuscht sich vollständig, denn nie haben in Warschau und Krakau Clubs existirt. Der russische Kaiser würde dieselben nicht geduldet haben, und überdies wissen die Einwohner sehr gut, daß in einer Versammlung von 4 Personen sich immer ein Mouchard befindet.

Die Aeußerung, welche der Zeuge Golowine am 15. Mai über die Vertheilung von 10,000 Fr. russischen Geldes gethan haben soll, läugnet derselbe ab.

Zeuge Bracquehaye, 50 Jahre alt, Oberstlieutenant im Generalstabe, erzählt, daß er am 15. Mai Ordre bekommen, nach dem Hotel-de-Ville auszurücken, dann aber wieder Gegenordre erhalten hätte. Da er nichts anzufangen gewußt, und bald darauf von der Cernirung des Hauses Sobrier durch den Commandanten Lallier gehört hätte, sei ihm der „Einfall gekommen“, für sein Theil das Haus Villain's zu belagern. Er habe eine „Mausefalle“ angelegt, und in der That im Innern mehrere Individuen gefangen genommen.

Präsident. Fanden Sie Patronen in den Zimmern?

Zeuge. Ich weiß nichts davon.

Präsident. Fanden Sie Verdächtiges an Personen oder Gegenständen vor.

Zeuge. Ich weiß nichts davon; ich stand im Hofe und ließ Alles aus der „Mausefalle“ herausholen.

Mehrere andere Zeugen werden darüber vernommen, ob Villain Waffen und Munition in seinem Hause gehabt habe; ein Stubenfeger sagt aus, daß er an der Wand einmal ein geladenes Pistol gesehen.

Präsident. Angeklagter Villain, was haben Sie am 15. Mai gemacht?

Villain. Ich überlasse es Ihnen, dies durch die Zeugen feststellen zu lassen. (Gelächter).

Zeuge Montier, 39 Jahre alt, Waffenschmied, erzählt, daß einer seiner Arbeiter, Namens Ley, welcher Mitglied der Gesellschaft der Menschenrechte gewesen, längere Zeit vorher schon Befürchtungen über einen Zusammenstoß am 15. Mai ausgesprochen habe.

Zeuge Sebastian Ley, 40 Jahr alt, Schlosser, erklärt vor dem 15. Mai Barbes von Ansehen, Villain aber gar nicht gekannt zu haben.

Präsident. Sie waren Mitglied der Gesellschaft der Menschenrechte, und kannten Villain nicht, der Präsident daselbst war?

Zeuge. Nein, ich kannte ihn nicht.

Präsident. Sie haben Ihrem Meister die Bewegung vom 15. Mai vorausgesagt?

Zeuge. Ja wohl, nach den Journalen.

Präsident. Sie haben während Ihrer Haft vor dem Instruktionsrichter erklärt, daß die Gesellschaft der Menschenrechte Ordre erhalten hätte, am 15. Mai auszurücken?

Zeuge. Oh, ich wollte in Freiheit gesetzt sein und bejahte Alles, was man wünschte. Ich sagte, ich hätte den Befehl mitauszurücken von 2 Individuen erhalten, von denen der Eine groß, der Andere klein gewesen, und die ich nie gesehen noch gekannt hätte (Gelächter.)

Präsident. Warum haben Sie nach dem 15. Mai Ihren Bart abgeschnitten?

Zeuge. Nach dem 15. Mai schrie man alle Republikaner als Communisten aus, und drohte sie in die Seine zu werfen. Ich hatte keine Lust zu diesen Experimenten und suchte mich durch Abschneiden meines Bartes unkenntlich zu machen.

Präsident. Sie haben indeß vor dem Instruktionsrichter gesagt, daß Sie vor den Mitgliedern der Gesellschaft Furcht gehabt hätten.

Zeuge. Ah, ich sage Ihnen ja, ich sehnte mich nach meiner Entlassung aus dem Gefängniß, und glaubte mich deshalb am Besten vor dem Instruktionsrichter als zweideutiger Republikaner denunziren zu müssen. (Gelächter.)

Präsident. Sie behaupten also, Ihre ganze Belastungsaussage vor dem Instruktionsrichter nur zum Zweck Ihrer Freilassung gegeben zu haben.

Zeuge. (Lebhaft.) Bürger Präsident, wenn ich Garçon gewesen wäre, würde ich in den Casematten gestorben und verfault sein; aber die Casematten sind eine Tortur, eine Angstpresse, wenn man Familienvater ist, wenn man Tag und Nacht das Bild einer Frau und vier Kinder vor Augen hat, die dem Elend und dem Hungertode preisgegeben sind. Ich habe als Familienvater Alles gethan, und ich schäme mich dessen nicht; Bürger Präsident, ich habe jedes Mittel ergriffen, um aus dem Gefängniß zu kommen und die Meinigen durch meiner Hände Arbeit vor dem Verderben retten zu können. (Diesen Worten folgt ein tobender Beifallssturm im Publikum, und der Präsident suchte lange Zeit vergebens die allgemeine Bewegung zu meistern.)

General-Prokurator Baroche. Ich verlange, daß der Zeuge die Sitzung nicht verlasse und zu diesem Zweck von zwei Gensd'armen bewacht werde. (Großer Tumult.)

Villain. Das heißt den Zeugen Gewalt anthun. (Ley nimmt in der Mitte von zwei Gensd'armen auf der Zeugenbank Platz.)

Präsident. Zeuge Ley, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die Strafen auf falsches Zeugniß sehr schwer sind.

Ley. Bürger Präsident, ich habe im Fort gelogen, weil ich nicht Zeuge war; heute bin ich Zeuge, und ich sage die Wahrheit und bin bereit allen Folgen zu trotzen.

Zeuge Lallier, 34 Jahre alt, Schiffskapitain, Ex-Kommandant der Marine-Garde, ist am 15. Mai mit zehn von seinen Leuten in Sobriers Haus gesendet worden, welches bereits von der Nationalgarde bewacht war. Er durchsuchte das Haus, während die Nationalgarde alle Möbel, Tapeten u. s. w. entzwei schlug. Als einige Gardisten plötzlich unter dem Geschrei: „Das Haus fliegt in die Luft! Es ist Pulver im Keller!“ die Flucht ergriffen, ging der Zeuge in den Keller, wo er statt des Pulvers nur Wein und einige Kaninchen fand. (Gelächter.) In der Wohnung fand man Kasten mit 100 Gewehren; die Nationalgarde schlug die Weinfässer auf und betrank sich in honett-bürgerlicher, viehischer Weise.

Präsident. Wir schreiten zum Verhör der Entlastungszeugen.

Zeuge Blandin, 28 Jahr alt, Graveur.

Blanqui. Der Zeuge war in dem Delegirten-Corps; er gehörte zu dem Todtenposten des Stadthauses. Ich frage ihn, was ich gethan habe.

Zeuge. Ich sah Herrn Blanqui an dem Posten, und kann versichern daß nicht er, sondern wir es waren, welche den Einlaß von 25 Männern verlangten; wir wollten diese Leute bei uns, weil wir sie als alte Republikaner kannten.

Zeuge Boisaubert, 35 Jahr alt, und Zeuge Gosset, 30 Jahr, Mechaniker, haben Blanqui am Bahnhof der Nordbahn gesehen, wo derselbe die Arbeiter für die Vertagung der Wahlen einzunehmen suchte. Als Blanqui seine Rede beendigt hatte, rief ein Arbeiter: „Und wenn die National-Versammlung schlecht ausfällt, werfen wir sie zu den Fenstern hinaus.“ Gegen diesen Ruf habe Blanqui auf das Energischste protestirt, da das Volk seine eigne Souveränetät nicht verletzen dürfe.

Zeuge Chaumont, 33 Jahr alt, hat Blanqui an der Nordbahn wie auch in Vauxhall energisch gegen die Theorie protestiren gehört, daß man eine reaktionäre Nationalversammlung gewaltsam fortjagen dürfe.

Zeuge Lavoye, 33 Jahr alt, hat in Vauxhall dasselbe gehört, und erklärt auf Befragen Blanqui's, daß die Arbeiter am 17. März die Vertagung der Wahlen und am 16. April die Bildung eines Fortschrittsministeriums für die Organisation der Arbeit verlangen wollten.

Hierzu eine Beilage.

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        <head>[Deutschland]</head>
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          <p>&#x201E;Ein Reichstags-Beschluß, welcher nach § 140 bei zweiter Berathung von beiden Häusern nochmals gefaßt worden ist, wird auch, wenn die Zustimmung der Reichsregierung nicht erfolgt, mit dem Schlusse des Reichstages zum Gesetze,&#x201C;</p>
          <p>wurde verworfen Nur die Linke stand dafür auf.</p>
          <p>Ein zweites Suspensiv-Veto (Antrag von Jülich, Reh, Zell, Mittermeier, Jürgens, Römer als § 107 a. einzuschalten) des Inhalts:</p>
          <p>&#x201E;Ein Reichstagsbeschluß, welcher die Zustimmung der Reichsregierung nicht erlangt hat, darf in derselben Sitzungsperiode nicht wiederholt werden.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Ist von dem Reichstag in 3 unmittelbar auf einander folgenden ordentlichen Sitzungsperioden derselbe Beschluß unverändert gefaßt worden, so wird derselbe, auch wenn die Zustimmung der Reichsregierung nicht erfolgt, mit dem Schlusse des dritten Reichstages zum Gesetz.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Eine ordentliche Sitzungsperiode, welche nicht wenigstens 4 Wochen dauert, wird in dieser Reihenfolge nicht mitgezählt&#x201C;</p>
          <p>Dieser Antrag bildet den § 107 a</p>
          <p>Der &#x201E;edle Gagern&#x201C; stimmte dagegen und befand sich diesmal sogar im Widerspruch mit dem Marine-Rath Jordan aus Berlin und dem dunklen Lasaulx, welche dafür stimmten. Gott, welch ein Minister! Links lachte man ihn furchtbar aus. &#x2012; Sogar Robert von Mohl sein Excollege stimmte dafür.</p>
          <p>Dies Suspensiv-Veto wurde mit 385 Stimmen gegen 127 angenommen. Welch Mißtrauensvotum, wenn der Edle noch Minister wäre!</p>
          <p>§ 108 heißt demnach jetzt: &#x201E;Ein Reichstagsbeschluß ist in folgenden Fällen erforderlich:</p>
          <p>1) Wenn es sich um die Erlassung, Aufhebung, Abänderung oder Auslegung von Reichsgesetzen handelt.</p>
          <p>2) Wenn der Reichshaushalt festgestellt wird, wenn Anleihen contrahirt werden, wenn das Reich eine im Büdget nicht vorgesehene Ausgabe übernimmt, oder Martricularbeiträge oder Steuern erhebt.</p>
          <p>3) Wenn fremde See- und Flußschifffahrt mit höheren Abgaben belegt werden soll.</p>
          <p>4) Wenn Landesfestungen zu Reichsfestungen erklärt werden sollen.</p>
          <p>5) Wenn Handels-; Schifffahrts- und Auslieferungsverträge mit dem Auslande geschlossen werden, so wie überhaupt völkerrechtliche Verträge, insofern sie das Reich belasten.</p>
          <p>6) Wenn nicht zum Reich gehörige Länder oder Landestheile dem deutschen Zollgebiet angeschlossen, oder einzelne Orte oder Gebietstheile von der Zolllinie ausgeschlossen werden sollen.</p>
          <p>7) Wenn deutsche Landestheile abgetreten, oder wenn nichtdeutsche Gebiete dem Reiche einverleibt oder auf andere Weise mit demselben verbunden werden sollen.</p>
          <p>Die Eile mit der Simson die §§ in der Abstimmung überstürzt, läßt darauf schließen, wenn es nicht vielleicht ein preußischer Kniff ist, um in der eiligst herbeigeführten Oberhauptsfrage nun endlich dem Preußen aus Furcht eine Majorität zu verschaffen.</p>
          <p>Von einem verlaßbaren Abgeordneten G. aus Oestreich höre ich, daß bis Morgen die Verfassung (höchst wahrscheinlich den Erbkaiser inbegriffen) fertig gemacht und dann mit Offenlassung der Person des Oberhauptes den Regierungen vorgelegt wird.</p>
          <p>Bis zur Erklärung resp. der Annahme Seitens der Regierungen bleibt dann die Versammlung in Frankfurt und beschäftigt sich hie und da mit Allotriis.</p>
          <p>Abgang der Post 3/4 7 Uhr. Die Abstimmung dauert noch fort. Schluß Morgen.</p>
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          <head>Freiburg, 23. März.</head>
          <p>Die heutige Sitzung war in so fern besonders merkwürdig, als darin zum erstenmale die Principien der Anklage und Vertheidigung in ganzer Schärfe und Klarheit, ausgesprochen wurden und auf einander trafen. Offenbar ist das eine Art Vorausnahme, in so fern der Principienkampf der Natur der Sache nach, an das Ende der Verhandlungen, in die Schlußreden der Staatsanwälte und der Vertheigiger, gehört. Die Sache war durch die Angeklagten und Vertheidiger durch die bisherige Art der Vertheidigung, namentlich durch fortwährendes Vordrängen von Principiellem, hervorgerufen worden. Heute wurde der erwähnte Kampf von der Staatsanwaltschaft auch von dieser Seite aufgenommen. Der Principienkampf nahm ziemlich die ganze Vormittagssitzung ein. Sodann wurde in dem Zeugenverhör fortgefahren und eine Reihe von Zeugen aus Lörrach, Kandern, Schliengen, Müllheim und Oberweiler vernommen.</p>
        </div>
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          <head>Freiburg, 24. März.</head>
          <p>Des Zeugenverhör, das heute fortgesetzt wurde, führte nicht so weit, als man von einer siebenstündigen Sitzung erwarten sollte. Dies liegt daran, daß heute zwei kleine, von Struve, und von Struve gemeinsam mit Heinzen verfaßte Broschüren verlesen wurden, und abermals principielle Ausführung einen großen Theil der Zeit in Anspruch nahmen. Von Zeugen trat nachträglich Postmeister Martin auf und erzählte die Vorgänge der Wegnahme der Postkasse in Lörrach und die erfahrne Mißhandlung, die so weit ging, daß er Grund genug zu haben glaubte, um jeden Augenblick seine Hinrichtung befürchten zu müßen. Die weitere Zeugenvernehmung führte nach Müllheim und Umgegend und legte eine Reihe von Gesetzwidrigkeiten dar, die dort am 23 bis 25 Sept. vorfielen. Bis jetzt mögen 70 Zeugen vernommen sein; es bleiben also noch etwa 30 zu vernehmen. Sollten die Verhandlungen auch fernerhin in der bisherigen Ausdehnung geführt werden, so dürfen sie leicht noch beinahe die folgende Woche ausfüllen. Schluß der Sitzung 5 Uhr. Nächste Sitzung Montag den 26 März.</p>
          <bibl>(Fr. Z.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar258_020" type="jArticle">
          <head>Paris, 26. März.</head>
          <p>Der Telegraph stockt gänzlich, denn es schneit seit 24 Stunden unaufhörlich. Heute Vormittag waren alle Höhen um Paris mit zwei Fuß Schnee bedeckt. Der Winter ist förmlich zurückgekehrt&#x2026; Das Elend wird mit jedem Tage größer.</p>
          <p>&#x2012; Der Moniteur bringt heute das offizielle Sündenregister der rothen Presse aus den Monaten November und December. Die Herzählung der disfälligen Urtelssprechungen füllt zwei enggedruckte Spalten und ist für Liebhaber von Pressprozessen sehr lehrreich. Buchhändler Francois Rouanet, Eduard Vidal, Bocquet Merlieux und Vasbeuter vom Peuple glänzen darin mit bedeutenden Geld- und Gefängnißstrafen. Wir können hinzufügen, daß Vasbenter nicht mehr in Paris, sondern in London ist.</p>
          <p>&#x2012; Alle Truppen sind consignirt. Die Militärgefängnisse mit Gemeinen und Unteroffizieren vollgepfropft, die ihre sozialistische Wißbegierde bei Wasser und Brod büßen.</p>
          <p>Der Moniteur setzt seinen Feldzug gegen die rothen Republikaner fort:</p>
          <p>&#x201E;Wir wohnen einem großen Schauspiele bei. Auf der einen Seite sehen wir wie das ganze Land zum Vertrauen, zur Arbeit, zum Wohlstande, mit einem Wort zur Ordnung zurückkehrt. Auf der anderen Seite sehen wir eine Faktion, schwach an Zahl, Tugend und Gelehrsamkeit gegen die ganze Gesellschaft ankämpfen und sich bestreben, ihre Tendenzen und Hoffnungen zu vernichten. Diese Faktion sucht die Gesellschaft noch in den letzten Convulsionen ihrer Agonie zu stören&#x2026; In Amiens hat man an die Mauern geschlagen: &#x201E;Blut! das Volk ist der König, es lebe die Gleichheit und die Rache! Ausrottung der Reichen und der Beamten! Gold oder Blut! Schlagt die Reichen todt und verbrennt ihre Häuser!&#x201C; In Bouziers erdrosselten die Clubisten einen alten Krieger, weil er nicht schreien wollte: Es lebe die demokratisch-soziale Republik! sondern ausrief: Es lebe Napoleon!</p>
          <p>&#x2025; In Pezenas habe man gebrüllt: Nieder mit den Bonapartisten! Nieder mit dem Präsidenten Louis Napoleon! An die Laterne mit den Carlisten! &#x2026; In Lodéve, Saint Clar, Prades u. s. w. habe man die rothe Mütze auf Fahnen durch die Straßen geführt und an letzterem Orte den Unterpräfekten Didier (Sohn des 1816 Gefallenen) <hi rendition="#g">fast</hi> todt geprügelt. In Nevers hat man aus einem Prostitutionshause auf eine Patrouille gefeuert.&#x2026;&#x201C;</p>
          <p>Mit solchem und ähnlichem Geschwätz sucht Hr. Faucher-Barrot die Sozialisten zu vernichten, Die Sozialisten sind schuld, daß Europa brennt, daß die Baumwollspinnereien stillstehen, die Seidenkultur stockt und die Vieh- und Getreidepreise sinken! Diese Ungeheuer müssen getödtet werden.</p>
          <p>Während der Moniteur auf seiner ersten Seite dergestalt gegen die Sozialisten wüthet, meldet er auf seiner zweiten Seite:</p>
          <p>&#x201E;Paris, 26. März. Die Assoziation der Straßenpflaster-Arbeiter gewährt für die Stadt Paris die glücklichsten Folgen. Dieser Assoziation sind so eben die gesammten diesjährigen Pariser Straßenpflaster-Arbeiten im öffentlichen Mindestgebot zugeschlagen worden. Sie leistet die Arbeiten 25 Prozent wohlfeiler als sie der Voranschlag der Meister angab. (Diese 25 Prozent sind somit reiner Gewinn für die Stadt.)&#x201C;</p>
          <p>&#x2012; Der Moniteur widerlegt die Behauptung, daß der Exgroßherzog von Toskana den Hafen von St. Stephano (bei Nizza) verlassen habe. Derselbe befinde sich noch dort und sei nicht, wie einige Blätter behauptet, nach Gaëta zum Pabst gereist.</p>
          <p>&#x2012; Aus <hi rendition="#g">Toulon</hi> vom 23. nichts weiter, als daß sich die erste Division zusammenzöge.</p>
          <p>Die <hi rendition="#g">Marseiller</hi> Blätter von demselben Tage schwächen den Eindruck, den eine angebliche Insurrektion der im Fort Iff sitzenden zweihundert polit. Gefangenen in Paris gemacht hatte. Der Kommandant des Forts hatte einigen Gefangenen gestattet, um die Felsenschluchten des Schlosses herum zu fischen. Diese Güte hatten einige Verurtheilte dadurch mißbraucht, daß sie ihre Freunde oder Verwandten mit Fahrzeugen dahin bestellten und dann entwischten. Der Kommandant erließ härtere Tagesbefehle und bat in Marseille um Verstärkung, von wo 200 Mann mehr ins Fort gelegt wurden. Das ist Alles, was wir in den Blättern über die große Insurrektion der gestrigen Pariser Abendblätter lesen.</p>
          <p>Aus <hi rendition="#g">Lyon</hi> besitzen wir Berichte bis zum 25. März. In Rive de Gier und St. Etienne ist zwar die Gährung unter den Arbeitern eher im Steigen als Abnehmen; doch ist bisher noch kein Blut geflossen. Das Militair rückte zeitig ein und nahm &#x2012; so meldet der Courier de Lyon vom 25. &#x2012; zwanzig der Haupträdelsführer der Arbeitseinstellung gefangen.</p>
          <p>Sehr merkwürdig ist die Gründung eines</p>
          <p>&#x201E;<hi rendition="#g">Comptoir du Peuple</hi>&#x201C;</p>
          <p>in der Guillotiére, in dessen Prospektus es heißt: unsere Operationen bestehen darin, den Commerçants, Marchands und Kleinbürgern (ouvriers sind nicht genannt) Kredit, baares Geld und Arbeit zu verschaffen.</p>
          <p>Was wollen die Unzufriedenen mehr verlangen. Zu solcher Concurrenz kann sich Proudhon nur Glück wünschen.</p>
          <p>Hört! Hört! Sechs Kapitalisten haben (versichert die Union heute in großer Schrift) bei einem Notarius des Faubourg St. Germain jeder 50,000 Frks. (macht 300,000 Frks.) deponirt, um ein Journal:</p>
          <p>&#x201E;L'Anti Proudhon oder: Le Veritable Ami du Peuple&#x201C; mit dem Motto: &#x201E;Aug um Aug, Zahn um Zahn&#x201C;, zu stiften, welches sich zur Aufgabe macht, das Volk vor gänzlicher Vergiftung durch Proudhon's &#x201E;Peuple&#x201C; zu retten, und welches in alle Werkstätten und Kasernen gratis vertheilt werden soll. Die erste Nummer des Anti Proudhon erscheint 14 Tage vor den nächsten Wahlen. Granier de Cassagnac und einige andere Redakteure der seligen Epoque werden als Hauptmitarbeiter genannt.</p>
          <p>&#x2012; Proudhon's Volksbank veröffentlicht ihre Bilanz bis zum 25. März:</p>
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          <p>&#x2012; Wenn man glaubt, daß in Bourges blos Nationalgerichtshof gehalten wird und Alles sehr criminaliter aussieht, so irrt man sich. Es wird im Gegentheil dort viel bankettirt und konspirirt. Sie kennen schon die Details des Banketts, das die hiesigen Rothen so zu sagen unter der Nase der zahllosen Polizeiagenten dem Ledru-Rollin gaben; andere Bankette in kleineren Kreisen finden fast täglich unter Journalisten, Stenographen (Arbeitern und Soldaten) (!) Statt.</p>
          <p>Nicht weniger bezeichnend als diese volksthümlichen Regungen sind jedoch die Zusammenkünfte, welche die Hoch-Geschwornen unter sich halten. Diese Kränzchen finden bei Ravez, dem ehemaligen Kammerpräsidenten unter der Restauration Statt, und sind nur politischer Natur. Die Lage der Republik wird darin diskutirt, und soviel uns zu Ohren gekommen, regte man in den ersten Tagen sehr zarte Dinge an, welche im Elysée große Sensation verursachte. Sind wir nicht ganz unglücklich, so gelingt es wohl, den Schleier von diesen Conventikeln noch etwas höher zu heben. Sie sind wichtig, diese Conventikel, da der Gerichtshof aus allen Departements besteht. Ravez wurde von der Gironde als Jüre geschickt.</p>
          <p>In jedem Fall geht der Prozeß binnen acht Tagen zu Ende. Er hat die großen Knalleffekthascher gänzlich getäuscht. Heute, Sonntag, war keine Sitzung.</p>
          <p>&#x2012; <hi rendition="#g">Nationalversammlung.</hi> Sitzung vom 26. März. Marrast besteigt um 11 3/4 Uhr den Präsidentenstuhl.</p>
          <p>An der Tagesordnung sind zunächst mehrere Anträge von Städten und ganzen Departements, welche um die Erlaubniß bitten, sich Behufs Beschäftigung ihres Proletariats übersteuern zu dürfen. Dahin gehören: 1. Corsika. 2. Stadt Alby mit 220,000 Fr. 3. Das Sarthedepartement.</p>
          <p>Alle diese Uebersteuerungsvorlagen werden mit 576 Stimmen gegen wenige genehmigt.</p>
          <p>Dann genehmigt die Versammlung einen Kredit für die republikanische Garde pro 1849 mit 579 gegen 10 Stimmen.</p>
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          <p>&#x201E;Auf Abhaltung eines Kongresses aller gebildeten Völker Behufs Herstellung des ewigen Friedens und resp. Abschaffung aller Kriege.&#x201C;</p>
          <p>Der Antragsteller präsidirte jüngst bekanntlich den Friedenskongreß in Brüssel und wir werden auf den Bericht zurückkommen. Der Ausschuß beantragt, wie wir hören, vorläufige Verwerfung. (Ah! Ah!)</p>
          <p>Statt des Verantwortlichkeitsgesetzes nimmt hierauf die Versammlung das Bautenbudget wieder auf.</p>
          <p>Sie war bis zum Kapitel 12 (Flußbauten, Uferbauten etc.) gerückt.</p>
          <p>Die Budgetkommission schlägt auf diesen Posten eine Ersparniß von 4,230,000 Fr. vor.</p>
          <p>Der Minister <hi rendition="#g">Lacrosse</hi> will in eine Ermäßigung von 1 1/2 Million willigen, bekämpft aber den Ueberrest.</p>
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          <p>Die Seehäfen gaben zu einer längeren Debatte Veranlassung, die jedoch wenig Interesse bot</p>
          <p>Schließlich hob <hi rendition="#g">Marrast</hi> hervor, daß er die Dringlichkeit beim Kredit für die republikanische Garde vergessen habe, weshalb sich die Versammlung veranlaßt sieht, morgen noch einmal auf diesen Gegenstand zurückzukommen.</p>
          <p>Die Sitzung wird um 1/4 vor 6 Uhr geschlossen.</p>
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        <div xml:id="ar258_021" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Bourges, 22. März.</head>
          <p>(Prozeßverhandlung.) Die Sitzung beginnt 10 1/2 Uhr.</p>
          <p>Zeuge Iwan Golowine, 32 Jahre alt, russischer Flüchtling. Herr v. Lamartine hat gesagt, daß Delegirte von den Clubs in Warschau und Krakau nach Paris gekommen seien; Hr. v. Lamartine täuscht sich vollständig, denn nie haben in Warschau und Krakau Clubs existirt. Der russische Kaiser würde dieselben nicht geduldet haben, und überdies wissen die Einwohner sehr gut, daß in einer Versammlung von 4 Personen sich immer ein Mouchard befindet.</p>
          <p>Die Aeußerung, welche der Zeuge Golowine am 15. Mai über die Vertheilung von 10,000 Fr. russischen Geldes gethan haben soll, läugnet derselbe ab.</p>
          <p>Zeuge Bracquehaye, 50 Jahre alt, Oberstlieutenant im Generalstabe, erzählt, daß er am 15. Mai Ordre bekommen, nach dem Hotel-de-Ville auszurücken, dann aber wieder Gegenordre erhalten hätte. Da er nichts anzufangen gewußt, und bald darauf von der Cernirung des Hauses Sobrier durch den Commandanten Lallier gehört hätte, sei ihm der &#x201E;Einfall gekommen&#x201C;, für sein Theil das Haus Villain's zu belagern. Er habe eine &#x201E;Mausefalle&#x201C; angelegt, und in der That im Innern mehrere Individuen gefangen genommen.</p>
          <p>Präsident. Fanden Sie Patronen in den Zimmern?</p>
          <p>Zeuge. Ich weiß nichts davon.</p>
          <p>Präsident. Fanden Sie Verdächtiges an Personen oder Gegenständen vor.</p>
          <p>Zeuge. Ich weiß nichts davon; ich stand im Hofe und ließ Alles aus der &#x201E;Mausefalle&#x201C; herausholen.</p>
          <p>Mehrere andere Zeugen werden darüber vernommen, ob Villain Waffen und Munition in seinem Hause gehabt habe; ein Stubenfeger sagt aus, daß er an der Wand einmal ein geladenes Pistol gesehen.</p>
          <p>Präsident. Angeklagter Villain, was haben Sie am 15. Mai gemacht?</p>
          <p>Villain. Ich überlasse es Ihnen, dies durch die Zeugen feststellen zu lassen. (Gelächter).</p>
          <p>Zeuge Montier, 39 Jahre alt, Waffenschmied, erzählt, daß einer seiner Arbeiter, Namens Ley, welcher Mitglied der Gesellschaft der Menschenrechte gewesen, längere Zeit vorher schon Befürchtungen über einen Zusammenstoß am 15. Mai ausgesprochen habe.</p>
          <p>Zeuge Sebastian Ley, 40 Jahr alt, Schlosser, erklärt vor dem 15. Mai Barbes von Ansehen, Villain aber gar nicht gekannt zu haben.</p>
          <p>Präsident. Sie waren Mitglied der Gesellschaft der Menschenrechte, und kannten Villain nicht, der Präsident daselbst war?</p>
          <p>Zeuge. Nein, ich kannte ihn nicht.</p>
          <p>Präsident. Sie haben Ihrem Meister die Bewegung vom 15. Mai vorausgesagt?</p>
          <p>Zeuge. Ja wohl, nach den Journalen.</p>
          <p>Präsident. Sie haben während Ihrer Haft vor dem Instruktionsrichter erklärt, daß die Gesellschaft der Menschenrechte Ordre erhalten hätte, am 15. Mai auszurücken?</p>
          <p>Zeuge. Oh, ich wollte in Freiheit gesetzt sein und bejahte Alles, was man wünschte. Ich sagte, ich hätte den Befehl mitauszurücken von 2 Individuen erhalten, von denen der Eine groß, der Andere klein gewesen, und die ich nie gesehen noch gekannt hätte (Gelächter.)</p>
          <p>Präsident. Warum haben Sie nach dem 15. Mai Ihren Bart abgeschnitten?</p>
          <p>Zeuge. Nach dem 15. Mai schrie man alle Republikaner als Communisten aus, und drohte sie in die Seine zu werfen. Ich hatte keine Lust zu diesen Experimenten und suchte mich durch Abschneiden meines Bartes unkenntlich zu machen.</p>
          <p>Präsident. Sie haben indeß vor dem Instruktionsrichter gesagt, daß Sie vor den Mitgliedern der Gesellschaft Furcht gehabt hätten.</p>
          <p>Zeuge. Ah, ich sage Ihnen ja, ich sehnte mich nach meiner Entlassung aus dem Gefängniß, und glaubte mich deshalb am Besten vor dem Instruktionsrichter als zweideutiger Republikaner denunziren zu müssen. (Gelächter.)</p>
          <p>Präsident. Sie behaupten also, Ihre ganze Belastungsaussage vor dem Instruktionsrichter nur zum Zweck Ihrer Freilassung gegeben zu haben.</p>
          <p>Zeuge. (Lebhaft.) Bürger Präsident, wenn ich Garçon gewesen wäre, würde ich in den Casematten gestorben und verfault sein; aber die Casematten sind eine Tortur, eine Angstpresse, wenn man Familienvater ist, wenn man Tag und Nacht das Bild einer Frau und vier Kinder vor Augen hat, die dem Elend und dem Hungertode preisgegeben sind. Ich habe als Familienvater Alles gethan, und ich schäme mich dessen nicht; Bürger Präsident, ich habe jedes Mittel ergriffen, um aus dem Gefängniß zu kommen und die Meinigen durch meiner Hände Arbeit vor dem Verderben retten zu können. (Diesen Worten folgt ein tobender Beifallssturm im Publikum, und der Präsident suchte lange Zeit vergebens die allgemeine Bewegung zu meistern.)</p>
          <p>General-Prokurator Baroche. Ich verlange, daß der Zeuge die Sitzung nicht verlasse und zu diesem Zweck von zwei Gensd'armen bewacht werde. (Großer Tumult.)</p>
          <p>Villain. Das heißt den Zeugen Gewalt anthun. (Ley nimmt in der Mitte von zwei Gensd'armen auf der Zeugenbank Platz.)</p>
          <p>Präsident. Zeuge Ley, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die Strafen auf falsches Zeugniß sehr schwer sind.</p>
          <p>Ley. Bürger Präsident, ich habe im Fort gelogen, weil ich nicht Zeuge war; heute bin ich Zeuge, und ich sage die Wahrheit und bin bereit allen Folgen zu trotzen.</p>
          <p>Zeuge Lallier, 34 Jahre alt, Schiffskapitain, Ex-Kommandant der Marine-Garde, ist am 15. Mai mit zehn von seinen Leuten in Sobriers Haus gesendet worden, welches bereits von der Nationalgarde bewacht war. Er durchsuchte das Haus, während die Nationalgarde alle Möbel, Tapeten u. s. w. entzwei schlug. Als einige Gardisten plötzlich unter dem Geschrei: &#x201E;Das Haus fliegt in die Luft! Es ist Pulver im Keller!&#x201C; die Flucht ergriffen, ging der Zeuge in den Keller, wo er statt des Pulvers nur Wein und einige Kaninchen fand. (Gelächter.) In der Wohnung fand man Kasten mit 100 Gewehren; die Nationalgarde schlug die Weinfässer auf und betrank sich in honett-bürgerlicher, viehischer Weise.</p>
          <p>Präsident. Wir schreiten zum Verhör der Entlastungszeugen.</p>
          <p>Zeuge Blandin, 28 Jahr alt, Graveur.</p>
          <p>Blanqui. Der Zeuge war in dem Delegirten-Corps; er gehörte zu dem Todtenposten des Stadthauses. Ich frage ihn, was ich gethan habe.</p>
          <p>Zeuge. Ich sah Herrn Blanqui an dem Posten, und kann versichern daß nicht er, sondern wir es waren, welche den Einlaß von 25 Männern verlangten; wir wollten diese Leute bei uns, weil wir sie als alte Republikaner kannten.</p>
          <p>Zeuge Boisaubert, 35 Jahr alt, und Zeuge Gosset, 30 Jahr, Mechaniker, haben Blanqui am Bahnhof der Nordbahn gesehen, wo derselbe die Arbeiter für die Vertagung der Wahlen einzunehmen suchte. Als Blanqui seine Rede beendigt hatte, rief ein Arbeiter: &#x201E;Und wenn die National-Versammlung schlecht ausfällt, werfen wir sie zu den Fenstern hinaus.&#x201C; Gegen diesen Ruf habe Blanqui auf das Energischste protestirt, da das Volk seine eigne Souveränetät nicht verletzen dürfe.</p>
          <p>Zeuge Chaumont, 33 Jahr alt, hat Blanqui an der Nordbahn wie auch in Vauxhall energisch gegen die Theorie protestiren gehört, daß man eine reaktionäre Nationalversammlung gewaltsam fortjagen dürfe.</p>
          <p>Zeuge Lavoye, 33 Jahr alt, hat in Vauxhall dasselbe gehört, und erklärt auf Befragen Blanqui's, daß die Arbeiter am 17. März die Vertagung der Wahlen und am 16. April die Bildung eines Fortschrittsministeriums für die Organisation der Arbeit verlangen wollten.</p>
          <p>
            <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref>
          </p>
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      </div>
    </body>
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</TEI>
[1452/0004] [Deutschland] „Ein Reichstags-Beschluß, welcher nach § 140 bei zweiter Berathung von beiden Häusern nochmals gefaßt worden ist, wird auch, wenn die Zustimmung der Reichsregierung nicht erfolgt, mit dem Schlusse des Reichstages zum Gesetze,“ wurde verworfen Nur die Linke stand dafür auf. Ein zweites Suspensiv-Veto (Antrag von Jülich, Reh, Zell, Mittermeier, Jürgens, Römer als § 107 a. einzuschalten) des Inhalts: „Ein Reichstagsbeschluß, welcher die Zustimmung der Reichsregierung nicht erlangt hat, darf in derselben Sitzungsperiode nicht wiederholt werden.“ „Ist von dem Reichstag in 3 unmittelbar auf einander folgenden ordentlichen Sitzungsperioden derselbe Beschluß unverändert gefaßt worden, so wird derselbe, auch wenn die Zustimmung der Reichsregierung nicht erfolgt, mit dem Schlusse des dritten Reichstages zum Gesetz.“ „Eine ordentliche Sitzungsperiode, welche nicht wenigstens 4 Wochen dauert, wird in dieser Reihenfolge nicht mitgezählt“ Dieser Antrag bildet den § 107 a Der „edle Gagern“ stimmte dagegen und befand sich diesmal sogar im Widerspruch mit dem Marine-Rath Jordan aus Berlin und dem dunklen Lasaulx, welche dafür stimmten. Gott, welch ein Minister! Links lachte man ihn furchtbar aus. ‒ Sogar Robert von Mohl sein Excollege stimmte dafür. Dies Suspensiv-Veto wurde mit 385 Stimmen gegen 127 angenommen. Welch Mißtrauensvotum, wenn der Edle noch Minister wäre! § 108 heißt demnach jetzt: „Ein Reichstagsbeschluß ist in folgenden Fällen erforderlich: 1) Wenn es sich um die Erlassung, Aufhebung, Abänderung oder Auslegung von Reichsgesetzen handelt. 2) Wenn der Reichshaushalt festgestellt wird, wenn Anleihen contrahirt werden, wenn das Reich eine im Büdget nicht vorgesehene Ausgabe übernimmt, oder Martricularbeiträge oder Steuern erhebt. 3) Wenn fremde See- und Flußschifffahrt mit höheren Abgaben belegt werden soll. 4) Wenn Landesfestungen zu Reichsfestungen erklärt werden sollen. 5) Wenn Handels-; Schifffahrts- und Auslieferungsverträge mit dem Auslande geschlossen werden, so wie überhaupt völkerrechtliche Verträge, insofern sie das Reich belasten. 6) Wenn nicht zum Reich gehörige Länder oder Landestheile dem deutschen Zollgebiet angeschlossen, oder einzelne Orte oder Gebietstheile von der Zolllinie ausgeschlossen werden sollen. 7) Wenn deutsche Landestheile abgetreten, oder wenn nichtdeutsche Gebiete dem Reiche einverleibt oder auf andere Weise mit demselben verbunden werden sollen. Die Eile mit der Simson die §§ in der Abstimmung überstürzt, läßt darauf schließen, wenn es nicht vielleicht ein preußischer Kniff ist, um in der eiligst herbeigeführten Oberhauptsfrage nun endlich dem Preußen aus Furcht eine Majorität zu verschaffen. Von einem verlaßbaren Abgeordneten G. aus Oestreich höre ich, daß bis Morgen die Verfassung (höchst wahrscheinlich den Erbkaiser inbegriffen) fertig gemacht und dann mit Offenlassung der Person des Oberhauptes den Regierungen vorgelegt wird. Bis zur Erklärung resp. der Annahme Seitens der Regierungen bleibt dann die Versammlung in Frankfurt und beschäftigt sich hie und da mit Allotriis. Abgang der Post 3/4 7 Uhr. Die Abstimmung dauert noch fort. Schluß Morgen. Freiburg, 23. März. Die heutige Sitzung war in so fern besonders merkwürdig, als darin zum erstenmale die Principien der Anklage und Vertheidigung in ganzer Schärfe und Klarheit, ausgesprochen wurden und auf einander trafen. Offenbar ist das eine Art Vorausnahme, in so fern der Principienkampf der Natur der Sache nach, an das Ende der Verhandlungen, in die Schlußreden der Staatsanwälte und der Vertheigiger, gehört. Die Sache war durch die Angeklagten und Vertheidiger durch die bisherige Art der Vertheidigung, namentlich durch fortwährendes Vordrängen von Principiellem, hervorgerufen worden. Heute wurde der erwähnte Kampf von der Staatsanwaltschaft auch von dieser Seite aufgenommen. Der Principienkampf nahm ziemlich die ganze Vormittagssitzung ein. Sodann wurde in dem Zeugenverhör fortgefahren und eine Reihe von Zeugen aus Lörrach, Kandern, Schliengen, Müllheim und Oberweiler vernommen. Freiburg, 24. März. Des Zeugenverhör, das heute fortgesetzt wurde, führte nicht so weit, als man von einer siebenstündigen Sitzung erwarten sollte. Dies liegt daran, daß heute zwei kleine, von Struve, und von Struve gemeinsam mit Heinzen verfaßte Broschüren verlesen wurden, und abermals principielle Ausführung einen großen Theil der Zeit in Anspruch nahmen. Von Zeugen trat nachträglich Postmeister Martin auf und erzählte die Vorgänge der Wegnahme der Postkasse in Lörrach und die erfahrne Mißhandlung, die so weit ging, daß er Grund genug zu haben glaubte, um jeden Augenblick seine Hinrichtung befürchten zu müßen. Die weitere Zeugenvernehmung führte nach Müllheim und Umgegend und legte eine Reihe von Gesetzwidrigkeiten dar, die dort am 23 bis 25 Sept. vorfielen. Bis jetzt mögen 70 Zeugen vernommen sein; es bleiben also noch etwa 30 zu vernehmen. Sollten die Verhandlungen auch fernerhin in der bisherigen Ausdehnung geführt werden, so dürfen sie leicht noch beinahe die folgende Woche ausfüllen. Schluß der Sitzung 5 Uhr. Nächste Sitzung Montag den 26 März. (Fr. Z.) Französische Republik. Paris, 26. März. Der Telegraph stockt gänzlich, denn es schneit seit 24 Stunden unaufhörlich. Heute Vormittag waren alle Höhen um Paris mit zwei Fuß Schnee bedeckt. Der Winter ist förmlich zurückgekehrt… Das Elend wird mit jedem Tage größer. ‒ Der Moniteur bringt heute das offizielle Sündenregister der rothen Presse aus den Monaten November und December. Die Herzählung der disfälligen Urtelssprechungen füllt zwei enggedruckte Spalten und ist für Liebhaber von Pressprozessen sehr lehrreich. Buchhändler Francois Rouanet, Eduard Vidal, Bocquet Merlieux und Vasbeuter vom Peuple glänzen darin mit bedeutenden Geld- und Gefängnißstrafen. Wir können hinzufügen, daß Vasbenter nicht mehr in Paris, sondern in London ist. ‒ Alle Truppen sind consignirt. Die Militärgefängnisse mit Gemeinen und Unteroffizieren vollgepfropft, die ihre sozialistische Wißbegierde bei Wasser und Brod büßen. Der Moniteur setzt seinen Feldzug gegen die rothen Republikaner fort: „Wir wohnen einem großen Schauspiele bei. Auf der einen Seite sehen wir wie das ganze Land zum Vertrauen, zur Arbeit, zum Wohlstande, mit einem Wort zur Ordnung zurückkehrt. Auf der anderen Seite sehen wir eine Faktion, schwach an Zahl, Tugend und Gelehrsamkeit gegen die ganze Gesellschaft ankämpfen und sich bestreben, ihre Tendenzen und Hoffnungen zu vernichten. Diese Faktion sucht die Gesellschaft noch in den letzten Convulsionen ihrer Agonie zu stören… In Amiens hat man an die Mauern geschlagen: „Blut! das Volk ist der König, es lebe die Gleichheit und die Rache! Ausrottung der Reichen und der Beamten! Gold oder Blut! Schlagt die Reichen todt und verbrennt ihre Häuser!“ In Bouziers erdrosselten die Clubisten einen alten Krieger, weil er nicht schreien wollte: Es lebe die demokratisch-soziale Republik! sondern ausrief: Es lebe Napoleon! ‥ In Pezenas habe man gebrüllt: Nieder mit den Bonapartisten! Nieder mit dem Präsidenten Louis Napoleon! An die Laterne mit den Carlisten! … In Lodéve, Saint Clar, Prades u. s. w. habe man die rothe Mütze auf Fahnen durch die Straßen geführt und an letzterem Orte den Unterpräfekten Didier (Sohn des 1816 Gefallenen) fast todt geprügelt. In Nevers hat man aus einem Prostitutionshause auf eine Patrouille gefeuert.…“ Mit solchem und ähnlichem Geschwätz sucht Hr. Faucher-Barrot die Sozialisten zu vernichten, Die Sozialisten sind schuld, daß Europa brennt, daß die Baumwollspinnereien stillstehen, die Seidenkultur stockt und die Vieh- und Getreidepreise sinken! Diese Ungeheuer müssen getödtet werden. Während der Moniteur auf seiner ersten Seite dergestalt gegen die Sozialisten wüthet, meldet er auf seiner zweiten Seite: „Paris, 26. März. Die Assoziation der Straßenpflaster-Arbeiter gewährt für die Stadt Paris die glücklichsten Folgen. Dieser Assoziation sind so eben die gesammten diesjährigen Pariser Straßenpflaster-Arbeiten im öffentlichen Mindestgebot zugeschlagen worden. Sie leistet die Arbeiten 25 Prozent wohlfeiler als sie der Voranschlag der Meister angab. (Diese 25 Prozent sind somit reiner Gewinn für die Stadt.)“ ‒ Der Moniteur widerlegt die Behauptung, daß der Exgroßherzog von Toskana den Hafen von St. Stephano (bei Nizza) verlassen habe. Derselbe befinde sich noch dort und sei nicht, wie einige Blätter behauptet, nach Gaëta zum Pabst gereist. ‒ Aus Toulon vom 23. nichts weiter, als daß sich die erste Division zusammenzöge. Die Marseiller Blätter von demselben Tage schwächen den Eindruck, den eine angebliche Insurrektion der im Fort Iff sitzenden zweihundert polit. Gefangenen in Paris gemacht hatte. Der Kommandant des Forts hatte einigen Gefangenen gestattet, um die Felsenschluchten des Schlosses herum zu fischen. Diese Güte hatten einige Verurtheilte dadurch mißbraucht, daß sie ihre Freunde oder Verwandten mit Fahrzeugen dahin bestellten und dann entwischten. Der Kommandant erließ härtere Tagesbefehle und bat in Marseille um Verstärkung, von wo 200 Mann mehr ins Fort gelegt wurden. Das ist Alles, was wir in den Blättern über die große Insurrektion der gestrigen Pariser Abendblätter lesen. Aus Lyon besitzen wir Berichte bis zum 25. März. In Rive de Gier und St. Etienne ist zwar die Gährung unter den Arbeitern eher im Steigen als Abnehmen; doch ist bisher noch kein Blut geflossen. Das Militair rückte zeitig ein und nahm ‒ so meldet der Courier de Lyon vom 25. ‒ zwanzig der Haupträdelsführer der Arbeitseinstellung gefangen. Sehr merkwürdig ist die Gründung eines „Comptoir du Peuple“ in der Guillotiére, in dessen Prospektus es heißt: unsere Operationen bestehen darin, den Commerçants, Marchands und Kleinbürgern (ouvriers sind nicht genannt) Kredit, baares Geld und Arbeit zu verschaffen. Was wollen die Unzufriedenen mehr verlangen. Zu solcher Concurrenz kann sich Proudhon nur Glück wünschen. Hört! Hört! Sechs Kapitalisten haben (versichert die Union heute in großer Schrift) bei einem Notarius des Faubourg St. Germain jeder 50,000 Frks. (macht 300,000 Frks.) deponirt, um ein Journal: „L'Anti Proudhon oder: Le Veritable Ami du Peuple“ mit dem Motto: „Aug um Aug, Zahn um Zahn“, zu stiften, welches sich zur Aufgabe macht, das Volk vor gänzlicher Vergiftung durch Proudhon's „Peuple“ zu retten, und welches in alle Werkstätten und Kasernen gratis vertheilt werden soll. Die erste Nummer des Anti Proudhon erscheint 14 Tage vor den nächsten Wahlen. Granier de Cassagnac und einige andere Redakteure der seligen Epoque werden als Hauptmitarbeiter genannt. ‒ Proudhon's Volksbank veröffentlicht ihre Bilanz bis zum 25. März: 2592 detachirte Aktien 12,960 Frs. 5893 Coupons 2946 Frs. 3682 Aktienunterschreibungen 18,410 Frs. Baarbestand 34,316 Frs. An Adherenten zählt sie in Paris 11,355, in Lyon 1054, in Reims 108 und in Besançon 82. Die Bank hofft am 10. April ihre Operationen zu beginnen. ‒ Wenn man glaubt, daß in Bourges blos Nationalgerichtshof gehalten wird und Alles sehr criminaliter aussieht, so irrt man sich. Es wird im Gegentheil dort viel bankettirt und konspirirt. Sie kennen schon die Details des Banketts, das die hiesigen Rothen so zu sagen unter der Nase der zahllosen Polizeiagenten dem Ledru-Rollin gaben; andere Bankette in kleineren Kreisen finden fast täglich unter Journalisten, Stenographen (Arbeitern und Soldaten) (!) Statt. Nicht weniger bezeichnend als diese volksthümlichen Regungen sind jedoch die Zusammenkünfte, welche die Hoch-Geschwornen unter sich halten. Diese Kränzchen finden bei Ravez, dem ehemaligen Kammerpräsidenten unter der Restauration Statt, und sind nur politischer Natur. Die Lage der Republik wird darin diskutirt, und soviel uns zu Ohren gekommen, regte man in den ersten Tagen sehr zarte Dinge an, welche im Elysée große Sensation verursachte. Sind wir nicht ganz unglücklich, so gelingt es wohl, den Schleier von diesen Conventikeln noch etwas höher zu heben. Sie sind wichtig, diese Conventikel, da der Gerichtshof aus allen Departements besteht. Ravez wurde von der Gironde als Jüre geschickt. In jedem Fall geht der Prozeß binnen acht Tagen zu Ende. Er hat die großen Knalleffekthascher gänzlich getäuscht. Heute, Sonntag, war keine Sitzung. ‒ Nationalversammlung. Sitzung vom 26. März. Marrast besteigt um 11 3/4 Uhr den Präsidentenstuhl. An der Tagesordnung sind zunächst mehrere Anträge von Städten und ganzen Departements, welche um die Erlaubniß bitten, sich Behufs Beschäftigung ihres Proletariats übersteuern zu dürfen. Dahin gehören: 1. Corsika. 2. Stadt Alby mit 220,000 Fr. 3. Das Sarthedepartement. Alle diese Uebersteuerungsvorlagen werden mit 576 Stimmen gegen wenige genehmigt. Dann genehmigt die Versammlung einen Kredit für die republikanische Garde pro 1849 mit 579 gegen 10 Stimmen. Sarrans überreicht seinen Ausschußbericht über Francisque Bouvets Antrag: „Auf Abhaltung eines Kongresses aller gebildeten Völker Behufs Herstellung des ewigen Friedens und resp. Abschaffung aller Kriege.“ Der Antragsteller präsidirte jüngst bekanntlich den Friedenskongreß in Brüssel und wir werden auf den Bericht zurückkommen. Der Ausschuß beantragt, wie wir hören, vorläufige Verwerfung. (Ah! Ah!) Statt des Verantwortlichkeitsgesetzes nimmt hierauf die Versammlung das Bautenbudget wieder auf. Sie war bis zum Kapitel 12 (Flußbauten, Uferbauten etc.) gerückt. Die Budgetkommission schlägt auf diesen Posten eine Ersparniß von 4,230,000 Fr. vor. Der Minister Lacrosse will in eine Ermäßigung von 1 1/2 Million willigen, bekämpft aber den Ueberrest. Ueber diese Ziffer sowohl, als andere Posten entspinnt sich zwischen dem Berichterstatter Stourm und dem Minister eine lange Debatte, die mit Annahme der vorgeschlagenen Reduktion zum großen Nachtheile des Proletariats endigt. Die Seehäfen gaben zu einer längeren Debatte Veranlassung, die jedoch wenig Interesse bot Schließlich hob Marrast hervor, daß er die Dringlichkeit beim Kredit für die republikanische Garde vergessen habe, weshalb sich die Versammlung veranlaßt sieht, morgen noch einmal auf diesen Gegenstand zurückzukommen. Die Sitzung wird um 1/4 vor 6 Uhr geschlossen. * Bourges, 22. März. (Prozeßverhandlung.) Die Sitzung beginnt 10 1/2 Uhr. Zeuge Iwan Golowine, 32 Jahre alt, russischer Flüchtling. Herr v. Lamartine hat gesagt, daß Delegirte von den Clubs in Warschau und Krakau nach Paris gekommen seien; Hr. v. Lamartine täuscht sich vollständig, denn nie haben in Warschau und Krakau Clubs existirt. Der russische Kaiser würde dieselben nicht geduldet haben, und überdies wissen die Einwohner sehr gut, daß in einer Versammlung von 4 Personen sich immer ein Mouchard befindet. Die Aeußerung, welche der Zeuge Golowine am 15. Mai über die Vertheilung von 10,000 Fr. russischen Geldes gethan haben soll, läugnet derselbe ab. Zeuge Bracquehaye, 50 Jahre alt, Oberstlieutenant im Generalstabe, erzählt, daß er am 15. Mai Ordre bekommen, nach dem Hotel-de-Ville auszurücken, dann aber wieder Gegenordre erhalten hätte. Da er nichts anzufangen gewußt, und bald darauf von der Cernirung des Hauses Sobrier durch den Commandanten Lallier gehört hätte, sei ihm der „Einfall gekommen“, für sein Theil das Haus Villain's zu belagern. Er habe eine „Mausefalle“ angelegt, und in der That im Innern mehrere Individuen gefangen genommen. Präsident. Fanden Sie Patronen in den Zimmern? Zeuge. Ich weiß nichts davon. Präsident. Fanden Sie Verdächtiges an Personen oder Gegenständen vor. Zeuge. Ich weiß nichts davon; ich stand im Hofe und ließ Alles aus der „Mausefalle“ herausholen. Mehrere andere Zeugen werden darüber vernommen, ob Villain Waffen und Munition in seinem Hause gehabt habe; ein Stubenfeger sagt aus, daß er an der Wand einmal ein geladenes Pistol gesehen. Präsident. Angeklagter Villain, was haben Sie am 15. Mai gemacht? Villain. Ich überlasse es Ihnen, dies durch die Zeugen feststellen zu lassen. (Gelächter). Zeuge Montier, 39 Jahre alt, Waffenschmied, erzählt, daß einer seiner Arbeiter, Namens Ley, welcher Mitglied der Gesellschaft der Menschenrechte gewesen, längere Zeit vorher schon Befürchtungen über einen Zusammenstoß am 15. Mai ausgesprochen habe. Zeuge Sebastian Ley, 40 Jahr alt, Schlosser, erklärt vor dem 15. Mai Barbes von Ansehen, Villain aber gar nicht gekannt zu haben. Präsident. Sie waren Mitglied der Gesellschaft der Menschenrechte, und kannten Villain nicht, der Präsident daselbst war? Zeuge. Nein, ich kannte ihn nicht. Präsident. Sie haben Ihrem Meister die Bewegung vom 15. Mai vorausgesagt? Zeuge. Ja wohl, nach den Journalen. Präsident. Sie haben während Ihrer Haft vor dem Instruktionsrichter erklärt, daß die Gesellschaft der Menschenrechte Ordre erhalten hätte, am 15. Mai auszurücken? Zeuge. Oh, ich wollte in Freiheit gesetzt sein und bejahte Alles, was man wünschte. Ich sagte, ich hätte den Befehl mitauszurücken von 2 Individuen erhalten, von denen der Eine groß, der Andere klein gewesen, und die ich nie gesehen noch gekannt hätte (Gelächter.) Präsident. Warum haben Sie nach dem 15. Mai Ihren Bart abgeschnitten? Zeuge. Nach dem 15. Mai schrie man alle Republikaner als Communisten aus, und drohte sie in die Seine zu werfen. Ich hatte keine Lust zu diesen Experimenten und suchte mich durch Abschneiden meines Bartes unkenntlich zu machen. Präsident. Sie haben indeß vor dem Instruktionsrichter gesagt, daß Sie vor den Mitgliedern der Gesellschaft Furcht gehabt hätten. Zeuge. Ah, ich sage Ihnen ja, ich sehnte mich nach meiner Entlassung aus dem Gefängniß, und glaubte mich deshalb am Besten vor dem Instruktionsrichter als zweideutiger Republikaner denunziren zu müssen. (Gelächter.) Präsident. Sie behaupten also, Ihre ganze Belastungsaussage vor dem Instruktionsrichter nur zum Zweck Ihrer Freilassung gegeben zu haben. Zeuge. (Lebhaft.) Bürger Präsident, wenn ich Garçon gewesen wäre, würde ich in den Casematten gestorben und verfault sein; aber die Casematten sind eine Tortur, eine Angstpresse, wenn man Familienvater ist, wenn man Tag und Nacht das Bild einer Frau und vier Kinder vor Augen hat, die dem Elend und dem Hungertode preisgegeben sind. Ich habe als Familienvater Alles gethan, und ich schäme mich dessen nicht; Bürger Präsident, ich habe jedes Mittel ergriffen, um aus dem Gefängniß zu kommen und die Meinigen durch meiner Hände Arbeit vor dem Verderben retten zu können. (Diesen Worten folgt ein tobender Beifallssturm im Publikum, und der Präsident suchte lange Zeit vergebens die allgemeine Bewegung zu meistern.) General-Prokurator Baroche. Ich verlange, daß der Zeuge die Sitzung nicht verlasse und zu diesem Zweck von zwei Gensd'armen bewacht werde. (Großer Tumult.) Villain. Das heißt den Zeugen Gewalt anthun. (Ley nimmt in der Mitte von zwei Gensd'armen auf der Zeugenbank Platz.) Präsident. Zeuge Ley, ich mache Sie darauf aufmerksam, daß die Strafen auf falsches Zeugniß sehr schwer sind. Ley. Bürger Präsident, ich habe im Fort gelogen, weil ich nicht Zeuge war; heute bin ich Zeuge, und ich sage die Wahrheit und bin bereit allen Folgen zu trotzen. Zeuge Lallier, 34 Jahre alt, Schiffskapitain, Ex-Kommandant der Marine-Garde, ist am 15. Mai mit zehn von seinen Leuten in Sobriers Haus gesendet worden, welches bereits von der Nationalgarde bewacht war. Er durchsuchte das Haus, während die Nationalgarde alle Möbel, Tapeten u. s. w. entzwei schlug. Als einige Gardisten plötzlich unter dem Geschrei: „Das Haus fliegt in die Luft! Es ist Pulver im Keller!“ die Flucht ergriffen, ging der Zeuge in den Keller, wo er statt des Pulvers nur Wein und einige Kaninchen fand. (Gelächter.) In der Wohnung fand man Kasten mit 100 Gewehren; die Nationalgarde schlug die Weinfässer auf und betrank sich in honett-bürgerlicher, viehischer Weise. Präsident. Wir schreiten zum Verhör der Entlastungszeugen. Zeuge Blandin, 28 Jahr alt, Graveur. Blanqui. Der Zeuge war in dem Delegirten-Corps; er gehörte zu dem Todtenposten des Stadthauses. Ich frage ihn, was ich gethan habe. Zeuge. Ich sah Herrn Blanqui an dem Posten, und kann versichern daß nicht er, sondern wir es waren, welche den Einlaß von 25 Männern verlangten; wir wollten diese Leute bei uns, weil wir sie als alte Republikaner kannten. Zeuge Boisaubert, 35 Jahr alt, und Zeuge Gosset, 30 Jahr, Mechaniker, haben Blanqui am Bahnhof der Nordbahn gesehen, wo derselbe die Arbeiter für die Vertagung der Wahlen einzunehmen suchte. Als Blanqui seine Rede beendigt hatte, rief ein Arbeiter: „Und wenn die National-Versammlung schlecht ausfällt, werfen wir sie zu den Fenstern hinaus.“ Gegen diesen Ruf habe Blanqui auf das Energischste protestirt, da das Volk seine eigne Souveränetät nicht verletzen dürfe. Zeuge Chaumont, 33 Jahr alt, hat Blanqui an der Nordbahn wie auch in Vauxhall energisch gegen die Theorie protestiren gehört, daß man eine reaktionäre Nationalversammlung gewaltsam fortjagen dürfe. Zeuge Lavoye, 33 Jahr alt, hat in Vauxhall dasselbe gehört, und erklärt auf Befragen Blanqui's, daß die Arbeiter am 17. März die Vertagung der Wahlen und am 16. April die Bildung eines Fortschrittsministeriums für die Organisation der Arbeit verlangen wollten. Hierzu eine Beilage.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 258. Köln, 29. März 1849, S. 1452. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz258_1849/4>, abgerufen am 28.04.2024.