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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 253. Köln, 23. März 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 253. Köln, Freitag, den 23. März 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. -- Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April-Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen.

Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen.

Uebersicht.

Deutschland Köln. (Hohenzoller'scher Preßgesetzentwurf. [Schluß.] -- Die Kammern und die Minister.) Eschweiler (Stiller Belagerungszustand.) Crefeld. (Der Preußenverein. -- Ein protestantischer Lehrer.) Berlin. (Kammersitzung. -- Vermischtes.) Königsberg. (Der Festzug am 18. März verboten.) Breslau (Der 19. März.) Wien. (Vermischtes.) München. (Rückkehr zur schönen Zeit.) Aus Franken. (Fränkische Zustände.) Frankfurt. (National-Versammlung.)

Italien. Palermo. (Ankunft der Admirale. -- Das Ultimatum. -- Die Nationalgarde.) Rom. (Aus der Konstituante) Florenz. (Parade. -- Ankunft römischer Kommissarien -- Circular des Erzbischofs von Pisa.) Turin. (Der Krieg. -- Ein Proklamations-Entwurf. -- Chrzanowski) Venedig. (Manin mit diktatorischer Gewalt bekleidet.)

Schweiz. Tessin. (Die östreichische Grenzsperre. -- Militärische Vorsichtsmaßregeln.)

Franz. Republik. Paris (Vermischtes. Nat.-Vers.). Bourges (Prozeß der Maigefangenen.)

Großbritannien. London (Parlament. -- Der deutsche Central-Dämpfer -- Acadia).

Donaufürstenthümer. Bukarest. (Russische und türkische Streitmacht. -- Die moldau-wallachische Miliz. -- Die wallachischen Flüchtlinge in Siebenbürgen).

Ungarn. Vom Kriegsschauplatze. -- Hermannstadt (Verhaftung wallachischer Flüchtlinge).

Amerika. Taylor's Antrittsrede. Pernambuco (Niederlage der Insurgenten).

Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der "Neuen Rheinischen Zeitung" oder der "Neuen Kölnischen Zeitung" baldigst zugehen zu lassen.

Deutschland.
* Köln, 22. März.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Blödsinn deutscher Zeitungen.
(Die Neue Preußische Zeitung.)

(Schluß.)

Während so im oberen Stockwerk der Neuen Preußischen Zeitung die kanzelberedsamkeitliche Heulerei würdiger Pastoren ihr "thut Buße und belehret Euch, kreuziget Euer Fleisch sammt seinen Lüsten und Begierden" u. s. w. mit ernster Prophetenstimme ruft, dient das Unterstübchen, "Berliner Zuschauer" genannt, nach wie vor zum gemüthlichsten Rendezvous der allerordinärsten Berliner Bummelei. Oben der erschreckende Ernst und der Feuereifer polternder Glaubenshelden; unten ein entfernter Versuch zum Humor, wenig Witz und viel Behagen, und eine Reihe selbstzufriedener Reflexionen, die sich alle um den einen Mittelpunkt drehen: "es giebt nur ein Berlin"; oben sittliche Entrüstung und Tugendpredigt, unten Berliner chronique scandaleuse, Anläufe zu galanten Lieutenantsabenteuern, fleischliche Gelüste und stille Liederlichkeit: oben eine Kirche, unten eine Weißbierkneipe -- das ist die Neue Preußische Zeitung in ihrer jetzigen Phase.

Daß die Bierkneipe unter dem Druck der Kirche gelitten hat und die Unterhaltung täglich fader wird, versteht sich von selbst.

Die Zusammenstellung der beiden Theile des Neuen Preußischen Blättchens macht übrigens einen ergötzlichen Effekt. In einigen der letzten Nummern z. B. enthält das Oberstübchen folgenden kanzelrednerischen Blödsinn:

"Der König von Preußen
steht im März 1849 zum zweiten Male auf einem Höhepunkte der ihm in der Mitte des Jahrhunderts angewiesenen Laufbahn. Die fallirende Revolution, schon bis an's Kinn unter Wasser, streckt von Frankfurt aus flehend die Hand nach ihm aus, in welcher sie, keck und verzagend zugleich, eine Krone von Goldpapier voll Blut und Koth ihm hinhält. Und Deutschland, erbebend von dem Sturze der versinkenden Revolution, erwartet sein Schicksal aus dem Munde des Königs. Rechts öffnet sich der Weg der Treue, der Ehre, der Macht, der Weg des Königs von Gottes Gnaden, -- links der Weg der Lüge, der Schande, der Ohnmacht, der Weg der revolutionären Usurpation. Die Frage: rechts oder links? -- ergeht durchdringend durch alle Gaukelspiele des Konstitutionalismus und des Radikalismus, geraden Weges an des Königs Gewissen.

Im März 1848 stand der König zuerst auf einem solchen Höhepunkte, an einem solchen Scheidewege. Damals galt es seinen Thron, sein Land, Deutschland schützen, behaupten, retten, oder -- aufgeben der Revolution gegenüber. Auch damals harrte Deutschland, zitternd vor der siegenden Revolution, der Entscheidung aus dem Munde des Königs.

Preußen, fest und stark in sich, Preußen mächtig in Deutschland, Preußen und Deutschland fest, stark und mächtig in der Christenheit, -- das war 1848, das ist 1849 das Ziel, zu dem der Weg rechts hinführt.

Wir brauchen nicht auszusprechen, welcher Weg im März 1848 eingeschlagen worden ist.

Nicht der Menschen Verdienst, -- Gottes Gnade, von der die Könige sind, Gottes, der seine ewigen Ordnungen ehrt, der die wankenden Throne hält und die zagenden Könige stärkt, der die gefallenen wieder aufrichtet, -- Gottes Gnade ist es, die den König noch ein Mal -- vielleicht zum letzten Male -- auf einen solchen Höhepunkt, an einen solchen Scheideweg stellt.

Möge der 18. März 1849 ein Tag der Buße, -- aber auch ein Tag rechtschaffener Früchte der Buße sein!"

Welch' ein riesenhafter, gottbegeisterter Muth gehört nicht dazu für einen Konsistorialrath, dem Könige solche biblische Sottisen zu sagen! Wahrhaftig, ein stilles, wärmendes Gefühl, etwa wie beim Genusse eines guten Seidels bairischen Biers, muß die Eingeweide eines Landesvaters behaglich durchziehen, wenn er solche Bußpredigten liest und an "Sein herrliches Kriegsheer" denkt!

Am 18. März vorigen Jahres, wo waren da die hochwohlehrwürdigen Konsistorialräthe, Superintendenten und Bischöfe der königl. preußischen Landeskirche? Damals verkrochen sie sich in die hintersten Hintergemächer ihrer Wohnungen, während draußen die Kanonen donnerten, und die besoffenen Pommern in den Häusern Weiber und Kinder massakrirten. Und erst als ihre geängstigten Ehehälften und Kinder das Schießen gar nicht mehr vertragen konnten, erst da krochen die Couragirtesten unter ihnen aus ihren Höhlen hervor und stiegen unter dem Schutz ihrer Talare und Beffchen über die Barrikaden -- etwa um den wankenden König in seinem Vertrauen auf die Gnade Gottes zu stärken, um ihn an seine Pflicht zu mahnen, ein strenges Gericht über die Rebellen zu halten? Bewahre! Sie zogen auf's Schloß, um die Einstellung des Blutvergießens und den Rückzug der Truppen zu erwirken!

Dieselben Herren Konsistorialräthe haben jetzt bereits wieder soviel Courage gewonnen, daß sie es wagen, der irdischen Majestät die Erhörung ihrer eigenen Bitte zum Verbrechen zu machen. Die "neuen preußischen" Jesaiaffe beschränken ihre Heldenthaten darauf, dem neuen preußischen Hiskias Vorwürfe zu machen, die ihm lieber sind, als die größten Schmeicheleien.

Zwei Tage später ist der Jahrestag des Berliner Aufstandes selbst. Der Neue Preußische Kalender enthält hier folgendes Evangelium für Sonntag den 18. März (Lätare):

Neues Preußisches Evangelium. Kapitel 65, Vers 1: Der achtzehnte März, dies Datum ist allein ein leitender Artikel, voll Inhalts, wie ihn nur der Finger Gottes schreiben kann. V. 2: Vor ihm sollen sich bücken alle Höhen, und alle Zungen, auch die der Fürsten, bekennen, daß er allein der Herr ist. V. 3: Er hat geschmolzen, und es waren viel Schlacken, er hat gewaschen, und es war viel Schmutz. Wer wird uns läutern und reinigen? V. 4: Unsere "Wäscher" vom verflossenen Jahr haben uns nur mehr beschmutzt, unsere Schmiede haben nur das Feuer angefacht, und es war Niemand da, welcher den Hammer zu schwingen verstand.

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 253. Köln, Freitag, den 23. März 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April-Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen.

Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen.

Uebersicht.

Deutschland Köln. (Hohenzoller'scher Preßgesetzentwurf. [Schluß.] — Die Kammern und die Minister.) Eschweiler (Stiller Belagerungszustand.) Crefeld. (Der Preußenverein. — Ein protestantischer Lehrer.) Berlin. (Kammersitzung. — Vermischtes.) Königsberg. (Der Festzug am 18. März verboten.) Breslau (Der 19. März.) Wien. (Vermischtes.) München. (Rückkehr zur schönen Zeit.) Aus Franken. (Fränkische Zustände.) Frankfurt. (National-Versammlung.)

Italien. Palermo. (Ankunft der Admirale. — Das Ultimatum. — Die Nationalgarde.) Rom. (Aus der Konstituante) Florenz. (Parade. — Ankunft römischer Kommissarien — Circular des Erzbischofs von Pisa.) Turin. (Der Krieg. — Ein Proklamations-Entwurf. — Chrzanowski) Venedig. (Manin mit diktatorischer Gewalt bekleidet.)

Schweiz. Tessin. (Die östreichische Grenzsperre. — Militärische Vorsichtsmaßregeln.)

Franz. Republik. Paris (Vermischtes. Nat.-Vers.). Bourges (Prozeß der Maigefangenen.)

Großbritannien. London (Parlament. — Der deutsche Central-Dämpfer — Acadia).

Donaufürstenthümer. Bukarest. (Russische und türkische Streitmacht. — Die moldau-wallachische Miliz. — Die wallachischen Flüchtlinge in Siebenbürgen).

Ungarn. Vom Kriegsschauplatze. — Hermannstadt (Verhaftung wallachischer Flüchtlinge).

Amerika. Taylor's Antrittsrede. Pernambuco (Niederlage der Insurgenten).

Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“ oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen.

Deutschland.
* Köln, 22. März.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Blödsinn deutscher Zeitungen.
(Die Neue Preußische Zeitung.)

(Schluß.)

Während so im oberen Stockwerk der Neuen Preußischen Zeitung die kanzelberedsamkeitliche Heulerei würdiger Pastoren ihr „thut Buße und belehret Euch, kreuziget Euer Fleisch sammt seinen Lüsten und Begierden“ u. s. w. mit ernster Prophetenstimme ruft, dient das Unterstübchen, „Berliner Zuschauer“ genannt, nach wie vor zum gemüthlichsten Rendezvous der allerordinärsten Berliner Bummelei. Oben der erschreckende Ernst und der Feuereifer polternder Glaubenshelden; unten ein entfernter Versuch zum Humor, wenig Witz und viel Behagen, und eine Reihe selbstzufriedener Reflexionen, die sich alle um den einen Mittelpunkt drehen: „es giebt nur ein Berlin“; oben sittliche Entrüstung und Tugendpredigt, unten Berliner chronique scandaleuse, Anläufe zu galanten Lieutenantsabenteuern, fleischliche Gelüste und stille Liederlichkeit: oben eine Kirche, unten eine Weißbierkneipe — das ist die Neue Preußische Zeitung in ihrer jetzigen Phase.

Daß die Bierkneipe unter dem Druck der Kirche gelitten hat und die Unterhaltung täglich fader wird, versteht sich von selbst.

Die Zusammenstellung der beiden Theile des Neuen Preußischen Blättchens macht übrigens einen ergötzlichen Effekt. In einigen der letzten Nummern z. B. enthält das Oberstübchen folgenden kanzelrednerischen Blödsinn:

Der König von Preußen
steht im März 1849 zum zweiten Male auf einem Höhepunkte der ihm in der Mitte des Jahrhunderts angewiesenen Laufbahn. Die fallirende Revolution, schon bis an's Kinn unter Wasser, streckt von Frankfurt aus flehend die Hand nach ihm aus, in welcher sie, keck und verzagend zugleich, eine Krone von Goldpapier voll Blut und Koth ihm hinhält. Und Deutschland, erbebend von dem Sturze der versinkenden Revolution, erwartet sein Schicksal aus dem Munde des Königs. Rechts öffnet sich der Weg der Treue, der Ehre, der Macht, der Weg des Königs von Gottes Gnaden, — links der Weg der Lüge, der Schande, der Ohnmacht, der Weg der revolutionären Usurpation. Die Frage: rechts oder links? — ergeht durchdringend durch alle Gaukelspiele des Konstitutionalismus und des Radikalismus, geraden Weges an des Königs Gewissen.

Im März 1848 stand der König zuerst auf einem solchen Höhepunkte, an einem solchen Scheidewege. Damals galt es seinen Thron, sein Land, Deutschland schützen, behaupten, retten, oder — aufgeben der Revolution gegenüber. Auch damals harrte Deutschland, zitternd vor der siegenden Revolution, der Entscheidung aus dem Munde des Königs.

Preußen, fest und stark in sich, Preußen mächtig in Deutschland, Preußen und Deutschland fest, stark und mächtig in der Christenheit, — das war 1848, das ist 1849 das Ziel, zu dem der Weg rechts hinführt.

Wir brauchen nicht auszusprechen, welcher Weg im März 1848 eingeschlagen worden ist.

Nicht der Menschen Verdienst, — Gottes Gnade, von der die Könige sind, Gottes, der seine ewigen Ordnungen ehrt, der die wankenden Throne hält und die zagenden Könige stärkt, der die gefallenen wieder aufrichtet, — Gottes Gnade ist es, die den König noch ein Mal — vielleicht zum letzten Male — auf einen solchen Höhepunkt, an einen solchen Scheideweg stellt.

Möge der 18. März 1849 ein Tag der Buße, — aber auch ein Tag rechtschaffener Früchte der Buße sein!“

Welch' ein riesenhafter, gottbegeisterter Muth gehört nicht dazu für einen Konsistorialrath, dem Könige solche biblische Sottisen zu sagen! Wahrhaftig, ein stilles, wärmendes Gefühl, etwa wie beim Genusse eines guten Seidels bairischen Biers, muß die Eingeweide eines Landesvaters behaglich durchziehen, wenn er solche Bußpredigten liest und an „Sein herrliches Kriegsheer“ denkt!

Am 18. März vorigen Jahres, wo waren da die hochwohlehrwürdigen Konsistorialräthe, Superintendenten und Bischöfe der königl. preußischen Landeskirche? Damals verkrochen sie sich in die hintersten Hintergemächer ihrer Wohnungen, während draußen die Kanonen donnerten, und die besoffenen Pommern in den Häusern Weiber und Kinder massakrirten. Und erst als ihre geängstigten Ehehälften und Kinder das Schießen gar nicht mehr vertragen konnten, erst da krochen die Couragirtesten unter ihnen aus ihren Höhlen hervor und stiegen unter dem Schutz ihrer Talare und Beffchen über die Barrikaden — etwa um den wankenden König in seinem Vertrauen auf die Gnade Gottes zu stärken, um ihn an seine Pflicht zu mahnen, ein strenges Gericht über die Rebellen zu halten? Bewahre! Sie zogen auf's Schloß, um die Einstellung des Blutvergießens und den Rückzug der Truppen zu erwirken!

Dieselben Herren Konsistorialräthe haben jetzt bereits wieder soviel Courage gewonnen, daß sie es wagen, der irdischen Majestät die Erhörung ihrer eigenen Bitte zum Verbrechen zu machen. Die „neuen preußischen“ Jesaiaffe beschränken ihre Heldenthaten darauf, dem neuen preußischen Hiskias Vorwürfe zu machen, die ihm lieber sind, als die größten Schmeicheleien.

Zwei Tage später ist der Jahrestag des Berliner Aufstandes selbst. Der Neue Preußische Kalender enthält hier folgendes Evangelium für Sonntag den 18. März (Lätare):

Neues Preußisches Evangelium. Kapitel 65, Vers 1: Der achtzehnte März, dies Datum ist allein ein leitender Artikel, voll Inhalts, wie ihn nur der Finger Gottes schreiben kann. V. 2: Vor ihm sollen sich bücken alle Höhen, und alle Zungen, auch die der Fürsten, bekennen, daß er allein der Herr ist. V. 3: Er hat geschmolzen, und es waren viel Schlacken, er hat gewaschen, und es war viel Schmutz. Wer wird uns läutern und reinigen? V. 4: Unsere „Wäscher“ vom verflossenen Jahr haben uns nur mehr beschmutzt, unsere Schmiede haben nur das Feuer angefacht, und es war Niemand da, welcher den Hammer zu schwingen verstand.

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[1417/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 253. Köln, Freitag, den 23. März 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April-Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen. Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen. Uebersicht. Deutschland Köln. (Hohenzoller'scher Preßgesetzentwurf. [Schluß.] — Die Kammern und die Minister.) Eschweiler (Stiller Belagerungszustand.) Crefeld. (Der Preußenverein. — Ein protestantischer Lehrer.) Berlin. (Kammersitzung. — Vermischtes.) Königsberg. (Der Festzug am 18. März verboten.) Breslau (Der 19. März.) Wien. (Vermischtes.) München. (Rückkehr zur schönen Zeit.) Aus Franken. (Fränkische Zustände.) Frankfurt. (National-Versammlung.) Italien. Palermo. (Ankunft der Admirale. — Das Ultimatum. — Die Nationalgarde.) Rom. (Aus der Konstituante) Florenz. (Parade. — Ankunft römischer Kommissarien — Circular des Erzbischofs von Pisa.) Turin. (Der Krieg. — Ein Proklamations-Entwurf. — Chrzanowski) Venedig. (Manin mit diktatorischer Gewalt bekleidet.) Schweiz. Tessin. (Die östreichische Grenzsperre. — Militärische Vorsichtsmaßregeln.) Franz. Republik. Paris (Vermischtes. Nat.-Vers.). Bourges (Prozeß der Maigefangenen.) Großbritannien. London (Parlament. — Der deutsche Central-Dämpfer — Acadia). Donaufürstenthümer. Bukarest. (Russische und türkische Streitmacht. — Die moldau-wallachische Miliz. — Die wallachischen Flüchtlinge in Siebenbürgen). Ungarn. Vom Kriegsschauplatze. — Hermannstadt (Verhaftung wallachischer Flüchtlinge). Amerika. Taylor's Antrittsrede. Pernambuco (Niederlage der Insurgenten). Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“ oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen. Deutschland. * Köln, 22. März. _ Blödsinn deutscher Zeitungen. (Die Neue Preußische Zeitung.) (Schluß.) Während so im oberen Stockwerk der Neuen Preußischen Zeitung die kanzelberedsamkeitliche Heulerei würdiger Pastoren ihr „thut Buße und belehret Euch, kreuziget Euer Fleisch sammt seinen Lüsten und Begierden“ u. s. w. mit ernster Prophetenstimme ruft, dient das Unterstübchen, „Berliner Zuschauer“ genannt, nach wie vor zum gemüthlichsten Rendezvous der allerordinärsten Berliner Bummelei. Oben der erschreckende Ernst und der Feuereifer polternder Glaubenshelden; unten ein entfernter Versuch zum Humor, wenig Witz und viel Behagen, und eine Reihe selbstzufriedener Reflexionen, die sich alle um den einen Mittelpunkt drehen: „es giebt nur ein Berlin“; oben sittliche Entrüstung und Tugendpredigt, unten Berliner chronique scandaleuse, Anläufe zu galanten Lieutenantsabenteuern, fleischliche Gelüste und stille Liederlichkeit: oben eine Kirche, unten eine Weißbierkneipe — das ist die Neue Preußische Zeitung in ihrer jetzigen Phase. Daß die Bierkneipe unter dem Druck der Kirche gelitten hat und die Unterhaltung täglich fader wird, versteht sich von selbst. Die Zusammenstellung der beiden Theile des Neuen Preußischen Blättchens macht übrigens einen ergötzlichen Effekt. In einigen der letzten Nummern z. B. enthält das Oberstübchen folgenden kanzelrednerischen Blödsinn: „Der König von Preußen steht im März 1849 zum zweiten Male auf einem Höhepunkte der ihm in der Mitte des Jahrhunderts angewiesenen Laufbahn. Die fallirende Revolution, schon bis an's Kinn unter Wasser, streckt von Frankfurt aus flehend die Hand nach ihm aus, in welcher sie, keck und verzagend zugleich, eine Krone von Goldpapier voll Blut und Koth ihm hinhält. Und Deutschland, erbebend von dem Sturze der versinkenden Revolution, erwartet sein Schicksal aus dem Munde des Königs. Rechts öffnet sich der Weg der Treue, der Ehre, der Macht, der Weg des Königs von Gottes Gnaden, — links der Weg der Lüge, der Schande, der Ohnmacht, der Weg der revolutionären Usurpation. Die Frage: rechts oder links? — ergeht durchdringend durch alle Gaukelspiele des Konstitutionalismus und des Radikalismus, geraden Weges an des Königs Gewissen. Im März 1848 stand der König zuerst auf einem solchen Höhepunkte, an einem solchen Scheidewege. Damals galt es seinen Thron, sein Land, Deutschland schützen, behaupten, retten, oder — aufgeben der Revolution gegenüber. Auch damals harrte Deutschland, zitternd vor der siegenden Revolution, der Entscheidung aus dem Munde des Königs. Preußen, fest und stark in sich, Preußen mächtig in Deutschland, Preußen und Deutschland fest, stark und mächtig in der Christenheit, — das war 1848, das ist 1849 das Ziel, zu dem der Weg rechts hinführt. Wir brauchen nicht auszusprechen, welcher Weg im März 1848 eingeschlagen worden ist. Nicht der Menschen Verdienst, — Gottes Gnade, von der die Könige sind, Gottes, der seine ewigen Ordnungen ehrt, der die wankenden Throne hält und die zagenden Könige stärkt, der die gefallenen wieder aufrichtet, — Gottes Gnade ist es, die den König noch ein Mal — vielleicht zum letzten Male — auf einen solchen Höhepunkt, an einen solchen Scheideweg stellt. Möge der 18. März 1849 ein Tag der Buße, — aber auch ein Tag rechtschaffener Früchte der Buße sein!“ Welch' ein riesenhafter, gottbegeisterter Muth gehört nicht dazu für einen Konsistorialrath, dem Könige solche biblische Sottisen zu sagen! Wahrhaftig, ein stilles, wärmendes Gefühl, etwa wie beim Genusse eines guten Seidels bairischen Biers, muß die Eingeweide eines Landesvaters behaglich durchziehen, wenn er solche Bußpredigten liest und an „Sein herrliches Kriegsheer“ denkt! Am 18. März vorigen Jahres, wo waren da die hochwohlehrwürdigen Konsistorialräthe, Superintendenten und Bischöfe der königl. preußischen Landeskirche? Damals verkrochen sie sich in die hintersten Hintergemächer ihrer Wohnungen, während draußen die Kanonen donnerten, und die besoffenen Pommern in den Häusern Weiber und Kinder massakrirten. Und erst als ihre geängstigten Ehehälften und Kinder das Schießen gar nicht mehr vertragen konnten, erst da krochen die Couragirtesten unter ihnen aus ihren Höhlen hervor und stiegen unter dem Schutz ihrer Talare und Beffchen über die Barrikaden — etwa um den wankenden König in seinem Vertrauen auf die Gnade Gottes zu stärken, um ihn an seine Pflicht zu mahnen, ein strenges Gericht über die Rebellen zu halten? Bewahre! Sie zogen auf's Schloß, um die Einstellung des Blutvergießens und den Rückzug der Truppen zu erwirken! Dieselben Herren Konsistorialräthe haben jetzt bereits wieder soviel Courage gewonnen, daß sie es wagen, der irdischen Majestät die Erhörung ihrer eigenen Bitte zum Verbrechen zu machen. Die „neuen preußischen“ Jesaiaffe beschränken ihre Heldenthaten darauf, dem neuen preußischen Hiskias Vorwürfe zu machen, die ihm lieber sind, als die größten Schmeicheleien. Zwei Tage später ist der Jahrestag des Berliner Aufstandes selbst. Der Neue Preußische Kalender enthält hier folgendes Evangelium für Sonntag den 18. März (Lätare): Neues Preußisches Evangelium. Kapitel 65, Vers 1: Der achtzehnte März, dies Datum ist allein ein leitender Artikel, voll Inhalts, wie ihn nur der Finger Gottes schreiben kann. V. 2: Vor ihm sollen sich bücken alle Höhen, und alle Zungen, auch die der Fürsten, bekennen, daß er allein der Herr ist. V. 3: Er hat geschmolzen, und es waren viel Schlacken, er hat gewaschen, und es war viel Schmutz. Wer wird uns läutern und reinigen? V. 4: Unsere „Wäscher“ vom verflossenen Jahr haben uns nur mehr beschmutzt, unsere Schmiede haben nur das Feuer angefacht, und es war Niemand da, welcher den Hammer zu schwingen verstand.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 253. Köln, 23. März 1849, S. 1417. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz253_1849/1>, abgerufen am 21.11.2024.