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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 250. Köln, 20. März 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 250. Köln, Dienstag, den 20. März 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. -- Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April -- Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen.

Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen.

Uebersicht.

Deutschland. Köln (die ungarischen Kriegsnachrichten). -- Berlin (Klatsch). Wien (Vermischtes). Altona (östr. Depesche an Dänemark). Frankfurt (Kaiserdebatten).

Italien. (Der Krieg in Aussicht. -- Die römisch-toskanische Union. -- Neapolitanische Truppen nach Sizilien. -- Die Befestigung bei Venedig.)

Franz. Republik. Paris (die Brea-Mörder hingerichtet. -- Nat.-Verf.). -- Bourges (Maiprozeß).

Holland. Haag (le roi est mort, vive le roi).

Großbritannien. (Parlament).

Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der "Neuen Rheinischen Zeitung" oder der "Neuen Kölnischen Zeitung" baldigst zugehen zu lassen.

Deutschland.
* Köln, 19. März.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Die Langeweile, der Spleen und die Seekrankheit.

(Fortsetzung von Nro. 238, 241 und 243)

"Ja, theuerster Freund, ich dominire in England --" sprach die Göttin der Langenweile, etwas ermüdet von dem vielen Erzählen. -- "O, Verehrteste, erwiderte ich ihr --" ich bin ganz davon überzeugt; ich hatte die beste Gelegenheit, Ihr stilles Walten an Ort und Stelle zu bewundern. So wohnte ich z. B. einst in der Nähe einer Familie, deren Geschichte zu den langweiligsten gehört, die Sie hören können --"

"Erzählen Sie!" riefen meine Gäste, und ich mußte natürlich gehorchen.

"Besagte Familie bestand aus drei Personen. Aus dem Vater, der Mutter und der Tochter. Der Vater war ein Ehrenmann; er sprach wenig und aß viel. Den Trunk liebte er aber über die Maßen. Seines Zeichens war er ein Fabrikant von Grabsteinen, woraus Sie abnehmen können, daß der Herr Thompson nur mit den bessern Klassen der Gesellschaft zu thun hatte, denn ein Arbeiter reflektirt selten auf ein Monument, ein Arbeiter ist schon damit zufrieden, wenn er todt ist, ein Arbeiter ist ein ungebildeter Mann -- -- So dachte Hr. Thompson, und wie gesagt, machte er nur mit reichen Fabrikanten, mit feisten Pächtern, mit ehrwürdigen Pastoren, kurz, mit Leuten Geschäfte, die schon bei Lebzeiten einsehen, daß es dereinst gar nicht schaden kann, wenn man ihnen schwarz auf weiß auf die Grabsteine schreibt, daß sie einen tugendhaften Lebenswandel führten, Niemand betrogen, und gen Himmel fuhren als anständige Bürger der Stadt und gläubige Jünger Jesu Christi -- -- Herr Thompson machte vortreffliche Geschäfte. Aber der Trunk, der Trunk! Herr Thompson liebte den Trunk mehr als sein Leben und er trank sich deshalb zu Tode.

Als er aber nun eine schöne respektable Leiche war, da ging seine hinterlassene Gemahlin mit sich zu Rathe, und setzte ihm auf sein Grab den schönsten Leichenstein, der je die Asche eines Gerechten gedrückt hat. "Hier ruht Herr Thompson" -- hieß die Inschrift -- nFabrikant von Grabsteinen, Eigenthümer mehrerer Häuser und Familienvater. Wandrer stehe still u. s. w." -- Nichtsdestoweniger war die Wittwe unglücklich genug, keinen zweiten Wandrer durch's Leben auftreiben zu können.

Ja dies war sehr schlimm, denn der verstorbene Herr Thompson hatte seiner Gattin außer mehreren Häusern und außer seinem restirenden Vorrath an Grabsteinen auch noch dieselbe Leidenschaft hinterlassen, aus welcher er selbst in ein besseres Leben hinüberschlummerte, und je mehr sich die Aussicht der Wittwe verschlechterte, einen andern Gatten wiederzufinden, desto mehr verringerte sich bald der Werth der Häuser und die Zahl der Grabsteine, so daß von Häusern und Grabsteinen nur ein einziger unversetzter und nicht vertrunkener Grabstein übrig blieb, den Frau Thompson mit sich ins, oder vielmehr auf's Grab nahm, als sie, dem Beispiele ihres vorangegangenen Gemahles treu, endlich ebenfalls am Trunke dahinschied, um ihr Töchterchen ohne Häuser und ohne Grabsteine allein auf der Oberwelt zurückzulassen.

Die arme Miß Thompson war nun wirklich übel dran. Uebrigens war sie schön, und das ist schon immer etwas. Nachdem sie daher als ächte Engländerin bei sich überlegt hatte, ob sie nach Australien gehen, ob sie sich den Hals abschneiden, oder ob sie lieber heirathen solle: zog sie schließlich das letztere vor und verfügte sich sofort zu ihrer Nachbarin.

Der Zufall wollte es, daß ich bei eben dieser Nachbarin im Hause wohnte. Sie war eine der vortrefflichsten und ehrlichsten Frauen, die ich je gesehen habe. In der Kochkunst war sie nur bis zu einem Beefsteak gekommen, aber in der Frömmigkeit blieb sie hinter David und Salomo wenig zurück. Die Psalmen des erstern wußte sie vortrefflich falsch zu singen; die Katze, der siedende Theekessel und die Wetterfahne auf dem Dache stimmten in den Gesang ein und ich werde wohl nie wieder ein solches Konzert zu ertragen haben.

Meine alte Wirthin hatte den Besuch der jungen Miß Thompson freudig entgegengenommen und sofort die nöthige Rücksprache mit ihr getroffen. Es war ihr bald klar, was das Herz des armen Kindes verlangte, und keine zehn Minuten verflossen, da klopfte die ehrliche Frau auch schon an mein Zimmer.

Ich war nicht wenig erstaunt, die Alte mit der Jungen hereintreten zu sehen. Ich springe empor, ich lade die junge Dame auf's freundlichste ein, sich zu setzen, und nachdem wir die gewöhnlichen Artigkeitsphrasen mit einander gewechselt haben, erkundige ich mich darnach, was mir die Ehre dieses schönen Besuches verschafft hat.

Traurig schlägt da die kleine Miß ihre blauen Augen nieder; ich ergreife ihre weiche Hand und bitte sie, Zutrauen zu mir zu fassen und Alles von mir zu verlangen, was ein Sterblicher zu leisten im Stande ist -- aber vergebens. Eine peinliche Windstille ensteht in der Konversation. Ich habe Zeit, die junge Person zu betrachten; sie ist allerliebst. Die blonden Haare, der schlanke Wuchs, die weißen Hände und die schwermüthig verhangenen Augenlieder: Alles zieht mich unwillkührlich zu ihr hinüber; ich bitte sie inständigst, mir die Räthsel ihres kleinen Herzens zu erschließen und tausend Eide schwöre ich, nichts davon verrathen zu wollen -- aber umsonst!

Da ist endlich meine alte Wirthin so gescheidt, der allseitigen Verlegenheit ein Ende zu machen. Sie stemmt die Hände in die Seiten und erzählt mir die Geschichte von den Eltern des Mädchens, von den Häusern und den Grabsteinen: "Und sehn Sie --" fährt sie dann fort -- "Miß Eliza ist jetzt ein verlassenes Kind.

Was soll sie thun? Es ist am besten, daß sie heirathet. Sie trägt Ihnen daher ihr Herz und ihre Hand an und es wird ihr jedenfalls lieb sein, wenn Sie sich bald entschließen wollen, denn das Alleinsein ist langweilig und der Mann findet den besten Comfort in seinem geliebten Weibe --"

Einen Davidschen Psalm beginnend, endet die Alte ihren Vortrag und verwundert blicke ich bald auf die würdige Matrone,

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 250. Köln, Dienstag, den 20. März 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April — Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen.

Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen.

Uebersicht.

Deutschland. Köln (die ungarischen Kriegsnachrichten). — Berlin (Klatsch). Wien (Vermischtes). Altona (östr. Depesche an Dänemark). Frankfurt (Kaiserdebatten).

Italien. (Der Krieg in Aussicht. — Die römisch-toskanische Union. — Neapolitanische Truppen nach Sizilien. — Die Befestigung bei Venedig.)

Franz. Republik. Paris (die Brea-Mörder hingerichtet. — Nat.-Verf.). — Bourges (Maiprozeß).

Holland. Haag (le roi est mort, vive le roi).

Großbritannien. (Parlament).

Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“ oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen.

Deutschland.
* Köln, 19. März.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
Die Langeweile, der Spleen und die Seekrankheit.

(Fortsetzung von Nro. 238, 241 und 243)

„Ja, theuerster Freund, ich dominire in England —“ sprach die Göttin der Langenweile, etwas ermüdet von dem vielen Erzählen. — „O, Verehrteste, erwiderte ich ihr —“ ich bin ganz davon überzeugt; ich hatte die beste Gelegenheit, Ihr stilles Walten an Ort und Stelle zu bewundern. So wohnte ich z. B. einst in der Nähe einer Familie, deren Geschichte zu den langweiligsten gehört, die Sie hören können —“

„Erzählen Sie!“ riefen meine Gäste, und ich mußte natürlich gehorchen.

„Besagte Familie bestand aus drei Personen. Aus dem Vater, der Mutter und der Tochter. Der Vater war ein Ehrenmann; er sprach wenig und aß viel. Den Trunk liebte er aber über die Maßen. Seines Zeichens war er ein Fabrikant von Grabsteinen, woraus Sie abnehmen können, daß der Herr Thompson nur mit den bessern Klassen der Gesellschaft zu thun hatte, denn ein Arbeiter reflektirt selten auf ein Monument, ein Arbeiter ist schon damit zufrieden, wenn er todt ist, ein Arbeiter ist ein ungebildeter Mann — — So dachte Hr. Thompson, und wie gesagt, machte er nur mit reichen Fabrikanten, mit feisten Pächtern, mit ehrwürdigen Pastoren, kurz, mit Leuten Geschäfte, die schon bei Lebzeiten einsehen, daß es dereinst gar nicht schaden kann, wenn man ihnen schwarz auf weiß auf die Grabsteine schreibt, daß sie einen tugendhaften Lebenswandel führten, Niemand betrogen, und gen Himmel fuhren als anständige Bürger der Stadt und gläubige Jünger Jesu Christi — — Herr Thompson machte vortreffliche Geschäfte. Aber der Trunk, der Trunk! Herr Thompson liebte den Trunk mehr als sein Leben und er trank sich deshalb zu Tode.

Als er aber nun eine schöne respektable Leiche war, da ging seine hinterlassene Gemahlin mit sich zu Rathe, und setzte ihm auf sein Grab den schönsten Leichenstein, der je die Asche eines Gerechten gedrückt hat. „Hier ruht Herr Thompson“ — hieß die Inschrift — nFabrikant von Grabsteinen, Eigenthümer mehrerer Häuser und Familienvater. Wandrer stehe still u. s. w.“ — Nichtsdestoweniger war die Wittwe unglücklich genug, keinen zweiten Wandrer durch's Leben auftreiben zu können.

Ja dies war sehr schlimm, denn der verstorbene Herr Thompson hatte seiner Gattin außer mehreren Häusern und außer seinem restirenden Vorrath an Grabsteinen auch noch dieselbe Leidenschaft hinterlassen, aus welcher er selbst in ein besseres Leben hinüberschlummerte, und je mehr sich die Aussicht der Wittwe verschlechterte, einen andern Gatten wiederzufinden, desto mehr verringerte sich bald der Werth der Häuser und die Zahl der Grabsteine, so daß von Häusern und Grabsteinen nur ein einziger unversetzter und nicht vertrunkener Grabstein übrig blieb, den Frau Thompson mit sich ins, oder vielmehr auf's Grab nahm, als sie, dem Beispiele ihres vorangegangenen Gemahles treu, endlich ebenfalls am Trunke dahinschied, um ihr Töchterchen ohne Häuser und ohne Grabsteine allein auf der Oberwelt zurückzulassen.

Die arme Miß Thompson war nun wirklich übel dran. Uebrigens war sie schön, und das ist schon immer etwas. Nachdem sie daher als ächte Engländerin bei sich überlegt hatte, ob sie nach Australien gehen, ob sie sich den Hals abschneiden, oder ob sie lieber heirathen solle: zog sie schließlich das letztere vor und verfügte sich sofort zu ihrer Nachbarin.

Der Zufall wollte es, daß ich bei eben dieser Nachbarin im Hause wohnte. Sie war eine der vortrefflichsten und ehrlichsten Frauen, die ich je gesehen habe. In der Kochkunst war sie nur bis zu einem Beefsteak gekommen, aber in der Frömmigkeit blieb sie hinter David und Salomo wenig zurück. Die Psalmen des erstern wußte sie vortrefflich falsch zu singen; die Katze, der siedende Theekessel und die Wetterfahne auf dem Dache stimmten in den Gesang ein und ich werde wohl nie wieder ein solches Konzert zu ertragen haben.

Meine alte Wirthin hatte den Besuch der jungen Miß Thompson freudig entgegengenommen und sofort die nöthige Rücksprache mit ihr getroffen. Es war ihr bald klar, was das Herz des armen Kindes verlangte, und keine zehn Minuten verflossen, da klopfte die ehrliche Frau auch schon an mein Zimmer.

Ich war nicht wenig erstaunt, die Alte mit der Jungen hereintreten zu sehen. Ich springe empor, ich lade die junge Dame auf's freundlichste ein, sich zu setzen, und nachdem wir die gewöhnlichen Artigkeitsphrasen mit einander gewechselt haben, erkundige ich mich darnach, was mir die Ehre dieses schönen Besuches verschafft hat.

Traurig schlägt da die kleine Miß ihre blauen Augen nieder; ich ergreife ihre weiche Hand und bitte sie, Zutrauen zu mir zu fassen und Alles von mir zu verlangen, was ein Sterblicher zu leisten im Stande ist — aber vergebens. Eine peinliche Windstille ensteht in der Konversation. Ich habe Zeit, die junge Person zu betrachten; sie ist allerliebst. Die blonden Haare, der schlanke Wuchs, die weißen Hände und die schwermüthig verhangenen Augenlieder: Alles zieht mich unwillkührlich zu ihr hinüber; ich bitte sie inständigst, mir die Räthsel ihres kleinen Herzens zu erschließen und tausend Eide schwöre ich, nichts davon verrathen zu wollen — aber umsonst!

Da ist endlich meine alte Wirthin so gescheidt, der allseitigen Verlegenheit ein Ende zu machen. Sie stemmt die Hände in die Seiten und erzählt mir die Geschichte von den Eltern des Mädchens, von den Häusern und den Grabsteinen: „Und sehn Sie —“ fährt sie dann fort — „Miß Eliza ist jetzt ein verlassenes Kind.

Was soll sie thun? Es ist am besten, daß sie heirathet. Sie trägt Ihnen daher ihr Herz und ihre Hand an und es wird ihr jedenfalls lieb sein, wenn Sie sich bald entschließen wollen, denn das Alleinsein ist langweilig und der Mann findet den besten Comfort in seinem geliebten Weibe —“

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          <p>Die arme Miß Thompson war nun wirklich übel dran. Uebrigens war sie schön, und das ist schon immer etwas. Nachdem sie daher als ächte Engländerin bei sich überlegt hatte, ob sie nach Australien gehen, ob sie sich den Hals abschneiden, oder ob sie lieber heirathen solle: zog sie schließlich das letztere vor und verfügte sich sofort zu ihrer Nachbarin.</p>
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          <p>Meine alte Wirthin hatte den Besuch der jungen Miß Thompson freudig entgegengenommen und sofort die nöthige Rücksprache mit ihr getroffen. Es war ihr bald klar, was das Herz des armen Kindes verlangte, und keine zehn Minuten verflossen, da klopfte die ehrliche Frau auch schon an mein Zimmer.</p>
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Köln (die ungarischen Kriegsnachrichten). — Berlin (Klatsch). Wien (Vermischtes). Altona (östr. Depesche an Dänemark). Frankfurt (Kaiserdebatten). Italien. (Der Krieg in Aussicht. — Die römisch-toskanische Union. — Neapolitanische Truppen nach Sizilien. — Die Befestigung bei Venedig.) Franz. Republik. Paris (die Brea-Mörder hingerichtet. — Nat.-Verf.). — Bourges (Maiprozeß). Holland. Haag (le roi est mort, vive le roi). Großbritannien. (Parlament). Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“ oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen. Deutschland. * Köln, 19. März. _ Die Langeweile, der Spleen und die Seekrankheit. (Fortsetzung von Nro. 238, 241 und 243) „Ja, theuerster Freund, ich dominire in England —“ sprach die Göttin der Langenweile, etwas ermüdet von dem vielen Erzählen. — „O, Verehrteste, erwiderte ich ihr —“ ich bin ganz davon überzeugt; ich hatte die beste Gelegenheit, Ihr stilles Walten an Ort und Stelle zu bewundern. So wohnte ich z. B. einst in der Nähe einer Familie, deren Geschichte zu den langweiligsten gehört, die Sie hören können —“ „Erzählen Sie!“ riefen meine Gäste, und ich mußte natürlich gehorchen. „Besagte Familie bestand aus drei Personen. Aus dem Vater, der Mutter und der Tochter. Der Vater war ein Ehrenmann; er sprach wenig und aß viel. Den Trunk liebte er aber über die Maßen. Seines Zeichens war er ein Fabrikant von Grabsteinen, woraus Sie abnehmen können, daß der Herr Thompson nur mit den bessern Klassen der Gesellschaft zu thun hatte, denn ein Arbeiter reflektirt selten auf ein Monument, ein Arbeiter ist schon damit zufrieden, wenn er todt ist, ein Arbeiter ist ein ungebildeter Mann — — So dachte Hr. Thompson, und wie gesagt, machte er nur mit reichen Fabrikanten, mit feisten Pächtern, mit ehrwürdigen Pastoren, kurz, mit Leuten Geschäfte, die schon bei Lebzeiten einsehen, daß es dereinst gar nicht schaden kann, wenn man ihnen schwarz auf weiß auf die Grabsteine schreibt, daß sie einen tugendhaften Lebenswandel führten, Niemand betrogen, und gen Himmel fuhren als anständige Bürger der Stadt und gläubige Jünger Jesu Christi — — Herr Thompson machte vortreffliche Geschäfte. Aber der Trunk, der Trunk! Herr Thompson liebte den Trunk mehr als sein Leben und er trank sich deshalb zu Tode. Als er aber nun eine schöne respektable Leiche war, da ging seine hinterlassene Gemahlin mit sich zu Rathe, und setzte ihm auf sein Grab den schönsten Leichenstein, der je die Asche eines Gerechten gedrückt hat. „Hier ruht Herr Thompson“ — hieß die Inschrift — nFabrikant von Grabsteinen, Eigenthümer mehrerer Häuser und Familienvater. Wandrer stehe still u. s. w.“ — Nichtsdestoweniger war die Wittwe unglücklich genug, keinen zweiten Wandrer durch's Leben auftreiben zu können. Ja dies war sehr schlimm, denn der verstorbene Herr Thompson hatte seiner Gattin außer mehreren Häusern und außer seinem restirenden Vorrath an Grabsteinen auch noch dieselbe Leidenschaft hinterlassen, aus welcher er selbst in ein besseres Leben hinüberschlummerte, und je mehr sich die Aussicht der Wittwe verschlechterte, einen andern Gatten wiederzufinden, desto mehr verringerte sich bald der Werth der Häuser und die Zahl der Grabsteine, so daß von Häusern und Grabsteinen nur ein einziger unversetzter und nicht vertrunkener Grabstein übrig blieb, den Frau Thompson mit sich ins, oder vielmehr auf's Grab nahm, als sie, dem Beispiele ihres vorangegangenen Gemahles treu, endlich ebenfalls am Trunke dahinschied, um ihr Töchterchen ohne Häuser und ohne Grabsteine allein auf der Oberwelt zurückzulassen. Die arme Miß Thompson war nun wirklich übel dran. Uebrigens war sie schön, und das ist schon immer etwas. Nachdem sie daher als ächte Engländerin bei sich überlegt hatte, ob sie nach Australien gehen, ob sie sich den Hals abschneiden, oder ob sie lieber heirathen solle: zog sie schließlich das letztere vor und verfügte sich sofort zu ihrer Nachbarin. Der Zufall wollte es, daß ich bei eben dieser Nachbarin im Hause wohnte. Sie war eine der vortrefflichsten und ehrlichsten Frauen, die ich je gesehen habe. In der Kochkunst war sie nur bis zu einem Beefsteak gekommen, aber in der Frömmigkeit blieb sie hinter David und Salomo wenig zurück. Die Psalmen des erstern wußte sie vortrefflich falsch zu singen; die Katze, der siedende Theekessel und die Wetterfahne auf dem Dache stimmten in den Gesang ein und ich werde wohl nie wieder ein solches Konzert zu ertragen haben. Meine alte Wirthin hatte den Besuch der jungen Miß Thompson freudig entgegengenommen und sofort die nöthige Rücksprache mit ihr getroffen. Es war ihr bald klar, was das Herz des armen Kindes verlangte, und keine zehn Minuten verflossen, da klopfte die ehrliche Frau auch schon an mein Zimmer. Ich war nicht wenig erstaunt, die Alte mit der Jungen hereintreten zu sehen. Ich springe empor, ich lade die junge Dame auf's freundlichste ein, sich zu setzen, und nachdem wir die gewöhnlichen Artigkeitsphrasen mit einander gewechselt haben, erkundige ich mich darnach, was mir die Ehre dieses schönen Besuches verschafft hat. Traurig schlägt da die kleine Miß ihre blauen Augen nieder; ich ergreife ihre weiche Hand und bitte sie, Zutrauen zu mir zu fassen und Alles von mir zu verlangen, was ein Sterblicher zu leisten im Stande ist — aber vergebens. Eine peinliche Windstille ensteht in der Konversation. Ich habe Zeit, die junge Person zu betrachten; sie ist allerliebst. Die blonden Haare, der schlanke Wuchs, die weißen Hände und die schwermüthig verhangenen Augenlieder: Alles zieht mich unwillkührlich zu ihr hinüber; ich bitte sie inständigst, mir die Räthsel ihres kleinen Herzens zu erschließen und tausend Eide schwöre ich, nichts davon verrathen zu wollen — aber umsonst! Da ist endlich meine alte Wirthin so gescheidt, der allseitigen Verlegenheit ein Ende zu machen. Sie stemmt die Hände in die Seiten und erzählt mir die Geschichte von den Eltern des Mädchens, von den Häusern und den Grabsteinen: „Und sehn Sie —“ fährt sie dann fort — „Miß Eliza ist jetzt ein verlassenes Kind. Was soll sie thun? Es ist am besten, daß sie heirathet. Sie trägt Ihnen daher ihr Herz und ihre Hand an und es wird ihr jedenfalls lieb sein, wenn Sie sich bald entschließen wollen, denn das Alleinsein ist langweilig und der Mann findet den besten Comfort in seinem geliebten Weibe —“ Einen Davidschen Psalm beginnend, endet die Alte ihren Vortrag und verwundert blicke ich bald auf die würdige Matrone,

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 250. Köln, 20. März 1849, S. 1401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz250_1849/1>, abgerufen am 21.11.2024.