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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 247. Köln, 16. März 1849.

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Erlegenheit bekomme, um die Aufhebung des Belagerungszustandes auszusprechen.

Jetzt erscheinen die Minister und Graf Arnim widerlegt die heute durch ein Extrablatt der "Constitutionellen Zeitung" verbreitete Nachricht, der König von Preußen sei gestern in Frankfurt zum deutschen Kaiser proklamirt worden. Der Minister irrt sich aber darin, daß er berichtigt, die Verhandlungen in Frankfurt würden heute darüber stattfinden, da dies erst am Donnerstag der Fall sein wird. Es scheint also, daß Herr Milde, dessen Blatt die "Deutsche Reform" die Nachricht richtig gab, besser unterrichtet ist als Herr Hansemann von der "Constitutionellen Zeitung."

Stahl möchte am Liebsten, daß der Belagerungszustand für immer bleibe. Er will nicht die Wiederkehr der anarchischen Zustände von 1848, die Thätigkeit der Clubs, den offenen Aufruhr u. s. w.

Möwes und Willisen wollen vermitteln.

Herman ist es widerlich, unter dem Belagerungszustand zu berathen.

Wodizka, einer der Rechtesten auf dem vereinigten Landtage, wird revolutionär. Er tritt gegen Stahl auf, vertheidigt die National-Versammlung und muß endlich, da er nicht bei der Sache bleibt, von der Tribüne herunter.

Zenker mit großer Kraft gegen die Gewaltmaßregeln des Ministeriums, welche Manteuffel wie gewöhnlich sehr blamable vertheidigt. Er ertheilt der Bürgerwehr Berlins ein ganz unverdientes Lob, indem er ihr die herrliche Errungenschaft des passiven Widerstandes zu escamotiren sucht.

Der würdige Stadtsyndikus Möwes wird der Advokat der angegriffenen Nationalgarde.

Der Paragraph der Kommission wird demnächst angenommen.

Man geht über zu dem Paragraph der die gewerblichen Verhältnisse berührt. Unnöthigerweise kommt man dabei auf das Recht der Arbeit. Bei der Debatte zeigen die Mitglieder, daß sie sämmtlich den "Traum eines rothen Republikaners" gesehen haben.

Diterici spricht zuerst statistischen Unsinn.

Der v. d. Heydt stimmt dem Vorredner bei

Böcking und Jacobs haben sich stets mit der Arbeitsfrage beschäftigt.

Milde ist gegen progressive Einkommensteuer.

Der v. d. Heydt, Revolutionär vom 6. März 1848, vertheidigt seine Maßregeln. (Papageno-Milde: Sehr gut, sehr gut!)

Der große David Hansemann spricht Folgendes: Das ewige Gesetz Gottes ist, daß durch Arbeit, Sparsamkeit und Sorgfalt allein der Mensch etwas vor sich bringe. Alle andere Versprechungen sind nach meiner Meinung eitle Thorheit.

Der § 5 wird nach dem Entwurf der Adresse angenommen.

Der § 6 angenommen.

§ 7 mit einem Amendement Ammons angenommen.

§ 8 das Heer betreffend, angenommen.

Schließlich blamiren sich noch Böcking und Wachler, dann Schluß der Sitzung.

222 Berlin, 13. März.

Trotz der bereits erfolgten Ankunft des Hrn. v. Prokesch-Osten befindet sich Hr. v. Trautmansdorff noch immer hier. Wie wir erfahren, ist es nicht seine Absicht, in fernere östreichische Dienste zu treten, vielmehr seinen Abschied zu fordern und Preußen, dessen Hauptstadt er durch einen Aufenthalt von mehr denn 20 Jahren liebgewonnen, zu seiner neuen Heimath zu wählen. Dieses Beispiel, daß ein auswärtiger Gesandter nach einer plötzlichen, jedenfalls auffälligen Abberufung Heimath und Staatsdienst seines Landes aufgibt, steht in den Annalen der Berliner Diplomatie nicht vereinzelt da. Zu einer ähnlichen Entschließung gelangte der spanische Gesandte, Graf von Oriolla, welcher im Jahre 1835 in Folge der getrübten Beziehungen zwischen Spanien und Preußen von Berlin abberufen ward, nachdem er 25 Jahre den spanischen Botschafterposten am hiesigen Hofe bekleidet hatte. Er verblieb nach wie vor in Berlin und trat in preußische Staatsdienste, in welchen jetzt seine Nachkommen bedeutende Posten bekleiden. Einer derselben ist gegenwärtig Adjudant in der Suite des Prinzen von Preußen. Was schließlich den Wechsel der erstgenannten Diplomaten angeht, so hat bis jetzt weder Hr. v. Trautmansdorff sein Abberufungsschreiben noch der General v. Prokesch seine neue Beglaubigung in Charlottenburg überreicht.

Der gestrigen Mittheilung über die neue Fremdenkontrolle auf den Bahnhöfen, fügen wir hinzu, daß bei minder verdächtigen inländischen Zureisenden unter Umständen auch Examina die Stelle von Legitimationen vertreten. Constabler pflegen den Fremden nach seiner Heimath zu fragen und ist diese genannt, weiter nach Lage des Orts, Namen des Landraths etc. etc. zu forschen. Kann der Fremde auf alle diese Fragen eine genügende Auskunft ertheilen, so wird ihm auch ohne weitere Legitimation der Eintritt in die Barriere gestattet. -- Eine andere mit dieser verschärften Controlle vielleicht zusammenhängende Vorsichtsmaßregel bilden die starken Militärpatrouillen, welche jetzt wieder zur Nachtzeit die Straßen durchziehen. Es passirt dabei friedlichen Einwohnern, welche schneller durch die Straßen eilen, als gewöhnlich, um früher zu Hause zu sein, angehalten zu werden und sich über die Ursachen der Eile ausweisen zu müssen.

Der mehrgenannte Privatschreiber Piersig, der sich in den betreffenden Injurier-Prozessen als Verfasser der vielbesprochenen "Enthüllungen" genannt hat, soll diese Erklärung zurückgenommen haben. Er habe angegeben, heißt es, ein Mitarbeiter einer hiesigen tendenziös sehr bekannten Zeitung, habe ihn durch eine Geldbelohnung von 20 Thlr. zu jener falschen Angabe vermocht.

Die zweite Kammer hält weder heute noch morgen Sitzung, da es an Vorlagen fehlt. Die Abtheilungen arbeiten fleißig. Die erste Kammer hat die Adresse bis auf den letzten Abschnitt heute erledigt.

Im Kriegsministerio herrscht fortgesetzt eine außerordentliche Thätigkeit. Es sind unter andern zahlreiche Instrumente und sonstige Geräthe bestellt, welche zum Felddienst verwandt werden. Ein hiesiger Mechanikus, der ein Patent auf Fabrikation von Spitzkugeln vermittelst Maschinen besitzt, läßt unausgesetzt arbeiten. Die dänische Frage scheint jetzt wirklich eine ernstere Wendung zu nehmen. Das gestrige Gerücht über eine bevorstehende Blokade der Ostseehäfen, soll festen Bestand gewinnen. Außerdem will man im Kriegsministerio die Nachricht haben, daß die Dänen am 27. von Alsen mit 16,000 Mann herüberkommen und Flensburg zu besetzen suchen würden.

Endlich heißt es, daß eine militärische Cernirung der Gränzen des Großherzogthums Posen statt finden werde. Zu diesem Behufe soll ein Theil der Landwehr, welche bekanntlich in den Novembertagen allgemein einberufen, später aber wieder entlassen wurde, von neuem eingekleidet und sofort in der Provinz Posen eingarnisonirt werden. Im Publikum erhält sich übrigens mit bemerkenswerther Beharrlichkeit die Annahme, daß es zu einem neuen Kriege mit Dänemark nicht kommen werde, ja, man begegnet oft der Behauptung, der Friede sei längst abgeschlossen.

Seitens der hiesigen Regierung ist ein Agent nach Amerika gesandt, mit dem Auftrage, Fregatten für die deutsche Marine anzukaufen, jedoch zu sorgen, daß dieselben Ende April bereits hier seien.

Der Generallieutenant und Kommandeur der 14. Division, Freiherr v. Canitz und Dallwitz, ist von Düsseldorf hier angekommen, was ebenfalls mit besonderen militärischen Dispositionen in Zusammenhang gebracht wird.

Die Feier des 18. März hat jetzt die Wendung genommen, welche am Anfang zu vermuthen stand. Eine Bekanntmachung des Generals Wrangel bringt in Erinnerung, daß nicht allein Versammlungen, Aufzüge und Reden auf Straßen und Plätzen im ganzen Umfange des Belagerungszustandes, sondern überhaupt alle und jede Demonstration, welche Ruhestörung in der Residenz herbeiführen könne, als verboten anzusehen sei. Bemerkenswerther Weise geschieht des 18. März in dieser Bekanntmachung gar keine Erwähnung, während sie offenbar lediglich auf die Feier desselben berechnet ist.

Breslau, 11. März.

Seit gestern kamen hier mit jedem Eisenbahnzuge Deputirte aus Kremsier und Flüchtlinge aus Oesterreich an. Unter diesen namentlich Goldmark, Kudlich, Violand, Füster. Letzterer wurde in Ratibor vom Bürgermeister, auf Requisition eines österreichischen Polizeikommissars aus Troppau, in Verhaft genommen. Die Sache machte großes Aufsehen, da der Bürgermeister direkt bei der Regierung in Oppeln die Anfrage wegen sofortiger Auslieferung stellte. Nicht genug, daß er dem Flüchtlinge zwei Polizeimänner ins Zimmer stellte, verging sich der etwas zu gefügige Bürgermeister so weit, dem Inhaftirten die Effekten und das Geld abzunehmen. Füster protestirte gegen dieses Verfahren, und der herbeigerufene Justizkommissar erwirkte wenigstens allsobald die Ausfolgung der Papiere und der Baarschaft. Ohne daß das Resultat der Anfrage bei der Regierung bekannt ist, war Füster heute hier und soll weiter nach Berlin gegangen sein. Sehr viele Polen sind zugleich hier, und es scheint eine Art Emigration aus Oesterreich stattzufinden.

(D. A. Ztg.)

In der "A. Od. Ztg." lesen wir in Bezug hierauf folgende aus Ratibor vom 11. März datirte Mittheilung:

Ein charakteristischer Vorfall nimmt seit gestern das Interesse der hiesigen Stadt in Anspruch.

Der österr. Reichstags-Abgeordnete, Prof. Füster, -- früher Feldkaplan der akadem. Legion -- war bei Auflösung des Reichstages der den übrigen Oppositionsmitgliedern widerfahrenen Verhaftung und Abführung nach Wien durch seine Abreise von Kremsier entgangen. Zwei verfolgende k. k. Polizeibeamte erreichten denselben in Ratibor und verhafteten ihn unter Assistenz der ihnen zu diesem Zwecke beigegebenen Stadtpolizei-Offizianten.

Die verfolgenden Oesterreicher hatten hierorts weiter nichts, als den von einer Wiener Militärkommission an kaiserl. Behörden erlassenen und nur für solche verbindlichen Vorführungsbefehl vorgewiesen, und damit bei dem Vorstand einer civilisirten Stadt schleunigsten Gehorsam erlangt. (!!!)

Der dem Verhafteten sofort als Rechtsanwalt zur Seite getretene hiesige Justizkommissarius Sabarth fand denselben dergestalt bewacht, daß ein Polizeibeamter sich sogar im Zimmer des Gefangenen aufhielt und die Unterredung des Vertheidigers mit dem Clienten controllirte.

In Folge der rückhaltlosen Vorstellungen des Anwaltes entfernte der Bürgermeister zwar die Wache aus der Stube und postirte eine Doppelwache nur außerhalb an die Stubenthüre, mußte auch auf Befehl des mit einer Beschwerde dieserhalb befaßten Kreislandraths das weggenommene Geld dem Professor Füster zur selbstständigen Besorgung seiner Bedürfnisse zurückgeben

Vergebens aber machte der Vertheidiger zur Motivirung seines Entlassungsantrages geltend, daß die Polizei ohne Richter in Preußen der Regel nach keine Kompetenz zu Verhaftungen habe, daß das Gesetz vom 24. Sept. v. J. (Habeas-Corpus-Akte) gleich allen Schutzgesetzen auch zu Gunsten der den diesseitigen Strafgesetzen unterworfenen Fremden zur Anwendung kommen müsse und im vorliegenden Falle aufs gröblichste verletzt sei; daß nach den bestehenden Cartelkonventionen Auslieferung nur wegen bestimmter, hier aber nicht angezeigter Verbrechen stattfinde; endlich daß weder ein offener Steckbrief, noch eine jenseitige Requisition, sondern nur der die diesseitigen Behörden gar nichts angehende simple Haftsbefehl einer fremden Militärkommission vorliege, deren Befugnisse hier nicht einmal bekannt seien.

In Erwiderung derartiger Vorstellungen wurde vom Stadtbürgermeister von Ratibor zu dem Gesetze vom 24. Septbr. die Zusatzbestimmung oktroyirt, daß dasselbe -- im Unterschiede von andern Gesetzen, namentlich über das Strafverfahren -- auf die in Ratibor sich aufhaltenden Fremden keine Anwendung finden solle. Außerdem behauptete er, jenes Gesetz sei richtig gewahrt, weil Füster auf der Flucht (?), mithin "auf der That" ergriffen sei, obwohl der Bürgermeister geständlich selbst nicht wußte, auf welcher That. Wegen des Mangels einer Verhaftungs-Requisition wurde der genannte Vertheidiger beschieden, daß eine solche wahrscheinlich bald erlassen und hierher gelangen werde. (Die Oestreicher waren nämlich einstweilen nach Hause geschickt, um etwas derartiges zu besorgen und anher zu bringen.)

Auch der Versuch, den polizeilich Verhafteten wider die erkennbare Absicht des Magistrats zu der mit Frist von 24 Stunden vorgeschriebenen gerichtlichen Vernehmung zu bringen, scheiterte an der Inkompetenz-Erklärung des Inquisitoriats.

Da solchergestalt augenscheinlich alles auf die erwartete k. k. "Begnadigung zu Pulver und Blei" abzielte, so wurde in der Stadt ziemlich allgemeine Freude durch die Kunde hervorgerufen, daß es dem verfolgten Abgeordneten gelungen, seine hiesigen Wächter zu täuschen und sich zu entfernen, ohne die vom hiesigen Polizeiamte erwartete Auslieferungsordre abzuwarten.

Der Bürgermeister Sempricht braucht inzwischen nicht allzusehr über die scheinbar verlorene Aussicht auf einen östreich. Orden zu trauern, da die Freunde des ihm entzogenen Opfers bemüht sein werden, seine schwarzgelbe Gefälligkeit zur gehörigen Kenntniß und gebührenden Anerkennung zu bringen.

* Wien, 11. März.

Graf Ludwig Dessöffy ist wegen mißliebiger Aeusierungen, die er in einem Kaffehause gethan, verhaftet worden. Das neue Preßgesetz, das nächster Tage aus der Octroyirungsfabrik gedruckt hervortreten wird, enthält, wie es heißt, das Cautionsprinzip. Danach sollen täglich erscheinende Blätter in der Residenz eine Caution von 10,000 Fl. erlegen; in der Provinz 5000 Fl. Blätter, die drei Mal wöchentlich erscheinen, erlegen die Hälfte. Für Preßvergehen soll schwere Kerkerstrafe bis auf 10 Jahre verhängt werden können.

Wie man hört, sollen die in den Kasernen nicht unterbringlichen Truppen der hiesigen bedeutend verstärkten Garnison bei anhaltend schöner Witterung gegen Ende dieses Monats zwei Lager beziehen. Das eine Lager soll auf der Schmelz, das andere auf dem Glacis zwischen dem Schotten- und Neuthore errichtet werden.

Gestern früh 11 Uhr langten hier vier Deputirte der aufgelösten Kremsier Kammer als Gefangene an und wurden unter starken Militär- und Polizei-Eskorten in Fiakern nach der Burg transportirt. Der Graben, Kohlmarkt und die Burg waren von Menschen gefüllt und in letzterer viel Militär unter Waffen. Es sollen nach glaubwürdigen Aussagen die Herren Füster, Fischhof, Goldmark und Löhner gewesen sein; nach Anderen war auch Borrosch dabei. Man behauptet übrigens, daß noch weitere Transporte nachkommen und im Ganzen 14 Arrestationen stattgefunden haben.

Der Spielberg in Brünn wird stark befestigt und mit schweren Geschützen armirt.

Der "Pesther Courier" bringt eine Nachricht von höchster Wichtigkeit in einer Form, die gerade nicht deren Authentizität zu verbürgen geeignet ist. -- Einer durch außerordentliche Gelegenheit aus Petersburg gebrachten Nachricht zufolge hat der russische Kaiser, bei einer über 40,000 Mann Truppen abgehaltenen Revue, seinen Truppen öffentlich verkündet: daß die Umstände des österreichischen Kaiserthums erfordern, seinem Freunde, dem Kaiser von Oesterreich, einen Theil seiner militärischen Macht zur Disposition zu stellen.

München, 8. März.

Es zweifelt Niemand mehr daran daß die Anträge des Finanzausschusses bezüglich der griechischen Anlehensfrage, die heute erfolgte Vertagung veranlaßt haben; fürchtete man doch so sehr die Veröffentlichung des Kolb'schen Referats, daß der Präsident der Kammer, Frhr. v. Lerchenfeld, der als Referent des Finanzausschusses im Jahre 1846 diese Angelegenheit nicht ohne Energie betrieben hatte, heute die Vertheilung des lithographirten Abdrucks verhindern wollte, um diese "zarte Sache" nicht vor das Forum der Oeffentlichkeit gelangen zu lassen. Nur der Drohung, das Manuskript anderweitig drucken und in viel tausend Exemplaren verbreiten zu lassen, gab er nach. Doch wurden bei der Vertheilung der Exemplare die Journalisten, die sonst gewöhnlich einen Abdruck von jedem Berichte erhalten, übergangen. Der Bericht ist 22 enggeschriebene Folioseiten stark. In dem Abschnitte über die "Beleuchtung des gesammten Verhältnisses" heißt es: Gegen die ausdrückliche Bestimmung der Verfassungsurkunde wurde ein baierisches Heer nach Griechenland gesendet. Die damaligen Stände schwiegen. Die Presse ohnehin hatte man schmachvoll geknebelt. Millionen baierischer Staatsgelder wurden verausgabt aus Veranlassung der den baierischen Staatszwecken unbedingt fremden sogenannten "Griechischen Frage." Es konnte dies kein Geheimniß bleiben, Jedermann wußte davon, die Stände aber schwiegen. Sie meinten um so mehr schweigen zu müssen, als die meisterhafte Ordnung des Staatsrechnungswesens auf dem Papiere, jene notorische Verwendung von Millionen zu fremden Zwecken nicht erkennen ließ, indem die vorgelegten Rechnungen eben nichts davon angaben. Erst als die griechische Regierung genöthigt ward, ihr Budget und ihre Rechnungen zu veröffentlichen, konnte es kein Geheimniß bleiben, daß baierische Staatsgelder nach Griechenland geliehen worden waren. Nun mußten die Stände in Baiern Kenntniß von der Sache nehmen. (1840.) Aber man ließ es geschehen, daß ein Minister (Abel) blos einem Ausschusse, und nur "konfidentiell" Auskunft gab über Angelegenheiten der Staatskasse, mit der freilich seitdem auf ihren gebührenden Werth gebrachten Bedingung, daß darüber nie eine Verhandlung in öffentlicher oder geheimer Sitzung der Kammer stattfinden dürfe. Der Kenntniß der Kammern wurden alle den Gegenstand betreffenden Urkunden vorenthalten, Abel erklärte auf's Bestimmteste, daß es sich um solche Gelder handle, bezüglich welcher keine Verbindlichkeiten noch Haftungsverpflichtungen der in den ständischen Wirkungskreis fallenden Staatskassen bestünden.

Beide Kammern verwahrten sich indessen doch durch einen Gesammtbeschluß vom 6. April 1840 in der Beziehung, daß an die hiebei in Frage gekommenen Defensionsgelder keine Verbindlichkeiten oder Haftungsverpflichtungen für die Staatskassen sich knüpfen dürften, worauf der König im Landtagsabschied die Zusicherung wiederholte, daß solche Verbindlichkeiten und Haftungen zu keiner Zeit ohne verfassungsmäßige Begründung werden in Anspruch genommen werden. Indessen aber wurde thatsächlich schon 1840/41 über eine Million für den Germersheimer Festungsbau -- zu welchem die Defensionsgelder bestimmt waren -- aus den unmittelbaren Staatskassen hinweggenommen, eben in Folge jener Entfremdung der Defensionsgelder von ihrem Zwecke. Darauf Verhandlungen auf dem Landtage 1843, wieder in geheimen Sitzungen, -- Betheuerungen, daß der König persönlich die Vertretung der Haftung trage, und endlich auf den Grund jener Zusicherungen, Beruhigung der Kammer. Auf dem Landtage 1846 wies Lerchenfeld unwiderlegbar die persönliche Haftungsverpflichtung des Königs für Wiedererstattung der fraglichen Summe nach. Auf das bestimmte Versprechen der Minister hin, sie seien zu der Erklärung ermächtigt, daß dem nächsten Landtage Vorlagen zur Vereinigung, d. h. Rückzahlung jener Schuld würden gemacht werden, wobei dieselben auf ein Zurückbehalten der Appanage des Königs Otto hinwiesen, wurde beschlossen, vorerst Umgang von der Sache zu nehmen. Was die Sicherung des Kapitals und die Rückzahlungen von Seiten Griechenlands betrifft, so haben sich die Verhältnisse von Jahr zu Jahr düsterer gestaltet, und was man im Jahre 1846 (durch Graf Bray) darüber vernahm, besteht in der Aussicht auf eine formelle Anerkennung der Schuld, zu einer Rückzahlung ist aber nicht die geringste Aussicht vorhanden, da von Seiten Griechenlands sogar schon Gegenforderungen aufgestellt worden. Das Kapital mit Zinsen bis November 1848 beläuft sich auf 1,529,333 fl., wobei der baierische Staat noch in dem besondern Verlust ist, seinen Gläubigern 5 Prozente zahlen zu müssen, während ihm blos 4 Prozente vergütet werden sollen. Da diese Summe ungefähr jener gleich kommt, die für Reichszwecke jetzt verlangt wird, so würde die beantragte Steuererhöhung um so unverantwortlicher erscheinen, so lange Staatsgelder vorhanden sind, die zu baierischen Staatszwecken gar nicht verwendet sind. Der Ausschußantrag wurde ohne Widerspruch der anwesenden Minister der auswärtigen Angelegenheiten und der Finanzen von den Ausschußmitgliedern, (Schüler, Kolb, Schlund, Binder, Langguth, Steinhäuser) einstimmig angenommen und lautet: Die Kammer der Abgeordneten möge beschließen: 1) derjenige Beamte, welcher die Auslieferung baierischer Staatsgelder behufs eines Darlehens an die Krone von Griechenland verfügte, sei schleunigst auf civilrechtlichem Wege soweit möglich zur Rückzahlung anzuhalten. 2) Die fernere Auszahlung der Appanage, welche König Otto von Griechenland als baierischer Prinz bezieht, und welche von demselben für die richtige Rückzahlung des sogenannten griechischen Anlehens verpfändet wurde, ist bis zur Abtragung der gedachten Schuld sofort einzustellen. 3) Es sind unverzüglich die geeigneten Schritte einzuleiten, um den schleunigsten Rückersatz der gedachten Staatsgelder, soweit diese nicht anderweitig gedeckt werden, aus dem Privatvermögen des vorigen Königs Ludwig von Baiern zu erlangen. 4) Diejenigen Beamten, auf deren Weisung die Auslieferung der erwähnten Staatsgelder zu andern als baierischen Staatszwecken erfolgte, sind sofort wegen gewöhnlichen Amtsvergehens den gewöhnlichen Gerichten behufs Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens, unter Vorlage der betreffenden Akten, zur Anzeige zu bringen. 5) Die sämmtlichen Minister sind, jeder soweit der Gegenstand in das Bereich seines Wirkungskreises einschlägt, zur unverzüglichen Anordnung der nöthigen Weisungen aufzufordern.

(D. Z.)
Bruchsal, 7. März.

Folgender Protest ist, von sämmtlichen politischen Gefangenen dahier, welche bereits ihr Anklageerkenntniß erhalten und vor das Geschworenengericht gestellt werden, unterzeichnet, an das Justizministerium in Karlsruhe abgesandt worden:

"Die Unterzeichneten haben in Erfahrung gebracht, daß die Regierung die Aburtheilung Struve's von der der übrigen, vom Septemberaufstande Angeschuldigten trennen und selbst diese nur in einzelnen Gruppen vor Gericht stellen will. Die Absichten, welche die Regierung hierbei leiten, sind leicht zu durchschauen. Sie hält die Verurtheilung Struve's durch die aus dem Privilegium eines Census hervorgegangenen Geschwornen für unzweifelhaft, und um sich auch der Verurtheilung der übrigen Angeschuldigten zu vergewissern, zerreißt sie die Verhandlungen, wodurch nicht allein den Geschwornen der ganze Zusammenhang des Prozesses aus den Augen gerückt, sondern auch das Interesse des Publikums davon abgelenkt wird. Sämmtliche Angeschuldigten aber sind Genossen Struve's, und deshalb muß ihre Aburtheilung verbunden bleiben. So ist es bisher bei allen Monstreprozessen in Frankreich, England, Belgien etc. gewesen; ja sogar in dem absolutistischen Preußen wurde Mieroslawsky nicht allein, sondern mit sämmtlichen Genossen vor Gericht gestellt. Wir, die wir bereits unser Anklageerkenntniß erhalten, "protestiren demnach gegen dieses einer zeitgemäßen Strafrechtspflege unwürdige Verfahren und verlangen vielmehr, daß alle Angeschuldigten zusammen auf die Anklagebank kommen und vom Beginne bis zum Schlusse der Verhandlungen Zeugen der letzteren bleiben."

Gefängniß Bruchsal, 2. März 1849.

Max Cohnheim. Eduard Rosenblum. Carl Friedr. Bauer. S. Borkheim. H. Baumann. Pedro Düsar. H. Lefevre. C. Schnepf."

Erlegenheit bekomme, um die Aufhebung des Belagerungszustandes auszusprechen.

Jetzt erscheinen die Minister und Graf Arnim widerlegt die heute durch ein Extrablatt der „Constitutionellen Zeitung“ verbreitete Nachricht, der König von Preußen sei gestern in Frankfurt zum deutschen Kaiser proklamirt worden. Der Minister irrt sich aber darin, daß er berichtigt, die Verhandlungen in Frankfurt würden heute darüber stattfinden, da dies erst am Donnerstag der Fall sein wird. Es scheint also, daß Herr Milde, dessen Blatt die „Deutsche Reform“ die Nachricht richtig gab, besser unterrichtet ist als Herr Hansemann von der „Constitutionellen Zeitung.“

Stahl möchte am Liebsten, daß der Belagerungszustand für immer bleibe. Er will nicht die Wiederkehr der anarchischen Zustände von 1848, die Thätigkeit der Clubs, den offenen Aufruhr u. s. w.

Möwes und Willisen wollen vermitteln.

Herman ist es widerlich, unter dem Belagerungszustand zu berathen.

Wodizka, einer der Rechtesten auf dem vereinigten Landtage, wird revolutionär. Er tritt gegen Stahl auf, vertheidigt die National-Versammlung und muß endlich, da er nicht bei der Sache bleibt, von der Tribüne herunter.

Zenker mit großer Kraft gegen die Gewaltmaßregeln des Ministeriums, welche Manteuffel wie gewöhnlich sehr blamable vertheidigt. Er ertheilt der Bürgerwehr Berlins ein ganz unverdientes Lob, indem er ihr die herrliche Errungenschaft des passiven Widerstandes zu escamotiren sucht.

Der würdige Stadtsyndikus Möwes wird der Advokat der angegriffenen Nationalgarde.

Der Paragraph der Kommission wird demnächst angenommen.

Man geht über zu dem Paragraph der die gewerblichen Verhältnisse berührt. Unnöthigerweise kommt man dabei auf das Recht der Arbeit. Bei der Debatte zeigen die Mitglieder, daß sie sämmtlich den „Traum eines rothen Republikaners“ gesehen haben.

Diterici spricht zuerst statistischen Unsinn.

Der v. d. Heydt stimmt dem Vorredner bei

Böcking und Jacobs haben sich stets mit der Arbeitsfrage beschäftigt.

Milde ist gegen progressive Einkommensteuer.

Der v. d. Heydt, Revolutionär vom 6. März 1848, vertheidigt seine Maßregeln. (Papageno-Milde: Sehr gut, sehr gut!)

Der große David Hansemann spricht Folgendes: Das ewige Gesetz Gottes ist, daß durch Arbeit, Sparsamkeit und Sorgfalt allein der Mensch etwas vor sich bringe. Alle andere Versprechungen sind nach meiner Meinung eitle Thorheit.

Der § 5 wird nach dem Entwurf der Adresse angenommen.

Der § 6 angenommen.

§ 7 mit einem Amendement Ammons angenommen.

§ 8 das Heer betreffend, angenommen.

Schließlich blamiren sich noch Böcking und Wachler, dann Schluß der Sitzung.

222 Berlin, 13. März.

Trotz der bereits erfolgten Ankunft des Hrn. v. Prokesch-Osten befindet sich Hr. v. Trautmansdorff noch immer hier. Wie wir erfahren, ist es nicht seine Absicht, in fernere östreichische Dienste zu treten, vielmehr seinen Abschied zu fordern und Preußen, dessen Hauptstadt er durch einen Aufenthalt von mehr denn 20 Jahren liebgewonnen, zu seiner neuen Heimath zu wählen. Dieses Beispiel, daß ein auswärtiger Gesandter nach einer plötzlichen, jedenfalls auffälligen Abberufung Heimath und Staatsdienst seines Landes aufgibt, steht in den Annalen der Berliner Diplomatie nicht vereinzelt da. Zu einer ähnlichen Entschließung gelangte der spanische Gesandte, Graf von Oriolla, welcher im Jahre 1835 in Folge der getrübten Beziehungen zwischen Spanien und Preußen von Berlin abberufen ward, nachdem er 25 Jahre den spanischen Botschafterposten am hiesigen Hofe bekleidet hatte. Er verblieb nach wie vor in Berlin und trat in preußische Staatsdienste, in welchen jetzt seine Nachkommen bedeutende Posten bekleiden. Einer derselben ist gegenwärtig Adjudant in der Suite des Prinzen von Preußen. Was schließlich den Wechsel der erstgenannten Diplomaten angeht, so hat bis jetzt weder Hr. v. Trautmansdorff sein Abberufungsschreiben noch der General v. Prokesch seine neue Beglaubigung in Charlottenburg überreicht.

Der gestrigen Mittheilung über die neue Fremdenkontrolle auf den Bahnhöfen, fügen wir hinzu, daß bei minder verdächtigen inländischen Zureisenden unter Umständen auch Examina die Stelle von Legitimationen vertreten. Constabler pflegen den Fremden nach seiner Heimath zu fragen und ist diese genannt, weiter nach Lage des Orts, Namen des Landraths etc. etc. zu forschen. Kann der Fremde auf alle diese Fragen eine genügende Auskunft ertheilen, so wird ihm auch ohne weitere Legitimation der Eintritt in die Barriere gestattet. — Eine andere mit dieser verschärften Controlle vielleicht zusammenhängende Vorsichtsmaßregel bilden die starken Militärpatrouillen, welche jetzt wieder zur Nachtzeit die Straßen durchziehen. Es passirt dabei friedlichen Einwohnern, welche schneller durch die Straßen eilen, als gewöhnlich, um früher zu Hause zu sein, angehalten zu werden und sich über die Ursachen der Eile ausweisen zu müssen.

Der mehrgenannte Privatschreiber Piersig, der sich in den betreffenden Injurier-Prozessen als Verfasser der vielbesprochenen „Enthüllungen“ genannt hat, soll diese Erklärung zurückgenommen haben. Er habe angegeben, heißt es, ein Mitarbeiter einer hiesigen tendenziös sehr bekannten Zeitung, habe ihn durch eine Geldbelohnung von 20 Thlr. zu jener falschen Angabe vermocht.

Die zweite Kammer hält weder heute noch morgen Sitzung, da es an Vorlagen fehlt. Die Abtheilungen arbeiten fleißig. Die erste Kammer hat die Adresse bis auf den letzten Abschnitt heute erledigt.

Im Kriegsministerio herrscht fortgesetzt eine außerordentliche Thätigkeit. Es sind unter andern zahlreiche Instrumente und sonstige Geräthe bestellt, welche zum Felddienst verwandt werden. Ein hiesiger Mechanikus, der ein Patent auf Fabrikation von Spitzkugeln vermittelst Maschinen besitzt, läßt unausgesetzt arbeiten. Die dänische Frage scheint jetzt wirklich eine ernstere Wendung zu nehmen. Das gestrige Gerücht über eine bevorstehende Blokade der Ostseehäfen, soll festen Bestand gewinnen. Außerdem will man im Kriegsministerio die Nachricht haben, daß die Dänen am 27. von Alsen mit 16,000 Mann herüberkommen und Flensburg zu besetzen suchen würden.

Endlich heißt es, daß eine militärische Cernirung der Gränzen des Großherzogthums Posen statt finden werde. Zu diesem Behufe soll ein Theil der Landwehr, welche bekanntlich in den Novembertagen allgemein einberufen, später aber wieder entlassen wurde, von neuem eingekleidet und sofort in der Provinz Posen eingarnisonirt werden. Im Publikum erhält sich übrigens mit bemerkenswerther Beharrlichkeit die Annahme, daß es zu einem neuen Kriege mit Dänemark nicht kommen werde, ja, man begegnet oft der Behauptung, der Friede sei längst abgeschlossen.

Seitens der hiesigen Regierung ist ein Agent nach Amerika gesandt, mit dem Auftrage, Fregatten für die deutsche Marine anzukaufen, jedoch zu sorgen, daß dieselben Ende April bereits hier seien.

Der Generallieutenant und Kommandeur der 14. Division, Freiherr v. Canitz und Dallwitz, ist von Düsseldorf hier angekommen, was ebenfalls mit besonderen militärischen Dispositionen in Zusammenhang gebracht wird.

Die Feier des 18. März hat jetzt die Wendung genommen, welche am Anfang zu vermuthen stand. Eine Bekanntmachung des Generals Wrangel bringt in Erinnerung, daß nicht allein Versammlungen, Aufzüge und Reden auf Straßen und Plätzen im ganzen Umfange des Belagerungszustandes, sondern überhaupt alle und jede Demonstration, welche Ruhestörung in der Residenz herbeiführen könne, als verboten anzusehen sei. Bemerkenswerther Weise geschieht des 18. März in dieser Bekanntmachung gar keine Erwähnung, während sie offenbar lediglich auf die Feier desselben berechnet ist.

Breslau, 11. März.

Seit gestern kamen hier mit jedem Eisenbahnzuge Deputirte aus Kremsier und Flüchtlinge aus Oesterreich an. Unter diesen namentlich Goldmark, Kudlich, Violand, Füster. Letzterer wurde in Ratibor vom Bürgermeister, auf Requisition eines österreichischen Polizeikommissars aus Troppau, in Verhaft genommen. Die Sache machte großes Aufsehen, da der Bürgermeister direkt bei der Regierung in Oppeln die Anfrage wegen sofortiger Auslieferung stellte. Nicht genug, daß er dem Flüchtlinge zwei Polizeimänner ins Zimmer stellte, verging sich der etwas zu gefügige Bürgermeister so weit, dem Inhaftirten die Effekten und das Geld abzunehmen. Füster protestirte gegen dieses Verfahren, und der herbeigerufene Justizkommissar erwirkte wenigstens allsobald die Ausfolgung der Papiere und der Baarschaft. Ohne daß das Resultat der Anfrage bei der Regierung bekannt ist, war Füster heute hier und soll weiter nach Berlin gegangen sein. Sehr viele Polen sind zugleich hier, und es scheint eine Art Emigration aus Oesterreich stattzufinden.

(D. A. Ztg.)

In der „A. Od. Ztg.“ lesen wir in Bezug hierauf folgende aus Ratibor vom 11. März datirte Mittheilung:

Ein charakteristischer Vorfall nimmt seit gestern das Interesse der hiesigen Stadt in Anspruch.

Der österr. Reichstags-Abgeordnete, Prof. Füster, — früher Feldkaplan der akadem. Legion — war bei Auflösung des Reichstages der den übrigen Oppositionsmitgliedern widerfahrenen Verhaftung und Abführung nach Wien durch seine Abreise von Kremsier entgangen. Zwei verfolgende k. k. Polizeibeamte erreichten denselben in Ratibor und verhafteten ihn unter Assistenz der ihnen zu diesem Zwecke beigegebenen Stadtpolizei-Offizianten.

Die verfolgenden Oesterreicher hatten hierorts weiter nichts, als den von einer Wiener Militärkommission an kaiserl. Behörden erlassenen und nur für solche verbindlichen Vorführungsbefehl vorgewiesen, und damit bei dem Vorstand einer civilisirten Stadt schleunigsten Gehorsam erlangt. (!!!)

Der dem Verhafteten sofort als Rechtsanwalt zur Seite getretene hiesige Justizkommissarius Sabarth fand denselben dergestalt bewacht, daß ein Polizeibeamter sich sogar im Zimmer des Gefangenen aufhielt und die Unterredung des Vertheidigers mit dem Clienten controllirte.

In Folge der rückhaltlosen Vorstellungen des Anwaltes entfernte der Bürgermeister zwar die Wache aus der Stube und postirte eine Doppelwache nur außerhalb an die Stubenthüre, mußte auch auf Befehl des mit einer Beschwerde dieserhalb befaßten Kreislandraths das weggenommene Geld dem Professor Füster zur selbstständigen Besorgung seiner Bedürfnisse zurückgeben

Vergebens aber machte der Vertheidiger zur Motivirung seines Entlassungsantrages geltend, daß die Polizei ohne Richter in Preußen der Regel nach keine Kompetenz zu Verhaftungen habe, daß das Gesetz vom 24. Sept. v. J. (Habeas-Corpus-Akte) gleich allen Schutzgesetzen auch zu Gunsten der den diesseitigen Strafgesetzen unterworfenen Fremden zur Anwendung kommen müsse und im vorliegenden Falle aufs gröblichste verletzt sei; daß nach den bestehenden Cartelkonventionen Auslieferung nur wegen bestimmter, hier aber nicht angezeigter Verbrechen stattfinde; endlich daß weder ein offener Steckbrief, noch eine jenseitige Requisition, sondern nur der die diesseitigen Behörden gar nichts angehende simple Haftsbefehl einer fremden Militärkommission vorliege, deren Befugnisse hier nicht einmal bekannt seien.

In Erwiderung derartiger Vorstellungen wurde vom Stadtbürgermeister von Ratibor zu dem Gesetze vom 24. Septbr. die Zusatzbestimmung oktroyirt, daß dasselbe — im Unterschiede von andern Gesetzen, namentlich über das Strafverfahren — auf die in Ratibor sich aufhaltenden Fremden keine Anwendung finden solle. Außerdem behauptete er, jenes Gesetz sei richtig gewahrt, weil Füster auf der Flucht (?), mithin „auf der That“ ergriffen sei, obwohl der Bürgermeister geständlich selbst nicht wußte, auf welcher That. Wegen des Mangels einer Verhaftungs-Requisition wurde der genannte Vertheidiger beschieden, daß eine solche wahrscheinlich bald erlassen und hierher gelangen werde. (Die Oestreicher waren nämlich einstweilen nach Hause geschickt, um etwas derartiges zu besorgen und anher zu bringen.)

Auch der Versuch, den polizeilich Verhafteten wider die erkennbare Absicht des Magistrats zu der mit Frist von 24 Stunden vorgeschriebenen gerichtlichen Vernehmung zu bringen, scheiterte an der Inkompetenz-Erklärung des Inquisitoriats.

Da solchergestalt augenscheinlich alles auf die erwartete k. k. „Begnadigung zu Pulver und Blei“ abzielte, so wurde in der Stadt ziemlich allgemeine Freude durch die Kunde hervorgerufen, daß es dem verfolgten Abgeordneten gelungen, seine hiesigen Wächter zu täuschen und sich zu entfernen, ohne die vom hiesigen Polizeiamte erwartete Auslieferungsordre abzuwarten.

Der Bürgermeister Sempricht braucht inzwischen nicht allzusehr über die scheinbar verlorene Aussicht auf einen östreich. Orden zu trauern, da die Freunde des ihm entzogenen Opfers bemüht sein werden, seine schwarzgelbe Gefälligkeit zur gehörigen Kenntniß und gebührenden Anerkennung zu bringen.

* Wien, 11. März.

Graf Ludwig Dessöffy ist wegen mißliebiger Aeusierungen, die er in einem Kaffehause gethan, verhaftet worden. Das neue Preßgesetz, das nächster Tage aus der Octroyirungsfabrik gedruckt hervortreten wird, enthält, wie es heißt, das Cautionsprinzip. Danach sollen täglich erscheinende Blätter in der Residenz eine Caution von 10,000 Fl. erlegen; in der Provinz 5000 Fl. Blätter, die drei Mal wöchentlich erscheinen, erlegen die Hälfte. Für Preßvergehen soll schwere Kerkerstrafe bis auf 10 Jahre verhängt werden können.

Wie man hört, sollen die in den Kasernen nicht unterbringlichen Truppen der hiesigen bedeutend verstärkten Garnison bei anhaltend schöner Witterung gegen Ende dieses Monats zwei Lager beziehen. Das eine Lager soll auf der Schmelz, das andere auf dem Glacis zwischen dem Schotten- und Neuthore errichtet werden.

Gestern früh 11 Uhr langten hier vier Deputirte der aufgelösten Kremsier Kammer als Gefangene an und wurden unter starken Militär- und Polizei-Eskorten in Fiakern nach der Burg transportirt. Der Graben, Kohlmarkt und die Burg waren von Menschen gefüllt und in letzterer viel Militär unter Waffen. Es sollen nach glaubwürdigen Aussagen die Herren Füster, Fischhof, Goldmark und Löhner gewesen sein; nach Anderen war auch Borrosch dabei. Man behauptet übrigens, daß noch weitere Transporte nachkommen und im Ganzen 14 Arrestationen stattgefunden haben.

Der Spielberg in Brünn wird stark befestigt und mit schweren Geschützen armirt.

Der „Pesther Courier“ bringt eine Nachricht von höchster Wichtigkeit in einer Form, die gerade nicht deren Authentizität zu verbürgen geeignet ist. — Einer durch außerordentliche Gelegenheit aus Petersburg gebrachten Nachricht zufolge hat der russische Kaiser, bei einer über 40,000 Mann Truppen abgehaltenen Revue, seinen Truppen öffentlich verkündet: daß die Umstände des österreichischen Kaiserthums erfordern, seinem Freunde, dem Kaiser von Oesterreich, einen Theil seiner militärischen Macht zur Disposition zu stellen.

München, 8. März.

Es zweifelt Niemand mehr daran daß die Anträge des Finanzausschusses bezüglich der griechischen Anlehensfrage, die heute erfolgte Vertagung veranlaßt haben; fürchtete man doch so sehr die Veröffentlichung des Kolb'schen Referats, daß der Präsident der Kammer, Frhr. v. Lerchenfeld, der als Referent des Finanzausschusses im Jahre 1846 diese Angelegenheit nicht ohne Energie betrieben hatte, heute die Vertheilung des lithographirten Abdrucks verhindern wollte, um diese „zarte Sache“ nicht vor das Forum der Oeffentlichkeit gelangen zu lassen. Nur der Drohung, das Manuskript anderweitig drucken und in viel tausend Exemplaren verbreiten zu lassen, gab er nach. Doch wurden bei der Vertheilung der Exemplare die Journalisten, die sonst gewöhnlich einen Abdruck von jedem Berichte erhalten, übergangen. Der Bericht ist 22 enggeschriebene Folioseiten stark. In dem Abschnitte über die „Beleuchtung des gesammten Verhältnisses“ heißt es: Gegen die ausdrückliche Bestimmung der Verfassungsurkunde wurde ein baierisches Heer nach Griechenland gesendet. Die damaligen Stände schwiegen. Die Presse ohnehin hatte man schmachvoll geknebelt. Millionen baierischer Staatsgelder wurden verausgabt aus Veranlassung der den baierischen Staatszwecken unbedingt fremden sogenannten „Griechischen Frage.“ Es konnte dies kein Geheimniß bleiben, Jedermann wußte davon, die Stände aber schwiegen. Sie meinten um so mehr schweigen zu müssen, als die meisterhafte Ordnung des Staatsrechnungswesens auf dem Papiere, jene notorische Verwendung von Millionen zu fremden Zwecken nicht erkennen ließ, indem die vorgelegten Rechnungen eben nichts davon angaben. Erst als die griechische Regierung genöthigt ward, ihr Budget und ihre Rechnungen zu veröffentlichen, konnte es kein Geheimniß bleiben, daß baierische Staatsgelder nach Griechenland geliehen worden waren. Nun mußten die Stände in Baiern Kenntniß von der Sache nehmen. (1840.) Aber man ließ es geschehen, daß ein Minister (Abel) blos einem Ausschusse, und nur „konfidentiell“ Auskunft gab über Angelegenheiten der Staatskasse, mit der freilich seitdem auf ihren gebührenden Werth gebrachten Bedingung, daß darüber nie eine Verhandlung in öffentlicher oder geheimer Sitzung der Kammer stattfinden dürfe. Der Kenntniß der Kammern wurden alle den Gegenstand betreffenden Urkunden vorenthalten, Abel erklärte auf's Bestimmteste, daß es sich um solche Gelder handle, bezüglich welcher keine Verbindlichkeiten noch Haftungsverpflichtungen der in den ständischen Wirkungskreis fallenden Staatskassen bestünden.

Beide Kammern verwahrten sich indessen doch durch einen Gesammtbeschluß vom 6. April 1840 in der Beziehung, daß an die hiebei in Frage gekommenen Defensionsgelder keine Verbindlichkeiten oder Haftungsverpflichtungen für die Staatskassen sich knüpfen dürften, worauf der König im Landtagsabschied die Zusicherung wiederholte, daß solche Verbindlichkeiten und Haftungen zu keiner Zeit ohne verfassungsmäßige Begründung werden in Anspruch genommen werden. Indessen aber wurde thatsächlich schon 1840/41 über eine Million für den Germersheimer Festungsbau — zu welchem die Defensionsgelder bestimmt waren — aus den unmittelbaren Staatskassen hinweggenommen, eben in Folge jener Entfremdung der Defensionsgelder von ihrem Zwecke. Darauf Verhandlungen auf dem Landtage 1843, wieder in geheimen Sitzungen, — Betheuerungen, daß der König persönlich die Vertretung der Haftung trage, und endlich auf den Grund jener Zusicherungen, Beruhigung der Kammer. Auf dem Landtage 1846 wies Lerchenfeld unwiderlegbar die persönliche Haftungsverpflichtung des Königs für Wiedererstattung der fraglichen Summe nach. Auf das bestimmte Versprechen der Minister hin, sie seien zu der Erklärung ermächtigt, daß dem nächsten Landtage Vorlagen zur Vereinigung, d. h. Rückzahlung jener Schuld würden gemacht werden, wobei dieselben auf ein Zurückbehalten der Appanage des Königs Otto hinwiesen, wurde beschlossen, vorerst Umgang von der Sache zu nehmen. Was die Sicherung des Kapitals und die Rückzahlungen von Seiten Griechenlands betrifft, so haben sich die Verhältnisse von Jahr zu Jahr düsterer gestaltet, und was man im Jahre 1846 (durch Graf Bray) darüber vernahm, besteht in der Aussicht auf eine formelle Anerkennung der Schuld, zu einer Rückzahlung ist aber nicht die geringste Aussicht vorhanden, da von Seiten Griechenlands sogar schon Gegenforderungen aufgestellt worden. Das Kapital mit Zinsen bis November 1848 beläuft sich auf 1,529,333 fl., wobei der baierische Staat noch in dem besondern Verlust ist, seinen Gläubigern 5 Prozente zahlen zu müssen, während ihm blos 4 Prozente vergütet werden sollen. Da diese Summe ungefähr jener gleich kommt, die für Reichszwecke jetzt verlangt wird, so würde die beantragte Steuererhöhung um so unverantwortlicher erscheinen, so lange Staatsgelder vorhanden sind, die zu baierischen Staatszwecken gar nicht verwendet sind. Der Ausschußantrag wurde ohne Widerspruch der anwesenden Minister der auswärtigen Angelegenheiten und der Finanzen von den Ausschußmitgliedern, (Schüler, Kolb, Schlund, Binder, Langguth, Steinhäuser) einstimmig angenommen und lautet: Die Kammer der Abgeordneten möge beschließen: 1) derjenige Beamte, welcher die Auslieferung baierischer Staatsgelder behufs eines Darlehens an die Krone von Griechenland verfügte, sei schleunigst auf civilrechtlichem Wege soweit möglich zur Rückzahlung anzuhalten. 2) Die fernere Auszahlung der Appanage, welche König Otto von Griechenland als baierischer Prinz bezieht, und welche von demselben für die richtige Rückzahlung des sogenannten griechischen Anlehens verpfändet wurde, ist bis zur Abtragung der gedachten Schuld sofort einzustellen. 3) Es sind unverzüglich die geeigneten Schritte einzuleiten, um den schleunigsten Rückersatz der gedachten Staatsgelder, soweit diese nicht anderweitig gedeckt werden, aus dem Privatvermögen des vorigen Königs Ludwig von Baiern zu erlangen. 4) Diejenigen Beamten, auf deren Weisung die Auslieferung der erwähnten Staatsgelder zu andern als baierischen Staatszwecken erfolgte, sind sofort wegen gewöhnlichen Amtsvergehens den gewöhnlichen Gerichten behufs Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens, unter Vorlage der betreffenden Akten, zur Anzeige zu bringen. 5) Die sämmtlichen Minister sind, jeder soweit der Gegenstand in das Bereich seines Wirkungskreises einschlägt, zur unverzüglichen Anordnung der nöthigen Weisungen aufzufordern.

(D. Z.)
Bruchsal, 7. März.

Folgender Protest ist, von sämmtlichen politischen Gefangenen dahier, welche bereits ihr Anklageerkenntniß erhalten und vor das Geschworenengericht gestellt werden, unterzeichnet, an das Justizministerium in Karlsruhe abgesandt worden:

„Die Unterzeichneten haben in Erfahrung gebracht, daß die Regierung die Aburtheilung Struve's von der der übrigen, vom Septemberaufstande Angeschuldigten trennen und selbst diese nur in einzelnen Gruppen vor Gericht stellen will. Die Absichten, welche die Regierung hierbei leiten, sind leicht zu durchschauen. Sie hält die Verurtheilung Struve's durch die aus dem Privilegium eines Census hervorgegangenen Geschwornen für unzweifelhaft, und um sich auch der Verurtheilung der übrigen Angeschuldigten zu vergewissern, zerreißt sie die Verhandlungen, wodurch nicht allein den Geschwornen der ganze Zusammenhang des Prozesses aus den Augen gerückt, sondern auch das Interesse des Publikums davon abgelenkt wird. Sämmtliche Angeschuldigten aber sind Genossen Struve's, und deshalb muß ihre Aburtheilung verbunden bleiben. So ist es bisher bei allen Monstreprozessen in Frankreich, England, Belgien etc. gewesen; ja sogar in dem absolutistischen Preußen wurde Mieroslawsky nicht allein, sondern mit sämmtlichen Genossen vor Gericht gestellt. Wir, die wir bereits unser Anklageerkenntniß erhalten, „protestiren demnach gegen dieses einer zeitgemäßen Strafrechtspflege unwürdige Verfahren und verlangen vielmehr, daß alle Angeschuldigten zusammen auf die Anklagebank kommen und vom Beginne bis zum Schlusse der Verhandlungen Zeugen der letzteren bleiben.“

Gefängniß Bruchsal, 2. März 1849.

Max Cohnheim. Eduard Rosenblum. Carl Friedr. Bauer. S. Borkheim. H. Baumann. Pedro Düsar. H. Lefevre. C. Schnepf.“

<TEI>
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          <p><pb facs="#f0002" n="1378"/>
Erlegenheit bekomme, um die Aufhebung des Belagerungszustandes auszusprechen.</p>
          <p>Jetzt erscheinen die Minister und Graf <hi rendition="#g">Arnim</hi> widerlegt die heute durch ein Extrablatt der &#x201E;Constitutionellen Zeitung&#x201C; verbreitete Nachricht, der König von Preußen sei gestern in Frankfurt zum deutschen Kaiser proklamirt worden. Der Minister irrt sich aber darin, daß er berichtigt, die Verhandlungen in Frankfurt würden heute darüber stattfinden, da dies erst am Donnerstag der Fall sein wird. Es scheint also, daß Herr Milde, dessen Blatt die &#x201E;Deutsche Reform&#x201C; die Nachricht richtig gab, besser unterrichtet ist als Herr Hansemann von der &#x201E;Constitutionellen Zeitung.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Stahl</hi> möchte am Liebsten, daß der Belagerungszustand für immer bleibe. Er will nicht die Wiederkehr der anarchischen Zustände von 1848, die Thätigkeit der Clubs, den offenen Aufruhr u. s. w.</p>
          <p><hi rendition="#g">Möwes</hi> und <hi rendition="#g">Willisen</hi> wollen vermitteln.</p>
          <p><hi rendition="#g">Herman</hi> ist es widerlich, unter dem Belagerungszustand zu berathen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Wodizka,</hi> einer der Rechtesten auf dem vereinigten Landtage, wird revolutionär. Er tritt gegen Stahl auf, vertheidigt die National-Versammlung und muß endlich, da er nicht bei der Sache bleibt, von der Tribüne herunter.</p>
          <p><hi rendition="#g">Zenker</hi> mit großer Kraft gegen die Gewaltmaßregeln des Ministeriums, welche <hi rendition="#g">Manteuffel</hi> wie gewöhnlich sehr blamable vertheidigt. Er ertheilt der Bürgerwehr Berlins ein ganz unverdientes Lob, indem er ihr die herrliche Errungenschaft des passiven Widerstandes zu escamotiren sucht.</p>
          <p>Der würdige Stadtsyndikus <hi rendition="#g">Möwes</hi> wird der Advokat der angegriffenen Nationalgarde.</p>
          <p>Der Paragraph der Kommission wird demnächst angenommen.</p>
          <p>Man geht über zu dem Paragraph der die gewerblichen Verhältnisse berührt. Unnöthigerweise kommt man dabei auf das Recht der Arbeit. Bei der Debatte zeigen die Mitglieder, daß sie sämmtlich den &#x201E;Traum eines rothen Republikaners&#x201C; gesehen haben.</p>
          <p><hi rendition="#g">Diterici</hi> spricht zuerst statistischen Unsinn.</p>
          <p>Der <hi rendition="#g">v. d. Heydt</hi> stimmt dem Vorredner bei</p>
          <p><hi rendition="#g">Böcking</hi> und <hi rendition="#g">Jacobs</hi> haben sich stets mit der Arbeitsfrage beschäftigt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Milde</hi> ist gegen progressive Einkommensteuer.</p>
          <p>Der <hi rendition="#g">v. d. Heydt,</hi> Revolutionär vom 6. März 1848, vertheidigt seine Maßregeln. (Papageno-Milde: Sehr gut, sehr gut!)</p>
          <p>Der große <hi rendition="#g">David Hansemann</hi> spricht Folgendes: Das ewige Gesetz Gottes ist, daß durch Arbeit, Sparsamkeit und Sorgfalt allein der Mensch etwas vor sich bringe. Alle andere Versprechungen sind nach meiner Meinung eitle Thorheit.</p>
          <p>Der § 5 wird nach dem Entwurf der Adresse angenommen.</p>
          <p>Der § 6 angenommen.</p>
          <p>§ 7 mit einem Amendement Ammons angenommen.</p>
          <p>§ 8 das Heer betreffend, angenommen.</p>
          <p>Schließlich blamiren sich noch <hi rendition="#g">Böcking</hi> und <hi rendition="#g">Wachler,</hi> dann Schluß der Sitzung.</p>
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          <head><bibl><author>222</author></bibl> Berlin, 13. März.</head>
          <p>Trotz der bereits erfolgten Ankunft des Hrn. v. Prokesch-Osten befindet sich Hr. v. Trautmansdorff noch immer hier. Wie wir erfahren, ist es nicht seine Absicht, in fernere östreichische Dienste zu treten, vielmehr seinen Abschied zu fordern und Preußen, dessen Hauptstadt er durch einen Aufenthalt von mehr denn 20 Jahren liebgewonnen, zu seiner neuen Heimath zu wählen. Dieses Beispiel, daß ein auswärtiger Gesandter nach einer plötzlichen, jedenfalls auffälligen Abberufung Heimath und Staatsdienst seines Landes aufgibt, steht in den Annalen der Berliner Diplomatie nicht vereinzelt da. Zu einer ähnlichen Entschließung gelangte der spanische Gesandte, Graf von Oriolla, welcher im Jahre 1835 in Folge der getrübten Beziehungen zwischen Spanien und Preußen von Berlin abberufen ward, nachdem er 25 Jahre den spanischen Botschafterposten am hiesigen Hofe bekleidet hatte. Er verblieb nach wie vor in Berlin und trat in preußische Staatsdienste, in welchen jetzt seine Nachkommen bedeutende Posten bekleiden. Einer derselben ist gegenwärtig Adjudant in der Suite des Prinzen von Preußen. Was schließlich den Wechsel der erstgenannten Diplomaten angeht, so hat bis jetzt weder Hr. v. Trautmansdorff sein Abberufungsschreiben noch der General v. Prokesch seine neue Beglaubigung in Charlottenburg überreicht.</p>
          <p>Der gestrigen Mittheilung über die neue Fremdenkontrolle auf den Bahnhöfen, fügen wir hinzu, daß bei minder verdächtigen inländischen Zureisenden unter Umständen auch Examina die Stelle von Legitimationen vertreten. Constabler pflegen den Fremden nach seiner Heimath zu fragen und ist diese genannt, weiter nach Lage des Orts, Namen des Landraths etc. etc. zu forschen. Kann der Fremde auf alle diese Fragen eine genügende Auskunft ertheilen, so wird ihm auch ohne weitere Legitimation der Eintritt in die Barriere gestattet. &#x2014; Eine andere mit dieser verschärften Controlle vielleicht zusammenhängende Vorsichtsmaßregel bilden die starken Militärpatrouillen, welche jetzt wieder zur Nachtzeit die Straßen durchziehen. Es passirt dabei friedlichen Einwohnern, welche schneller durch die Straßen eilen, als gewöhnlich, um früher zu Hause zu sein, angehalten zu werden und sich über die Ursachen der Eile ausweisen zu müssen.</p>
          <p>Der mehrgenannte Privatschreiber Piersig, der sich in den betreffenden Injurier-Prozessen als Verfasser der vielbesprochenen &#x201E;Enthüllungen&#x201C; genannt hat, soll diese Erklärung zurückgenommen haben. Er habe angegeben, heißt es, ein Mitarbeiter einer hiesigen tendenziös sehr bekannten Zeitung, habe ihn durch eine Geldbelohnung von 20 Thlr. zu jener falschen Angabe vermocht.</p>
          <p>Die zweite Kammer hält weder heute noch morgen Sitzung, da es an Vorlagen fehlt. Die Abtheilungen arbeiten fleißig. Die erste Kammer hat die Adresse bis auf den letzten Abschnitt heute erledigt.</p>
          <p>Im Kriegsministerio herrscht fortgesetzt eine außerordentliche Thätigkeit. Es sind unter andern zahlreiche Instrumente und sonstige Geräthe bestellt, welche zum Felddienst verwandt werden. Ein hiesiger Mechanikus, der ein Patent auf Fabrikation von Spitzkugeln vermittelst Maschinen besitzt, läßt unausgesetzt arbeiten. Die dänische Frage scheint jetzt wirklich eine ernstere Wendung zu nehmen. Das gestrige Gerücht über eine bevorstehende Blokade der Ostseehäfen, soll festen Bestand gewinnen. Außerdem will man im Kriegsministerio die Nachricht haben, daß die Dänen am 27. von Alsen mit 16,000 Mann herüberkommen und Flensburg zu besetzen suchen würden.</p>
          <p>Endlich heißt es, daß eine militärische Cernirung der Gränzen des Großherzogthums Posen statt finden werde. Zu diesem Behufe soll ein Theil der Landwehr, welche bekanntlich in den Novembertagen allgemein einberufen, später aber wieder entlassen wurde, von neuem eingekleidet und sofort in der Provinz Posen eingarnisonirt werden. Im Publikum erhält sich übrigens mit bemerkenswerther Beharrlichkeit die Annahme, daß es zu einem neuen Kriege mit Dänemark nicht kommen werde, ja, man begegnet oft der Behauptung, der Friede sei längst abgeschlossen.</p>
          <p>Seitens der hiesigen Regierung ist ein Agent nach Amerika gesandt, mit dem Auftrage, Fregatten für die deutsche Marine anzukaufen, jedoch zu sorgen, daß dieselben Ende April bereits hier seien.</p>
          <p>Der Generallieutenant und Kommandeur der 14. Division, Freiherr v. Canitz und Dallwitz, ist von Düsseldorf hier angekommen, was ebenfalls mit besonderen militärischen Dispositionen in Zusammenhang gebracht wird.</p>
          <p>Die Feier des 18. März hat jetzt die Wendung genommen, welche am Anfang zu vermuthen stand. Eine Bekanntmachung des Generals Wrangel bringt in Erinnerung, daß nicht allein Versammlungen, Aufzüge und Reden auf Straßen und Plätzen im ganzen Umfange des Belagerungszustandes, sondern überhaupt alle und jede Demonstration, welche Ruhestörung in der Residenz herbeiführen könne, als verboten anzusehen sei. Bemerkenswerther Weise geschieht des 18. März in dieser Bekanntmachung gar keine Erwähnung, während sie offenbar lediglich auf die Feier desselben berechnet ist.</p>
        </div>
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          <head>Breslau, 11. März.</head>
          <p>Seit gestern kamen hier mit jedem Eisenbahnzuge Deputirte aus Kremsier und Flüchtlinge aus Oesterreich an. Unter diesen namentlich Goldmark, Kudlich, Violand, Füster. Letzterer wurde in Ratibor vom Bürgermeister, auf Requisition eines österreichischen Polizeikommissars aus Troppau, in Verhaft genommen. Die Sache machte großes Aufsehen, da der Bürgermeister direkt bei der Regierung in Oppeln die Anfrage wegen sofortiger Auslieferung stellte. Nicht genug, daß er dem Flüchtlinge zwei Polizeimänner ins Zimmer stellte, verging sich der etwas zu gefügige Bürgermeister so weit, dem Inhaftirten die Effekten und das Geld abzunehmen. Füster protestirte gegen dieses Verfahren, und der herbeigerufene Justizkommissar erwirkte wenigstens allsobald die Ausfolgung der Papiere und der Baarschaft. Ohne daß das Resultat der Anfrage bei der Regierung bekannt ist, war Füster heute hier und soll weiter nach Berlin gegangen sein. Sehr viele Polen sind zugleich hier, und es scheint eine Art Emigration aus Oesterreich stattzufinden.</p>
          <bibl>(D. A. Ztg.)</bibl>
          <p>In der &#x201E;A. Od. Ztg.&#x201C; lesen wir in Bezug hierauf folgende aus Ratibor vom 11. März datirte Mittheilung:</p>
          <p>Ein charakteristischer Vorfall nimmt seit gestern das Interesse der hiesigen Stadt in Anspruch.</p>
          <p>Der österr. Reichstags-Abgeordnete, Prof. Füster, &#x2014; früher Feldkaplan der akadem. Legion &#x2014; war bei Auflösung des Reichstages der den übrigen Oppositionsmitgliedern widerfahrenen Verhaftung und Abführung nach Wien durch seine Abreise von Kremsier entgangen. Zwei verfolgende k. k. Polizeibeamte erreichten denselben in Ratibor und verhafteten ihn unter Assistenz der ihnen zu diesem Zwecke beigegebenen Stadtpolizei-Offizianten.</p>
          <p>Die verfolgenden Oesterreicher hatten hierorts weiter nichts, als den von einer Wiener Militärkommission an kaiserl. Behörden erlassenen und nur für solche verbindlichen Vorführungsbefehl vorgewiesen, und damit bei dem Vorstand einer civilisirten Stadt schleunigsten Gehorsam erlangt. (!!!)</p>
          <p>Der dem Verhafteten sofort als Rechtsanwalt zur Seite getretene hiesige Justizkommissarius Sabarth fand denselben dergestalt bewacht, daß ein Polizeibeamter sich sogar im Zimmer des Gefangenen aufhielt und die Unterredung des Vertheidigers mit dem Clienten controllirte.</p>
          <p>In Folge der rückhaltlosen Vorstellungen des Anwaltes entfernte der Bürgermeister zwar die Wache aus der Stube und postirte eine Doppelwache nur außerhalb an die Stubenthüre, mußte auch auf Befehl des mit einer Beschwerde dieserhalb befaßten Kreislandraths das weggenommene Geld dem Professor Füster zur selbstständigen Besorgung seiner Bedürfnisse zurückgeben</p>
          <p>Vergebens aber machte der Vertheidiger zur Motivirung seines Entlassungsantrages geltend, daß die Polizei ohne Richter in Preußen der Regel nach keine Kompetenz zu Verhaftungen habe, daß das Gesetz vom 24. Sept. v. J. (Habeas-Corpus-Akte) gleich allen Schutzgesetzen auch zu Gunsten der den diesseitigen Strafgesetzen unterworfenen Fremden zur Anwendung kommen müsse und im vorliegenden Falle aufs gröblichste verletzt sei; daß nach den bestehenden Cartelkonventionen Auslieferung nur wegen bestimmter, hier aber nicht angezeigter Verbrechen stattfinde; endlich daß weder ein offener Steckbrief, noch eine jenseitige Requisition, sondern nur der die diesseitigen Behörden gar nichts angehende simple Haftsbefehl einer fremden Militärkommission vorliege, deren Befugnisse hier nicht einmal bekannt seien.</p>
          <p>In Erwiderung derartiger Vorstellungen wurde vom Stadtbürgermeister von Ratibor zu dem Gesetze vom 24. Septbr. die Zusatzbestimmung oktroyirt, daß dasselbe &#x2014; im Unterschiede von andern Gesetzen, namentlich über das Strafverfahren &#x2014; auf die in Ratibor sich aufhaltenden Fremden keine Anwendung finden solle. Außerdem behauptete er, jenes Gesetz sei richtig gewahrt, weil Füster auf der Flucht (?), mithin &#x201E;auf der That&#x201C; ergriffen sei, obwohl der Bürgermeister geständlich selbst nicht wußte, auf welcher That. Wegen des Mangels einer Verhaftungs-Requisition wurde der genannte Vertheidiger beschieden, daß eine solche wahrscheinlich bald erlassen und hierher gelangen werde. (Die Oestreicher waren nämlich einstweilen nach Hause geschickt, um etwas derartiges zu besorgen und anher zu bringen.)</p>
          <p>Auch der Versuch, den polizeilich Verhafteten wider die erkennbare Absicht des Magistrats zu der mit Frist von 24 Stunden vorgeschriebenen gerichtlichen Vernehmung zu bringen, scheiterte an der Inkompetenz-Erklärung des Inquisitoriats.</p>
          <p>Da solchergestalt augenscheinlich alles auf die erwartete k. k. &#x201E;Begnadigung zu Pulver und Blei&#x201C; abzielte, so wurde in der Stadt ziemlich allgemeine Freude durch die Kunde hervorgerufen, daß es dem verfolgten Abgeordneten gelungen, seine hiesigen Wächter zu täuschen und sich zu entfernen, ohne die vom hiesigen Polizeiamte erwartete Auslieferungsordre abzuwarten.</p>
          <p>Der Bürgermeister Sempricht braucht inzwischen nicht allzusehr über die scheinbar verlorene Aussicht auf einen östreich. Orden zu trauern, da die Freunde des ihm entzogenen Opfers bemüht sein werden, seine schwarzgelbe Gefälligkeit zur gehörigen Kenntniß und gebührenden Anerkennung zu bringen.</p>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 11. März.</head>
          <p>Graf Ludwig Dessöffy ist wegen mißliebiger Aeusierungen, die er in einem Kaffehause gethan, verhaftet worden. Das neue Preßgesetz, das nächster Tage aus der Octroyirungsfabrik gedruckt hervortreten wird, enthält, wie es heißt, das Cautionsprinzip. Danach sollen täglich erscheinende Blätter in der Residenz eine Caution von 10,000 Fl. erlegen; in der Provinz 5000 Fl. Blätter, die drei Mal wöchentlich erscheinen, erlegen die Hälfte. Für Preßvergehen soll schwere Kerkerstrafe bis auf 10 Jahre verhängt werden können.</p>
          <p>Wie man hört, sollen die in den Kasernen nicht unterbringlichen Truppen der hiesigen bedeutend verstärkten Garnison bei anhaltend schöner Witterung gegen Ende dieses Monats zwei Lager beziehen. Das eine Lager soll auf der Schmelz, das andere auf dem Glacis zwischen dem Schotten- und Neuthore errichtet werden.</p>
          <p>Gestern früh 11 Uhr langten hier vier Deputirte der aufgelösten Kremsier Kammer als Gefangene an und wurden unter starken Militär- und Polizei-Eskorten in Fiakern nach der Burg transportirt. Der Graben, Kohlmarkt und die Burg waren von Menschen gefüllt und in letzterer viel Militär unter Waffen. Es sollen nach glaubwürdigen Aussagen die Herren Füster, Fischhof, Goldmark und Löhner gewesen sein; nach Anderen war auch Borrosch dabei. Man behauptet übrigens, daß noch weitere Transporte nachkommen und im Ganzen 14 Arrestationen stattgefunden haben.</p>
          <p>Der Spielberg in Brünn wird stark befestigt und mit schweren Geschützen armirt.</p>
          <p>Der &#x201E;Pesther Courier&#x201C; bringt eine Nachricht von höchster Wichtigkeit in einer Form, die gerade nicht deren Authentizität zu verbürgen geeignet ist. &#x2014; Einer durch außerordentliche Gelegenheit aus Petersburg gebrachten Nachricht zufolge hat der russische Kaiser, bei einer über 40,000 Mann Truppen abgehaltenen Revue, seinen Truppen öffentlich verkündet: daß die Umstände des österreichischen Kaiserthums erfordern, seinem Freunde, dem Kaiser von Oesterreich, einen Theil seiner militärischen Macht zur Disposition zu stellen.</p>
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          <head>München, 8. März.</head>
          <p>Es zweifelt Niemand mehr daran daß die Anträge des Finanzausschusses bezüglich der griechischen Anlehensfrage, die heute erfolgte Vertagung veranlaßt haben; fürchtete man doch so sehr die Veröffentlichung des Kolb'schen Referats, daß der Präsident der Kammer, Frhr. v. Lerchenfeld, der als Referent des Finanzausschusses im Jahre 1846 diese Angelegenheit nicht ohne Energie betrieben hatte, heute die Vertheilung des lithographirten Abdrucks verhindern wollte, um diese &#x201E;zarte Sache&#x201C; nicht vor das Forum der Oeffentlichkeit gelangen zu lassen. Nur der Drohung, das Manuskript anderweitig drucken und in viel tausend Exemplaren verbreiten zu lassen, gab er nach. Doch wurden bei der Vertheilung der Exemplare die Journalisten, die sonst gewöhnlich einen Abdruck von jedem Berichte erhalten, übergangen. Der Bericht ist 22 enggeschriebene Folioseiten stark. In dem Abschnitte über die &#x201E;Beleuchtung des gesammten Verhältnisses&#x201C; heißt es: Gegen die ausdrückliche Bestimmung der Verfassungsurkunde wurde ein baierisches Heer nach Griechenland gesendet. Die damaligen Stände schwiegen. Die Presse ohnehin hatte man schmachvoll geknebelt. Millionen baierischer Staatsgelder wurden verausgabt aus Veranlassung der den baierischen Staatszwecken unbedingt fremden sogenannten &#x201E;Griechischen Frage.&#x201C; Es konnte dies kein Geheimniß bleiben, Jedermann wußte davon, die Stände aber schwiegen. Sie meinten um so mehr schweigen zu müssen, als die meisterhafte Ordnung des Staatsrechnungswesens auf dem Papiere, jene notorische Verwendung von Millionen zu fremden Zwecken nicht erkennen ließ, indem die vorgelegten Rechnungen eben nichts davon angaben. Erst als die griechische Regierung genöthigt ward, ihr Budget und ihre Rechnungen zu veröffentlichen, konnte es kein Geheimniß bleiben, daß baierische Staatsgelder nach Griechenland geliehen worden waren. Nun mußten die Stände in Baiern Kenntniß von der Sache nehmen. (1840.) Aber man ließ es geschehen, daß ein Minister (Abel) blos einem Ausschusse, und nur &#x201E;konfidentiell&#x201C; Auskunft gab über Angelegenheiten der Staatskasse, mit der freilich seitdem auf ihren gebührenden Werth gebrachten Bedingung, daß darüber nie eine Verhandlung in öffentlicher oder geheimer Sitzung der Kammer stattfinden dürfe. Der Kenntniß der Kammern wurden alle den Gegenstand betreffenden Urkunden vorenthalten, Abel erklärte auf's Bestimmteste, daß es sich um solche Gelder handle, bezüglich welcher keine Verbindlichkeiten noch Haftungsverpflichtungen der in den ständischen Wirkungskreis fallenden Staatskassen bestünden.</p>
          <p>Beide Kammern verwahrten sich indessen doch durch einen Gesammtbeschluß vom 6. April 1840 in der Beziehung, daß an die hiebei in Frage gekommenen Defensionsgelder keine Verbindlichkeiten oder Haftungsverpflichtungen für die Staatskassen sich knüpfen dürften, worauf der König im Landtagsabschied die Zusicherung wiederholte, daß solche Verbindlichkeiten und Haftungen zu keiner Zeit ohne verfassungsmäßige Begründung werden in Anspruch genommen werden. Indessen aber wurde thatsächlich schon 1840/41 über eine Million für den Germersheimer Festungsbau &#x2014; zu welchem die Defensionsgelder bestimmt waren &#x2014; aus den unmittelbaren Staatskassen hinweggenommen, eben in Folge jener Entfremdung der Defensionsgelder von ihrem Zwecke. Darauf Verhandlungen auf dem Landtage 1843, wieder in geheimen Sitzungen, &#x2014; Betheuerungen, daß der König persönlich die Vertretung der Haftung trage, und endlich auf den Grund jener Zusicherungen, Beruhigung der Kammer. Auf dem Landtage 1846 wies Lerchenfeld unwiderlegbar die persönliche Haftungsverpflichtung des Königs für Wiedererstattung der fraglichen Summe nach. Auf das bestimmte Versprechen der Minister hin, sie seien zu der Erklärung ermächtigt, daß dem nächsten Landtage Vorlagen zur Vereinigung, d. h. Rückzahlung jener Schuld würden gemacht werden, wobei dieselben auf ein Zurückbehalten der Appanage des Königs Otto hinwiesen, wurde beschlossen, vorerst Umgang von der Sache zu nehmen. Was die Sicherung des Kapitals und die Rückzahlungen von Seiten Griechenlands betrifft, so haben sich die Verhältnisse von Jahr zu Jahr düsterer gestaltet, und was man im Jahre 1846 (durch Graf Bray) darüber vernahm, besteht in der Aussicht auf eine formelle Anerkennung der Schuld, zu einer Rückzahlung ist aber nicht die geringste Aussicht vorhanden, da von Seiten Griechenlands sogar schon Gegenforderungen aufgestellt worden. Das Kapital mit Zinsen bis November 1848 beläuft sich auf 1,529,333 fl., wobei der baierische Staat noch in dem besondern Verlust ist, seinen Gläubigern 5 Prozente zahlen zu müssen, während ihm blos 4 Prozente vergütet werden sollen. Da diese Summe ungefähr jener gleich kommt, die für Reichszwecke jetzt verlangt wird, so würde die beantragte Steuererhöhung um so unverantwortlicher erscheinen, so lange Staatsgelder vorhanden sind, die zu baierischen Staatszwecken gar nicht verwendet sind. Der Ausschußantrag wurde ohne Widerspruch der anwesenden Minister der auswärtigen Angelegenheiten und der Finanzen von den Ausschußmitgliedern, (Schüler, Kolb, Schlund, Binder, Langguth, Steinhäuser) einstimmig angenommen und lautet: Die Kammer der Abgeordneten möge beschließen: 1) derjenige Beamte, welcher die Auslieferung baierischer Staatsgelder behufs eines Darlehens an die Krone von Griechenland verfügte, sei schleunigst auf civilrechtlichem Wege soweit möglich zur Rückzahlung anzuhalten. 2) Die fernere Auszahlung der Appanage, welche König Otto von Griechenland als baierischer Prinz bezieht, und welche von demselben für die richtige Rückzahlung des sogenannten griechischen Anlehens verpfändet wurde, ist bis zur Abtragung der gedachten Schuld sofort einzustellen. 3) Es sind unverzüglich die geeigneten Schritte einzuleiten, um den schleunigsten Rückersatz der gedachten Staatsgelder, soweit diese nicht anderweitig gedeckt werden, aus dem Privatvermögen des vorigen Königs Ludwig von Baiern zu erlangen. 4) Diejenigen Beamten, auf deren Weisung die Auslieferung der erwähnten Staatsgelder zu andern als baierischen Staatszwecken erfolgte, sind sofort wegen gewöhnlichen Amtsvergehens den gewöhnlichen Gerichten behufs Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens, unter Vorlage der betreffenden Akten, zur Anzeige zu bringen. 5) Die sämmtlichen Minister sind, jeder soweit der Gegenstand in das Bereich seines Wirkungskreises einschlägt, zur unverzüglichen Anordnung der nöthigen Weisungen aufzufordern.</p>
          <bibl>(D. Z.)</bibl>
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          <head>Bruchsal, 7. März.</head>
          <p>Folgender <hi rendition="#g">Protest</hi> ist, von sämmtlichen politischen Gefangenen dahier, welche bereits ihr Anklageerkenntniß erhalten und vor das Geschworenengericht gestellt werden, unterzeichnet, an das Justizministerium in Karlsruhe abgesandt worden:</p>
          <p>&#x201E;Die Unterzeichneten haben in Erfahrung gebracht, daß die Regierung die Aburtheilung Struve's von der der übrigen, vom Septemberaufstande Angeschuldigten trennen und selbst diese nur in einzelnen Gruppen vor Gericht stellen will. Die Absichten, welche die Regierung hierbei leiten, sind leicht zu durchschauen. Sie hält die Verurtheilung Struve's durch die aus dem Privilegium eines Census hervorgegangenen Geschwornen für unzweifelhaft, und um sich auch der Verurtheilung der übrigen Angeschuldigten zu vergewissern, zerreißt sie die Verhandlungen, wodurch nicht allein den Geschwornen der ganze Zusammenhang des Prozesses aus den Augen gerückt, sondern auch das Interesse des Publikums davon abgelenkt wird. Sämmtliche Angeschuldigten aber sind Genossen Struve's, und deshalb muß ihre Aburtheilung verbunden bleiben. So ist es bisher bei allen Monstreprozessen in Frankreich, England, Belgien etc. gewesen; ja sogar in dem absolutistischen Preußen wurde Mieroslawsky nicht allein, sondern mit sämmtlichen Genossen vor Gericht gestellt. Wir, die wir bereits unser Anklageerkenntniß erhalten, &#x201E;protestiren demnach gegen dieses einer zeitgemäßen Strafrechtspflege unwürdige Verfahren und verlangen vielmehr, daß alle Angeschuldigten zusammen auf die Anklagebank kommen und vom Beginne bis zum Schlusse der Verhandlungen Zeugen der letzteren bleiben.&#x201C;</p>
          <p>Gefängniß Bruchsal, 2. März 1849.</p>
          <p>Max Cohnheim. Eduard Rosenblum. Carl Friedr. Bauer. S. Borkheim. H. Baumann. Pedro Düsar. H. Lefevre. C. Schnepf.&#x201C;</p>
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</TEI>
[1378/0002] Erlegenheit bekomme, um die Aufhebung des Belagerungszustandes auszusprechen. Jetzt erscheinen die Minister und Graf Arnim widerlegt die heute durch ein Extrablatt der „Constitutionellen Zeitung“ verbreitete Nachricht, der König von Preußen sei gestern in Frankfurt zum deutschen Kaiser proklamirt worden. Der Minister irrt sich aber darin, daß er berichtigt, die Verhandlungen in Frankfurt würden heute darüber stattfinden, da dies erst am Donnerstag der Fall sein wird. Es scheint also, daß Herr Milde, dessen Blatt die „Deutsche Reform“ die Nachricht richtig gab, besser unterrichtet ist als Herr Hansemann von der „Constitutionellen Zeitung.“ Stahl möchte am Liebsten, daß der Belagerungszustand für immer bleibe. Er will nicht die Wiederkehr der anarchischen Zustände von 1848, die Thätigkeit der Clubs, den offenen Aufruhr u. s. w. Möwes und Willisen wollen vermitteln. Herman ist es widerlich, unter dem Belagerungszustand zu berathen. Wodizka, einer der Rechtesten auf dem vereinigten Landtage, wird revolutionär. Er tritt gegen Stahl auf, vertheidigt die National-Versammlung und muß endlich, da er nicht bei der Sache bleibt, von der Tribüne herunter. Zenker mit großer Kraft gegen die Gewaltmaßregeln des Ministeriums, welche Manteuffel wie gewöhnlich sehr blamable vertheidigt. Er ertheilt der Bürgerwehr Berlins ein ganz unverdientes Lob, indem er ihr die herrliche Errungenschaft des passiven Widerstandes zu escamotiren sucht. Der würdige Stadtsyndikus Möwes wird der Advokat der angegriffenen Nationalgarde. Der Paragraph der Kommission wird demnächst angenommen. Man geht über zu dem Paragraph der die gewerblichen Verhältnisse berührt. Unnöthigerweise kommt man dabei auf das Recht der Arbeit. Bei der Debatte zeigen die Mitglieder, daß sie sämmtlich den „Traum eines rothen Republikaners“ gesehen haben. Diterici spricht zuerst statistischen Unsinn. Der v. d. Heydt stimmt dem Vorredner bei Böcking und Jacobs haben sich stets mit der Arbeitsfrage beschäftigt. Milde ist gegen progressive Einkommensteuer. Der v. d. Heydt, Revolutionär vom 6. März 1848, vertheidigt seine Maßregeln. (Papageno-Milde: Sehr gut, sehr gut!) Der große David Hansemann spricht Folgendes: Das ewige Gesetz Gottes ist, daß durch Arbeit, Sparsamkeit und Sorgfalt allein der Mensch etwas vor sich bringe. Alle andere Versprechungen sind nach meiner Meinung eitle Thorheit. Der § 5 wird nach dem Entwurf der Adresse angenommen. Der § 6 angenommen. § 7 mit einem Amendement Ammons angenommen. § 8 das Heer betreffend, angenommen. Schließlich blamiren sich noch Böcking und Wachler, dann Schluß der Sitzung. 222 Berlin, 13. März. Trotz der bereits erfolgten Ankunft des Hrn. v. Prokesch-Osten befindet sich Hr. v. Trautmansdorff noch immer hier. Wie wir erfahren, ist es nicht seine Absicht, in fernere östreichische Dienste zu treten, vielmehr seinen Abschied zu fordern und Preußen, dessen Hauptstadt er durch einen Aufenthalt von mehr denn 20 Jahren liebgewonnen, zu seiner neuen Heimath zu wählen. Dieses Beispiel, daß ein auswärtiger Gesandter nach einer plötzlichen, jedenfalls auffälligen Abberufung Heimath und Staatsdienst seines Landes aufgibt, steht in den Annalen der Berliner Diplomatie nicht vereinzelt da. Zu einer ähnlichen Entschließung gelangte der spanische Gesandte, Graf von Oriolla, welcher im Jahre 1835 in Folge der getrübten Beziehungen zwischen Spanien und Preußen von Berlin abberufen ward, nachdem er 25 Jahre den spanischen Botschafterposten am hiesigen Hofe bekleidet hatte. Er verblieb nach wie vor in Berlin und trat in preußische Staatsdienste, in welchen jetzt seine Nachkommen bedeutende Posten bekleiden. Einer derselben ist gegenwärtig Adjudant in der Suite des Prinzen von Preußen. Was schließlich den Wechsel der erstgenannten Diplomaten angeht, so hat bis jetzt weder Hr. v. Trautmansdorff sein Abberufungsschreiben noch der General v. Prokesch seine neue Beglaubigung in Charlottenburg überreicht. Der gestrigen Mittheilung über die neue Fremdenkontrolle auf den Bahnhöfen, fügen wir hinzu, daß bei minder verdächtigen inländischen Zureisenden unter Umständen auch Examina die Stelle von Legitimationen vertreten. Constabler pflegen den Fremden nach seiner Heimath zu fragen und ist diese genannt, weiter nach Lage des Orts, Namen des Landraths etc. etc. zu forschen. Kann der Fremde auf alle diese Fragen eine genügende Auskunft ertheilen, so wird ihm auch ohne weitere Legitimation der Eintritt in die Barriere gestattet. — Eine andere mit dieser verschärften Controlle vielleicht zusammenhängende Vorsichtsmaßregel bilden die starken Militärpatrouillen, welche jetzt wieder zur Nachtzeit die Straßen durchziehen. Es passirt dabei friedlichen Einwohnern, welche schneller durch die Straßen eilen, als gewöhnlich, um früher zu Hause zu sein, angehalten zu werden und sich über die Ursachen der Eile ausweisen zu müssen. Der mehrgenannte Privatschreiber Piersig, der sich in den betreffenden Injurier-Prozessen als Verfasser der vielbesprochenen „Enthüllungen“ genannt hat, soll diese Erklärung zurückgenommen haben. Er habe angegeben, heißt es, ein Mitarbeiter einer hiesigen tendenziös sehr bekannten Zeitung, habe ihn durch eine Geldbelohnung von 20 Thlr. zu jener falschen Angabe vermocht. Die zweite Kammer hält weder heute noch morgen Sitzung, da es an Vorlagen fehlt. Die Abtheilungen arbeiten fleißig. Die erste Kammer hat die Adresse bis auf den letzten Abschnitt heute erledigt. Im Kriegsministerio herrscht fortgesetzt eine außerordentliche Thätigkeit. Es sind unter andern zahlreiche Instrumente und sonstige Geräthe bestellt, welche zum Felddienst verwandt werden. Ein hiesiger Mechanikus, der ein Patent auf Fabrikation von Spitzkugeln vermittelst Maschinen besitzt, läßt unausgesetzt arbeiten. Die dänische Frage scheint jetzt wirklich eine ernstere Wendung zu nehmen. Das gestrige Gerücht über eine bevorstehende Blokade der Ostseehäfen, soll festen Bestand gewinnen. Außerdem will man im Kriegsministerio die Nachricht haben, daß die Dänen am 27. von Alsen mit 16,000 Mann herüberkommen und Flensburg zu besetzen suchen würden. Endlich heißt es, daß eine militärische Cernirung der Gränzen des Großherzogthums Posen statt finden werde. Zu diesem Behufe soll ein Theil der Landwehr, welche bekanntlich in den Novembertagen allgemein einberufen, später aber wieder entlassen wurde, von neuem eingekleidet und sofort in der Provinz Posen eingarnisonirt werden. Im Publikum erhält sich übrigens mit bemerkenswerther Beharrlichkeit die Annahme, daß es zu einem neuen Kriege mit Dänemark nicht kommen werde, ja, man begegnet oft der Behauptung, der Friede sei längst abgeschlossen. Seitens der hiesigen Regierung ist ein Agent nach Amerika gesandt, mit dem Auftrage, Fregatten für die deutsche Marine anzukaufen, jedoch zu sorgen, daß dieselben Ende April bereits hier seien. Der Generallieutenant und Kommandeur der 14. Division, Freiherr v. Canitz und Dallwitz, ist von Düsseldorf hier angekommen, was ebenfalls mit besonderen militärischen Dispositionen in Zusammenhang gebracht wird. Die Feier des 18. März hat jetzt die Wendung genommen, welche am Anfang zu vermuthen stand. Eine Bekanntmachung des Generals Wrangel bringt in Erinnerung, daß nicht allein Versammlungen, Aufzüge und Reden auf Straßen und Plätzen im ganzen Umfange des Belagerungszustandes, sondern überhaupt alle und jede Demonstration, welche Ruhestörung in der Residenz herbeiführen könne, als verboten anzusehen sei. Bemerkenswerther Weise geschieht des 18. März in dieser Bekanntmachung gar keine Erwähnung, während sie offenbar lediglich auf die Feier desselben berechnet ist. Breslau, 11. März. Seit gestern kamen hier mit jedem Eisenbahnzuge Deputirte aus Kremsier und Flüchtlinge aus Oesterreich an. Unter diesen namentlich Goldmark, Kudlich, Violand, Füster. Letzterer wurde in Ratibor vom Bürgermeister, auf Requisition eines österreichischen Polizeikommissars aus Troppau, in Verhaft genommen. Die Sache machte großes Aufsehen, da der Bürgermeister direkt bei der Regierung in Oppeln die Anfrage wegen sofortiger Auslieferung stellte. Nicht genug, daß er dem Flüchtlinge zwei Polizeimänner ins Zimmer stellte, verging sich der etwas zu gefügige Bürgermeister so weit, dem Inhaftirten die Effekten und das Geld abzunehmen. Füster protestirte gegen dieses Verfahren, und der herbeigerufene Justizkommissar erwirkte wenigstens allsobald die Ausfolgung der Papiere und der Baarschaft. Ohne daß das Resultat der Anfrage bei der Regierung bekannt ist, war Füster heute hier und soll weiter nach Berlin gegangen sein. Sehr viele Polen sind zugleich hier, und es scheint eine Art Emigration aus Oesterreich stattzufinden. (D. A. Ztg.) In der „A. Od. Ztg.“ lesen wir in Bezug hierauf folgende aus Ratibor vom 11. März datirte Mittheilung: Ein charakteristischer Vorfall nimmt seit gestern das Interesse der hiesigen Stadt in Anspruch. Der österr. Reichstags-Abgeordnete, Prof. Füster, — früher Feldkaplan der akadem. Legion — war bei Auflösung des Reichstages der den übrigen Oppositionsmitgliedern widerfahrenen Verhaftung und Abführung nach Wien durch seine Abreise von Kremsier entgangen. Zwei verfolgende k. k. Polizeibeamte erreichten denselben in Ratibor und verhafteten ihn unter Assistenz der ihnen zu diesem Zwecke beigegebenen Stadtpolizei-Offizianten. Die verfolgenden Oesterreicher hatten hierorts weiter nichts, als den von einer Wiener Militärkommission an kaiserl. Behörden erlassenen und nur für solche verbindlichen Vorführungsbefehl vorgewiesen, und damit bei dem Vorstand einer civilisirten Stadt schleunigsten Gehorsam erlangt. (!!!) Der dem Verhafteten sofort als Rechtsanwalt zur Seite getretene hiesige Justizkommissarius Sabarth fand denselben dergestalt bewacht, daß ein Polizeibeamter sich sogar im Zimmer des Gefangenen aufhielt und die Unterredung des Vertheidigers mit dem Clienten controllirte. In Folge der rückhaltlosen Vorstellungen des Anwaltes entfernte der Bürgermeister zwar die Wache aus der Stube und postirte eine Doppelwache nur außerhalb an die Stubenthüre, mußte auch auf Befehl des mit einer Beschwerde dieserhalb befaßten Kreislandraths das weggenommene Geld dem Professor Füster zur selbstständigen Besorgung seiner Bedürfnisse zurückgeben Vergebens aber machte der Vertheidiger zur Motivirung seines Entlassungsantrages geltend, daß die Polizei ohne Richter in Preußen der Regel nach keine Kompetenz zu Verhaftungen habe, daß das Gesetz vom 24. Sept. v. J. (Habeas-Corpus-Akte) gleich allen Schutzgesetzen auch zu Gunsten der den diesseitigen Strafgesetzen unterworfenen Fremden zur Anwendung kommen müsse und im vorliegenden Falle aufs gröblichste verletzt sei; daß nach den bestehenden Cartelkonventionen Auslieferung nur wegen bestimmter, hier aber nicht angezeigter Verbrechen stattfinde; endlich daß weder ein offener Steckbrief, noch eine jenseitige Requisition, sondern nur der die diesseitigen Behörden gar nichts angehende simple Haftsbefehl einer fremden Militärkommission vorliege, deren Befugnisse hier nicht einmal bekannt seien. In Erwiderung derartiger Vorstellungen wurde vom Stadtbürgermeister von Ratibor zu dem Gesetze vom 24. Septbr. die Zusatzbestimmung oktroyirt, daß dasselbe — im Unterschiede von andern Gesetzen, namentlich über das Strafverfahren — auf die in Ratibor sich aufhaltenden Fremden keine Anwendung finden solle. Außerdem behauptete er, jenes Gesetz sei richtig gewahrt, weil Füster auf der Flucht (?), mithin „auf der That“ ergriffen sei, obwohl der Bürgermeister geständlich selbst nicht wußte, auf welcher That. Wegen des Mangels einer Verhaftungs-Requisition wurde der genannte Vertheidiger beschieden, daß eine solche wahrscheinlich bald erlassen und hierher gelangen werde. (Die Oestreicher waren nämlich einstweilen nach Hause geschickt, um etwas derartiges zu besorgen und anher zu bringen.) Auch der Versuch, den polizeilich Verhafteten wider die erkennbare Absicht des Magistrats zu der mit Frist von 24 Stunden vorgeschriebenen gerichtlichen Vernehmung zu bringen, scheiterte an der Inkompetenz-Erklärung des Inquisitoriats. Da solchergestalt augenscheinlich alles auf die erwartete k. k. „Begnadigung zu Pulver und Blei“ abzielte, so wurde in der Stadt ziemlich allgemeine Freude durch die Kunde hervorgerufen, daß es dem verfolgten Abgeordneten gelungen, seine hiesigen Wächter zu täuschen und sich zu entfernen, ohne die vom hiesigen Polizeiamte erwartete Auslieferungsordre abzuwarten. Der Bürgermeister Sempricht braucht inzwischen nicht allzusehr über die scheinbar verlorene Aussicht auf einen östreich. Orden zu trauern, da die Freunde des ihm entzogenen Opfers bemüht sein werden, seine schwarzgelbe Gefälligkeit zur gehörigen Kenntniß und gebührenden Anerkennung zu bringen. * Wien, 11. März. Graf Ludwig Dessöffy ist wegen mißliebiger Aeusierungen, die er in einem Kaffehause gethan, verhaftet worden. Das neue Preßgesetz, das nächster Tage aus der Octroyirungsfabrik gedruckt hervortreten wird, enthält, wie es heißt, das Cautionsprinzip. Danach sollen täglich erscheinende Blätter in der Residenz eine Caution von 10,000 Fl. erlegen; in der Provinz 5000 Fl. Blätter, die drei Mal wöchentlich erscheinen, erlegen die Hälfte. Für Preßvergehen soll schwere Kerkerstrafe bis auf 10 Jahre verhängt werden können. Wie man hört, sollen die in den Kasernen nicht unterbringlichen Truppen der hiesigen bedeutend verstärkten Garnison bei anhaltend schöner Witterung gegen Ende dieses Monats zwei Lager beziehen. Das eine Lager soll auf der Schmelz, das andere auf dem Glacis zwischen dem Schotten- und Neuthore errichtet werden. Gestern früh 11 Uhr langten hier vier Deputirte der aufgelösten Kremsier Kammer als Gefangene an und wurden unter starken Militär- und Polizei-Eskorten in Fiakern nach der Burg transportirt. Der Graben, Kohlmarkt und die Burg waren von Menschen gefüllt und in letzterer viel Militär unter Waffen. Es sollen nach glaubwürdigen Aussagen die Herren Füster, Fischhof, Goldmark und Löhner gewesen sein; nach Anderen war auch Borrosch dabei. Man behauptet übrigens, daß noch weitere Transporte nachkommen und im Ganzen 14 Arrestationen stattgefunden haben. Der Spielberg in Brünn wird stark befestigt und mit schweren Geschützen armirt. Der „Pesther Courier“ bringt eine Nachricht von höchster Wichtigkeit in einer Form, die gerade nicht deren Authentizität zu verbürgen geeignet ist. — Einer durch außerordentliche Gelegenheit aus Petersburg gebrachten Nachricht zufolge hat der russische Kaiser, bei einer über 40,000 Mann Truppen abgehaltenen Revue, seinen Truppen öffentlich verkündet: daß die Umstände des österreichischen Kaiserthums erfordern, seinem Freunde, dem Kaiser von Oesterreich, einen Theil seiner militärischen Macht zur Disposition zu stellen. München, 8. März. Es zweifelt Niemand mehr daran daß die Anträge des Finanzausschusses bezüglich der griechischen Anlehensfrage, die heute erfolgte Vertagung veranlaßt haben; fürchtete man doch so sehr die Veröffentlichung des Kolb'schen Referats, daß der Präsident der Kammer, Frhr. v. Lerchenfeld, der als Referent des Finanzausschusses im Jahre 1846 diese Angelegenheit nicht ohne Energie betrieben hatte, heute die Vertheilung des lithographirten Abdrucks verhindern wollte, um diese „zarte Sache“ nicht vor das Forum der Oeffentlichkeit gelangen zu lassen. Nur der Drohung, das Manuskript anderweitig drucken und in viel tausend Exemplaren verbreiten zu lassen, gab er nach. Doch wurden bei der Vertheilung der Exemplare die Journalisten, die sonst gewöhnlich einen Abdruck von jedem Berichte erhalten, übergangen. Der Bericht ist 22 enggeschriebene Folioseiten stark. In dem Abschnitte über die „Beleuchtung des gesammten Verhältnisses“ heißt es: Gegen die ausdrückliche Bestimmung der Verfassungsurkunde wurde ein baierisches Heer nach Griechenland gesendet. Die damaligen Stände schwiegen. Die Presse ohnehin hatte man schmachvoll geknebelt. Millionen baierischer Staatsgelder wurden verausgabt aus Veranlassung der den baierischen Staatszwecken unbedingt fremden sogenannten „Griechischen Frage.“ Es konnte dies kein Geheimniß bleiben, Jedermann wußte davon, die Stände aber schwiegen. Sie meinten um so mehr schweigen zu müssen, als die meisterhafte Ordnung des Staatsrechnungswesens auf dem Papiere, jene notorische Verwendung von Millionen zu fremden Zwecken nicht erkennen ließ, indem die vorgelegten Rechnungen eben nichts davon angaben. Erst als die griechische Regierung genöthigt ward, ihr Budget und ihre Rechnungen zu veröffentlichen, konnte es kein Geheimniß bleiben, daß baierische Staatsgelder nach Griechenland geliehen worden waren. Nun mußten die Stände in Baiern Kenntniß von der Sache nehmen. (1840.) Aber man ließ es geschehen, daß ein Minister (Abel) blos einem Ausschusse, und nur „konfidentiell“ Auskunft gab über Angelegenheiten der Staatskasse, mit der freilich seitdem auf ihren gebührenden Werth gebrachten Bedingung, daß darüber nie eine Verhandlung in öffentlicher oder geheimer Sitzung der Kammer stattfinden dürfe. Der Kenntniß der Kammern wurden alle den Gegenstand betreffenden Urkunden vorenthalten, Abel erklärte auf's Bestimmteste, daß es sich um solche Gelder handle, bezüglich welcher keine Verbindlichkeiten noch Haftungsverpflichtungen der in den ständischen Wirkungskreis fallenden Staatskassen bestünden. Beide Kammern verwahrten sich indessen doch durch einen Gesammtbeschluß vom 6. April 1840 in der Beziehung, daß an die hiebei in Frage gekommenen Defensionsgelder keine Verbindlichkeiten oder Haftungsverpflichtungen für die Staatskassen sich knüpfen dürften, worauf der König im Landtagsabschied die Zusicherung wiederholte, daß solche Verbindlichkeiten und Haftungen zu keiner Zeit ohne verfassungsmäßige Begründung werden in Anspruch genommen werden. Indessen aber wurde thatsächlich schon 1840/41 über eine Million für den Germersheimer Festungsbau — zu welchem die Defensionsgelder bestimmt waren — aus den unmittelbaren Staatskassen hinweggenommen, eben in Folge jener Entfremdung der Defensionsgelder von ihrem Zwecke. Darauf Verhandlungen auf dem Landtage 1843, wieder in geheimen Sitzungen, — Betheuerungen, daß der König persönlich die Vertretung der Haftung trage, und endlich auf den Grund jener Zusicherungen, Beruhigung der Kammer. Auf dem Landtage 1846 wies Lerchenfeld unwiderlegbar die persönliche Haftungsverpflichtung des Königs für Wiedererstattung der fraglichen Summe nach. Auf das bestimmte Versprechen der Minister hin, sie seien zu der Erklärung ermächtigt, daß dem nächsten Landtage Vorlagen zur Vereinigung, d. h. Rückzahlung jener Schuld würden gemacht werden, wobei dieselben auf ein Zurückbehalten der Appanage des Königs Otto hinwiesen, wurde beschlossen, vorerst Umgang von der Sache zu nehmen. Was die Sicherung des Kapitals und die Rückzahlungen von Seiten Griechenlands betrifft, so haben sich die Verhältnisse von Jahr zu Jahr düsterer gestaltet, und was man im Jahre 1846 (durch Graf Bray) darüber vernahm, besteht in der Aussicht auf eine formelle Anerkennung der Schuld, zu einer Rückzahlung ist aber nicht die geringste Aussicht vorhanden, da von Seiten Griechenlands sogar schon Gegenforderungen aufgestellt worden. Das Kapital mit Zinsen bis November 1848 beläuft sich auf 1,529,333 fl., wobei der baierische Staat noch in dem besondern Verlust ist, seinen Gläubigern 5 Prozente zahlen zu müssen, während ihm blos 4 Prozente vergütet werden sollen. Da diese Summe ungefähr jener gleich kommt, die für Reichszwecke jetzt verlangt wird, so würde die beantragte Steuererhöhung um so unverantwortlicher erscheinen, so lange Staatsgelder vorhanden sind, die zu baierischen Staatszwecken gar nicht verwendet sind. Der Ausschußantrag wurde ohne Widerspruch der anwesenden Minister der auswärtigen Angelegenheiten und der Finanzen von den Ausschußmitgliedern, (Schüler, Kolb, Schlund, Binder, Langguth, Steinhäuser) einstimmig angenommen und lautet: Die Kammer der Abgeordneten möge beschließen: 1) derjenige Beamte, welcher die Auslieferung baierischer Staatsgelder behufs eines Darlehens an die Krone von Griechenland verfügte, sei schleunigst auf civilrechtlichem Wege soweit möglich zur Rückzahlung anzuhalten. 2) Die fernere Auszahlung der Appanage, welche König Otto von Griechenland als baierischer Prinz bezieht, und welche von demselben für die richtige Rückzahlung des sogenannten griechischen Anlehens verpfändet wurde, ist bis zur Abtragung der gedachten Schuld sofort einzustellen. 3) Es sind unverzüglich die geeigneten Schritte einzuleiten, um den schleunigsten Rückersatz der gedachten Staatsgelder, soweit diese nicht anderweitig gedeckt werden, aus dem Privatvermögen des vorigen Königs Ludwig von Baiern zu erlangen. 4) Diejenigen Beamten, auf deren Weisung die Auslieferung der erwähnten Staatsgelder zu andern als baierischen Staatszwecken erfolgte, sind sofort wegen gewöhnlichen Amtsvergehens den gewöhnlichen Gerichten behufs Einleitung eines strafrechtlichen Verfahrens, unter Vorlage der betreffenden Akten, zur Anzeige zu bringen. 5) Die sämmtlichen Minister sind, jeder soweit der Gegenstand in das Bereich seines Wirkungskreises einschlägt, zur unverzüglichen Anordnung der nöthigen Weisungen aufzufordern. (D. Z.) Bruchsal, 7. März. Folgender Protest ist, von sämmtlichen politischen Gefangenen dahier, welche bereits ihr Anklageerkenntniß erhalten und vor das Geschworenengericht gestellt werden, unterzeichnet, an das Justizministerium in Karlsruhe abgesandt worden: „Die Unterzeichneten haben in Erfahrung gebracht, daß die Regierung die Aburtheilung Struve's von der der übrigen, vom Septemberaufstande Angeschuldigten trennen und selbst diese nur in einzelnen Gruppen vor Gericht stellen will. Die Absichten, welche die Regierung hierbei leiten, sind leicht zu durchschauen. Sie hält die Verurtheilung Struve's durch die aus dem Privilegium eines Census hervorgegangenen Geschwornen für unzweifelhaft, und um sich auch der Verurtheilung der übrigen Angeschuldigten zu vergewissern, zerreißt sie die Verhandlungen, wodurch nicht allein den Geschwornen der ganze Zusammenhang des Prozesses aus den Augen gerückt, sondern auch das Interesse des Publikums davon abgelenkt wird. Sämmtliche Angeschuldigten aber sind Genossen Struve's, und deshalb muß ihre Aburtheilung verbunden bleiben. So ist es bisher bei allen Monstreprozessen in Frankreich, England, Belgien etc. gewesen; ja sogar in dem absolutistischen Preußen wurde Mieroslawsky nicht allein, sondern mit sämmtlichen Genossen vor Gericht gestellt. Wir, die wir bereits unser Anklageerkenntniß erhalten, „protestiren demnach gegen dieses einer zeitgemäßen Strafrechtspflege unwürdige Verfahren und verlangen vielmehr, daß alle Angeschuldigten zusammen auf die Anklagebank kommen und vom Beginne bis zum Schlusse der Verhandlungen Zeugen der letzteren bleiben.“ Gefängniß Bruchsal, 2. März 1849. Max Cohnheim. Eduard Rosenblum. Carl Friedr. Bauer. S. Borkheim. H. Baumann. Pedro Düsar. H. Lefevre. C. Schnepf.“

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 247. Köln, 16. März 1849, S. 1378. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz247_1849/2>, abgerufen am 27.04.2024.