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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 245. Köln, 14. März 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 245. Köln, Mittwoch, den 14. März 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. -- Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April, Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen.

Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen.

Heute Morgen ist ein Extra-Blatt ausgegeben worden.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Regierungsprovokationen. -- Hohenzoller'sche Reformpläne.) Düsseldorf. (Neuigkeiten.) Berlin. (Die Geschäftsordnung. -- Manteuffel'sche Aussichten. -- Dreispaltung der Linken. -- Reisegelder der Deputirten. -- Vermischtes. -- Sitzung der 2. und 1. Kammer vom 10. -- Vermischtes.) Erfurt. (Die Stadtverordneten-Versammlung verschwunden.) Wien. (Die Auseinandersprengung des Reichstags.) München. (Vertagung der Kammern. -- Untersuchung gegen den Exfinanzminister Seinsheim. -- Abmarsch der Reichstruppen aus Konstanz.)

Ungarn. (Ein östreichischer Bericht aus der A. A. Z.)

Italien. (Pius IX. -- Rom und Neapel. -- Costagne v. Colonello. -- Griechische Hülfsschaar. -- Die Oestreicher in Modena. -- Deputirtenkammer in Piemont und Karl Albert. -- Die Consulta lombarda.) Rom. (Nachricht von Terracina.) Civita-Vecchia. (Die neapol. Vereinbarungs-Vorschläge in Sicilien verworfen.) Florenz. (Der neue Kriegsminister. -- Der Paß von Cereto durch die Toskaner besetzt.)

Franz. Republik. Paris. (Changarnier. -- Vermischtes.) Bourges. (Gerichtliche Verhandlungen vom 9. und 10. März. -- Hubert's Erklärung.)

Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der "Neuen Rheinischen Zeitung" oder der "Neuen Kölnischen Zeitung" baldigst zugehen zu lassen.

Deutschland.
068 Köln, 12. März.

Die hohen gesalbten und ungesalbten Herren wollen sich für ihre Leiden im März 1848 durch verdoppelte Freuden im März 1849 rächen. Zu diesem Zweck werden Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit an möglichst vielen Orten Deutschlands an den verschiedenen Märztagen der germanischen Vaterländer Krawalle zu Stande kommen und den Herren Contrerevolutionärs neue Gelegenheit zu Gewaltstreichen geboten werden. Seit Wochen wird deshalb in konstitutionellen und aristokratischen Zeitungen von ungeheuerlich vorbereiteten Märzaufständen, von abermaligen Einfällen republikanischer Freischaarenzüge über die französische und schweizer Gränze -- in der Schweiz leben etwa 15 1/2 deutsche Republikaner -- täglich gefaselt und jedesmal aus "sichern Quellen," "unverkennbaren Anzeichen," "authentischen Mittheilungen," den guten Spießbürgern heiße Allarmirungsluft in die Lungen geblasen. Die gottbegnadeten Schäcker sitzen aber ruhig hinter dem Vorhang, freuen sich über die Wirkungen ihrer systematisch in der ganzen Sclavenpresse losgelassenen Knecht-Ruprechts-Annoncen und lächeln vornehm, wenn das blöde Philistervolk die berechneten Angstrufe au serieux nimmt.

Baden, d. h. Bekk, mußte in dieser Beziehung den Reigen eröffnen. Alsbald trompetete die gedungene Journalistik die ganze Einfalls-, Putsch- und Einfalts-Litanei getreulich nach. Dann mußten Würtemberg und Baiern zu ähnlichen Diensten herbeieilen. Das schachernde, verkäufliche und verkaufte, reichsbürgerlich aufgeblähte und nichtsnutzige Frankfurt durfte und wollte mit seinen "Tagesorganen" nicht zurückbleiben Auch die Hessen, blinde und sehende, auch die verstüverten Hannoveraner, langwürstigen Braunschweiger und wie die gekreuzigten Passionsschaaren der deutschen Reichsvölker weiter heißen: sie Alle mußten in das nämliche Horn blasen. Am Besten trieb's Ehren-Wrangel-Manteufel. Vierhundert falsche Pässe für deutsche Flüchtlinge in Besancon waren ausgefertigt und außerdem nach allen Richtungen des schwarz-weißen Gebiets Verhaltungsbefehle und Emmissäre ausgesandt, um in der Presse und durch mündliche Propaganda wegen näher rückenden republikanischen März-Insurrektionern allerlautestes Halloh zu schlagen.

Eine Menge jener christlich-germanischen Organe hatte aber, über die ganz schlauen Anweisungen hinwegsehend, gleich Anfangs allzulauten Lärm geschlagen. Man verbesserte diesen Fehler durch noch mächtigeres Trommeln, durch noch schamlosere Lügen.

Dieser Lärmschläger-Sippschaft hat sich denn auch natürlich Hr. Hansemann in seinem neuen Organe sofort und bereitwilligst angeschlossen. In der ersten Kammer scheinbar Oppositionsmann, macht er in seiner Zeitung diesen blendenden Schein wieder gut als treuer Knappgenosse der Manteufel-Brandenburg durch die obsurdesten Nachrichten und Korrespondenzen über drohende Märzaufstände. Um nur Ein Beispiel anzuführen. Er läßt sich aus Köln als Allerneuestes Folgendes fabriziren:

"Wir leben seit einigen Tagen -- gewissermaßen -- in einer vollständigen Anarchie. Will man sich die Mühe geben, durch die Straßen zu gehen, wird man finden, daß selbst am hellen Tage Haufen von Arbeitern halb bettelnd, halb plündernd umhergehn; namentlich sind die Schenken und die Tabaksläden vielfachen Angriffen ausgesetzt. Es ist bereits dahin gekommen, daß unser Rathhaus seit mehreren Tagen mit zahlreichem Militär umstellt werden mußte. Am Abend ist vollends kein Mensch auf den Straßen sicher. Das Schlimmste dabei ist, daß die Stimmung der arbeitenden Klasse künstlich gereizt wird, damit am 18. März ein vollständiger Aufstand stattfinde."

Hier in Köln reicht es hin, diesen Artikel abzudrucken, um seine ganze Perfidie und Lächerlichkeit bloszulegen.

Was man am hellen Tage, und in verstärktem Grade bei Abend hier sehen konnte, waren unaufhörliche hirnspaltende Prügeleien der Truppen der verschiedenen Waffengattungen untereinander. Es scheint, daß man Interpellationen wegen "Meines herrlichen Kriegsherres" durch Verleumdungen der Arbeiter überschreien will.--

Die Regierungen rüsten sich offen zu Staatsstreichen, welche die Contrerevolution vollenden sollen. Das Volk wäre also in vollem Rechte, sich zum Aufstand zu rüsten. Es begreift aber sehr wohl, daß die Verwicklungen in Frankreich und namentlich in Ungarn und Italien ihm in nächster Frist unfehlbar Gelegenheit zur Erhebung bereiten werden. Es läßt sich daher nicht in die plump angelegte Falle locken.

Köln, 12. März.

Die in unserem heute Morgen ausgegebenen Extrablatte besprochenen Hohenzollern'schen Reformpläne lauten en detail wie folgt:

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc.
ertheilen Unserem Minister des Innern hierdurch den Auftrag, den Kammern in Unserem Namen die beiliegenden drei Gesetzentwürfe, betreffend
a) die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes,
b) das Anheften von Anschlagezetteln und Plakaten in Städten und Ortschaften, so wie den Verkauf und das Vertheilen von Druckschriften oder bildlichen Darstellungen in öffentlichen Straßen,
c) das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Gedanken frei zu äußern,
zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorzulegen.

Gegeben Charlottenburg, den 2. März 1849.

(gez.) Friedrich Wilhelm.

(gegengezeichnet) v. Manteuffel.

Allerhöchste Ermächtigung.

Gesetz-Entwurf, betreffend die Verhütung eines, die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauches des Versammlungs- und Vereinigungsrechts.

§. 1 Vereine und Versammlungen, welche strafbare Zwecke verfolgen oder zur Erreichung erlaubter Zwecke sich verbrecherischer Mittel bedienen, sind verboten und unterliegen der gesetzlichen Ahndung.

§. 2. Versammlungen zur Berathung öffentlicher Angelegenheiten. Von allen Versammlungen, in welchen öffentliche Angelegenheiten erörtert oder berathen werden sollen, hat der Vorsteher, Unternehmer, Ordner, Leiter oder der Inhaber des Versammlungs-Lokals, mindestens 24 Stunden vor dem Beginne der Versammlung, unter Angabe des Orts und der Zeit derselben, Anzeige bei der Ortspolizeibehörde zu machen, welche darüber sofort eine Bescheinigung ertheilt.

Die Berufung einer solchen Versammlung darf weder unter einem falschen, noch unter einem Gesammt-Namen geschehen.

§. 3. Bei dergleichen Versammlungen muß Jedermann der Zutritt gestattet werden, die Ortspolizeibehörde ist jedoch ermächtigt, auf den Antrag der Vorsteher, Unternehmer, Ordner oder Leiter zu gestatten, daß diese Oeffentlichkeit ausgeschlossen oder beschränkt werde. Versammeln sich die Mitglieder solcher Vereine, welche ihre Statuten der Ortspolizeibehörde einzureichen haben (§. 10), so haben sie den vierten Theil der Plätze für diejenigen frei zu lassen, welche dem Vereine fremd sind.

§. 4. Polizeibeamte dürfen solchen Versammlungen nur in der Dienstkleidung oder unter ausdrücklicher Kundgebung ihrer dienstlichen Eigenschaft beiwohnen; dies gilt auch von Militärpersonen, insofern ihnen die Theilnahme nach den Disziplinarvorschriften gestattet ist (Art. 32 der Verfassungsurkunde).

§. 5. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, in jede solche Versammlung zwei Polizeibeamte oder zwei durch besondere Abzeichen erkennbare Abgeordnete zu senden, denen ein angemessener Platz nach ihrer Wahl einzuräumen ist, und welche ermächtigt sind, über alle Wahrnehmungen eine Verhandlung aufzunehmen.

§. 6. Die Vorsteher, Unternehmer, Ordner, Leiter der Versammlung und die Inhaber des Versammlungslokals sind verpflichtet, den Abgeordneten der Obrigkeit auf Verlangen den eigenen, so wie Namen, Stand und Wohnung der Redner, welche in der Versammlung auftreten, anzugeben.

Die Dauer der Versammlung darf die zur Schließung öffentlicher Orte festgesetzte Zeit nicht überschreiten.

§. 7. Die Vorsteher, Unternehmer, Ordner oder Leiter der Versammlung dürfen nicht gestatten, daß in derselben Anträge oder Vorschläge erörtert werden, welche eine Aufreizung oder Aufforderung zu einer strafbaren Handlung enthalten.

§. 8. Versammlungen, deren Verhandlungen wider die Vorschriften des §. 7 verstoßen, oder ein Verbrechen in sich schließen, sind die Abgeordneten der Polizeibehörde sofort aufzulösen befugt; sie können den Uebertreter des Gesetzes verhaften, und Jeder in der Versammlung ist verpflichtet, ihnen bei Ausübung ihres Amtes auf Erfordern Beistand zu leisten.

§. 9. Sobald der Abgeordnete der Polizeibehörde die Versammlung für aufgelöst erklärt hat, sind alle Anwesenden verpflichtet, sich sofort zu entfernen.

Diese Aufforderung ist nöthigenfalls durch die bewaffnete Macht zur Ausführung zu bringen.

§. 10. Vereine zur Beförderung öffentlicher Angelegenheiten. Die Vorsteher solcher Vereine, welche eine Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezwecken, sind verpflichtet, die Statuten und Urkunden über Bildung, Verfassung und Wirksamkeit des Vereins, so wie alle Abänderungen binnen 24 Stunden, nachdem sie zu Stande gekommen, der Ortspolizeibehörde zur Kenntnißnahme einzureichen, derselben auch auf Erfordern jede darauf bezügliche Auskunft zu ertheilen.

§. 11. Bestimmungen: a) bei Versammlungen überhaupt. Niemand darf, ohne daß ihn sein Amts- oder Dienstverhältniß dazu berechtigt, bewaffnet in einer Versammlung erscheinen.

§. 12. b) Bei Versammlungen unter freiem Himmel oder bei Aufzügen. Die Bestimmungen der §§. 2 bis 9 dieses Gesetzes finden bei Versammlungen unter freiem Himmel auch dann Anwendung, wenn darin andere, als öffentliche Angelegeiten erörtert oder berathen werden.

§. 13. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, dergleichen Versammlungen zu verbieten, wenn sie dieselben für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährlich erachtet.

§. 14. Während der ganzen Dauer der Sitzungsperiode beider Kammern der Volksvertretung dürfen innerhalb der Entfernung von fünf Meilen von dem Orte des Sitzes derselben Versammlungen unter freiem Himmel nicht stattfinden.

§. 15. Versammlungen bedürfen der vorgängigen Genehmigung der Ortspolizeibehörde, wenn sie auf öffentlichen Plätzen in Städten und Ortschaften, oder auf Straßen stattfinden sollen.

§. 16. Diesen Versammlungen werden öffentliche Aufzüge gleichgestellt; bei Erstattung der Anzeige oder Einholung der Genehmigung ist der beabsichtigte Weg anzugeben. Gewöhnliche Leichenbegängnisse werden jedoch nicht hierher gerechnet. Auch bei kirchlichen Prozessionen bedarf es der vorherigen Genehmigung nicht, wenn sie in der hergebrachten Art stattfinden.

§. 17. Strafbestimmungen. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§. 2, 3, 5, 6, 8, 10 dieses Gesetzes ziehen eine polizeiliche Strafe bis zu 50 Thlr. nach sich.

§. 18. Wer den in den §§. 7 und 9 gegebenen Bestimmungen zuwiderhandelt, hat Geldbuße bis zu 200 Thlr. oder Gefängniß bis zu sechs Monaten verwirkt.

§. 19. Ist die Versammlung unter freiem Himmel von der Ortspolizeibehörde untersagt, oder den Vorschriften der §§. 14 und 15 zuwider unternommen, so hat Jeder, welcher dazu auffordert oder auffordern läßt, oder darin als Ordner, Leiter oder Redner thätig ist, eine Geldstrafe bis zu 200 Thlr., oder Gefängniß bis zu sechs Monaten, und Jeder, welcher an der Versammlung Theil nimmt, eine Geldbuße bis zu 5 Thlr. verwirkt.

§. 20. Wer auffordert, in einer Versammlung mit Waffen zu erscheinen, oder die Aufforderung hierzu verbreiten läßt, ist mit Gefängniß von sechs Wochen bis zu einem Jahre zu bestrafen.

§. 21. Wer, gegen das Verbot des §. 11, an Versammlungen bewaffnet Theil nimmt, wird. mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.

§. 22. Wer an öffentlichen Orten oder bei öffentlichen Zusammenkünften Erkennungs- oder Versammlungszeichen, oder sonstige äußere Abzeichen, welche zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit durch Gesetz oder Verordnungen der Ortspolizeibehörde verboten worden sind, rägt, ausstellt, verkauft, oder auf sonstige Weise verbreitet, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft.

§. 23. Auf die durch das Gesetz angeordneten Versammlungen finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung.

Beglaubigt.

Der Minister des Innern, v. Manteuffel.

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 245. Köln, Mittwoch, den 14. März 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April, Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen.

Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen.

Heute Morgen ist ein Extra-Blatt ausgegeben worden.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Regierungsprovokationen. — Hohenzoller'sche Reformpläne.) Düsseldorf. (Neuigkeiten.) Berlin. (Die Geschäftsordnung. — Manteuffel'sche Aussichten. — Dreispaltung der Linken. — Reisegelder der Deputirten. — Vermischtes. — Sitzung der 2. und 1. Kammer vom 10. — Vermischtes.) Erfurt. (Die Stadtverordneten-Versammlung verschwunden.) Wien. (Die Auseinandersprengung des Reichstags.) München. (Vertagung der Kammern. — Untersuchung gegen den Exfinanzminister Seinsheim. — Abmarsch der Reichstruppen aus Konstanz.)

Ungarn. (Ein östreichischer Bericht aus der A. A. Z.)

Italien. (Pius IX. — Rom und Neapel. — Costagne v. Colonello. — Griechische Hülfsschaar. — Die Oestreicher in Modena. — Deputirtenkammer in Piemont und Karl Albert. — Die Consulta lombarda.) Rom. (Nachricht von Terracina.) Civita-Vecchia. (Die neapol. Vereinbarungs-Vorschläge in Sicilien verworfen.) Florenz. (Der neue Kriegsminister. — Der Paß von Cereto durch die Toskaner besetzt.)

Franz. Republik. Paris. (Changarnier. — Vermischtes.) Bourges. (Gerichtliche Verhandlungen vom 9. und 10. März. — Hubert's Erklärung.)

Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“ oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen.

Deutschland.
068 Köln, 12. März.

Die hohen gesalbten und ungesalbten Herren wollen sich für ihre Leiden im März 1848 durch verdoppelte Freuden im März 1849 rächen. Zu diesem Zweck werden Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit an möglichst vielen Orten Deutschlands an den verschiedenen Märztagen der germanischen Vaterländer Krawalle zu Stande kommen und den Herren Contrerevolutionärs neue Gelegenheit zu Gewaltstreichen geboten werden. Seit Wochen wird deshalb in konstitutionellen und aristokratischen Zeitungen von ungeheuerlich vorbereiteten Märzaufständen, von abermaligen Einfällen republikanischer Freischaarenzüge über die französische und schweizer Gränze — in der Schweiz leben etwa 15 1/2 deutsche Republikaner — täglich gefaselt und jedesmal aus „sichern Quellen,“ „unverkennbaren Anzeichen,“ „authentischen Mittheilungen,“ den guten Spießbürgern heiße Allarmirungsluft in die Lungen geblasen. Die gottbegnadeten Schäcker sitzen aber ruhig hinter dem Vorhang, freuen sich über die Wirkungen ihrer systematisch in der ganzen Sclavenpresse losgelassenen Knecht-Ruprechts-Annoncen und lächeln vornehm, wenn das blöde Philistervolk die berechneten Angstrufe au sèrieux nimmt.

Baden, d. h. Bekk, mußte in dieser Beziehung den Reigen eröffnen. Alsbald trompetete die gedungene Journalistik die ganze Einfalls-, Putsch- und Einfalts-Litanei getreulich nach. Dann mußten Würtemberg und Baiern zu ähnlichen Diensten herbeieilen. Das schachernde, verkäufliche und verkaufte, reichsbürgerlich aufgeblähte und nichtsnutzige Frankfurt durfte und wollte mit seinen „Tagesorganen“ nicht zurückbleiben Auch die Hessen, blinde und sehende, auch die verstüverten Hannoveraner, langwürstigen Braunschweiger und wie die gekreuzigten Passionsschaaren der deutschen Reichsvölker weiter heißen: sie Alle mußten in das nämliche Horn blasen. Am Besten trieb's Ehren-Wrangel-Manteufel. Vierhundert falsche Pässe für deutsche Flüchtlinge in Besancon waren ausgefertigt und außerdem nach allen Richtungen des schwarz-weißen Gebiets Verhaltungsbefehle und Emmissäre ausgesandt, um in der Presse und durch mündliche Propaganda wegen näher rückenden republikanischen März-Insurrektionern allerlautestes Halloh zu schlagen.

Eine Menge jener christlich-germanischen Organe hatte aber, über die ganz schlauen Anweisungen hinwegsehend, gleich Anfangs allzulauten Lärm geschlagen. Man verbesserte diesen Fehler durch noch mächtigeres Trommeln, durch noch schamlosere Lügen.

Dieser Lärmschläger-Sippschaft hat sich denn auch natürlich Hr. Hansemann in seinem neuen Organe sofort und bereitwilligst angeschlossen. In der ersten Kammer scheinbar Oppositionsmann, macht er in seiner Zeitung diesen blendenden Schein wieder gut als treuer Knappgenosse der Manteufel-Brandenburg durch die obsurdesten Nachrichten und Korrespondenzen über drohende Märzaufstände. Um nur Ein Beispiel anzuführen. Er läßt sich aus Köln als Allerneuestes Folgendes fabriziren:

„Wir leben seit einigen Tagen — gewissermaßen — in einer vollständigen Anarchie. Will man sich die Mühe geben, durch die Straßen zu gehen, wird man finden, daß selbst am hellen Tage Haufen von Arbeitern halb bettelnd, halb plündernd umhergehn; namentlich sind die Schenken und die Tabaksläden vielfachen Angriffen ausgesetzt. Es ist bereits dahin gekommen, daß unser Rathhaus seit mehreren Tagen mit zahlreichem Militär umstellt werden mußte. Am Abend ist vollends kein Mensch auf den Straßen sicher. Das Schlimmste dabei ist, daß die Stimmung der arbeitenden Klasse künstlich gereizt wird, damit am 18. März ein vollständiger Aufstand stattfinde.“

Hier in Köln reicht es hin, diesen Artikel abzudrucken, um seine ganze Perfidie und Lächerlichkeit bloszulegen.

Was man am hellen Tage, und in verstärktem Grade bei Abend hier sehen konnte, waren unaufhörliche hirnspaltende Prügeleien der Truppen der verschiedenen Waffengattungen untereinander. Es scheint, daß man Interpellationen wegen „Meines herrlichen Kriegsherres“ durch Verleumdungen der Arbeiter überschreien will.—

Die Regierungen rüsten sich offen zu Staatsstreichen, welche die Contrerevolution vollenden sollen. Das Volk wäre also in vollem Rechte, sich zum Aufstand zu rüsten. Es begreift aber sehr wohl, daß die Verwicklungen in Frankreich und namentlich in Ungarn und Italien ihm in nächster Frist unfehlbar Gelegenheit zur Erhebung bereiten werden. Es läßt sich daher nicht in die plump angelegte Falle locken.

Köln, 12. März.

Die in unserem heute Morgen ausgegebenen Extrablatte besprochenen Hohenzollern'schen Reformpläne lauten en détail wie folgt:

Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc.
ertheilen Unserem Minister des Innern hierdurch den Auftrag, den Kammern in Unserem Namen die beiliegenden drei Gesetzentwürfe, betreffend
a) die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes,
b) das Anheften von Anschlagezetteln und Plakaten in Städten und Ortschaften, so wie den Verkauf und das Vertheilen von Druckschriften oder bildlichen Darstellungen in öffentlichen Straßen,
c) das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Gedanken frei zu äußern,
zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorzulegen.

Gegeben Charlottenburg, den 2. März 1849.

(gez.) Friedrich Wilhelm.

(gegengezeichnet) v. Manteuffel.

Allerhöchste Ermächtigung.

Gesetz-Entwurf, betreffend die Verhütung eines, die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauches des Versammlungs- und Vereinigungsrechts.

§. 1 Vereine und Versammlungen, welche strafbare Zwecke verfolgen oder zur Erreichung erlaubter Zwecke sich verbrecherischer Mittel bedienen, sind verboten und unterliegen der gesetzlichen Ahndung.

§. 2. Versammlungen zur Berathung öffentlicher Angelegenheiten. Von allen Versammlungen, in welchen öffentliche Angelegenheiten erörtert oder berathen werden sollen, hat der Vorsteher, Unternehmer, Ordner, Leiter oder der Inhaber des Versammlungs-Lokals, mindestens 24 Stunden vor dem Beginne der Versammlung, unter Angabe des Orts und der Zeit derselben, Anzeige bei der Ortspolizeibehörde zu machen, welche darüber sofort eine Bescheinigung ertheilt.

Die Berufung einer solchen Versammlung darf weder unter einem falschen, noch unter einem Gesammt-Namen geschehen.

§. 3. Bei dergleichen Versammlungen muß Jedermann der Zutritt gestattet werden, die Ortspolizeibehörde ist jedoch ermächtigt, auf den Antrag der Vorsteher, Unternehmer, Ordner oder Leiter zu gestatten, daß diese Oeffentlichkeit ausgeschlossen oder beschränkt werde. Versammeln sich die Mitglieder solcher Vereine, welche ihre Statuten der Ortspolizeibehörde einzureichen haben (§. 10), so haben sie den vierten Theil der Plätze für diejenigen frei zu lassen, welche dem Vereine fremd sind.

§. 4. Polizeibeamte dürfen solchen Versammlungen nur in der Dienstkleidung oder unter ausdrücklicher Kundgebung ihrer dienstlichen Eigenschaft beiwohnen; dies gilt auch von Militärpersonen, insofern ihnen die Theilnahme nach den Disziplinarvorschriften gestattet ist (Art. 32 der Verfassungsurkunde).

§. 5. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, in jede solche Versammlung zwei Polizeibeamte oder zwei durch besondere Abzeichen erkennbare Abgeordnete zu senden, denen ein angemessener Platz nach ihrer Wahl einzuräumen ist, und welche ermächtigt sind, über alle Wahrnehmungen eine Verhandlung aufzunehmen.

§. 6. Die Vorsteher, Unternehmer, Ordner, Leiter der Versammlung und die Inhaber des Versammlungslokals sind verpflichtet, den Abgeordneten der Obrigkeit auf Verlangen den eigenen, so wie Namen, Stand und Wohnung der Redner, welche in der Versammlung auftreten, anzugeben.

Die Dauer der Versammlung darf die zur Schließung öffentlicher Orte festgesetzte Zeit nicht überschreiten.

§. 7. Die Vorsteher, Unternehmer, Ordner oder Leiter der Versammlung dürfen nicht gestatten, daß in derselben Anträge oder Vorschläge erörtert werden, welche eine Aufreizung oder Aufforderung zu einer strafbaren Handlung enthalten.

§. 8. Versammlungen, deren Verhandlungen wider die Vorschriften des §. 7 verstoßen, oder ein Verbrechen in sich schließen, sind die Abgeordneten der Polizeibehörde sofort aufzulösen befugt; sie können den Uebertreter des Gesetzes verhaften, und Jeder in der Versammlung ist verpflichtet, ihnen bei Ausübung ihres Amtes auf Erfordern Beistand zu leisten.

§. 9. Sobald der Abgeordnete der Polizeibehörde die Versammlung für aufgelöst erklärt hat, sind alle Anwesenden verpflichtet, sich sofort zu entfernen.

Diese Aufforderung ist nöthigenfalls durch die bewaffnete Macht zur Ausführung zu bringen.

§. 10. Vereine zur Beförderung öffentlicher Angelegenheiten. Die Vorsteher solcher Vereine, welche eine Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezwecken, sind verpflichtet, die Statuten und Urkunden über Bildung, Verfassung und Wirksamkeit des Vereins, so wie alle Abänderungen binnen 24 Stunden, nachdem sie zu Stande gekommen, der Ortspolizeibehörde zur Kenntnißnahme einzureichen, derselben auch auf Erfordern jede darauf bezügliche Auskunft zu ertheilen.

§. 11. Bestimmungen: a) bei Versammlungen überhaupt. Niemand darf, ohne daß ihn sein Amts- oder Dienstverhältniß dazu berechtigt, bewaffnet in einer Versammlung erscheinen.

§. 12. b) Bei Versammlungen unter freiem Himmel oder bei Aufzügen. Die Bestimmungen der §§. 2 bis 9 dieses Gesetzes finden bei Versammlungen unter freiem Himmel auch dann Anwendung, wenn darin andere, als öffentliche Angelegeiten erörtert oder berathen werden.

§. 13. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, dergleichen Versammlungen zu verbieten, wenn sie dieselben für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährlich erachtet.

§. 14. Während der ganzen Dauer der Sitzungsperiode beider Kammern der Volksvertretung dürfen innerhalb der Entfernung von fünf Meilen von dem Orte des Sitzes derselben Versammlungen unter freiem Himmel nicht stattfinden.

§. 15. Versammlungen bedürfen der vorgängigen Genehmigung der Ortspolizeibehörde, wenn sie auf öffentlichen Plätzen in Städten und Ortschaften, oder auf Straßen stattfinden sollen.

§. 16. Diesen Versammlungen werden öffentliche Aufzüge gleichgestellt; bei Erstattung der Anzeige oder Einholung der Genehmigung ist der beabsichtigte Weg anzugeben. Gewöhnliche Leichenbegängnisse werden jedoch nicht hierher gerechnet. Auch bei kirchlichen Prozessionen bedarf es der vorherigen Genehmigung nicht, wenn sie in der hergebrachten Art stattfinden.

§. 17. Strafbestimmungen. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§. 2, 3, 5, 6, 8, 10 dieses Gesetzes ziehen eine polizeiliche Strafe bis zu 50 Thlr. nach sich.

§. 18. Wer den in den §§. 7 und 9 gegebenen Bestimmungen zuwiderhandelt, hat Geldbuße bis zu 200 Thlr. oder Gefängniß bis zu sechs Monaten verwirkt.

§. 19. Ist die Versammlung unter freiem Himmel von der Ortspolizeibehörde untersagt, oder den Vorschriften der §§. 14 und 15 zuwider unternommen, so hat Jeder, welcher dazu auffordert oder auffordern läßt, oder darin als Ordner, Leiter oder Redner thätig ist, eine Geldstrafe bis zu 200 Thlr., oder Gefängniß bis zu sechs Monaten, und Jeder, welcher an der Versammlung Theil nimmt, eine Geldbuße bis zu 5 Thlr. verwirkt.

§. 20. Wer auffordert, in einer Versammlung mit Waffen zu erscheinen, oder die Aufforderung hierzu verbreiten läßt, ist mit Gefängniß von sechs Wochen bis zu einem Jahre zu bestrafen.

§. 21. Wer, gegen das Verbot des §. 11, an Versammlungen bewaffnet Theil nimmt, wird. mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.

§. 22. Wer an öffentlichen Orten oder bei öffentlichen Zusammenkünften Erkennungs- oder Versammlungszeichen, oder sonstige äußere Abzeichen, welche zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit durch Gesetz oder Verordnungen der Ortspolizeibehörde verboten worden sind, rägt, ausstellt, verkauft, oder auf sonstige Weise verbreitet, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft.

§. 23. Auf die durch das Gesetz angeordneten Versammlungen finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung.

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Der Minister des Innern, v. Manteuffel.

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        <p><hi rendition="#g">Ungarn</hi>. (Ein östreichischer Bericht aus der A. A. Z.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. (Pius IX. &#x2014; Rom und Neapel. &#x2014; Costagne v. Colonello. &#x2014; Griechische Hülfsschaar. &#x2014; Die Oestreicher in Modena. &#x2014; Deputirtenkammer in Piemont und Karl Albert. &#x2014; Die Consulta lombarda.) Rom. (Nachricht von Terracina.) Civita-Vecchia. (Die neapol. Vereinbarungs-Vorschläge in Sicilien verworfen.) Florenz. (Der neue Kriegsminister. &#x2014; Der Paß von Cereto durch die Toskaner besetzt.)</p>
        <p><hi rendition="#g">Franz. Republik</hi>. Paris. (Changarnier. &#x2014; Vermischtes.) Bourges. (Gerichtliche Verhandlungen vom 9. und 10. März. &#x2014; Hubert's Erklärung.)</p>
      </div>
      <div n="1">
        <p>Die demokratischen Vereine <hi rendition="#b">der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der &#x201E;Neuen Rheinischen Zeitung&#x201C; oder der &#x201E;Neuen Kölnischen Zeitung&#x201C; baldigst zugehen zu lassen.</hi> </p>
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        <head>Deutschland.</head>
        <div xml:id="ar245_001" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Köln, 12. März.</head>
          <p>Die hohen gesalbten und ungesalbten Herren wollen sich für ihre Leiden im März 1848 durch verdoppelte Freuden im März 1849 rächen. Zu diesem Zweck werden Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit an möglichst vielen Orten Deutschlands an den verschiedenen Märztagen der germanischen Vaterländer Krawalle zu Stande kommen und den Herren Contrerevolutionärs neue Gelegenheit zu Gewaltstreichen geboten werden. Seit Wochen wird deshalb in konstitutionellen und aristokratischen Zeitungen von ungeheuerlich vorbereiteten Märzaufständen, von abermaligen Einfällen republikanischer Freischaarenzüge über die französische und schweizer Gränze &#x2014; in der Schweiz leben etwa 15 1/2 deutsche Republikaner &#x2014; täglich gefaselt und jedesmal aus &#x201E;sichern Quellen,&#x201C; &#x201E;unverkennbaren Anzeichen,&#x201C; &#x201E;authentischen Mittheilungen,&#x201C; den guten Spießbürgern heiße Allarmirungsluft in die Lungen geblasen. Die gottbegnadeten Schäcker sitzen aber ruhig hinter dem Vorhang, freuen sich über die Wirkungen ihrer systematisch in der ganzen Sclavenpresse losgelassenen Knecht-Ruprechts-Annoncen und lächeln vornehm, wenn das blöde Philistervolk die berechneten Angstrufe au sèrieux nimmt.</p>
          <p>Baden, d. h. Bekk, mußte in dieser Beziehung den Reigen eröffnen. Alsbald trompetete die gedungene Journalistik die ganze Einfalls-, Putsch- und Einfalts-Litanei getreulich nach. Dann mußten Würtemberg und Baiern zu ähnlichen Diensten herbeieilen. Das schachernde, verkäufliche und verkaufte, reichsbürgerlich aufgeblähte und nichtsnutzige Frankfurt durfte und wollte mit seinen &#x201E;Tagesorganen&#x201C; nicht zurückbleiben Auch die Hessen, blinde und sehende, auch die verstüverten Hannoveraner, langwürstigen Braunschweiger und wie die gekreuzigten Passionsschaaren der deutschen Reichsvölker weiter heißen: sie Alle mußten in das nämliche Horn blasen. Am Besten trieb's Ehren-Wrangel-Manteufel. Vierhundert falsche Pässe für deutsche Flüchtlinge in Besancon waren ausgefertigt und außerdem nach allen Richtungen des schwarz-weißen Gebiets Verhaltungsbefehle und Emmissäre ausgesandt, um in der Presse und durch mündliche Propaganda wegen näher rückenden republikanischen März-Insurrektionern allerlautestes Halloh zu schlagen.</p>
          <p>Eine Menge jener christlich-germanischen Organe hatte aber, über die ganz schlauen Anweisungen hinwegsehend, gleich Anfangs allzulauten Lärm geschlagen. Man verbesserte diesen Fehler durch noch mächtigeres Trommeln, durch noch schamlosere Lügen.</p>
          <p>Dieser Lärmschläger-Sippschaft hat sich denn auch natürlich Hr. <hi rendition="#g">Hansemann</hi> in seinem neuen Organe sofort und bereitwilligst angeschlossen. In der ersten Kammer scheinbar Oppositionsmann, macht er in seiner Zeitung diesen blendenden Schein wieder gut als treuer Knappgenosse der Manteufel-Brandenburg durch die obsurdesten Nachrichten und Korrespondenzen über drohende Märzaufstände. Um nur Ein Beispiel anzuführen. Er läßt sich aus Köln als Allerneuestes Folgendes fabriziren:</p>
          <p>&#x201E;Wir leben seit einigen Tagen &#x2014; gewissermaßen &#x2014; in einer vollständigen Anarchie. Will man sich die Mühe geben, durch die Straßen zu gehen, wird man finden, daß selbst am <hi rendition="#g">hellen Tage Haufen von Arbeitern</hi> halb bettelnd, halb plündernd umhergehn; namentlich sind die Schenken und die Tabaksläden vielfachen Angriffen ausgesetzt. Es ist bereits dahin gekommen, daß unser Rathhaus seit mehreren Tagen mit zahlreichem Militär umstellt werden mußte. Am Abend ist vollends <hi rendition="#g">kein Mensch auf den Straßen sicher</hi>. Das Schlimmste dabei ist, daß die Stimmung der arbeitenden Klasse künstlich gereizt wird, damit am 18. März ein vollständiger Aufstand stattfinde.&#x201C;</p>
          <p>Hier in Köln reicht es hin, diesen Artikel abzudrucken, um seine ganze Perfidie und Lächerlichkeit bloszulegen.</p>
          <p>Was man am hellen Tage, und in verstärktem Grade bei Abend hier sehen konnte, waren unaufhörliche hirnspaltende <hi rendition="#g">Prügeleien der Truppen der verschiedenen Waffengattungen untereinander</hi>. Es scheint, daß man Interpellationen wegen &#x201E;Meines herrlichen Kriegsherres&#x201C; durch Verleumdungen der <hi rendition="#g">Arbeiter</hi> überschreien will.&#x2014;</p>
          <p>Die Regierungen rüsten sich offen zu Staatsstreichen, welche die Contrerevolution vollenden sollen. Das Volk wäre also in vollem Rechte, sich zum Aufstand zu rüsten. Es begreift aber sehr wohl, daß die Verwicklungen in Frankreich und namentlich in Ungarn und Italien ihm in nächster Frist unfehlbar Gelegenheit zur Erhebung bereiten werden. Es läßt sich daher nicht in die plump angelegte Falle locken.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar245_002" type="jArticle">
          <head>Köln, 12. März.</head>
          <p>Die in unserem heute Morgen ausgegebenen Extrablatte besprochenen Hohenzollern'schen Reformpläne lauten en détail wie folgt:</p>
          <p rendition="#et">Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc.<lb/>
ertheilen Unserem Minister des Innern hierdurch den Auftrag, den Kammern in Unserem Namen die beiliegenden drei Gesetzentwürfe, betreffend<lb/>
a) die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes,<lb/>
b) das Anheften von Anschlagezetteln und Plakaten in Städten und Ortschaften, so wie den Verkauf und das Vertheilen von Druckschriften oder bildlichen Darstellungen in öffentlichen Straßen,<lb/>
c) das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Gedanken frei zu äußern,<lb/>
zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorzulegen.</p>
          <p>Gegeben Charlottenburg, den 2. März 1849.</p>
          <p>(gez.) Friedrich Wilhelm.</p>
          <p>(gegengezeichnet) v. Manteuffel.</p>
          <p>Allerhöchste Ermächtigung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Gesetz-Entwurf,</hi> betreffend die Verhütung eines, die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauches des Versammlungs- und Vereinigungsrechts.</p>
          <p>§. 1 Vereine und Versammlungen, welche strafbare Zwecke verfolgen oder zur Erreichung erlaubter Zwecke sich verbrecherischer Mittel bedienen, sind verboten und unterliegen der gesetzlichen Ahndung.</p>
          <p>§. 2. Versammlungen zur Berathung öffentlicher Angelegenheiten. Von allen Versammlungen, in welchen öffentliche Angelegenheiten erörtert oder berathen werden sollen, hat der Vorsteher, Unternehmer, Ordner, Leiter oder der Inhaber des Versammlungs-Lokals, mindestens 24 Stunden vor dem Beginne der Versammlung, unter Angabe des Orts und der Zeit derselben, Anzeige bei der Ortspolizeibehörde zu machen, welche darüber sofort eine Bescheinigung ertheilt.</p>
          <p>Die Berufung einer solchen Versammlung darf weder unter einem falschen, noch unter einem <hi rendition="#g">Gesammt-Namen</hi> geschehen.</p>
          <p>§. 3. Bei dergleichen Versammlungen <hi rendition="#g">muß Jedermann der Zutritt gestattet werden,</hi> die Ortspolizeibehörde ist jedoch ermächtigt, auf den Antrag der Vorsteher, Unternehmer, Ordner oder Leiter zu gestatten, daß diese Oeffentlichkeit ausgeschlossen oder beschränkt werde. Versammeln sich die Mitglieder solcher Vereine, welche ihre Statuten der Ortspolizeibehörde einzureichen haben (§. 10), so haben sie <hi rendition="#g">den vierten Theil der Plätze für diejenigen frei zu lassen, welche dem Vereine fremd sind</hi>.</p>
          <p>§. 4. Polizeibeamte dürfen solchen Versammlungen nur in der Dienstkleidung oder unter ausdrücklicher Kundgebung ihrer dienstlichen Eigenschaft beiwohnen; dies gilt auch von Militärpersonen, insofern ihnen die Theilnahme nach den Disziplinarvorschriften gestattet ist (Art. 32 der Verfassungsurkunde).</p>
          <p>§. 5. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, in jede solche Versammlung zwei Polizeibeamte oder zwei durch besondere Abzeichen erkennbare Abgeordnete zu senden, <hi rendition="#g">denen ein angemessener Platz nach ihrer Wahl einzuräumen ist,</hi> und welche ermächtigt sind, über alle Wahrnehmungen eine Verhandlung aufzunehmen.</p>
          <p>§. 6. Die Vorsteher, Unternehmer, Ordner, Leiter der Versammlung und die Inhaber des Versammlungslokals sind verpflichtet, den Abgeordneten der Obrigkeit auf Verlangen den eigenen, so wie Namen, Stand und Wohnung der Redner, welche in der Versammlung auftreten, anzugeben.</p>
          <p>Die Dauer der Versammlung darf die zur Schließung öffentlicher Orte festgesetzte Zeit nicht überschreiten.</p>
          <p>§. 7. Die Vorsteher, Unternehmer, Ordner oder Leiter der Versammlung dürfen nicht gestatten, daß in derselben Anträge oder Vorschläge erörtert werden, welche eine Aufreizung oder Aufforderung zu einer strafbaren Handlung enthalten.</p>
          <p>§. 8. Versammlungen, deren Verhandlungen wider die Vorschriften des §. 7 verstoßen, oder ein Verbrechen in sich schließen, <hi rendition="#g">sind die Abgeordneten der Polizeibehörde sofort aufzulösen befugt;</hi> sie können den Uebertreter des Gesetzes verhaften, und Jeder in der Versammlung ist verpflichtet, ihnen bei Ausübung ihres Amtes auf Erfordern Beistand zu leisten.</p>
          <p>§. 9. <hi rendition="#g">Sobald der Abgeordnete der Polizeibehörde die Versammlung für aufgelöst erklärt hat, sind alle Anwesenden verpflichtet, sich sofort zu entfernen</hi>.</p>
          <p>Diese Aufforderung ist nöthigenfalls durch die <hi rendition="#g">bewaffnete Macht</hi> zur Ausführung zu bringen.</p>
          <p>§. 10. <hi rendition="#g">Vereine zur Beförderung öffentlicher Angelegenheiten</hi>. Die Vorsteher solcher Vereine, welche eine Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezwecken, sind verpflichtet, die Statuten und Urkunden über Bildung, Verfassung und Wirksamkeit des Vereins, so wie alle Abänderungen binnen 24 Stunden, nachdem sie zu Stande gekommen, <hi rendition="#g">der Ortspolizeibehörde zur Kenntnißnahme einzureichen, derselben auch auf Erfordern jede darauf bezügliche Auskunft zu ertheilen</hi>.</p>
          <p>§. 11. <hi rendition="#g">Bestimmungen: a) bei Versammlungen überhaupt</hi>. Niemand darf, ohne daß ihn sein Amts- oder Dienstverhältniß dazu berechtigt, bewaffnet in einer Versammlung erscheinen.</p>
          <p>§. 12. b) <hi rendition="#g">Bei Versammlungen unter freiem Himmel oder bei Aufzügen</hi>. Die Bestimmungen der §§. 2 bis 9 dieses Gesetzes finden bei Versammlungen unter freiem Himmel auch dann Anwendung, wenn darin andere, als öffentliche Angelegeiten erörtert oder berathen werden.</p>
          <p>§. 13. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, dergleichen Versammlungen zu <hi rendition="#g">verbieten,</hi> wenn sie dieselben für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung <hi rendition="#g">gefährlich erachtet</hi>.</p>
          <p>§. 14. Während der ganzen Dauer der Sitzungsperiode beider Kammern der Volksvertretung dürfen innerhalb der Entfernung von fünf Meilen von dem Orte des Sitzes derselben Versammlungen unter freiem Himmel nicht stattfinden.</p>
          <p>§. 15. Versammlungen bedürfen der <hi rendition="#g">vorgängigen Genehmigung der Ortspolizeibehörde,</hi> wenn sie auf öffentlichen Plätzen in Städten und Ortschaften, oder auf Straßen stattfinden sollen.</p>
          <p>§. 16. Diesen Versammlungen werden <hi rendition="#g">öffentliche Aufzüge</hi> gleichgestellt; bei Erstattung der Anzeige oder Einholung der Genehmigung ist der beabsichtigte Weg anzugeben. Gewöhnliche Leichenbegängnisse werden jedoch nicht hierher gerechnet. Auch bei kirchlichen Prozessionen bedarf es der vorherigen Genehmigung nicht, wenn sie in der hergebrachten Art stattfinden.</p>
          <p>§. 17. <hi rendition="#g">Strafbestimmungen</hi>. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§. 2, 3, 5, 6, 8, 10 dieses Gesetzes ziehen eine polizeiliche Strafe bis zu 50 Thlr. nach sich.</p>
          <p>§. 18. Wer den in den §§. 7 und 9 gegebenen Bestimmungen zuwiderhandelt, hat Geldbuße bis zu 200 Thlr. oder Gefängniß bis zu sechs Monaten verwirkt.</p>
          <p>§. 19. Ist die Versammlung unter freiem Himmel von der Ortspolizeibehörde untersagt, oder den Vorschriften der §§. 14 und 15 zuwider unternommen, so hat Jeder, welcher dazu auffordert oder auffordern läßt, oder darin als Ordner, Leiter oder Redner thätig ist, eine Geldstrafe bis zu 200 Thlr., oder Gefängniß bis zu sechs Monaten, und Jeder, welcher an der Versammlung Theil nimmt, eine Geldbuße bis zu 5 Thlr. verwirkt.</p>
          <p>§. 20. Wer auffordert, in einer Versammlung mit Waffen zu erscheinen, oder die Aufforderung hierzu verbreiten läßt, ist mit Gefängniß von sechs Wochen bis zu einem Jahre zu bestrafen.</p>
          <p>§. 21. Wer, gegen das Verbot des §. 11, an Versammlungen bewaffnet Theil nimmt, wird. mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft.</p>
          <p>§. 22. Wer an öffentlichen Orten oder bei öffentlichen Zusammenkünften <hi rendition="#g">Erkennungs- oder Versammlungszeichen, oder sonstige äußere Abzeichen,</hi> welche zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit durch Gesetz oder <hi rendition="#g">Verordnungen der Ortspolizeibehörde verboten</hi> worden sind, rägt, ausstellt, verkauft, oder auf sonstige Weise verbreitet, wird mit <hi rendition="#g">Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft</hi>.</p>
          <p>§. 23. Auf die durch das Gesetz angeordneten Versammlungen finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung.</p>
          <p>Beglaubigt.</p>
          <p>Der Minister des Innern, v. <hi rendition="#g">Manteuffel</hi>.</p>
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</TEI>
[1361/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 245. Köln, Mittwoch, den 14. März 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Bestellungen auf die Neue Rheinische Zeitung für das II. Quartal (April, Juni) bitten wir möglichst frühzeitig zu machen. Unsere auswärtigen geehrten Abonnenten machen wir darauf aufmerksam, daß die Abonnements jedesmal am Schlusse des Quartals bei den Postämtern erneuert werden müssen. Heute Morgen ist ein Extra-Blatt ausgegeben worden. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Regierungsprovokationen. — Hohenzoller'sche Reformpläne.) Düsseldorf. (Neuigkeiten.) Berlin. (Die Geschäftsordnung. — Manteuffel'sche Aussichten. — Dreispaltung der Linken. — Reisegelder der Deputirten. — Vermischtes. — Sitzung der 2. und 1. Kammer vom 10. — Vermischtes.) Erfurt. (Die Stadtverordneten-Versammlung verschwunden.) Wien. (Die Auseinandersprengung des Reichstags.) München. (Vertagung der Kammern. — Untersuchung gegen den Exfinanzminister Seinsheim. — Abmarsch der Reichstruppen aus Konstanz.) Ungarn. (Ein östreichischer Bericht aus der A. A. Z.) Italien. (Pius IX. — Rom und Neapel. — Costagne v. Colonello. — Griechische Hülfsschaar. — Die Oestreicher in Modena. — Deputirtenkammer in Piemont und Karl Albert. — Die Consulta lombarda.) Rom. (Nachricht von Terracina.) Civita-Vecchia. (Die neapol. Vereinbarungs-Vorschläge in Sicilien verworfen.) Florenz. (Der neue Kriegsminister. — Der Paß von Cereto durch die Toskaner besetzt.) Franz. Republik. Paris. (Changarnier. — Vermischtes.) Bourges. (Gerichtliche Verhandlungen vom 9. und 10. März. — Hubert's Erklärung.) Die demokratischen Vereine der Rheinprovinz werden ersucht, ihre Adressen der „Neuen Rheinischen Zeitung“ oder der „Neuen Kölnischen Zeitung“ baldigst zugehen zu lassen. Deutschland. 068 Köln, 12. März. Die hohen gesalbten und ungesalbten Herren wollen sich für ihre Leiden im März 1848 durch verdoppelte Freuden im März 1849 rächen. Zu diesem Zweck werden Himmel und Hölle in Bewegung gesetzt, damit an möglichst vielen Orten Deutschlands an den verschiedenen Märztagen der germanischen Vaterländer Krawalle zu Stande kommen und den Herren Contrerevolutionärs neue Gelegenheit zu Gewaltstreichen geboten werden. Seit Wochen wird deshalb in konstitutionellen und aristokratischen Zeitungen von ungeheuerlich vorbereiteten Märzaufständen, von abermaligen Einfällen republikanischer Freischaarenzüge über die französische und schweizer Gränze — in der Schweiz leben etwa 15 1/2 deutsche Republikaner — täglich gefaselt und jedesmal aus „sichern Quellen,“ „unverkennbaren Anzeichen,“ „authentischen Mittheilungen,“ den guten Spießbürgern heiße Allarmirungsluft in die Lungen geblasen. Die gottbegnadeten Schäcker sitzen aber ruhig hinter dem Vorhang, freuen sich über die Wirkungen ihrer systematisch in der ganzen Sclavenpresse losgelassenen Knecht-Ruprechts-Annoncen und lächeln vornehm, wenn das blöde Philistervolk die berechneten Angstrufe au sèrieux nimmt. Baden, d. h. Bekk, mußte in dieser Beziehung den Reigen eröffnen. Alsbald trompetete die gedungene Journalistik die ganze Einfalls-, Putsch- und Einfalts-Litanei getreulich nach. Dann mußten Würtemberg und Baiern zu ähnlichen Diensten herbeieilen. Das schachernde, verkäufliche und verkaufte, reichsbürgerlich aufgeblähte und nichtsnutzige Frankfurt durfte und wollte mit seinen „Tagesorganen“ nicht zurückbleiben Auch die Hessen, blinde und sehende, auch die verstüverten Hannoveraner, langwürstigen Braunschweiger und wie die gekreuzigten Passionsschaaren der deutschen Reichsvölker weiter heißen: sie Alle mußten in das nämliche Horn blasen. Am Besten trieb's Ehren-Wrangel-Manteufel. Vierhundert falsche Pässe für deutsche Flüchtlinge in Besancon waren ausgefertigt und außerdem nach allen Richtungen des schwarz-weißen Gebiets Verhaltungsbefehle und Emmissäre ausgesandt, um in der Presse und durch mündliche Propaganda wegen näher rückenden republikanischen März-Insurrektionern allerlautestes Halloh zu schlagen. Eine Menge jener christlich-germanischen Organe hatte aber, über die ganz schlauen Anweisungen hinwegsehend, gleich Anfangs allzulauten Lärm geschlagen. Man verbesserte diesen Fehler durch noch mächtigeres Trommeln, durch noch schamlosere Lügen. Dieser Lärmschläger-Sippschaft hat sich denn auch natürlich Hr. Hansemann in seinem neuen Organe sofort und bereitwilligst angeschlossen. In der ersten Kammer scheinbar Oppositionsmann, macht er in seiner Zeitung diesen blendenden Schein wieder gut als treuer Knappgenosse der Manteufel-Brandenburg durch die obsurdesten Nachrichten und Korrespondenzen über drohende Märzaufstände. Um nur Ein Beispiel anzuführen. Er läßt sich aus Köln als Allerneuestes Folgendes fabriziren: „Wir leben seit einigen Tagen — gewissermaßen — in einer vollständigen Anarchie. Will man sich die Mühe geben, durch die Straßen zu gehen, wird man finden, daß selbst am hellen Tage Haufen von Arbeitern halb bettelnd, halb plündernd umhergehn; namentlich sind die Schenken und die Tabaksläden vielfachen Angriffen ausgesetzt. Es ist bereits dahin gekommen, daß unser Rathhaus seit mehreren Tagen mit zahlreichem Militär umstellt werden mußte. Am Abend ist vollends kein Mensch auf den Straßen sicher. Das Schlimmste dabei ist, daß die Stimmung der arbeitenden Klasse künstlich gereizt wird, damit am 18. März ein vollständiger Aufstand stattfinde.“ Hier in Köln reicht es hin, diesen Artikel abzudrucken, um seine ganze Perfidie und Lächerlichkeit bloszulegen. Was man am hellen Tage, und in verstärktem Grade bei Abend hier sehen konnte, waren unaufhörliche hirnspaltende Prügeleien der Truppen der verschiedenen Waffengattungen untereinander. Es scheint, daß man Interpellationen wegen „Meines herrlichen Kriegsherres“ durch Verleumdungen der Arbeiter überschreien will.— Die Regierungen rüsten sich offen zu Staatsstreichen, welche die Contrerevolution vollenden sollen. Das Volk wäre also in vollem Rechte, sich zum Aufstand zu rüsten. Es begreift aber sehr wohl, daß die Verwicklungen in Frankreich und namentlich in Ungarn und Italien ihm in nächster Frist unfehlbar Gelegenheit zur Erhebung bereiten werden. Es läßt sich daher nicht in die plump angelegte Falle locken. Köln, 12. März. Die in unserem heute Morgen ausgegebenen Extrablatte besprochenen Hohenzollern'schen Reformpläne lauten en détail wie folgt: Wir Friedrich Wilhelm, von Gottes Gnaden, König von Preußen etc. etc. ertheilen Unserem Minister des Innern hierdurch den Auftrag, den Kammern in Unserem Namen die beiliegenden drei Gesetzentwürfe, betreffend a) die Verhütung eines die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauchs des Versammlungs- und Vereinigungsrechtes, b) das Anheften von Anschlagezetteln und Plakaten in Städten und Ortschaften, so wie den Verkauf und das Vertheilen von Druckschriften oder bildlichen Darstellungen in öffentlichen Straßen, c) das Recht, durch Wort, Schrift, Druck und bildliche Darstellung seine Gedanken frei zu äußern, zur verfassungsmäßigen Beschlußnahme vorzulegen. Gegeben Charlottenburg, den 2. März 1849. (gez.) Friedrich Wilhelm. (gegengezeichnet) v. Manteuffel. Allerhöchste Ermächtigung. Gesetz-Entwurf, betreffend die Verhütung eines, die gesetzliche Freiheit und Ordnung gefährdenden Mißbrauches des Versammlungs- und Vereinigungsrechts. §. 1 Vereine und Versammlungen, welche strafbare Zwecke verfolgen oder zur Erreichung erlaubter Zwecke sich verbrecherischer Mittel bedienen, sind verboten und unterliegen der gesetzlichen Ahndung. §. 2. Versammlungen zur Berathung öffentlicher Angelegenheiten. Von allen Versammlungen, in welchen öffentliche Angelegenheiten erörtert oder berathen werden sollen, hat der Vorsteher, Unternehmer, Ordner, Leiter oder der Inhaber des Versammlungs-Lokals, mindestens 24 Stunden vor dem Beginne der Versammlung, unter Angabe des Orts und der Zeit derselben, Anzeige bei der Ortspolizeibehörde zu machen, welche darüber sofort eine Bescheinigung ertheilt. Die Berufung einer solchen Versammlung darf weder unter einem falschen, noch unter einem Gesammt-Namen geschehen. §. 3. Bei dergleichen Versammlungen muß Jedermann der Zutritt gestattet werden, die Ortspolizeibehörde ist jedoch ermächtigt, auf den Antrag der Vorsteher, Unternehmer, Ordner oder Leiter zu gestatten, daß diese Oeffentlichkeit ausgeschlossen oder beschränkt werde. Versammeln sich die Mitglieder solcher Vereine, welche ihre Statuten der Ortspolizeibehörde einzureichen haben (§. 10), so haben sie den vierten Theil der Plätze für diejenigen frei zu lassen, welche dem Vereine fremd sind. §. 4. Polizeibeamte dürfen solchen Versammlungen nur in der Dienstkleidung oder unter ausdrücklicher Kundgebung ihrer dienstlichen Eigenschaft beiwohnen; dies gilt auch von Militärpersonen, insofern ihnen die Theilnahme nach den Disziplinarvorschriften gestattet ist (Art. 32 der Verfassungsurkunde). §. 5. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, in jede solche Versammlung zwei Polizeibeamte oder zwei durch besondere Abzeichen erkennbare Abgeordnete zu senden, denen ein angemessener Platz nach ihrer Wahl einzuräumen ist, und welche ermächtigt sind, über alle Wahrnehmungen eine Verhandlung aufzunehmen. §. 6. Die Vorsteher, Unternehmer, Ordner, Leiter der Versammlung und die Inhaber des Versammlungslokals sind verpflichtet, den Abgeordneten der Obrigkeit auf Verlangen den eigenen, so wie Namen, Stand und Wohnung der Redner, welche in der Versammlung auftreten, anzugeben. Die Dauer der Versammlung darf die zur Schließung öffentlicher Orte festgesetzte Zeit nicht überschreiten. §. 7. Die Vorsteher, Unternehmer, Ordner oder Leiter der Versammlung dürfen nicht gestatten, daß in derselben Anträge oder Vorschläge erörtert werden, welche eine Aufreizung oder Aufforderung zu einer strafbaren Handlung enthalten. §. 8. Versammlungen, deren Verhandlungen wider die Vorschriften des §. 7 verstoßen, oder ein Verbrechen in sich schließen, sind die Abgeordneten der Polizeibehörde sofort aufzulösen befugt; sie können den Uebertreter des Gesetzes verhaften, und Jeder in der Versammlung ist verpflichtet, ihnen bei Ausübung ihres Amtes auf Erfordern Beistand zu leisten. §. 9. Sobald der Abgeordnete der Polizeibehörde die Versammlung für aufgelöst erklärt hat, sind alle Anwesenden verpflichtet, sich sofort zu entfernen. Diese Aufforderung ist nöthigenfalls durch die bewaffnete Macht zur Ausführung zu bringen. §. 10. Vereine zur Beförderung öffentlicher Angelegenheiten. Die Vorsteher solcher Vereine, welche eine Einwirkung auf öffentliche Angelegenheiten bezwecken, sind verpflichtet, die Statuten und Urkunden über Bildung, Verfassung und Wirksamkeit des Vereins, so wie alle Abänderungen binnen 24 Stunden, nachdem sie zu Stande gekommen, der Ortspolizeibehörde zur Kenntnißnahme einzureichen, derselben auch auf Erfordern jede darauf bezügliche Auskunft zu ertheilen. §. 11. Bestimmungen: a) bei Versammlungen überhaupt. Niemand darf, ohne daß ihn sein Amts- oder Dienstverhältniß dazu berechtigt, bewaffnet in einer Versammlung erscheinen. §. 12. b) Bei Versammlungen unter freiem Himmel oder bei Aufzügen. Die Bestimmungen der §§. 2 bis 9 dieses Gesetzes finden bei Versammlungen unter freiem Himmel auch dann Anwendung, wenn darin andere, als öffentliche Angelegeiten erörtert oder berathen werden. §. 13. Die Ortspolizeibehörde ist befugt, dergleichen Versammlungen zu verbieten, wenn sie dieselben für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung gefährlich erachtet. §. 14. Während der ganzen Dauer der Sitzungsperiode beider Kammern der Volksvertretung dürfen innerhalb der Entfernung von fünf Meilen von dem Orte des Sitzes derselben Versammlungen unter freiem Himmel nicht stattfinden. §. 15. Versammlungen bedürfen der vorgängigen Genehmigung der Ortspolizeibehörde, wenn sie auf öffentlichen Plätzen in Städten und Ortschaften, oder auf Straßen stattfinden sollen. §. 16. Diesen Versammlungen werden öffentliche Aufzüge gleichgestellt; bei Erstattung der Anzeige oder Einholung der Genehmigung ist der beabsichtigte Weg anzugeben. Gewöhnliche Leichenbegängnisse werden jedoch nicht hierher gerechnet. Auch bei kirchlichen Prozessionen bedarf es der vorherigen Genehmigung nicht, wenn sie in der hergebrachten Art stattfinden. §. 17. Strafbestimmungen. Zuwiderhandlungen gegen die Vorschriften der §§. 2, 3, 5, 6, 8, 10 dieses Gesetzes ziehen eine polizeiliche Strafe bis zu 50 Thlr. nach sich. §. 18. Wer den in den §§. 7 und 9 gegebenen Bestimmungen zuwiderhandelt, hat Geldbuße bis zu 200 Thlr. oder Gefängniß bis zu sechs Monaten verwirkt. §. 19. Ist die Versammlung unter freiem Himmel von der Ortspolizeibehörde untersagt, oder den Vorschriften der §§. 14 und 15 zuwider unternommen, so hat Jeder, welcher dazu auffordert oder auffordern läßt, oder darin als Ordner, Leiter oder Redner thätig ist, eine Geldstrafe bis zu 200 Thlr., oder Gefängniß bis zu sechs Monaten, und Jeder, welcher an der Versammlung Theil nimmt, eine Geldbuße bis zu 5 Thlr. verwirkt. §. 20. Wer auffordert, in einer Versammlung mit Waffen zu erscheinen, oder die Aufforderung hierzu verbreiten läßt, ist mit Gefängniß von sechs Wochen bis zu einem Jahre zu bestrafen. §. 21. Wer, gegen das Verbot des §. 11, an Versammlungen bewaffnet Theil nimmt, wird. mit Gefängniß bis zu sechs Monaten bestraft. §. 22. Wer an öffentlichen Orten oder bei öffentlichen Zusammenkünften Erkennungs- oder Versammlungszeichen, oder sonstige äußere Abzeichen, welche zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ruhe und Sicherheit durch Gesetz oder Verordnungen der Ortspolizeibehörde verboten worden sind, rägt, ausstellt, verkauft, oder auf sonstige Weise verbreitet, wird mit Gefängniß bis zu einem Jahre bestraft. §. 23. Auf die durch das Gesetz angeordneten Versammlungen finden die vorstehenden Bestimmungen keine Anwendung. Beglaubigt. Der Minister des Innern, v. Manteuffel.

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 245. Köln, 14. März 1849, S. 1361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz245_1849/1>, abgerufen am 03.12.2024.