Neue Rheinische Zeitung. Nr. 237. Köln, 4. März 1849.sich glücklich, sich in Mitten Eurer, die Ihr vom Volk mit Ausübung seiner unverjährbaren Souveränetät beauftragt seid, zu befinden. Bürger-Repräsentanten! Die Aufgabe des Triumvirats bestand in der Vertheidigung Venedigs gegen die Angriffe des Feindes und in der Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Seine Bemühungen bei den großen vermittelnden Mächten und die brüderlichen Beziehungen zu Piemont haben die Aufhebung der Blockade von der Seeseite zur Folge gehabt. Die Vermehrung der Land- und Seemacht und die wohl vertheidigten Fortifikationen machten und machen unsern Widerstand dem Feinde furchtbarer. Die Vaterlandsliebe hat sich der erschöpften Finanzen in reichlichen Beiträgen angenommen. Die Opfer jeder Art, welche von allen Klassen der Staatsbürger gebracht werden, hat Venedig die Bewunderung Europa's verschafft: Ganz Italien segnet Venedigs Namen. Völkerschaften und Regierungen haben uns ihre Zuneigung und ihren Beistand zu Theil werden lassen." Schweiz. 43 Bern, 27. Febr. Die Spannung und Erbitterung zwischen der radikalen und der herrschenden Partei wird hier, wie überall, von Tag zu Tag größer, und gibt sich in den heftigsten persönlichen Streitigkeiten kund. Nach der Berufung von Lohbauer wurde die Guckkastenangelegenheit von den öffentlichen Blättern mit aller Leidenschaftlichkeit besprochen. Neuerdings ist die Berner Zeitung mit schwerem Geschütz gegen Patriziat und gesinnungsverwandtes Bürgerthum aufgetreten. Aus den letzten Verhandlungen des Großen Rathes ist bekannt, wie ein gewisser Fueter, Großrath und Nationalrath, als Führer der Konservativen mit den lächerlichsten Schmähungen und Verdächtigungen die Verwaltung des sehr radikalen Finanzdirektors Stämpfli angriff. In diesen Verleumdungen warf Herr Fueter so viel mit Redlichkeit und Ehrlichkeit um sich her, daß die radikale Partei es angemessen fand, die "Ehrlichkeit" des Herrn Fueter und seiner Partei näher zu beleuchten. Die Berner Zeitung fing diese Beleuchtung damit an, daß sie eine Menge Unterschleife aufdeckte, welche Fueter's Vater, gewesener Münzmeister des Kantons zur Zeit der Helvetik, sich zu Schulden kommen ließ, und die die Grundlage des ungeheuren Fueter'schen Vermögens bildeten. Man forderte die "Ehrlichkeit" des Herrn Fueter auf, dem Staate die entwendeten und noch im Besitze der Familie Fueter befindlichen Summen zurückzuerstatten. Dazu fand sich aber natürlich der "Ehrliche" nicht veranlaßt, sondern begnügte sich, Herrn Stämpfli einen "Schuft," einen "infamen Todtengräber" zu nennen, der in den Eingeweiden der Gräber herumwühle. -- Ein Seitenstück zu diesem Skandal gibt die heutige Berner Zeitung in einem Angriff auf Herrn von Tillier, Präsidenten des Großen Rathes. In dem Prozesse Mortier, welcher am 19. Febr. vor dem pariser Appellationshof verhandelt wurde, sprach sich Graf Mortier, früher französischer Gesandte in der Schweiz, über Tillier (nach der "Gazette des Tribunaux") folgendermaßen aus: "Herr von Tillier ist ein alter Patrizier von angesehener Familie. Er hatte unter der revolutionären und demokratischen Regierung Dienste genommen; aber er behielt alle Vorurtheile seiner Kaste. Die, welche ihn aufgenommen hatten, betrachteten ihn als Renegaten; -- -- -- Herr von Tillier fand es sehr übel, daß durch meine Vermittelung Frankreich der Schweiz zur Herstellung einiger Klöster nicht den Krieg mache. Will man den Beweis dafür? In mehreren Briefen vom Mai 1846 beim Beginn der Entstehung des Sonderbundes, bat mich Tillier, von Herrn Guizot die bewaffnete Intervention Frankreichs zu verlangen." Im Mai 1846 war Tillier noch Regierungsrath, und das Anrufen fremder Intervention war also ein doppeltes Verbrechen. Durch diese Veröffentlichung ist wiederum ein Haupt der Konservativen in den Abgrund geschleudert. Daß das Volk sich entschiedener, wie je, den Radikalen zuwendet, ist bei solchen Enthüllungen sehr erklärlich. Die neuesten Nachrichten aus Italien tragen auch dazu bei, daß patrizische und neutrale Volksverräther den Kopf bedeutend hängen lassen. In Turin ist Gioberti vom Volke, das die Sendung von 20,000 Soldaten nach Toskana erfuhr, gezwungen worden, seine Entlassung zu nehmen, und die Truppen mußten zurückkehren. Bologna hat sich auf die Nachricht vom Anrücken der österreichischen Horden in Vertheidigungszustand gesetzt und einen Sicherheitsausschuß ernannt, in welchem u. A. auch ein schweizerischer Oberst Centulus, ein Patrizier von hier, sitzt. Die römischen Schweizerregimenter haben sich mit Enthusiasmus für die Sache des römischen Volkes erklärt. General Latour, ihr Kommandant, lag krank, als man den Einmarsch der Oesterreicher erfuhr. Er ließ sich sofort von zwei Soldaten nach dem Regierungspalast tragen, um dort zu erklären, daß man über seinen Arm zur Vertheidigung des Vaterlandes gegen die Barbaren verfügen möge. Diese Nachricht hat hier unendlichen Jubel erregt. Der größte Theil des schweizerischen Volkes war darüber erbittert, daß die Schweizerregimenter von Neapel und Rom nicht wegberufen wurden; die Einen aus Sympathie für die Italiener, die Andern aus Furcht vor der Rache, welche das Nachbarvolk nach seinem Siege an ihnen nehmen würde. Die Volksvereine schickten Adressen über Adressen an den Bundesrath, um ihn zu energischen Maßregeln zu bewegen. Dieser aber erklärte unterm 23. Febr., daß die Militär-Kapitulationen nicht Sache der Bundesbehörden seien, sondern in das Gebiet der Kantonalsouveränetät fielen; trotzdem daß der Art. 11 der Bundesverfassung diese Angelegenheit dem Bunde überweis't. Der Bundesrath wird überhaupt seiner Mehrheit nach Tag für Tag feiger und niederträchtiger, und es stellt sich immer mehr die Nothwendigkeit heraus, daß die Schweizer den Herren Furrer, Ochsenbein und Consorten den längstverdienten Fußtritt geben. Die Hetzjagden, welche diese Centralpolizeibedienten Oesterreichs und ihre Agenten, der Neutralitätsvoyageur Steiger und Comp., gegen die deutschen und italienischen Flüchtlinge unternehmen, dauern noch immer fort. Lombarden, welche mit piemontesischen Pässen kommen, werden fortgeschickt, trotzdem daß Gioberti schon mehrere Male ernstliche Protestationen gegen ein solches Verfahren, das nicht nur der Humanität, sondern sogar dem alten Völkerrecht zuwider ist, eingelegt hat. Die Herren Bundesräthe verlangen es oft gar, daß die Lombarden ihre Pässe bei'm Radetzki holen. Der deutschen Flüchtlinge gedenkt man auch mit erfreulicher Sorgsamkeit. In Schaffhausen ist ein Badenser, Namens Willmann, angesessen. Er hat sich seit dem Hecker'schen Zuge an keinem revolutionären Unternehmen betheiligt. Der Bundesrath hat seine Ausweisung verlangt, aber die Behörden des Kantons weigern sich, diesem schmachvollen Befehle nachzukommen. Für solche Bubenstreiche -- denn mit einem anständigeren Namen kann man diese Plackereien und Verfolgungen nicht bezeichnen -- erhält aber der Bundesrath auch die Genugthuung, daß der russische Gesandte demnächst wieder seinen Einzug in die Bundesstadt halten wird. In der That, die Schweiz mag bei Zeiten die Mehrheit des Bundesrathes und die ganze Zürcherische Politik zum Teufel schicken; sie könnte sonst schlecht fahren. Ergreift sie in dem jetzigen Entscheidungskampfe zwischen dem Westen und Osten keine revolutionäre Rolle, so darf sie sich nicht darüber wundern, wenn die Sieger die zwei und zwanzig Kantone mit den Kroaten und Slovaken in eine Klasse werfen. Die Schweiz hat dann sich ebensowenig auf ihre fünfhundertjährige Republik zu berufen, wie unsere deutschen Matthy's und anderes Unterstaatssekretariatsgesindel auf früheres liberales Benehmen, das sie vor dem Galgen gewiß nicht schützen wird. Die Schweiz mag sich daran erinnern, daß sie ein kleines, wenig bevölkertes Land ist, daß ihre Industrie auf einer sehr niedrigen Stufe steht, daß sie, was Bildung und Aufklärung anbetrifft, unendlich hinter den größern, civilisirten Nationen zurückgeblieben ist. Es bedarf großer revolutionärer Energie, will dieses Volk in dem großen Scheidungsprozesse' der Gegenwart seine Selbstständigkeit beibehalten. Schon jetzt heulen die reaktionären Blätter, wie die "Neue Schweiz", darüber, daß die Einigkeit Italien's durch Einverleibung Tessin's das Gebiet der Schweiz verkleinern werde. Deßhalb wird dem Bundesrathe die Weisung gegeben, die römische Republik nicht anzuerkennen. Diese hat den biedern Bundesrath dagegen von ihrer Konstituirung einfach durch einen Abdruck des betreffenden Dekrets, in einen Kreuzband gepackt, benachrichtigt. Ein offenkundigerer diplomatischer Fußtritt läßt sich nicht leicht denken. Um diese Artigkeit zu vergelten, ruft die Neue Zürcher Zeitung, das Organ des Bundespräsidenten der schweizerischen Auslandspartei, zu: Nehmt Euch in Acht vor der italienischen Politik. Diese saubere Zeitung rechtfertigt die Brutalitäten gegen die italienischen Flüchtlinge damit, daß Gioberti selbst kein Republikaner sei und die piemontesische Armee nie für republikanische Neuerungen kämpfen werde!! Das in Biel erscheinende Wochenblatt, die Evolution, von Becker redigirt, bekannt durch die Verfolgungen, mit welchen es vom Bundesrathe beehrt wurde, enthält in den letzten Nummern Artikel von Karl Heinzen, betitelt "der Mord", welche bedenkliche Anzeichen über den Gesundheitszustand des Verfassers enthalten. Auf jeder Seite kommen viele Dutzend Male die Worte: Mord, Gift, Dolch, Blut, Vernichtung und andere kraftgeschwollene Phrasen vor. Die ganze Demokratie besteht nach Heinzen in der Mordkunst. Wörtlich äußert er sich, daß einige gutgeführte Dolchstiche und etwas Knallsilber den Gang der ganzen Weltgeschichte ändern, die ganze Welt frei und glücklich machen könnten. Man sieht, daß Heinzen sich die Sache sehr leicht macht. Dies ist wieder nun ein neuer Beweis, wenn man noch Beweise für eine allbekannte Thatsache nöthig hat, daß Heinzen die Bewegung der Gegenwart nicht im Mindesten versteht. Mit etwas Knallsilber ist die ganze soziale Frage gelöst. Schade nur, daß Heinzen seiner gewaltigen Mordlust in den badischen Aufständen, namentlich zu den Zeiten der glorreichen Republik Schusterinsel, sorgsam Zügel angelegt hat. In Bern hat sich eine freie Gemeinde gebildet, deren Standpunkt dadurch charakterisirt ist, daß sie die religiöse Freiheit als Freiheit von aller Religion versteht. Die Schweiz ist in religiöser Beziehung so sehr zurück, daß ein solches Unternehmen, in Deutschland vormärzlich, hier noch zeitgemäß ist. Die Artikel 41 und 44 der Bundesverfassung garantiren die Ausübung des Gottesdienstes und die Bürger- und Heimathsrechte nur der "anerkannten christlichen Konfessionen." Deshalb wird der Bundesrath gewiß bald gegen die freie Gemeinde einschreiten. Französische Republik. 17 Paris, den 1. März. In dem "Courier de la Gironde". diesem getreuen Spiegel der Bordeauxer Kaufmannschaft, befindet sich folgende Denunciation der deutschen Demokraten: "Die Schwärmer in Berlin, Wien und andern Orten Deutschlands," heißt es, "verstehen sich sehr schön mit unsern französischen Gesellschaftsverheerern, aber wir hoffen, daß die respektiven Behörden der Brut jenseit wie diesseit des Rheines bald ein Ende machen werde." Die zarte Aufmerksamkeit des Schurkenblatts auf das was im fernen Deutschland passirt, erklärt sich zum Theil durch den Einfluß der reaktionären deutschen Kaufleute. Im lyoner "Republicain" findet man folgende erbauliche Notiz: "Im Jahre 1793 zitterte die Bordeleser Kaufmannschaft vor Wuth und vor Angst dermaßen, daß sie allen Ernstes den Plan faßte, das Stadtgebiet nebst dem Thurme Corduan der englischen Flotte zu übergeben und nach Hamburger Vorbilde ein Separatrepubliklein mit ganz aristokratischer Wirthschaft zu machen. Hamburg war das Losungswort für diese girondinischen Vaterlandsfeinde. Die damals in der Fremde umherirrend bourbon'sche Königsfamilie sollte dies im Voraus garantiren; Gelder, um den Bürgerkrieg im Westen zu führen, fanden sich mit erfreulicher Geschwindigkeit in der Kasse der angeblich verarmten Herren Banquiers und Kaufleute. Aehnlichen Verrath sannen die Royalisten in Lyon aus, doch bekam's ihnen schlimmer als den Bordelesern; Lyon ward zum warnenden Exempel zu Boden geschmettert, Bordeaux nicht. In Bordeaux erhielt sich sogar die die ehrlose Absicht, unter Englands Kanonenschutz zu treten, dermaßen wach, daß 1814 diese Kaufmannschaft dem General Wellington die Stadt geradezu anbot; der Britte erstaunte über diese ungeheure Niederträchtigkeit und fürchtete darunter eine Falle. Endlich überzeugte er sich von der Ehrlichkeit der treffliichen Bordeleser. Im Jahre 1793 hing es an einem Härchen und diese Herren hätten die Stadt an England verkauft, wie sie Toulon wirklich verschacherten. Die Patrioten, die Jakobiner, waren zu Bordeaux in der Minderheit. Die Volksfeinde warteten nur auf eine Gelegenheit, die englischen Kriegsschiffe den Strom hinauf zu bringen. Da alle Vernunftgründe scheiterten, mußte der Konvent zur Gewalt greifen und die Deputirten Ifabeau und Baudot reisten von Paris hin, um nöthigenfalls mit diesen eigensinnigen Schacherern, die den Gang einer Weltrevolution stören wollten, umzuspringen, wie der furchtbare Collot d' Herbois mit denen Lyon's bereits verfahren hatte. Es ist nöthig, sich dieser großen Konflicte gerade jetzt zu erinnern, damit die Enkel der gewaltigen Jakobiner lernen, wie die mnthigen Väter sich benommen; die Girondiner wollen, scheint es, durchaus wieder jene Zeit heraufbeschwören... Ehe die Deputirten des Nationalkonvents die Stadt in Grund und Boden schmetterten, wollten sie noch ein letztes Mal die Güte versuchen. Sie betraten ganz allein, alle Gefahr verachtend, nur mit einem Dienstboten in einer Postkutsche, die Rebellenstadt und wurden sofort unter maßlosem Drohungsgeheul und Schwenken der Messer und Säbel nach dem Stadthause geschleppt. Hier eilte Baudot sogleich auf den Präsidentenstuhl zu und rief: "Ich nehme Besitz hievon als Abgesandter des Konvents." Weiter konnte er nicht reden. Man riß ihn fort und in den Kerker, wo die Wache durch Singen, Fluchen und fortgesetztes Anschlagen der Gewehrkolben an die Bretterwand die beiden Gefangenen am Schlafe während der ganzen Nacht zu hindern beordert war. Am Morgen durfte ihnen Gepäck und Speise aus dem Gasthause gebracht werden; die Frau des Wirths, eines erprobten Republikaners, gab ihnen in einer Tasse Bouillon einen Zettel mit der Warnung, beim Wegreisen eine gewisse Straße zu meiden, denn in ihr würde man sie zu ermorden suchen. Vorher holte man sie nochmals aufs Stadthaus und wollte sie zur Unterzeichnung eines Befehls zwingen, der im Namen des Konvents der Stadt den Einlaß von Getreideschiffen erlaubte. Sie weigerten sich natürlich. Seltsam genug kündigte man ihnen an, daß, sie könnten abreisen. .. und lud sie ein, ihren bereits gepackten Postwagen, der mit 6 Pferden bespannt war, zu besteigen. Das kam ihnen verdächtig vor. Sie bestellten die Postillone an das Thor und gingen einen andern Weg zu Fuß. Alles blieb still, nur schien diese Maßregel ihre Führer sehr zu ärgern. Glücklicherweise kannten Beide selbst die Straßen der Stadt vollkommen genau und kamen bis auf einige hundert Schritte an das Thor, wo sie den Postwagen hinbeordert hatten. Da wurde heftig auf den leeren Wagen geschlossen, die republikanischen Kutscher aber jagten im Gallop weiter, die Deputirten sprangen hinein und so wurden sie durch die Schnelligkeit der Pferde und durch den Muth der Postillone gerettet, deren jeder Hieb- und Schußwunden erhalten hatte. Ja Einer dieser Braven hatte einen Säbelhieb in die Ferse bekommen, so daß sie fast vom Fuße abgetrennt war; trotz dem blieb er im Sattel und sprengte bis zum nächsten Pferdewrchsel; dort sank er nieder. Der Konvent dekretirte, daß dieser Postillon um die Republik sich verdient gemacht und fortan 400 Frs. Jahresrente zu beziehen habe. Die Abgesandten hatten sich aber auch mit Muth benommen; als z. B. Dicht am Thore das Schießen losging, hatten sie sogleich blank gezogen und zwei ihrer Begleiter am Kragen packend, mit sich fortgeschleift; hierdurch hatten sie so imponirt, daß man sie wenigstens ihre Kutsche errreichen ließ." Wir sehen, wie man es mit diesem reaktionären Rebellenpack zu machen hat. Die Bankette zum Andenken der Februartage in Lyon waren sehr großartig. Man toastete auf Italien, Völkerbefreiung, Deutschland. B. Grinand: "auf den Genius der Revolution! Erhebt Euch, Söhne des alten (ja wohl!) Deutschlands, jagt fort Eure Tyrannen, brecht endlich diese Aristokratie, die Euch bedrückt mit ihren Herrenschlössern und Privilegien. Zerschlagt das dreifache Joch des Königthums, des Priesterthums, des Kapitals. Völker Italiens, gebt ein Echo der Stimme, die vom Tiberfluß bis zu dem Palmenhaine Palermo's schallt; auf und tretet nieder das Gebäu der alten Welt, laßt nicht Stein auf Stein, peitscht von hinnen die viehischen Schwertträger einer mit Infamie besudelten Staatsgewalt.... Deutsche, Italiener! schwingt Euch voran in die Bahnen der Zukunft und helft dem französischen Volke die Welt retten. Und ihr, französische Mitbürger! Muth! Muth! Muth! was vermag am Ende all dies Dräuen der Renommisten und Despotenknechte, der Donquixoten der Reaktion, (der Bugeaud und Consorten) die, sobald das Volk die Revolutionsschlacht kämpft, hurtig ausreißen und den Mann fallen lassen, der sie zu seinem Schutz bezahlt hatte Lassen wir sie bei Seite rasen, alle diese Nachahmer des Marschall Bouille des Jahres 1792, alle diese Tieger, die ohne Mitleid die Knechtung des Vaterlandes vorbereiten. Der Tag naht, o meine lieben Mitbürger, wo der Rachegenius der Revolutionen erscheint, mit den unvergänglichen Wagschaalen in den Händen, um zu wägen die Thaten und Missethaten der Menschen; und dann wird es heißen: zurück Ihr, die Ihr vom Raube Euch mästet. .... zurück -- Achtung vor der Justiz des Volks!" Während das Ministerium das Jahresfest nur durch eine Todtenmesse begangen wissen wollte (die Pfaffen weigerten sich sogar an vielen Stellen, selbst ein Te Deum zu singen; der von Choisy war nicht dazu zu bringen, und sagte den Einwohnern, die ihn dreimal darum angingen: "der hochedle Herr Erzbischof von Paris hat uns verboten für die Revolution zu singen" und während die Journale der bordeleser Kaufleute, mit Trauerrande erschienen, feierten die Socialdemokraten Lyon's unter den geladenen Kanonen des Gensd'armen Bugeaud-Windischgrätz ein herrliches Fest. Dörfer hatten Abgesandte geschickt; manche Bauern sprachen revolutionärer als man je gehofft. Der Marschall Bugeaud hatte 20,000 Soldaten unter's Gewehr gerufen. Die Reaktion ist in Toulouse, Agen, Auch, Uzes sehr keck, seit Herr Faucher den Freiheitspappeln daselbst die rothe Mütze abgezogen. Die Nationalgarde hat bereits in einzelnen Bataillons daselbst aufgelöst werden müssen. In dem Städtchen Uzes an der Rhone, unsern Avignon, ist, wie von uns neulich mitgetheilt ward, die Sprache der Jesuiten und Königsanbeter wahnwitzig, wie 1815, 1814 und 1795; die Resultate lassen bereits nicht auf sich warten und am Karnevalsdienstag führte ein die Republik verhöhnender Maskenzug Szenen auf, die ohne das Einschreiten dreier Bürgerwehroffiziere, obschon heftiger Legitimisten, mit dem Bartholomäusabschlachten der demokratischen Männer, Frauen, Mädchen und Knaben des Orts geendigt hätten, wie in jenen gebenedeiten Jahren des weißen Terrorismus. Die schwangere Gemahlin eines demokratischen Chefs ward furchtbar auf offener Straße, bei hellem Mittage, gemißhandelt. Ein 16jähriges Mädchen desgleichen. Das Kaffeehaus der Republikaner ward zwei Tage hintereinander von der Bande belagert, gestürmt, demolirt. Mit Billardstöcken zuerst zurückgeschlagen, kam sie alsbald mit Aexten und doppelläufigen Jagdbüchsen und Steinen wieder. Wer etwas die Dinge im Süden kennt, versteht was die Notiz der Journale sagen will: "diese 3-400 Mordgesellen, nebst ihren Weibsleuten, trugen ganz weiße Kleider"; dies beweist, daß sie zu einer religiösen Brüderschaft gehörten, und wie sie 8 Tage vorher Lieder plärrend in weißen Bußröcken Umzug gehalten, so machten sie jetzt einen Feldzug gegen die ihren Beichtvätern und Bezahlern mißliebigen Personen. Sie tanzen bereits wieder die Farandolen oder Schlangentänze, in einer ungeheuren, wilden Kette durch die ganze Stadt; und das ist seit Jahrhunderten im französischen Süden ein Vorspiel zu baldigen religiös-politischen Todtentänzen. Mit dem ausgelassensten Jubel rasen diese Brüderschaftler als Farandolisten des Morgens, und Abends stürzen sie mit dem berüchtigten Geheul "su su, saru saru" vor die Häuser der von den legitimistischen Häuptlingen auf die Liste geschriebenen Volksfreunde, demoliren und morden. Auch stehlen sie dabei gern, zumal wenn der von Brüderchen Leon Faucher kürzlich eingesetzte Unterpräfekt an beiden Tagen fortwährend erklärt: "was soll ich dagegen thun?" ich kann nichts;" und wenn der Präfekt schließlich acht der am ärgsten bedrohten, verwundeten, in ihrer Habe am meisten beschädigten Demokraten, in's Loch wirft, wie dies zum sprachlosen Erstaunen der pariser Volkspresse geschehen. "Es geht in Uzes auf ein Haar jetzt wie 1815; "es ist dies wieder das Vorspiel zum Bartholomäusfest" sagte mir eine Dame die aus dem Languedoc kommt. In Toulouse ist, laut so eben einlaufender Depesche, nochmals Blut geflossen unter dem Rufe: "Es lebe die social-demokratische Republik." Die dortige Garnison hat nicht genug eingehauen, sie ist "schon vom Gift der Revolution halb angesteckt". Die Garnison zu Paris wird wieder gewechselt, denn Changarnier erklärte gestern: das Heer werde immer schwieriger und das Mittel, die Garnisonen zu wechseln, scheine ihm kaum auf die Länge ausführbar. Viele Nationalgardenoffiziere interpelliren General Rulhieres über sein brüskes Sprengen der Toulouser, und nicht Reorganisiren der lyoner Bürgerwehr, auch ist zu erwähnen, daß die Zahl der uniformirten Bürgerwehroffiziere auf den social-demokratischen Banketten der letzten 14 Tage sehr wächst. So eben treiben 150 Soldaten vor meinen Augen 350 Blousenmänner und Frauen auf die Präfektur in den Kerker; weshalb ??? -- Paris, 1. März. Die Posten aus Rom vom 19. und 20., Florenz vom 22. und 23., Turin vom 25. Febr. sind heute in Paris nicht eingetroffen. Uebrigens ruft der Einfall der Oestreicher in Ferrara hier die größte Entrüstung hervor. Man erklärt ihn allgemein für einen Akt der Barbarrei, der selbst der "guten Sache" (der Reaktion) schade. Die indifferenten Beobachter meinen, es müsse schrecklich um die östreichischen Finanzen in Italien stehen, weil Radetzki zu solchen Prellereien seine Zuflucht nehme. Hierzu eine Beilage. sich glücklich, sich in Mitten Eurer, die Ihr vom Volk mit Ausübung seiner unverjährbaren Souveränetät beauftragt seid, zu befinden. Bürger-Repräsentanten! Die Aufgabe des Triumvirats bestand in der Vertheidigung Venedigs gegen die Angriffe des Feindes und in der Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Seine Bemühungen bei den großen vermittelnden Mächten und die brüderlichen Beziehungen zu Piemont haben die Aufhebung der Blockade von der Seeseite zur Folge gehabt. Die Vermehrung der Land- und Seemacht und die wohl vertheidigten Fortifikationen machten und machen unsern Widerstand dem Feinde furchtbarer. Die Vaterlandsliebe hat sich der erschöpften Finanzen in reichlichen Beiträgen angenommen. Die Opfer jeder Art, welche von allen Klassen der Staatsbürger gebracht werden, hat Venedig die Bewunderung Europa's verschafft: Ganz Italien segnet Venedigs Namen. Völkerschaften und Regierungen haben uns ihre Zuneigung und ihren Beistand zu Theil werden lassen.“ Schweiz. 43 Bern, 27. Febr. Die Spannung und Erbitterung zwischen der radikalen und der herrschenden Partei wird hier, wie überall, von Tag zu Tag größer, und gibt sich in den heftigsten persönlichen Streitigkeiten kund. Nach der Berufung von Lohbauer wurde die Guckkastenangelegenheit von den öffentlichen Blättern mit aller Leidenschaftlichkeit besprochen. Neuerdings ist die Berner Zeitung mit schwerem Geschütz gegen Patriziat und gesinnungsverwandtes Bürgerthum aufgetreten. Aus den letzten Verhandlungen des Großen Rathes ist bekannt, wie ein gewisser Fueter, Großrath und Nationalrath, als Führer der Konservativen mit den lächerlichsten Schmähungen und Verdächtigungen die Verwaltung des sehr radikalen Finanzdirektors Stämpfli angriff. In diesen Verleumdungen warf Herr Fueter so viel mit Redlichkeit und Ehrlichkeit um sich her, daß die radikale Partei es angemessen fand, die „Ehrlichkeit“ des Herrn Fueter und seiner Partei näher zu beleuchten. Die Berner Zeitung fing diese Beleuchtung damit an, daß sie eine Menge Unterschleife aufdeckte, welche Fueter's Vater, gewesener Münzmeister des Kantons zur Zeit der Helvetik, sich zu Schulden kommen ließ, und die die Grundlage des ungeheuren Fueter'schen Vermögens bildeten. Man forderte die „Ehrlichkeit“ des Herrn Fueter auf, dem Staate die entwendeten und noch im Besitze der Familie Fueter befindlichen Summen zurückzuerstatten. Dazu fand sich aber natürlich der „Ehrliche“ nicht veranlaßt, sondern begnügte sich, Herrn Stämpfli einen „Schuft,“ einen „infamen Todtengräber“ zu nennen, der in den Eingeweiden der Gräber herumwühle. — Ein Seitenstück zu diesem Skandal gibt die heutige Berner Zeitung in einem Angriff auf Herrn von Tillier, Präsidenten des Großen Rathes. In dem Prozesse Mortier, welcher am 19. Febr. vor dem pariser Appellationshof verhandelt wurde, sprach sich Graf Mortier, früher französischer Gesandte in der Schweiz, über Tillier (nach der „Gazette des Tribunaux“) folgendermaßen aus: „Herr von Tillier ist ein alter Patrizier von angesehener Familie. Er hatte unter der revolutionären und demokratischen Regierung Dienste genommen; aber er behielt alle Vorurtheile seiner Kaste. Die, welche ihn aufgenommen hatten, betrachteten ihn als Renegaten; — — — Herr von Tillier fand es sehr übel, daß durch meine Vermittelung Frankreich der Schweiz zur Herstellung einiger Klöster nicht den Krieg mache. Will man den Beweis dafür? In mehreren Briefen vom Mai 1846 beim Beginn der Entstehung des Sonderbundes, bat mich Tillier, von Herrn Guizot die bewaffnete Intervention Frankreichs zu verlangen.“ Im Mai 1846 war Tillier noch Regierungsrath, und das Anrufen fremder Intervention war also ein doppeltes Verbrechen. Durch diese Veröffentlichung ist wiederum ein Haupt der Konservativen in den Abgrund geschleudert. Daß das Volk sich entschiedener, wie je, den Radikalen zuwendet, ist bei solchen Enthüllungen sehr erklärlich. Die neuesten Nachrichten aus Italien tragen auch dazu bei, daß patrizische und neutrale Volksverräther den Kopf bedeutend hängen lassen. In Turin ist Gioberti vom Volke, das die Sendung von 20,000 Soldaten nach Toskana erfuhr, gezwungen worden, seine Entlassung zu nehmen, und die Truppen mußten zurückkehren. Bologna hat sich auf die Nachricht vom Anrücken der österreichischen Horden in Vertheidigungszustand gesetzt und einen Sicherheitsausschuß ernannt, in welchem u. A. auch ein schweizerischer Oberst Centulus, ein Patrizier von hier, sitzt. Die römischen Schweizerregimenter haben sich mit Enthusiasmus für die Sache des römischen Volkes erklärt. General Latour, ihr Kommandant, lag krank, als man den Einmarsch der Oesterreicher erfuhr. Er ließ sich sofort von zwei Soldaten nach dem Regierungspalast tragen, um dort zu erklären, daß man über seinen Arm zur Vertheidigung des Vaterlandes gegen die Barbaren verfügen möge. Diese Nachricht hat hier unendlichen Jubel erregt. Der größte Theil des schweizerischen Volkes war darüber erbittert, daß die Schweizerregimenter von Neapel und Rom nicht wegberufen wurden; die Einen aus Sympathie für die Italiener, die Andern aus Furcht vor der Rache, welche das Nachbarvolk nach seinem Siege an ihnen nehmen würde. Die Volksvereine schickten Adressen über Adressen an den Bundesrath, um ihn zu energischen Maßregeln zu bewegen. Dieser aber erklärte unterm 23. Febr., daß die Militär-Kapitulationen nicht Sache der Bundesbehörden seien, sondern in das Gebiet der Kantonalsouveränetät fielen; trotzdem daß der Art. 11 der Bundesverfassung diese Angelegenheit dem Bunde überweis't. Der Bundesrath wird überhaupt seiner Mehrheit nach Tag für Tag feiger und niederträchtiger, und es stellt sich immer mehr die Nothwendigkeit heraus, daß die Schweizer den Herren Furrer, Ochsenbein und Consorten den längstverdienten Fußtritt geben. Die Hetzjagden, welche diese Centralpolizeibedienten Oesterreichs und ihre Agenten, der Neutralitätsvoyageur Steiger und Comp., gegen die deutschen und italienischen Flüchtlinge unternehmen, dauern noch immer fort. Lombarden, welche mit piemontesischen Pässen kommen, werden fortgeschickt, trotzdem daß Gioberti schon mehrere Male ernstliche Protestationen gegen ein solches Verfahren, das nicht nur der Humanität, sondern sogar dem alten Völkerrecht zuwider ist, eingelegt hat. Die Herren Bundesräthe verlangen es oft gar, daß die Lombarden ihre Pässe bei'm Radetzki holen. Der deutschen Flüchtlinge gedenkt man auch mit erfreulicher Sorgsamkeit. In Schaffhausen ist ein Badenser, Namens Willmann, angesessen. Er hat sich seit dem Hecker'schen Zuge an keinem revolutionären Unternehmen betheiligt. Der Bundesrath hat seine Ausweisung verlangt, aber die Behörden des Kantons weigern sich, diesem schmachvollen Befehle nachzukommen. Für solche Bubenstreiche — denn mit einem anständigeren Namen kann man diese Plackereien und Verfolgungen nicht bezeichnen — erhält aber der Bundesrath auch die Genugthuung, daß der russische Gesandte demnächst wieder seinen Einzug in die Bundesstadt halten wird. In der That, die Schweiz mag bei Zeiten die Mehrheit des Bundesrathes und die ganze Zürcherische Politik zum Teufel schicken; sie könnte sonst schlecht fahren. Ergreift sie in dem jetzigen Entscheidungskampfe zwischen dem Westen und Osten keine revolutionäre Rolle, so darf sie sich nicht darüber wundern, wenn die Sieger die zwei und zwanzig Kantone mit den Kroaten und Slovaken in eine Klasse werfen. Die Schweiz hat dann sich ebensowenig auf ihre fünfhundertjährige Republik zu berufen, wie unsere deutschen Matthy's und anderes Unterstaatssekretariatsgesindel auf früheres liberales Benehmen, das sie vor dem Galgen gewiß nicht schützen wird. Die Schweiz mag sich daran erinnern, daß sie ein kleines, wenig bevölkertes Land ist, daß ihre Industrie auf einer sehr niedrigen Stufe steht, daß sie, was Bildung und Aufklärung anbetrifft, unendlich hinter den größern, civilisirten Nationen zurückgeblieben ist. Es bedarf großer revolutionärer Energie, will dieses Volk in dem großen Scheidungsprozesse' der Gegenwart seine Selbstständigkeit beibehalten. Schon jetzt heulen die reaktionären Blätter, wie die „Neue Schweiz“, darüber, daß die Einigkeit Italien's durch Einverleibung Tessin's das Gebiet der Schweiz verkleinern werde. Deßhalb wird dem Bundesrathe die Weisung gegeben, die römische Republik nicht anzuerkennen. Diese hat den biedern Bundesrath dagegen von ihrer Konstituirung einfach durch einen Abdruck des betreffenden Dekrets, in einen Kreuzband gepackt, benachrichtigt. Ein offenkundigerer diplomatischer Fußtritt läßt sich nicht leicht denken. Um diese Artigkeit zu vergelten, ruft die Neue Zürcher Zeitung, das Organ des Bundespräsidenten der schweizerischen Auslandspartei, zu: Nehmt Euch in Acht vor der italienischen Politik. Diese saubere Zeitung rechtfertigt die Brutalitäten gegen die italienischen Flüchtlinge damit, daß Gioberti selbst kein Republikaner sei und die piemontesische Armee nie für republikanische Neuerungen kämpfen werde!! Das in Biel erscheinende Wochenblatt, die Evolution, von Becker redigirt, bekannt durch die Verfolgungen, mit welchen es vom Bundesrathe beehrt wurde, enthält in den letzten Nummern Artikel von Karl Heinzen, betitelt „der Mord“, welche bedenkliche Anzeichen über den Gesundheitszustand des Verfassers enthalten. Auf jeder Seite kommen viele Dutzend Male die Worte: Mord, Gift, Dolch, Blut, Vernichtung und andere kraftgeschwollene Phrasen vor. Die ganze Demokratie besteht nach Heinzen in der Mordkunst. Wörtlich äußert er sich, daß einige gutgeführte Dolchstiche und etwas Knallsilber den Gang der ganzen Weltgeschichte ändern, die ganze Welt frei und glücklich machen könnten. Man sieht, daß Heinzen sich die Sache sehr leicht macht. Dies ist wieder nun ein neuer Beweis, wenn man noch Beweise für eine allbekannte Thatsache nöthig hat, daß Heinzen die Bewegung der Gegenwart nicht im Mindesten versteht. Mit etwas Knallsilber ist die ganze soziale Frage gelöst. Schade nur, daß Heinzen seiner gewaltigen Mordlust in den badischen Aufständen, namentlich zu den Zeiten der glorreichen Republik Schusterinsel, sorgsam Zügel angelegt hat. In Bern hat sich eine freie Gemeinde gebildet, deren Standpunkt dadurch charakterisirt ist, daß sie die religiöse Freiheit als Freiheit von aller Religion versteht. Die Schweiz ist in religiöser Beziehung so sehr zurück, daß ein solches Unternehmen, in Deutschland vormärzlich, hier noch zeitgemäß ist. Die Artikel 41 und 44 der Bundesverfassung garantiren die Ausübung des Gottesdienstes und die Bürger- und Heimathsrechte nur der „anerkannten christlichen Konfessionen.“ Deshalb wird der Bundesrath gewiß bald gegen die freie Gemeinde einschreiten. Französische Republik. 17 Paris, den 1. März. In dem „Courier de la Gironde“. diesem getreuen Spiegel der Bordeauxer Kaufmannschaft, befindet sich folgende Denunciation der deutschen Demokraten: „Die Schwärmer in Berlin, Wien und andern Orten Deutschlands,“ heißt es, „verstehen sich sehr schön mit unsern französischen Gesellschaftsverheerern, aber wir hoffen, daß die respektiven Behörden der Brut jenseit wie diesseit des Rheines bald ein Ende machen werde.“ Die zarte Aufmerksamkeit des Schurkenblatts auf das was im fernen Deutschland passirt, erklärt sich zum Theil durch den Einfluß der reaktionären deutschen Kaufleute. Im lyoner „Republicain“ findet man folgende erbauliche Notiz: „Im Jahre 1793 zitterte die Bordeleser Kaufmannschaft vor Wuth und vor Angst dermaßen, daß sie allen Ernstes den Plan faßte, das Stadtgebiet nebst dem Thurme Corduan der englischen Flotte zu übergeben und nach Hamburger Vorbilde ein Separatrepubliklein mit ganz aristokratischer Wirthschaft zu machen. Hamburg war das Losungswort für diese girondinischen Vaterlandsfeinde. Die damals in der Fremde umherirrend bourbon'sche Königsfamilie sollte dies im Voraus garantiren; Gelder, um den Bürgerkrieg im Westen zu führen, fanden sich mit erfreulicher Geschwindigkeit in der Kasse der angeblich verarmten Herren Banquiers und Kaufleute. Aehnlichen Verrath sannen die Royalisten in Lyon aus, doch bekam's ihnen schlimmer als den Bordelesern; Lyon ward zum warnenden Exempel zu Boden geschmettert, Bordeaux nicht. In Bordeaux erhielt sich sogar die die ehrlose Absicht, unter Englands Kanonenschutz zu treten, dermaßen wach, daß 1814 diese Kaufmannschaft dem General Wellington die Stadt geradezu anbot; der Britte erstaunte über diese ungeheure Niederträchtigkeit und fürchtete darunter eine Falle. Endlich überzeugte er sich von der Ehrlichkeit der treffliichen Bordeleser. Im Jahre 1793 hing es an einem Härchen und diese Herren hätten die Stadt an England verkauft, wie sie Toulon wirklich verschacherten. Die Patrioten, die Jakobiner, waren zu Bordeaux in der Minderheit. Die Volksfeinde warteten nur auf eine Gelegenheit, die englischen Kriegsschiffe den Strom hinauf zu bringen. Da alle Vernunftgründe scheiterten, mußte der Konvent zur Gewalt greifen und die Deputirten Ifabeau und Baudot reisten von Paris hin, um nöthigenfalls mit diesen eigensinnigen Schacherern, die den Gang einer Weltrevolution stören wollten, umzuspringen, wie der furchtbare Collot d' Herbois mit denen Lyon's bereits verfahren hatte. Es ist nöthig, sich dieser großen Konflicte gerade jetzt zu erinnern, damit die Enkel der gewaltigen Jakobiner lernen, wie die mnthigen Väter sich benommen; die Girondiner wollen, scheint es, durchaus wieder jene Zeit heraufbeschwören.‥ Ehe die Deputirten des Nationalkonvents die Stadt in Grund und Boden schmetterten, wollten sie noch ein letztes Mal die Güte versuchen. Sie betraten ganz allein, alle Gefahr verachtend, nur mit einem Dienstboten in einer Postkutsche, die Rebellenstadt und wurden sofort unter maßlosem Drohungsgeheul und Schwenken der Messer und Säbel nach dem Stadthause geschleppt. Hier eilte Baudot sogleich auf den Präsidentenstuhl zu und rief: „Ich nehme Besitz hievon als Abgesandter des Konvents.“ Weiter konnte er nicht reden. Man riß ihn fort und in den Kerker, wo die Wache durch Singen, Fluchen und fortgesetztes Anschlagen der Gewehrkolben an die Bretterwand die beiden Gefangenen am Schlafe während der ganzen Nacht zu hindern beordert war. Am Morgen durfte ihnen Gepäck und Speise aus dem Gasthause gebracht werden; die Frau des Wirths, eines erprobten Republikaners, gab ihnen in einer Tasse Bouillon einen Zettel mit der Warnung, beim Wegreisen eine gewisse Straße zu meiden, denn in ihr würde man sie zu ermorden suchen. Vorher holte man sie nochmals aufs Stadthaus und wollte sie zur Unterzeichnung eines Befehls zwingen, der im Namen des Konvents der Stadt den Einlaß von Getreideschiffen erlaubte. Sie weigerten sich natürlich. Seltsam genug kündigte man ihnen an, daß, sie könnten abreisen. ‥ und lud sie ein, ihren bereits gepackten Postwagen, der mit 6 Pferden bespannt war, zu besteigen. Das kam ihnen verdächtig vor. Sie bestellten die Postillone an das Thor und gingen einen andern Weg zu Fuß. Alles blieb still, nur schien diese Maßregel ihre Führer sehr zu ärgern. Glücklicherweise kannten Beide selbst die Straßen der Stadt vollkommen genau und kamen bis auf einige hundert Schritte an das Thor, wo sie den Postwagen hinbeordert hatten. Da wurde heftig auf den leeren Wagen geschlossen, die republikanischen Kutscher aber jagten im Gallop weiter, die Deputirten sprangen hinein und so wurden sie durch die Schnelligkeit der Pferde und durch den Muth der Postillone gerettet, deren jeder Hieb- und Schußwunden erhalten hatte. Ja Einer dieser Braven hatte einen Säbelhieb in die Ferse bekommen, so daß sie fast vom Fuße abgetrennt war; trotz dem blieb er im Sattel und sprengte bis zum nächsten Pferdewrchsel; dort sank er nieder. Der Konvent dekretirte, daß dieser Postillon um die Republik sich verdient gemacht und fortan 400 Frs. Jahresrente zu beziehen habe. Die Abgesandten hatten sich aber auch mit Muth benommen; als z. B. Dicht am Thore das Schießen losging, hatten sie sogleich blank gezogen und zwei ihrer Begleiter am Kragen packend, mit sich fortgeschleift; hierdurch hatten sie so imponirt, daß man sie wenigstens ihre Kutsche errreichen ließ.“ Wir sehen, wie man es mit diesem reaktionären Rebellenpack zu machen hat. Die Bankette zum Andenken der Februartage in Lyon waren sehr großartig. Man toastete auf Italien, Völkerbefreiung, Deutschland. B. Grinand: „auf den Genius der Revolution! Erhebt Euch, Söhne des alten (ja wohl!) Deutschlands, jagt fort Eure Tyrannen, brecht endlich diese Aristokratie, die Euch bedrückt mit ihren Herrenschlössern und Privilegien. Zerschlagt das dreifache Joch des Königthums, des Priesterthums, des Kapitals. Völker Italiens, gebt ein Echo der Stimme, die vom Tiberfluß bis zu dem Palmenhaine Palermo's schallt; auf und tretet nieder das Gebäu der alten Welt, laßt nicht Stein auf Stein, peitscht von hinnen die viehischen Schwertträger einer mit Infamie besudelten Staatsgewalt.… Deutsche, Italiener! schwingt Euch voran in die Bahnen der Zukunft und helft dem französischen Volke die Welt retten. Und ihr, französische Mitbürger! Muth! Muth! Muth! was vermag am Ende all dies Dräuen der Renommisten und Despotenknechte, der Donquixoten der Reaktion, (der Bugeaud und Consorten) die, sobald das Volk die Revolutionsschlacht kämpft, hurtig ausreißen und den Mann fallen lassen, der sie zu seinem Schutz bezahlt hatte Lassen wir sie bei Seite rasen, alle diese Nachahmer des Marschall Bouillé des Jahres 1792, alle diese Tieger, die ohne Mitleid die Knechtung des Vaterlandes vorbereiten. Der Tag naht, o meine lieben Mitbürger, wo der Rachegenius der Revolutionen erscheint, mit den unvergänglichen Wagschaalen in den Händen, um zu wägen die Thaten und Missethaten der Menschen; und dann wird es heißen: zurück Ihr, die Ihr vom Raube Euch mästet. ‥‥ zurück — Achtung vor der Justiz des Volks!“ Während das Ministerium das Jahresfest nur durch eine Todtenmesse begangen wissen wollte (die Pfaffen weigerten sich sogar an vielen Stellen, selbst ein Te Deum zu singen; der von Choisy war nicht dazu zu bringen, und sagte den Einwohnern, die ihn dreimal darum angingen: „der hochedle Herr Erzbischof von Paris hat uns verboten für die Revolution zu singen“ und während die Journale der bordeleser Kaufleute, mit Trauerrande erschienen, feierten die Socialdemokraten Lyon's unter den geladenen Kanonen des Gensd'armen Bugeaud-Windischgrätz ein herrliches Fest. Dörfer hatten Abgesandte geschickt; manche Bauern sprachen revolutionärer als man je gehofft. Der Marschall Bugeaud hatte 20,000 Soldaten unter's Gewehr gerufen. Die Reaktion ist in Toulouse, Agen, Auch, Uzes sehr keck, seit Herr Faucher den Freiheitspappeln daselbst die rothe Mütze abgezogen. Die Nationalgarde hat bereits in einzelnen Bataillons daselbst aufgelöst werden müssen. In dem Städtchen Uzes an der Rhone, unsern Avignon, ist, wie von uns neulich mitgetheilt ward, die Sprache der Jesuiten und Königsanbeter wahnwitzig, wie 1815, 1814 und 1795; die Resultate lassen bereits nicht auf sich warten und am Karnevalsdienstag führte ein die Republik verhöhnender Maskenzug Szenen auf, die ohne das Einschreiten dreier Bürgerwehroffiziere, obschon heftiger Legitimisten, mit dem Bartholomäusabschlachten der demokratischen Männer, Frauen, Mädchen und Knaben des Orts geendigt hätten, wie in jenen gebenedeiten Jahren des weißen Terrorismus. Die schwangere Gemahlin eines demokratischen Chefs ward furchtbar auf offener Straße, bei hellem Mittage, gemißhandelt. Ein 16jähriges Mädchen desgleichen. Das Kaffeehaus der Republikaner ward zwei Tage hintereinander von der Bande belagert, gestürmt, demolirt. Mit Billardstöcken zuerst zurückgeschlagen, kam sie alsbald mit Aexten und doppelläufigen Jagdbüchsen und Steinen wieder. Wer etwas die Dinge im Süden kennt, versteht was die Notiz der Journale sagen will: „diese 3-400 Mordgesellen, nebst ihren Weibsleuten, trugen ganz weiße Kleider“; dies beweist, daß sie zu einer religiösen Brüderschaft gehörten, und wie sie 8 Tage vorher Lieder plärrend in weißen Bußröcken Umzug gehalten, so machten sie jetzt einen Feldzug gegen die ihren Beichtvätern und Bezahlern mißliebigen Personen. Sie tanzen bereits wieder die Farandolen oder Schlangentänze, in einer ungeheuren, wilden Kette durch die ganze Stadt; und das ist seit Jahrhunderten im französischen Süden ein Vorspiel zu baldigen religiös-politischen Todtentänzen. Mit dem ausgelassensten Jubel rasen diese Brüderschaftler als Farandolisten des Morgens, und Abends stürzen sie mit dem berüchtigten Geheul „su su, saru saru“ vor die Häuser der von den legitimistischen Häuptlingen auf die Liste geschriebenen Volksfreunde, demoliren und morden. Auch stehlen sie dabei gern, zumal wenn der von Brüderchen Leon Faucher kürzlich eingesetzte Unterpräfekt an beiden Tagen fortwährend erklärt: „was soll ich dagegen thun?“ ich kann nichts;“ und wenn der Präfekt schließlich acht der am ärgsten bedrohten, verwundeten, in ihrer Habe am meisten beschädigten Demokraten, in's Loch wirft, wie dies zum sprachlosen Erstaunen der pariser Volkspresse geschehen. „Es geht in Uzes auf ein Haar jetzt wie 1815; „es ist dies wieder das Vorspiel zum Bartholomäusfest“ sagte mir eine Dame die aus dem Languedoc kommt. In Toulouse ist, laut so eben einlaufender Depesche, nochmals Blut geflossen unter dem Rufe: „Es lebe die social-demokratische Republik.“ Die dortige Garnison hat nicht genug eingehauen, sie ist „schon vom Gift der Revolution halb angesteckt“. Die Garnison zu Paris wird wieder gewechselt, denn Changarnier erklärte gestern: das Heer werde immer schwieriger und das Mittel, die Garnisonen zu wechseln, scheine ihm kaum auf die Länge ausführbar. Viele Nationalgardenoffiziere interpelliren General Rulhieres über sein brüskes Sprengen der Toulouser, und nicht Reorganisiren der lyoner Bürgerwehr, auch ist zu erwähnen, daß die Zahl der uniformirten Bürgerwehroffiziere auf den social-demokratischen Banketten der letzten 14 Tage sehr wächst. So eben treiben 150 Soldaten vor meinen Augen 350 Blousenmänner und Frauen auf die Präfektur in den Kerker; weshalb ??? — Paris, 1. März. Die Posten aus Rom vom 19. und 20., Florenz vom 22. und 23., Turin vom 25. Febr. sind heute in Paris nicht eingetroffen. Uebrigens ruft der Einfall der Oestreicher in Ferrara hier die größte Entrüstung hervor. Man erklärt ihn allgemein für einen Akt der Barbarrei, der selbst der „guten Sache“ (der Reaktion) schade. Die indifferenten Beobachter meinen, es müsse schrecklich um die östreichischen Finanzen in Italien stehen, weil Radetzki zu solchen Prellereien seine Zuflucht nehme. Hierzu eine Beilage. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar237_023" type="jArticle"> <pb facs="#f0004" n="1308"/> <p>sich glücklich, sich in Mitten Eurer, die Ihr vom Volk mit Ausübung seiner unverjährbaren Souveränetät beauftragt seid, zu befinden.</p> <p>Bürger-Repräsentanten!</p> <p>Die Aufgabe des Triumvirats bestand in der Vertheidigung Venedigs gegen die Angriffe des Feindes und in der Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Seine Bemühungen bei den großen vermittelnden Mächten und die brüderlichen Beziehungen zu Piemont haben die Aufhebung der Blockade von der Seeseite zur Folge gehabt. Die Vermehrung der Land- und Seemacht und die wohl vertheidigten Fortifikationen machten und machen unsern Widerstand dem Feinde furchtbarer. Die Vaterlandsliebe hat sich der erschöpften Finanzen in reichlichen Beiträgen angenommen.</p> <p>Die Opfer jeder Art, welche von allen Klassen der Staatsbürger gebracht werden, hat Venedig die Bewunderung Europa's verschafft: Ganz Italien segnet Venedigs Namen. Völkerschaften und Regierungen haben uns ihre Zuneigung und ihren Beistand zu Theil werden lassen.“</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar237_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>43</author></bibl> Bern, 27. Febr.</head> <p>Die Spannung und Erbitterung zwischen der radikalen und der herrschenden Partei wird hier, wie überall, von Tag zu Tag größer, und gibt sich in den heftigsten persönlichen Streitigkeiten kund. Nach der Berufung von Lohbauer wurde die Guckkastenangelegenheit von den öffentlichen Blättern mit aller Leidenschaftlichkeit besprochen. Neuerdings ist die Berner Zeitung mit schwerem Geschütz gegen Patriziat und gesinnungsverwandtes Bürgerthum aufgetreten. Aus den letzten Verhandlungen des Großen Rathes ist bekannt, wie ein gewisser Fueter, Großrath und Nationalrath, als Führer der Konservativen mit den lächerlichsten Schmähungen und Verdächtigungen die Verwaltung des sehr radikalen Finanzdirektors Stämpfli angriff. In diesen Verleumdungen warf Herr Fueter so viel mit Redlichkeit und Ehrlichkeit um sich her, daß die radikale Partei es angemessen fand, die „Ehrlichkeit“ des Herrn Fueter und seiner Partei näher zu beleuchten. Die Berner Zeitung fing diese Beleuchtung damit an, daß sie eine Menge Unterschleife aufdeckte, welche Fueter's Vater, gewesener Münzmeister des Kantons zur Zeit der Helvetik, sich zu Schulden kommen ließ, und die die Grundlage des ungeheuren Fueter'schen Vermögens bildeten. Man forderte die „Ehrlichkeit“ des Herrn Fueter auf, dem Staate die entwendeten und noch im Besitze der Familie Fueter befindlichen Summen zurückzuerstatten. Dazu fand sich aber natürlich der „Ehrliche“ nicht veranlaßt, sondern begnügte sich, Herrn Stämpfli einen „Schuft,“ einen „infamen Todtengräber“ zu nennen, der in den Eingeweiden der Gräber <hi rendition="#g">herumwühle</hi>. — Ein Seitenstück zu diesem Skandal gibt die heutige Berner Zeitung in einem Angriff auf Herrn von Tillier, Präsidenten des Großen Rathes. In dem Prozesse Mortier, welcher am 19. Febr. vor dem pariser Appellationshof verhandelt wurde, sprach sich Graf Mortier, früher französischer Gesandte in der Schweiz, über Tillier (nach der „Gazette des Tribunaux“) folgendermaßen aus: „Herr von Tillier ist ein alter Patrizier von angesehener Familie. Er hatte unter der revolutionären und demokratischen Regierung Dienste genommen; aber er behielt alle Vorurtheile seiner Kaste. Die, welche ihn aufgenommen hatten, betrachteten ihn als Renegaten; — — — Herr von Tillier fand es sehr übel, daß durch meine Vermittelung Frankreich der Schweiz zur Herstellung einiger Klöster nicht den Krieg mache. Will man den Beweis dafür? <hi rendition="#g">In mehreren Briefen vom Mai 1846 beim Beginn der Entstehung des Sonderbundes, bat mich Tillier, von Herrn Guizot die bewaffnete Intervention Frankreichs zu verlangen</hi>.“ Im Mai 1846 war Tillier noch Regierungsrath, und das Anrufen fremder Intervention war also ein doppeltes Verbrechen. Durch diese Veröffentlichung ist wiederum ein Haupt der Konservativen in den Abgrund geschleudert. Daß das Volk sich entschiedener, wie je, den Radikalen zuwendet, ist bei solchen Enthüllungen sehr erklärlich. Die neuesten Nachrichten aus Italien tragen auch dazu bei, daß patrizische und neutrale Volksverräther den Kopf bedeutend hängen lassen. In <hi rendition="#g">Turin</hi> ist Gioberti vom Volke, das die Sendung von 20,000 Soldaten nach Toskana erfuhr, gezwungen worden, seine Entlassung zu nehmen, und die Truppen mußten zurückkehren. <hi rendition="#g">Bologna</hi> hat sich auf die Nachricht vom Anrücken der österreichischen Horden in Vertheidigungszustand gesetzt und einen Sicherheitsausschuß ernannt, in welchem u. A. auch ein schweizerischer Oberst Centulus, ein Patrizier von hier, sitzt. Die römischen Schweizerregimenter haben sich mit Enthusiasmus für die Sache des römischen Volkes erklärt. General Latour, ihr Kommandant, lag krank, als man den Einmarsch der Oesterreicher erfuhr. Er ließ sich sofort von zwei Soldaten nach dem Regierungspalast tragen, um dort zu erklären, daß man über seinen Arm zur Vertheidigung des Vaterlandes gegen die Barbaren verfügen möge. Diese Nachricht hat hier unendlichen Jubel erregt. Der größte Theil des schweizerischen Volkes war darüber erbittert, daß die Schweizerregimenter von Neapel und Rom nicht wegberufen wurden; die Einen aus Sympathie für die Italiener, die Andern aus Furcht vor der Rache, welche das Nachbarvolk nach seinem Siege an ihnen nehmen würde. Die Volksvereine schickten Adressen über Adressen an den Bundesrath, um ihn zu energischen Maßregeln zu bewegen. Dieser aber erklärte unterm 23. Febr., daß die Militär-Kapitulationen nicht Sache der Bundesbehörden seien, sondern in das Gebiet der Kantonalsouveränetät fielen; trotzdem daß der Art. 11 der Bundesverfassung diese Angelegenheit dem Bunde überweis't. Der Bundesrath wird überhaupt seiner Mehrheit nach Tag für Tag feiger und niederträchtiger, und es stellt sich immer mehr die Nothwendigkeit heraus, daß die Schweizer den Herren Furrer, Ochsenbein und Consorten den längstverdienten Fußtritt geben. Die Hetzjagden, welche diese Centralpolizeibedienten Oesterreichs und ihre Agenten, der Neutralitätsvoyageur Steiger und Comp., gegen die deutschen und italienischen Flüchtlinge unternehmen, dauern noch immer fort.</p> <p>Lombarden, welche mit piemontesischen Pässen kommen, werden fortgeschickt, trotzdem daß Gioberti schon mehrere Male ernstliche Protestationen gegen ein solches Verfahren, das nicht nur der Humanität, sondern sogar dem alten Völkerrecht zuwider ist, eingelegt hat. Die Herren Bundesräthe verlangen es oft gar, daß die Lombarden ihre Pässe bei'm Radetzki holen. Der deutschen Flüchtlinge gedenkt man auch mit erfreulicher Sorgsamkeit. In Schaffhausen ist ein Badenser, Namens Willmann, angesessen. Er hat sich seit dem Hecker'schen Zuge an keinem revolutionären Unternehmen betheiligt. Der Bundesrath hat seine Ausweisung verlangt, aber die Behörden des Kantons weigern sich, diesem schmachvollen Befehle nachzukommen. Für solche Bubenstreiche — denn mit einem anständigeren Namen kann man diese Plackereien und Verfolgungen nicht bezeichnen — erhält aber der Bundesrath auch die Genugthuung, daß der russische Gesandte demnächst wieder seinen Einzug in die Bundesstadt halten wird. In der That, die Schweiz mag bei Zeiten die Mehrheit des Bundesrathes und die ganze Zürcherische Politik zum Teufel schicken; sie könnte sonst schlecht fahren. Ergreift sie in dem jetzigen Entscheidungskampfe zwischen dem Westen und Osten keine revolutionäre Rolle, so darf sie sich nicht darüber wundern, wenn die Sieger die zwei und zwanzig Kantone mit den Kroaten und Slovaken in eine Klasse werfen. Die Schweiz hat dann sich ebensowenig auf ihre fünfhundertjährige Republik zu berufen, wie unsere deutschen Matthy's und anderes Unterstaatssekretariatsgesindel auf früheres liberales Benehmen, das sie vor dem Galgen gewiß nicht schützen wird. Die Schweiz mag sich daran erinnern, daß sie ein kleines, wenig bevölkertes Land ist, daß ihre Industrie auf einer sehr niedrigen Stufe steht, daß sie, was Bildung und Aufklärung anbetrifft, unendlich hinter den größern, civilisirten Nationen zurückgeblieben ist. Es bedarf großer revolutionärer Energie, will dieses Volk in dem großen Scheidungsprozesse' der Gegenwart seine Selbstständigkeit beibehalten. Schon jetzt heulen die reaktionären Blätter, wie die „Neue Schweiz“, darüber, daß die Einigkeit Italien's durch Einverleibung Tessin's das Gebiet der Schweiz verkleinern werde. Deßhalb wird dem Bundesrathe die Weisung gegeben, die römische Republik nicht anzuerkennen. Diese hat den biedern Bundesrath dagegen von ihrer Konstituirung einfach <hi rendition="#g">durch einen Abdruck des betreffenden Dekrets, in einen Kreuzband gepackt,</hi> benachrichtigt. Ein offenkundigerer diplomatischer Fußtritt läßt sich nicht leicht denken. Um diese Artigkeit zu vergelten, ruft die Neue Zürcher Zeitung, das Organ des Bundespräsidenten der schweizerischen Auslandspartei, zu: <hi rendition="#g">Nehmt Euch in Acht vor der italienischen Politik.</hi> Diese saubere Zeitung rechtfertigt die Brutalitäten gegen die italienischen Flüchtlinge damit, daß Gioberti selbst kein Republikaner sei und die piemontesische Armee nie für republikanische Neuerungen kämpfen werde!!</p> <p>Das in Biel erscheinende Wochenblatt, die <hi rendition="#g">Evolution,</hi> von Becker redigirt, bekannt durch die Verfolgungen, mit welchen es vom Bundesrathe beehrt wurde, enthält in den letzten Nummern Artikel von Karl Heinzen, betitelt „der Mord“, welche bedenkliche Anzeichen über den Gesundheitszustand des Verfassers enthalten. Auf jeder Seite kommen viele Dutzend Male die Worte: Mord, Gift, Dolch, Blut, Vernichtung und andere kraftgeschwollene Phrasen vor. Die ganze Demokratie besteht nach Heinzen in der Mordkunst. Wörtlich äußert er sich, daß einige gutgeführte Dolchstiche und etwas Knallsilber den Gang der ganzen Weltgeschichte ändern, die ganze Welt frei und glücklich machen könnten. Man sieht, daß Heinzen sich die Sache sehr leicht macht. Dies ist wieder nun ein neuer Beweis, wenn man noch Beweise für eine allbekannte Thatsache nöthig hat, daß Heinzen die Bewegung der Gegenwart nicht im Mindesten versteht. Mit etwas Knallsilber ist die ganze soziale Frage gelöst. Schade nur, daß Heinzen seiner gewaltigen Mordlust in den badischen Aufständen, namentlich zu den Zeiten der glorreichen Republik Schusterinsel, sorgsam Zügel angelegt hat.</p> <p>In Bern hat sich eine freie Gemeinde gebildet, deren Standpunkt dadurch charakterisirt ist, daß sie die religiöse Freiheit als Freiheit von aller Religion versteht. Die Schweiz ist in religiöser Beziehung so sehr zurück, daß ein solches Unternehmen, in Deutschland vormärzlich, hier noch zeitgemäß ist. Die Artikel 41 und 44 der Bundesverfassung garantiren die Ausübung des Gottesdienstes und die Bürger- und Heimathsrechte nur der „<hi rendition="#g">anerkannten christlichen Konfessionen.</hi>“ Deshalb wird der Bundesrath gewiß bald gegen die freie Gemeinde einschreiten.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar237_025" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, den 1. März.</head> <p>In dem „Courier de la Gironde“. diesem getreuen Spiegel der Bordeauxer Kaufmannschaft, befindet sich folgende Denunciation der deutschen Demokraten: „Die Schwärmer in Berlin, Wien und andern Orten Deutschlands,“ heißt es, „verstehen sich sehr schön mit unsern französischen Gesellschaftsverheerern, aber wir hoffen, daß die respektiven Behörden der <hi rendition="#g">Brut</hi> jenseit wie diesseit des Rheines bald ein Ende machen werde.“ Die zarte Aufmerksamkeit des Schurkenblatts auf das was im fernen Deutschland passirt, erklärt sich zum Theil durch den Einfluß der reaktionären deutschen Kaufleute. Im lyoner „Republicain“ findet man folgende erbauliche Notiz: „Im Jahre 1793 zitterte die Bordeleser Kaufmannschaft vor Wuth und vor Angst dermaßen, daß sie allen Ernstes den Plan faßte, das Stadtgebiet nebst dem Thurme Corduan der englischen Flotte zu übergeben und nach Hamburger Vorbilde ein Separatrepubliklein mit ganz aristokratischer Wirthschaft zu machen. Hamburg war das Losungswort für diese girondinischen Vaterlandsfeinde. Die damals in der Fremde umherirrend bourbon'sche Königsfamilie sollte dies im Voraus garantiren; Gelder, um den Bürgerkrieg im Westen zu führen, fanden sich mit erfreulicher Geschwindigkeit in der Kasse der angeblich verarmten Herren Banquiers und Kaufleute. Aehnlichen Verrath sannen die Royalisten in Lyon aus, doch bekam's ihnen schlimmer als den Bordelesern; Lyon ward zum warnenden Exempel zu Boden geschmettert, Bordeaux nicht. In Bordeaux erhielt sich sogar die die ehrlose Absicht, unter Englands Kanonenschutz zu treten, dermaßen wach, daß 1814 diese Kaufmannschaft dem General Wellington die Stadt geradezu anbot; der Britte erstaunte über diese ungeheure Niederträchtigkeit und fürchtete darunter eine Falle. Endlich überzeugte er sich von der Ehrlichkeit der treffliichen Bordeleser. Im Jahre 1793 hing es an einem Härchen und diese Herren hätten die Stadt an England verkauft, wie sie Toulon wirklich verschacherten. Die Patrioten, die Jakobiner, waren zu Bordeaux in der Minderheit. Die Volksfeinde warteten nur auf eine Gelegenheit, die englischen Kriegsschiffe den Strom hinauf zu bringen. Da alle Vernunftgründe scheiterten, mußte der Konvent zur Gewalt greifen und die Deputirten Ifabeau und Baudot reisten von Paris hin, um nöthigenfalls mit diesen eigensinnigen Schacherern, die den Gang einer Weltrevolution stören wollten, umzuspringen, wie der furchtbare Collot d' Herbois mit denen Lyon's bereits verfahren hatte. Es ist nöthig, sich dieser großen Konflicte gerade jetzt zu erinnern, damit die Enkel der gewaltigen Jakobiner lernen, wie die mnthigen Väter sich benommen; die Girondiner wollen, scheint es, durchaus wieder jene Zeit heraufbeschwören.‥ Ehe die Deputirten des Nationalkonvents die Stadt in Grund und Boden schmetterten, wollten sie noch ein letztes Mal die Güte versuchen. Sie betraten ganz allein, alle Gefahr verachtend, nur mit einem Dienstboten in einer Postkutsche, die Rebellenstadt und wurden sofort unter maßlosem Drohungsgeheul und Schwenken der Messer und Säbel nach dem Stadthause geschleppt. Hier eilte Baudot sogleich auf den Präsidentenstuhl zu und rief: „Ich nehme Besitz hievon als Abgesandter des Konvents.“ Weiter konnte er nicht reden. Man riß ihn fort und in den Kerker, wo die Wache durch Singen, Fluchen und fortgesetztes Anschlagen der Gewehrkolben an die Bretterwand die beiden Gefangenen am Schlafe während der ganzen Nacht zu hindern beordert war. Am Morgen durfte ihnen Gepäck und Speise aus dem Gasthause gebracht werden; die Frau des Wirths, eines erprobten Republikaners, gab ihnen in einer Tasse Bouillon einen Zettel mit der Warnung, beim Wegreisen eine gewisse Straße zu meiden, denn in ihr würde man sie zu ermorden suchen. Vorher holte man sie nochmals aufs Stadthaus und wollte sie zur Unterzeichnung eines Befehls zwingen, der im Namen des Konvents der Stadt den Einlaß von Getreideschiffen erlaubte. Sie weigerten sich natürlich. Seltsam genug kündigte man ihnen an, daß, sie könnten abreisen. ‥ und lud sie ein, ihren bereits gepackten Postwagen, der mit 6 Pferden bespannt war, zu besteigen. Das kam ihnen verdächtig vor. Sie bestellten die Postillone an das Thor und gingen einen andern Weg zu Fuß. Alles blieb still, nur schien diese Maßregel ihre Führer sehr zu ärgern. Glücklicherweise kannten Beide selbst die Straßen der Stadt vollkommen genau und kamen bis auf einige hundert Schritte an das Thor, wo sie den Postwagen hinbeordert hatten. Da wurde heftig auf den leeren Wagen geschlossen, die republikanischen Kutscher aber jagten im Gallop weiter, die Deputirten sprangen hinein und so wurden sie durch die Schnelligkeit der Pferde und durch den Muth der Postillone gerettet, deren jeder Hieb- und Schußwunden erhalten hatte. Ja Einer dieser Braven hatte einen Säbelhieb in die Ferse bekommen, so daß sie fast vom Fuße abgetrennt war; trotz dem blieb er im Sattel und sprengte bis zum nächsten Pferdewrchsel; dort sank er nieder. Der Konvent dekretirte, daß dieser Postillon um die Republik sich verdient gemacht und fortan 400 Frs. Jahresrente zu beziehen habe. Die Abgesandten hatten sich aber auch mit Muth benommen; als z. B. Dicht am Thore das Schießen losging, hatten sie sogleich blank gezogen und zwei ihrer Begleiter am Kragen packend, mit sich fortgeschleift; hierdurch hatten sie so imponirt, daß man sie wenigstens ihre Kutsche errreichen ließ.“ Wir sehen, wie man es mit diesem reaktionären Rebellenpack zu machen hat.</p> <p>Die Bankette zum Andenken der Februartage in Lyon waren sehr großartig. Man toastete auf Italien, Völkerbefreiung, Deutschland. B. Grinand: „auf den Genius der Revolution! Erhebt Euch, Söhne des alten (ja wohl!) Deutschlands, jagt fort Eure Tyrannen, brecht endlich diese Aristokratie, die Euch bedrückt mit ihren Herrenschlössern und Privilegien. Zerschlagt das dreifache Joch des Königthums, des Priesterthums, des Kapitals. Völker Italiens, gebt ein Echo der Stimme, die vom Tiberfluß bis zu dem Palmenhaine Palermo's schallt; auf und tretet nieder das Gebäu der alten Welt, laßt nicht Stein auf Stein, peitscht von hinnen die viehischen Schwertträger einer mit Infamie besudelten Staatsgewalt.… Deutsche, Italiener! <hi rendition="#g">schwingt Euch voran in die Bahnen der Zukunft und helft dem französischen Volke die Welt retten.</hi> Und ihr, französische Mitbürger! Muth! Muth! Muth! was vermag am Ende all dies Dräuen der Renommisten und Despotenknechte, der Donquixoten der Reaktion, (der Bugeaud und Consorten) die, sobald das Volk die Revolutionsschlacht kämpft, hurtig ausreißen und den Mann fallen lassen, der sie zu seinem Schutz bezahlt hatte Lassen wir sie bei Seite rasen, alle diese Nachahmer des Marschall Bouillé des Jahres 1792, alle diese Tieger, die ohne Mitleid die Knechtung des Vaterlandes vorbereiten. Der Tag naht, o meine lieben Mitbürger, wo der Rachegenius der Revolutionen erscheint, mit den unvergänglichen Wagschaalen in den Händen, um zu wägen die Thaten und Missethaten der Menschen; und dann wird es heißen: zurück Ihr, die Ihr vom Raube Euch mästet. ‥‥ zurück — Achtung vor der Justiz des Volks!“ Während das Ministerium das Jahresfest nur durch eine Todtenmesse begangen wissen wollte (die Pfaffen weigerten sich sogar an vielen Stellen, selbst ein Te Deum zu singen; der von Choisy war nicht dazu zu bringen, und sagte den Einwohnern, die ihn dreimal darum angingen: „der hochedle Herr Erzbischof von Paris hat uns verboten für die Revolution zu singen“ und während die Journale der bordeleser Kaufleute, <hi rendition="#g">mit Trauerrande erschienen,</hi> feierten die Socialdemokraten Lyon's unter den geladenen Kanonen des Gensd'armen Bugeaud-Windischgrätz ein herrliches Fest. Dörfer hatten Abgesandte geschickt; manche Bauern sprachen revolutionärer als man je gehofft. Der Marschall Bugeaud hatte 20,000 Soldaten unter's Gewehr gerufen. Die Reaktion ist in Toulouse, Agen, Auch, Uzes sehr keck, seit Herr Faucher den Freiheitspappeln daselbst die rothe Mütze abgezogen. Die Nationalgarde hat bereits in einzelnen Bataillons daselbst <hi rendition="#g">aufgelöst</hi> werden müssen. In dem Städtchen Uzes an der Rhone, unsern Avignon, ist, wie von uns neulich mitgetheilt ward, die Sprache der Jesuiten und Königsanbeter wahnwitzig, wie 1815, 1814 und 1795; die Resultate lassen bereits nicht auf sich warten und am Karnevalsdienstag führte ein die Republik verhöhnender Maskenzug Szenen auf, die ohne das Einschreiten dreier Bürgerwehroffiziere, obschon heftiger Legitimisten, mit dem Bartholomäusabschlachten der demokratischen Männer, Frauen, Mädchen und Knaben des Orts geendigt hätten, wie in jenen gebenedeiten Jahren des weißen Terrorismus. Die schwangere Gemahlin eines demokratischen Chefs ward furchtbar auf offener Straße, bei hellem Mittage, gemißhandelt. Ein 16jähriges Mädchen desgleichen. Das Kaffeehaus der Republikaner ward zwei Tage hintereinander von der Bande belagert, gestürmt, demolirt. Mit Billardstöcken zuerst zurückgeschlagen, kam sie alsbald mit Aexten und doppelläufigen Jagdbüchsen und Steinen wieder. Wer etwas die Dinge im Süden kennt, versteht was die Notiz der Journale sagen will: „diese 3-400 Mordgesellen, nebst ihren Weibsleuten, trugen ganz weiße Kleider“; dies beweist, daß sie zu einer religiösen Brüderschaft gehörten, und wie sie 8 Tage vorher Lieder plärrend in weißen Bußröcken Umzug gehalten, so machten sie jetzt einen Feldzug gegen die ihren Beichtvätern und Bezahlern mißliebigen Personen. Sie tanzen bereits wieder die Farandolen oder Schlangentänze, in einer ungeheuren, wilden Kette durch die ganze Stadt; und das ist seit Jahrhunderten im französischen Süden ein Vorspiel zu baldigen religiös-politischen Todtentänzen. Mit dem ausgelassensten Jubel rasen diese Brüderschaftler als Farandolisten des Morgens, und Abends stürzen sie mit dem berüchtigten Geheul „su su, saru saru“ vor die Häuser der von den legitimistischen Häuptlingen auf die Liste geschriebenen Volksfreunde, demoliren und morden. Auch stehlen sie dabei gern, zumal wenn der von Brüderchen Leon Faucher kürzlich eingesetzte Unterpräfekt an beiden Tagen fortwährend erklärt: „was soll ich dagegen thun?“ ich kann nichts;“ und wenn der Präfekt schließlich acht der am ärgsten bedrohten, verwundeten, in ihrer Habe am meisten beschädigten Demokraten, in's Loch wirft, wie dies zum sprachlosen Erstaunen der pariser Volkspresse geschehen. „Es geht in Uzes auf ein Haar jetzt wie 1815; „es ist dies wieder das Vorspiel zum Bartholomäusfest“ sagte mir eine Dame die aus dem Languedoc kommt.</p> <p>In Toulouse ist, laut so eben einlaufender Depesche, nochmals Blut geflossen unter dem Rufe: „Es lebe die social-demokratische Republik.“ Die dortige Garnison hat nicht genug eingehauen, sie ist „schon vom Gift der Revolution halb angesteckt“. Die Garnison zu Paris wird wieder gewechselt, denn Changarnier erklärte gestern: das Heer werde immer schwieriger und das Mittel, die Garnisonen zu wechseln, scheine ihm kaum auf die Länge ausführbar. Viele Nationalgardenoffiziere interpelliren General Rulhieres über sein brüskes Sprengen der Toulouser, und nicht Reorganisiren der lyoner Bürgerwehr, auch ist zu erwähnen, daß die Zahl der <hi rendition="#g">uniformirten</hi> Bürgerwehroffiziere auf den social-demokratischen Banketten der letzten 14 Tage sehr wächst. So eben treiben 150 Soldaten vor meinen Augen 350 Blousenmänner und Frauen auf die Präfektur in den Kerker; weshalb ??? —</p> </div> <div xml:id="ar237_026" type="jArticle"> <head>Paris, 1. März.</head> <p>Die Posten aus Rom vom 19. und 20., Florenz vom 22. und 23., Turin vom 25. Febr. sind heute in Paris nicht eingetroffen.</p> <p>Uebrigens ruft der Einfall der Oestreicher in Ferrara hier die größte Entrüstung hervor. Man erklärt ihn allgemein für einen Akt der Barbarrei, der selbst der „guten Sache“ (der Reaktion) schade.</p> <p>Die indifferenten Beobachter meinen, es müsse schrecklich um die östreichischen Finanzen in Italien stehen, weil Radetzki zu solchen Prellereien seine Zuflucht nehme.</p> <p> <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref> </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1308/0004]
sich glücklich, sich in Mitten Eurer, die Ihr vom Volk mit Ausübung seiner unverjährbaren Souveränetät beauftragt seid, zu befinden.
Bürger-Repräsentanten!
Die Aufgabe des Triumvirats bestand in der Vertheidigung Venedigs gegen die Angriffe des Feindes und in der Aufrechthaltung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung. Seine Bemühungen bei den großen vermittelnden Mächten und die brüderlichen Beziehungen zu Piemont haben die Aufhebung der Blockade von der Seeseite zur Folge gehabt. Die Vermehrung der Land- und Seemacht und die wohl vertheidigten Fortifikationen machten und machen unsern Widerstand dem Feinde furchtbarer. Die Vaterlandsliebe hat sich der erschöpften Finanzen in reichlichen Beiträgen angenommen.
Die Opfer jeder Art, welche von allen Klassen der Staatsbürger gebracht werden, hat Venedig die Bewunderung Europa's verschafft: Ganz Italien segnet Venedigs Namen. Völkerschaften und Regierungen haben uns ihre Zuneigung und ihren Beistand zu Theil werden lassen.“
Schweiz. 43 Bern, 27. Febr. Die Spannung und Erbitterung zwischen der radikalen und der herrschenden Partei wird hier, wie überall, von Tag zu Tag größer, und gibt sich in den heftigsten persönlichen Streitigkeiten kund. Nach der Berufung von Lohbauer wurde die Guckkastenangelegenheit von den öffentlichen Blättern mit aller Leidenschaftlichkeit besprochen. Neuerdings ist die Berner Zeitung mit schwerem Geschütz gegen Patriziat und gesinnungsverwandtes Bürgerthum aufgetreten. Aus den letzten Verhandlungen des Großen Rathes ist bekannt, wie ein gewisser Fueter, Großrath und Nationalrath, als Führer der Konservativen mit den lächerlichsten Schmähungen und Verdächtigungen die Verwaltung des sehr radikalen Finanzdirektors Stämpfli angriff. In diesen Verleumdungen warf Herr Fueter so viel mit Redlichkeit und Ehrlichkeit um sich her, daß die radikale Partei es angemessen fand, die „Ehrlichkeit“ des Herrn Fueter und seiner Partei näher zu beleuchten. Die Berner Zeitung fing diese Beleuchtung damit an, daß sie eine Menge Unterschleife aufdeckte, welche Fueter's Vater, gewesener Münzmeister des Kantons zur Zeit der Helvetik, sich zu Schulden kommen ließ, und die die Grundlage des ungeheuren Fueter'schen Vermögens bildeten. Man forderte die „Ehrlichkeit“ des Herrn Fueter auf, dem Staate die entwendeten und noch im Besitze der Familie Fueter befindlichen Summen zurückzuerstatten. Dazu fand sich aber natürlich der „Ehrliche“ nicht veranlaßt, sondern begnügte sich, Herrn Stämpfli einen „Schuft,“ einen „infamen Todtengräber“ zu nennen, der in den Eingeweiden der Gräber herumwühle. — Ein Seitenstück zu diesem Skandal gibt die heutige Berner Zeitung in einem Angriff auf Herrn von Tillier, Präsidenten des Großen Rathes. In dem Prozesse Mortier, welcher am 19. Febr. vor dem pariser Appellationshof verhandelt wurde, sprach sich Graf Mortier, früher französischer Gesandte in der Schweiz, über Tillier (nach der „Gazette des Tribunaux“) folgendermaßen aus: „Herr von Tillier ist ein alter Patrizier von angesehener Familie. Er hatte unter der revolutionären und demokratischen Regierung Dienste genommen; aber er behielt alle Vorurtheile seiner Kaste. Die, welche ihn aufgenommen hatten, betrachteten ihn als Renegaten; — — — Herr von Tillier fand es sehr übel, daß durch meine Vermittelung Frankreich der Schweiz zur Herstellung einiger Klöster nicht den Krieg mache. Will man den Beweis dafür? In mehreren Briefen vom Mai 1846 beim Beginn der Entstehung des Sonderbundes, bat mich Tillier, von Herrn Guizot die bewaffnete Intervention Frankreichs zu verlangen.“ Im Mai 1846 war Tillier noch Regierungsrath, und das Anrufen fremder Intervention war also ein doppeltes Verbrechen. Durch diese Veröffentlichung ist wiederum ein Haupt der Konservativen in den Abgrund geschleudert. Daß das Volk sich entschiedener, wie je, den Radikalen zuwendet, ist bei solchen Enthüllungen sehr erklärlich. Die neuesten Nachrichten aus Italien tragen auch dazu bei, daß patrizische und neutrale Volksverräther den Kopf bedeutend hängen lassen. In Turin ist Gioberti vom Volke, das die Sendung von 20,000 Soldaten nach Toskana erfuhr, gezwungen worden, seine Entlassung zu nehmen, und die Truppen mußten zurückkehren. Bologna hat sich auf die Nachricht vom Anrücken der österreichischen Horden in Vertheidigungszustand gesetzt und einen Sicherheitsausschuß ernannt, in welchem u. A. auch ein schweizerischer Oberst Centulus, ein Patrizier von hier, sitzt. Die römischen Schweizerregimenter haben sich mit Enthusiasmus für die Sache des römischen Volkes erklärt. General Latour, ihr Kommandant, lag krank, als man den Einmarsch der Oesterreicher erfuhr. Er ließ sich sofort von zwei Soldaten nach dem Regierungspalast tragen, um dort zu erklären, daß man über seinen Arm zur Vertheidigung des Vaterlandes gegen die Barbaren verfügen möge. Diese Nachricht hat hier unendlichen Jubel erregt. Der größte Theil des schweizerischen Volkes war darüber erbittert, daß die Schweizerregimenter von Neapel und Rom nicht wegberufen wurden; die Einen aus Sympathie für die Italiener, die Andern aus Furcht vor der Rache, welche das Nachbarvolk nach seinem Siege an ihnen nehmen würde. Die Volksvereine schickten Adressen über Adressen an den Bundesrath, um ihn zu energischen Maßregeln zu bewegen. Dieser aber erklärte unterm 23. Febr., daß die Militär-Kapitulationen nicht Sache der Bundesbehörden seien, sondern in das Gebiet der Kantonalsouveränetät fielen; trotzdem daß der Art. 11 der Bundesverfassung diese Angelegenheit dem Bunde überweis't. Der Bundesrath wird überhaupt seiner Mehrheit nach Tag für Tag feiger und niederträchtiger, und es stellt sich immer mehr die Nothwendigkeit heraus, daß die Schweizer den Herren Furrer, Ochsenbein und Consorten den längstverdienten Fußtritt geben. Die Hetzjagden, welche diese Centralpolizeibedienten Oesterreichs und ihre Agenten, der Neutralitätsvoyageur Steiger und Comp., gegen die deutschen und italienischen Flüchtlinge unternehmen, dauern noch immer fort.
Lombarden, welche mit piemontesischen Pässen kommen, werden fortgeschickt, trotzdem daß Gioberti schon mehrere Male ernstliche Protestationen gegen ein solches Verfahren, das nicht nur der Humanität, sondern sogar dem alten Völkerrecht zuwider ist, eingelegt hat. Die Herren Bundesräthe verlangen es oft gar, daß die Lombarden ihre Pässe bei'm Radetzki holen. Der deutschen Flüchtlinge gedenkt man auch mit erfreulicher Sorgsamkeit. In Schaffhausen ist ein Badenser, Namens Willmann, angesessen. Er hat sich seit dem Hecker'schen Zuge an keinem revolutionären Unternehmen betheiligt. Der Bundesrath hat seine Ausweisung verlangt, aber die Behörden des Kantons weigern sich, diesem schmachvollen Befehle nachzukommen. Für solche Bubenstreiche — denn mit einem anständigeren Namen kann man diese Plackereien und Verfolgungen nicht bezeichnen — erhält aber der Bundesrath auch die Genugthuung, daß der russische Gesandte demnächst wieder seinen Einzug in die Bundesstadt halten wird. In der That, die Schweiz mag bei Zeiten die Mehrheit des Bundesrathes und die ganze Zürcherische Politik zum Teufel schicken; sie könnte sonst schlecht fahren. Ergreift sie in dem jetzigen Entscheidungskampfe zwischen dem Westen und Osten keine revolutionäre Rolle, so darf sie sich nicht darüber wundern, wenn die Sieger die zwei und zwanzig Kantone mit den Kroaten und Slovaken in eine Klasse werfen. Die Schweiz hat dann sich ebensowenig auf ihre fünfhundertjährige Republik zu berufen, wie unsere deutschen Matthy's und anderes Unterstaatssekretariatsgesindel auf früheres liberales Benehmen, das sie vor dem Galgen gewiß nicht schützen wird. Die Schweiz mag sich daran erinnern, daß sie ein kleines, wenig bevölkertes Land ist, daß ihre Industrie auf einer sehr niedrigen Stufe steht, daß sie, was Bildung und Aufklärung anbetrifft, unendlich hinter den größern, civilisirten Nationen zurückgeblieben ist. Es bedarf großer revolutionärer Energie, will dieses Volk in dem großen Scheidungsprozesse' der Gegenwart seine Selbstständigkeit beibehalten. Schon jetzt heulen die reaktionären Blätter, wie die „Neue Schweiz“, darüber, daß die Einigkeit Italien's durch Einverleibung Tessin's das Gebiet der Schweiz verkleinern werde. Deßhalb wird dem Bundesrathe die Weisung gegeben, die römische Republik nicht anzuerkennen. Diese hat den biedern Bundesrath dagegen von ihrer Konstituirung einfach durch einen Abdruck des betreffenden Dekrets, in einen Kreuzband gepackt, benachrichtigt. Ein offenkundigerer diplomatischer Fußtritt läßt sich nicht leicht denken. Um diese Artigkeit zu vergelten, ruft die Neue Zürcher Zeitung, das Organ des Bundespräsidenten der schweizerischen Auslandspartei, zu: Nehmt Euch in Acht vor der italienischen Politik. Diese saubere Zeitung rechtfertigt die Brutalitäten gegen die italienischen Flüchtlinge damit, daß Gioberti selbst kein Republikaner sei und die piemontesische Armee nie für republikanische Neuerungen kämpfen werde!!
Das in Biel erscheinende Wochenblatt, die Evolution, von Becker redigirt, bekannt durch die Verfolgungen, mit welchen es vom Bundesrathe beehrt wurde, enthält in den letzten Nummern Artikel von Karl Heinzen, betitelt „der Mord“, welche bedenkliche Anzeichen über den Gesundheitszustand des Verfassers enthalten. Auf jeder Seite kommen viele Dutzend Male die Worte: Mord, Gift, Dolch, Blut, Vernichtung und andere kraftgeschwollene Phrasen vor. Die ganze Demokratie besteht nach Heinzen in der Mordkunst. Wörtlich äußert er sich, daß einige gutgeführte Dolchstiche und etwas Knallsilber den Gang der ganzen Weltgeschichte ändern, die ganze Welt frei und glücklich machen könnten. Man sieht, daß Heinzen sich die Sache sehr leicht macht. Dies ist wieder nun ein neuer Beweis, wenn man noch Beweise für eine allbekannte Thatsache nöthig hat, daß Heinzen die Bewegung der Gegenwart nicht im Mindesten versteht. Mit etwas Knallsilber ist die ganze soziale Frage gelöst. Schade nur, daß Heinzen seiner gewaltigen Mordlust in den badischen Aufständen, namentlich zu den Zeiten der glorreichen Republik Schusterinsel, sorgsam Zügel angelegt hat.
In Bern hat sich eine freie Gemeinde gebildet, deren Standpunkt dadurch charakterisirt ist, daß sie die religiöse Freiheit als Freiheit von aller Religion versteht. Die Schweiz ist in religiöser Beziehung so sehr zurück, daß ein solches Unternehmen, in Deutschland vormärzlich, hier noch zeitgemäß ist. Die Artikel 41 und 44 der Bundesverfassung garantiren die Ausübung des Gottesdienstes und die Bürger- und Heimathsrechte nur der „anerkannten christlichen Konfessionen.“ Deshalb wird der Bundesrath gewiß bald gegen die freie Gemeinde einschreiten.
Französische Republik. 17 Paris, den 1. März. In dem „Courier de la Gironde“. diesem getreuen Spiegel der Bordeauxer Kaufmannschaft, befindet sich folgende Denunciation der deutschen Demokraten: „Die Schwärmer in Berlin, Wien und andern Orten Deutschlands,“ heißt es, „verstehen sich sehr schön mit unsern französischen Gesellschaftsverheerern, aber wir hoffen, daß die respektiven Behörden der Brut jenseit wie diesseit des Rheines bald ein Ende machen werde.“ Die zarte Aufmerksamkeit des Schurkenblatts auf das was im fernen Deutschland passirt, erklärt sich zum Theil durch den Einfluß der reaktionären deutschen Kaufleute. Im lyoner „Republicain“ findet man folgende erbauliche Notiz: „Im Jahre 1793 zitterte die Bordeleser Kaufmannschaft vor Wuth und vor Angst dermaßen, daß sie allen Ernstes den Plan faßte, das Stadtgebiet nebst dem Thurme Corduan der englischen Flotte zu übergeben und nach Hamburger Vorbilde ein Separatrepubliklein mit ganz aristokratischer Wirthschaft zu machen. Hamburg war das Losungswort für diese girondinischen Vaterlandsfeinde. Die damals in der Fremde umherirrend bourbon'sche Königsfamilie sollte dies im Voraus garantiren; Gelder, um den Bürgerkrieg im Westen zu führen, fanden sich mit erfreulicher Geschwindigkeit in der Kasse der angeblich verarmten Herren Banquiers und Kaufleute. Aehnlichen Verrath sannen die Royalisten in Lyon aus, doch bekam's ihnen schlimmer als den Bordelesern; Lyon ward zum warnenden Exempel zu Boden geschmettert, Bordeaux nicht. In Bordeaux erhielt sich sogar die die ehrlose Absicht, unter Englands Kanonenschutz zu treten, dermaßen wach, daß 1814 diese Kaufmannschaft dem General Wellington die Stadt geradezu anbot; der Britte erstaunte über diese ungeheure Niederträchtigkeit und fürchtete darunter eine Falle. Endlich überzeugte er sich von der Ehrlichkeit der treffliichen Bordeleser. Im Jahre 1793 hing es an einem Härchen und diese Herren hätten die Stadt an England verkauft, wie sie Toulon wirklich verschacherten. Die Patrioten, die Jakobiner, waren zu Bordeaux in der Minderheit. Die Volksfeinde warteten nur auf eine Gelegenheit, die englischen Kriegsschiffe den Strom hinauf zu bringen. Da alle Vernunftgründe scheiterten, mußte der Konvent zur Gewalt greifen und die Deputirten Ifabeau und Baudot reisten von Paris hin, um nöthigenfalls mit diesen eigensinnigen Schacherern, die den Gang einer Weltrevolution stören wollten, umzuspringen, wie der furchtbare Collot d' Herbois mit denen Lyon's bereits verfahren hatte. Es ist nöthig, sich dieser großen Konflicte gerade jetzt zu erinnern, damit die Enkel der gewaltigen Jakobiner lernen, wie die mnthigen Väter sich benommen; die Girondiner wollen, scheint es, durchaus wieder jene Zeit heraufbeschwören.‥ Ehe die Deputirten des Nationalkonvents die Stadt in Grund und Boden schmetterten, wollten sie noch ein letztes Mal die Güte versuchen. Sie betraten ganz allein, alle Gefahr verachtend, nur mit einem Dienstboten in einer Postkutsche, die Rebellenstadt und wurden sofort unter maßlosem Drohungsgeheul und Schwenken der Messer und Säbel nach dem Stadthause geschleppt. Hier eilte Baudot sogleich auf den Präsidentenstuhl zu und rief: „Ich nehme Besitz hievon als Abgesandter des Konvents.“ Weiter konnte er nicht reden. Man riß ihn fort und in den Kerker, wo die Wache durch Singen, Fluchen und fortgesetztes Anschlagen der Gewehrkolben an die Bretterwand die beiden Gefangenen am Schlafe während der ganzen Nacht zu hindern beordert war. Am Morgen durfte ihnen Gepäck und Speise aus dem Gasthause gebracht werden; die Frau des Wirths, eines erprobten Republikaners, gab ihnen in einer Tasse Bouillon einen Zettel mit der Warnung, beim Wegreisen eine gewisse Straße zu meiden, denn in ihr würde man sie zu ermorden suchen. Vorher holte man sie nochmals aufs Stadthaus und wollte sie zur Unterzeichnung eines Befehls zwingen, der im Namen des Konvents der Stadt den Einlaß von Getreideschiffen erlaubte. Sie weigerten sich natürlich. Seltsam genug kündigte man ihnen an, daß, sie könnten abreisen. ‥ und lud sie ein, ihren bereits gepackten Postwagen, der mit 6 Pferden bespannt war, zu besteigen. Das kam ihnen verdächtig vor. Sie bestellten die Postillone an das Thor und gingen einen andern Weg zu Fuß. Alles blieb still, nur schien diese Maßregel ihre Führer sehr zu ärgern. Glücklicherweise kannten Beide selbst die Straßen der Stadt vollkommen genau und kamen bis auf einige hundert Schritte an das Thor, wo sie den Postwagen hinbeordert hatten. Da wurde heftig auf den leeren Wagen geschlossen, die republikanischen Kutscher aber jagten im Gallop weiter, die Deputirten sprangen hinein und so wurden sie durch die Schnelligkeit der Pferde und durch den Muth der Postillone gerettet, deren jeder Hieb- und Schußwunden erhalten hatte. Ja Einer dieser Braven hatte einen Säbelhieb in die Ferse bekommen, so daß sie fast vom Fuße abgetrennt war; trotz dem blieb er im Sattel und sprengte bis zum nächsten Pferdewrchsel; dort sank er nieder. Der Konvent dekretirte, daß dieser Postillon um die Republik sich verdient gemacht und fortan 400 Frs. Jahresrente zu beziehen habe. Die Abgesandten hatten sich aber auch mit Muth benommen; als z. B. Dicht am Thore das Schießen losging, hatten sie sogleich blank gezogen und zwei ihrer Begleiter am Kragen packend, mit sich fortgeschleift; hierdurch hatten sie so imponirt, daß man sie wenigstens ihre Kutsche errreichen ließ.“ Wir sehen, wie man es mit diesem reaktionären Rebellenpack zu machen hat.
Die Bankette zum Andenken der Februartage in Lyon waren sehr großartig. Man toastete auf Italien, Völkerbefreiung, Deutschland. B. Grinand: „auf den Genius der Revolution! Erhebt Euch, Söhne des alten (ja wohl!) Deutschlands, jagt fort Eure Tyrannen, brecht endlich diese Aristokratie, die Euch bedrückt mit ihren Herrenschlössern und Privilegien. Zerschlagt das dreifache Joch des Königthums, des Priesterthums, des Kapitals. Völker Italiens, gebt ein Echo der Stimme, die vom Tiberfluß bis zu dem Palmenhaine Palermo's schallt; auf und tretet nieder das Gebäu der alten Welt, laßt nicht Stein auf Stein, peitscht von hinnen die viehischen Schwertträger einer mit Infamie besudelten Staatsgewalt.… Deutsche, Italiener! schwingt Euch voran in die Bahnen der Zukunft und helft dem französischen Volke die Welt retten. Und ihr, französische Mitbürger! Muth! Muth! Muth! was vermag am Ende all dies Dräuen der Renommisten und Despotenknechte, der Donquixoten der Reaktion, (der Bugeaud und Consorten) die, sobald das Volk die Revolutionsschlacht kämpft, hurtig ausreißen und den Mann fallen lassen, der sie zu seinem Schutz bezahlt hatte Lassen wir sie bei Seite rasen, alle diese Nachahmer des Marschall Bouillé des Jahres 1792, alle diese Tieger, die ohne Mitleid die Knechtung des Vaterlandes vorbereiten. Der Tag naht, o meine lieben Mitbürger, wo der Rachegenius der Revolutionen erscheint, mit den unvergänglichen Wagschaalen in den Händen, um zu wägen die Thaten und Missethaten der Menschen; und dann wird es heißen: zurück Ihr, die Ihr vom Raube Euch mästet. ‥‥ zurück — Achtung vor der Justiz des Volks!“ Während das Ministerium das Jahresfest nur durch eine Todtenmesse begangen wissen wollte (die Pfaffen weigerten sich sogar an vielen Stellen, selbst ein Te Deum zu singen; der von Choisy war nicht dazu zu bringen, und sagte den Einwohnern, die ihn dreimal darum angingen: „der hochedle Herr Erzbischof von Paris hat uns verboten für die Revolution zu singen“ und während die Journale der bordeleser Kaufleute, mit Trauerrande erschienen, feierten die Socialdemokraten Lyon's unter den geladenen Kanonen des Gensd'armen Bugeaud-Windischgrätz ein herrliches Fest. Dörfer hatten Abgesandte geschickt; manche Bauern sprachen revolutionärer als man je gehofft. Der Marschall Bugeaud hatte 20,000 Soldaten unter's Gewehr gerufen. Die Reaktion ist in Toulouse, Agen, Auch, Uzes sehr keck, seit Herr Faucher den Freiheitspappeln daselbst die rothe Mütze abgezogen. Die Nationalgarde hat bereits in einzelnen Bataillons daselbst aufgelöst werden müssen. In dem Städtchen Uzes an der Rhone, unsern Avignon, ist, wie von uns neulich mitgetheilt ward, die Sprache der Jesuiten und Königsanbeter wahnwitzig, wie 1815, 1814 und 1795; die Resultate lassen bereits nicht auf sich warten und am Karnevalsdienstag führte ein die Republik verhöhnender Maskenzug Szenen auf, die ohne das Einschreiten dreier Bürgerwehroffiziere, obschon heftiger Legitimisten, mit dem Bartholomäusabschlachten der demokratischen Männer, Frauen, Mädchen und Knaben des Orts geendigt hätten, wie in jenen gebenedeiten Jahren des weißen Terrorismus. Die schwangere Gemahlin eines demokratischen Chefs ward furchtbar auf offener Straße, bei hellem Mittage, gemißhandelt. Ein 16jähriges Mädchen desgleichen. Das Kaffeehaus der Republikaner ward zwei Tage hintereinander von der Bande belagert, gestürmt, demolirt. Mit Billardstöcken zuerst zurückgeschlagen, kam sie alsbald mit Aexten und doppelläufigen Jagdbüchsen und Steinen wieder. Wer etwas die Dinge im Süden kennt, versteht was die Notiz der Journale sagen will: „diese 3-400 Mordgesellen, nebst ihren Weibsleuten, trugen ganz weiße Kleider“; dies beweist, daß sie zu einer religiösen Brüderschaft gehörten, und wie sie 8 Tage vorher Lieder plärrend in weißen Bußröcken Umzug gehalten, so machten sie jetzt einen Feldzug gegen die ihren Beichtvätern und Bezahlern mißliebigen Personen. Sie tanzen bereits wieder die Farandolen oder Schlangentänze, in einer ungeheuren, wilden Kette durch die ganze Stadt; und das ist seit Jahrhunderten im französischen Süden ein Vorspiel zu baldigen religiös-politischen Todtentänzen. Mit dem ausgelassensten Jubel rasen diese Brüderschaftler als Farandolisten des Morgens, und Abends stürzen sie mit dem berüchtigten Geheul „su su, saru saru“ vor die Häuser der von den legitimistischen Häuptlingen auf die Liste geschriebenen Volksfreunde, demoliren und morden. Auch stehlen sie dabei gern, zumal wenn der von Brüderchen Leon Faucher kürzlich eingesetzte Unterpräfekt an beiden Tagen fortwährend erklärt: „was soll ich dagegen thun?“ ich kann nichts;“ und wenn der Präfekt schließlich acht der am ärgsten bedrohten, verwundeten, in ihrer Habe am meisten beschädigten Demokraten, in's Loch wirft, wie dies zum sprachlosen Erstaunen der pariser Volkspresse geschehen. „Es geht in Uzes auf ein Haar jetzt wie 1815; „es ist dies wieder das Vorspiel zum Bartholomäusfest“ sagte mir eine Dame die aus dem Languedoc kommt.
In Toulouse ist, laut so eben einlaufender Depesche, nochmals Blut geflossen unter dem Rufe: „Es lebe die social-demokratische Republik.“ Die dortige Garnison hat nicht genug eingehauen, sie ist „schon vom Gift der Revolution halb angesteckt“. Die Garnison zu Paris wird wieder gewechselt, denn Changarnier erklärte gestern: das Heer werde immer schwieriger und das Mittel, die Garnisonen zu wechseln, scheine ihm kaum auf die Länge ausführbar. Viele Nationalgardenoffiziere interpelliren General Rulhieres über sein brüskes Sprengen der Toulouser, und nicht Reorganisiren der lyoner Bürgerwehr, auch ist zu erwähnen, daß die Zahl der uniformirten Bürgerwehroffiziere auf den social-demokratischen Banketten der letzten 14 Tage sehr wächst. So eben treiben 150 Soldaten vor meinen Augen 350 Blousenmänner und Frauen auf die Präfektur in den Kerker; weshalb ??? —
Paris, 1. März. Die Posten aus Rom vom 19. und 20., Florenz vom 22. und 23., Turin vom 25. Febr. sind heute in Paris nicht eingetroffen.
Uebrigens ruft der Einfall der Oestreicher in Ferrara hier die größte Entrüstung hervor. Man erklärt ihn allgemein für einen Akt der Barbarrei, der selbst der „guten Sache“ (der Reaktion) schade.
Die indifferenten Beobachter meinen, es müsse schrecklich um die östreichischen Finanzen in Italien stehen, weil Radetzki zu solchen Prellereien seine Zuflucht nehme.
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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