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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 231. Köln, 25. Februar 1849. Beilage.

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Beilage zu Nr. 231 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Sonntag 25. Februar 1849.
[Italien]

Die Regierung denkt vor allen Dingen an die Volksbewaffnung und die Rüstung gegen auswärtige Feinde. Die Bürgergarde, die den Namen Nationalgarde angenommen hat, wird überall vollständig bewaffnet und in mobile und sedentäre abgetheilt; die Mobilgarde wird als erstes Aufgebot ausrücken, die sedentäre Garde wird so organisirt, daß sie eintretenden Falls sofort mobil gemacht werden kann. Damit aber sofort ein zahlreiches und zugleich republikanisch gesinntes Corps an die Grenze rücken könne, werden überall Freiwillige für ein Jahr zum Militärdienst angeworben und besonders die unbeschäftigten Arbeiter aufgefordert, sich einschreiben zu lassen. Eine Million Franken wird den Familien Derer ausgetheilt, die sich im Kriege für die ital. Unabhängigkeit auszeichnen.

Die bisherigen Gesandten Bargagli in Rom und Ganta und Martini beim Kongreß in Brüssel sind abberufen worden. An die Stelle des Letztern ist der Republikaner Frapolli ernannt.

Die Linientruppen sind reorganisirt worden und ein Theil der Offiziere ist durch Demokraten ersetzt.

Dennoch ist das toskanische Volk noch nicht zufrieden mit der Regierung Guerrazzi's. Es verlangt sofortige Proclamirung der Republik, Vereinigung mit Rom und Beseitigung der dadurch überflüssig gemachten besondern Nationalversammlung für Toskana. Wir werden in wenig Tagen die Nachricht haben, daß die Forderungen des tapfern toskanischen Volks durchgesetzt sind. -

In Livorno sind sechzig von Elba in zwei Schiffen ankommende Soldaten von der Nationalgarde zurückgewiesen und die beiden Anführer dieser Deserteure gefangen genommen worden. Auch nach Empoli (zwischen Pisa und Florenz), wo reaktionäre Bestrebungen sich zeigten, sind neue Truppen geschickt. Doch muß selbst das Journal des Debats gestehen, daß die provisorische Regierung seine Reaktionsversuche von Innern her mehr zu fürchten hat.

Der Großherzog ist noch in Porto Santo Steffano; die ganze Maremma ist unter den Waffen gegen ihn, die Wege sind coupirt und trotz des Goldes, das er nach allen Seiten ausstreut, gelingt es ihm nicht sich in diesem armen Lande eine Vendee zu organisiren.

* Rom, 11. Febr.

Sitzung der Constituante. 147 Volksrepräsentanten gegenwärtig. Muzzarelli, bisher Minister der auswärtigen Angelegenheiten, theilt die Depesche des toskanischen Gesandten mit, die die Flucht Leopolds anzeigt, so wie daß Gioberti dem neapolitanischen Gesandten angezeigt habe, er habe Turin zu verlassen (Beifall).

Auf den Vorschlag des Präsidenten werden drei Mitglieder ernannt, um sogleich während der Sitzung eine Adresse an's toskanische Volk zu redigiren (s. R. Rh. Z. v. gestern).

Desgleichen wird eine Commission erwählt, um das Reglement der alten Kammer für die Constituante zu bearbeiten.

Die Debatte kommt nun auf die Form der provisorischen Regierung.

Politi spricht gegen die Präsidentschaft als zu monarchisch, gegen das Konsulat, das antike Tugenden fordere, gegen das bloße Ministerium, das ein Kind der Monarchie und ohne Stabilität sei. Er schlägt das jederzeit absetzbare Triumvirat vor, die die allgemeine Politik des Staats leiten und den Ministern, als ihren Commis, die detaillirte Ausführung überlassen.

Nach einer Debatte, an der Gabussi, Audinot und Bonaparte theil nehmen, wird die aus drei Mitgliedern bestehende Kommission als provisorische Regierung angenommen und Armatelli (139 St), Salicetti (114 St.) und Montecchi (82 St.) zu Mitgliedern derselben gewählt.

Bemerkenswerth ist, daß die beiden ersten, die zugleich die größte Stimmenmehrheit erhielten, die Kandidaten der radikalen, durch den "Tribuno" vertretenen Partei sind.

- Die provis. Regierung hat die weiß-gelbe Kokarde abgeschafft und die grün-weiß-rothe (italiänische) Kokarde dafür eingeführt.

Die Pfaffen intriguiren auf jede Weise gegen die Republik. Am 11. sollte die Geistlichkeit des Vatikans das Tedeum zur Feier der Republik singen und weigerte sich. Die Republikaner waren großmüthig genug, die Herren Pfaffen weiter nicht zu molestiren und das Tedeum durch einen von Soldaten assistirten Feldprediger singen zu lassen. Alle Volksrepräsentanten und eine zahllose Volksmenge waren zugegen.

* Turin, 17. Febr.

Das Ministerium Gioberti ist durch die entschiedene Haltung der öffentlichen Meinung so eingeschüchtert, daß es erklärt hat: er werde weder in Rom noch in Toskana bewaffnet interveniren Cadorna, Minister des öffentl. Unterrichts, hat gestern in der Kammer erklärt, das Kabinet, eifersüchtig auf seinen populären Ursprung, werde seinem Programme treu bleiben. "Ich weiß, es heißt, das Kabinet wolle den Römern ihren Fürsten mit Gewalt wieder aufdrängen. Eine solche Versicherung ist der Politik des Ministeriums diametral entgegengesetzt. Wir haben den Pabst und das Ministerium durch gegenseitige Konzessionen versöhnen wollen; eine andere Politik würde unsern Grundsätzen widerstreiten. Unser Glaubensbekenntniß ist zu klar, als daß wir jemals das Princip der Volkssouveränetät hätten wieder in Zweifel stellen können.

"Unsere Politik ist eine nationale italiänische, und diese haben wir bereits proklamirt, als von der spanischen Intervention die Rede war."

Dieser positiven Erklärung hat der Minister zwar hinzugesetzt, man dürfe den Willen einer Partei nicht mit dem des Volks verwechseln; aber nach so bestimmter Erklärung hat eine solche allgemeine Phrase keinen Sinn. Wenn das Kabinet auf diese Phrasen dennoch eine Intervention stützen wollte, so würde es die Kammer selbst gegen sich aufbringen und sich die einzige Stütze rauben, die ihm noch geblieben.

**

Die Journale aus Florenz und namentlich die Alba vom 15. Februar verlangen dringend die unmittelbare Vereinigung Toskana's mit Rom und die Proklamation der Republik. - Zu Genua soll ein Konflikt stattgefunden haben zwischen den Anhängern der Constituante und ihren Gegnern. Die demokratische Partei soll das Uebergewicht behauptet haben. - Zu Gaeta soll ein geheimes Konsistorium abgehalten werden und die Anrufung der bewaffneten Intervention Oestreich's, Frankreich's, Spanien's und Neapel's, nicht aber Piemont's, beschlossen worden sein. - Mamiani hat seine Entlassung als Mitglied der römischen konstituirenden Versammlung eingereicht. Sie wurde angenommen. - Die römische Versammlung hat in ihrer Sitzung vom 11. Febr. beschlossen, daß das durch den Vollziehungsausschuß ernannte Ministerium verantwortlich ist. - Zanetti ist zum General der Nationalgarde von Florenz ernannt. - Mazzini hat den Titel eines römischen Bürgers erhalten. Man denkt ihn in den Nachwahlen zu wählen. - Die römische Republik schickt an die Regierung der französischen Republik die Bürger Beltrani und Pescantini, um Bande der Brüderlichkeit zwischen den beiden Republiken anzuknüpfen.

Französische Republik.
17 Paris, 22. Febr.

Die ganze demokratische Presse ist einig. Kassirung des Urtels gegen die fünf Tödter des Generals Brea zu fordern; nur die Blätter der Bornirten oder Bourgeoisrepublik wissen nicht recht, was für ein Gesicht sie zu der Sache machen sollen. Der, jetzt monatlich publicirte, "Populaire" Cabet's sagt sehr richtig in der vorgestrigen Nummer: "Nach Art. 5 unserer Constitution ist die Todesstrafe in politischen Dingen abgeschafft; und dieser unsterbliche Artikel wird jetzt gerade von den honetten, gemäßigten Republikanern verletzt und, so zu sagen, auf fürchterliche Weise verhöhnt. Nach einer schleppenden Untersucherei von sieben Monaten treibt man die Angeklagten vor das Kriegsgericht und dieses, auf Wunsch des Hrn. General Marschall Bugeaud, entfernt sorgsam alle und jede Milde, rungsumstände und gelangt so endlich zu dem Resultate, süne Bürger zum Schaffott zu verdammen. Wollte man erwidern das denselben beigelegte Verbrechen sei kein politisches, so mußts man sie nicht vor ein Soldatengericht, nicht vor einen Ausnahmsgerichtshof, sondern vor das ordinäre Assisengericht stellen, welches allein über Mord zu entscheiden hat. Die moderirten, honetten Republikaner erkennen also weder die ewigen Menschheitsgesetze, noch die kürzlich von ihnen selbst gemachte Constitution als heilig an; sie stehen schon unter den Oestreichern, welche die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft haben; unsere Honetten und Moderirten betrachten die Constitution als ein Mittel, das Volk zu knebeln, um es später, entwaffnet und arg verstümmelt, der Gnade des Verschmitztesten und Stärksten zu überantworten." Weiterhin sagt dies Blatt: "Schon kennen unsere Reaktionäre, die verschiedenen Royalistenparteien, keine Grenze in ihrer Frechheit mehr. Sie beherrschen bereits vollständig alle Fächer der Verwaltung, die Magistraturen, das Heer. Beinah auf jedem Dorfe hauen sie die Freiheitspappel um, predigen den Bürgerkrieg mit seinen Entsetzlichkeiten; den Krieg gegen Paris, die Wegkaperung der öffentlichen Kassen. Sie träumen nur noch von Blut und Todtschlag, von Umwerfen der Republik, Niedermetzeln aller Republikaner; so weit schon versteigen sich ihre süßen Hoffnungen. Und wer es nicht glaubt, lese, was diese lorbeerbekränzten Helden der Straße Transnonain deklamiren, z. B. im Saal des Präfekten zu Bourges, vor den Magistratspersonen und Bürgeroffizieren hat der Marschall Bugeaud buchstäblich folgende denkwürdige Worte gesprochen: "Meine Herren, ich pflichte freudig einer Ansicht bei, die sich bereits durch ganz Frankreich von einer Ecke bis in die andere verbreitet hat, nämlich die, daß hinfort die Provinzen nicht mehr die Tyrannei der pariser Faktionen erdulden dürfen, nicht wieder also die Regierungsform annehmen, welche man ihnen etwa von Paris herabschickt. Nichts ist Paris, die Provinzen aber sind Alles." (Und derselbe tollgewordene alte dumme Bluthund soff noch vor 8 Monaten auf Banketts in den Provinzen auf Abschaffung der Kriege; jetzt läßt ihn die windischgrätzliche Gloria nicht schlafen.) "Nein, wir dulden es nimmer wieder, daß eine Handvoll Catilina's, und ich glaube, dieser Name macht Leuten noch viel zu große Ehre, die tief unter Catilina stehen, daß eine Schaar von einigen tausend bösartigen oder verwirrten Köpfen ihren Willen der kolossalen Majorität des Landes aufzwingt." (Wenn nicht nächstens "Vater" Bugeaud, dieser große Biedermann, Gemüthsmensch, Held, Redner, Volksschriftsteller, Arbeitermörder, Marokkobesieger, Runkelrübenbauer und Freund des Landmanns in seinem Departement, einem der dümmsten Notabene, den schwarzen Adlerorden und das Teltower Bürgerrecht kriegt, so liegt die Schuld nicht an ihm.)

Er schäkert weiter: "Eins thut noth, meine Herren, und ganz Frankreich muß es sich merken, und ebenso auch andere Länder: wenn die rothe Republik durch einen Handstreich, und sei's nur einen Tag, eine Stunde lang, die Oberhand bekäme, dann müssen wir Provinzialen schnell die öffentlichen Kassen in Beschlag nehmen, die Eisenbahnen besetzen, die Telegraphen und sonstigen Verbindungen mit Paris abschneiden. Ich bin alsdann auf den ersten Wink bereit, und ich zähle auf Sie, wie Sie auf mich. Ja, meine Herren, gelänge es den Rothen, den Präsidenten zu stürzen ... ich würde mit vier Mann und einem Korporal gegen Paris aufbrechen, und von allen Seiten des Landes kämen hinter mir her alle guten und muthbeseelten Bürger, um die Gesellschaft zu retten." Die Nationalgarde in Lyon bleibt aufgelöst; Ehren-Faucher quakte gestern auf der Tribune, er wage nicht, sie zu reorganisiren, da die sozialen und politischen Zwistigkeiten daselbst gar heftig wucherten. Er löst heute die Artillerie der Bürgerwehr in Dijon auf, als gar zu demokratisch, wie die Pariser, welche seit Juni keine eigenen Kanonen mehr besitzt und vom Kommandanten Changarnier, dem Philippisten, auch aufgelöst wird. Der Corsaire hüpft vor Freuden; es scheint, daß diese Bürger-Artilleriekorps seit 1792 die revolutionäre Gesinnung traditionell sich überliefert haben. Fast alle bedeutenden Klubisten stehen oder standen im ganzen Lande in der Bürgerartillerie. Täglich hagelt es Absetzungen und freiwillig erzwungene Abschiede; z. B. der überaus würdige Prokurator der Republik zu Chalons an der Saone schreibt an den Generalprokurator die scharfen Worte, die, wie eine Mahnung an das nahende Volksgericht, aus der Feder eines herben Juristen hervortönen: "Empört in tiefster Seele über den politischen Gang der Regierung, empört über seine verächtlichen Ränke, seine schamlosen Ausflüchte, aus denen sich sonnenklar seine Absicht ergiebt, die demokratischen Institutionen zu vertilgen, glaube ich, Herr Generalprokurator, länger nicht, ohne meiner Ehre zu schaden, auch nur scheinbar der Helfershelfer so vieler rückschreitender Maßregeln bleiben zu dürfen. Ich lege mein Amt nieder. Ich hatte es empfangen von den Stiftern dieser armen Republik, die heute so grausam verhöhnt, besudelt, geschändet wird. Mit freudigem Stolze hatte ich damals diesen Posten angetreten, entschlossen die hohen Prinzipien von 1789 und von 1848 zu wahren. Aber heute könnte ich es nicht länger, denn in den Augen unserer Regierer wäre das so viel wie Amtsbruch begehen. Deshalb also steige ich herab von meinem Richtersessel, meine Pflicht ruft mich andershin. Hoch lebe die Republik! Inzwischen nehme ich Gelegenheit, Ihnen, mein Herr Generalprokurator, den vollständig ruhigen Zustand unseres Chalons anzuzeigen; die zwei offiziellen Artikel im Moniteur vom 2. und 3. Febr. sind pure Spiegelfechtereien gewesen, die Ihnen durchaus nicht Anstoß geben dürfen. Der Prokurator der Republik, Brysset." So geht denn das Eskamotiren rüstig weiter. Und nach Außen hin ist die s. g. neue katholische Allianz zwischen Spanien, Neapel, Olmütz und der französischen Republik zur Herstellung der päbstlichen Landesherrschaft geschlossen. In Gegenwart dieser Infamie, deren Kolossalität nur der klar erkennt, der die Kardinalstyrannei gesehen, ist die schnell kräftige Wirksamkeit des Todesvereins (associazione del morte) eine Unerläßlichkeit, eine traurige Nothwendigkeit. Der französische Schuft und Sophist Rossi hat verröchelt auf den Plastersteinen Roms; man spricht von zwei Stiletstichen, die der Bombardirkönig bekommen. Wenn ganze Volksmassen, ganze Klassen, ganze Familienreihen, ganze Generationen von einer Handvoll Verrückter oder Spitzbuben im Purpur moralisch, intellectuell und physisch ruinirt werden: was ist dann zu thun? wer da weiß, daß zweimal zwei vier macht, findet vielleicht auch die Antwort." (Pensiero italiano). Der Präsident Bonaparte ist sehr erboßt auf den römischen Bonaparte, der gar zu treu den Republikaner spielt. Der Präsident gebehrdet sich schon wie ein Zaunkönig. Er hat letzthin zu seinem Vetter Pierre, der komisch genug eine Weile als Demokrat galt, gesagt: "wenn die Rothen losbrechen, nehme ich die Kaiserkrone und mache Krieg; wird sie mir dann zu drückend, so trete ich sie den Bourbonen ab und scheide vom Theater der Welt als ein unsterblicher Held." Vorläufig amüsirt er sich noch als "Bürger"; er zeigt aber eine solche Abneigung vor Geschäften, daß jene an Tollheit gränzende Idee an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Seit 8 Tagen ist das wieder ein einziges Tanzen, Bankettiren, Musiciren, Spielen, Zechen und Promeniren; wenn er alle Minister und Ministerinnen bei sich bewirthet hat, läßt er sich der Reihe nach von jedem einladen, und ist das zu Ende, so fängt er wieder von vorn an. Barrot der edle Weise sagte neulich mit dem ihm eigenen Lakonismus: "das macht den Kommerz gehen"; und seine Presse jubelte diesem Salomonsspruche zu. "Auch das frierende, hungernde Volk, durch dessen sechs Millionen Vota er auf den Stuhl erhoben ward, wird wohl sehr jubeln, wenn es die angenehme Neuigkeit hört, daß sein Liebling, sein Herzenssöhnchen, sein Erkorner, der kleine Neffe eines großen Oheims, statt Amnestie und Steuererniedrigung und Abschaffung der neun Sous zu gewähren, mit Madame de Grammont Arm in Arm letzthin durch die warmen Salons spazirt ist und getanzt und stark gespeis't hat." (Voir du Peuple in Marseille).

Mit der ihm eigenthümlichen Holzköpfigkeit hatte er zu einem famosen Balle die sämmtlichen Bürgerwehrobersten, mit Ausnahme des am 29. Januar arretirt gewesenen Obersten Forrestier der 6. Legion, eingeladen; was aber vorher laut ward, und die Obersten der 7. und 11., Professor Quinet und Dauphin, so erbitterte, daß sie ihm sagen ließen, weil Forrestier nicht hingehe, gingen auch sie nicht. Daß übrigens die Bürgerwehr, wo sie als demokratisch jetzt verdächtig wird, durch eine geheime Contrabürgerwehr, unter dem Lumpenproletariat und der goldenen Jugend geworben, in Schach gehalten werden soll, bestätigt sich; so in Dijon, wo die gegen die Republik mitverschwornen Behörden seit 14 Tagen wohlgefällig die geheimen Nachtsitzungen dieser Contrabürgerwehr ansehen; sie steht im innigsten Zusammenhang, oder ist vielmehr identisch, mit der großartigen Ordnungssocietät, die ein allgemeines Bartholomäusabschlachten der Republikanerhäuptlinge in mehreren Blättern des Südens anregte, und z. B. sagte: "Die Pariser dürfen sich sicher nicht über uns beklagen, sie gaben seit vierhundert Jahren öfter Beispiele des Niederhauens der Staats-, Religions- und Ordnungs- oder Gesellschaftsfeinde in Massen. So metzelte die für Burgund gestimmte Fleischerzunft in Paris im zweiten Jahrzehend des fünfzehnten Jahrhunderts an 2000 Armagnacs nebst Weib und Kind auf ein Zeichen nieder. So erschlugen die Gewerke von Paris auf ein Signal an 3000 Hugenotten. So schlug die Revolution von 92, vor der unsere modernen Banditen oder Socialdemokraten (sic!) anbetend auf den Knieen liegen, an 2000 politische Gefangene in den Pariser Kerkern auf ein Zeichen todt." Fiat applicatio ! Das Memorial "der Bordeaux'er Kaufmannschaft" hat bereits ausgerechnet, daß unter den 33 Millionen Franzosen allerhöchstens heute eine halbe Mill. Demokraten existiren, die nach dem demokratischen Grundsatz: "die Majorität muß herrschen - im Zügel gehalten, ja, nöthigenfalls auf einmal unschädlich gemacht werden sollten."

Das Elend des Volkes ist von den zahllosen regierenden Biedermännern und Judassen sorgfältig bemäntelt worden, und sehr unangenehm berührt sie, daß der Befehl der Kammer vom 25. Mai "eine genaue Untersuchung über die industriellen und bäuerlichen Arbeiten anzustellen" im Bezirk Lezouq in dem Cevennengebirge, beim Puy de Dome, ernstlich genommen und ausgeführt worden ist. Der Bericht enthält 29 Fragen und Bescheide; z. B. welche Industrieen könnten wir bei uns entwickeln? - "Die Töpferei, dazu ist der Boden gut, aber wir müßten auch Märkte dafür haben. - Wie steht es bei uns mit der Kleidung, Nahrung und Behausung unserer Arbeiter? Meistens schlecht. - Woher kommt der Verfall der Industrie im Kanton? Aus Kreditmangel, wodurch ein Sinken aller Waare entsteht. - Wie wäre dem aufzuhelfen? Durch Aufthun von Absatzörtern und Vermehren des allgemeinen Wohlergehens durch Kredit. - Wie steht es um die Bildung des Arbeiters? Zwei Menschen unter Einhundert können lesen und schreiben." (Bekanntlich widersetzte sich Hr. Thiers bereits drei Mal, sowohl in den Bureaus als öffentlich, aufs heftigste gegen die Verbreitung der Volksschule, und das Amendement eines Montagnard: "nach sieben Jahren darf nur stimmen, wer lesen und schreiben kann," rief einen Sturm hervor unter diesen edlen Menschenfreunden in der Kammer, die vollkommen witterten, daß, bei fortgeführtem Schlendrian des Volksunterrichts es füglich sich treffen könnte, daß selbst nach sieben Jahren nur die Städteproletarier des Lesens und Schreibens kundig, die Landproletarier mithin, diese vielgeliebten Stützen der heutigen Reaktion, von der Votirurne ausgeschlossen, mithin die Reaktionschefs der Vernichtung überliefert wären. Auch fiel das Amendement durch.)

Weiter heißt es: "Welche Industrie unsres Kantons stört die Gesundheit unsrer Arbeiter? - Der Ackerbau; denn die Ziegelei und Töpferei sind nichts als Anhängsel zu jenem. Der Lohn des Erwachsnen ist zwanzig Sous, der Frau eilf Sous, des Kindes zehn Sous. Die Mittelbauer der Ackerarbeiten ist 260 Tage, also gewinnt im Jahre der Erwachsene 260 Fr., die Frau 143, das Kind 130. Aus Dokumenten die diesem Bericht beiliegen, erhellt daß 300 Fr. das Minimum des Jahresbedarfes sind; es fehlen also 40 Fr. Eine Familie, Mann, Weib, zwei kleine Kinder, braucht wenigstens 500 Fr. Kann die Mutter 260 Tage arbeiten, so macht ihr Lohn mit dem des Vaters 403 Fr. 17 Sous; es fehlen 95 Fr. 15 Sous.

Wir erklären, daß dieses materielle und geistige Elend nicht länger währen darf. Lezoux, 21. Jan. 1849." (Folgen die Unterschriften). Wahrlich, diese Februarrepublik, die sich eine "demokratische" offiziell nennt, hat etwas so Gespenstiges bekommen, daß der Volksvertreter Pierre Lefranc völlig recht hat, wenn er in seinem vielgelesenen Gedichte, "eine Schattenrepublik," sagt: "Werthe Freunde, die ihr nicht an Magnetismus glaubt, hört die wunderliche Geschichte, die mir gestern begegnete. Meister Leon Faucher

Beilage zu Nr. 231 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Sonntag 25. Februar 1849.
[Italien]

Die Regierung denkt vor allen Dingen an die Volksbewaffnung und die Rüstung gegen auswärtige Feinde. Die Bürgergarde, die den Namen Nationalgarde angenommen hat, wird überall vollständig bewaffnet und in mobile und sedentäre abgetheilt; die Mobilgarde wird als erstes Aufgebot ausrücken, die sedentäre Garde wird so organisirt, daß sie eintretenden Falls sofort mobil gemacht werden kann. Damit aber sofort ein zahlreiches und zugleich republikanisch gesinntes Corps an die Grenze rücken könne, werden überall Freiwillige für ein Jahr zum Militärdienst angeworben und besonders die unbeschäftigten Arbeiter aufgefordert, sich einschreiben zu lassen. Eine Million Franken wird den Familien Derer ausgetheilt, die sich im Kriege für die ital. Unabhängigkeit auszeichnen.

Die bisherigen Gesandten Bargagli in Rom und Ganta und Martini beim Kongreß in Brüssel sind abberufen worden. An die Stelle des Letztern ist der Republikaner Frapolli ernannt.

Die Linientruppen sind reorganisirt worden und ein Theil der Offiziere ist durch Demokraten ersetzt.

Dennoch ist das toskanische Volk noch nicht zufrieden mit der Regierung Guerrazzi's. Es verlangt sofortige Proclamirung der Republik, Vereinigung mit Rom und Beseitigung der dadurch überflüssig gemachten besondern Nationalversammlung für Toskana. Wir werden in wenig Tagen die Nachricht haben, daß die Forderungen des tapfern toskanischen Volks durchgesetzt sind. ‒

In Livorno sind sechzig von Elba in zwei Schiffen ankommende Soldaten von der Nationalgarde zurückgewiesen und die beiden Anführer dieser Deserteure gefangen genommen worden. Auch nach Empoli (zwischen Pisa und Florenz), wo reaktionäre Bestrebungen sich zeigten, sind neue Truppen geschickt. Doch muß selbst das Journal des Débats gestehen, daß die provisorische Regierung seine Reaktionsversuche von Innern her mehr zu fürchten hat.

Der Großherzog ist noch in Porto Santo Steffano; die ganze Maremma ist unter den Waffen gegen ihn, die Wege sind coupirt und trotz des Goldes, das er nach allen Seiten ausstreut, gelingt es ihm nicht sich in diesem armen Lande eine Vendee zu organisiren.

* Rom, 11. Febr.

Sitzung der Constituante. 147 Volksrepräsentanten gegenwärtig. Muzzarelli, bisher Minister der auswärtigen Angelegenheiten, theilt die Depesche des toskanischen Gesandten mit, die die Flucht Leopolds anzeigt, so wie daß Gioberti dem neapolitanischen Gesandten angezeigt habe, er habe Turin zu verlassen (Beifall).

Auf den Vorschlag des Präsidenten werden drei Mitglieder ernannt, um sogleich während der Sitzung eine Adresse an's toskanische Volk zu redigiren (s. R. Rh. Z. v. gestern).

Desgleichen wird eine Commission erwählt, um das Reglement der alten Kammer für die Constituante zu bearbeiten.

Die Debatte kommt nun auf die Form der provisorischen Regierung.

Politi spricht gegen die Präsidentschaft als zu monarchisch, gegen das Konsulat, das antike Tugenden fordere, gegen das bloße Ministerium, das ein Kind der Monarchie und ohne Stabilität sei. Er schlägt das jederzeit absetzbare Triumvirat vor, die die allgemeine Politik des Staats leiten und den Ministern, als ihren Commis, die detaillirte Ausführung überlassen.

Nach einer Debatte, an der Gabussi, Audinot und Bonaparte theil nehmen, wird die aus drei Mitgliedern bestehende Kommission als provisorische Regierung angenommen und Armatelli (139 St), Salicetti (114 St.) und Montecchi (82 St.) zu Mitgliedern derselben gewählt.

Bemerkenswerth ist, daß die beiden ersten, die zugleich die größte Stimmenmehrheit erhielten, die Kandidaten der radikalen, durch den „Tribuno“ vertretenen Partei sind.

‒ Die provis. Regierung hat die weiß-gelbe Kokarde abgeschafft und die grün-weiß-rothe (italiänische) Kokarde dafür eingeführt.

Die Pfaffen intriguiren auf jede Weise gegen die Republik. Am 11. sollte die Geistlichkeit des Vatikans das Tedeum zur Feier der Republik singen und weigerte sich. Die Republikaner waren großmüthig genug, die Herren Pfaffen weiter nicht zu molestiren und das Tedeum durch einen von Soldaten assistirten Feldprediger singen zu lassen. Alle Volksrepräsentanten und eine zahllose Volksmenge waren zugegen.

* Turin, 17. Febr.

Das Ministerium Gioberti ist durch die entschiedene Haltung der öffentlichen Meinung so eingeschüchtert, daß es erklärt hat: er werde weder in Rom noch in Toskana bewaffnet interveniren Cadorna, Minister des öffentl. Unterrichts, hat gestern in der Kammer erklärt, das Kabinet, eifersüchtig auf seinen populären Ursprung, werde seinem Programme treu bleiben. „Ich weiß, es heißt, das Kabinet wolle den Römern ihren Fürsten mit Gewalt wieder aufdrängen. Eine solche Versicherung ist der Politik des Ministeriums diametral entgegengesetzt. Wir haben den Pabst und das Ministerium durch gegenseitige Konzessionen versöhnen wollen; eine andere Politik würde unsern Grundsätzen widerstreiten. Unser Glaubensbekenntniß ist zu klar, als daß wir jemals das Princip der Volkssouveränetät hätten wieder in Zweifel stellen können.

„Unsere Politik ist eine nationale italiänische, und diese haben wir bereits proklamirt, als von der spanischen Intervention die Rede war.“

Dieser positiven Erklärung hat der Minister zwar hinzugesetzt, man dürfe den Willen einer Partei nicht mit dem des Volks verwechseln; aber nach so bestimmter Erklärung hat eine solche allgemeine Phrase keinen Sinn. Wenn das Kabinet auf diese Phrasen dennoch eine Intervention stützen wollte, so würde es die Kammer selbst gegen sich aufbringen und sich die einzige Stütze rauben, die ihm noch geblieben.

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Die Journale aus Florenz und namentlich die Alba vom 15. Februar verlangen dringend die unmittelbare Vereinigung Toskana's mit Rom und die Proklamation der Republik. ‒ Zu Genua soll ein Konflikt stattgefunden haben zwischen den Anhängern der Constituante und ihren Gegnern. Die demokratische Partei soll das Uebergewicht behauptet haben. ‒ Zu Gaëta soll ein geheimes Konsistorium abgehalten werden und die Anrufung der bewaffneten Intervention Oestreich's, Frankreich's, Spanien's und Neapel's, nicht aber Piemont's, beschlossen worden sein. ‒ Mamiani hat seine Entlassung als Mitglied der römischen konstituirenden Versammlung eingereicht. Sie wurde angenommen. ‒ Die römische Versammlung hat in ihrer Sitzung vom 11. Febr. beschlossen, daß das durch den Vollziehungsausschuß ernannte Ministerium verantwortlich ist. ‒ Zanetti ist zum General der Nationalgarde von Florenz ernannt. ‒ Mazzini hat den Titel eines römischen Bürgers erhalten. Man denkt ihn in den Nachwahlen zu wählen. ‒ Die römische Republik schickt an die Regierung der französischen Republik die Bürger Beltrani und Pescantini, um Bande der Brüderlichkeit zwischen den beiden Republiken anzuknüpfen.

Französische Republik.
17 Paris, 22. Febr.

Die ganze demokratische Presse ist einig. Kassirung des Urtels gegen die fünf Tödter des Generals Brea zu fordern; nur die Blätter der Bornirten oder Bourgeoisrepublik wissen nicht recht, was für ein Gesicht sie zu der Sache machen sollen. Der, jetzt monatlich publicirte, „Populaire“ Cabet's sagt sehr richtig in der vorgestrigen Nummer: „Nach Art. 5 unserer Constitution ist die Todesstrafe in politischen Dingen abgeschafft; und dieser unsterbliche Artikel wird jetzt gerade von den honetten, gemäßigten Republikanern verletzt und, so zu sagen, auf fürchterliche Weise verhöhnt. Nach einer schleppenden Untersucherei von sieben Monaten treibt man die Angeklagten vor das Kriegsgericht und dieses, auf Wunsch des Hrn. General Marschall Bugeaud, entfernt sorgsam alle und jede Milde, rungsumstände und gelangt so endlich zu dem Resultate, süne Bürger zum Schaffott zu verdammen. Wollte man erwidern das denselben beigelegte Verbrechen sei kein politisches, so mußts man sie nicht vor ein Soldatengericht, nicht vor einen Ausnahmsgerichtshof, sondern vor das ordinäre Assisengericht stellen, welches allein über Mord zu entscheiden hat. Die moderirten, honetten Republikaner erkennen also weder die ewigen Menschheitsgesetze, noch die kürzlich von ihnen selbst gemachte Constitution als heilig an; sie stehen schon unter den Oestreichern, welche die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft haben; unsere Honetten und Moderirten betrachten die Constitution als ein Mittel, das Volk zu knebeln, um es später, entwaffnet und arg verstümmelt, der Gnade des Verschmitztesten und Stärksten zu überantworten.“ Weiterhin sagt dies Blatt: „Schon kennen unsere Reaktionäre, die verschiedenen Royalistenparteien, keine Grenze in ihrer Frechheit mehr. Sie beherrschen bereits vollständig alle Fächer der Verwaltung, die Magistraturen, das Heer. Beinah auf jedem Dorfe hauen sie die Freiheitspappel um, predigen den Bürgerkrieg mit seinen Entsetzlichkeiten; den Krieg gegen Paris, die Wegkaperung der öffentlichen Kassen. Sie träumen nur noch von Blut und Todtschlag, von Umwerfen der Republik, Niedermetzeln aller Republikaner; so weit schon versteigen sich ihre süßen Hoffnungen. Und wer es nicht glaubt, lese, was diese lorbeerbekränzten Helden der Straße Transnonain deklamiren, z. B. im Saal des Präfekten zu Bourges, vor den Magistratspersonen und Bürgeroffizieren hat der Marschall Bugeaud buchstäblich folgende denkwürdige Worte gesprochen: „Meine Herren, ich pflichte freudig einer Ansicht bei, die sich bereits durch ganz Frankreich von einer Ecke bis in die andere verbreitet hat, nämlich die, daß hinfort die Provinzen nicht mehr die Tyrannei der pariser Faktionen erdulden dürfen, nicht wieder also die Regierungsform annehmen, welche man ihnen etwa von Paris herabschickt. Nichts ist Paris, die Provinzen aber sind Alles.“ (Und derselbe tollgewordene alte dumme Bluthund soff noch vor 8 Monaten auf Banketts in den Provinzen auf Abschaffung der Kriege; jetzt läßt ihn die windischgrätzliche Gloria nicht schlafen.) „Nein, wir dulden es nimmer wieder, daß eine Handvoll Catilina's, und ich glaube, dieser Name macht Leuten noch viel zu große Ehre, die tief unter Catilina stehen, daß eine Schaar von einigen tausend bösartigen oder verwirrten Köpfen ihren Willen der kolossalen Majorität des Landes aufzwingt.“ (Wenn nicht nächstens „Vater“ Bugeaud, dieser große Biedermann, Gemüthsmensch, Held, Redner, Volksschriftsteller, Arbeitermörder, Marokkobesieger, Runkelrübenbauer und Freund des Landmanns in seinem Departement, einem der dümmsten Notabene, den schwarzen Adlerorden und das Teltower Bürgerrecht kriegt, so liegt die Schuld nicht an ihm.)

Er schäkert weiter: „Eins thut noth, meine Herren, und ganz Frankreich muß es sich merken, und ebenso auch andere Länder: wenn die rothe Republik durch einen Handstreich, und sei's nur einen Tag, eine Stunde lang, die Oberhand bekäme, dann müssen wir Provinzialen schnell die öffentlichen Kassen in Beschlag nehmen, die Eisenbahnen besetzen, die Telegraphen und sonstigen Verbindungen mit Paris abschneiden. Ich bin alsdann auf den ersten Wink bereit, und ich zähle auf Sie, wie Sie auf mich. Ja, meine Herren, gelänge es den Rothen, den Präsidenten zu stürzen … ich würde mit vier Mann und einem Korporal gegen Paris aufbrechen, und von allen Seiten des Landes kämen hinter mir her alle guten und muthbeseelten Bürger, um die Gesellschaft zu retten.“ Die Nationalgarde in Lyon bleibt aufgelöst; Ehren-Faucher quakte gestern auf der Tribune, er wage nicht, sie zu reorganisiren, da die sozialen und politischen Zwistigkeiten daselbst gar heftig wucherten. Er löst heute die Artillerie der Bürgerwehr in Dijon auf, als gar zu demokratisch, wie die Pariser, welche seit Juni keine eigenen Kanonen mehr besitzt und vom Kommandanten Changarnier, dem Philippisten, auch aufgelöst wird. Der Corsaire hüpft vor Freuden; es scheint, daß diese Bürger-Artilleriekorps seit 1792 die revolutionäre Gesinnung traditionell sich überliefert haben. Fast alle bedeutenden Klubisten stehen oder standen im ganzen Lande in der Bürgerartillerie. Täglich hagelt es Absetzungen und freiwillig erzwungene Abschiede; z. B. der überaus würdige Prokurator der Republik zu Chalons an der Saone schreibt an den Generalprokurator die scharfen Worte, die, wie eine Mahnung an das nahende Volksgericht, aus der Feder eines herben Juristen hervortönen: „Empört in tiefster Seele über den politischen Gang der Regierung, empört über seine verächtlichen Ränke, seine schamlosen Ausflüchte, aus denen sich sonnenklar seine Absicht ergiebt, die demokratischen Institutionen zu vertilgen, glaube ich, Herr Generalprokurator, länger nicht, ohne meiner Ehre zu schaden, auch nur scheinbar der Helfershelfer so vieler rückschreitender Maßregeln bleiben zu dürfen. Ich lege mein Amt nieder. Ich hatte es empfangen von den Stiftern dieser armen Republik, die heute so grausam verhöhnt, besudelt, geschändet wird. Mit freudigem Stolze hatte ich damals diesen Posten angetreten, entschlossen die hohen Prinzipien von 1789 und von 1848 zu wahren. Aber heute könnte ich es nicht länger, denn in den Augen unserer Regierer wäre das so viel wie Amtsbruch begehen. Deshalb also steige ich herab von meinem Richtersessel, meine Pflicht ruft mich andershin. Hoch lebe die Republik! Inzwischen nehme ich Gelegenheit, Ihnen, mein Herr Generalprokurator, den vollständig ruhigen Zustand unseres Chalons anzuzeigen; die zwei offiziellen Artikel im Moniteur vom 2. und 3. Febr. sind pure Spiegelfechtereien gewesen, die Ihnen durchaus nicht Anstoß geben dürfen. Der Prokurator der Republik, Brysset.“ So geht denn das Eskamotiren rüstig weiter. Und nach Außen hin ist die s. g. neue katholische Allianz zwischen Spanien, Neapel, Olmütz und der französischen Republik zur Herstellung der päbstlichen Landesherrschaft geschlossen. In Gegenwart dieser Infamie, deren Kolossalität nur der klar erkennt, der die Kardinalstyrannei gesehen, ist die schnell kräftige Wirksamkeit des Todesvereins (associazione del morte) eine Unerläßlichkeit, eine traurige Nothwendigkeit. Der französische Schuft und Sophist Rossi hat verröchelt auf den Plastersteinen Roms; man spricht von zwei Stiletstichen, die der Bombardirkönig bekommen. Wenn ganze Volksmassen, ganze Klassen, ganze Familienreihen, ganze Generationen von einer Handvoll Verrückter oder Spitzbuben im Purpur moralisch, intellectuell und physisch ruinirt werden: was ist dann zu thun? wer da weiß, daß zweimal zwei vier macht, findet vielleicht auch die Antwort.“ (Pensiero italiano). Der Präsident Bonaparte ist sehr erboßt auf den römischen Bonaparte, der gar zu treu den Republikaner spielt. Der Präsident gebehrdet sich schon wie ein Zaunkönig. Er hat letzthin zu seinem Vetter Pierre, der komisch genug eine Weile als Demokrat galt, gesagt: „wenn die Rothen losbrechen, nehme ich die Kaiserkrone und mache Krieg; wird sie mir dann zu drückend, so trete ich sie den Bourbonen ab und scheide vom Theater der Welt als ein unsterblicher Held.“ Vorläufig amüsirt er sich noch als „Bürger“; er zeigt aber eine solche Abneigung vor Geschäften, daß jene an Tollheit gränzende Idee an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Seit 8 Tagen ist das wieder ein einziges Tanzen, Bankettiren, Musiciren, Spielen, Zechen und Promeniren; wenn er alle Minister und Ministerinnen bei sich bewirthet hat, läßt er sich der Reihe nach von jedem einladen, und ist das zu Ende, so fängt er wieder von vorn an. Barrot der edle Weise sagte neulich mit dem ihm eigenen Lakonismus: „das macht den Kommerz gehen“; und seine Presse jubelte diesem Salomonsspruche zu. „Auch das frierende, hungernde Volk, durch dessen sechs Millionen Vota er auf den Stuhl erhoben ward, wird wohl sehr jubeln, wenn es die angenehme Neuigkeit hört, daß sein Liebling, sein Herzenssöhnchen, sein Erkorner, der kleine Neffe eines großen Oheims, statt Amnestie und Steuererniedrigung und Abschaffung der neun Sous zu gewähren, mit Madame de Grammont Arm in Arm letzthin durch die warmen Salons spazirt ist und getanzt und stark gespeis't hat.“ (Voir du Peuple in Marseille).

Mit der ihm eigenthümlichen Holzköpfigkeit hatte er zu einem famosen Balle die sämmtlichen Bürgerwehrobersten, mit Ausnahme des am 29. Januar arretirt gewesenen Obersten Forrestier der 6. Legion, eingeladen; was aber vorher laut ward, und die Obersten der 7. und 11., Professor Quinet und Dauphin, so erbitterte, daß sie ihm sagen ließen, weil Forrestier nicht hingehe, gingen auch sie nicht. Daß übrigens die Bürgerwehr, wo sie als demokratisch jetzt verdächtig wird, durch eine geheime Contrabürgerwehr, unter dem Lumpenproletariat und der goldenen Jugend geworben, in Schach gehalten werden soll, bestätigt sich; so in Dijon, wo die gegen die Republik mitverschwornen Behörden seit 14 Tagen wohlgefällig die geheimen Nachtsitzungen dieser Contrabürgerwehr ansehen; sie steht im innigsten Zusammenhang, oder ist vielmehr identisch, mit der großartigen Ordnungssocietät, die ein allgemeines Bartholomäusabschlachten der Republikanerhäuptlinge in mehreren Blättern des Südens anregte, und z. B. sagte: „Die Pariser dürfen sich sicher nicht über uns beklagen, sie gaben seit vierhundert Jahren öfter Beispiele des Niederhauens der Staats-, Religions- und Ordnungs- oder Gesellschaftsfeinde in Massen. So metzelte die für Burgund gestimmte Fleischerzunft in Paris im zweiten Jahrzehend des fünfzehnten Jahrhunderts an 2000 Armagnacs nebst Weib und Kind auf ein Zeichen nieder. So erschlugen die Gewerke von Paris auf ein Signal an 3000 Hugenotten. So schlug die Revolution von 92, vor der unsere modernen Banditen oder Socialdemokraten (sic!) anbetend auf den Knieen liegen, an 2000 politische Gefangene in den Pariser Kerkern auf ein Zeichen todt.“ Fiat applicatio ! Das Memorial „der Bordeaux'er Kaufmannschaft“ hat bereits ausgerechnet, daß unter den 33 Millionen Franzosen allerhöchstens heute eine halbe Mill. Demokraten existiren, die nach dem demokratischen Grundsatz: „die Majorität muß herrschen ‒ im Zügel gehalten, ja, nöthigenfalls auf einmal unschädlich gemacht werden sollten.“

Das Elend des Volkes ist von den zahllosen regierenden Biedermännern und Judassen sorgfältig bemäntelt worden, und sehr unangenehm berührt sie, daß der Befehl der Kammer vom 25. Mai „eine genaue Untersuchung über die industriellen und bäuerlichen Arbeiten anzustellen“ im Bezirk Lezouq in dem Cevennengebirge, beim Puy de Dome, ernstlich genommen und ausgeführt worden ist. Der Bericht enthält 29 Fragen und Bescheide; z. B. welche Industrieen könnten wir bei uns entwickeln? ‒ „Die Töpferei, dazu ist der Boden gut, aber wir müßten auch Märkte dafür haben. ‒ Wie steht es bei uns mit der Kleidung, Nahrung und Behausung unserer Arbeiter? Meistens schlecht. ‒ Woher kommt der Verfall der Industrie im Kanton? Aus Kreditmangel, wodurch ein Sinken aller Waare entsteht. ‒ Wie wäre dem aufzuhelfen? Durch Aufthun von Absatzörtern und Vermehren des allgemeinen Wohlergehens durch Kredit. ‒ Wie steht es um die Bildung des Arbeiters? Zwei Menschen unter Einhundert können lesen und schreiben.“ (Bekanntlich widersetzte sich Hr. Thiers bereits drei Mal, sowohl in den Bureaus als öffentlich, aufs heftigste gegen die Verbreitung der Volksschule, und das Amendement eines Montagnard: „nach sieben Jahren darf nur stimmen, wer lesen und schreiben kann,“ rief einen Sturm hervor unter diesen edlen Menschenfreunden in der Kammer, die vollkommen witterten, daß, bei fortgeführtem Schlendrian des Volksunterrichts es füglich sich treffen könnte, daß selbst nach sieben Jahren nur die Städteproletarier des Lesens und Schreibens kundig, die Landproletarier mithin, diese vielgeliebten Stützen der heutigen Reaktion, von der Votirurne ausgeschlossen, mithin die Reaktionschefs der Vernichtung überliefert wären. Auch fiel das Amendement durch.)

Weiter heißt es: „Welche Industrie unsres Kantons stört die Gesundheit unsrer Arbeiter? ‒ Der Ackerbau; denn die Ziegelei und Töpferei sind nichts als Anhängsel zu jenem. Der Lohn des Erwachsnen ist zwanzig Sous, der Frau eilf Sous, des Kindes zehn Sous. Die Mittelbauer der Ackerarbeiten ist 260 Tage, also gewinnt im Jahre der Erwachsene 260 Fr., die Frau 143, das Kind 130. Aus Dokumenten die diesem Bericht beiliegen, erhellt daß 300 Fr. das Minimum des Jahresbedarfes sind; es fehlen also 40 Fr. Eine Familie, Mann, Weib, zwei kleine Kinder, braucht wenigstens 500 Fr. Kann die Mutter 260 Tage arbeiten, so macht ihr Lohn mit dem des Vaters 403 Fr. 17 Sous; es fehlen 95 Fr. 15 Sous.

Wir erklären, daß dieses materielle und geistige Elend nicht länger währen darf. Lezoux, 21. Jan. 1849.“ (Folgen die Unterschriften). Wahrlich, diese Februarrepublik, die sich eine „demokratische“ offiziell nennt, hat etwas so Gespenstiges bekommen, daß der Volksvertreter Pierre Lefranc völlig recht hat, wenn er in seinem vielgelesenen Gedichte, „eine Schattenrepublik,“ sagt: „Werthe Freunde, die ihr nicht an Magnetismus glaubt, hört die wunderliche Geschichte, die mir gestern begegnete. Meister Leon Faucher

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      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 231 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>Sonntag 25. Februar 1849.</docDate>
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        <head>[Italien]</head>
        <div xml:id="ar231b_001" type="jArticle">
          <p>Die Regierung denkt vor allen Dingen an die Volksbewaffnung und die Rüstung gegen auswärtige Feinde. Die Bürgergarde, die den Namen Nationalgarde angenommen hat, wird überall vollständig bewaffnet und <hi rendition="#g">in mobile und sedentäre abgetheilt;</hi> die Mobilgarde wird als erstes Aufgebot ausrücken, die sedentäre Garde wird so organisirt, daß sie eintretenden Falls sofort mobil gemacht werden kann. Damit aber sofort ein zahlreiches und zugleich republikanisch gesinntes Corps an die Grenze rücken könne, werden überall <hi rendition="#g">Freiwillige für ein Jahr zum Militärdienst angeworben und besonders die unbeschäftigten Arbeiter aufgefordert, sich einschreiben zu lassen. Eine Million Franken</hi> wird den Familien Derer ausgetheilt, die sich im Kriege für die ital. Unabhängigkeit auszeichnen.</p>
          <p>Die bisherigen Gesandten Bargagli in Rom und Ganta und Martini beim Kongreß in Brüssel sind abberufen worden. An die Stelle des Letztern ist der Republikaner Frapolli ernannt.</p>
          <p>Die Linientruppen sind reorganisirt worden und ein Theil der Offiziere ist <hi rendition="#g">durch Demokraten ersetzt.</hi> </p>
          <p>Dennoch ist das toskanische Volk noch nicht zufrieden mit der Regierung Guerrazzi's. Es verlangt sofortige Proclamirung der Republik, Vereinigung mit Rom und Beseitigung der dadurch überflüssig gemachten besondern Nationalversammlung für Toskana. Wir werden in wenig Tagen die Nachricht haben, daß die Forderungen des tapfern toskanischen Volks durchgesetzt sind. &#x2012;</p>
          <p>In Livorno sind sechzig von Elba in zwei Schiffen ankommende Soldaten von der Nationalgarde zurückgewiesen und die beiden Anführer dieser Deserteure gefangen genommen worden. Auch nach Empoli (zwischen Pisa und Florenz), wo reaktionäre Bestrebungen sich zeigten, sind neue Truppen geschickt. Doch muß selbst das Journal des Débats gestehen, daß die provisorische Regierung seine Reaktionsversuche von Innern her mehr zu fürchten hat.</p>
          <p>Der Großherzog ist noch in Porto Santo Steffano; die ganze Maremma ist unter den Waffen gegen ihn, die Wege sind coupirt und trotz des Goldes, das er nach allen Seiten ausstreut, gelingt es ihm nicht sich in diesem armen Lande eine Vendee zu organisiren.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 11. Febr.</head>
          <p>Sitzung der Constituante. 147 Volksrepräsentanten gegenwärtig. Muzzarelli, bisher Minister der auswärtigen Angelegenheiten, theilt die Depesche des toskanischen Gesandten mit, die die Flucht Leopolds anzeigt, so wie daß Gioberti dem neapolitanischen Gesandten angezeigt habe, er habe Turin zu verlassen (Beifall).</p>
          <p>Auf den Vorschlag des Präsidenten werden drei Mitglieder ernannt, um sogleich während der Sitzung eine Adresse an's toskanische Volk zu redigiren (s. R. Rh. Z. v. gestern).</p>
          <p>Desgleichen wird eine Commission erwählt, um das Reglement der alten Kammer für die Constituante zu bearbeiten.</p>
          <p>Die Debatte kommt nun auf die Form der provisorischen Regierung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Politi</hi> spricht gegen die Präsidentschaft als zu monarchisch, gegen das Konsulat, das antike Tugenden fordere, gegen das bloße Ministerium, das ein Kind der Monarchie und ohne Stabilität sei. Er schlägt das jederzeit absetzbare Triumvirat vor, die die allgemeine Politik des Staats leiten und den Ministern, als ihren Commis, die detaillirte Ausführung überlassen.</p>
          <p>Nach einer Debatte, an der Gabussi, Audinot und Bonaparte theil nehmen, wird die aus drei Mitgliedern bestehende Kommission als provisorische Regierung angenommen und Armatelli (139 St), Salicetti (114 St.) und Montecchi (82 St.) zu Mitgliedern derselben gewählt.</p>
          <p>Bemerkenswerth ist, daß die beiden ersten, die zugleich die größte Stimmenmehrheit erhielten, die Kandidaten der <hi rendition="#g">radikalen,</hi> durch den &#x201E;Tribuno&#x201C; vertretenen Partei sind.</p>
          <p>&#x2012; Die provis. Regierung hat die weiß-gelbe Kokarde abgeschafft und die grün-weiß-rothe (italiänische) Kokarde dafür eingeführt.</p>
          <p>Die Pfaffen intriguiren auf jede Weise gegen die Republik. Am 11. sollte die Geistlichkeit des Vatikans das Tedeum zur Feier der Republik singen und weigerte sich. Die Republikaner waren großmüthig genug, die Herren Pfaffen weiter nicht zu molestiren und das Tedeum durch einen von Soldaten assistirten Feldprediger singen zu lassen. Alle Volksrepräsentanten und eine zahllose Volksmenge waren zugegen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar231b_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 17. Febr.</head>
          <p>Das Ministerium Gioberti ist durch die entschiedene Haltung der öffentlichen Meinung so eingeschüchtert, daß es erklärt hat: er werde <hi rendition="#g">weder in Rom noch in Toskana bewaffnet interveniren</hi> Cadorna, Minister des öffentl. Unterrichts, hat gestern in der Kammer erklärt, das Kabinet, eifersüchtig auf seinen populären Ursprung, werde seinem Programme treu bleiben. &#x201E;Ich weiß, es heißt, das Kabinet wolle den Römern ihren Fürsten mit Gewalt wieder aufdrängen. Eine solche Versicherung ist der Politik des Ministeriums <hi rendition="#g">diametral entgegengesetzt.</hi> Wir haben den Pabst und das Ministerium durch gegenseitige Konzessionen versöhnen wollen; eine andere Politik würde unsern Grundsätzen widerstreiten. Unser Glaubensbekenntniß ist zu klar, als daß wir jemals <hi rendition="#g">das Princip der Volkssouveränetät hätten wieder in Zweifel stellen können.</hi> </p>
          <p>&#x201E;Unsere Politik ist eine <hi rendition="#g">nationale italiänische,</hi> und diese haben wir bereits proklamirt, als von der spanischen Intervention die Rede war.&#x201C;</p>
          <p>Dieser positiven Erklärung hat der Minister zwar hinzugesetzt, man dürfe den Willen einer Partei nicht mit dem des Volks verwechseln; aber nach so bestimmter Erklärung hat eine solche allgemeine Phrase keinen Sinn. Wenn das Kabinet auf diese Phrasen dennoch eine Intervention stützen wollte, so würde es die Kammer selbst gegen sich aufbringen und sich die einzige Stütze rauben, die ihm noch geblieben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar231b_004" type="jArticle">
          <bibl>
            <author>**</author>
          </bibl>
          <p>Die Journale aus <hi rendition="#g">Florenz</hi> und namentlich die <hi rendition="#g">Alba</hi> vom 15. Februar verlangen dringend die unmittelbare Vereinigung Toskana's mit Rom und die Proklamation der Republik. &#x2012; Zu <hi rendition="#g">Genua</hi> soll ein Konflikt stattgefunden haben zwischen den Anhängern der Constituante und ihren Gegnern. Die demokratische Partei soll das Uebergewicht behauptet haben. &#x2012; Zu <hi rendition="#g">Gaëta</hi> soll ein geheimes Konsistorium abgehalten werden und die Anrufung der bewaffneten Intervention Oestreich's, Frankreich's, Spanien's und Neapel's, nicht aber Piemont's, beschlossen worden sein. &#x2012; <hi rendition="#g">Mamiani</hi> hat seine Entlassung als Mitglied der römischen konstituirenden Versammlung eingereicht. Sie wurde angenommen. &#x2012; Die <hi rendition="#g">römische</hi> Versammlung hat in ihrer Sitzung vom 11. Febr. beschlossen, daß das durch den Vollziehungsausschuß ernannte Ministerium verantwortlich ist. &#x2012; <hi rendition="#g">Zanetti</hi> ist zum General der Nationalgarde von Florenz ernannt. &#x2012; <hi rendition="#g">Mazzini</hi> hat den Titel eines römischen Bürgers erhalten. Man denkt ihn in den Nachwahlen zu wählen. &#x2012; Die römische Republik schickt an die Regierung der französischen Republik die Bürger Beltrani und Pescantini, um Bande der Brüderlichkeit zwischen den beiden Republiken anzuknüpfen.</p>
        </div>
      </div>
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        <head>Französische Republik.</head>
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          <head><bibl><author>17</author></bibl>Paris, 22. Febr.</head>
          <p>Die ganze demokratische Presse ist einig. Kassirung des Urtels gegen die fünf Tödter des Generals Brea zu fordern; nur die Blätter der Bornirten oder Bourgeoisrepublik wissen nicht recht, was für ein Gesicht sie zu der Sache machen sollen. Der, jetzt monatlich publicirte, &#x201E;Populaire&#x201C; Cabet's sagt sehr richtig in der vorgestrigen Nummer: &#x201E;Nach Art. 5 unserer Constitution ist die Todesstrafe in politischen Dingen abgeschafft; und dieser unsterbliche Artikel wird jetzt gerade von den <hi rendition="#g">honetten, gemäßigten</hi> Republikanern verletzt und, so zu sagen, auf fürchterliche Weise verhöhnt. Nach einer schleppenden Untersucherei von <hi rendition="#g">sieben Monaten</hi> treibt man die Angeklagten vor das Kriegsgericht und dieses, <hi rendition="#g">auf Wunsch</hi> des Hrn. General Marschall Bugeaud, entfernt sorgsam alle und jede Milde, rungsumstände und gelangt so endlich zu dem Resultate, süne Bürger zum Schaffott zu verdammen. Wollte man erwidern das denselben beigelegte Verbrechen sei kein politisches, so mußts man sie nicht vor ein Soldatengericht, nicht vor einen Ausnahmsgerichtshof, sondern vor das ordinäre Assisengericht stellen, welches allein über Mord zu entscheiden hat. Die moderirten, honetten Republikaner erkennen also weder die ewigen Menschheitsgesetze, noch die kürzlich von ihnen selbst gemachte Constitution als heilig an; sie stehen schon unter den Oestreichern, welche die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft haben; unsere Honetten und Moderirten betrachten die Constitution als ein Mittel, das Volk zu knebeln, um es später, entwaffnet und arg verstümmelt, der Gnade des Verschmitztesten und Stärksten zu überantworten.&#x201C; Weiterhin sagt dies Blatt: &#x201E;Schon kennen unsere Reaktionäre, die verschiedenen Royalistenparteien, keine Grenze in ihrer Frechheit mehr. Sie beherrschen bereits vollständig alle Fächer der Verwaltung, die Magistraturen, das Heer. Beinah <hi rendition="#g">auf jedem Dorfe</hi> hauen sie die Freiheitspappel um, predigen den Bürgerkrieg mit seinen Entsetzlichkeiten; den Krieg gegen Paris, die Wegkaperung der öffentlichen Kassen. Sie träumen nur noch von Blut und Todtschlag, von Umwerfen der Republik, Niedermetzeln aller Republikaner; so weit schon versteigen sich ihre süßen Hoffnungen. Und wer es nicht glaubt, lese, was diese lorbeerbekränzten Helden der Straße Transnonain deklamiren, z. B. im Saal des Präfekten zu Bourges, vor den Magistratspersonen und Bürgeroffizieren hat der Marschall Bugeaud buchstäblich folgende denkwürdige Worte gesprochen: &#x201E;Meine Herren, ich pflichte freudig einer Ansicht bei, die sich bereits durch ganz Frankreich von einer Ecke bis in die andere verbreitet hat, nämlich die, daß hinfort die Provinzen nicht mehr die Tyrannei der pariser Faktionen erdulden dürfen, nicht wieder also die Regierungsform annehmen, welche man ihnen etwa von Paris herabschickt. <hi rendition="#g">Nichts</hi> ist Paris, die Provinzen aber sind <hi rendition="#g">Alles.</hi>&#x201C; (Und derselbe tollgewordene alte dumme Bluthund soff noch vor 8 Monaten auf Banketts in den Provinzen auf Abschaffung der Kriege; jetzt läßt ihn die windischgrätzliche Gloria nicht schlafen.) &#x201E;Nein, wir dulden es nimmer wieder, daß eine Handvoll Catilina's, und ich glaube, dieser Name macht Leuten noch viel zu große Ehre, die tief unter Catilina stehen, daß eine Schaar von einigen tausend bösartigen oder verwirrten Köpfen ihren Willen der kolossalen Majorität des Landes aufzwingt.&#x201C; (Wenn nicht nächstens &#x201E;Vater&#x201C; Bugeaud, dieser große Biedermann, Gemüthsmensch, Held, Redner, Volksschriftsteller, Arbeitermörder, Marokkobesieger, Runkelrübenbauer und Freund des Landmanns in seinem Departement, einem der dümmsten Notabene, den schwarzen Adlerorden und das Teltower Bürgerrecht kriegt, so liegt die Schuld nicht an ihm.)</p>
          <p>Er schäkert weiter: &#x201E;Eins thut noth, meine Herren, und ganz Frankreich muß es sich merken, und ebenso auch andere Länder: wenn die rothe Republik durch einen Handstreich, und sei's nur einen Tag, eine Stunde lang, die Oberhand bekäme, dann müssen wir Provinzialen schnell die öffentlichen Kassen in Beschlag nehmen, die Eisenbahnen besetzen, die Telegraphen und sonstigen Verbindungen mit Paris abschneiden. Ich bin alsdann auf den ersten Wink bereit, und ich zähle auf Sie, wie Sie auf mich. Ja, meine Herren, gelänge es den Rothen, den Präsidenten zu stürzen &#x2026; ich würde mit vier Mann und einem Korporal gegen Paris aufbrechen, und von allen Seiten des Landes kämen hinter mir her alle guten und muthbeseelten Bürger, um die Gesellschaft zu retten.&#x201C; Die Nationalgarde in Lyon bleibt aufgelöst; Ehren-Faucher quakte gestern auf der Tribune, er wage nicht, sie zu reorganisiren, da die sozialen und politischen Zwistigkeiten daselbst gar heftig wucherten. Er löst heute die Artillerie der Bürgerwehr in Dijon auf, als gar zu demokratisch, wie die Pariser, welche seit Juni keine eigenen Kanonen mehr besitzt und vom Kommandanten Changarnier, dem Philippisten, auch aufgelöst wird. Der Corsaire hüpft vor Freuden; es scheint, daß diese Bürger-Artilleriekorps seit 1792 die revolutionäre Gesinnung traditionell sich überliefert haben. Fast alle bedeutenden Klubisten stehen oder standen im ganzen Lande in der Bürgerartillerie. Täglich hagelt es Absetzungen und freiwillig erzwungene Abschiede; z. B. der überaus würdige Prokurator der Republik zu Chalons an der Saone schreibt an den Generalprokurator die scharfen Worte, die, wie eine Mahnung an das nahende Volksgericht, aus der Feder eines herben Juristen hervortönen: &#x201E;Empört in tiefster Seele über den politischen Gang der Regierung, empört über seine verächtlichen Ränke, seine schamlosen Ausflüchte, aus denen sich sonnenklar seine Absicht ergiebt, die demokratischen Institutionen zu vertilgen, glaube ich, Herr Generalprokurator, länger nicht, ohne meiner Ehre zu schaden, auch nur scheinbar der Helfershelfer so vieler rückschreitender Maßregeln bleiben zu dürfen. Ich lege mein Amt nieder. Ich hatte es empfangen von den Stiftern dieser armen Republik, die heute so grausam verhöhnt, besudelt, geschändet wird. Mit freudigem Stolze hatte ich damals diesen Posten angetreten, entschlossen die hohen Prinzipien von 1789 und von 1848 zu wahren. Aber heute könnte ich es nicht länger, denn in den Augen unserer Regierer wäre das so viel wie Amtsbruch begehen. Deshalb also steige ich herab von meinem Richtersessel, meine Pflicht ruft mich andershin. Hoch lebe die Republik! Inzwischen nehme ich Gelegenheit, Ihnen, mein Herr Generalprokurator, den vollständig ruhigen Zustand unseres Chalons anzuzeigen; die zwei offiziellen Artikel im Moniteur vom 2. und 3. Febr. sind pure Spiegelfechtereien gewesen, die Ihnen durchaus nicht Anstoß geben dürfen. Der Prokurator der Republik, <hi rendition="#g">Brysset.</hi>&#x201C; So geht denn das Eskamotiren rüstig weiter. Und nach Außen hin ist die s. g. neue katholische Allianz zwischen Spanien, Neapel, Olmütz und der französischen Republik zur Herstellung der päbstlichen Landesherrschaft geschlossen. In Gegenwart dieser Infamie, deren Kolossalität nur der klar erkennt, der die Kardinalstyrannei gesehen, ist die schnell kräftige Wirksamkeit des Todesvereins (associazione del morte) eine Unerläßlichkeit, eine traurige Nothwendigkeit. Der französische Schuft und Sophist Rossi hat verröchelt auf den Plastersteinen Roms; man spricht von zwei Stiletstichen, die der Bombardirkönig bekommen. Wenn ganze Volksmassen, ganze Klassen, ganze Familienreihen, ganze Generationen von einer Handvoll Verrückter oder Spitzbuben im Purpur moralisch, intellectuell und physisch ruinirt werden: was ist dann zu thun? wer da weiß, daß zweimal zwei vier macht, findet vielleicht auch die Antwort.&#x201C; (Pensiero italiano). Der Präsident Bonaparte ist sehr erboßt auf den römischen Bonaparte, der gar zu treu den Republikaner spielt. Der Präsident gebehrdet sich schon wie ein Zaunkönig. Er hat letzthin zu seinem Vetter Pierre, der komisch genug eine Weile als Demokrat galt, gesagt: &#x201E;wenn die Rothen losbrechen, nehme ich die Kaiserkrone und mache Krieg; wird sie mir dann zu drückend, so trete ich sie den Bourbonen ab und scheide vom Theater der Welt als ein unsterblicher Held.&#x201C; Vorläufig amüsirt er sich noch als &#x201E;Bürger&#x201C;; er zeigt aber eine solche Abneigung vor Geschäften, daß jene an Tollheit gränzende Idee an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Seit 8 Tagen ist das wieder ein einziges Tanzen, Bankettiren, Musiciren, Spielen, Zechen und Promeniren; wenn er alle Minister und Ministerinnen bei sich bewirthet hat, läßt er sich der Reihe nach von jedem einladen, und ist das zu Ende, so fängt er wieder von vorn an. Barrot der edle Weise sagte neulich mit dem ihm eigenen Lakonismus: &#x201E;das macht den Kommerz gehen&#x201C;; und seine Presse jubelte diesem Salomonsspruche zu. &#x201E;Auch das frierende, hungernde Volk, durch dessen sechs Millionen Vota er auf den Stuhl erhoben ward, wird wohl sehr jubeln, wenn es die angenehme Neuigkeit hört, daß sein Liebling, sein Herzenssöhnchen, sein Erkorner, der kleine Neffe eines großen Oheims, statt Amnestie und Steuererniedrigung und Abschaffung der neun Sous zu gewähren, mit Madame de Grammont Arm in Arm letzthin durch die warmen Salons spazirt ist und getanzt und stark gespeis't hat.&#x201C; (Voir du Peuple in Marseille).</p>
          <p>Mit der ihm eigenthümlichen Holzköpfigkeit hatte er zu einem famosen Balle die sämmtlichen Bürgerwehrobersten, mit Ausnahme des am 29. Januar arretirt gewesenen Obersten Forrestier der 6. Legion, eingeladen; was aber vorher laut ward, und die Obersten der 7. und 11., Professor Quinet und Dauphin, so erbitterte, daß sie ihm sagen ließen, weil Forrestier nicht hingehe, gingen auch sie nicht. Daß übrigens die Bürgerwehr, wo sie als demokratisch jetzt verdächtig wird, durch eine geheime Contrabürgerwehr, unter dem Lumpenproletariat und der goldenen Jugend geworben, in Schach gehalten werden soll, bestätigt sich; so in Dijon, wo die gegen die Republik mitverschwornen Behörden seit 14 Tagen wohlgefällig die geheimen Nachtsitzungen dieser Contrabürgerwehr ansehen; sie steht im innigsten Zusammenhang, oder ist vielmehr identisch, mit der großartigen Ordnungssocietät, die ein allgemeines Bartholomäusabschlachten der Republikanerhäuptlinge in mehreren Blättern des Südens anregte, und z. B. sagte: &#x201E;Die Pariser dürfen sich sicher nicht über uns beklagen, sie gaben seit vierhundert Jahren öfter Beispiele des Niederhauens der Staats-, Religions- und Ordnungs- oder Gesellschaftsfeinde in Massen. So metzelte die für Burgund gestimmte Fleischerzunft in Paris im zweiten Jahrzehend des fünfzehnten Jahrhunderts an 2000 Armagnacs nebst Weib und Kind auf ein Zeichen nieder. So erschlugen die Gewerke von Paris auf ein Signal an 3000 Hugenotten. So schlug die Revolution von 92, vor der unsere modernen Banditen oder Socialdemokraten (sic!) anbetend auf den Knieen liegen, an 2000 politische Gefangene in den Pariser Kerkern auf ein Zeichen todt.&#x201C; Fiat applicatio ! Das Memorial &#x201E;der Bordeaux'er Kaufmannschaft&#x201C; hat bereits ausgerechnet, daß unter den 33 Millionen Franzosen allerhöchstens heute eine halbe Mill. Demokraten existiren, die nach dem demokratischen Grundsatz: &#x201E;die Majorität muß herrschen &#x2012; im Zügel gehalten, ja, nöthigenfalls auf einmal unschädlich gemacht werden sollten.&#x201C;</p>
          <p>Das Elend des Volkes ist von den zahllosen regierenden Biedermännern und Judassen sorgfältig bemäntelt worden, und sehr unangenehm berührt sie, daß der Befehl der Kammer vom 25. Mai &#x201E;eine genaue Untersuchung über die industriellen und bäuerlichen Arbeiten anzustellen&#x201C; im Bezirk Lezouq in dem Cevennengebirge, beim Puy de Dome, ernstlich genommen und ausgeführt worden ist. Der Bericht enthält 29 Fragen und Bescheide; z. B. welche Industrieen könnten wir bei uns entwickeln? &#x2012; &#x201E;Die Töpferei, dazu ist der Boden gut, aber wir müßten auch Märkte dafür haben. &#x2012; Wie steht es bei uns mit der Kleidung, Nahrung und Behausung unserer Arbeiter? Meistens schlecht. &#x2012; Woher kommt der Verfall der Industrie im Kanton? Aus Kreditmangel, wodurch ein Sinken aller Waare entsteht. &#x2012; Wie wäre dem aufzuhelfen? Durch Aufthun von Absatzörtern und Vermehren des allgemeinen Wohlergehens durch Kredit. &#x2012; Wie steht es um die Bildung des Arbeiters? <hi rendition="#g">Zwei Menschen unter Einhundert können lesen und schreiben.</hi>&#x201C; (Bekanntlich widersetzte sich Hr. Thiers bereits drei Mal, sowohl in den Bureaus als öffentlich, aufs heftigste gegen die Verbreitung der Volksschule, und das Amendement eines Montagnard: &#x201E;nach sieben Jahren darf nur stimmen, wer lesen und schreiben kann,&#x201C; rief einen Sturm hervor unter diesen edlen Menschenfreunden in der Kammer, die vollkommen witterten, daß, bei fortgeführtem Schlendrian des Volksunterrichts es füglich sich treffen könnte, daß selbst nach sieben Jahren nur die Städteproletarier des Lesens und Schreibens kundig, die Landproletarier mithin, diese vielgeliebten Stützen der heutigen Reaktion, von der Votirurne ausgeschlossen, mithin die Reaktionschefs der Vernichtung überliefert wären. Auch fiel das Amendement durch.)</p>
          <p>Weiter heißt es: &#x201E;Welche Industrie unsres Kantons stört die Gesundheit unsrer Arbeiter? &#x2012; Der Ackerbau; denn die Ziegelei und Töpferei sind nichts als Anhängsel zu jenem. Der Lohn des Erwachsnen ist zwanzig Sous, der Frau eilf Sous, des Kindes zehn Sous. Die Mittelbauer der Ackerarbeiten ist 260 Tage, also gewinnt im Jahre der Erwachsene 260 Fr., die Frau 143, das Kind 130. Aus Dokumenten die diesem Bericht beiliegen, erhellt daß 300 Fr. das Minimum des Jahresbedarfes sind; es fehlen also 40 Fr. Eine Familie, Mann, Weib, zwei kleine Kinder, braucht wenigstens 500 Fr. Kann die Mutter 260 Tage arbeiten, so macht ihr Lohn mit dem des Vaters 403 Fr. 17 Sous; es fehlen 95 Fr. 15 Sous.</p>
          <p>Wir erklären, daß dieses materielle und geistige Elend nicht länger währen darf. Lezoux, 21. Jan. 1849.&#x201C; (Folgen die Unterschriften). Wahrlich, diese Februarrepublik, die sich eine &#x201E;demokratische&#x201C; offiziell nennt, hat etwas so Gespenstiges bekommen, daß der Volksvertreter Pierre Lefranc völlig recht hat, wenn er in seinem vielgelesenen Gedichte, &#x201E;eine Schattenrepublik,&#x201C; sagt: &#x201E;Werthe Freunde, die ihr nicht an Magnetismus glaubt, hört die wunderliche Geschichte, die mir gestern begegnete. Meister Leon Faucher
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[1271/0001] Beilage zu Nr. 231 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 25. Februar 1849. [Italien] Die Regierung denkt vor allen Dingen an die Volksbewaffnung und die Rüstung gegen auswärtige Feinde. Die Bürgergarde, die den Namen Nationalgarde angenommen hat, wird überall vollständig bewaffnet und in mobile und sedentäre abgetheilt; die Mobilgarde wird als erstes Aufgebot ausrücken, die sedentäre Garde wird so organisirt, daß sie eintretenden Falls sofort mobil gemacht werden kann. Damit aber sofort ein zahlreiches und zugleich republikanisch gesinntes Corps an die Grenze rücken könne, werden überall Freiwillige für ein Jahr zum Militärdienst angeworben und besonders die unbeschäftigten Arbeiter aufgefordert, sich einschreiben zu lassen. Eine Million Franken wird den Familien Derer ausgetheilt, die sich im Kriege für die ital. Unabhängigkeit auszeichnen. Die bisherigen Gesandten Bargagli in Rom und Ganta und Martini beim Kongreß in Brüssel sind abberufen worden. An die Stelle des Letztern ist der Republikaner Frapolli ernannt. Die Linientruppen sind reorganisirt worden und ein Theil der Offiziere ist durch Demokraten ersetzt. Dennoch ist das toskanische Volk noch nicht zufrieden mit der Regierung Guerrazzi's. Es verlangt sofortige Proclamirung der Republik, Vereinigung mit Rom und Beseitigung der dadurch überflüssig gemachten besondern Nationalversammlung für Toskana. Wir werden in wenig Tagen die Nachricht haben, daß die Forderungen des tapfern toskanischen Volks durchgesetzt sind. ‒ In Livorno sind sechzig von Elba in zwei Schiffen ankommende Soldaten von der Nationalgarde zurückgewiesen und die beiden Anführer dieser Deserteure gefangen genommen worden. Auch nach Empoli (zwischen Pisa und Florenz), wo reaktionäre Bestrebungen sich zeigten, sind neue Truppen geschickt. Doch muß selbst das Journal des Débats gestehen, daß die provisorische Regierung seine Reaktionsversuche von Innern her mehr zu fürchten hat. Der Großherzog ist noch in Porto Santo Steffano; die ganze Maremma ist unter den Waffen gegen ihn, die Wege sind coupirt und trotz des Goldes, das er nach allen Seiten ausstreut, gelingt es ihm nicht sich in diesem armen Lande eine Vendee zu organisiren. * Rom, 11. Febr. Sitzung der Constituante. 147 Volksrepräsentanten gegenwärtig. Muzzarelli, bisher Minister der auswärtigen Angelegenheiten, theilt die Depesche des toskanischen Gesandten mit, die die Flucht Leopolds anzeigt, so wie daß Gioberti dem neapolitanischen Gesandten angezeigt habe, er habe Turin zu verlassen (Beifall). Auf den Vorschlag des Präsidenten werden drei Mitglieder ernannt, um sogleich während der Sitzung eine Adresse an's toskanische Volk zu redigiren (s. R. Rh. Z. v. gestern). Desgleichen wird eine Commission erwählt, um das Reglement der alten Kammer für die Constituante zu bearbeiten. Die Debatte kommt nun auf die Form der provisorischen Regierung. Politi spricht gegen die Präsidentschaft als zu monarchisch, gegen das Konsulat, das antike Tugenden fordere, gegen das bloße Ministerium, das ein Kind der Monarchie und ohne Stabilität sei. Er schlägt das jederzeit absetzbare Triumvirat vor, die die allgemeine Politik des Staats leiten und den Ministern, als ihren Commis, die detaillirte Ausführung überlassen. Nach einer Debatte, an der Gabussi, Audinot und Bonaparte theil nehmen, wird die aus drei Mitgliedern bestehende Kommission als provisorische Regierung angenommen und Armatelli (139 St), Salicetti (114 St.) und Montecchi (82 St.) zu Mitgliedern derselben gewählt. Bemerkenswerth ist, daß die beiden ersten, die zugleich die größte Stimmenmehrheit erhielten, die Kandidaten der radikalen, durch den „Tribuno“ vertretenen Partei sind. ‒ Die provis. Regierung hat die weiß-gelbe Kokarde abgeschafft und die grün-weiß-rothe (italiänische) Kokarde dafür eingeführt. Die Pfaffen intriguiren auf jede Weise gegen die Republik. Am 11. sollte die Geistlichkeit des Vatikans das Tedeum zur Feier der Republik singen und weigerte sich. Die Republikaner waren großmüthig genug, die Herren Pfaffen weiter nicht zu molestiren und das Tedeum durch einen von Soldaten assistirten Feldprediger singen zu lassen. Alle Volksrepräsentanten und eine zahllose Volksmenge waren zugegen. * Turin, 17. Febr. Das Ministerium Gioberti ist durch die entschiedene Haltung der öffentlichen Meinung so eingeschüchtert, daß es erklärt hat: er werde weder in Rom noch in Toskana bewaffnet interveniren Cadorna, Minister des öffentl. Unterrichts, hat gestern in der Kammer erklärt, das Kabinet, eifersüchtig auf seinen populären Ursprung, werde seinem Programme treu bleiben. „Ich weiß, es heißt, das Kabinet wolle den Römern ihren Fürsten mit Gewalt wieder aufdrängen. Eine solche Versicherung ist der Politik des Ministeriums diametral entgegengesetzt. Wir haben den Pabst und das Ministerium durch gegenseitige Konzessionen versöhnen wollen; eine andere Politik würde unsern Grundsätzen widerstreiten. Unser Glaubensbekenntniß ist zu klar, als daß wir jemals das Princip der Volkssouveränetät hätten wieder in Zweifel stellen können. „Unsere Politik ist eine nationale italiänische, und diese haben wir bereits proklamirt, als von der spanischen Intervention die Rede war.“ Dieser positiven Erklärung hat der Minister zwar hinzugesetzt, man dürfe den Willen einer Partei nicht mit dem des Volks verwechseln; aber nach so bestimmter Erklärung hat eine solche allgemeine Phrase keinen Sinn. Wenn das Kabinet auf diese Phrasen dennoch eine Intervention stützen wollte, so würde es die Kammer selbst gegen sich aufbringen und sich die einzige Stütze rauben, die ihm noch geblieben. ** Die Journale aus Florenz und namentlich die Alba vom 15. Februar verlangen dringend die unmittelbare Vereinigung Toskana's mit Rom und die Proklamation der Republik. ‒ Zu Genua soll ein Konflikt stattgefunden haben zwischen den Anhängern der Constituante und ihren Gegnern. Die demokratische Partei soll das Uebergewicht behauptet haben. ‒ Zu Gaëta soll ein geheimes Konsistorium abgehalten werden und die Anrufung der bewaffneten Intervention Oestreich's, Frankreich's, Spanien's und Neapel's, nicht aber Piemont's, beschlossen worden sein. ‒ Mamiani hat seine Entlassung als Mitglied der römischen konstituirenden Versammlung eingereicht. Sie wurde angenommen. ‒ Die römische Versammlung hat in ihrer Sitzung vom 11. Febr. beschlossen, daß das durch den Vollziehungsausschuß ernannte Ministerium verantwortlich ist. ‒ Zanetti ist zum General der Nationalgarde von Florenz ernannt. ‒ Mazzini hat den Titel eines römischen Bürgers erhalten. Man denkt ihn in den Nachwahlen zu wählen. ‒ Die römische Republik schickt an die Regierung der französischen Republik die Bürger Beltrani und Pescantini, um Bande der Brüderlichkeit zwischen den beiden Republiken anzuknüpfen. Französische Republik. 17 Paris, 22. Febr. Die ganze demokratische Presse ist einig. Kassirung des Urtels gegen die fünf Tödter des Generals Brea zu fordern; nur die Blätter der Bornirten oder Bourgeoisrepublik wissen nicht recht, was für ein Gesicht sie zu der Sache machen sollen. Der, jetzt monatlich publicirte, „Populaire“ Cabet's sagt sehr richtig in der vorgestrigen Nummer: „Nach Art. 5 unserer Constitution ist die Todesstrafe in politischen Dingen abgeschafft; und dieser unsterbliche Artikel wird jetzt gerade von den honetten, gemäßigten Republikanern verletzt und, so zu sagen, auf fürchterliche Weise verhöhnt. Nach einer schleppenden Untersucherei von sieben Monaten treibt man die Angeklagten vor das Kriegsgericht und dieses, auf Wunsch des Hrn. General Marschall Bugeaud, entfernt sorgsam alle und jede Milde, rungsumstände und gelangt so endlich zu dem Resultate, süne Bürger zum Schaffott zu verdammen. Wollte man erwidern das denselben beigelegte Verbrechen sei kein politisches, so mußts man sie nicht vor ein Soldatengericht, nicht vor einen Ausnahmsgerichtshof, sondern vor das ordinäre Assisengericht stellen, welches allein über Mord zu entscheiden hat. Die moderirten, honetten Republikaner erkennen also weder die ewigen Menschheitsgesetze, noch die kürzlich von ihnen selbst gemachte Constitution als heilig an; sie stehen schon unter den Oestreichern, welche die Todesstrafe für alle Verbrechen abgeschafft haben; unsere Honetten und Moderirten betrachten die Constitution als ein Mittel, das Volk zu knebeln, um es später, entwaffnet und arg verstümmelt, der Gnade des Verschmitztesten und Stärksten zu überantworten.“ Weiterhin sagt dies Blatt: „Schon kennen unsere Reaktionäre, die verschiedenen Royalistenparteien, keine Grenze in ihrer Frechheit mehr. Sie beherrschen bereits vollständig alle Fächer der Verwaltung, die Magistraturen, das Heer. Beinah auf jedem Dorfe hauen sie die Freiheitspappel um, predigen den Bürgerkrieg mit seinen Entsetzlichkeiten; den Krieg gegen Paris, die Wegkaperung der öffentlichen Kassen. Sie träumen nur noch von Blut und Todtschlag, von Umwerfen der Republik, Niedermetzeln aller Republikaner; so weit schon versteigen sich ihre süßen Hoffnungen. Und wer es nicht glaubt, lese, was diese lorbeerbekränzten Helden der Straße Transnonain deklamiren, z. B. im Saal des Präfekten zu Bourges, vor den Magistratspersonen und Bürgeroffizieren hat der Marschall Bugeaud buchstäblich folgende denkwürdige Worte gesprochen: „Meine Herren, ich pflichte freudig einer Ansicht bei, die sich bereits durch ganz Frankreich von einer Ecke bis in die andere verbreitet hat, nämlich die, daß hinfort die Provinzen nicht mehr die Tyrannei der pariser Faktionen erdulden dürfen, nicht wieder also die Regierungsform annehmen, welche man ihnen etwa von Paris herabschickt. Nichts ist Paris, die Provinzen aber sind Alles.“ (Und derselbe tollgewordene alte dumme Bluthund soff noch vor 8 Monaten auf Banketts in den Provinzen auf Abschaffung der Kriege; jetzt läßt ihn die windischgrätzliche Gloria nicht schlafen.) „Nein, wir dulden es nimmer wieder, daß eine Handvoll Catilina's, und ich glaube, dieser Name macht Leuten noch viel zu große Ehre, die tief unter Catilina stehen, daß eine Schaar von einigen tausend bösartigen oder verwirrten Köpfen ihren Willen der kolossalen Majorität des Landes aufzwingt.“ (Wenn nicht nächstens „Vater“ Bugeaud, dieser große Biedermann, Gemüthsmensch, Held, Redner, Volksschriftsteller, Arbeitermörder, Marokkobesieger, Runkelrübenbauer und Freund des Landmanns in seinem Departement, einem der dümmsten Notabene, den schwarzen Adlerorden und das Teltower Bürgerrecht kriegt, so liegt die Schuld nicht an ihm.) Er schäkert weiter: „Eins thut noth, meine Herren, und ganz Frankreich muß es sich merken, und ebenso auch andere Länder: wenn die rothe Republik durch einen Handstreich, und sei's nur einen Tag, eine Stunde lang, die Oberhand bekäme, dann müssen wir Provinzialen schnell die öffentlichen Kassen in Beschlag nehmen, die Eisenbahnen besetzen, die Telegraphen und sonstigen Verbindungen mit Paris abschneiden. Ich bin alsdann auf den ersten Wink bereit, und ich zähle auf Sie, wie Sie auf mich. Ja, meine Herren, gelänge es den Rothen, den Präsidenten zu stürzen … ich würde mit vier Mann und einem Korporal gegen Paris aufbrechen, und von allen Seiten des Landes kämen hinter mir her alle guten und muthbeseelten Bürger, um die Gesellschaft zu retten.“ Die Nationalgarde in Lyon bleibt aufgelöst; Ehren-Faucher quakte gestern auf der Tribune, er wage nicht, sie zu reorganisiren, da die sozialen und politischen Zwistigkeiten daselbst gar heftig wucherten. Er löst heute die Artillerie der Bürgerwehr in Dijon auf, als gar zu demokratisch, wie die Pariser, welche seit Juni keine eigenen Kanonen mehr besitzt und vom Kommandanten Changarnier, dem Philippisten, auch aufgelöst wird. Der Corsaire hüpft vor Freuden; es scheint, daß diese Bürger-Artilleriekorps seit 1792 die revolutionäre Gesinnung traditionell sich überliefert haben. Fast alle bedeutenden Klubisten stehen oder standen im ganzen Lande in der Bürgerartillerie. Täglich hagelt es Absetzungen und freiwillig erzwungene Abschiede; z. B. der überaus würdige Prokurator der Republik zu Chalons an der Saone schreibt an den Generalprokurator die scharfen Worte, die, wie eine Mahnung an das nahende Volksgericht, aus der Feder eines herben Juristen hervortönen: „Empört in tiefster Seele über den politischen Gang der Regierung, empört über seine verächtlichen Ränke, seine schamlosen Ausflüchte, aus denen sich sonnenklar seine Absicht ergiebt, die demokratischen Institutionen zu vertilgen, glaube ich, Herr Generalprokurator, länger nicht, ohne meiner Ehre zu schaden, auch nur scheinbar der Helfershelfer so vieler rückschreitender Maßregeln bleiben zu dürfen. Ich lege mein Amt nieder. Ich hatte es empfangen von den Stiftern dieser armen Republik, die heute so grausam verhöhnt, besudelt, geschändet wird. Mit freudigem Stolze hatte ich damals diesen Posten angetreten, entschlossen die hohen Prinzipien von 1789 und von 1848 zu wahren. Aber heute könnte ich es nicht länger, denn in den Augen unserer Regierer wäre das so viel wie Amtsbruch begehen. Deshalb also steige ich herab von meinem Richtersessel, meine Pflicht ruft mich andershin. Hoch lebe die Republik! Inzwischen nehme ich Gelegenheit, Ihnen, mein Herr Generalprokurator, den vollständig ruhigen Zustand unseres Chalons anzuzeigen; die zwei offiziellen Artikel im Moniteur vom 2. und 3. Febr. sind pure Spiegelfechtereien gewesen, die Ihnen durchaus nicht Anstoß geben dürfen. Der Prokurator der Republik, Brysset.“ So geht denn das Eskamotiren rüstig weiter. Und nach Außen hin ist die s. g. neue katholische Allianz zwischen Spanien, Neapel, Olmütz und der französischen Republik zur Herstellung der päbstlichen Landesherrschaft geschlossen. In Gegenwart dieser Infamie, deren Kolossalität nur der klar erkennt, der die Kardinalstyrannei gesehen, ist die schnell kräftige Wirksamkeit des Todesvereins (associazione del morte) eine Unerläßlichkeit, eine traurige Nothwendigkeit. Der französische Schuft und Sophist Rossi hat verröchelt auf den Plastersteinen Roms; man spricht von zwei Stiletstichen, die der Bombardirkönig bekommen. Wenn ganze Volksmassen, ganze Klassen, ganze Familienreihen, ganze Generationen von einer Handvoll Verrückter oder Spitzbuben im Purpur moralisch, intellectuell und physisch ruinirt werden: was ist dann zu thun? wer da weiß, daß zweimal zwei vier macht, findet vielleicht auch die Antwort.“ (Pensiero italiano). Der Präsident Bonaparte ist sehr erboßt auf den römischen Bonaparte, der gar zu treu den Republikaner spielt. Der Präsident gebehrdet sich schon wie ein Zaunkönig. Er hat letzthin zu seinem Vetter Pierre, der komisch genug eine Weile als Demokrat galt, gesagt: „wenn die Rothen losbrechen, nehme ich die Kaiserkrone und mache Krieg; wird sie mir dann zu drückend, so trete ich sie den Bourbonen ab und scheide vom Theater der Welt als ein unsterblicher Held.“ Vorläufig amüsirt er sich noch als „Bürger“; er zeigt aber eine solche Abneigung vor Geschäften, daß jene an Tollheit gränzende Idee an Wahrscheinlichkeit gewinnt. Seit 8 Tagen ist das wieder ein einziges Tanzen, Bankettiren, Musiciren, Spielen, Zechen und Promeniren; wenn er alle Minister und Ministerinnen bei sich bewirthet hat, läßt er sich der Reihe nach von jedem einladen, und ist das zu Ende, so fängt er wieder von vorn an. Barrot der edle Weise sagte neulich mit dem ihm eigenen Lakonismus: „das macht den Kommerz gehen“; und seine Presse jubelte diesem Salomonsspruche zu. „Auch das frierende, hungernde Volk, durch dessen sechs Millionen Vota er auf den Stuhl erhoben ward, wird wohl sehr jubeln, wenn es die angenehme Neuigkeit hört, daß sein Liebling, sein Herzenssöhnchen, sein Erkorner, der kleine Neffe eines großen Oheims, statt Amnestie und Steuererniedrigung und Abschaffung der neun Sous zu gewähren, mit Madame de Grammont Arm in Arm letzthin durch die warmen Salons spazirt ist und getanzt und stark gespeis't hat.“ (Voir du Peuple in Marseille). Mit der ihm eigenthümlichen Holzköpfigkeit hatte er zu einem famosen Balle die sämmtlichen Bürgerwehrobersten, mit Ausnahme des am 29. Januar arretirt gewesenen Obersten Forrestier der 6. Legion, eingeladen; was aber vorher laut ward, und die Obersten der 7. und 11., Professor Quinet und Dauphin, so erbitterte, daß sie ihm sagen ließen, weil Forrestier nicht hingehe, gingen auch sie nicht. Daß übrigens die Bürgerwehr, wo sie als demokratisch jetzt verdächtig wird, durch eine geheime Contrabürgerwehr, unter dem Lumpenproletariat und der goldenen Jugend geworben, in Schach gehalten werden soll, bestätigt sich; so in Dijon, wo die gegen die Republik mitverschwornen Behörden seit 14 Tagen wohlgefällig die geheimen Nachtsitzungen dieser Contrabürgerwehr ansehen; sie steht im innigsten Zusammenhang, oder ist vielmehr identisch, mit der großartigen Ordnungssocietät, die ein allgemeines Bartholomäusabschlachten der Republikanerhäuptlinge in mehreren Blättern des Südens anregte, und z. B. sagte: „Die Pariser dürfen sich sicher nicht über uns beklagen, sie gaben seit vierhundert Jahren öfter Beispiele des Niederhauens der Staats-, Religions- und Ordnungs- oder Gesellschaftsfeinde in Massen. So metzelte die für Burgund gestimmte Fleischerzunft in Paris im zweiten Jahrzehend des fünfzehnten Jahrhunderts an 2000 Armagnacs nebst Weib und Kind auf ein Zeichen nieder. So erschlugen die Gewerke von Paris auf ein Signal an 3000 Hugenotten. So schlug die Revolution von 92, vor der unsere modernen Banditen oder Socialdemokraten (sic!) anbetend auf den Knieen liegen, an 2000 politische Gefangene in den Pariser Kerkern auf ein Zeichen todt.“ Fiat applicatio ! Das Memorial „der Bordeaux'er Kaufmannschaft“ hat bereits ausgerechnet, daß unter den 33 Millionen Franzosen allerhöchstens heute eine halbe Mill. Demokraten existiren, die nach dem demokratischen Grundsatz: „die Majorität muß herrschen ‒ im Zügel gehalten, ja, nöthigenfalls auf einmal unschädlich gemacht werden sollten.“ Das Elend des Volkes ist von den zahllosen regierenden Biedermännern und Judassen sorgfältig bemäntelt worden, und sehr unangenehm berührt sie, daß der Befehl der Kammer vom 25. Mai „eine genaue Untersuchung über die industriellen und bäuerlichen Arbeiten anzustellen“ im Bezirk Lezouq in dem Cevennengebirge, beim Puy de Dome, ernstlich genommen und ausgeführt worden ist. Der Bericht enthält 29 Fragen und Bescheide; z. B. welche Industrieen könnten wir bei uns entwickeln? ‒ „Die Töpferei, dazu ist der Boden gut, aber wir müßten auch Märkte dafür haben. ‒ Wie steht es bei uns mit der Kleidung, Nahrung und Behausung unserer Arbeiter? Meistens schlecht. ‒ Woher kommt der Verfall der Industrie im Kanton? Aus Kreditmangel, wodurch ein Sinken aller Waare entsteht. ‒ Wie wäre dem aufzuhelfen? Durch Aufthun von Absatzörtern und Vermehren des allgemeinen Wohlergehens durch Kredit. ‒ Wie steht es um die Bildung des Arbeiters? Zwei Menschen unter Einhundert können lesen und schreiben.“ (Bekanntlich widersetzte sich Hr. Thiers bereits drei Mal, sowohl in den Bureaus als öffentlich, aufs heftigste gegen die Verbreitung der Volksschule, und das Amendement eines Montagnard: „nach sieben Jahren darf nur stimmen, wer lesen und schreiben kann,“ rief einen Sturm hervor unter diesen edlen Menschenfreunden in der Kammer, die vollkommen witterten, daß, bei fortgeführtem Schlendrian des Volksunterrichts es füglich sich treffen könnte, daß selbst nach sieben Jahren nur die Städteproletarier des Lesens und Schreibens kundig, die Landproletarier mithin, diese vielgeliebten Stützen der heutigen Reaktion, von der Votirurne ausgeschlossen, mithin die Reaktionschefs der Vernichtung überliefert wären. Auch fiel das Amendement durch.) Weiter heißt es: „Welche Industrie unsres Kantons stört die Gesundheit unsrer Arbeiter? ‒ Der Ackerbau; denn die Ziegelei und Töpferei sind nichts als Anhängsel zu jenem. Der Lohn des Erwachsnen ist zwanzig Sous, der Frau eilf Sous, des Kindes zehn Sous. Die Mittelbauer der Ackerarbeiten ist 260 Tage, also gewinnt im Jahre der Erwachsene 260 Fr., die Frau 143, das Kind 130. Aus Dokumenten die diesem Bericht beiliegen, erhellt daß 300 Fr. das Minimum des Jahresbedarfes sind; es fehlen also 40 Fr. Eine Familie, Mann, Weib, zwei kleine Kinder, braucht wenigstens 500 Fr. Kann die Mutter 260 Tage arbeiten, so macht ihr Lohn mit dem des Vaters 403 Fr. 17 Sous; es fehlen 95 Fr. 15 Sous. Wir erklären, daß dieses materielle und geistige Elend nicht länger währen darf. Lezoux, 21. Jan. 1849.“ (Folgen die Unterschriften). Wahrlich, diese Februarrepublik, die sich eine „demokratische“ offiziell nennt, hat etwas so Gespenstiges bekommen, daß der Volksvertreter Pierre Lefranc völlig recht hat, wenn er in seinem vielgelesenen Gedichte, „eine Schattenrepublik,“ sagt: „Werthe Freunde, die ihr nicht an Magnetismus glaubt, hört die wunderliche Geschichte, die mir gestern begegnete. Meister Leon Faucher

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Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 231. Köln, 25. Februar 1849. Beilage, S. 1271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz231b_1849/1>, abgerufen am 21.11.2024.