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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 221. Köln, 14. Februar 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 221. Köln, Mittwoch den 14. Februar. 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. -- Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jaques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Den Freunden unseres Blattes, welche noch zu abonniren wünschen, die Anzeige, daß wir für die Stadt Köln Abonnements fur den Zeitraum vom 15. Februar bis 31. März zum Preise von 20 Sgr. entgegen nehmen.

Auf die vielen Anfragen von auswärts bedauern wir erwidern zu müssen, daß unsere desfallsigen Anträge bei der Post auf Hindernisse gestoßen sind.

Die Geranten.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Der erste Preßprozeß der "N. Rh. Z." -- Die Entrüstung des Bürgers Schwanebeck. -- Neues Zeitungskartell.) Berlin. (Eine Erklärung Bisky's gegen Mißbrauch seines Namens. -- Pläne des Ministeriums bezüglich der Kammern. -- Wahlresultate. -- Fortsetzung der Abgeordnetenliste.) Greifswald. (Verfahren gegen Militär-Arrestanten). Posen. (Landräthliche Wahlumtriebe.) Wien. (Finanzministerlicher Plan, zu 25 Mill. zu gelangen.) München. (Die II. Kammer für das "einige" Deutschland.)

Ungarn. Vinkovce. (Die Einnahme Esseck's.)

Donaufürstenthümer. Bukarest. (Eine Weisung aus Petersburg.)

Polen. Krakau. (Schleuniges Ausrücken von Artillerie.)

Italien. (Aufregung in Neapel. -- Päbstliche Freiwillige in Ponte Corvo -- Emeute in Florenz. -- Steigende Auswanderung der Lombarden) Venedig. (Admiral Albini.)

Schweiz. Bern. (Aufhebung des Ursulinerinnen-Ordens.)

Franz. Republik. Paris. (Brief eines Juni-Deportirten. -- Eindruck der preuß. Wahlen. -- Die Tödter des Generals Brea. -- Rückforderung der Milliarde von 1825. -- Ausweisung von mißliebigen Deutschen. -- Vermischtes.)

Spanien. Gibraltar. (Das englische Geschwader gegen Marocco.)

Amerika. New-York. (Californien.)

Deutschland.
068 Köln, 13. Februar.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Köln, 13. Febr.

"Ein Gefühl tiefster Entrüstung führt heute unsere Feder." Mit diesen Worten beginnt der entrüstete Schwanbeck heute den leitenden Artikel der Kölnischen Zeitung über die östreichische Note.

Ein Gefühl höchster Heiterkeit bemächtigte sich unser, als wir diese Zeilen lasen. Vorgestern noch schilderten wir den braven Schwanbeck als den Ritter der sittlichen Entrüstung, und heute schon gesteht der ergötzliche Leitdithyrambiker, daß das Porträt getroffen ist, indem er gleich in der ersten Zeile "ein Gefühl höchster Entrüstung seine Feder führen" läßt!

Dieser entrüstete Schwanbeck ist einer der possterlichsten Käuze der ganzen deutschen Tagespresse. Er hat unter Andern bei der Kölnischen Zeitung auch das Amt, wöchentlich wenigstens einmal durch seine "tiefste Entrüstung" gegen irgend einen Fürsten im tiefsten Hintergrunde von Europa oder Asien den unabhängigen Charakter des ehrenwerthen Blattes zu bethätigen.

Schon vor der Februar-Revolution durfte er in Polen und den Donaufürstenthümern in gemessenen Zwischenräumen einen gewiegten Freisinn zu Tage fördern. Seit der Erfindung der preußischen Kaiserkrone von Klein-Deutschland, ist es ihm sogar gestattet, die Brandspritze seiner grandes coleres von Zeit zu Zeit selbst gegen Oestreich spielen zu lassen. Das schadet weder bei der Annoncen-Kundschaft, noch bei den Abonnenten, und wird in Potsdam so ungern nicht gesehen.

Das Alles verhindert aber unsern Schwanbeck nicht, jeden Morgen seine gehörige Anzahl Magyaren zum Frühstück zu verzehren und auf der dritten Seite für dieselben Oestreicher zu schwärmen, für die er auf der ersten Seite nur "ein Gefühl tiefster Entrüstung" hat.

Mit welcher Unbefangenheit der brave Mann dies noble Gewerbe treibt, davon liefert die heutige Kölnische Zeitung ein ergötzliches Beispiel. Auf der ersten Seite "tiefste Entrüstung" über den "Fehdebrief Oesterreichs an den deutschen Bundesstaat." Auf der vierten Seite "sind die Nachrichten aus Siebenbürgen diesmal ziemlich beunruhigender Art" -- beunruhigend nämlich für Oesterreich, für dasselbe Oesterreich, das dem "deutschen Bundesstaat" seinen "Fehdebrief" hinwirft!

Voila ce que c'est que la grande politique!

Apropos der Kölnischen Zeitung, wollen wir nicht vergessen mitzutheilen, was dies wahrhaftige Organ über die neuesten Pläne der Demokraten meldet. In Verviers nämlich soll ein "Kongreß von Demokraten verschiedener Nationen" stattfinden und damit diese Leute keinen Putsch über die preußische Grenze versuchen, ist eine halbe Batterie nebst Cavalleriebedeckung nach Aachen kommandirt. Ein demokratischer Kongreß im belgischen Musterstaat! Höchst gefährlich!

Wie wir hören, hat sich der Kölner Bürgerverein Behufs Vertheidigung des Vaterlandes zur Verfügung des Hrn. Oberst Engels gestellt.

068 Köln, 13. Februar.

Habent sua fata libelli! Derselbe begeisterungstrunkne Artikel des tüchtigen Schwanbeck, der uns vorigen Sonntag eine heitere Stunde bereitete, kommt uns heute wieder zu -- in der Weserzeitung vom 10. Februar. Unsre Leser verstehen nicht, wie das zusammenhängt. Die Sache ist aber sehr einfach.

Man erinnert sich: Schwanbeck citirte am Schluß seines Artikels "ein norddeutsches Blatt," das die Herrschaft der Bourgeoisie in Deutschland für gesichert hielt. Schwanbeck äußerte seine leisen Zweifel daran. Dieses Citat war aus der Weserzeitung. Was thut die Weserzeitung, um sich zu revanchiren? Sie druckt den ganzen Artikel ab, mit Ausnahme der aus ihr abgedruckten Stelle, und stempelt ihn obendrein mit dem freilich etwas bedenklichen Prädikat "geistreich geschrieben."

Man sieht, es besteht ein vollständiges Kartell zwischen der Kölnischen Nachbarin und dem "norddeutschen Blatte." Was wird nun die Kölnische thun, um der Weser-Zeitung das Compliment wiederzugeben? -- Es bleibt ihr nichts als ihren eignen Artikel aus der Weser-Zeitung wieder abzudrucken mit der Einleitung: Ein achtungswerthes Organ in Norddeutschland entnimmt der Kölnischen Zeitung folgende bemerkenswerthe Zeilen, u. s. w.

068 Berlin, 9. Februar.

Unter diesem Datum übersendet uns Hr. L. Bisky folgende Erklärung:

Eine gewisse Fraktion im Handwerkerstande agitirt seit längerer Zeit für die Wiederbelebung des Zunftzwanges und der Gewerbeprivilegien.

Neuerdings war es ihr gelungen, eine längere Audienz bei dem Minister von der Heydt zu erhalten und dort unter der Firma von "Vertretung des Handwerkerstandes" die Vorlagen des Ministers zu berathen.

Die Stimmführer dieser Partei hatten in jeder Provinz die Wahlen für diese "Vertretung" gebildet, ja sogar den Wahlmodus willkürlich bestimmt. Es konnte somit nicht fehlen, daß fast nur jene einseitige Richtung vertreten war.

Die Berliner Gesellenschaft, welche wenig Neigung hat, den Absolutismus der Arbeit wieder einzuführen, trug s. Z. dem Hrn. Minister ihr Bedenken, nicht blos gegen die doppelte Vertretung des Meisterthums, sondern auch gegen die Einseitigkeit der Wahlen vor und wählte später den Unterzeichneten zu ihrem Abgeordneten bei den Ministerialconferenzen. Sie beauftragten ihn, mit Entschiedenheit das Recht der freien Arbeit und des freien Erwerbs gegen die Uebergriffe jener Zunftbestrebungen zu wahren Ich habe dies nach besten Kräften gethan, und wenn ich bei den Abstimmungen der einzige Gegner der übrigen Handwerker gewesen bin, so konnte ich wohl annehmen, daß ich bei einer nicht so einseitigen Vertretung der Betheiligten mehr Unterstützung gefunden hätte.

Nach Abschluß der allgemeinen Berathungen wurde noch eine letzte Zusammenkunft der Abgeordneten in Aussicht gestellt, wo wir die Entschließungen des Ministeriums entgegennehmen und unsre Erklärungen darüber abgeben sollten.

Der Herr Schützendorf aus Köln übernahm es, die Einladungen zu dieser Zusammenkunft den einzelnen Abgeordneten zukommen zu lassen. Diese Zusammenkunft hat stattgefunden, ohne daß ich davon in Kenntniß gesetzt worden bin. Warum Herr Schützendorf dies, seiner übernommenen Verpflichtung entgegen, nicht gethan, stelle ich dahin. Vielleicht handelte es sich darum, einen allseitigen Dank für die in Aussicht gestellten Beschränkungen auszusprechen.

Indeß will ich gern annehmen, er habe "vergessen," mich einzuladen; womit denken aber die Herren Schützendorf und Genossen es zu entschuldigen, wenn dieselben im Namen der Vertreter des Handwerkerstandes (vergleiche Nro. 20 der Köln. Ztg.) eine Ansprache erlassen und sich nicht entblöden, ohne mein Wissen und Willen, auch meinen Namen in die Liste der Unterschriften mit aufzunehmen und dabei von unsern Anträgen, unserm Dank, unsern Hoffnungen zu sprechen? Herr Schützendorf, der als Sprecher und Agitator seiner Partei gilt, sucht sich gegen jede "Schmähung" hinter den eisernen Harnisch der Unverantwortlichkeit zu verstecken; ich fordere ihn auf, zu erklären, ob er auch für die Unterschiebung fremder Namen zu Parteizwecken keine Verantwortung kennt?

Schließlich erkläre ich jeden für einen Betrüger, der ohne meine Zustimmung meinen Namen unterzeichnet.

Berlin, den 6. Februar 1849.

L. Bisky, Goldschmied.

X Berlin, 11. Februar.

In Vollziehung des Gesetzes vom 17. Oktober bringt uns zwar der heutige Staatsanzeiger die Nachricht, daß der Minister des Innern angewiesen worden, die seit drei Monaten aufgelöste Berliner Bürgerwehr zu reorganisiren, und daß der Minister hierzu die nöthigen Anweisungen an die untergeordneten Behörden schon erlassen hat. Man täuscht sich aber sehr, wenn man mit dieser Reorganisation der Bürgerwehr die Fortdauer des Belagerungszustandes für unverträglich erachtet und daher die Hoffnung hegt er werde bald aufgehoben werden. Die Bürgerwehr wird den Zwecken, welche die herrschende Partei durch den Belagerungszustand hauptsächlich zu erreichen beabsichtigt, nicht in den Weg treten. Sie wird der Presse ihre Freiheit nicht wieder geben; sie wird dem Volke die Klubs nicht öffnen und demselben die Gelegenheit nicht wieder schaffen, der Regierung täglich seine Meinung zu sagen. Und das sind ja gerade die beiden Zwecke, welche der Belagerungszustand im Auge hat. Belagerungszustand und Berliner Bürgerwehr können also sehr gut neben einander stehen.

Das schon mehrfach von uns erwähnte Gerücht, wonach das Ministerium den Zusammentritt der Kammern möglichst lange zu verschieben gedenkt, erhält sich, nimmt aber seit einigen Tagen die neue Form an, daß die Kammern zwar am 26. einberufen aber sofort wieder vertagt werden sollen.

Man bringt dies mehr als je mit den Plänen des Kabinets bezüglich der deutschen Frage in Zusammenhang; die Regierung heißt es, wolle vor Allem das Frankfurter Parlament mit seinen Souverainetätsgelüsten los sein, um dann desto ungenirter hier der, wahrscheinlich ihrer Majorität nach, demokratischen Kammer die Spitze bieten zu können.

Gewisse perfide Artikel der "Deutschen Reform," welche hier unter dem Scheine der zärtlichsten Vorliebe für das Frankfurter Parlament die Idee aufs Eifrigste bevorwortet, es dürften die preußischen Kammern nicht eher zusammentreten, als bis die Frankfurter Versammlung ihre Aufgabe vollendet habe, werden hier allgemein als sogenannte ballons d'essai betrachtet, welche die Regierung in dem ihr pekuniär verpflichteten Blatte aufsteigen läßt, um der öffentlichen Meinung über diesen kitzlichen Punkt den Puls zu fühlen. Daß übrigens das Kabinet in jeder Beziehung die öffentliche Meinung verkennt, mag der Umstand zeigen, daß der letzthin von uns angezeigte Garnisonwechsel hauptsächtlich deshalb geschieht, weil die Kavallerie bei einem Straßenkampf nicht zu verwenden sei. Aus denselben Befürchtungen sucht man bei der jetzt stattfindenden theilweisen Einquartirung der Truppen in Privathäuser, namentlich Eckhäuser zu verlangen, und hat endlich auch deshalb die Absicht, das 24. Regiment, das man noch immer nicht für ganz zuverlässig hält, von hier fortzuschicken und das 19. an seine Stelle herzuziehen. Alle diese unnützen Dislocirungen von Truppen kosten den Steuerpflichtigen ein enormes Geld.

Es werden hier vier Nachwahlen zur zweiten Kammer statthaben; nämlich eine für Rodbertus im zweiten, da derselbe absichtlich die Wahl des ersten Bezirks annimmt, um im zweiten abermals einen Mann des linken Centrums wählen zu lassen; zwei für Waldeck und Jacoby im dritten und eine für Temme im vierten Wahlbezirk. Einstweilen circulirt hier eine von der reaktionären Partei in Umlauf gesetzte Petition, welche die Annullirung sämmtlicher hiesigen Wahlen verlangt, "weil die Gewählten nicht das Volk von Berlin vertreten."

Bei Reuter und Stargardt erschien soeben ein "Verzeichniß der neugewählten Abgeordneten zur zweiten Kammer mit möglichst genauer Angabe ihrer Parteistellung", was jedoch nur dahin zu ver- [Fortsetzung]

Hierzu eine Beilage.

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 221. Köln, Mittwoch den 14. Februar. 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jaques Rousseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Den Freunden unseres Blattes, welche noch zu abonniren wünschen, die Anzeige, daß wir für die Stadt Köln Abonnements fur den Zeitraum vom 15. Februar bis 31. März zum Preise von 20 Sgr. entgegen nehmen.

Auf die vielen Anfragen von auswärts bedauern wir erwidern zu müssen, daß unsere desfallsigen Anträge bei der Post auf Hindernisse gestoßen sind.

Die Geranten.

Uebersicht.

Deutschland. Köln. (Der erste Preßprozeß der „N. Rh. Z.“ — Die Entrüstung des Bürgers Schwanebeck. — Neues Zeitungskartell.) Berlin. (Eine Erklärung Bisky's gegen Mißbrauch seines Namens. — Pläne des Ministeriums bezüglich der Kammern. — Wahlresultate. — Fortsetzung der Abgeordnetenliste.) Greifswald. (Verfahren gegen Militär-Arrestanten). Posen. (Landräthliche Wahlumtriebe.) Wien. (Finanzministerlicher Plan, zu 25 Mill. zu gelangen.) München. (Die II. Kammer für das „einige“ Deutschland.)

Ungarn. Vinkovce. (Die Einnahme Esseck's.)

Donaufürstenthümer. Bukarest. (Eine Weisung aus Petersburg.)

Polen. Krakau. (Schleuniges Ausrücken von Artillerie.)

Italien. (Aufregung in Neapel. — Päbstliche Freiwillige in Ponte Corvo — Emeute in Florenz. — Steigende Auswanderung der Lombarden) Venedig. (Admiral Albini.)

Schweiz. Bern. (Aufhebung des Ursulinerinnen-Ordens.)

Franz. Republik. Paris. (Brief eines Juni-Deportirten. — Eindruck der preuß. Wahlen. — Die Tödter des Generals Brea. — Rückforderung der Milliarde von 1825. — Ausweisung von mißliebigen Deutschen. — Vermischtes.)

Spanien. Gibraltar. (Das englische Geschwader gegen Marocco.)

Amerika. New-York. (Californien.)

Deutschland.
068 Köln, 13. Februar.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
* Köln, 13. Febr.

„Ein Gefühl tiefster Entrüstung führt heute unsere Feder.“ Mit diesen Worten beginnt der entrüstete Schwanbeck heute den leitenden Artikel der Kölnischen Zeitung über die östreichische Note.

Ein Gefühl höchster Heiterkeit bemächtigte sich unser, als wir diese Zeilen lasen. Vorgestern noch schilderten wir den braven Schwanbeck als den Ritter der sittlichen Entrüstung, und heute schon gesteht der ergötzliche Leitdithyrambiker, daß das Porträt getroffen ist, indem er gleich in der ersten Zeile „ein Gefühl höchster Entrüstung seine Feder führen“ läßt!

Dieser entrüstete Schwanbeck ist einer der possterlichsten Käuze der ganzen deutschen Tagespresse. Er hat unter Andern bei der Kölnischen Zeitung auch das Amt, wöchentlich wenigstens einmal durch seine „tiefste Entrüstung“ gegen irgend einen Fürsten im tiefsten Hintergrunde von Europa oder Asien den unabhängigen Charakter des ehrenwerthen Blattes zu bethätigen.

Schon vor der Februar-Revolution durfte er in Polen und den Donaufürstenthümern in gemessenen Zwischenräumen einen gewiegten Freisinn zu Tage fördern. Seit der Erfindung der preußischen Kaiserkrone von Klein-Deutschland, ist es ihm sogar gestattet, die Brandspritze seiner grandes colères von Zeit zu Zeit selbst gegen Oestreich spielen zu lassen. Das schadet weder bei der Annoncen-Kundschaft, noch bei den Abonnenten, und wird in Potsdam so ungern nicht gesehen.

Das Alles verhindert aber unsern Schwanbeck nicht, jeden Morgen seine gehörige Anzahl Magyaren zum Frühstück zu verzehren und auf der dritten Seite für dieselben Oestreicher zu schwärmen, für die er auf der ersten Seite nur „ein Gefühl tiefster Entrüstung“ hat.

Mit welcher Unbefangenheit der brave Mann dies noble Gewerbe treibt, davon liefert die heutige Kölnische Zeitung ein ergötzliches Beispiel. Auf der ersten Seite „tiefste Entrüstung“ über den „Fehdebrief Oesterreichs an den deutschen Bundesstaat.“ Auf der vierten Seite „sind die Nachrichten aus Siebenbürgen diesmal ziemlich beunruhigender Art“ — beunruhigend nämlich für Oesterreich, für dasselbe Oesterreich, das dem „deutschen Bundesstaat“ seinen „Fehdebrief“ hinwirft!

Voila ce que c'est que la grande politique!

Apropos der Kölnischen Zeitung, wollen wir nicht vergessen mitzutheilen, was dies wahrhaftige Organ über die neuesten Pläne der Demokraten meldet. In Verviers nämlich soll ein „Kongreß von Demokraten verschiedener Nationen“ stattfinden und damit diese Leute keinen Putsch über die preußische Grenze versuchen, ist eine halbe Batterie nebst Cavalleriebedeckung nach Aachen kommandirt. Ein demokratischer Kongreß im belgischen Musterstaat! Höchst gefährlich!

Wie wir hören, hat sich der Kölner Bürgerverein Behufs Vertheidigung des Vaterlandes zur Verfügung des Hrn. Oberst Engels gestellt.

068 Köln, 13. Februar.

Habent sua fata libelli! Derselbe begeisterungstrunkne Artikel des tüchtigen Schwanbeck, der uns vorigen Sonntag eine heitere Stunde bereitete, kommt uns heute wieder zu — in der Weserzeitung vom 10. Februar. Unsre Leser verstehen nicht, wie das zusammenhängt. Die Sache ist aber sehr einfach.

Man erinnert sich: Schwanbeck citirte am Schluß seines Artikels „ein norddeutsches Blatt,“ das die Herrschaft der Bourgeoisie in Deutschland für gesichert hielt. Schwanbeck äußerte seine leisen Zweifel daran. Dieses Citat war aus der Weserzeitung. Was thut die Weserzeitung, um sich zu revanchiren? Sie druckt den ganzen Artikel ab, mit Ausnahme der aus ihr abgedruckten Stelle, und stempelt ihn obendrein mit dem freilich etwas bedenklichen Prädikat „geistreich geschrieben.“

Man sieht, es besteht ein vollständiges Kartell zwischen der Kölnischen Nachbarin und dem „norddeutschen Blatte.“ Was wird nun die Kölnische thun, um der Weser-Zeitung das Compliment wiederzugeben? — Es bleibt ihr nichts als ihren eignen Artikel aus der Weser-Zeitung wieder abzudrucken mit der Einleitung: Ein achtungswerthes Organ in Norddeutschland entnimmt der Kölnischen Zeitung folgende bemerkenswerthe Zeilen, u. s. w.

068 Berlin, 9. Februar.

Unter diesem Datum übersendet uns Hr. L. Bisky folgende Erklärung:

Eine gewisse Fraktion im Handwerkerstande agitirt seit längerer Zeit für die Wiederbelebung des Zunftzwanges und der Gewerbeprivilegien.

Neuerdings war es ihr gelungen, eine längere Audienz bei dem Minister von der Heydt zu erhalten und dort unter der Firma von „Vertretung des Handwerkerstandes“ die Vorlagen des Ministers zu berathen.

Die Stimmführer dieser Partei hatten in jeder Provinz die Wahlen für diese „Vertretung“ gebildet, ja sogar den Wahlmodus willkürlich bestimmt. Es konnte somit nicht fehlen, daß fast nur jene einseitige Richtung vertreten war.

Die Berliner Gesellenschaft, welche wenig Neigung hat, den Absolutismus der Arbeit wieder einzuführen, trug s. Z. dem Hrn. Minister ihr Bedenken, nicht blos gegen die doppelte Vertretung des Meisterthums, sondern auch gegen die Einseitigkeit der Wahlen vor und wählte später den Unterzeichneten zu ihrem Abgeordneten bei den Ministerialconferenzen. Sie beauftragten ihn, mit Entschiedenheit das Recht der freien Arbeit und des freien Erwerbs gegen die Uebergriffe jener Zunftbestrebungen zu wahren Ich habe dies nach besten Kräften gethan, und wenn ich bei den Abstimmungen der einzige Gegner der übrigen Handwerker gewesen bin, so konnte ich wohl annehmen, daß ich bei einer nicht so einseitigen Vertretung der Betheiligten mehr Unterstützung gefunden hätte.

Nach Abschluß der allgemeinen Berathungen wurde noch eine letzte Zusammenkunft der Abgeordneten in Aussicht gestellt, wo wir die Entschließungen des Ministeriums entgegennehmen und unsre Erklärungen darüber abgeben sollten.

Der Herr Schützendorf aus Köln übernahm es, die Einladungen zu dieser Zusammenkunft den einzelnen Abgeordneten zukommen zu lassen. Diese Zusammenkunft hat stattgefunden, ohne daß ich davon in Kenntniß gesetzt worden bin. Warum Herr Schützendorf dies, seiner übernommenen Verpflichtung entgegen, nicht gethan, stelle ich dahin. Vielleicht handelte es sich darum, einen allseitigen Dank für die in Aussicht gestellten Beschränkungen auszusprechen.

Indeß will ich gern annehmen, er habe „vergessen,“ mich einzuladen; womit denken aber die Herren Schützendorf und Genossen es zu entschuldigen, wenn dieselben im Namen der Vertreter des Handwerkerstandes (vergleiche Nro. 20 der Köln. Ztg.) eine Ansprache erlassen und sich nicht entblöden, ohne mein Wissen und Willen, auch meinen Namen in die Liste der Unterschriften mit aufzunehmen und dabei von unsern Anträgen, unserm Dank, unsern Hoffnungen zu sprechen? Herr Schützendorf, der als Sprecher und Agitator seiner Partei gilt, sucht sich gegen jede „Schmähung“ hinter den eisernen Harnisch der Unverantwortlichkeit zu verstecken; ich fordere ihn auf, zu erklären, ob er auch für die Unterschiebung fremder Namen zu Parteizwecken keine Verantwortung kennt?

Schließlich erkläre ich jeden für einen Betrüger, der ohne meine Zustimmung meinen Namen unterzeichnet.

Berlin, den 6. Februar 1849.

L. Bisky, Goldschmied.

X Berlin, 11. Februar.

In Vollziehung des Gesetzes vom 17. Oktober bringt uns zwar der heutige Staatsanzeiger die Nachricht, daß der Minister des Innern angewiesen worden, die seit drei Monaten aufgelöste Berliner Bürgerwehr zu reorganisiren, und daß der Minister hierzu die nöthigen Anweisungen an die untergeordneten Behörden schon erlassen hat. Man täuscht sich aber sehr, wenn man mit dieser Reorganisation der Bürgerwehr die Fortdauer des Belagerungszustandes für unverträglich erachtet und daher die Hoffnung hegt er werde bald aufgehoben werden. Die Bürgerwehr wird den Zwecken, welche die herrschende Partei durch den Belagerungszustand hauptsächlich zu erreichen beabsichtigt, nicht in den Weg treten. Sie wird der Presse ihre Freiheit nicht wieder geben; sie wird dem Volke die Klubs nicht öffnen und demselben die Gelegenheit nicht wieder schaffen, der Regierung täglich seine Meinung zu sagen. Und das sind ja gerade die beiden Zwecke, welche der Belagerungszustand im Auge hat. Belagerungszustand und Berliner Bürgerwehr können also sehr gut neben einander stehen.

Das schon mehrfach von uns erwähnte Gerücht, wonach das Ministerium den Zusammentritt der Kammern möglichst lange zu verschieben gedenkt, erhält sich, nimmt aber seit einigen Tagen die neue Form an, daß die Kammern zwar am 26. einberufen aber sofort wieder vertagt werden sollen.

Man bringt dies mehr als je mit den Plänen des Kabinets bezüglich der deutschen Frage in Zusammenhang; die Regierung heißt es, wolle vor Allem das Frankfurter Parlament mit seinen Souverainetätsgelüsten los sein, um dann desto ungenirter hier der, wahrscheinlich ihrer Majorität nach, demokratischen Kammer die Spitze bieten zu können.

Gewisse perfide Artikel der „Deutschen Reform,“ welche hier unter dem Scheine der zärtlichsten Vorliebe für das Frankfurter Parlament die Idee aufs Eifrigste bevorwortet, es dürften die preußischen Kammern nicht eher zusammentreten, als bis die Frankfurter Versammlung ihre Aufgabe vollendet habe, werden hier allgemein als sogenannte ballons d'essai betrachtet, welche die Regierung in dem ihr pekuniär verpflichteten Blatte aufsteigen läßt, um der öffentlichen Meinung über diesen kitzlichen Punkt den Puls zu fühlen. Daß übrigens das Kabinet in jeder Beziehung die öffentliche Meinung verkennt, mag der Umstand zeigen, daß der letzthin von uns angezeigte Garnisonwechsel hauptsächtlich deshalb geschieht, weil die Kavallerie bei einem Straßenkampf nicht zu verwenden sei. Aus denselben Befürchtungen sucht man bei der jetzt stattfindenden theilweisen Einquartirung der Truppen in Privathäuser, namentlich Eckhäuser zu verlangen, und hat endlich auch deshalb die Absicht, das 24. Regiment, das man noch immer nicht für ganz zuverlässig hält, von hier fortzuschicken und das 19. an seine Stelle herzuziehen. Alle diese unnützen Dislocirungen von Truppen kosten den Steuerpflichtigen ein enormes Geld.

Es werden hier vier Nachwahlen zur zweiten Kammer statthaben; nämlich eine für Rodbertus im zweiten, da derselbe absichtlich die Wahl des ersten Bezirks annimmt, um im zweiten abermals einen Mann des linken Centrums wählen zu lassen; zwei für Waldeck und Jacoby im dritten und eine für Temme im vierten Wahlbezirk. Einstweilen circulirt hier eine von der reaktionären Partei in Umlauf gesetzte Petition, welche die Annullirung sämmtlicher hiesigen Wahlen verlangt, „weil die Gewählten nicht das Volk von Berlin vertreten.“

Bei Reuter und Stargardt erschien soeben ein „Verzeichniß der neugewählten Abgeordneten zur zweiten Kammer mit möglichst genauer Angabe ihrer Parteistellung“, was jedoch nur dahin zu ver- [Fortsetzung]

Hierzu eine Beilage.

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          <p>Ein Gefühl höchster Heiterkeit bemächtigte sich unser, als wir diese Zeilen lasen. Vorgestern noch schilderten wir den braven Schwanbeck als den Ritter der sittlichen Entrüstung, und heute schon gesteht der ergötzliche Leitdithyrambiker, daß das Porträt getroffen ist, indem er gleich in der ersten Zeile &#x201E;ein Gefühl höchster <hi rendition="#g">Entrüstung</hi> seine Feder führen&#x201C; läßt!</p>
          <p>Dieser entrüstete Schwanbeck ist einer der possterlichsten Käuze der ganzen deutschen Tagespresse. Er hat unter Andern bei der Kölnischen Zeitung auch das Amt, wöchentlich wenigstens einmal durch seine &#x201E;tiefste Entrüstung&#x201C; gegen irgend einen Fürsten im tiefsten Hintergrunde von Europa oder Asien den unabhängigen Charakter des ehrenwerthen Blattes zu bethätigen.</p>
          <p>Schon vor der Februar-Revolution durfte er in Polen und den Donaufürstenthümern in gemessenen Zwischenräumen einen gewiegten Freisinn zu Tage fördern. Seit der Erfindung der preußischen Kaiserkrone von Klein-Deutschland, ist es ihm sogar gestattet, die Brandspritze seiner grandes colères von Zeit zu Zeit selbst gegen Oestreich spielen zu lassen. Das schadet weder bei der Annoncen-Kundschaft, noch bei den Abonnenten, und wird in Potsdam so ungern nicht gesehen.</p>
          <p>Das Alles verhindert aber unsern Schwanbeck nicht, jeden Morgen seine gehörige Anzahl Magyaren zum Frühstück zu verzehren und auf der dritten Seite für dieselben Oestreicher zu schwärmen, für die er auf der ersten Seite nur &#x201E;ein Gefühl tiefster Entrüstung&#x201C; hat.</p>
          <p>Mit welcher Unbefangenheit der brave Mann dies noble Gewerbe treibt, davon liefert die heutige Kölnische Zeitung ein ergötzliches Beispiel. Auf der ersten Seite &#x201E;tiefste Entrüstung&#x201C; über den &#x201E;<hi rendition="#g">Fehdebrief</hi> Oesterreichs an den deutschen Bundesstaat.&#x201C; Auf der vierten Seite &#x201E;sind die Nachrichten aus Siebenbürgen diesmal ziemlich beunruhigender Art&#x201C; &#x2014; beunruhigend nämlich für Oesterreich, für dasselbe Oesterreich, das dem &#x201E;deutschen Bundesstaat&#x201C; seinen &#x201E;Fehdebrief&#x201C; hinwirft!</p>
          <p>Voila ce que c'est que la grande politique!</p>
          <p>Apropos der Kölnischen Zeitung, wollen wir nicht vergessen mitzutheilen, was dies wahrhaftige Organ über die neuesten Pläne der Demokraten meldet. In Verviers nämlich soll ein &#x201E;Kongreß von Demokraten verschiedener Nationen&#x201C; stattfinden und damit diese Leute keinen Putsch über die preußische Grenze versuchen, ist eine halbe Batterie nebst Cavalleriebedeckung nach Aachen kommandirt. Ein demokratischer Kongreß im belgischen Musterstaat! Höchst gefährlich!</p>
          <p>Wie wir hören, hat sich der Kölner Bürgerverein Behufs Vertheidigung des Vaterlandes zur Verfügung des Hrn. Oberst Engels gestellt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar221_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Köln, 13. Februar.</head>
          <p>Habent sua fata libelli! Derselbe begeisterungstrunkne Artikel des tüchtigen Schwanbeck, der uns vorigen Sonntag eine heitere Stunde bereitete, kommt uns heute wieder zu &#x2014; in der Weserzeitung vom 10. Februar. Unsre Leser verstehen nicht, wie das zusammenhängt. Die Sache ist aber sehr einfach.</p>
          <p>Man erinnert sich: Schwanbeck citirte am Schluß seines Artikels &#x201E;ein norddeutsches Blatt,&#x201C; das die Herrschaft der Bourgeoisie in Deutschland für gesichert hielt. Schwanbeck äußerte seine leisen Zweifel daran. Dieses Citat war aus der Weserzeitung. Was thut die Weserzeitung, um sich zu revanchiren? Sie druckt den ganzen Artikel ab, mit Ausnahme der aus ihr abgedruckten Stelle, und stempelt ihn obendrein mit dem freilich etwas bedenklichen Prädikat &#x201E;geistreich geschrieben.&#x201C;</p>
          <p>Man sieht, es besteht ein vollständiges Kartell zwischen der Kölnischen Nachbarin und dem &#x201E;norddeutschen Blatte.&#x201C; Was wird nun die Kölnische thun, um der Weser-Zeitung das Compliment wiederzugeben? &#x2014; Es bleibt ihr nichts als ihren eignen Artikel aus der Weser-Zeitung wieder abzudrucken mit der Einleitung: Ein achtungswerthes Organ in Norddeutschland entnimmt der Kölnischen Zeitung folgende bemerkenswerthe Zeilen, u. s. w.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar221_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Berlin, 9. Februar.</head>
          <p>Unter diesem Datum übersendet uns Hr. L. <hi rendition="#g">Bisky</hi> folgende <hi rendition="#g">Erklärung</hi>:</p>
          <p>Eine gewisse Fraktion im Handwerkerstande agitirt seit längerer Zeit für die Wiederbelebung des Zunftzwanges und der Gewerbeprivilegien.</p>
          <p>Neuerdings war es ihr gelungen, eine längere Audienz bei dem Minister von der Heydt zu erhalten und dort unter der Firma von &#x201E;Vertretung des Handwerkerstandes&#x201C; die Vorlagen des Ministers zu berathen.</p>
          <p>Die Stimmführer dieser Partei hatten in jeder Provinz die Wahlen für diese &#x201E;Vertretung&#x201C; gebildet, ja sogar den Wahlmodus willkürlich bestimmt. Es konnte somit nicht fehlen, daß fast nur jene einseitige Richtung vertreten war.</p>
          <p>Die Berliner Gesellenschaft, welche wenig Neigung hat, den Absolutismus der Arbeit wieder einzuführen, trug s. Z. dem Hrn. Minister ihr Bedenken, nicht blos gegen die doppelte Vertretung des Meisterthums, sondern auch gegen die Einseitigkeit der Wahlen vor und wählte später den Unterzeichneten zu ihrem Abgeordneten bei den Ministerialconferenzen. Sie beauftragten ihn, mit Entschiedenheit das Recht der freien Arbeit und des freien Erwerbs gegen die Uebergriffe jener Zunftbestrebungen zu wahren Ich habe dies nach besten Kräften gethan, und wenn ich bei den Abstimmungen der einzige Gegner der übrigen Handwerker gewesen bin, so konnte ich wohl annehmen, daß ich bei einer nicht so einseitigen Vertretung der Betheiligten mehr Unterstützung gefunden hätte.</p>
          <p>Nach Abschluß der allgemeinen Berathungen wurde noch eine letzte Zusammenkunft der Abgeordneten in Aussicht gestellt, wo wir die Entschließungen des Ministeriums entgegennehmen und unsre Erklärungen darüber abgeben sollten.</p>
          <p>Der Herr <hi rendition="#g">Schützendorf</hi> aus <hi rendition="#g">Köln</hi> übernahm es, die Einladungen zu dieser Zusammenkunft den einzelnen Abgeordneten zukommen zu lassen. Diese Zusammenkunft hat stattgefunden, ohne daß ich davon in Kenntniß gesetzt worden bin. Warum Herr Schützendorf dies, seiner übernommenen Verpflichtung entgegen, nicht gethan, stelle ich dahin. Vielleicht handelte es sich darum, einen <hi rendition="#g">allseitigen</hi> Dank für die in Aussicht gestellten Beschränkungen auszusprechen.</p>
          <p>Indeß will ich gern annehmen, er habe &#x201E;vergessen,&#x201C; mich einzuladen; womit denken aber die Herren Schützendorf und Genossen es zu entschuldigen, wenn dieselben im Namen der Vertreter des Handwerkerstandes (vergleiche Nro. 20 der Köln. Ztg.) eine Ansprache erlassen und sich nicht entblöden, ohne mein Wissen und Willen, auch <hi rendition="#g">meinen</hi> Namen in die Liste der Unterschriften mit aufzunehmen und dabei von <hi rendition="#g">unsern</hi> Anträgen, <hi rendition="#g">unserm</hi> Dank, <hi rendition="#g">unsern</hi> Hoffnungen zu sprechen? Herr Schützendorf, der als Sprecher und Agitator seiner Partei gilt, sucht sich gegen jede &#x201E;Schmähung&#x201C; hinter den eisernen Harnisch der Unverantwortlichkeit zu verstecken; ich fordere ihn auf, zu erklären, ob er auch für die <hi rendition="#g">Unterschiebung</hi> fremder Namen zu Parteizwecken keine Verantwortung kennt?</p>
          <p>Schließlich erkläre ich jeden für einen Betrüger, der ohne meine Zustimmung meinen Namen unterzeichnet.</p>
          <p>Berlin, den 6. Februar 1849.</p>
          <p>L. <hi rendition="#g">Bisky,</hi> Goldschmied.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar221_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 11. Februar.</head>
          <p>In Vollziehung des Gesetzes vom 17. Oktober bringt uns zwar der heutige Staatsanzeiger die Nachricht, daß der Minister des Innern angewiesen worden, die seit drei Monaten aufgelöste Berliner Bürgerwehr zu reorganisiren, und daß der Minister hierzu die nöthigen Anweisungen an die untergeordneten Behörden schon erlassen hat. Man täuscht sich aber sehr, wenn man mit dieser Reorganisation der Bürgerwehr die Fortdauer des Belagerungszustandes für unverträglich erachtet und daher die Hoffnung hegt er werde bald aufgehoben werden. Die Bürgerwehr wird den Zwecken, welche die herrschende Partei durch den Belagerungszustand hauptsächlich zu erreichen beabsichtigt, nicht in den Weg treten. Sie wird der Presse ihre Freiheit nicht wieder geben; sie wird dem Volke die Klubs nicht öffnen und demselben die Gelegenheit nicht wieder schaffen, der Regierung täglich seine Meinung zu sagen. Und das sind ja gerade die beiden Zwecke, welche der Belagerungszustand im Auge hat. Belagerungszustand und Berliner Bürgerwehr können also sehr gut neben einander stehen.</p>
          <p>Das schon mehrfach von uns erwähnte Gerücht, wonach das Ministerium den Zusammentritt der Kammern möglichst lange zu verschieben gedenkt, erhält sich, nimmt aber seit einigen Tagen die neue Form an, daß die Kammern zwar am 26. einberufen aber sofort wieder vertagt werden sollen.</p>
          <p>Man bringt dies mehr als je mit den Plänen des Kabinets bezüglich der deutschen Frage in Zusammenhang; die Regierung heißt es, wolle vor Allem das Frankfurter Parlament mit seinen Souverainetätsgelüsten los sein, um dann desto ungenirter hier der, wahrscheinlich ihrer Majorität nach, demokratischen Kammer die Spitze bieten zu können.</p>
          <p>Gewisse perfide Artikel der &#x201E;Deutschen Reform,&#x201C; welche hier unter dem Scheine der zärtlichsten Vorliebe für das Frankfurter Parlament die Idee aufs Eifrigste bevorwortet, es dürften die preußischen Kammern nicht eher zusammentreten, als bis die Frankfurter Versammlung ihre Aufgabe vollendet habe, werden hier allgemein als sogenannte ballons d'essai betrachtet, welche die Regierung in dem ihr pekuniär verpflichteten Blatte aufsteigen läßt, um der öffentlichen Meinung über diesen kitzlichen Punkt den Puls zu fühlen. Daß übrigens das Kabinet in jeder Beziehung die öffentliche Meinung verkennt, mag der Umstand zeigen, daß der letzthin von uns angezeigte Garnisonwechsel hauptsächtlich deshalb geschieht, weil die Kavallerie bei einem Straßenkampf nicht zu verwenden sei. Aus denselben Befürchtungen sucht man bei der jetzt stattfindenden theilweisen Einquartirung der Truppen in Privathäuser, namentlich Eckhäuser zu verlangen, und hat endlich auch deshalb die Absicht, das 24. Regiment, das man noch immer nicht für ganz zuverlässig hält, von hier fortzuschicken und das 19. an seine Stelle herzuziehen. Alle diese unnützen Dislocirungen von Truppen kosten den Steuerpflichtigen ein enormes Geld.</p>
          <p>Es werden hier vier Nachwahlen zur zweiten Kammer statthaben; nämlich eine für <hi rendition="#g">Rodbertus</hi> im zweiten, da derselbe absichtlich die Wahl des ersten Bezirks annimmt, um im zweiten abermals einen Mann des linken Centrums wählen zu lassen; zwei für <hi rendition="#g">Waldeck</hi> und <hi rendition="#g">Jacoby</hi> im dritten und eine für <hi rendition="#g">Temme</hi> im vierten Wahlbezirk. Einstweilen circulirt hier eine von der reaktionären Partei in Umlauf gesetzte Petition, welche die Annullirung sämmtlicher hiesigen Wahlen verlangt, &#x201E;weil die Gewählten nicht das Volk von Berlin vertreten.&#x201C;</p>
          <p>Bei Reuter und Stargardt erschien soeben ein &#x201E;Verzeichniß der neugewählten Abgeordneten zur zweiten Kammer mit möglichst genauer Angabe ihrer Parteistellung&#x201C;, was jedoch nur dahin zu ver- <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                 </p>
          <p>
            <ref type="link">Hierzu eine Beilage.</ref>
          </p>
        </div>
      </div>
    </body>
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</TEI>
[1211/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 221. Köln, Mittwoch den 14. Februar. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 1/2 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jaques Rousseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Den Freunden unseres Blattes, welche noch zu abonniren wünschen, die Anzeige, daß wir für die Stadt Köln Abonnements fur den Zeitraum vom 15. Februar bis 31. März zum Preise von 20 Sgr. entgegen nehmen. Auf die vielen Anfragen von auswärts bedauern wir erwidern zu müssen, daß unsere desfallsigen Anträge bei der Post auf Hindernisse gestoßen sind. Die Geranten. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Der erste Preßprozeß der „N. Rh. Z.“ — Die Entrüstung des Bürgers Schwanebeck. — Neues Zeitungskartell.) Berlin. (Eine Erklärung Bisky's gegen Mißbrauch seines Namens. — Pläne des Ministeriums bezüglich der Kammern. — Wahlresultate. — Fortsetzung der Abgeordnetenliste.) Greifswald. (Verfahren gegen Militär-Arrestanten). Posen. (Landräthliche Wahlumtriebe.) Wien. (Finanzministerlicher Plan, zu 25 Mill. zu gelangen.) München. (Die II. Kammer für das „einige“ Deutschland.) Ungarn. Vinkovce. (Die Einnahme Esseck's.) Donaufürstenthümer. Bukarest. (Eine Weisung aus Petersburg.) Polen. Krakau. (Schleuniges Ausrücken von Artillerie.) Italien. (Aufregung in Neapel. — Päbstliche Freiwillige in Ponte Corvo — Emeute in Florenz. — Steigende Auswanderung der Lombarden) Venedig. (Admiral Albini.) Schweiz. Bern. (Aufhebung des Ursulinerinnen-Ordens.) Franz. Republik. Paris. (Brief eines Juni-Deportirten. — Eindruck der preuß. Wahlen. — Die Tödter des Generals Brea. — Rückforderung der Milliarde von 1825. — Ausweisung von mißliebigen Deutschen. — Vermischtes.) Spanien. Gibraltar. (Das englische Geschwader gegen Marocco.) Amerika. New-York. (Californien.) Deutschland. 068 Köln, 13. Februar. _ * Köln, 13. Febr. „Ein Gefühl tiefster Entrüstung führt heute unsere Feder.“ Mit diesen Worten beginnt der entrüstete Schwanbeck heute den leitenden Artikel der Kölnischen Zeitung über die östreichische Note. Ein Gefühl höchster Heiterkeit bemächtigte sich unser, als wir diese Zeilen lasen. Vorgestern noch schilderten wir den braven Schwanbeck als den Ritter der sittlichen Entrüstung, und heute schon gesteht der ergötzliche Leitdithyrambiker, daß das Porträt getroffen ist, indem er gleich in der ersten Zeile „ein Gefühl höchster Entrüstung seine Feder führen“ läßt! Dieser entrüstete Schwanbeck ist einer der possterlichsten Käuze der ganzen deutschen Tagespresse. Er hat unter Andern bei der Kölnischen Zeitung auch das Amt, wöchentlich wenigstens einmal durch seine „tiefste Entrüstung“ gegen irgend einen Fürsten im tiefsten Hintergrunde von Europa oder Asien den unabhängigen Charakter des ehrenwerthen Blattes zu bethätigen. Schon vor der Februar-Revolution durfte er in Polen und den Donaufürstenthümern in gemessenen Zwischenräumen einen gewiegten Freisinn zu Tage fördern. Seit der Erfindung der preußischen Kaiserkrone von Klein-Deutschland, ist es ihm sogar gestattet, die Brandspritze seiner grandes colères von Zeit zu Zeit selbst gegen Oestreich spielen zu lassen. Das schadet weder bei der Annoncen-Kundschaft, noch bei den Abonnenten, und wird in Potsdam so ungern nicht gesehen. Das Alles verhindert aber unsern Schwanbeck nicht, jeden Morgen seine gehörige Anzahl Magyaren zum Frühstück zu verzehren und auf der dritten Seite für dieselben Oestreicher zu schwärmen, für die er auf der ersten Seite nur „ein Gefühl tiefster Entrüstung“ hat. Mit welcher Unbefangenheit der brave Mann dies noble Gewerbe treibt, davon liefert die heutige Kölnische Zeitung ein ergötzliches Beispiel. Auf der ersten Seite „tiefste Entrüstung“ über den „Fehdebrief Oesterreichs an den deutschen Bundesstaat.“ Auf der vierten Seite „sind die Nachrichten aus Siebenbürgen diesmal ziemlich beunruhigender Art“ — beunruhigend nämlich für Oesterreich, für dasselbe Oesterreich, das dem „deutschen Bundesstaat“ seinen „Fehdebrief“ hinwirft! Voila ce que c'est que la grande politique! Apropos der Kölnischen Zeitung, wollen wir nicht vergessen mitzutheilen, was dies wahrhaftige Organ über die neuesten Pläne der Demokraten meldet. In Verviers nämlich soll ein „Kongreß von Demokraten verschiedener Nationen“ stattfinden und damit diese Leute keinen Putsch über die preußische Grenze versuchen, ist eine halbe Batterie nebst Cavalleriebedeckung nach Aachen kommandirt. Ein demokratischer Kongreß im belgischen Musterstaat! Höchst gefährlich! Wie wir hören, hat sich der Kölner Bürgerverein Behufs Vertheidigung des Vaterlandes zur Verfügung des Hrn. Oberst Engels gestellt. 068 Köln, 13. Februar. Habent sua fata libelli! Derselbe begeisterungstrunkne Artikel des tüchtigen Schwanbeck, der uns vorigen Sonntag eine heitere Stunde bereitete, kommt uns heute wieder zu — in der Weserzeitung vom 10. Februar. Unsre Leser verstehen nicht, wie das zusammenhängt. Die Sache ist aber sehr einfach. Man erinnert sich: Schwanbeck citirte am Schluß seines Artikels „ein norddeutsches Blatt,“ das die Herrschaft der Bourgeoisie in Deutschland für gesichert hielt. Schwanbeck äußerte seine leisen Zweifel daran. Dieses Citat war aus der Weserzeitung. Was thut die Weserzeitung, um sich zu revanchiren? Sie druckt den ganzen Artikel ab, mit Ausnahme der aus ihr abgedruckten Stelle, und stempelt ihn obendrein mit dem freilich etwas bedenklichen Prädikat „geistreich geschrieben.“ Man sieht, es besteht ein vollständiges Kartell zwischen der Kölnischen Nachbarin und dem „norddeutschen Blatte.“ Was wird nun die Kölnische thun, um der Weser-Zeitung das Compliment wiederzugeben? — Es bleibt ihr nichts als ihren eignen Artikel aus der Weser-Zeitung wieder abzudrucken mit der Einleitung: Ein achtungswerthes Organ in Norddeutschland entnimmt der Kölnischen Zeitung folgende bemerkenswerthe Zeilen, u. s. w. 068 Berlin, 9. Februar. Unter diesem Datum übersendet uns Hr. L. Bisky folgende Erklärung: Eine gewisse Fraktion im Handwerkerstande agitirt seit längerer Zeit für die Wiederbelebung des Zunftzwanges und der Gewerbeprivilegien. Neuerdings war es ihr gelungen, eine längere Audienz bei dem Minister von der Heydt zu erhalten und dort unter der Firma von „Vertretung des Handwerkerstandes“ die Vorlagen des Ministers zu berathen. Die Stimmführer dieser Partei hatten in jeder Provinz die Wahlen für diese „Vertretung“ gebildet, ja sogar den Wahlmodus willkürlich bestimmt. Es konnte somit nicht fehlen, daß fast nur jene einseitige Richtung vertreten war. Die Berliner Gesellenschaft, welche wenig Neigung hat, den Absolutismus der Arbeit wieder einzuführen, trug s. Z. dem Hrn. Minister ihr Bedenken, nicht blos gegen die doppelte Vertretung des Meisterthums, sondern auch gegen die Einseitigkeit der Wahlen vor und wählte später den Unterzeichneten zu ihrem Abgeordneten bei den Ministerialconferenzen. Sie beauftragten ihn, mit Entschiedenheit das Recht der freien Arbeit und des freien Erwerbs gegen die Uebergriffe jener Zunftbestrebungen zu wahren Ich habe dies nach besten Kräften gethan, und wenn ich bei den Abstimmungen der einzige Gegner der übrigen Handwerker gewesen bin, so konnte ich wohl annehmen, daß ich bei einer nicht so einseitigen Vertretung der Betheiligten mehr Unterstützung gefunden hätte. Nach Abschluß der allgemeinen Berathungen wurde noch eine letzte Zusammenkunft der Abgeordneten in Aussicht gestellt, wo wir die Entschließungen des Ministeriums entgegennehmen und unsre Erklärungen darüber abgeben sollten. Der Herr Schützendorf aus Köln übernahm es, die Einladungen zu dieser Zusammenkunft den einzelnen Abgeordneten zukommen zu lassen. Diese Zusammenkunft hat stattgefunden, ohne daß ich davon in Kenntniß gesetzt worden bin. Warum Herr Schützendorf dies, seiner übernommenen Verpflichtung entgegen, nicht gethan, stelle ich dahin. Vielleicht handelte es sich darum, einen allseitigen Dank für die in Aussicht gestellten Beschränkungen auszusprechen. Indeß will ich gern annehmen, er habe „vergessen,“ mich einzuladen; womit denken aber die Herren Schützendorf und Genossen es zu entschuldigen, wenn dieselben im Namen der Vertreter des Handwerkerstandes (vergleiche Nro. 20 der Köln. Ztg.) eine Ansprache erlassen und sich nicht entblöden, ohne mein Wissen und Willen, auch meinen Namen in die Liste der Unterschriften mit aufzunehmen und dabei von unsern Anträgen, unserm Dank, unsern Hoffnungen zu sprechen? Herr Schützendorf, der als Sprecher und Agitator seiner Partei gilt, sucht sich gegen jede „Schmähung“ hinter den eisernen Harnisch der Unverantwortlichkeit zu verstecken; ich fordere ihn auf, zu erklären, ob er auch für die Unterschiebung fremder Namen zu Parteizwecken keine Verantwortung kennt? Schließlich erkläre ich jeden für einen Betrüger, der ohne meine Zustimmung meinen Namen unterzeichnet. Berlin, den 6. Februar 1849. L. Bisky, Goldschmied. X Berlin, 11. Februar. In Vollziehung des Gesetzes vom 17. Oktober bringt uns zwar der heutige Staatsanzeiger die Nachricht, daß der Minister des Innern angewiesen worden, die seit drei Monaten aufgelöste Berliner Bürgerwehr zu reorganisiren, und daß der Minister hierzu die nöthigen Anweisungen an die untergeordneten Behörden schon erlassen hat. Man täuscht sich aber sehr, wenn man mit dieser Reorganisation der Bürgerwehr die Fortdauer des Belagerungszustandes für unverträglich erachtet und daher die Hoffnung hegt er werde bald aufgehoben werden. Die Bürgerwehr wird den Zwecken, welche die herrschende Partei durch den Belagerungszustand hauptsächlich zu erreichen beabsichtigt, nicht in den Weg treten. Sie wird der Presse ihre Freiheit nicht wieder geben; sie wird dem Volke die Klubs nicht öffnen und demselben die Gelegenheit nicht wieder schaffen, der Regierung täglich seine Meinung zu sagen. Und das sind ja gerade die beiden Zwecke, welche der Belagerungszustand im Auge hat. Belagerungszustand und Berliner Bürgerwehr können also sehr gut neben einander stehen. Das schon mehrfach von uns erwähnte Gerücht, wonach das Ministerium den Zusammentritt der Kammern möglichst lange zu verschieben gedenkt, erhält sich, nimmt aber seit einigen Tagen die neue Form an, daß die Kammern zwar am 26. einberufen aber sofort wieder vertagt werden sollen. Man bringt dies mehr als je mit den Plänen des Kabinets bezüglich der deutschen Frage in Zusammenhang; die Regierung heißt es, wolle vor Allem das Frankfurter Parlament mit seinen Souverainetätsgelüsten los sein, um dann desto ungenirter hier der, wahrscheinlich ihrer Majorität nach, demokratischen Kammer die Spitze bieten zu können. Gewisse perfide Artikel der „Deutschen Reform,“ welche hier unter dem Scheine der zärtlichsten Vorliebe für das Frankfurter Parlament die Idee aufs Eifrigste bevorwortet, es dürften die preußischen Kammern nicht eher zusammentreten, als bis die Frankfurter Versammlung ihre Aufgabe vollendet habe, werden hier allgemein als sogenannte ballons d'essai betrachtet, welche die Regierung in dem ihr pekuniär verpflichteten Blatte aufsteigen läßt, um der öffentlichen Meinung über diesen kitzlichen Punkt den Puls zu fühlen. Daß übrigens das Kabinet in jeder Beziehung die öffentliche Meinung verkennt, mag der Umstand zeigen, daß der letzthin von uns angezeigte Garnisonwechsel hauptsächtlich deshalb geschieht, weil die Kavallerie bei einem Straßenkampf nicht zu verwenden sei. Aus denselben Befürchtungen sucht man bei der jetzt stattfindenden theilweisen Einquartirung der Truppen in Privathäuser, namentlich Eckhäuser zu verlangen, und hat endlich auch deshalb die Absicht, das 24. Regiment, das man noch immer nicht für ganz zuverlässig hält, von hier fortzuschicken und das 19. an seine Stelle herzuziehen. Alle diese unnützen Dislocirungen von Truppen kosten den Steuerpflichtigen ein enormes Geld. Es werden hier vier Nachwahlen zur zweiten Kammer statthaben; nämlich eine für Rodbertus im zweiten, da derselbe absichtlich die Wahl des ersten Bezirks annimmt, um im zweiten abermals einen Mann des linken Centrums wählen zu lassen; zwei für Waldeck und Jacoby im dritten und eine für Temme im vierten Wahlbezirk. Einstweilen circulirt hier eine von der reaktionären Partei in Umlauf gesetzte Petition, welche die Annullirung sämmtlicher hiesigen Wahlen verlangt, „weil die Gewählten nicht das Volk von Berlin vertreten.“ Bei Reuter und Stargardt erschien soeben ein „Verzeichniß der neugewählten Abgeordneten zur zweiten Kammer mit möglichst genauer Angabe ihrer Parteistellung“, was jedoch nur dahin zu ver- [Fortsetzung] Hierzu eine Beilage.

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 221. Köln, 14. Februar 1849, S. 1211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz221_1849/1>, abgerufen am 29.03.2024.