Neue Rheinische Zeitung. Nr. 220. Köln, 13. Februar 1849. 126 Hamburg, 9. Febr. Der Senat opponirt gegen die pure Einführung der Grundrechte, gegen Aufhebung des Stellvertreterwesens und Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, gegen allgemeines Heimathsrecht und das Bürgerwerden der Juden oder mindestens gegen die Aufhebung der Selbstständigkeit der Judengemeinde, dadurch sind die Gegner des Senats bedeutend erstarkt und mit einer Anzahl Leute aus dem Mittelstande vermehrt worden, zu denen sich der Bürgermilitair-Verein gesellt hat, welcher etwa 3000 Mitglieder des Bürgermilitärs zählt, dadurch ist eine große Spaltung im Bürgermilitär entstanden und die Spannung sehr bedeutend. Das Central-Comite der verbundenen Vereine hat, um Hamburg in den Besitz der Grundrechte zu bringen, eine große Feier derselben angeordnet und ein Festcomite u. s. w. ernannt, welches dafür zu sorgen hat, daß im Laufe von 8 Tagen diese Feier vorgenommen werde und somit die ersten Schritte zur Besitzergreifung geschehen. Morgen beginnt der große "norddeutsche Arbeiter-Congreß", der wahrscheinlich stark besucht werden wird, da schon viele Anmeldungen hieher gelangt sind. * Dresden, 8. Febr. In der heutigen Sitzung der 2. Kammer wurde Bericht über die Blum'sche Angelegenheit erstattet. Nach Verlesung desselben bemerkte der Berichterstatter Tschirner: Eine solche Passivität, wie sie der Gesandte in Wien in der Blum'schen Angelegenheit gezeigt, könne nur aus Pflichtvergessenheit hervorgegangen sein. Ein solcher Mann könne länger nicht das Vertrauen des Volks haben, er könne sein Amt nicht länger verwalten und müsse abberufen werden. Obgleich die Deputation ihn strafbar erachtet, so habe sie hierauf keinen Antrag gestellt, weil hierüber die Dienstbehörde, das Ministerium, zu entscheiden habe, eine Untersuchung dürfe man nicht anbefehlen. Es dürfe eine Kabinetsjustiz weder von oben noch von unten geübt werden, ein Grundsatz, der freilich zu Zeiten von der Aristokratie, z. B. bei den waldenburger Ereignissen, nicht befolgt worden sei. Eine Pflichtverletzung habe der Gesandte sich zu Schulden kommen lassen, das könne das Gesandtenrecht nicht widerlegen. Schreibe dasselbe vor, in Zeiten der höchsten Gefahr blos Noten zu wechseln, dann möge man ein heiliges Feuer anzünden und diese Bücher, welche das Gesandtenrecht enthalten, verbrennen, und für solche Leute, welche nach diesem Rechte handeln, könne man keinen Pfennig mehr bezahlen. (Bravo auf der Tribune). -- Abgeordneter Auerswald wünscht, die Deputation wäre weiter gegangen, und verbreitet sich über das Verhalten des Gesandten. -- Abg. Kell aus Leipzig: Es sei Pflicht, diese Angelegenheit nicht vorübergehen zu lassen, ohne einen praktischen Nutzen daraus zu ziehen. Jene an Blum verübte That möge einen recht gründlichen Abscheu vor Belagerungszustand und Standrecht einflößen. Die Deutschen müßten darauf hinwirken, daß künftig nicht mehr Belagerungszustand und Standrecht verfügt werden könnten, das würde die beste Sühne für Blum's Tod sein. -- Sekeetär Jäkel spricht sich über das Verfahren des Gesandten aus und nennt die in dessen Bericht enthaltene angebliche Aeußerung Blum's vor seiner Tödtung, als ob er sein Verfahren bereue, eine Verläumdung und Lüge. -- Abgeordneter Tauerschmidt geht ebenfalls näher auf die Handlungsweise des Gesandten ein und sucht ferner darzuthun, daß sowohl die sächsische Regierung als auch die Centralgewalt sich schwach bewiesen hätten. Beide hätten energisch gegen Oestreich auftreten sollen. Oestreich verlangt von uns die Auslieferung der Deserteure, warum verlangen wir nicht von ihm die Auslieferung der Mörder Blum's?! -- Abg. Reimann: Die Deputation habe ihren Antrag vielleicht mit einer solchen Ruhe und Mäßigung abgefaßt, um eine einstimmige Genehmigung zu erzielen. Er sei entsetzt, als er die Berichte des Gesandten gelesen, entsetzt darüber, daß er unverhohlen sagen konnte, daß er für Blum nichts thun wolle! Es sei eine Dreistigkeit des Gesandten, mit welcher er sage, daß er seine Note an einen nichtssagenden Ort geschickt, denn dort sei weder Hülfe noch Auskunft zu erlangen gewesen. Niemand, selbst Gott im Himmel werde ihn nicht freisprechen können! -- Abgeordneter Lincke macht es dem Ministerium des Auswärtigen zum Vorwurf, daß es den Gesandten nicht unverweilt abberufen habe, und zieht auch gegen die Centralgewalt zu Felde, die stets nur da handle, wo es gelte die Demokratie niederzuhalten. Es gäbe aber noch eine andere Centralgewalt, welche den Tod Blum's sühnen werde, das sei die Centralgewalt im Reiche des deutschen Volksgeistes. -- Der Minister v. d. Pforten vertheidigt das Benehmen in höchst lahmer, jämmerlicher Weise, wie denn diese sächsischen Minister, die ehemals so gewaltige, aber immer höchst gemüthliche Opposition zu machen wußten, jetzt immer mehr in die Fußtapfen ihrer Vorgänger treten. -- Tschirner spricht noch ein Mal. Es gehe aus allen Dokumenten klar hervor, daß man Blum absichtlich um's Leben bringen wollte, seien doch Blum's letzte Proteste unterschlagen worden. "Das Andenken Blum's wird aber nicht aus unsern Herzen gerissen werden, wir wollen uns um seinen Namen wie um ein Panier schaaren, und der Sieg wird uns nicht fehlen!" (Stürmisches Bravo!) Der Antrag auf unverweilte Abberufung des Gesandten wird hierauf mit Namensauf einstimmig, der zweite Antrag: die Regierung möge bei der Centralgewalt die weitere Ausführung bes Beschlusses der Nationalversammlung vom 19. Nov. beantragen, gegen eine Stimme angenommen. 106 München, 8. Febr. Der Minister Beisler erklärte in der heutigen Kammersitzung, daß in Folge der Tags zuvor erfolgten Abstimmung der 2. Kammer (welche die Unterordnung unter die Frankfurter Beschlüsse fordert) das gesammte Ministerium seine Entlassung eingereicht habe. Man spricht bereits von einem Ministerium Hermann-Giech-Rotenhahn, mit einer Beimischung aus dem linken Centrum. 61 Wien, 8. Febr. Die Gährung nimmt in Wien überhand; Pesth, Prag und Mailand gehen Hand in Hand mit ihr. Ebenso die kleineren Städte; selbst Olmütz ist trotz des Hofes in freisinniger Aufregung. Auch die Bauern werden ob der vielen Rekruten, die sie stellen, und ob der Roboten, die sie wieder leisten müssen, stutzig. Ganz Oesterreich nimmt täglich mehr die Physionomien eines Vulkans an, der einem entsetzlichen Ausbruche nahe ist. Sie können versichert sein, daß wir keiner Franzosen mehr bedürfen werden, die 100 Nationen des Gesammtscheusals Oesterreich werden in ihrer höchsten Ueberzeugung jetzt eine werden, und diese Umwandlung stürzt die Regierung, stürzt das Scheusal. Das Donnerwetter wird furchtbar werden; in drei Wochen muß es losbrechen. -- Ungarn hält sich, und beschleunigt den Ausbruch des Furchtbaren, wenn es siegt. Das Ministerium begreift etwas von der Situation und befindet sich in der ärgsten Besorgniß, allein die Generale trotzen ihm. So wird der Zusammensturz Oesterreich's unvermeidlich, sein Accompagnement aber das furchtbarste werden. * Wien, 8. Febr. Berichte aus Temeswar vom 3. dieses melden, daß sich die aus Beschkerek, St. Thomas, Werschetz und Weißkirchen flüchtigen Magyaren ungefähr 12,000 Mann mit 40 Kanonen neuerdings gegen Arad gewendet, und die Festung beschießen. Nach Eingang dieser Nachricht marschirte Oberst Mayerhofer mit allen verfügbaren kaiserlichen Truppen und den Serbiern und Raitzen gegen Arad, um diese Festung zu entsetzen. Ein Gerücht besagt sogar, daß die Magyaren Arad erstürmt, geplündert und den Kommandanten Berger ermordet hätten. Die "Schwarzgelben" behaupten, Schlick habe nach der Vereinigung mit Schulzig die Offensive gegen Tokai ergriffen und die Magyaren zurückgeworfen. Görgey treibe sich bei Gonyös herum. Neuere Privatnachrichten bestätigen, daß in Kroatien große Unzufriedenheit herrsche und eine eigene Deputation an den Banus abgesendet werden soll, um hierüber zu remonstriren. Das Amtsblatt der Wiener Zeitung fordert nebst mehreren andern am Aufruhr Betheiligten auch den General Bem auf, sich vor Gericht zu stellen, widrigenfalls gegen ihn in contumaciam vorgegangen werden würde. Nach dem gestrigen Abend-Lloyd hat man in Asien bei Brusse auf dem Berge Olymp eine Pflanze aufgefunden, welche als zauberhaft wirkendes Spezificum gegen die Cholera sich bewähren soll. Diese Pflanze hat den Namen Zohrabik erhalten. 068 Wien, 7. Febr. Wieder 2 kriegsrechtliche Verurtheilungen, 1) des Plattensteiner, vormaligen Lieutenants des k. k. Kürassier-Regiments Nr. 3; 2) des L. Wittenberger, Bürger und Handelsmann. Jener zu 6 jährigem schweren Kerker (zu 4jährigem begnadigt), dieser zu 8 jährigem schweren Kerker (begnadigt zu 5 jährigem) verurtheilt, beide wegen ihrer Betheiligung an den Oktober-Vorfällen. In Pesth wurde der Benediktiner-Priester Gregor Czuczor, weil er in einem Gedichte unter dem Titel "Riado" (zum Aufbruch) die Magyaren zum Widerstande gegen den König und die k. k. Truppen aufgereizt hatte, zu 6 jährigem Festungsarrest in Eisen verurtheilt. * Wien, 6. Febr. Es ist allerdings sehr auffallend, daß man bei den vielen Geschichten von Wachtpostangriffen auch noch nicht einen der Uebelthäter ergriffen hat, die sich diese zu Schulden kommen ließen. Dadurch wächst der Verdacht, daß man auf alle ersinnliche Weise die Sympathien dem Soldatenstande zuwenden möchte. Ging es doch so weit, daß man für die "herzigen" Kroaten, die die Weiber geschändet, Kinder gemordet, und so Viele in ihrer Plünderungs- und Zerstörungswuth zu Bettlern gemacht, Wohlthätigkeitsakademien veranstaltete, während Feuer und Wasser, Krieg und Seuche über die armen Wiener Bürger mit vereinter Wuth hereingebrochen waren. Allein es waltet noch immer in gewissen Kreisen der Glaube, daß man mit dem Militärdespotismus auf die Länge auslangen könne, und die freisinnigen Ideen, nur von einigen Illuminaten ausgehegt, auch nur bei dem leiblichen und geistigen Proletariat Eingang und Nahrung fänden, der übrige Theil des Volks aber aus Fanatikern für die Ruhe bestände. (D. A. Z.) 61 Neutitschein, 6. Feb. Vielleicht interessirt es Sie, über und aus diesem Winkel etwas zu erfahren. Wer sich mit seiner Phantasie einmal in eine fabelhafte von der europäischen Kroaten-Civilisation noch nicht beleckte Urwildniß versetzen will, der pflegt z. B. an die Oasen der Sahara, oder an das Urinnere der nordamerikanischen Wälder zu denken. Ich begreife indessen kaum, warum solche exotische Phantasien nicht hübsch in Europa bleiben, wo sie im gelobten Lande von Habsburg-Tamerlan, in dem von kroatisirten Genies des Standrechts und der absoluten Verthierung zusammengehaltenen Gesammtviehstall, Oestreich, doch mehr antidiluvianische Romantik antreffen würden, als bei den Kabylen Afrikas oder unter den Karaiben und Troglodyten Amerikas. Die königl. preußische Langeweile Ratibors wenigstens möchte sich schwerlich auf pikantere Weise würzen lassen, als durch eine Ausflucht über die nahen Grenzen des Reichs der Mitte nach Troppau, Teschen, Bielitz, Neutitschein und vorzüglich übers Land. Die königl. preuß. Hofdemokraten Ratibors rühmen sich, die Ungarn gegen Comptantzahlung mit lahmen Kleppern, unbrauchbaren Waffen, sogar mit Speise und Trank unterstützt zu haben; doch es sind immerhin, wenn auch langweilige, Demokraten. Sobald man dagegen die chinesische Mauer überstiegen hat, welche das Reich der Mitte von dem deutschen Cochin-China trennt, hört vor lauter standrechtlichem Herzbeben alle königl. preuß. Langweile auf. Die preuß. Bureaukraten, Soldaten und Krautjunker wissen sich über Pferde, Hunde, Kerls u. s. w. mit Gott für König und Vaterland doch wenigstens anständig-langweilig zu unterhalten, wohingegen über die Lippen eines Bewohners des Reichs der Mitte niemals ein anderer Laut fährt, als: "Mocht nix! S'is olles ahn's! Ai frailich! und Worom nit gahr!" Solche Kraftgedanken lassen neben dem standrechtlichen Herzbeben eines bösen Gewissens keine Langweile aufkommen; der Geist des östreichischen Chinesen ist daher diesem interessanten Wesen einer königl. preuß. Existenz ganz unzugänglich. Troppau liegt nur 10 Minuten von Preußen, hat man aber einmal die chinesische Grenzmauer überschritten, so glaubt man 100 Jahre weit davon entfernt zu sein. Umsonst wies ich in dieser [unleserliches Material] schwarzgelben Stadt einen preuß. Friedrichsd'or vor, kein Mensch mußte, geschweige wechseln zu können, was er bedeute. "S'is kah Fronzel unn kah Ferdnand, s'is nix!" Damit mußte ich abziehen. In Troppau gibt's viele Tausende, die gar nicht wissen, daß das Land 10 Minuten jenseits kein östreichisches mehr ist. Sagt man: "Ich bin ein Preuße!" so glotzt einen der Troppauer fast mit ebendenselben Augen an, wie der Spanier und Türke es thun. Der Preuße ist für ihn noch ein apokalyptisches Fabelthier, man betrachtet ihn, wie die Unterthanen Montezumas die gelandeten Spanier betrachteten, mit einem unbeschreibbaren Ausdruck des Blödsinns. Armer verkannter Preuße! Zwischen Troppau und Teschen begleitete uns unter andern ein Lieutenant der kais. mit Pulver und Blei glorreichen Armee. Derselbe bemühte sich, ein gegenüber sitzendes "Madel" mit dem den abgerichteten Thieren jener glorreichen Armee eigenthümlichen Kretinenanstand zu unterhalten, indem er von seinen in Wien verübten Heldenthaten berichtete. Dieselben bestanden unter andern darin, daß er im November einem wehrlosen Studenten vor dem Cafe Francais in Wien den Kopf gespalten, nachdem er, nach dem Einzug des glorreichen russisch-begnadeten Windischgrätz, im Vertrauen auf die verheißene Rückgabe, abgelegte Privatwaffen der akademischen Legion gestohlen. Statt sich zu schämen, rühmte der kais. Mordgeselle sich beider Thaten vor mir und vor dem Madel, indem er mit der elegant-brutalen Bestialität des Landes "Ob der Ems" die Klinge herauszog und uns unter die Nase hielt. Auf der Klinge standen der Name eines bekannten Akademikers und die Erinnerungsdaten des 13. und 18. März, wie 26. Mai. Das Standrecht und meine königl. preuß. Erziehung verhinderten mich, dem Kumpan etwas anderes entgegenzusetzen, als Schweigen. Bald fesselte uns ein anderes Schauspiel. In einem ansehnlichen Orte war Rekrutentag gewesen, es mußten 80 Rekruten gestellt werden. Unter denen, die das Loos getroffen hatte, befanden sich Familienväter mit 8 Kindern, die man hinwegschleppte. Einer derselben hatte sich bedeutend widersetzt und mußte zur Strafe "Gassenlaufen". Der Lieutenant konnte sich nicht enthalten, dem "interessanten" Schauspiel beizuwohnen, und befahl daher dem Postillon, ohne Rücksicht auf mich, zu halten. Es geschah, und ich genoß auf diese Weise zum erstenmale den Anblick dieser österreichischen Kannibalen-Scheußlichkeit. Ich will Ihnen den Vorgang nicht beschreiben. Die kommandirten Bestien hieben unter freudigem Wiehern auf den Leib des Rekruten, bis die Fetzen Fleisch davon herabfielen. Hernach wurde der ganz wunde Körper des leblos daliegenden Menschen en plein air in mit Essig geweichte Tücher gehüllt, und davon getragen. Das dadurch wieder hervorgerufene ungeheure Schmerzgeschrei des Gemarterten wurde gänzlich überhört; die Offiziere rauchten ihre Pfeifen dabei und ließen mehrmal die genialen Worte vernehmen: "Mocht nix, S'is alles ahns!" -- Soldaten, welche bei solchen Exekutionen nicht tüchtig aufhauen, oder etwa ohnmächtig werden, müssen zur Strafe selber Gassenlaufen. Vielleicht mögen Sie's trotz meiner Versicherung bezweifeln, daß die Verthierung in diesem Lande so wohl gelungen ist, daß viele Militärs eine Bravour darin suchen, recht oft und recht viele Hiebe zu erhalten. Ein Soldat, der in dieser Beziehung Jungfer geblieben, wird von seinen Kameraden verachtet und als ein gemeiner Kerl ohne Ehre verschrien. Der österreichische Soldat ist bei Gott nichts, als ein abgerichtetes Thier, eine bestialische Maschine zur Aufrechthaltung des kroatisch-europäischen Mord- uud Banditenregiments der gekrönten Tamerlans und ihrer gottbegnadeten Spießgesellen. In Teschen glaubte ich im Volke einigen Freiheitssinn zu finden, irrte mich aber gar zu sehr. Wie früher die Höllenbrüder Metternich-Sedlnitzky, so betet das Reich der Mitte, dies Bleigewicht am Fortschritt Europa's, jetzt Windischgrätz-Radetzky an. Die große Menge sieht in der ganzen Märzbewegung nur eine That, für welche ganz Wien den Strang, und die Begnadigung mittelst Pulver und Blei verdient hätte. Sie sprechen von der Revolution, wie von einer Mordgeschichte, und die Kannibalen, welche als Ministerium oder als Banditen-Generale die Zügel der Regierung in Händen haben, wissen diesen Kretinismus trefflich zu exploitiren. So sah ich in Teschen, wo Katholiken und Protestanten noch immer in von einander abgeschiedenen Stadttheilen wohnen müssen, Orgelmänner mit Tableaux einherziehen, in welchen die Lombarden, Magyaren und Wiener als Mörder dargestellt waren, welche die edlen Kroaten zurecht machten. -- Die einzige Stadt Schlesiens, welche ich ziemlich frei fand von dem furchtbaren Kerkerdienst des östreichischen Standrechts- und Kretinen-Despotismus war Bielitz an der galizischen Grenze. Bielitz liegt 1 1/2 Stunde von Pleß, woher einige preußische d. h. aufgeklärtere Luft weht. Horribile dictu, aber wahr. Wollen Sie jedoch das wirkliche, noch unverfälschte Mittelalter, die Urzeiten der Vergangenheit sehen, so kommen Sie hieher nach Neutitschein. Die gewöhnliche Civilisation Ihrer Sackträger und preußischen Kroaten wird hier zum Unsinn. Menschen und Vieh leben in vertrautester Harmonie, und stehen sich materiell gar nicht schlecht. -- Die einzige Aufklärung, welche gegenwärtig hier herrscht, ist das Theater, worin Kramer'sche, Spieß'sche und Kotzebu'sche Ritter-, Räuber- und Standrechts-Stücke fortwährend ein glänzendes Furore machen und die Kassen füllen. Wagt es der Direktor einmal, ein Stück von Belang zur Aufführung zu bringen, so beginnt der Neutitscheiner Bourgeois über die Geistlosigkeit desselben zu brüllen. Als die ungarischen Husaren desertirt waren und sich hier in der Nähe herumtrieben, wurde die ganze Stadt -- sie ist ansehnlich, -- wider sie verbarrikadirt; halb Neutitschein zog gegen dieselben auf die Jagd, ohne eben sehr glücklich zu sein. Triest, 1. Febr. So eben zeigt sich die aus 26 Schiffen bestehende sardinische Flotte Albini, in den Gewässern Triest's (vor Pirano!). Der Hafen von Triest wird mit Ketten, Hölzern u. s. w. abgesperrt. Oesterreich muß sich vor einer solchen Macht dritten Ranges retir[unleserliches Material]e halten! -- Albini soll Paixhans haben und die Stadt beschießen wollen. Unsere Batterien sind mit Kanonen wohlgespickt. (Oesterr. Bl.)Ungarn.
068 Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 068 Wien, 8. Februar. Die Standrechtsbehörden wissen nur von Siegen in Ungarn zu erzählen. Den Contrerevolutionären aller Länder machen sie damit allerdings seit langem große Freude. So bringt heute die "Wiener Zeitung" folgenden 5ten Bericht des in Oberungarn operirenden galizischen Armeekorps. Es lautet: Hauptquartier Boldogkö-Varalja den 25. Januar 1849. Nach dem entscheidenden Siege, welchen das unter dem Commando des Hrn. F.-M.-L. Grafen Schlick stehende galizische Armeecorps am 4 Jan. d. J. über das zahlreiche Rebellenheer unter dem Commando des gewesenen Kriegsministers Messaros bei Barcza erfocht, und welcher die Auflösung des größten Theiles der geschlagenen Armee zur Folge hatte, wurde das Zipser Comitae von mobilen Colonnen durchzogen, durch den Herrn Corpscommandanten in Leutschau die revolutionäre Regierung verjagt und abgesetzt, die Bevölkerung entwaffnet, neue Regierungsorgane eingesetzt und alles weitere veranlaßt, was zur Herstellung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit nothwendig ist. Den 14 d M. von Leutschau in Kaschau zurückgekehrt, traf der Herr Corpscommandant die nöthigen Vorbereitungen, um auch in dem Zempliner Comitate, wohin sich nach den frühern Ereignissen mehrere Insurgentenhorden zurückgezogen hatten, wieder einen gesetzlichen Zustand einzuführen. Den 18. und 19. d. M. gingen von Kaschau 3 Colonnen auf Forro, Szanto und Dargo. Die Vorhut der auf Szanto detaschirten, aus den Brigaden Fiedler und Graf Pergen bestehenden Hauptcolonnen stieß am 20. vor Szanto auf eine in einer starken Position aufgestellte feindliche Abtheilung von 2--3000 Mann mit einigen Geschützen. Der Major Piatoli vom Hartmann'schen Infanterieregimente, welcher die aus dem 3. Bataillone desselben Regiments, einer halben Escadron Chevauxlegers und zwei dem Feinde bei Kaschau abgenommenen Kavalleriegeschützen gebildete Avantgarde commandirte, ließ sogleich angreifen, warf den Feind nach einem kurzen Gef[e]cht durch Szanto bis Talya und besetzte Szanto. Den 21. Januar gingen die Brigaden Fiedler und Pergen bis Ker und Visoly; -- den 22. trat diese Colonne den Marsch über Szanto, Talya und Maad gegen Tarczal an Ein dichter Nebel, welcher die ganze Gegend bedeckte und kaum auf 100 Schritte einen Ueberblick gewährte, ließ die Nähe des Feindes nicht wahrnehmen. Eine Viertelmeile von Tarczal stieß die Spitze der Vorhut auf feindliche Husaren, die sich plänkelnd auf eine Infanterie-Plänklerkette zurückzogen. Die Ausdehnung des Feuers der Letzteren ließ erkennen, daß ein feindliches Corps vorhanden sei, welches Stand halten wolle. Es wurden demnach Plänkler vorgeschoben und die Abtheilungen der verschiedenen Waffengattungen zum Angriffe und zur gegenseitigen Unterstützung aufgestellt. Eine links an der Straße gegen Tokay befindliche Anhöhe wurde als der Schlüssel der feindlichen Position erkannt, durch die vorgeschobenen Plänkler erstiegen, diese wurden aber von einigen jenseits aufgestellten Bataillonen aller regulären Truppen mit einem so heftigen Feuer empfangen, daß sie zurückweichen mußten. Das im Centrum zur Bedeckung der Geschütze in drei Divisionsmassen aufgestellte dritte Bataillon Hartmann unter dem Commando des Majors 126 Hamburg, 9. Febr. Der Senat opponirt gegen die pure Einführung der Grundrechte, gegen Aufhebung des Stellvertreterwesens und Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, gegen allgemeines Heimathsrecht und das Bürgerwerden der Juden oder mindestens gegen die Aufhebung der Selbstständigkeit der Judengemeinde, dadurch sind die Gegner des Senats bedeutend erstarkt und mit einer Anzahl Leute aus dem Mittelstande vermehrt worden, zu denen sich der Bürgermilitair-Verein gesellt hat, welcher etwa 3000 Mitglieder des Bürgermilitärs zählt, dadurch ist eine große Spaltung im Bürgermilitär entstanden und die Spannung sehr bedeutend. Das Central-Comite der verbundenen Vereine hat, um Hamburg in den Besitz der Grundrechte zu bringen, eine große Feier derselben angeordnet und ein Festcomite u. s. w. ernannt, welches dafür zu sorgen hat, daß im Laufe von 8 Tagen diese Feier vorgenommen werde und somit die ersten Schritte zur Besitzergreifung geschehen. Morgen beginnt der große „norddeutsche Arbeiter-Congreß“, der wahrscheinlich stark besucht werden wird, da schon viele Anmeldungen hieher gelangt sind. * Dresden, 8. Febr. In der heutigen Sitzung der 2. Kammer wurde Bericht über die Blum'sche Angelegenheit erstattet. Nach Verlesung desselben bemerkte der Berichterstatter Tschirner: Eine solche Passivität, wie sie der Gesandte in Wien in der Blum'schen Angelegenheit gezeigt, könne nur aus Pflichtvergessenheit hervorgegangen sein. Ein solcher Mann könne länger nicht das Vertrauen des Volks haben, er könne sein Amt nicht länger verwalten und müsse abberufen werden. Obgleich die Deputation ihn strafbar erachtet, so habe sie hierauf keinen Antrag gestellt, weil hierüber die Dienstbehörde, das Ministerium, zu entscheiden habe, eine Untersuchung dürfe man nicht anbefehlen. Es dürfe eine Kabinetsjustiz weder von oben noch von unten geübt werden, ein Grundsatz, der freilich zu Zeiten von der Aristokratie, z. B. bei den waldenburger Ereignissen, nicht befolgt worden sei. Eine Pflichtverletzung habe der Gesandte sich zu Schulden kommen lassen, das könne das Gesandtenrecht nicht widerlegen. Schreibe dasselbe vor, in Zeiten der höchsten Gefahr blos Noten zu wechseln, dann möge man ein heiliges Feuer anzünden und diese Bücher, welche das Gesandtenrecht enthalten, verbrennen, und für solche Leute, welche nach diesem Rechte handeln, könne man keinen Pfennig mehr bezahlen. (Bravo auf der Tribune). — Abgeordneter Auerswald wünscht, die Deputation wäre weiter gegangen, und verbreitet sich über das Verhalten des Gesandten. — Abg. Kell aus Leipzig: Es sei Pflicht, diese Angelegenheit nicht vorübergehen zu lassen, ohne einen praktischen Nutzen daraus zu ziehen. Jene an Blum verübte That möge einen recht gründlichen Abscheu vor Belagerungszustand und Standrecht einflößen. Die Deutschen müßten darauf hinwirken, daß künftig nicht mehr Belagerungszustand und Standrecht verfügt werden könnten, das würde die beste Sühne für Blum's Tod sein. — Sekeetär Jäkel spricht sich über das Verfahren des Gesandten aus und nennt die in dessen Bericht enthaltene angebliche Aeußerung Blum's vor seiner Tödtung, als ob er sein Verfahren bereue, eine Verläumdung und Lüge. — Abgeordneter Tauerschmidt geht ebenfalls näher auf die Handlungsweise des Gesandten ein und sucht ferner darzuthun, daß sowohl die sächsische Regierung als auch die Centralgewalt sich schwach bewiesen hätten. Beide hätten energisch gegen Oestreich auftreten sollen. Oestreich verlangt von uns die Auslieferung der Deserteure, warum verlangen wir nicht von ihm die Auslieferung der Mörder Blum's?! — Abg. Reimann: Die Deputation habe ihren Antrag vielleicht mit einer solchen Ruhe und Mäßigung abgefaßt, um eine einstimmige Genehmigung zu erzielen. Er sei entsetzt, als er die Berichte des Gesandten gelesen, entsetzt darüber, daß er unverhohlen sagen konnte, daß er für Blum nichts thun wolle! Es sei eine Dreistigkeit des Gesandten, mit welcher er sage, daß er seine Note an einen nichtssagenden Ort geschickt, denn dort sei weder Hülfe noch Auskunft zu erlangen gewesen. Niemand, selbst Gott im Himmel werde ihn nicht freisprechen können! — Abgeordneter Lincke macht es dem Ministerium des Auswärtigen zum Vorwurf, daß es den Gesandten nicht unverweilt abberufen habe, und zieht auch gegen die Centralgewalt zu Felde, die stets nur da handle, wo es gelte die Demokratie niederzuhalten. Es gäbe aber noch eine andere Centralgewalt, welche den Tod Blum's sühnen werde, das sei die Centralgewalt im Reiche des deutschen Volksgeistes. — Der Minister v. d. Pforten vertheidigt das Benehmen in höchst lahmer, jämmerlicher Weise, wie denn diese sächsischen Minister, die ehemals so gewaltige, aber immer höchst gemüthliche Opposition zu machen wußten, jetzt immer mehr in die Fußtapfen ihrer Vorgänger treten. — Tschirner spricht noch ein Mal. Es gehe aus allen Dokumenten klar hervor, daß man Blum absichtlich um's Leben bringen wollte, seien doch Blum's letzte Proteste unterschlagen worden. „Das Andenken Blum's wird aber nicht aus unsern Herzen gerissen werden, wir wollen uns um seinen Namen wie um ein Panier schaaren, und der Sieg wird uns nicht fehlen!“ (Stürmisches Bravo!) Der Antrag auf unverweilte Abberufung des Gesandten wird hierauf mit Namensauf einstimmig, der zweite Antrag: die Regierung möge bei der Centralgewalt die weitere Ausführung bes Beschlusses der Nationalversammlung vom 19. Nov. beantragen, gegen eine Stimme angenommen. 106 München, 8. Febr. Der Minister Beisler erklärte in der heutigen Kammersitzung, daß in Folge der Tags zuvor erfolgten Abstimmung der 2. Kammer (welche die Unterordnung unter die Frankfurter Beschlüsse fordert) das gesammte Ministerium seine Entlassung eingereicht habe. Man spricht bereits von einem Ministerium Hermann-Giech-Rotenhahn, mit einer Beimischung aus dem linken Centrum. 61 Wien, 8. Febr. Die Gährung nimmt in Wien überhand; Pesth, Prag und Mailand gehen Hand in Hand mit ihr. Ebenso die kleineren Städte; selbst Olmütz ist trotz des Hofes in freisinniger Aufregung. Auch die Bauern werden ob der vielen Rekruten, die sie stellen, und ob der Roboten, die sie wieder leisten müssen, stutzig. Ganz Oesterreich nimmt täglich mehr die Physionomien eines Vulkans an, der einem entsetzlichen Ausbruche nahe ist. Sie können versichert sein, daß wir keiner Franzosen mehr bedürfen werden, die 100 Nationen des Gesammtscheusals Oesterreich werden in ihrer höchsten Ueberzeugung jetzt eine werden, und diese Umwandlung stürzt die Regierung, stürzt das Scheusal. Das Donnerwetter wird furchtbar werden; in drei Wochen muß es losbrechen. — Ungarn hält sich, und beschleunigt den Ausbruch des Furchtbaren, wenn es siegt. Das Ministerium begreift etwas von der Situation und befindet sich in der ärgsten Besorgniß, allein die Generale trotzen ihm. So wird der Zusammensturz Oesterreich's unvermeidlich, sein Accompagnement aber das furchtbarste werden. * Wien, 8. Febr. Berichte aus Temeswar vom 3. dieses melden, daß sich die aus Beschkerek, St. Thomas, Werschetz und Weißkirchen flüchtigen Magyaren ungefähr 12,000 Mann mit 40 Kanonen neuerdings gegen Arad gewendet, und die Festung beschießen. Nach Eingang dieser Nachricht marschirte Oberst Mayerhofer mit allen verfügbaren kaiserlichen Truppen und den Serbiern und Raitzen gegen Arad, um diese Festung zu entsetzen. Ein Gerücht besagt sogar, daß die Magyaren Arad erstürmt, geplündert und den Kommandanten Berger ermordet hätten. Die „Schwarzgelben“ behaupten, Schlick habe nach der Vereinigung mit Schulzig die Offensive gegen Tokai ergriffen und die Magyaren zurückgeworfen. Görgey treibe sich bei Gonyös herum. Neuere Privatnachrichten bestätigen, daß in Kroatien große Unzufriedenheit herrsche und eine eigene Deputation an den Banus abgesendet werden soll, um hierüber zu remonstriren. Das Amtsblatt der Wiener Zeitung fordert nebst mehreren andern am Aufruhr Betheiligten auch den General Bem auf, sich vor Gericht zu stellen, widrigenfalls gegen ihn in contumaciam vorgegangen werden würde. Nach dem gestrigen Abend-Lloyd hat man in Asien bei Brusse auf dem Berge Olymp eine Pflanze aufgefunden, welche als zauberhaft wirkendes Spezificum gegen die Cholera sich bewähren soll. Diese Pflanze hat den Namen Zohrabik erhalten. 068 Wien, 7. Febr. Wieder 2 kriegsrechtliche Verurtheilungen, 1) des Plattensteiner, vormaligen Lieutenants des k. k. Kürassier-Regiments Nr. 3; 2) des L. Wittenberger, Bürger und Handelsmann. Jener zu 6 jährigem schweren Kerker (zu 4jährigem begnadigt), dieser zu 8 jährigem schweren Kerker (begnadigt zu 5 jährigem) verurtheilt, beide wegen ihrer Betheiligung an den Oktober-Vorfällen. In Pesth wurde der Benediktiner-Priester Gregor Czuczor, weil er in einem Gedichte unter dem Titel „Riado“ (zum Aufbruch) die Magyaren zum Widerstande gegen den König und die k. k. Truppen aufgereizt hatte, zu 6 jährigem Festungsarrest in Eisen verurtheilt. * Wien, 6. Febr. Es ist allerdings sehr auffallend, daß man bei den vielen Geschichten von Wachtpostangriffen auch noch nicht einen der Uebelthäter ergriffen hat, die sich diese zu Schulden kommen ließen. Dadurch wächst der Verdacht, daß man auf alle ersinnliche Weise die Sympathien dem Soldatenstande zuwenden möchte. Ging es doch so weit, daß man für die „herzigen“ Kroaten, die die Weiber geschändet, Kinder gemordet, und so Viele in ihrer Plünderungs- und Zerstörungswuth zu Bettlern gemacht, Wohlthätigkeitsakademien veranstaltete, während Feuer und Wasser, Krieg und Seuche über die armen Wiener Bürger mit vereinter Wuth hereingebrochen waren. Allein es waltet noch immer in gewissen Kreisen der Glaube, daß man mit dem Militärdespotismus auf die Länge auslangen könne, und die freisinnigen Ideen, nur von einigen Illuminaten ausgehegt, auch nur bei dem leiblichen und geistigen Proletariat Eingang und Nahrung fänden, der übrige Theil des Volks aber aus Fanatikern für die Ruhe bestände. (D. A. Z.) 61 Neutitschein, 6. Feb. Vielleicht interessirt es Sie, über und aus diesem Winkel etwas zu erfahren. Wer sich mit seiner Phantasie einmal in eine fabelhafte von der europäischen Kroaten-Civilisation noch nicht beleckte Urwildniß versetzen will, der pflegt z. B. an die Oasen der Sahara, oder an das Urinnere der nordamerikanischen Wälder zu denken. Ich begreife indessen kaum, warum solche exotische Phantasien nicht hübsch in Europa bleiben, wo sie im gelobten Lande von Habsburg-Tamerlan, in dem von kroatisirten Genies des Standrechts und der absoluten Verthierung zusammengehaltenen Gesammtviehstall, Oestreich, doch mehr antidiluvianische Romantik antreffen würden, als bei den Kabylen Afrikas oder unter den Karaiben und Troglodyten Amerikas. Die königl. preußische Langeweile Ratibors wenigstens möchte sich schwerlich auf pikantere Weise würzen lassen, als durch eine Ausflucht über die nahen Grenzen des Reichs der Mitte nach Troppau, Teschen, Bielitz, Neutitschein und vorzüglich übers Land. Die königl. preuß. Hofdemokraten Ratibors rühmen sich, die Ungarn gegen Comptantzahlung mit lahmen Kleppern, unbrauchbaren Waffen, sogar mit Speise und Trank unterstützt zu haben; doch es sind immerhin, wenn auch langweilige, Demokraten. Sobald man dagegen die chinesische Mauer überstiegen hat, welche das Reich der Mitte von dem deutschen Cochin-China trennt, hört vor lauter standrechtlichem Herzbeben alle königl. preuß. Langweile auf. Die preuß. Bureaukraten, Soldaten und Krautjunker wissen sich über Pferde, Hunde, Kerls u. s. w. mit Gott für König und Vaterland doch wenigstens anständig-langweilig zu unterhalten, wohingegen über die Lippen eines Bewohners des Reichs der Mitte niemals ein anderer Laut fährt, als: „Mocht nix! S'is olles ahn's! Ai frailich! und Worom nit gahr!“ Solche Kraftgedanken lassen neben dem standrechtlichen Herzbeben eines bösen Gewissens keine Langweile aufkommen; der Geist des östreichischen Chinesen ist daher diesem interessanten Wesen einer königl. preuß. Existenz ganz unzugänglich. Troppau liegt nur 10 Minuten von Preußen, hat man aber einmal die chinesische Grenzmauer überschritten, so glaubt man 100 Jahre weit davon entfernt zu sein. Umsonst wies ich in dieser [unleserliches Material] schwarzgelben Stadt einen preuß. Friedrichsd'or vor, kein Mensch mußte, geschweige wechseln zu können, was er bedeute. „S'is kah Fronzel unn kah Ferdnand, s'is nix!“ Damit mußte ich abziehen. In Troppau gibt's viele Tausende, die gar nicht wissen, daß das Land 10 Minuten jenseits kein östreichisches mehr ist. Sagt man: „Ich bin ein Preuße!“ so glotzt einen der Troppauer fast mit ebendenselben Augen an, wie der Spanier und Türke es thun. Der Preuße ist für ihn noch ein apokalyptisches Fabelthier, man betrachtet ihn, wie die Unterthanen Montezumas die gelandeten Spanier betrachteten, mit einem unbeschreibbaren Ausdruck des Blödsinns. Armer verkannter Preuße! Zwischen Troppau und Teschen begleitete uns unter andern ein Lieutenant der kais. mit Pulver und Blei glorreichen Armee. Derselbe bemühte sich, ein gegenüber sitzendes „Madel“ mit dem den abgerichteten Thieren jener glorreichen Armee eigenthümlichen Kretinenanstand zu unterhalten, indem er von seinen in Wien verübten Heldenthaten berichtete. Dieselben bestanden unter andern darin, daß er im November einem wehrlosen Studenten vor dem Café Français in Wien den Kopf gespalten, nachdem er, nach dem Einzug des glorreichen russisch-begnadeten Windischgrätz, im Vertrauen auf die verheißene Rückgabe, abgelegte Privatwaffen der akademischen Legion gestohlen. Statt sich zu schämen, rühmte der kais. Mordgeselle sich beider Thaten vor mir und vor dem Madel, indem er mit der elegant-brutalen Bestialität des Landes „Ob der Ems“ die Klinge herauszog und uns unter die Nase hielt. Auf der Klinge standen der Name eines bekannten Akademikers und die Erinnerungsdaten des 13. und 18. März, wie 26. Mai. Das Standrecht und meine königl. preuß. Erziehung verhinderten mich, dem Kumpan etwas anderes entgegenzusetzen, als Schweigen. Bald fesselte uns ein anderes Schauspiel. In einem ansehnlichen Orte war Rekrutentag gewesen, es mußten 80 Rekruten gestellt werden. Unter denen, die das Loos getroffen hatte, befanden sich Familienväter mit 8 Kindern, die man hinwegschleppte. Einer derselben hatte sich bedeutend widersetzt und mußte zur Strafe „Gassenlaufen“. Der Lieutenant konnte sich nicht enthalten, dem „interessanten“ Schauspiel beizuwohnen, und befahl daher dem Postillon, ohne Rücksicht auf mich, zu halten. Es geschah, und ich genoß auf diese Weise zum erstenmale den Anblick dieser österreichischen Kannibalen-Scheußlichkeit. Ich will Ihnen den Vorgang nicht beschreiben. Die kommandirten Bestien hieben unter freudigem Wiehern auf den Leib des Rekruten, bis die Fetzen Fleisch davon herabfielen. Hernach wurde der ganz wunde Körper des leblos daliegenden Menschen en plein air in mit Essig geweichte Tücher gehüllt, und davon getragen. Das dadurch wieder hervorgerufene ungeheure Schmerzgeschrei des Gemarterten wurde gänzlich überhört; die Offiziere rauchten ihre Pfeifen dabei und ließen mehrmal die genialen Worte vernehmen: „Mocht nix, S'is alles ahns!“ — Soldaten, welche bei solchen Exekutionen nicht tüchtig aufhauen, oder etwa ohnmächtig werden, müssen zur Strafe selber Gassenlaufen. Vielleicht mögen Sie's trotz meiner Versicherung bezweifeln, daß die Verthierung in diesem Lande so wohl gelungen ist, daß viele Militärs eine Bravour darin suchen, recht oft und recht viele Hiebe zu erhalten. Ein Soldat, der in dieser Beziehung Jungfer geblieben, wird von seinen Kameraden verachtet und als ein gemeiner Kerl ohne Ehre verschrien. Der österreichische Soldat ist bei Gott nichts, als ein abgerichtetes Thier, eine bestialische Maschine zur Aufrechthaltung des kroatisch-europäischen Mord- uud Banditenregiments der gekrönten Tamerlans und ihrer gottbegnadeten Spießgesellen. In Teschen glaubte ich im Volke einigen Freiheitssinn zu finden, irrte mich aber gar zu sehr. Wie früher die Höllenbrüder Metternich-Sedlnitzky, so betet das Reich der Mitte, dies Bleigewicht am Fortschritt Europa's, jetzt Windischgrätz-Radetzky an. Die große Menge sieht in der ganzen Märzbewegung nur eine That, für welche ganz Wien den Strang, und die Begnadigung mittelst Pulver und Blei verdient hätte. Sie sprechen von der Revolution, wie von einer Mordgeschichte, und die Kannibalen, welche als Ministerium oder als Banditen-Generale die Zügel der Regierung in Händen haben, wissen diesen Kretinismus trefflich zu exploitiren. So sah ich in Teschen, wo Katholiken und Protestanten noch immer in von einander abgeschiedenen Stadttheilen wohnen müssen, Orgelmänner mit Tableaux einherziehen, in welchen die Lombarden, Magyaren und Wiener als Mörder dargestellt waren, welche die edlen Kroaten zurecht machten. — Die einzige Stadt Schlesiens, welche ich ziemlich frei fand von dem furchtbaren Kerkerdienst des östreichischen Standrechts- und Kretinen-Despotismus war Bielitz an der galizischen Grenze. Bielitz liegt 1 1/2 Stunde von Pleß, woher einige preußische d. h. aufgeklärtere Luft weht. Horribile dictu, aber wahr. Wollen Sie jedoch das wirkliche, noch unverfälschte Mittelalter, die Urzeiten der Vergangenheit sehen, so kommen Sie hieher nach Neutitschein. Die gewöhnliche Civilisation Ihrer Sackträger und preußischen Kroaten wird hier zum Unsinn. Menschen und Vieh leben in vertrautester Harmonie, und stehen sich materiell gar nicht schlecht. — Die einzige Aufklärung, welche gegenwärtig hier herrscht, ist das Theater, worin Kramer'sche, Spieß'sche und Kotzebu'sche Ritter-, Räuber- und Standrechts-Stücke fortwährend ein glänzendes Furore machen und die Kassen füllen. Wagt es der Direktor einmal, ein Stück von Belang zur Aufführung zu bringen, so beginnt der Neutitscheiner Bourgeois über die Geistlosigkeit desselben zu brüllen. Als die ungarischen Husaren desertirt waren und sich hier in der Nähe herumtrieben, wurde die ganze Stadt — sie ist ansehnlich, — wider sie verbarrikadirt; halb Neutitschein zog gegen dieselben auf die Jagd, ohne eben sehr glücklich zu sein. Triest, 1. Febr. So eben zeigt sich die aus 26 Schiffen bestehende sardinische Flotte Albini, in den Gewässern Triest's (vor Pirano!). Der Hafen von Triest wird mit Ketten, Hölzern u. s. w. abgesperrt. Oesterreich muß sich vor einer solchen Macht dritten Ranges retir[unleserliches Material]é halten! — Albini soll Paixhans haben und die Stadt beschießen wollen. Unsere Batterien sind mit Kanonen wohlgespickt. (Oesterr. Bl.)Ungarn.
068 Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 068 Wien, 8. Februar. Die Standrechtsbehörden wissen nur von Siegen in Ungarn zu erzählen. Den Contrerevolutionären aller Länder machen sie damit allerdings seit langem große Freude. So bringt heute die „Wiener Zeitung“ folgenden 5ten Bericht des in Oberungarn operirenden galizischen Armeekorps. Es lautet: Hauptquartier Boldogkö-Varalja den 25. Januar 1849. Nach dem entscheidenden Siege, welchen das unter dem Commando des Hrn. F.-M.-L. Grafen Schlick stehende galizische Armeecorps am 4 Jan. d. J. über das zahlreiche Rebellenheer unter dem Commando des gewesenen Kriegsministers Messaros bei Barcza erfocht, und welcher die Auflösung des größten Theiles der geschlagenen Armee zur Folge hatte, wurde das Zipser Comitae von mobilen Colonnen durchzogen, durch den Herrn Corpscommandanten in Leutschau die revolutionäre Regierung verjagt und abgesetzt, die Bevölkerung entwaffnet, neue Regierungsorgane eingesetzt und alles weitere veranlaßt, was zur Herstellung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit nothwendig ist. Den 14 d M. von Leutschau in Kaschau zurückgekehrt, traf der Herr Corpscommandant die nöthigen Vorbereitungen, um auch in dem Zempliner Comitate, wohin sich nach den frühern Ereignissen mehrere Insurgentenhorden zurückgezogen hatten, wieder einen gesetzlichen Zustand einzuführen. Den 18. und 19. d. M. gingen von Kaschau 3 Colonnen auf Forro, Szanto und Dargo. Die Vorhut der auf Szanto detaschirten, aus den Brigaden Fiedler und Graf Pergen bestehenden Hauptcolonnen stieß am 20. vor Szanto auf eine in einer starken Position aufgestellte feindliche Abtheilung von 2—3000 Mann mit einigen Geschützen. Der Major Piatoli vom Hartmann'schen Infanterieregimente, welcher die aus dem 3. Bataillone desselben Regiments, einer halben Escadron Chevauxlegers und zwei dem Feinde bei Kaschau abgenommenen Kavalleriegeschützen gebildete Avantgarde commandirte, ließ sogleich angreifen, warf den Feind nach einem kurzen Gef[e]cht durch Szanto bis Talya und besetzte Szanto. Den 21. Januar gingen die Brigaden Fiedler und Pergen bis Ker und Visoly; — den 22. trat diese Colonne den Marsch über Szanto, Talya und Maad gegen Tarczal an Ein dichter Nebel, welcher die ganze Gegend bedeckte und kaum auf 100 Schritte einen Ueberblick gewährte, ließ die Nähe des Feindes nicht wahrnehmen. Eine Viertelmeile von Tarczal stieß die Spitze der Vorhut auf feindliche Husaren, die sich plänkelnd auf eine Infanterie-Plänklerkette zurückzogen. Die Ausdehnung des Feuers der Letzteren ließ erkennen, daß ein feindliches Corps vorhanden sei, welches Stand halten wolle. Es wurden demnach Plänkler vorgeschoben und die Abtheilungen der verschiedenen Waffengattungen zum Angriffe und zur gegenseitigen Unterstützung aufgestellt. Eine links an der Straße gegen Tokay befindliche Anhöhe wurde als der Schlüssel der feindlichen Position erkannt, durch die vorgeschobenen Plänkler erstiegen, diese wurden aber von einigen jenseits aufgestellten Bataillonen aller regulären Truppen mit einem so heftigen Feuer empfangen, daß sie zurückweichen mußten. Das im Centrum zur Bedeckung der Geschütze in drei Divisionsmassen aufgestellte dritte Bataillon Hartmann unter dem Commando des Majors <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0002" n="1208"/> <div xml:id="ar220_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>126</author></bibl> Hamburg, 9. Febr.</head> <p>Der Senat opponirt gegen die pure Einführung der Grundrechte, gegen Aufhebung des Stellvertreterwesens und Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, gegen allgemeines Heimathsrecht und das Bürgerwerden der Juden oder mindestens gegen die Aufhebung der Selbstständigkeit der Judengemeinde, dadurch sind die Gegner des Senats bedeutend erstarkt und mit einer Anzahl Leute aus dem Mittelstande vermehrt worden, zu denen sich der Bürgermilitair-Verein gesellt hat, welcher etwa 3000 Mitglieder des Bürgermilitärs zählt, dadurch ist eine große Spaltung im Bürgermilitär entstanden und die Spannung sehr bedeutend. Das Central-Comite der verbundenen Vereine hat, um Hamburg in den Besitz der Grundrechte zu bringen, eine große Feier derselben angeordnet und ein Festcomite u. s. w. ernannt, welches dafür zu sorgen hat, daß im Laufe von 8 Tagen diese Feier vorgenommen werde und somit die ersten Schritte zur Besitzergreifung geschehen. Morgen beginnt der große „<hi rendition="#g">norddeutsche Arbeiter-Congreß</hi>“, der wahrscheinlich stark besucht werden wird, da schon viele Anmeldungen hieher gelangt sind.</p> </div> <div xml:id="ar220_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Dresden, 8. Febr.</head> <p>In der heutigen Sitzung der 2. Kammer wurde Bericht über die Blum'sche Angelegenheit erstattet. Nach Verlesung desselben bemerkte der Berichterstatter Tschirner:</p> <p>Eine solche Passivität, wie sie der Gesandte in Wien in der Blum'schen Angelegenheit gezeigt, könne nur aus Pflichtvergessenheit hervorgegangen sein. Ein solcher Mann könne länger nicht das Vertrauen des Volks haben, er könne sein Amt nicht länger verwalten und müsse abberufen werden. Obgleich die Deputation ihn strafbar erachtet, so habe sie hierauf keinen Antrag gestellt, weil hierüber die Dienstbehörde, das Ministerium, zu entscheiden habe, eine Untersuchung dürfe man nicht anbefehlen. Es dürfe eine Kabinetsjustiz weder von oben noch von unten geübt werden, ein Grundsatz, der freilich zu Zeiten von der Aristokratie, z. B. bei den waldenburger Ereignissen, nicht befolgt worden sei. Eine Pflichtverletzung habe der Gesandte sich zu Schulden kommen lassen, das könne das Gesandtenrecht nicht widerlegen. Schreibe dasselbe vor, in Zeiten der höchsten Gefahr blos Noten zu wechseln, dann möge man ein heiliges Feuer anzünden und diese Bücher, welche das Gesandtenrecht enthalten, verbrennen, und für solche Leute, welche nach diesem Rechte handeln, könne man keinen Pfennig mehr bezahlen. (Bravo auf der Tribune). — Abgeordneter <hi rendition="#g">Auerswald</hi> wünscht, die Deputation wäre weiter gegangen, und verbreitet sich über das Verhalten des Gesandten. — Abg. <hi rendition="#g">Kell</hi> aus Leipzig: Es sei Pflicht, diese Angelegenheit nicht vorübergehen zu lassen, ohne einen praktischen Nutzen daraus zu ziehen. Jene an Blum verübte That möge einen recht gründlichen Abscheu vor Belagerungszustand und Standrecht einflößen. Die Deutschen müßten darauf hinwirken, daß künftig nicht mehr Belagerungszustand und Standrecht verfügt werden könnten, das würde die beste Sühne für Blum's Tod sein. — Sekeetär <hi rendition="#g">Jäkel</hi> spricht sich über das Verfahren des Gesandten aus und nennt die in dessen Bericht enthaltene angebliche Aeußerung Blum's vor seiner Tödtung, als ob er sein Verfahren bereue, eine Verläumdung und Lüge. — Abgeordneter <hi rendition="#g">Tauerschmidt</hi> geht ebenfalls näher auf die Handlungsweise des Gesandten ein und sucht ferner darzuthun, daß sowohl die sächsische Regierung als auch die Centralgewalt sich schwach bewiesen hätten. Beide hätten energisch gegen Oestreich auftreten sollen. Oestreich verlangt von uns die Auslieferung der Deserteure, warum verlangen wir nicht von ihm die Auslieferung der Mörder Blum's?! — Abg. <hi rendition="#g">Reimann:</hi> Die Deputation habe ihren Antrag vielleicht mit einer solchen Ruhe und Mäßigung abgefaßt, um eine einstimmige Genehmigung zu erzielen. Er sei entsetzt, als er die Berichte des Gesandten gelesen, entsetzt darüber, daß er unverhohlen sagen konnte, daß er für Blum nichts thun wolle! Es sei eine Dreistigkeit des Gesandten, mit welcher er sage, daß er seine Note an einen nichtssagenden Ort geschickt, denn dort sei weder Hülfe noch Auskunft zu erlangen gewesen. Niemand, selbst Gott im Himmel werde ihn nicht freisprechen können! — Abgeordneter <hi rendition="#g">Lincke</hi> macht es dem Ministerium des Auswärtigen zum Vorwurf, daß es den Gesandten nicht unverweilt abberufen habe, und zieht auch gegen die Centralgewalt zu Felde, die stets nur da handle, wo es gelte die Demokratie niederzuhalten. Es gäbe aber noch eine andere Centralgewalt, welche den Tod Blum's sühnen werde, das sei die Centralgewalt im Reiche des deutschen Volksgeistes. — Der Minister v. d. <hi rendition="#g">Pforten</hi> vertheidigt das Benehmen in höchst lahmer, jämmerlicher Weise, wie denn diese sächsischen Minister, die ehemals so gewaltige, aber immer höchst gemüthliche Opposition zu machen wußten, jetzt immer mehr in die Fußtapfen ihrer Vorgänger treten. — <hi rendition="#g">Tschirner</hi> spricht noch ein Mal. Es gehe aus allen Dokumenten klar hervor, daß man Blum absichtlich um's Leben bringen wollte, seien doch Blum's letzte Proteste unterschlagen worden. „Das Andenken Blum's wird aber nicht aus unsern Herzen gerissen werden, wir wollen uns um seinen Namen wie um ein Panier schaaren, und der Sieg wird uns nicht fehlen!“ (Stürmisches Bravo!) Der Antrag auf unverweilte Abberufung des Gesandten wird hierauf mit Namensauf einstimmig, der zweite Antrag: die Regierung möge bei der Centralgewalt die weitere Ausführung bes Beschlusses der Nationalversammlung vom 19. Nov. beantragen, gegen eine Stimme angenommen.</p> </div> <div xml:id="ar220_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>106</author></bibl> München, 8. Febr.</head> <p>Der Minister <hi rendition="#g">Beisler</hi> erklärte in der heutigen Kammersitzung, daß in Folge der Tags zuvor erfolgten Abstimmung der 2. Kammer (welche die Unterordnung unter die Frankfurter Beschlüsse fordert) das gesammte Ministerium seine Entlassung eingereicht habe. Man spricht bereits von einem Ministerium Hermann-Giech-Rotenhahn, mit einer Beimischung aus dem linken Centrum.</p> </div> <div xml:id="ar220_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Wien, 8. Febr.</head> <p>Die Gährung nimmt in Wien überhand; Pesth, Prag und Mailand gehen Hand in Hand mit ihr. Ebenso die kleineren Städte; selbst Olmütz ist trotz des Hofes in freisinniger Aufregung. Auch die Bauern werden ob der vielen Rekruten, die sie stellen, und ob der Roboten, die sie wieder leisten müssen, stutzig. Ganz Oesterreich nimmt täglich mehr die Physionomien eines Vulkans an, der einem entsetzlichen Ausbruche nahe ist. Sie können versichert sein, daß wir keiner Franzosen mehr bedürfen werden, die 100 Nationen des Gesammtscheusals Oesterreich werden in ihrer höchsten Ueberzeugung jetzt <hi rendition="#g">eine</hi> werden, und diese Umwandlung stürzt die Regierung, stürzt das Scheusal. Das Donnerwetter wird furchtbar werden; in drei Wochen muß es losbrechen. — Ungarn hält sich, und beschleunigt den Ausbruch des Furchtbaren, wenn es siegt. Das Ministerium begreift etwas von der Situation und befindet sich in der ärgsten Besorgniß, allein die Generale trotzen ihm. So wird der Zusammensturz Oesterreich's unvermeidlich, sein Accompagnement aber das furchtbarste werden.</p> </div> <div xml:id="ar220_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 8. Febr.</head> <p>Berichte aus Temeswar vom 3. dieses melden, daß sich die aus Beschkerek, St. Thomas, Werschetz und Weißkirchen flüchtigen Magyaren ungefähr 12,000 Mann mit 40 Kanonen neuerdings gegen Arad gewendet, und die Festung beschießen. Nach Eingang dieser Nachricht marschirte Oberst Mayerhofer mit allen verfügbaren kaiserlichen Truppen und den Serbiern und Raitzen gegen Arad, um diese Festung zu entsetzen.</p> <p>Ein Gerücht besagt sogar, daß die Magyaren Arad erstürmt, geplündert und den Kommandanten Berger ermordet hätten.</p> <p>Die „Schwarzgelben“ behaupten, Schlick habe nach der Vereinigung mit Schulzig die Offensive gegen Tokai ergriffen und die Magyaren zurückgeworfen. Görgey treibe sich bei Gonyös herum.</p> <p>Neuere Privatnachrichten bestätigen, daß in Kroatien große Unzufriedenheit herrsche und eine eigene Deputation an den Banus abgesendet werden soll, um hierüber zu remonstriren.</p> <p>Das Amtsblatt der Wiener Zeitung fordert nebst mehreren andern am Aufruhr Betheiligten auch den General Bem auf, sich vor Gericht zu stellen, widrigenfalls gegen ihn in contumaciam vorgegangen werden würde.</p> <p>Nach dem gestrigen Abend-Lloyd hat man in Asien bei Brusse auf dem Berge Olymp eine Pflanze aufgefunden, welche als zauberhaft wirkendes Spezificum gegen die Cholera sich bewähren soll. Diese Pflanze hat den Namen Zohrabik erhalten.</p> </div> <div xml:id="ar220_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Wien, 7. Febr.</head> <p>Wieder 2 kriegsrechtliche Verurtheilungen, 1) des Plattensteiner, vormaligen Lieutenants des k. k. Kürassier-Regiments Nr. 3; 2) des L. Wittenberger, Bürger und Handelsmann. Jener zu 6 jährigem schweren Kerker (zu 4jährigem begnadigt), dieser zu 8 jährigem schweren Kerker (begnadigt zu 5 jährigem) verurtheilt, beide wegen ihrer Betheiligung an den Oktober-Vorfällen.</p> <p>In Pesth wurde der Benediktiner-Priester Gregor Czuczor, weil er in einem Gedichte unter dem Titel „Riado“ (zum Aufbruch) die Magyaren zum Widerstande gegen den König und die k. k. Truppen aufgereizt hatte, zu 6 jährigem Festungsarrest in Eisen verurtheilt.</p> </div> <div xml:id="ar220_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Wien, 6. Febr.</head> <p>Es ist allerdings sehr auffallend, daß man bei den vielen Geschichten von Wachtpostangriffen auch noch nicht einen der Uebelthäter ergriffen hat, die sich diese zu Schulden kommen ließen. Dadurch wächst der Verdacht, daß man auf alle ersinnliche Weise die Sympathien dem Soldatenstande zuwenden möchte. Ging es doch so weit, daß man für die „herzigen“ Kroaten, die die Weiber geschändet, Kinder gemordet, und so Viele in ihrer Plünderungs- und Zerstörungswuth zu Bettlern gemacht, Wohlthätigkeitsakademien veranstaltete, während Feuer und Wasser, Krieg und Seuche über die armen Wiener Bürger mit vereinter Wuth hereingebrochen waren. Allein es waltet noch immer in gewissen Kreisen der Glaube, daß man mit dem Militärdespotismus auf die Länge auslangen könne, und die freisinnigen Ideen, nur von einigen Illuminaten ausgehegt, auch nur bei dem leiblichen und geistigen Proletariat Eingang und Nahrung fänden, der übrige Theil des Volks aber aus Fanatikern für die Ruhe bestände.</p> <bibl>(D. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar220_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>61</author></bibl> Neutitschein, 6. Feb.</head> <p>Vielleicht interessirt es Sie, über und aus diesem Winkel etwas zu erfahren.</p> <p>Wer sich mit seiner Phantasie einmal in eine fabelhafte von der europäischen Kroaten-Civilisation noch nicht beleckte Urwildniß versetzen will, der pflegt z. B. an die Oasen der Sahara, oder an das Urinnere der nordamerikanischen Wälder zu denken.</p> <p>Ich begreife indessen kaum, warum solche exotische Phantasien nicht hübsch in Europa bleiben, wo sie im gelobten Lande von Habsburg-Tamerlan, in dem von kroatisirten Genies des Standrechts und der absoluten Verthierung zusammengehaltenen Gesammtviehstall, Oestreich, doch mehr antidiluvianische Romantik antreffen würden, als bei den Kabylen Afrikas oder unter den Karaiben und Troglodyten Amerikas.</p> <p>Die königl. preußische Langeweile Ratibors wenigstens möchte sich schwerlich auf pikantere Weise würzen lassen, als durch eine Ausflucht über die nahen Grenzen des Reichs der Mitte nach Troppau, Teschen, Bielitz, Neutitschein und vorzüglich übers Land.</p> <p>Die königl. preuß. Hofdemokraten Ratibors rühmen sich, die Ungarn gegen Comptantzahlung mit lahmen Kleppern, unbrauchbaren Waffen, sogar mit Speise und Trank unterstützt zu haben; doch es sind immerhin, wenn auch langweilige, Demokraten. Sobald man dagegen die chinesische Mauer überstiegen hat, welche das Reich der Mitte von dem deutschen Cochin-China trennt, hört vor lauter standrechtlichem Herzbeben alle königl. preuß. Langweile auf. Die preuß. Bureaukraten, Soldaten und Krautjunker wissen sich über Pferde, Hunde, Kerls u. s. w. mit Gott für König und Vaterland doch wenigstens anständig-langweilig zu unterhalten, wohingegen über die Lippen eines Bewohners des Reichs der Mitte niemals ein anderer Laut fährt, als: „Mocht nix! S'is olles ahn's! Ai frailich! und Worom nit gahr!“ Solche Kraftgedanken lassen neben dem standrechtlichen Herzbeben eines bösen Gewissens keine Langweile aufkommen; der Geist des östreichischen Chinesen ist daher diesem interessanten Wesen einer königl. preuß. Existenz ganz unzugänglich.</p> <p>Troppau liegt nur 10 Minuten von Preußen, hat man aber einmal die chinesische Grenzmauer überschritten, so glaubt man 100 Jahre weit davon entfernt zu sein. Umsonst wies ich in dieser <gap reason="illegible"/> schwarzgelben Stadt einen preuß. Friedrichsd'or vor, kein Mensch mußte, geschweige wechseln zu können, was er bedeute. „S'is kah Fronzel unn kah Ferdnand, s'is nix!“ Damit mußte ich abziehen. In Troppau gibt's viele Tausende, die gar nicht wissen, daß das Land 10 Minuten jenseits kein östreichisches mehr ist. Sagt man: „Ich bin ein Preuße!“ so glotzt einen der Troppauer fast mit ebendenselben Augen an, wie der Spanier und Türke es thun. Der Preuße ist für ihn noch ein apokalyptisches Fabelthier, man betrachtet ihn, wie die Unterthanen Montezumas die gelandeten Spanier betrachteten, mit einem unbeschreibbaren Ausdruck des Blödsinns. Armer verkannter Preuße!</p> <p>Zwischen Troppau und Teschen begleitete uns unter andern ein Lieutenant der kais. mit Pulver und Blei glorreichen Armee. Derselbe bemühte sich, ein gegenüber sitzendes „Madel“ mit dem den abgerichteten Thieren jener glorreichen Armee eigenthümlichen Kretinenanstand zu unterhalten, indem er von seinen in Wien verübten Heldenthaten berichtete. Dieselben bestanden unter andern darin, daß er im November einem wehrlosen Studenten vor dem Café Français in Wien den Kopf gespalten, nachdem er, nach dem Einzug des glorreichen russisch-begnadeten Windischgrätz, im Vertrauen auf die verheißene Rückgabe, abgelegte Privatwaffen der akademischen Legion gestohlen. Statt sich zu schämen, rühmte der kais. Mordgeselle sich beider Thaten vor mir und vor dem Madel, indem er mit der elegant-brutalen Bestialität des Landes „Ob der Ems“ die Klinge herauszog und uns unter die Nase hielt. Auf der Klinge standen der Name eines bekannten Akademikers und die Erinnerungsdaten des 13. und 18. März, wie 26. Mai. Das Standrecht und meine königl. preuß. Erziehung verhinderten mich, dem Kumpan etwas anderes entgegenzusetzen, als Schweigen.</p> <p>Bald fesselte uns ein anderes Schauspiel. In einem ansehnlichen Orte war Rekrutentag gewesen, es mußten 80 Rekruten gestellt werden. Unter denen, die das Loos getroffen hatte, befanden sich Familienväter mit 8 Kindern, die man hinwegschleppte. Einer derselben hatte sich bedeutend widersetzt und mußte zur Strafe „Gassenlaufen“. Der Lieutenant konnte sich nicht enthalten, dem „interessanten“ Schauspiel beizuwohnen, und befahl daher dem Postillon, ohne Rücksicht auf mich, zu halten. Es geschah, und ich genoß auf diese Weise zum erstenmale den Anblick dieser österreichischen Kannibalen-Scheußlichkeit. Ich will Ihnen den Vorgang nicht beschreiben. Die kommandirten Bestien hieben unter freudigem Wiehern auf den Leib des Rekruten, bis die Fetzen Fleisch davon herabfielen. Hernach wurde der ganz wunde Körper des leblos daliegenden Menschen en plein air in mit Essig geweichte Tücher gehüllt, und davon getragen. Das dadurch wieder hervorgerufene ungeheure Schmerzgeschrei des Gemarterten wurde gänzlich überhört; die Offiziere rauchten ihre Pfeifen dabei und ließen mehrmal die genialen Worte vernehmen: „Mocht nix, S'is alles ahns!“ — Soldaten, welche bei solchen Exekutionen nicht tüchtig aufhauen, oder etwa ohnmächtig werden, müssen zur Strafe selber Gassenlaufen. Vielleicht mögen Sie's trotz meiner Versicherung bezweifeln, daß die Verthierung in diesem Lande so wohl gelungen ist, daß viele Militärs eine Bravour darin suchen, recht oft und recht viele Hiebe zu erhalten. Ein Soldat, der in dieser Beziehung Jungfer geblieben, wird von seinen Kameraden verachtet und als ein gemeiner Kerl ohne Ehre verschrien. Der österreichische Soldat ist bei Gott nichts, als ein abgerichtetes Thier, eine bestialische Maschine zur Aufrechthaltung des kroatisch-europäischen Mord- uud Banditenregiments der gekrönten Tamerlans und ihrer gottbegnadeten Spießgesellen.</p> <p>In <hi rendition="#g">Teschen</hi> glaubte ich im Volke einigen Freiheitssinn zu finden, irrte mich aber gar zu sehr. Wie früher die Höllenbrüder Metternich-Sedlnitzky, so betet das Reich der Mitte, dies Bleigewicht am Fortschritt Europa's, jetzt Windischgrätz-Radetzky an. Die große Menge sieht in der ganzen Märzbewegung nur eine That, für welche ganz Wien den Strang, und die Begnadigung mittelst Pulver und Blei verdient hätte. Sie sprechen von der Revolution, wie von einer Mordgeschichte, und die Kannibalen, welche als Ministerium oder als Banditen-Generale die Zügel der Regierung in Händen haben, wissen diesen Kretinismus trefflich zu exploitiren. So sah ich in Teschen, wo Katholiken und Protestanten noch immer in von einander abgeschiedenen Stadttheilen wohnen müssen, Orgelmänner mit Tableaux einherziehen, in welchen die Lombarden, Magyaren und Wiener als Mörder dargestellt waren, welche die edlen Kroaten zurecht machten. — Die einzige Stadt Schlesiens, welche ich ziemlich frei fand von dem furchtbaren Kerkerdienst des östreichischen Standrechts- und Kretinen-Despotismus war Bielitz an der galizischen Grenze. Bielitz liegt 1 1/2 Stunde von Pleß, woher einige preußische d. h. aufgeklärtere Luft weht. Horribile dictu, aber wahr.</p> <p>Wollen Sie jedoch das wirkliche, noch unverfälschte Mittelalter, die Urzeiten der Vergangenheit sehen, so kommen Sie hieher nach Neutitschein. Die gewöhnliche Civilisation Ihrer Sackträger und preußischen Kroaten wird hier zum Unsinn. Menschen und Vieh leben in vertrautester Harmonie, und stehen sich materiell gar nicht schlecht. — Die einzige Aufklärung, welche gegenwärtig hier herrscht, ist das Theater, worin Kramer'sche, Spieß'sche und Kotzebu'sche Ritter-, Räuber- und Standrechts-Stücke fortwährend ein glänzendes Furore machen und die Kassen füllen.</p> <p>Wagt es der Direktor einmal, ein Stück von Belang zur Aufführung zu bringen, so beginnt der Neutitscheiner Bourgeois über die Geistlosigkeit desselben zu brüllen.</p> <p>Als die ungarischen Husaren desertirt waren und sich hier in der Nähe herumtrieben, wurde die ganze Stadt — sie ist ansehnlich, — wider sie verbarrikadirt; halb Neutitschein zog gegen dieselben auf die Jagd, ohne eben sehr glücklich zu sein.</p> </div> <div xml:id="ar220_020" type="jArticle"> <head>Triest, 1. Febr.</head> <p>So eben zeigt sich die aus 26 Schiffen bestehende sardinische Flotte Albini, in den Gewässern Triest's (vor Pirano!). Der Hafen von Triest wird mit Ketten, Hölzern u. s. w. abgesperrt. Oesterreich muß sich vor einer solchen Macht dritten Ranges retir<gap reason="illegible"/>é halten! — Albini soll Paixhans haben und die Stadt beschießen wollen. Unsere Batterien sind mit Kanonen wohlgespickt.</p> <bibl>(Oesterr. Bl.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar220_021_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Vom Kriegsschauplatz, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8. </bibl> </note> <head> <bibl> <author>068</author> </bibl> </head> <gap reason="copyright"/> </div> <div xml:id="ar220_022" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Wien, 8. Februar.</head> <p>Die Standrechtsbehörden wissen nur von Siegen in Ungarn zu erzählen. Den Contrerevolutionären aller Länder machen sie damit allerdings seit langem große Freude. So bringt heute die „Wiener Zeitung“ folgenden 5ten Bericht des in Oberungarn operirenden galizischen Armeekorps. Es lautet:</p> <p>Hauptquartier Boldogkö-Varalja den 25. Januar 1849.</p> <p>Nach dem entscheidenden Siege, welchen das unter dem Commando des Hrn. F.-M.-L. Grafen Schlick stehende galizische Armeecorps am 4 Jan. d. J. über das zahlreiche Rebellenheer unter dem Commando des gewesenen Kriegsministers Messaros bei Barcza erfocht, und welcher die Auflösung des größten Theiles der geschlagenen Armee zur Folge hatte, wurde das Zipser Comitae von mobilen Colonnen durchzogen, durch den Herrn Corpscommandanten in Leutschau die revolutionäre Regierung verjagt und abgesetzt, die Bevölkerung entwaffnet, neue Regierungsorgane eingesetzt und alles weitere veranlaßt, was zur Herstellung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit nothwendig ist.</p> <p>Den 14 d M. von Leutschau in Kaschau zurückgekehrt, traf der Herr Corpscommandant die nöthigen Vorbereitungen, um auch in dem Zempliner Comitate, wohin sich nach den frühern Ereignissen mehrere Insurgentenhorden zurückgezogen hatten, wieder einen gesetzlichen Zustand einzuführen.</p> <p>Den 18. und 19. d. M. gingen von Kaschau 3 Colonnen auf Forro, Szanto und Dargo.</p> <p>Die Vorhut der auf Szanto detaschirten, aus den Brigaden Fiedler und Graf Pergen bestehenden Hauptcolonnen stieß am 20. vor Szanto auf eine in einer starken Position aufgestellte feindliche Abtheilung von 2—3000 Mann mit einigen Geschützen.</p> <p>Der Major Piatoli vom Hartmann'schen Infanterieregimente, welcher die aus dem 3. Bataillone desselben Regiments, einer halben Escadron Chevauxlegers und zwei dem Feinde bei Kaschau abgenommenen Kavalleriegeschützen gebildete Avantgarde commandirte, ließ sogleich angreifen, warf den Feind nach einem kurzen Gef[e]cht durch Szanto bis Talya und besetzte Szanto.</p> <p>Den 21. Januar gingen die Brigaden Fiedler und Pergen bis Ker und Visoly; — den 22. trat diese Colonne den Marsch über Szanto, Talya und Maad gegen Tarczal an</p> <p>Ein dichter Nebel, welcher die ganze Gegend bedeckte und kaum auf 100 Schritte einen Ueberblick gewährte, ließ die Nähe des Feindes nicht wahrnehmen.</p> <p>Eine Viertelmeile von Tarczal stieß die Spitze der Vorhut auf feindliche Husaren, die sich plänkelnd auf eine Infanterie-Plänklerkette zurückzogen.</p> <p>Die Ausdehnung des Feuers der Letzteren ließ erkennen, daß ein feindliches Corps vorhanden sei, welches Stand halten wolle.</p> <p>Es wurden demnach Plänkler vorgeschoben und die Abtheilungen der verschiedenen Waffengattungen zum Angriffe und zur gegenseitigen Unterstützung aufgestellt.</p> <p>Eine links an der Straße gegen Tokay befindliche Anhöhe wurde als der Schlüssel der feindlichen Position erkannt, durch die vorgeschobenen Plänkler erstiegen, diese wurden aber von einigen jenseits aufgestellten Bataillonen aller regulären Truppen mit einem so heftigen Feuer empfangen, daß sie zurückweichen mußten.</p> <p>Das im Centrum zur Bedeckung der Geschütze in drei Divisionsmassen aufgestellte dritte Bataillon Hartmann unter dem Commando des Majors </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1208/0002]
126 Hamburg, 9. Febr. Der Senat opponirt gegen die pure Einführung der Grundrechte, gegen Aufhebung des Stellvertreterwesens und Einführung der allgemeinen Wehrpflicht, gegen allgemeines Heimathsrecht und das Bürgerwerden der Juden oder mindestens gegen die Aufhebung der Selbstständigkeit der Judengemeinde, dadurch sind die Gegner des Senats bedeutend erstarkt und mit einer Anzahl Leute aus dem Mittelstande vermehrt worden, zu denen sich der Bürgermilitair-Verein gesellt hat, welcher etwa 3000 Mitglieder des Bürgermilitärs zählt, dadurch ist eine große Spaltung im Bürgermilitär entstanden und die Spannung sehr bedeutend. Das Central-Comite der verbundenen Vereine hat, um Hamburg in den Besitz der Grundrechte zu bringen, eine große Feier derselben angeordnet und ein Festcomite u. s. w. ernannt, welches dafür zu sorgen hat, daß im Laufe von 8 Tagen diese Feier vorgenommen werde und somit die ersten Schritte zur Besitzergreifung geschehen. Morgen beginnt der große „norddeutsche Arbeiter-Congreß“, der wahrscheinlich stark besucht werden wird, da schon viele Anmeldungen hieher gelangt sind.
* Dresden, 8. Febr. In der heutigen Sitzung der 2. Kammer wurde Bericht über die Blum'sche Angelegenheit erstattet. Nach Verlesung desselben bemerkte der Berichterstatter Tschirner:
Eine solche Passivität, wie sie der Gesandte in Wien in der Blum'schen Angelegenheit gezeigt, könne nur aus Pflichtvergessenheit hervorgegangen sein. Ein solcher Mann könne länger nicht das Vertrauen des Volks haben, er könne sein Amt nicht länger verwalten und müsse abberufen werden. Obgleich die Deputation ihn strafbar erachtet, so habe sie hierauf keinen Antrag gestellt, weil hierüber die Dienstbehörde, das Ministerium, zu entscheiden habe, eine Untersuchung dürfe man nicht anbefehlen. Es dürfe eine Kabinetsjustiz weder von oben noch von unten geübt werden, ein Grundsatz, der freilich zu Zeiten von der Aristokratie, z. B. bei den waldenburger Ereignissen, nicht befolgt worden sei. Eine Pflichtverletzung habe der Gesandte sich zu Schulden kommen lassen, das könne das Gesandtenrecht nicht widerlegen. Schreibe dasselbe vor, in Zeiten der höchsten Gefahr blos Noten zu wechseln, dann möge man ein heiliges Feuer anzünden und diese Bücher, welche das Gesandtenrecht enthalten, verbrennen, und für solche Leute, welche nach diesem Rechte handeln, könne man keinen Pfennig mehr bezahlen. (Bravo auf der Tribune). — Abgeordneter Auerswald wünscht, die Deputation wäre weiter gegangen, und verbreitet sich über das Verhalten des Gesandten. — Abg. Kell aus Leipzig: Es sei Pflicht, diese Angelegenheit nicht vorübergehen zu lassen, ohne einen praktischen Nutzen daraus zu ziehen. Jene an Blum verübte That möge einen recht gründlichen Abscheu vor Belagerungszustand und Standrecht einflößen. Die Deutschen müßten darauf hinwirken, daß künftig nicht mehr Belagerungszustand und Standrecht verfügt werden könnten, das würde die beste Sühne für Blum's Tod sein. — Sekeetär Jäkel spricht sich über das Verfahren des Gesandten aus und nennt die in dessen Bericht enthaltene angebliche Aeußerung Blum's vor seiner Tödtung, als ob er sein Verfahren bereue, eine Verläumdung und Lüge. — Abgeordneter Tauerschmidt geht ebenfalls näher auf die Handlungsweise des Gesandten ein und sucht ferner darzuthun, daß sowohl die sächsische Regierung als auch die Centralgewalt sich schwach bewiesen hätten. Beide hätten energisch gegen Oestreich auftreten sollen. Oestreich verlangt von uns die Auslieferung der Deserteure, warum verlangen wir nicht von ihm die Auslieferung der Mörder Blum's?! — Abg. Reimann: Die Deputation habe ihren Antrag vielleicht mit einer solchen Ruhe und Mäßigung abgefaßt, um eine einstimmige Genehmigung zu erzielen. Er sei entsetzt, als er die Berichte des Gesandten gelesen, entsetzt darüber, daß er unverhohlen sagen konnte, daß er für Blum nichts thun wolle! Es sei eine Dreistigkeit des Gesandten, mit welcher er sage, daß er seine Note an einen nichtssagenden Ort geschickt, denn dort sei weder Hülfe noch Auskunft zu erlangen gewesen. Niemand, selbst Gott im Himmel werde ihn nicht freisprechen können! — Abgeordneter Lincke macht es dem Ministerium des Auswärtigen zum Vorwurf, daß es den Gesandten nicht unverweilt abberufen habe, und zieht auch gegen die Centralgewalt zu Felde, die stets nur da handle, wo es gelte die Demokratie niederzuhalten. Es gäbe aber noch eine andere Centralgewalt, welche den Tod Blum's sühnen werde, das sei die Centralgewalt im Reiche des deutschen Volksgeistes. — Der Minister v. d. Pforten vertheidigt das Benehmen in höchst lahmer, jämmerlicher Weise, wie denn diese sächsischen Minister, die ehemals so gewaltige, aber immer höchst gemüthliche Opposition zu machen wußten, jetzt immer mehr in die Fußtapfen ihrer Vorgänger treten. — Tschirner spricht noch ein Mal. Es gehe aus allen Dokumenten klar hervor, daß man Blum absichtlich um's Leben bringen wollte, seien doch Blum's letzte Proteste unterschlagen worden. „Das Andenken Blum's wird aber nicht aus unsern Herzen gerissen werden, wir wollen uns um seinen Namen wie um ein Panier schaaren, und der Sieg wird uns nicht fehlen!“ (Stürmisches Bravo!) Der Antrag auf unverweilte Abberufung des Gesandten wird hierauf mit Namensauf einstimmig, der zweite Antrag: die Regierung möge bei der Centralgewalt die weitere Ausführung bes Beschlusses der Nationalversammlung vom 19. Nov. beantragen, gegen eine Stimme angenommen.
106 München, 8. Febr. Der Minister Beisler erklärte in der heutigen Kammersitzung, daß in Folge der Tags zuvor erfolgten Abstimmung der 2. Kammer (welche die Unterordnung unter die Frankfurter Beschlüsse fordert) das gesammte Ministerium seine Entlassung eingereicht habe. Man spricht bereits von einem Ministerium Hermann-Giech-Rotenhahn, mit einer Beimischung aus dem linken Centrum.
61 Wien, 8. Febr. Die Gährung nimmt in Wien überhand; Pesth, Prag und Mailand gehen Hand in Hand mit ihr. Ebenso die kleineren Städte; selbst Olmütz ist trotz des Hofes in freisinniger Aufregung. Auch die Bauern werden ob der vielen Rekruten, die sie stellen, und ob der Roboten, die sie wieder leisten müssen, stutzig. Ganz Oesterreich nimmt täglich mehr die Physionomien eines Vulkans an, der einem entsetzlichen Ausbruche nahe ist. Sie können versichert sein, daß wir keiner Franzosen mehr bedürfen werden, die 100 Nationen des Gesammtscheusals Oesterreich werden in ihrer höchsten Ueberzeugung jetzt eine werden, und diese Umwandlung stürzt die Regierung, stürzt das Scheusal. Das Donnerwetter wird furchtbar werden; in drei Wochen muß es losbrechen. — Ungarn hält sich, und beschleunigt den Ausbruch des Furchtbaren, wenn es siegt. Das Ministerium begreift etwas von der Situation und befindet sich in der ärgsten Besorgniß, allein die Generale trotzen ihm. So wird der Zusammensturz Oesterreich's unvermeidlich, sein Accompagnement aber das furchtbarste werden.
* Wien, 8. Febr. Berichte aus Temeswar vom 3. dieses melden, daß sich die aus Beschkerek, St. Thomas, Werschetz und Weißkirchen flüchtigen Magyaren ungefähr 12,000 Mann mit 40 Kanonen neuerdings gegen Arad gewendet, und die Festung beschießen. Nach Eingang dieser Nachricht marschirte Oberst Mayerhofer mit allen verfügbaren kaiserlichen Truppen und den Serbiern und Raitzen gegen Arad, um diese Festung zu entsetzen.
Ein Gerücht besagt sogar, daß die Magyaren Arad erstürmt, geplündert und den Kommandanten Berger ermordet hätten.
Die „Schwarzgelben“ behaupten, Schlick habe nach der Vereinigung mit Schulzig die Offensive gegen Tokai ergriffen und die Magyaren zurückgeworfen. Görgey treibe sich bei Gonyös herum.
Neuere Privatnachrichten bestätigen, daß in Kroatien große Unzufriedenheit herrsche und eine eigene Deputation an den Banus abgesendet werden soll, um hierüber zu remonstriren.
Das Amtsblatt der Wiener Zeitung fordert nebst mehreren andern am Aufruhr Betheiligten auch den General Bem auf, sich vor Gericht zu stellen, widrigenfalls gegen ihn in contumaciam vorgegangen werden würde.
Nach dem gestrigen Abend-Lloyd hat man in Asien bei Brusse auf dem Berge Olymp eine Pflanze aufgefunden, welche als zauberhaft wirkendes Spezificum gegen die Cholera sich bewähren soll. Diese Pflanze hat den Namen Zohrabik erhalten.
068 Wien, 7. Febr. Wieder 2 kriegsrechtliche Verurtheilungen, 1) des Plattensteiner, vormaligen Lieutenants des k. k. Kürassier-Regiments Nr. 3; 2) des L. Wittenberger, Bürger und Handelsmann. Jener zu 6 jährigem schweren Kerker (zu 4jährigem begnadigt), dieser zu 8 jährigem schweren Kerker (begnadigt zu 5 jährigem) verurtheilt, beide wegen ihrer Betheiligung an den Oktober-Vorfällen.
In Pesth wurde der Benediktiner-Priester Gregor Czuczor, weil er in einem Gedichte unter dem Titel „Riado“ (zum Aufbruch) die Magyaren zum Widerstande gegen den König und die k. k. Truppen aufgereizt hatte, zu 6 jährigem Festungsarrest in Eisen verurtheilt.
* Wien, 6. Febr. Es ist allerdings sehr auffallend, daß man bei den vielen Geschichten von Wachtpostangriffen auch noch nicht einen der Uebelthäter ergriffen hat, die sich diese zu Schulden kommen ließen. Dadurch wächst der Verdacht, daß man auf alle ersinnliche Weise die Sympathien dem Soldatenstande zuwenden möchte. Ging es doch so weit, daß man für die „herzigen“ Kroaten, die die Weiber geschändet, Kinder gemordet, und so Viele in ihrer Plünderungs- und Zerstörungswuth zu Bettlern gemacht, Wohlthätigkeitsakademien veranstaltete, während Feuer und Wasser, Krieg und Seuche über die armen Wiener Bürger mit vereinter Wuth hereingebrochen waren. Allein es waltet noch immer in gewissen Kreisen der Glaube, daß man mit dem Militärdespotismus auf die Länge auslangen könne, und die freisinnigen Ideen, nur von einigen Illuminaten ausgehegt, auch nur bei dem leiblichen und geistigen Proletariat Eingang und Nahrung fänden, der übrige Theil des Volks aber aus Fanatikern für die Ruhe bestände.
(D. A. Z.) 61 Neutitschein, 6. Feb. Vielleicht interessirt es Sie, über und aus diesem Winkel etwas zu erfahren.
Wer sich mit seiner Phantasie einmal in eine fabelhafte von der europäischen Kroaten-Civilisation noch nicht beleckte Urwildniß versetzen will, der pflegt z. B. an die Oasen der Sahara, oder an das Urinnere der nordamerikanischen Wälder zu denken.
Ich begreife indessen kaum, warum solche exotische Phantasien nicht hübsch in Europa bleiben, wo sie im gelobten Lande von Habsburg-Tamerlan, in dem von kroatisirten Genies des Standrechts und der absoluten Verthierung zusammengehaltenen Gesammtviehstall, Oestreich, doch mehr antidiluvianische Romantik antreffen würden, als bei den Kabylen Afrikas oder unter den Karaiben und Troglodyten Amerikas.
Die königl. preußische Langeweile Ratibors wenigstens möchte sich schwerlich auf pikantere Weise würzen lassen, als durch eine Ausflucht über die nahen Grenzen des Reichs der Mitte nach Troppau, Teschen, Bielitz, Neutitschein und vorzüglich übers Land.
Die königl. preuß. Hofdemokraten Ratibors rühmen sich, die Ungarn gegen Comptantzahlung mit lahmen Kleppern, unbrauchbaren Waffen, sogar mit Speise und Trank unterstützt zu haben; doch es sind immerhin, wenn auch langweilige, Demokraten. Sobald man dagegen die chinesische Mauer überstiegen hat, welche das Reich der Mitte von dem deutschen Cochin-China trennt, hört vor lauter standrechtlichem Herzbeben alle königl. preuß. Langweile auf. Die preuß. Bureaukraten, Soldaten und Krautjunker wissen sich über Pferde, Hunde, Kerls u. s. w. mit Gott für König und Vaterland doch wenigstens anständig-langweilig zu unterhalten, wohingegen über die Lippen eines Bewohners des Reichs der Mitte niemals ein anderer Laut fährt, als: „Mocht nix! S'is olles ahn's! Ai frailich! und Worom nit gahr!“ Solche Kraftgedanken lassen neben dem standrechtlichen Herzbeben eines bösen Gewissens keine Langweile aufkommen; der Geist des östreichischen Chinesen ist daher diesem interessanten Wesen einer königl. preuß. Existenz ganz unzugänglich.
Troppau liegt nur 10 Minuten von Preußen, hat man aber einmal die chinesische Grenzmauer überschritten, so glaubt man 100 Jahre weit davon entfernt zu sein. Umsonst wies ich in dieser _ schwarzgelben Stadt einen preuß. Friedrichsd'or vor, kein Mensch mußte, geschweige wechseln zu können, was er bedeute. „S'is kah Fronzel unn kah Ferdnand, s'is nix!“ Damit mußte ich abziehen. In Troppau gibt's viele Tausende, die gar nicht wissen, daß das Land 10 Minuten jenseits kein östreichisches mehr ist. Sagt man: „Ich bin ein Preuße!“ so glotzt einen der Troppauer fast mit ebendenselben Augen an, wie der Spanier und Türke es thun. Der Preuße ist für ihn noch ein apokalyptisches Fabelthier, man betrachtet ihn, wie die Unterthanen Montezumas die gelandeten Spanier betrachteten, mit einem unbeschreibbaren Ausdruck des Blödsinns. Armer verkannter Preuße!
Zwischen Troppau und Teschen begleitete uns unter andern ein Lieutenant der kais. mit Pulver und Blei glorreichen Armee. Derselbe bemühte sich, ein gegenüber sitzendes „Madel“ mit dem den abgerichteten Thieren jener glorreichen Armee eigenthümlichen Kretinenanstand zu unterhalten, indem er von seinen in Wien verübten Heldenthaten berichtete. Dieselben bestanden unter andern darin, daß er im November einem wehrlosen Studenten vor dem Café Français in Wien den Kopf gespalten, nachdem er, nach dem Einzug des glorreichen russisch-begnadeten Windischgrätz, im Vertrauen auf die verheißene Rückgabe, abgelegte Privatwaffen der akademischen Legion gestohlen. Statt sich zu schämen, rühmte der kais. Mordgeselle sich beider Thaten vor mir und vor dem Madel, indem er mit der elegant-brutalen Bestialität des Landes „Ob der Ems“ die Klinge herauszog und uns unter die Nase hielt. Auf der Klinge standen der Name eines bekannten Akademikers und die Erinnerungsdaten des 13. und 18. März, wie 26. Mai. Das Standrecht und meine königl. preuß. Erziehung verhinderten mich, dem Kumpan etwas anderes entgegenzusetzen, als Schweigen.
Bald fesselte uns ein anderes Schauspiel. In einem ansehnlichen Orte war Rekrutentag gewesen, es mußten 80 Rekruten gestellt werden. Unter denen, die das Loos getroffen hatte, befanden sich Familienväter mit 8 Kindern, die man hinwegschleppte. Einer derselben hatte sich bedeutend widersetzt und mußte zur Strafe „Gassenlaufen“. Der Lieutenant konnte sich nicht enthalten, dem „interessanten“ Schauspiel beizuwohnen, und befahl daher dem Postillon, ohne Rücksicht auf mich, zu halten. Es geschah, und ich genoß auf diese Weise zum erstenmale den Anblick dieser österreichischen Kannibalen-Scheußlichkeit. Ich will Ihnen den Vorgang nicht beschreiben. Die kommandirten Bestien hieben unter freudigem Wiehern auf den Leib des Rekruten, bis die Fetzen Fleisch davon herabfielen. Hernach wurde der ganz wunde Körper des leblos daliegenden Menschen en plein air in mit Essig geweichte Tücher gehüllt, und davon getragen. Das dadurch wieder hervorgerufene ungeheure Schmerzgeschrei des Gemarterten wurde gänzlich überhört; die Offiziere rauchten ihre Pfeifen dabei und ließen mehrmal die genialen Worte vernehmen: „Mocht nix, S'is alles ahns!“ — Soldaten, welche bei solchen Exekutionen nicht tüchtig aufhauen, oder etwa ohnmächtig werden, müssen zur Strafe selber Gassenlaufen. Vielleicht mögen Sie's trotz meiner Versicherung bezweifeln, daß die Verthierung in diesem Lande so wohl gelungen ist, daß viele Militärs eine Bravour darin suchen, recht oft und recht viele Hiebe zu erhalten. Ein Soldat, der in dieser Beziehung Jungfer geblieben, wird von seinen Kameraden verachtet und als ein gemeiner Kerl ohne Ehre verschrien. Der österreichische Soldat ist bei Gott nichts, als ein abgerichtetes Thier, eine bestialische Maschine zur Aufrechthaltung des kroatisch-europäischen Mord- uud Banditenregiments der gekrönten Tamerlans und ihrer gottbegnadeten Spießgesellen.
In Teschen glaubte ich im Volke einigen Freiheitssinn zu finden, irrte mich aber gar zu sehr. Wie früher die Höllenbrüder Metternich-Sedlnitzky, so betet das Reich der Mitte, dies Bleigewicht am Fortschritt Europa's, jetzt Windischgrätz-Radetzky an. Die große Menge sieht in der ganzen Märzbewegung nur eine That, für welche ganz Wien den Strang, und die Begnadigung mittelst Pulver und Blei verdient hätte. Sie sprechen von der Revolution, wie von einer Mordgeschichte, und die Kannibalen, welche als Ministerium oder als Banditen-Generale die Zügel der Regierung in Händen haben, wissen diesen Kretinismus trefflich zu exploitiren. So sah ich in Teschen, wo Katholiken und Protestanten noch immer in von einander abgeschiedenen Stadttheilen wohnen müssen, Orgelmänner mit Tableaux einherziehen, in welchen die Lombarden, Magyaren und Wiener als Mörder dargestellt waren, welche die edlen Kroaten zurecht machten. — Die einzige Stadt Schlesiens, welche ich ziemlich frei fand von dem furchtbaren Kerkerdienst des östreichischen Standrechts- und Kretinen-Despotismus war Bielitz an der galizischen Grenze. Bielitz liegt 1 1/2 Stunde von Pleß, woher einige preußische d. h. aufgeklärtere Luft weht. Horribile dictu, aber wahr.
Wollen Sie jedoch das wirkliche, noch unverfälschte Mittelalter, die Urzeiten der Vergangenheit sehen, so kommen Sie hieher nach Neutitschein. Die gewöhnliche Civilisation Ihrer Sackträger und preußischen Kroaten wird hier zum Unsinn. Menschen und Vieh leben in vertrautester Harmonie, und stehen sich materiell gar nicht schlecht. — Die einzige Aufklärung, welche gegenwärtig hier herrscht, ist das Theater, worin Kramer'sche, Spieß'sche und Kotzebu'sche Ritter-, Räuber- und Standrechts-Stücke fortwährend ein glänzendes Furore machen und die Kassen füllen.
Wagt es der Direktor einmal, ein Stück von Belang zur Aufführung zu bringen, so beginnt der Neutitscheiner Bourgeois über die Geistlosigkeit desselben zu brüllen.
Als die ungarischen Husaren desertirt waren und sich hier in der Nähe herumtrieben, wurde die ganze Stadt — sie ist ansehnlich, — wider sie verbarrikadirt; halb Neutitschein zog gegen dieselben auf die Jagd, ohne eben sehr glücklich zu sein.
Triest, 1. Febr. So eben zeigt sich die aus 26 Schiffen bestehende sardinische Flotte Albini, in den Gewässern Triest's (vor Pirano!). Der Hafen von Triest wird mit Ketten, Hölzern u. s. w. abgesperrt. Oesterreich muß sich vor einer solchen Macht dritten Ranges retir_ é halten! — Albini soll Paixhans haben und die Stadt beschießen wollen. Unsere Batterien sind mit Kanonen wohlgespickt.
(Oesterr. Bl.) Ungarn. 068 _ 068 Wien, 8. Februar. Die Standrechtsbehörden wissen nur von Siegen in Ungarn zu erzählen. Den Contrerevolutionären aller Länder machen sie damit allerdings seit langem große Freude. So bringt heute die „Wiener Zeitung“ folgenden 5ten Bericht des in Oberungarn operirenden galizischen Armeekorps. Es lautet:
Hauptquartier Boldogkö-Varalja den 25. Januar 1849.
Nach dem entscheidenden Siege, welchen das unter dem Commando des Hrn. F.-M.-L. Grafen Schlick stehende galizische Armeecorps am 4 Jan. d. J. über das zahlreiche Rebellenheer unter dem Commando des gewesenen Kriegsministers Messaros bei Barcza erfocht, und welcher die Auflösung des größten Theiles der geschlagenen Armee zur Folge hatte, wurde das Zipser Comitae von mobilen Colonnen durchzogen, durch den Herrn Corpscommandanten in Leutschau die revolutionäre Regierung verjagt und abgesetzt, die Bevölkerung entwaffnet, neue Regierungsorgane eingesetzt und alles weitere veranlaßt, was zur Herstellung der Ruhe, Ordnung und Sicherheit nothwendig ist.
Den 14 d M. von Leutschau in Kaschau zurückgekehrt, traf der Herr Corpscommandant die nöthigen Vorbereitungen, um auch in dem Zempliner Comitate, wohin sich nach den frühern Ereignissen mehrere Insurgentenhorden zurückgezogen hatten, wieder einen gesetzlichen Zustand einzuführen.
Den 18. und 19. d. M. gingen von Kaschau 3 Colonnen auf Forro, Szanto und Dargo.
Die Vorhut der auf Szanto detaschirten, aus den Brigaden Fiedler und Graf Pergen bestehenden Hauptcolonnen stieß am 20. vor Szanto auf eine in einer starken Position aufgestellte feindliche Abtheilung von 2—3000 Mann mit einigen Geschützen.
Der Major Piatoli vom Hartmann'schen Infanterieregimente, welcher die aus dem 3. Bataillone desselben Regiments, einer halben Escadron Chevauxlegers und zwei dem Feinde bei Kaschau abgenommenen Kavalleriegeschützen gebildete Avantgarde commandirte, ließ sogleich angreifen, warf den Feind nach einem kurzen Gef[e]cht durch Szanto bis Talya und besetzte Szanto.
Den 21. Januar gingen die Brigaden Fiedler und Pergen bis Ker und Visoly; — den 22. trat diese Colonne den Marsch über Szanto, Talya und Maad gegen Tarczal an
Ein dichter Nebel, welcher die ganze Gegend bedeckte und kaum auf 100 Schritte einen Ueberblick gewährte, ließ die Nähe des Feindes nicht wahrnehmen.
Eine Viertelmeile von Tarczal stieß die Spitze der Vorhut auf feindliche Husaren, die sich plänkelnd auf eine Infanterie-Plänklerkette zurückzogen.
Die Ausdehnung des Feuers der Letzteren ließ erkennen, daß ein feindliches Corps vorhanden sei, welches Stand halten wolle.
Es wurden demnach Plänkler vorgeschoben und die Abtheilungen der verschiedenen Waffengattungen zum Angriffe und zur gegenseitigen Unterstützung aufgestellt.
Eine links an der Straße gegen Tokay befindliche Anhöhe wurde als der Schlüssel der feindlichen Position erkannt, durch die vorgeschobenen Plänkler erstiegen, diese wurden aber von einigen jenseits aufgestellten Bataillonen aller regulären Truppen mit einem so heftigen Feuer empfangen, daß sie zurückweichen mußten.
Das im Centrum zur Bedeckung der Geschütze in drei Divisionsmassen aufgestellte dritte Bataillon Hartmann unter dem Commando des Majors
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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