Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 217. Köln, 9. Februar 1849. Beilage.

Bild:
erste Seite
Beilage zu Nr. 217 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Freitag 9. Februar 1849.
[Französische Republik]

[Fortsetzung] vorigen Montage zeichnet Euch Eure Pflicht vor; die der Nationalversammlung liegt in ihrem Mandate. Um die Verfassung zu vertheidigen, habt Ihr die Nationalversammlung, habt Ihr die Bürgerwehr vor Euch.... Den Deputirten und der Bürgerwehr gebührt die Initiative. Weicht die Nationalversammlung zurück, so schätzt sie sich noch weniger als der Präsident sie schätzt; in ihrem eignen Auge wäre sie keinen Tropfen Bluts werth, das Ihr vergösset. Lasset die Nationalversammlung handeln: rührt Euch nicht. Wenn die Bürgerwehr die Verfassung zertrümmern läßt, nun so beweis't dieß, daß ihr an der Verfassung weniger liegt als an ihrem Interesse; daß sie die politische Frage nicht so hoch stellt als die ökonomische.... Lasset sie handeln -- laßt sie gewähren! Laissez faire encore, laissez passer! Die honnetten Republikaner, die sich heute um Bonaparte, morgen um Henri V. und übermorgen um die Regentschaft schaaren, führen uns dem Chaos, der Anarchie zu. Wohlan! Das ist das beste Mittel, Allem ein baldiges Ende zu bereiten. Arbeiter! Rührt Euch nicht von der Stelle. Es lebe die Anarchie!"

-- Proudhon's Plan zur Errichtung der vielbesprochenen Banque du Peuple ist heute erschienen.

-- National-Versammlung. Sitzung vom 6. Februar. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast.

Dahirel stellt gleich nach Verlesung des Protokolls den schriftlichen Antrag:

"Bei Kabinetsfragen nicht mehr durch Kugeln, d. h. geheime, sondern durch Stimmzettel oder Ja- und Neinrufen abstimmen zu lassen."

An die Abtheilung gewiesen.

Die Tagesordnung schreibt die zweite Debatte über Rateau's Auflösungsantrag vor. Die Bänke sind voll; es sind wohl an 830 Deputirte anwesend. Gallerien überfüllt.

Larochejaquelein, Gaslonde Pierre Bonaparte, Pagnerre, Dufaure, Lanjuinais und Rateau streiten sich lange über die Ordnungsfolge der Diskussion. Endlich ist die Ordnung festgestellt und Rateau nimmt das Wort.

Rateau erklärt, daß er sich dem Amendement Lanjuinais anschließe. (Ah! Ah!)

Wolowski thut desgleichen. (Gelächter).

Pagnerre giebt eine ähnliche Erklärung ab. (Stimmen links: Allgemeines Bündniß!)

Lanjuinais (aus dem Loiredepartement und ein Barrikadenkämpfer vom Juli 1830, später gefügiger Centrier unter Louis Philipp) besteigt die Bühne und beginnt die Entwickelung seines von Dufaure, Lamartine und der sonstigen parlamentarischen Opposition zusammengeschmideten Amendements unter allgemeiner Stille vorzulesen:

Artikel 1.

"Die National-Versammlung schreitet sofort zur ersten Berathung des Wahlgesetzes. Die zweite und dritte Berathung desselben erfolgen in den vom Reglement vorgeschriebenen Terminen."

Artikel 2.

"Unmittelbar nach Annahme des Wahlgesetzes sind die Wahllisten anzufertigen und die Wahlen selbst für den ersten Sonntag nach definitivem Schluß der Listen auszuschreiben. Zehn Tage nach abgehaltenen Wahlen tritt die legislative Versammlung zusammen."

Artikel 3.

"Die National-Versammlung richtet ihre Tagesordnung so ein, daß außer dem Wahlgesetz noch das Gesrtz über den Staatsrath und das Gesetz über Verantwortlichkeit des Präsidenten und seiner Minister noch vor ihrer Auflösung votirt werden."

Artikel 4.

"Der Beschluß der National-Versammlung vom 11. Dezember 1848 verliert in allen Punkten seine Kraft, welche gegenwärtigem Dekret entgegenstehen."

Lanjuinais legt in seinem Vortrage hauptsächlich Gewicht auf den Umstand, daß sich die Versammlung übereilt habe, aus dem Provisorium herauszukommen, indem sie die Exekutivgewalt zu früh schuf und sie auf diese Weise in den bekannten Konflikt zweier Souveraine gerathen wäre. Die Erbitterung, welche die Anträge auf Auflösung hervorgerufen habe, sei dem Umstande zuzuschreiben, daß sie der Versammlung einen Tag bestimmten, an dem sie sich aufzulösen habe. Dies sei unschicklich. Sein Amendement vermeide dergleichen. Ihm zufolge könne sich die Versammlung in 67 Tagen, also in der Mitte Aprils trennen.

Die Linke, besonders der Berg, unterbrach den Redner oft und heftig.

Guichard bekämpft den Antrag. Die finanzielle Lage sei so ernst, daß man das Budget vorher prüfen und votiren müsse. Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen und müssen unser Werk vollenden. (Seinem Vortrage folgt einige Gährung).

Pagnerre unterstützt den Antrag. Er betheuert seinen Republikanismus. (Gelächter vom Berge).

Felix Pyat bekämpft den Antrag in einer oft von der Rechten mit Sturm unterbrochenen Rede. Votirt den Antrag und Ihr sollt sehen, welche Stürme Ihr heraufbeschwört. Der legislativen Kammer dürfte ein Konvent folgen! (Agitation).

Barthelemy de St. Hilaire erklärt von vornherein, daß er sich nicht an die excentrischen, sondern nur an die honnetten Intelligenzen wende. Er unterstützt den Antrag.

Sarrans: Man dürfe sich erst nach Erfüllung aller Pflichten zurückziehen, die die Verfassung vorschreibe. Die Republik sei noch nicht fest genug begründet. Hr. v Lamartine (Ah! Ah!) habe sie wie einen Luftballon in die Atmosphäre geschleudert und zu ihr gesagt: falle herab wo du willst. (Allgemeine Heiterkeit.) Er bekämpft den Antrag. (Schluß! Schluß!)

Lamartine erscheint auf der Bühne. Erlauben Sie, beginnt er, daß ich jetzt schon an der Debatte Theil nehme, durch die Interpellation herausgefordert, die Sie so eben vernommen. Der Mann, der die Ehre hatte, einen so großen Theil an der Bildung unserer neuen Staatseinrichtung zu nehmen, kann sie nicht zerstören wollen (faire perdre), noch darf er den Verdacht dulden, daß er sie schwächen lassen wolle. Er verliert sich hierauf in eine acht und achtzigste Darstellung der Februar-, März-, April-, Mai- und Juni-Ereignisse und beweist indirekt, wie oft er das Land (!) vom Abgrunde der Anarchie -- vom Raube der Faktion des Elendes gerettet. Er schwört, daß er keine Furcht vor dem Allgemeinen Stimmrecht habe. Die Versammlung habe sie auch nicht. Er zieht in schrecklichem Pathos gegen die rothe Republik zu Felde; er verdammt die Clubs mit ihren mörderischen Vorträgen. Clubs seien es gewesen, die den 16 April, 15. Mai und 23. Juni erzeugt hätten. Er wolle keine Republique netaste.... Er sei für eine Republik, in welcher das Interesse des Arbeiters und Eigenthümers rechtlich verstanden werde. (Ah! Ah!) Verzweifle man nicht am Patriotismus, weil das Land murrte, daß es Ein Mal habe 45 Centimen zahlen müsse. (Oh! Oh!) Schließlich geht er auf die Diplomatik über, wahrscheinlich, um sich zu rechtfertigen. Die Negoziation, Mediation etc. seien erst nach ihm entstanden. (Lärm.) Zum Heile der Republik ruft er der Versammlung zu: Retirons nous!

Die allgemeine Diskussion ist geschlossen.

Marrast geht zur artikelweisen Berathung über.

Viele Stimmen: Auf morgen! Auf morgen!

Die Sitzung wird ohne Resultat um 6 1/2 Uhr geschlossen.

Belgien.
068 Brüssel, 5. Februar.

Nach dem "Journal de Huy" sind die Gefangenen von Risquons-Tout, 16 an der Zahl und in drei von Gensd'armen begleitete Zellenwägen vertheilt, zu Huy angekommen, wo eine Abtheilung der auf dem Fort stationirten Jäger-Karabiniers sie in Empfang nahm und in ihr Gefängniß abführte. Eine unzählige Menschenmenge hatte sich am Fuße des Forts versammelt, um den edlen Verurtheilten, die in ruhiger, resignirter Haltung vorüberschritten, ihre Sympathien an den Tag zu legen. Wie man sagt, sind sie mit ihrem neuen Gefängnisse und der ihnen hier zu Theil werdenden Behandlung zufrieden, und sollen es jedenfalls besser haben, als zu Antwerpen. Sie dürfen rauchen, lesen und sich beschäftigen (Spilthoorn arbeitet an mehreren ihm anvertrauten Prozessen), und erhalten täglich sieben bis acht Journale von verschiedenen Farben.

068 Brüssel, 7. Febr.

Herr de Decker hat neulich in der Repräsentantenkammer allerdings keine lobpreisende, aber eine desto wahrere Schilderung des "immerfort wachsenden Wohlstandes" gegeben. Das Gemälde, das er von der Zunahme des Pauperismus entwarf, bleibt noch in vieler Beziehung hinter der Wirklichkeit zurück. Der Pauperismus steigt, wie der Redner ausführlich nachwies, er steigt, ohne die untere Schicht der Gesellschaft, in der er bereits so schrecklich gewüthet, hinauf bis in die nächste Schicht und bald wird der kleine Mittelstand seinerseits in den Abgrund stürzen, in welchem das Proletariat hilflos und verhöhnt obendrein sich auf seinem Schmerzenslager verzweifelnd umherwirft und vergebens nach dem "Musterstaate" und der "täglich wachsenden Wohlfahrt" aufblickt, ob sie nicht endlich einen rettenden Ausweg zu zeigen wissen. Das Proletariat wartet und wartet; aber Keiner von den hochweisen, gutgefütterten, von der modernsten Staatsintelligenz strotzenden Herrn weiß ein Mittel, oder wenn sie etwas vorschlagen, ist's der horribelste Blödsinn oder die schaamloseste Bourgeois-Heuchelei.

"Unsere Epoche," sagt das Journal "die Civilisation," zeigt uns jene seltsame Anomalie von Gesetzen, die den Bedürfnissen und Ideen der gegenwärtigen Stufe der Civilisation in keiner Weise entsprechen. Drum offenbart sich denn auch allerseits eine dunkle, verworrene Beängstigung; sie regt mit unwiderstehlicher Kraft die Massen des alten Europa auf und weist auf die Nähe großer Ereignisse hin.

Tausende von kräftigen Armen sind der Arbeit entzogen und für den Krieg bewaffnet; Millionen werden aus den Staatseinkünften vergeudet und weshalb?

Um durch die brutale Gewalt die Völker niederzuzwingen, welche das unwiderstehliche Bedürfniß, das Joch veralteter und unterdrückerischer Staatseinrichtungen abzuschütteln, aus dem Schlafe gerüttelt hat.

Jeder fühlt, daß der jetzige Zustand nicht dauern, daß eine vollständige Umwandlung nicht vermieden werden kann. Dieses allgemein vorhandene Gefühl nährt die Aengstlichkeit und drückt Allem was geschieht, den Stempel der Schwäche und Unentschiedenheit auf.

Während die Furchtsamsten die Augen zumachen, um nicht zu sehen und sich instinktmäßig an das Vorhandene, wie der Schiffbrüchige an eine Planke, die sammt ihm von den Wogen verschlungen wird, krampfhaft anklammern; müssen Alle, die Einsicht und Muth besitzen, der Gefahr in's Auge blicken und prüfen, welche Verbesserungen von den Bedürfnissen der gegenwärtigen Epoche gebieterisch und mit Recht verlangt werden.

Denn man täusche sich nicht: die brutale Gewalt kann wohl vernichten, aber sie ist zu ohnmächtig, als daß sie das einstürzende Gesellschaftsgebäude stützen, oder gar ein neues, besseres gründen könnte. (Windischgrätz, Radetzky, Wrangel etc., liefern den Beweis zu dieser Behauptung).

"Ruhe und Vertrauen" können und werden nicht eher zurückkehren, bis die Nationen die ihnen zusagende neue Form und Gesellschaftsgrundlage gefunden und gesichert haben, bis die Gesetze, Sitten und Staatseinrichtungen mit den Bedürfnissen der Völker, mit den nothwendigen Bedingungen jeder physischen, intellektuellen und moralischen Entwicklung in Harmonie stehen.

Italien.
*

Ein reaktionäres, der östreichischen Herrschaft in Italien zugethanenes italienisches Blatt kommentirt die Bewegungen Radetzki's in der Lombardei wie folgt:

"Es scheint, daß die Angelegenheiten Ungarns Oestreich große Sorge machen, und daß seine militärischen Mittel beschränkter sind, als man glaubte. Es hat Truppen aus Italien fortschicken müssen; daher die Nothwendigkeit für den Feldmarschall, sich hinter der Linie des Mincio zu konzentriren und der Invasion einen großen Strich Landes blos zu stellen. Er befestigt sich allerdings in den Kriegsplätzen; er wird sich in denselben halten wollen, bis die Angelegenheiten Ungarns ihm erlauben, mit einer hinlänglichen Truppenmasse über die lombardischen Ebenen herzufallen. Dann würde das Heer am Mincio mit den Garnisonen von Pavia, Cremona und Mantua den ersten Streich thun müssen, und, indem man mit der von Tyrol gekommenen Armee auf die piemontesische losginge, würde man einen Hauptcoup versuchen, um sich der ganzen sardinischen Kriegsmacht zu bemeistern. Nur auf diese Weise können sich unsere Militärs die von Radetzki genommenen Positionen erklären."

Rom, 28. Jan.

Laut der "Constituante" hatte General Latour in Bologna vom Pabst ein Handschreiben erhalten, worin er aufgefordert wurde, die Schweizer zu ihm zu führen. Bologna war darüber in Aufruhr. Alles lief zu den Waffen, um den Abzug der Schweizer zu verhindern. Die übrigen Städte der Romagna wollten sich ebenfalls dem Abmarsch der Schweizer widersetzen. Am 29. Jan., Mittags, erwartete man in Bologna den Angriff. Auf die Vorstellungen der Konsuln Englands und Frankreichs soll Latour den Abzug hinausgeschoben haben. Eine neuere Correspondenz der Constituante versichert, Latour habe sein Ehrenwort gegeben, nicht abzuziehen.

Florenz.

Am 30. Januar hat auch die erste Kammer das Wahlgesetz für das italienische Parlament einstimmig angenommen.

068 Rom, 28. Jan.

Die Wahlen haben überall im nämlichen Sinne und unter einem Andrang von Wählern stattgefunden, den man nicht entfernt erwartet hatte. Die Demokratie hat einen glänzenden Sieg erfochten. Heute Mittag wurden die Namen der aus der Urne hervorgegangenen Deputirten zur Constituante, im Beisein der Garnison und des zahllos versammelten Volkes, von der Höhe des Capitols herab verkündigt. Die Gewählten sind: Sturbinetti, Armellini, Sterbinetti, Muzzarelli, Galletti, Scifoni, Campello, Derossi, Calandrelli, Gabussi, Mariani, C. Bonaparte. Das Capitol hatte die italienische Fahne, inmitten der Fahnen der verschiedenen italienischen Einzelstaaten, aufgepflanzt; die Kanonen der Civica donnerten in den Jubel des Volkes.

Die römischen Journale geben heute der gestern verbreiteten unwahrscheinlichen Nachricht, als habe der sardinische Gesandte zu Gaeta plötzlich alle diplomatische Verbindung mit der römischen provisorischen Regierung abgebrochen, ein vollständiges Dementi.

068 Florenz, 29. Jan.

Die Ruhe ist nicht weiter gestört worden. Die Regierung hat in einer energischen Proklamation gegen die vorgestrigen, auf Antrieb der österreichischen Reaction verübten Excesse protestirt.

Der Großherzog hat sich, nach einer langen und confidentiellen Conferenz mit den Gesandten von Frankreich und England, für den vollständigen Anschluß an die italienische Constituante erklärt

068 Turin, 1. Febr.

Heute eröffnete der gekrönte Verräther, Karl Albert, die Kammern mit einer Thronrede, die außer den banalen Phrasen: "wie wohlthuend es dem königl. Herzen sei" etc. folgende wegen der herannahenden Ereignisse hervorzuhebende Stellen enthält: "Als ich das erste Mal die Session der gesetzgebenden Kammern eröffnete, war unser Schicksal ein weit verschiedenes (weil Karl Albert noch nicht Gelegenheit zu dem neuen schmählichen Verrath gefunden hatte); allein unsere Hoffnung war auch nicht groß (folgen mehrere königliche Lügen über Lehren der Erfahrung u. s. w.) Was die innern Fragen betrifft, so werden wir unsere Aufmerksamkeit der Entwickelung unserer Institutionen zu widmen, sie mit dem Geist, den Bedürfnissen des Jahrhunderts (ein Jahrhundert hat gar verschiedene Bedürfnisse) in vollkommenen Einklang zu bringen und energisch das Werk zu verfolgen haben, das von der konstituirenden Versammlung Ober-Italiens vervollständigt werden wird (die Constituante in Rom wird also stillschweigend desavouirt!) In diesem edlen Kampfe (für freie Institutionen und die Unabhängigkeit des Vaterlandes) werden Sie von der Liebe und Achtung der civilisirtesten und berühmtesten Nationen Europa's und insbesondere von denen unterstützt werden, welche die gemeinschaftlichen Bande der Nationalität und des Vaterlandes mit uns verknüpfen. Unsere Anstrengungen waren darauf gerichtet, jenes brüderliche Band immer fester zu schlingen und wenn die letzten Ereignisse in Mittel-Italien für einen Augenblick die Wirkung suspendirt haben, so seien Sie überzeugt, daß dieses Hinderniß nicht lange andauern wird. Die Conföderation der Fürsten und Völker Italiens ist einer der theuersten Wünsche Unseres Herzens und unser ganzes Bemühen wird auf seine schleunige Verwirklichung gerichtet sein.

Meine Minister werden Ihnen ausführlicher die Politik der Regierung in Betreff der Fragen mittheilen, die der Bewegung auf der Halbinsel zum Grunde liegen. Ich vertraue, daß sie mit Weisheit, Wohlwollen und Patriotismus diese Politik würdigen werden.

Es erübrigt noch, von unserer Armee und unserer Unabhängigkeit, denen unsre ganze Sorgfalt gewidmet ist, zu Ihnen zu reden. Die Armeekorps sind reorganisirt, vermehrt, im blühenden Zustande und wetteifern an Schönheit und Heroismus mit unserer Flotte. Ich habe mich davon durch eigenen Augenschein überzeugt und aus ihrer Haltung und ihren Beifallszeichen konnte ich mir von dem patriotischen Eifer, der sie beseelt, Gewißheit verschaffen.

Alles läßt hoffen, daß die von den beiden hochherzigen (!!) und befreundeten (dem Verräther Karl Albert befreundeten!!) Mächten angebotene Vermittlung zu einer baldigen Lösung führen wird. Sollte unser Vertrauen getäuscht werden, so würde uns das nicht hindern, den Krieg mit fester Siegeshoffnung wieder zu beginnen.

Doch, um zu siegen, bedarf die Armee die Unterstützung der Nation und dies, meine Herrn, hängt von Ihnen ab; dies hängt von den Provinzen ab, die einen so kostbaren und unserm (verrätherischen) Herzen so theuern Bestandtheil unsres Königreichs bilden und die mit den gemeinsamen Tugenden noch die ihnen eigenthümliche Ehre der Festigkeit und des Märtyrerthums verbinden. Trösten Sie sich über die Opfer, die Sie zu bringen haben werden, denn dies sind nur augenblickliche Opfer, ihr Resultat aber wird ein dauerndes sein. Klugheit und Muth im Verein werden uns retten. Das, meine Herrn, ist mein heißer Wunsch, das Ihre Mission, zu deren Erfüllung Sie stets das (schaamlos-verrätherische, von Metternich und Consorten gelenkte) Beispiel Ihres Fürsten vor Augen haben werden."

* Turin, 29. Januar.

Ich habe Ihnen eine überraschende Mittheilung zu machen: das Ministerium Gioberti widersetzt sich der Absendung von piemontesischen Deputirten zur römischen Constituante. Eine zweimalige Deputation des Circolo de la Rocca, welche den Minister zu einem raschen und ganzen Anschluß an die Constituante aufforderte, erhielt jedesmal dieselbe Antwort: daß, solange Gioberti Minister sei, Piemont keine Deputirte nach Rom senden werde! Ueberdies hat der Minister den permanenten Cirkel zu schließen für gut befunden, der dagegen den neuen Namen "Verein der italienischen Constituante" angenommen hat. -- Die piemontesische Zeitung, das Organ Gioberti's, sucht die Sache natürlich anders darzustellen. Der Minister habe der Deputation eine zufriedenstellende Antwort gegeben, da keiner der Deputirten eine Einwendung dagegen gemacht habe. Die Journale seien in ihren Angaben über den Gegenstand nicht zuverlässig; man habe die Worte des Ministers entstellt; das Publikum möge sich hüten, Verläumdungen Glauben zu schenken. Das Ministerium sei nur dem Parlament, keinem beliebigen Cirkel, verantwortlich, und behalte sich für dieses allein offene und vollständige Erklärungen über die Politik vor, welche es in Bezug auf die römische Constituante zu verfolgen gedenke. -- So die Entschuldigungen Gioberti's, die, wie man sieht, weder entschieden noch befriedigend sind. Die nächste Zukunft wird zeigen, was wir von Gioberti zu erwarten haben. Einstweilen müssen wir unwillkürlich daran denken, daß er Abbe war, ehe er Minister wurde.

Die 8000 bei Alexandria stationirten Soldaten führten dieser Tage auf dem Wege nach Valenza ein Feldmanöver vor Karl Albert aus, bei dem sie ein Ensemble und eine Tüchtigkeit entwickelten, die sie den Radetzki'schen Regimentern zu gefährlichen Gegnern machen werden.

Dänemark.
Kopenhagen, 2. Febr.

In der heutigen Sitzung des Reichstages hat Hr. Leth Interpellationen an die Regierung über die Frage: "Was sie für die treuen Schleswiger zu thun gedenke?" angezeigt.

Mit 83 gegen 38 Stimmen hat der Reichstag die Geistlichen aller vom Staate anerkannten Religionsbekenntnisse und die fest angestellten Schullehrer von der Wehrpflicht befreit. Morgen kommen die vorgeschlagenen Veränderungen im Wehrpflichtentwurf vor.

Dr. Müller, Stabarzt, fordert in Hinsicht auf den möglichen Wiederausbruch der Feindseligkeiten Civilärzte (Candidaten und Studenten), welche für den bevorstehenden Feldzug eintreten wollen, auf, sich zu melden.

(Von den telegraphischen Nachrichten, die ein Flensburger Correspondent der Hamburger Wöchentl. Nachrichten vom Sturz des Ministeriums, mißlungenen Fluchtversuch des Königs u. s. w. in Flensburg am 3. gehört hat, kein Wort in den Kopenhagener Abendblättern vom 2.)

(H. B.-H.)

Großbritannien.
* London, 6. Febr.

Oberhaus vom 5ten. Lord Forteseue theilt die Antwort der Königin auf die überreichte Adresse mit. Lansdowne zeigt er an, daß er am 9ten d. die Niedersetzung einer Kommission beantragen wird, welche die Armenverwaltung in Irland nach dem neuen Armengesetz untersuchen soll.

Unterhaus vom 5ten. Lord J. Russell stellt mehrere Motionen zur Verbesserung der Geschäftsordnung. Von vielen Mit-

Beilage zu Nr. 217 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Freitag 9. Februar 1849.
[Französische Republik]

[Fortsetzung] vorigen Montage zeichnet Euch Eure Pflicht vor; die der Nationalversammlung liegt in ihrem Mandate. Um die Verfassung zu vertheidigen, habt Ihr die Nationalversammlung, habt Ihr die Bürgerwehr vor Euch‥‥ Den Deputirten und der Bürgerwehr gebührt die Initiative. Weicht die Nationalversammlung zurück, so schätzt sie sich noch weniger als der Präsident sie schätzt; in ihrem eignen Auge wäre sie keinen Tropfen Bluts werth, das Ihr vergösset. Lasset die Nationalversammlung handeln: rührt Euch nicht. Wenn die Bürgerwehr die Verfassung zertrümmern läßt, nun so beweis't dieß, daß ihr an der Verfassung weniger liegt als an ihrem Interesse; daß sie die politische Frage nicht so hoch stellt als die ökonomische‥‥ Lasset sie handeln — laßt sie gewähren! Laissez faire encore, laissez passer! Die honnetten Republikaner, die sich heute um Bonaparte, morgen um Henri V. und übermorgen um die Regentschaft schaaren, führen uns dem Chaos, der Anarchie zu. Wohlan! Das ist das beste Mittel, Allem ein baldiges Ende zu bereiten. Arbeiter! Rührt Euch nicht von der Stelle. Es lebe die Anarchie!“

— Proudhon's Plan zur Errichtung der vielbesprochenen Banque du Peuple ist heute erschienen.

National-Versammlung. Sitzung vom 6. Februar. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast.

Dahirel stellt gleich nach Verlesung des Protokolls den schriftlichen Antrag:

„Bei Kabinetsfragen nicht mehr durch Kugeln, d. h. geheime, sondern durch Stimmzettel oder Ja- und Neinrufen abstimmen zu lassen.“

An die Abtheilung gewiesen.

Die Tagesordnung schreibt die zweite Debatte über Rateau's Auflösungsantrag vor. Die Bänke sind voll; es sind wohl an 830 Deputirte anwesend. Gallerien überfüllt.

Larochejaquelein, Gaslonde Pierre Bonaparte, Pagnerre, Dufaure, Lanjuinais und Rateau streiten sich lange über die Ordnungsfolge der Diskussion. Endlich ist die Ordnung festgestellt und Rateau nimmt das Wort.

Rateau erklärt, daß er sich dem Amendement Lanjuinais anschließe. (Ah! Ah!)

Wolowski thut desgleichen. (Gelächter).

Pagnerre giebt eine ähnliche Erklärung ab. (Stimmen links: Allgemeines Bündniß!)

Lanjuinais (aus dem Loiredepartement und ein Barrikadenkämpfer vom Juli 1830, später gefügiger Centrier unter Louis Philipp) besteigt die Bühne und beginnt die Entwickelung seines von Dufaure, Lamartine und der sonstigen parlamentarischen Opposition zusammengeschmideten Amendements unter allgemeiner Stille vorzulesen:

Artikel 1.

„Die National-Versammlung schreitet sofort zur ersten Berathung des Wahlgesetzes. Die zweite und dritte Berathung desselben erfolgen in den vom Reglement vorgeschriebenen Terminen.“

Artikel 2.

„Unmittelbar nach Annahme des Wahlgesetzes sind die Wahllisten anzufertigen und die Wahlen selbst für den ersten Sonntag nach definitivem Schluß der Listen auszuschreiben. Zehn Tage nach abgehaltenen Wahlen tritt die legislative Versammlung zusammen.“

Artikel 3.

„Die National-Versammlung richtet ihre Tagesordnung so ein, daß außer dem Wahlgesetz noch das Gesrtz über den Staatsrath und das Gesetz über Verantwortlichkeit des Präsidenten und seiner Minister noch vor ihrer Auflösung votirt werden.“

Artikel 4.

„Der Beschluß der National-Versammlung vom 11. Dezember 1848 verliert in allen Punkten seine Kraft, welche gegenwärtigem Dekret entgegenstehen.“

Lanjuinais legt in seinem Vortrage hauptsächlich Gewicht auf den Umstand, daß sich die Versammlung übereilt habe, aus dem Provisorium herauszukommen, indem sie die Exekutivgewalt zu früh schuf und sie auf diese Weise in den bekannten Konflikt zweier Souveraine gerathen wäre. Die Erbitterung, welche die Anträge auf Auflösung hervorgerufen habe, sei dem Umstande zuzuschreiben, daß sie der Versammlung einen Tag bestimmten, an dem sie sich aufzulösen habe. Dies sei unschicklich. Sein Amendement vermeide dergleichen. Ihm zufolge könne sich die Versammlung in 67 Tagen, also in der Mitte Aprils trennen.

Die Linke, besonders der Berg, unterbrach den Redner oft und heftig.

Guichard bekämpft den Antrag. Die finanzielle Lage sei so ernst, daß man das Budget vorher prüfen und votiren müsse. Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen und müssen unser Werk vollenden. (Seinem Vortrage folgt einige Gährung).

Pagnerre unterstützt den Antrag. Er betheuert seinen Republikanismus. (Gelächter vom Berge).

Felix Pyat bekämpft den Antrag in einer oft von der Rechten mit Sturm unterbrochenen Rede. Votirt den Antrag und Ihr sollt sehen, welche Stürme Ihr heraufbeschwört. Der legislativen Kammer dürfte ein Konvent folgen! (Agitation).

Barthelemy de St. Hilaire erklärt von vornherein, daß er sich nicht an die excentrischen, sondern nur an die honnetten Intelligenzen wende. Er unterstützt den Antrag.

Sarrans: Man dürfe sich erst nach Erfüllung aller Pflichten zurückziehen, die die Verfassung vorschreibe. Die Republik sei noch nicht fest genug begründet. Hr. v Lamartine (Ah! Ah!) habe sie wie einen Luftballon in die Atmosphäre geschleudert und zu ihr gesagt: falle herab wo du willst. (Allgemeine Heiterkeit.) Er bekämpft den Antrag. (Schluß! Schluß!)

Lamartine erscheint auf der Bühne. Erlauben Sie, beginnt er, daß ich jetzt schon an der Debatte Theil nehme, durch die Interpellation herausgefordert, die Sie so eben vernommen. Der Mann, der die Ehre hatte, einen so großen Theil an der Bildung unserer neuen Staatseinrichtung zu nehmen, kann sie nicht zerstören wollen (faire perdre), noch darf er den Verdacht dulden, daß er sie schwächen lassen wolle. Er verliert sich hierauf in eine acht und achtzigste Darstellung der Februar-, März-, April-, Mai- und Juni-Ereignisse und beweist indirekt, wie oft er das Land (!) vom Abgrunde der Anarchie — vom Raube der Faktion des Elendes gerettet. Er schwört, daß er keine Furcht vor dem Allgemeinen Stimmrecht habe. Die Versammlung habe sie auch nicht. Er zieht in schrecklichem Pathos gegen die rothe Republik zu Felde; er verdammt die Clubs mit ihren mörderischen Vorträgen. Clubs seien es gewesen, die den 16 April, 15. Mai und 23. Juni erzeugt hätten. Er wolle keine Republique nétaste‥‥ Er sei für eine Republik, in welcher das Interesse des Arbeiters und Eigenthümers rechtlich verstanden werde. (Ah! Ah!) Verzweifle man nicht am Patriotismus, weil das Land murrte, daß es Ein Mal habe 45 Centimen zahlen müsse. (Oh! Oh!) Schließlich geht er auf die Diplomatik über, wahrscheinlich, um sich zu rechtfertigen. Die Negoziation, Mediation etc. seien erst nach ihm entstanden. (Lärm.) Zum Heile der Republik ruft er der Versammlung zu: Retirons nous!

Die allgemeine Diskussion ist geschlossen.

Marrast geht zur artikelweisen Berathung über.

Viele Stimmen: Auf morgen! Auf morgen!

Die Sitzung wird ohne Resultat um 6 1/2 Uhr geschlossen.

Belgien.
068 Brüssel, 5. Februar.

Nach dem „Journal de Huy“ sind die Gefangenen von Risquons-Tout, 16 an der Zahl und in drei von Gensd'armen begleitete Zellenwägen vertheilt, zu Huy angekommen, wo eine Abtheilung der auf dem Fort stationirten Jäger-Karabiniers sie in Empfang nahm und in ihr Gefängniß abführte. Eine unzählige Menschenmenge hatte sich am Fuße des Forts versammelt, um den edlen Verurtheilten, die in ruhiger, resignirter Haltung vorüberschritten, ihre Sympathien an den Tag zu legen. Wie man sagt, sind sie mit ihrem neuen Gefängnisse und der ihnen hier zu Theil werdenden Behandlung zufrieden, und sollen es jedenfalls besser haben, als zu Antwerpen. Sie dürfen rauchen, lesen und sich beschäftigen (Spilthoorn arbeitet an mehreren ihm anvertrauten Prozessen), und erhalten täglich sieben bis acht Journale von verschiedenen Farben.

068 Brüssel, 7. Febr.

Herr de Decker hat neulich in der Repräsentantenkammer allerdings keine lobpreisende, aber eine desto wahrere Schilderung des „immerfort wachsenden Wohlstandes“ gegeben. Das Gemälde, das er von der Zunahme des Pauperismus entwarf, bleibt noch in vieler Beziehung hinter der Wirklichkeit zurück. Der Pauperismus steigt, wie der Redner ausführlich nachwies, er steigt, ohne die untere Schicht der Gesellschaft, in der er bereits so schrecklich gewüthet, hinauf bis in die nächste Schicht und bald wird der kleine Mittelstand seinerseits in den Abgrund stürzen, in welchem das Proletariat hilflos und verhöhnt obendrein sich auf seinem Schmerzenslager verzweifelnd umherwirft und vergebens nach dem „Musterstaate“ und der „täglich wachsenden Wohlfahrt“ aufblickt, ob sie nicht endlich einen rettenden Ausweg zu zeigen wissen. Das Proletariat wartet und wartet; aber Keiner von den hochweisen, gutgefütterten, von der modernsten Staatsintelligenz strotzenden Herrn weiß ein Mittel, oder wenn sie etwas vorschlagen, ist's der horribelste Blödsinn oder die schaamloseste Bourgeois-Heuchelei.

„Unsere Epoche,“ sagt das Journal „die Civilisation,“ zeigt uns jene seltsame Anomalie von Gesetzen, die den Bedürfnissen und Ideen der gegenwärtigen Stufe der Civilisation in keiner Weise entsprechen. Drum offenbart sich denn auch allerseits eine dunkle, verworrene Beängstigung; sie regt mit unwiderstehlicher Kraft die Massen des alten Europa auf und weist auf die Nähe großer Ereignisse hin.

Tausende von kräftigen Armen sind der Arbeit entzogen und für den Krieg bewaffnet; Millionen werden aus den Staatseinkünften vergeudet und weshalb?

Um durch die brutale Gewalt die Völker niederzuzwingen, welche das unwiderstehliche Bedürfniß, das Joch veralteter und unterdrückerischer Staatseinrichtungen abzuschütteln, aus dem Schlafe gerüttelt hat.

Jeder fühlt, daß der jetzige Zustand nicht dauern, daß eine vollständige Umwandlung nicht vermieden werden kann. Dieses allgemein vorhandene Gefühl nährt die Aengstlichkeit und drückt Allem was geschieht, den Stempel der Schwäche und Unentschiedenheit auf.

Während die Furchtsamsten die Augen zumachen, um nicht zu sehen und sich instinktmäßig an das Vorhandene, wie der Schiffbrüchige an eine Planke, die sammt ihm von den Wogen verschlungen wird, krampfhaft anklammern; müssen Alle, die Einsicht und Muth besitzen, der Gefahr in's Auge blicken und prüfen, welche Verbesserungen von den Bedürfnissen der gegenwärtigen Epoche gebieterisch und mit Recht verlangt werden.

Denn man täusche sich nicht: die brutale Gewalt kann wohl vernichten, aber sie ist zu ohnmächtig, als daß sie das einstürzende Gesellschaftsgebäude stützen, oder gar ein neues, besseres gründen könnte. (Windischgrätz, Radetzky, Wrangel etc., liefern den Beweis zu dieser Behauptung).

Ruhe und Vertrauen“ können und werden nicht eher zurückkehren, bis die Nationen die ihnen zusagende neue Form und Gesellschaftsgrundlage gefunden und gesichert haben, bis die Gesetze, Sitten und Staatseinrichtungen mit den Bedürfnissen der Völker, mit den nothwendigen Bedingungen jeder physischen, intellektuellen und moralischen Entwicklung in Harmonie stehen.

Italien.
*

Ein reaktionäres, der östreichischen Herrschaft in Italien zugethanenes italienisches Blatt kommentirt die Bewegungen Radetzki's in der Lombardei wie folgt:

„Es scheint, daß die Angelegenheiten Ungarns Oestreich große Sorge machen, und daß seine militärischen Mittel beschränkter sind, als man glaubte. Es hat Truppen aus Italien fortschicken müssen; daher die Nothwendigkeit für den Feldmarschall, sich hinter der Linie des Mincio zu konzentriren und der Invasion einen großen Strich Landes blos zu stellen. Er befestigt sich allerdings in den Kriegsplätzen; er wird sich in denselben halten wollen, bis die Angelegenheiten Ungarns ihm erlauben, mit einer hinlänglichen Truppenmasse über die lombardischen Ebenen herzufallen. Dann würde das Heer am Mincio mit den Garnisonen von Pavia, Cremona und Mantua den ersten Streich thun müssen, und, indem man mit der von Tyrol gekommenen Armee auf die piemontesische losginge, würde man einen Hauptcoup versuchen, um sich der ganzen sardinischen Kriegsmacht zu bemeistern. Nur auf diese Weise können sich unsere Militärs die von Radetzki genommenen Positionen erklären.“

Rom, 28. Jan.

Laut der „Constituante“ hatte General Latour in Bologna vom Pabst ein Handschreiben erhalten, worin er aufgefordert wurde, die Schweizer zu ihm zu führen. Bologna war darüber in Aufruhr. Alles lief zu den Waffen, um den Abzug der Schweizer zu verhindern. Die übrigen Städte der Romagna wollten sich ebenfalls dem Abmarsch der Schweizer widersetzen. Am 29. Jan., Mittags, erwartete man in Bologna den Angriff. Auf die Vorstellungen der Konsuln Englands und Frankreichs soll Latour den Abzug hinausgeschoben haben. Eine neuere Correspondenz der Constituante versichert, Latour habe sein Ehrenwort gegeben, nicht abzuziehen.

Florenz.

Am 30. Januar hat auch die erste Kammer das Wahlgesetz für das italienische Parlament einstimmig angenommen.

068 Rom, 28. Jan.

Die Wahlen haben überall im nämlichen Sinne und unter einem Andrang von Wählern stattgefunden, den man nicht entfernt erwartet hatte. Die Demokratie hat einen glänzenden Sieg erfochten. Heute Mittag wurden die Namen der aus der Urne hervorgegangenen Deputirten zur Constituante, im Beisein der Garnison und des zahllos versammelten Volkes, von der Höhe des Capitols herab verkündigt. Die Gewählten sind: Sturbinetti, Armellini, Sterbinetti, Muzzarelli, Galletti, Scifoni, Campello, Derossi, Calandrelli, Gabussi, Mariani, C. Bonaparte. Das Capitol hatte die italienische Fahne, inmitten der Fahnen der verschiedenen italienischen Einzelstaaten, aufgepflanzt; die Kanonen der Civica donnerten in den Jubel des Volkes.

Die römischen Journale geben heute der gestern verbreiteten unwahrscheinlichen Nachricht, als habe der sardinische Gesandte zu Gaëta plötzlich alle diplomatische Verbindung mit der römischen provisorischen Regierung abgebrochen, ein vollständiges Dementi.

068 Florenz, 29. Jan.

Die Ruhe ist nicht weiter gestört worden. Die Regierung hat in einer energischen Proklamation gegen die vorgestrigen, auf Antrieb der österreichischen Reaction verübten Excesse protestirt.

Der Großherzog hat sich, nach einer langen und confidentiellen Conferenz mit den Gesandten von Frankreich und England, für den vollständigen Anschluß an die italienische Constituante erklärt

068 Turin, 1. Febr.

Heute eröffnete der gekrönte Verräther, Karl Albert, die Kammern mit einer Thronrede, die außer den banalen Phrasen: „wie wohlthuend es dem königl. Herzen sei“ etc. folgende wegen der herannahenden Ereignisse hervorzuhebende Stellen enthält: „Als ich das erste Mal die Session der gesetzgebenden Kammern eröffnete, war unser Schicksal ein weit verschiedenes (weil Karl Albert noch nicht Gelegenheit zu dem neuen schmählichen Verrath gefunden hatte); allein unsere Hoffnung war auch nicht groß (folgen mehrere königliche Lügen über Lehren der Erfahrung u. s. w.) Was die innern Fragen betrifft, so werden wir unsere Aufmerksamkeit der Entwickelung unserer Institutionen zu widmen, sie mit dem Geist, den Bedürfnissen des Jahrhunderts (ein Jahrhundert hat gar verschiedene Bedürfnisse) in vollkommenen Einklang zu bringen und energisch das Werk zu verfolgen haben, das von der konstituirenden Versammlung Ober-Italiens vervollständigt werden wird (die Constituante in Rom wird also stillschweigend desavouirt!) In diesem edlen Kampfe (für freie Institutionen und die Unabhängigkeit des Vaterlandes) werden Sie von der Liebe und Achtung der civilisirtesten und berühmtesten Nationen Europa's und insbesondere von denen unterstützt werden, welche die gemeinschaftlichen Bande der Nationalität und des Vaterlandes mit uns verknüpfen. Unsere Anstrengungen waren darauf gerichtet, jenes brüderliche Band immer fester zu schlingen und wenn die letzten Ereignisse in Mittel-Italien für einen Augenblick die Wirkung suspendirt haben, so seien Sie überzeugt, daß dieses Hinderniß nicht lange andauern wird. Die Conföderation der Fürsten und Völker Italiens ist einer der theuersten Wünsche Unseres Herzens und unser ganzes Bemühen wird auf seine schleunige Verwirklichung gerichtet sein.

Meine Minister werden Ihnen ausführlicher die Politik der Regierung in Betreff der Fragen mittheilen, die der Bewegung auf der Halbinsel zum Grunde liegen. Ich vertraue, daß sie mit Weisheit, Wohlwollen und Patriotismus diese Politik würdigen werden.

Es erübrigt noch, von unserer Armee und unserer Unabhängigkeit, denen unsre ganze Sorgfalt gewidmet ist, zu Ihnen zu reden. Die Armeekorps sind reorganisirt, vermehrt, im blühenden Zustande und wetteifern an Schönheit und Heroismus mit unserer Flotte. Ich habe mich davon durch eigenen Augenschein überzeugt und aus ihrer Haltung und ihren Beifallszeichen konnte ich mir von dem patriotischen Eifer, der sie beseelt, Gewißheit verschaffen.

Alles läßt hoffen, daß die von den beiden hochherzigen (!!) und befreundeten (dem Verräther Karl Albert befreundeten!!) Mächten angebotene Vermittlung zu einer baldigen Lösung führen wird. Sollte unser Vertrauen getäuscht werden, so würde uns das nicht hindern, den Krieg mit fester Siegeshoffnung wieder zu beginnen.

Doch, um zu siegen, bedarf die Armee die Unterstützung der Nation und dies, meine Herrn, hängt von Ihnen ab; dies hängt von den Provinzen ab, die einen so kostbaren und unserm (verrätherischen) Herzen so theuern Bestandtheil unsres Königreichs bilden und die mit den gemeinsamen Tugenden noch die ihnen eigenthümliche Ehre der Festigkeit und des Märtyrerthums verbinden. Trösten Sie sich über die Opfer, die Sie zu bringen haben werden, denn dies sind nur augenblickliche Opfer, ihr Resultat aber wird ein dauerndes sein. Klugheit und Muth im Verein werden uns retten. Das, meine Herrn, ist mein heißer Wunsch, das Ihre Mission, zu deren Erfüllung Sie stets das (schaamlos-verrätherische, von Metternich und Consorten gelenkte) Beispiel Ihres Fürsten vor Augen haben werden.“

* Turin, 29. Januar.

Ich habe Ihnen eine überraschende Mittheilung zu machen: das Ministerium Gioberti widersetzt sich der Absendung von piemontesischen Deputirten zur römischen Constituante. Eine zweimalige Deputation des Circolo de la Rocca, welche den Minister zu einem raschen und ganzen Anschluß an die Constituante aufforderte, erhielt jedesmal dieselbe Antwort: daß, solange Gioberti Minister sei, Piemont keine Deputirte nach Rom senden werde! Ueberdies hat der Minister den permanenten Cirkel zu schließen für gut befunden, der dagegen den neuen Namen „Verein der italienischen Constituante“ angenommen hat. — Die piemontesische Zeitung, das Organ Gioberti's, sucht die Sache natürlich anders darzustellen. Der Minister habe der Deputation eine zufriedenstellende Antwort gegeben, da keiner der Deputirten eine Einwendung dagegen gemacht habe. Die Journale seien in ihren Angaben über den Gegenstand nicht zuverlässig; man habe die Worte des Ministers entstellt; das Publikum möge sich hüten, Verläumdungen Glauben zu schenken. Das Ministerium sei nur dem Parlament, keinem beliebigen Cirkel, verantwortlich, und behalte sich für dieses allein offene und vollständige Erklärungen über die Politik vor, welche es in Bezug auf die römische Constituante zu verfolgen gedenke. — So die Entschuldigungen Gioberti's, die, wie man sieht, weder entschieden noch befriedigend sind. Die nächste Zukunft wird zeigen, was wir von Gioberti zu erwarten haben. Einstweilen müssen wir unwillkürlich daran denken, daß er Abbé war, ehe er Minister wurde.

Die 8000 bei Alexandria stationirten Soldaten führten dieser Tage auf dem Wege nach Valenza ein Feldmanöver vor Karl Albert aus, bei dem sie ein Ensemble und eine Tüchtigkeit entwickelten, die sie den Radetzki'schen Regimentern zu gefährlichen Gegnern machen werden.

Dänemark.
Kopenhagen, 2. Febr.

In der heutigen Sitzung des Reichstages hat Hr. Leth Interpellationen an die Regierung über die Frage: „Was sie für die treuen Schleswiger zu thun gedenke?“ angezeigt.

Mit 83 gegen 38 Stimmen hat der Reichstag die Geistlichen aller vom Staate anerkannten Religionsbekenntnisse und die fest angestellten Schullehrer von der Wehrpflicht befreit. Morgen kommen die vorgeschlagenen Veränderungen im Wehrpflichtentwurf vor.

Dr. Müller, Stabarzt, fordert in Hinsicht auf den möglichen Wiederausbruch der Feindseligkeiten Civilärzte (Candidaten und Studenten), welche für den bevorstehenden Feldzug eintreten wollen, auf, sich zu melden.

(Von den telegraphischen Nachrichten, die ein Flensburger Correspondent der Hamburger Wöchentl. Nachrichten vom Sturz des Ministeriums, mißlungenen Fluchtversuch des Königs u. s. w. in Flensburg am 3. gehört hat, kein Wort in den Kopenhagener Abendblättern vom 2.)

(H. B.-H.)

Großbritannien.
* London, 6. Febr.

Oberhaus vom 5ten. Lord Forteseue theilt die Antwort der Königin auf die überreichte Adresse mit. Lansdowne zeigt er an, daß er am 9ten d. die Niedersetzung einer Kommission beantragen wird, welche die Armenverwaltung in Irland nach dem neuen Armengesetz untersuchen soll.

Unterhaus vom 5ten. Lord J. Russell stellt mehrere Motionen zur Verbesserung der Geschäftsordnung. Von vielen Mit-

<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0001" n="1191"/>
    <front>
      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 217 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
        <docImprint>
          <docDate>Freitag 9. Februar 1849.</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
    </front>
    <body>
      <div n="1">
        <head>[Französische Republik]</head>
        <div xml:id="ar217b_001" type="jArticle">
          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> vorigen Montage zeichnet Euch Eure Pflicht vor; die der Nationalversammlung liegt in ihrem Mandate. Um die Verfassung zu vertheidigen, habt Ihr die Nationalversammlung, habt Ihr die Bürgerwehr vor Euch&#x2025;&#x2025; Den Deputirten und der Bürgerwehr gebührt die Initiative. Weicht die Nationalversammlung zurück, so schätzt sie sich noch weniger als der Präsident sie schätzt; in ihrem eignen Auge wäre sie keinen Tropfen Bluts werth, das Ihr vergösset. Lasset die Nationalversammlung handeln: rührt Euch nicht. Wenn die Bürgerwehr die Verfassung zertrümmern läßt, nun so beweis't dieß, daß ihr an der Verfassung weniger liegt als an ihrem Interesse; daß sie die politische Frage nicht so hoch stellt als die ökonomische&#x2025;&#x2025; Lasset sie handeln &#x2014; laßt sie gewähren! Laissez faire encore, laissez passer! Die honnetten Republikaner, die sich heute um Bonaparte, morgen um Henri V. und übermorgen um die Regentschaft schaaren, führen uns dem Chaos, der Anarchie zu. Wohlan! Das ist das beste Mittel, Allem ein baldiges Ende zu bereiten. Arbeiter! Rührt Euch nicht von der Stelle. Es lebe die Anarchie!&#x201C;</p>
          <p>&#x2014; Proudhon's Plan zur Errichtung der vielbesprochenen Banque du Peuple ist heute erschienen.</p>
          <p>&#x2014; <hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 6. Februar. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast.</p>
          <p><hi rendition="#g">Dahirel</hi> stellt gleich nach Verlesung des Protokolls den schriftlichen Antrag:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Bei Kabinetsfragen nicht mehr durch Kugeln, d. h. geheime, sondern durch Stimmzettel oder Ja- und Neinrufen abstimmen zu lassen.&#x201C;</p>
          <p>An die Abtheilung gewiesen.</p>
          <p>Die Tagesordnung schreibt die zweite Debatte über Rateau's Auflösungsantrag vor. Die Bänke sind voll; es sind wohl an 830 Deputirte anwesend. Gallerien überfüllt.</p>
          <p>Larochejaquelein, Gaslonde Pierre Bonaparte, Pagnerre, Dufaure, Lanjuinais und Rateau streiten sich lange über die Ordnungsfolge der Diskussion. Endlich ist die Ordnung festgestellt und Rateau nimmt das Wort.</p>
          <p><hi rendition="#g">Rateau</hi> erklärt, daß er sich dem Amendement Lanjuinais anschließe. (Ah! Ah!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Wolowski</hi> thut desgleichen. (Gelächter).</p>
          <p><hi rendition="#g">Pagnerre</hi> giebt eine ähnliche Erklärung ab. (Stimmen links: Allgemeines Bündniß!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Lanjuinais</hi> (aus dem Loiredepartement und ein Barrikadenkämpfer vom Juli 1830, später gefügiger Centrier unter Louis Philipp) besteigt die Bühne und beginnt die Entwickelung seines von Dufaure, Lamartine und der sonstigen parlamentarischen Opposition zusammengeschmideten Amendements unter allgemeiner Stille vorzulesen:</p>
          <p>Artikel 1.</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Die National-Versammlung schreitet sofort zur ersten Berathung des Wahlgesetzes. Die zweite und dritte Berathung desselben erfolgen in den vom Reglement vorgeschriebenen Terminen.&#x201C;</p>
          <p>Artikel 2.</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Unmittelbar nach Annahme des Wahlgesetzes sind die Wahllisten anzufertigen und die Wahlen selbst für den ersten Sonntag nach definitivem Schluß der Listen auszuschreiben. Zehn Tage nach abgehaltenen Wahlen tritt die legislative Versammlung zusammen.&#x201C;</p>
          <p>Artikel 3.</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Die National-Versammlung richtet ihre Tagesordnung so ein, daß außer dem Wahlgesetz noch das Gesrtz über den Staatsrath und das Gesetz über Verantwortlichkeit des Präsidenten und seiner Minister noch vor ihrer Auflösung votirt werden.&#x201C;</p>
          <p>Artikel 4.</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Der Beschluß der National-Versammlung vom 11. Dezember 1848 verliert in allen Punkten seine Kraft, welche gegenwärtigem Dekret entgegenstehen.&#x201C;</p>
          <p><hi rendition="#g">Lanjuinais</hi> legt in seinem Vortrage hauptsächlich Gewicht auf den Umstand, daß sich die Versammlung übereilt habe, aus dem Provisorium herauszukommen, indem sie die Exekutivgewalt zu früh schuf und sie auf diese Weise in den bekannten Konflikt zweier Souveraine gerathen wäre. Die Erbitterung, welche die Anträge auf Auflösung hervorgerufen habe, sei dem Umstande zuzuschreiben, daß sie der Versammlung einen Tag bestimmten, an dem sie sich aufzulösen habe. Dies sei unschicklich. Sein Amendement vermeide dergleichen. Ihm zufolge könne sich die Versammlung in 67 Tagen, also in der Mitte Aprils trennen.</p>
          <p>Die Linke, besonders der Berg, unterbrach den Redner oft und heftig.</p>
          <p><hi rendition="#g">Guichard</hi> bekämpft den Antrag. Die finanzielle Lage sei so ernst, daß man das Budget vorher prüfen und votiren müsse. Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen und müssen unser Werk vollenden. (Seinem Vortrage folgt einige Gährung).</p>
          <p><hi rendition="#g">Pagnerre</hi> unterstützt den Antrag. Er betheuert seinen Republikanismus. (Gelächter vom Berge).</p>
          <p><hi rendition="#g">Felix Pyat</hi> bekämpft den Antrag in einer oft von der Rechten mit Sturm unterbrochenen Rede. Votirt den Antrag und Ihr sollt sehen, welche Stürme Ihr heraufbeschwört. Der legislativen Kammer dürfte ein Konvent folgen! (Agitation).</p>
          <p><hi rendition="#g">Barthelemy de St. Hilaire</hi> erklärt von vornherein, daß er sich nicht an die excentrischen, sondern nur an die honnetten Intelligenzen wende. Er unterstützt den Antrag.</p>
          <p><hi rendition="#g">Sarrans:</hi> Man dürfe sich erst nach Erfüllung aller Pflichten zurückziehen, die die Verfassung vorschreibe. Die Republik sei noch nicht fest genug begründet. Hr. v Lamartine (Ah! Ah!) habe sie wie einen Luftballon in die Atmosphäre geschleudert und zu ihr gesagt: falle herab wo du willst. (Allgemeine Heiterkeit.) Er bekämpft den Antrag. (Schluß! Schluß!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Lamartine</hi> erscheint auf der Bühne. Erlauben Sie, beginnt er, daß ich jetzt schon an der Debatte Theil nehme, durch die Interpellation herausgefordert, die Sie so eben vernommen. Der Mann, der die Ehre hatte, einen so großen Theil an der Bildung unserer neuen Staatseinrichtung zu nehmen, kann sie nicht zerstören wollen (faire perdre), noch darf er den Verdacht dulden, daß er sie schwächen lassen wolle. Er verliert sich hierauf in eine acht und achtzigste Darstellung der Februar-, März-, April-, Mai- und Juni-Ereignisse und beweist indirekt, wie oft er das Land (!) vom Abgrunde der Anarchie &#x2014; vom Raube der Faktion des Elendes gerettet. Er schwört, daß er keine Furcht vor dem Allgemeinen Stimmrecht habe. Die Versammlung habe sie auch nicht. Er zieht in schrecklichem Pathos gegen die rothe Republik zu Felde; er verdammt die Clubs mit ihren mörderischen Vorträgen. Clubs seien es gewesen, die den 16 April, 15. Mai und 23. Juni erzeugt hätten. Er wolle keine Republique nétaste&#x2025;&#x2025; Er sei für eine Republik, in welcher das Interesse des Arbeiters und Eigenthümers rechtlich verstanden werde. (Ah! Ah!) Verzweifle man nicht am Patriotismus, weil das Land murrte, daß es Ein Mal habe 45 Centimen zahlen müsse. (Oh! Oh!) Schließlich geht er auf die Diplomatik über, wahrscheinlich, um sich zu rechtfertigen. Die Negoziation, Mediation etc. seien erst nach ihm entstanden. (Lärm.) Zum Heile der Republik ruft er der Versammlung zu: Retirons nous!</p>
          <p>Die allgemeine Diskussion ist geschlossen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Marrast</hi> geht zur artikelweisen Berathung über.</p>
          <p>Viele Stimmen: Auf morgen! Auf morgen!</p>
          <p>Die Sitzung wird ohne Resultat um 6 1/2 Uhr geschlossen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Belgien.</head>
        <div xml:id="ar217b_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Brüssel, 5. Februar.</head>
          <p>Nach dem &#x201E;Journal de Huy&#x201C; sind die Gefangenen von Risquons-Tout, 16 an der Zahl und in drei von Gensd'armen begleitete Zellenwägen vertheilt, zu Huy angekommen, wo eine Abtheilung der auf dem Fort stationirten Jäger-Karabiniers sie in Empfang nahm und in ihr Gefängniß abführte. Eine unzählige Menschenmenge hatte sich am Fuße des Forts versammelt, um den edlen Verurtheilten, die in ruhiger, resignirter Haltung vorüberschritten, ihre Sympathien an den Tag zu legen. Wie man sagt, sind sie mit ihrem neuen Gefängnisse und der ihnen hier zu Theil werdenden Behandlung zufrieden, und sollen es jedenfalls besser haben, als zu Antwerpen. Sie dürfen rauchen, lesen und sich beschäftigen (Spilthoorn arbeitet an mehreren ihm anvertrauten Prozessen), und erhalten täglich sieben bis acht Journale von verschiedenen Farben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar217b_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Brüssel, 7. Febr.</head>
          <p>Herr de Decker hat neulich in der Repräsentantenkammer allerdings keine lobpreisende, aber eine desto wahrere Schilderung des &#x201E;immerfort wachsenden Wohlstandes&#x201C; gegeben. Das Gemälde, das er von der Zunahme des Pauperismus entwarf, bleibt noch in vieler Beziehung hinter der Wirklichkeit zurück. Der Pauperismus steigt, wie der Redner ausführlich nachwies, er steigt, ohne die untere Schicht der Gesellschaft, in der er bereits so schrecklich gewüthet, hinauf bis in die nächste Schicht und bald wird der kleine Mittelstand seinerseits in den Abgrund stürzen, in welchem das Proletariat hilflos und verhöhnt obendrein sich auf seinem Schmerzenslager verzweifelnd umherwirft und vergebens nach dem &#x201E;Musterstaate&#x201C; und der &#x201E;täglich wachsenden Wohlfahrt&#x201C; aufblickt, ob sie nicht endlich einen rettenden Ausweg zu zeigen wissen. Das Proletariat wartet und wartet; aber Keiner von den hochweisen, gutgefütterten, von der modernsten Staatsintelligenz strotzenden Herrn weiß ein Mittel, oder wenn sie etwas vorschlagen, ist's der horribelste Blödsinn oder die schaamloseste Bourgeois-Heuchelei.</p>
          <p>&#x201E;Unsere Epoche,&#x201C; sagt das Journal &#x201E;die Civilisation,&#x201C; zeigt uns jene seltsame Anomalie von Gesetzen, die den Bedürfnissen und Ideen der gegenwärtigen Stufe der Civilisation in keiner Weise entsprechen. Drum offenbart sich denn auch allerseits eine dunkle, verworrene Beängstigung; sie regt mit unwiderstehlicher Kraft die Massen des alten Europa auf und weist auf die Nähe großer Ereignisse hin.</p>
          <p>Tausende von kräftigen Armen sind der Arbeit entzogen und für den Krieg bewaffnet; Millionen werden aus den Staatseinkünften vergeudet und weshalb?</p>
          <p>Um durch die brutale Gewalt die Völker niederzuzwingen, welche das unwiderstehliche Bedürfniß, das Joch veralteter und unterdrückerischer Staatseinrichtungen abzuschütteln, aus dem Schlafe gerüttelt hat.</p>
          <p>Jeder fühlt, daß der jetzige Zustand nicht dauern, daß eine vollständige Umwandlung nicht vermieden werden kann. Dieses allgemein vorhandene Gefühl nährt die Aengstlichkeit und drückt Allem was geschieht, den Stempel der Schwäche und Unentschiedenheit auf.</p>
          <p>Während die Furchtsamsten die Augen zumachen, um nicht zu sehen und sich instinktmäßig an das Vorhandene, wie der Schiffbrüchige an eine Planke, die sammt ihm von den Wogen verschlungen wird, krampfhaft anklammern; müssen Alle, die Einsicht und Muth besitzen, der Gefahr in's Auge blicken und prüfen, welche Verbesserungen von den Bedürfnissen der gegenwärtigen Epoche gebieterisch und mit Recht verlangt werden.</p>
          <p>Denn man täusche sich nicht: die brutale Gewalt kann wohl vernichten, aber sie ist zu ohnmächtig, als daß sie das einstürzende Gesellschaftsgebäude stützen, oder gar ein neues, besseres gründen könnte. (Windischgrätz, Radetzky, Wrangel etc., liefern den Beweis zu dieser Behauptung).</p>
          <p>&#x201E;<hi rendition="#g">Ruhe</hi> und <hi rendition="#g">Vertrauen</hi>&#x201C; können und werden nicht eher zurückkehren, bis die Nationen die ihnen zusagende neue Form und Gesellschaftsgrundlage gefunden und gesichert haben, bis die Gesetze, Sitten und Staatseinrichtungen mit den Bedürfnissen der Völker, mit den nothwendigen Bedingungen jeder physischen, intellektuellen und moralischen Entwicklung in Harmonie stehen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar217b_004" type="jArticle">
          <head>
            <bibl>
              <author>*</author>
            </bibl>
          </head>
          <p>Ein reaktionäres, der östreichischen Herrschaft in Italien zugethanenes italienisches Blatt kommentirt die Bewegungen Radetzki's in der Lombardei wie folgt:</p>
          <p>&#x201E;Es scheint, daß die Angelegenheiten Ungarns Oestreich große Sorge machen, und daß seine militärischen Mittel beschränkter sind, als man glaubte. Es hat Truppen aus Italien fortschicken müssen; daher die Nothwendigkeit für den Feldmarschall, sich hinter der Linie des Mincio zu konzentriren und der Invasion einen großen Strich Landes blos zu stellen. Er befestigt sich allerdings in den Kriegsplätzen; er wird sich in denselben halten wollen, bis die Angelegenheiten Ungarns ihm erlauben, mit einer hinlänglichen Truppenmasse über die lombardischen Ebenen herzufallen. Dann würde das Heer am Mincio mit den Garnisonen von Pavia, Cremona und Mantua den ersten Streich thun müssen, und, indem man mit der von Tyrol gekommenen Armee auf die piemontesische losginge, würde man einen Hauptcoup versuchen, um sich der ganzen sardinischen Kriegsmacht zu bemeistern. Nur auf diese Weise können sich unsere Militärs die von Radetzki genommenen Positionen erklären.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar217b_005" type="jArticle">
          <head>Rom, 28. Jan.</head>
          <p>Laut der &#x201E;Constituante&#x201C; hatte General Latour in Bologna vom Pabst ein Handschreiben erhalten, worin er aufgefordert wurde, die Schweizer zu ihm zu führen. Bologna war darüber in Aufruhr. Alles lief zu den Waffen, um den Abzug der Schweizer zu verhindern. Die übrigen Städte der Romagna wollten sich ebenfalls dem Abmarsch der Schweizer widersetzen. Am 29. Jan., Mittags, erwartete man in Bologna den Angriff. Auf die Vorstellungen der Konsuln Englands und Frankreichs soll Latour den Abzug hinausgeschoben haben. Eine neuere Correspondenz der Constituante versichert, Latour habe sein Ehrenwort gegeben, nicht abzuziehen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar217b_006" type="jArticle">
          <head>Florenz.</head>
          <p>Am 30. Januar hat auch die erste Kammer das Wahlgesetz für das italienische Parlament einstimmig angenommen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar217b_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Rom, 28. Jan.</head>
          <p>Die Wahlen haben überall im nämlichen Sinne und unter einem Andrang von Wählern stattgefunden, den man nicht entfernt erwartet hatte. Die Demokratie hat einen glänzenden Sieg erfochten. Heute Mittag wurden die Namen der aus der Urne hervorgegangenen Deputirten zur Constituante, im Beisein der Garnison und des zahllos versammelten Volkes, von der Höhe des Capitols herab verkündigt. Die Gewählten sind: Sturbinetti, Armellini, Sterbinetti, Muzzarelli, Galletti, Scifoni, Campello, Derossi, Calandrelli, Gabussi, Mariani, C. Bonaparte. Das Capitol hatte die italienische Fahne, inmitten der Fahnen der verschiedenen italienischen Einzelstaaten, aufgepflanzt; die Kanonen der Civica donnerten in den Jubel des Volkes.</p>
          <p>Die römischen Journale geben heute der gestern verbreiteten unwahrscheinlichen Nachricht, als habe der sardinische Gesandte zu Gaëta plötzlich alle diplomatische Verbindung mit der römischen provisorischen Regierung abgebrochen, ein vollständiges Dementi.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar217b_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Florenz, 29. Jan.</head>
          <p>Die Ruhe ist nicht weiter gestört worden. Die Regierung hat in einer energischen Proklamation gegen die vorgestrigen, auf Antrieb der österreichischen Reaction verübten Excesse protestirt.</p>
          <p>Der Großherzog hat sich, nach einer langen und confidentiellen Conferenz mit den Gesandten von Frankreich und England, für den vollständigen Anschluß an die italienische Constituante erklärt</p>
        </div>
        <div xml:id="ar217b_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Turin, 1. Febr.</head>
          <p>Heute eröffnete der gekrönte Verräther, Karl Albert, die Kammern mit einer Thronrede, die außer den banalen Phrasen: &#x201E;wie wohlthuend es dem königl. Herzen sei&#x201C; etc. folgende wegen der herannahenden Ereignisse hervorzuhebende Stellen enthält: &#x201E;Als ich das erste Mal die Session der gesetzgebenden Kammern eröffnete, war unser Schicksal ein weit verschiedenes (weil Karl Albert noch nicht Gelegenheit zu dem neuen schmählichen Verrath gefunden hatte); allein unsere Hoffnung war auch nicht groß (folgen mehrere königliche Lügen über Lehren der Erfahrung u. s. w.) Was die innern Fragen betrifft, so werden wir unsere Aufmerksamkeit der Entwickelung unserer Institutionen zu widmen, sie mit dem Geist, den Bedürfnissen des Jahrhunderts (ein Jahrhundert hat gar verschiedene Bedürfnisse) in vollkommenen Einklang zu bringen und energisch das Werk zu verfolgen haben, das von der konstituirenden Versammlung Ober-Italiens vervollständigt werden wird (die Constituante in Rom wird also stillschweigend desavouirt!) In diesem edlen Kampfe (für freie Institutionen und die Unabhängigkeit des Vaterlandes) werden Sie von der Liebe und Achtung der civilisirtesten und berühmtesten Nationen Europa's und insbesondere von denen unterstützt werden, welche die gemeinschaftlichen Bande der Nationalität und des Vaterlandes mit uns verknüpfen. Unsere Anstrengungen waren darauf gerichtet, jenes brüderliche Band immer fester zu schlingen und wenn die letzten Ereignisse in Mittel-Italien für einen Augenblick die Wirkung suspendirt haben, so seien Sie überzeugt, daß dieses Hinderniß nicht lange andauern wird. Die Conföderation der Fürsten und Völker Italiens ist einer der theuersten Wünsche Unseres Herzens und unser ganzes Bemühen wird auf seine schleunige Verwirklichung gerichtet sein.</p>
          <p>Meine Minister werden Ihnen ausführlicher die Politik der Regierung in Betreff der Fragen mittheilen, die der Bewegung auf der Halbinsel zum Grunde liegen. Ich vertraue, daß sie mit Weisheit, Wohlwollen und Patriotismus diese Politik würdigen werden.</p>
          <p>Es erübrigt noch, von unserer Armee und unserer Unabhängigkeit, denen unsre ganze Sorgfalt gewidmet ist, zu Ihnen zu reden. Die Armeekorps sind reorganisirt, vermehrt, im blühenden Zustande und wetteifern an Schönheit und Heroismus mit unserer Flotte. Ich habe mich davon durch eigenen Augenschein überzeugt und aus ihrer Haltung und ihren Beifallszeichen konnte ich mir von dem patriotischen Eifer, der sie beseelt, Gewißheit verschaffen.</p>
          <p>Alles läßt hoffen, daß die von den beiden hochherzigen (!!) und befreundeten (dem Verräther Karl Albert befreundeten!!) Mächten angebotene Vermittlung zu einer baldigen Lösung führen wird. Sollte unser Vertrauen getäuscht werden, so würde uns das nicht hindern, den Krieg mit fester Siegeshoffnung wieder zu beginnen.</p>
          <p>Doch, um zu siegen, bedarf die Armee die Unterstützung der Nation und dies, meine Herrn, hängt von Ihnen ab; dies hängt von den Provinzen ab, die einen so kostbaren und unserm (verrätherischen) Herzen so theuern Bestandtheil unsres Königreichs bilden und die mit den gemeinsamen Tugenden noch die ihnen eigenthümliche Ehre der Festigkeit und des Märtyrerthums verbinden. Trösten Sie sich über die Opfer, die Sie zu bringen haben werden, denn dies sind nur augenblickliche Opfer, ihr Resultat aber wird ein dauerndes sein. Klugheit und Muth im Verein werden uns retten. Das, meine Herrn, ist mein heißer Wunsch, das Ihre Mission, zu deren Erfüllung Sie stets das (schaamlos-verrätherische, von Metternich und Consorten gelenkte) Beispiel Ihres Fürsten vor Augen haben werden.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar217b_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Turin, 29. Januar.</head>
          <p>Ich habe Ihnen eine überraschende Mittheilung zu machen: das Ministerium Gioberti widersetzt sich der Absendung von piemontesischen Deputirten zur römischen Constituante. Eine zweimalige Deputation des Circolo de la Rocca, welche den Minister zu einem raschen und ganzen Anschluß an die Constituante aufforderte, erhielt jedesmal dieselbe Antwort: daß, solange Gioberti Minister sei, Piemont keine Deputirte nach Rom senden werde! Ueberdies hat der Minister den permanenten Cirkel zu schließen für gut befunden, der dagegen den neuen Namen &#x201E;Verein der italienischen Constituante&#x201C; angenommen hat. &#x2014; Die piemontesische Zeitung, das Organ Gioberti's, sucht die Sache natürlich anders darzustellen. Der Minister habe der Deputation eine zufriedenstellende Antwort gegeben, da keiner der Deputirten eine Einwendung dagegen gemacht habe. Die Journale seien in ihren Angaben über den Gegenstand nicht zuverlässig; man habe die Worte des Ministers entstellt; das Publikum möge sich hüten, Verläumdungen Glauben zu schenken. Das Ministerium sei nur dem Parlament, keinem beliebigen Cirkel, verantwortlich, und behalte sich für dieses allein offene und vollständige Erklärungen über die Politik vor, welche es in Bezug auf die römische Constituante zu verfolgen gedenke. &#x2014; So die Entschuldigungen Gioberti's, die, wie man sieht, weder entschieden noch befriedigend sind. Die nächste Zukunft wird zeigen, was wir von Gioberti zu erwarten haben. Einstweilen müssen wir unwillkürlich daran denken, daß er Abbé war, ehe er Minister wurde.</p>
          <p>Die 8000 bei Alexandria stationirten Soldaten führten dieser Tage auf dem Wege nach Valenza ein Feldmanöver vor Karl Albert aus, bei dem sie ein Ensemble und eine Tüchtigkeit entwickelten, die sie den Radetzki'schen Regimentern zu gefährlichen Gegnern machen werden.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Dänemark.</head>
        <div xml:id="ar217b_011" type="jArticle">
          <head>Kopenhagen, 2. Febr.</head>
          <p>In der heutigen Sitzung des Reichstages hat Hr. Leth Interpellationen an die Regierung über die Frage: &#x201E;Was sie für die treuen Schleswiger zu thun gedenke?&#x201C; angezeigt.</p>
          <p>Mit 83 gegen 38 Stimmen hat der Reichstag die Geistlichen aller vom Staate anerkannten Religionsbekenntnisse und die fest angestellten Schullehrer von der Wehrpflicht befreit. Morgen kommen die vorgeschlagenen Veränderungen im Wehrpflichtentwurf vor.</p>
          <p>Dr. Müller, Stabarzt, fordert in Hinsicht auf den möglichen Wiederausbruch der Feindseligkeiten Civilärzte (Candidaten und Studenten), welche für den bevorstehenden Feldzug eintreten wollen, auf, sich zu melden.</p>
          <p>(Von den telegraphischen Nachrichten, die ein Flensburger Correspondent der Hamburger Wöchentl. Nachrichten vom Sturz des Ministeriums, mißlungenen Fluchtversuch des Königs u. s. w. in Flensburg am 3. gehört hat, kein Wort in den Kopenhagener Abendblättern vom 2.)</p>
          <p>(H. B.-H.)</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Großbritannien.</head>
        <div xml:id="ar217b_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 6. Febr.</head>
          <p><hi rendition="#g">Oberhaus</hi> vom 5ten. Lord Forteseue theilt die Antwort der Königin auf die überreichte Adresse mit. <hi rendition="#g">Lansdowne</hi> zeigt er an, daß er am 9ten d. die Niedersetzung einer Kommission beantragen wird, welche die Armenverwaltung in Irland nach dem neuen Armengesetz untersuchen soll.</p>
          <p><hi rendition="#g">Unterhaus</hi> vom 5ten. Lord J. <hi rendition="#g">Russell</hi> stellt mehrere Motionen zur Verbesserung der Geschäftsordnung. Von vielen Mit-
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1191/0001] Beilage zu Nr. 217 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag 9. Februar 1849. [Französische Republik] [Fortsetzung] vorigen Montage zeichnet Euch Eure Pflicht vor; die der Nationalversammlung liegt in ihrem Mandate. Um die Verfassung zu vertheidigen, habt Ihr die Nationalversammlung, habt Ihr die Bürgerwehr vor Euch‥‥ Den Deputirten und der Bürgerwehr gebührt die Initiative. Weicht die Nationalversammlung zurück, so schätzt sie sich noch weniger als der Präsident sie schätzt; in ihrem eignen Auge wäre sie keinen Tropfen Bluts werth, das Ihr vergösset. Lasset die Nationalversammlung handeln: rührt Euch nicht. Wenn die Bürgerwehr die Verfassung zertrümmern läßt, nun so beweis't dieß, daß ihr an der Verfassung weniger liegt als an ihrem Interesse; daß sie die politische Frage nicht so hoch stellt als die ökonomische‥‥ Lasset sie handeln — laßt sie gewähren! Laissez faire encore, laissez passer! Die honnetten Republikaner, die sich heute um Bonaparte, morgen um Henri V. und übermorgen um die Regentschaft schaaren, führen uns dem Chaos, der Anarchie zu. Wohlan! Das ist das beste Mittel, Allem ein baldiges Ende zu bereiten. Arbeiter! Rührt Euch nicht von der Stelle. Es lebe die Anarchie!“ — Proudhon's Plan zur Errichtung der vielbesprochenen Banque du Peuple ist heute erschienen. — National-Versammlung. Sitzung vom 6. Februar. Anfang 1 1/4 Uhr. Präsident Marrast. Dahirel stellt gleich nach Verlesung des Protokolls den schriftlichen Antrag: „Bei Kabinetsfragen nicht mehr durch Kugeln, d. h. geheime, sondern durch Stimmzettel oder Ja- und Neinrufen abstimmen zu lassen.“ An die Abtheilung gewiesen. Die Tagesordnung schreibt die zweite Debatte über Rateau's Auflösungsantrag vor. Die Bänke sind voll; es sind wohl an 830 Deputirte anwesend. Gallerien überfüllt. Larochejaquelein, Gaslonde Pierre Bonaparte, Pagnerre, Dufaure, Lanjuinais und Rateau streiten sich lange über die Ordnungsfolge der Diskussion. Endlich ist die Ordnung festgestellt und Rateau nimmt das Wort. Rateau erklärt, daß er sich dem Amendement Lanjuinais anschließe. (Ah! Ah!) Wolowski thut desgleichen. (Gelächter). Pagnerre giebt eine ähnliche Erklärung ab. (Stimmen links: Allgemeines Bündniß!) Lanjuinais (aus dem Loiredepartement und ein Barrikadenkämpfer vom Juli 1830, später gefügiger Centrier unter Louis Philipp) besteigt die Bühne und beginnt die Entwickelung seines von Dufaure, Lamartine und der sonstigen parlamentarischen Opposition zusammengeschmideten Amendements unter allgemeiner Stille vorzulesen: Artikel 1. „Die National-Versammlung schreitet sofort zur ersten Berathung des Wahlgesetzes. Die zweite und dritte Berathung desselben erfolgen in den vom Reglement vorgeschriebenen Terminen.“ Artikel 2. „Unmittelbar nach Annahme des Wahlgesetzes sind die Wahllisten anzufertigen und die Wahlen selbst für den ersten Sonntag nach definitivem Schluß der Listen auszuschreiben. Zehn Tage nach abgehaltenen Wahlen tritt die legislative Versammlung zusammen.“ Artikel 3. „Die National-Versammlung richtet ihre Tagesordnung so ein, daß außer dem Wahlgesetz noch das Gesrtz über den Staatsrath und das Gesetz über Verantwortlichkeit des Präsidenten und seiner Minister noch vor ihrer Auflösung votirt werden.“ Artikel 4. „Der Beschluß der National-Versammlung vom 11. Dezember 1848 verliert in allen Punkten seine Kraft, welche gegenwärtigem Dekret entgegenstehen.“ Lanjuinais legt in seinem Vortrage hauptsächlich Gewicht auf den Umstand, daß sich die Versammlung übereilt habe, aus dem Provisorium herauszukommen, indem sie die Exekutivgewalt zu früh schuf und sie auf diese Weise in den bekannten Konflikt zweier Souveraine gerathen wäre. Die Erbitterung, welche die Anträge auf Auflösung hervorgerufen habe, sei dem Umstande zuzuschreiben, daß sie der Versammlung einen Tag bestimmten, an dem sie sich aufzulösen habe. Dies sei unschicklich. Sein Amendement vermeide dergleichen. Ihm zufolge könne sich die Versammlung in 67 Tagen, also in der Mitte Aprils trennen. Die Linke, besonders der Berg, unterbrach den Redner oft und heftig. Guichard bekämpft den Antrag. Die finanzielle Lage sei so ernst, daß man das Budget vorher prüfen und votiren müsse. Wir dürfen uns nicht einschüchtern lassen und müssen unser Werk vollenden. (Seinem Vortrage folgt einige Gährung). Pagnerre unterstützt den Antrag. Er betheuert seinen Republikanismus. (Gelächter vom Berge). Felix Pyat bekämpft den Antrag in einer oft von der Rechten mit Sturm unterbrochenen Rede. Votirt den Antrag und Ihr sollt sehen, welche Stürme Ihr heraufbeschwört. Der legislativen Kammer dürfte ein Konvent folgen! (Agitation). Barthelemy de St. Hilaire erklärt von vornherein, daß er sich nicht an die excentrischen, sondern nur an die honnetten Intelligenzen wende. Er unterstützt den Antrag. Sarrans: Man dürfe sich erst nach Erfüllung aller Pflichten zurückziehen, die die Verfassung vorschreibe. Die Republik sei noch nicht fest genug begründet. Hr. v Lamartine (Ah! Ah!) habe sie wie einen Luftballon in die Atmosphäre geschleudert und zu ihr gesagt: falle herab wo du willst. (Allgemeine Heiterkeit.) Er bekämpft den Antrag. (Schluß! Schluß!) Lamartine erscheint auf der Bühne. Erlauben Sie, beginnt er, daß ich jetzt schon an der Debatte Theil nehme, durch die Interpellation herausgefordert, die Sie so eben vernommen. Der Mann, der die Ehre hatte, einen so großen Theil an der Bildung unserer neuen Staatseinrichtung zu nehmen, kann sie nicht zerstören wollen (faire perdre), noch darf er den Verdacht dulden, daß er sie schwächen lassen wolle. Er verliert sich hierauf in eine acht und achtzigste Darstellung der Februar-, März-, April-, Mai- und Juni-Ereignisse und beweist indirekt, wie oft er das Land (!) vom Abgrunde der Anarchie — vom Raube der Faktion des Elendes gerettet. Er schwört, daß er keine Furcht vor dem Allgemeinen Stimmrecht habe. Die Versammlung habe sie auch nicht. Er zieht in schrecklichem Pathos gegen die rothe Republik zu Felde; er verdammt die Clubs mit ihren mörderischen Vorträgen. Clubs seien es gewesen, die den 16 April, 15. Mai und 23. Juni erzeugt hätten. Er wolle keine Republique nétaste‥‥ Er sei für eine Republik, in welcher das Interesse des Arbeiters und Eigenthümers rechtlich verstanden werde. (Ah! Ah!) Verzweifle man nicht am Patriotismus, weil das Land murrte, daß es Ein Mal habe 45 Centimen zahlen müsse. (Oh! Oh!) Schließlich geht er auf die Diplomatik über, wahrscheinlich, um sich zu rechtfertigen. Die Negoziation, Mediation etc. seien erst nach ihm entstanden. (Lärm.) Zum Heile der Republik ruft er der Versammlung zu: Retirons nous! Die allgemeine Diskussion ist geschlossen. Marrast geht zur artikelweisen Berathung über. Viele Stimmen: Auf morgen! Auf morgen! Die Sitzung wird ohne Resultat um 6 1/2 Uhr geschlossen. Belgien. 068 Brüssel, 5. Februar. Nach dem „Journal de Huy“ sind die Gefangenen von Risquons-Tout, 16 an der Zahl und in drei von Gensd'armen begleitete Zellenwägen vertheilt, zu Huy angekommen, wo eine Abtheilung der auf dem Fort stationirten Jäger-Karabiniers sie in Empfang nahm und in ihr Gefängniß abführte. Eine unzählige Menschenmenge hatte sich am Fuße des Forts versammelt, um den edlen Verurtheilten, die in ruhiger, resignirter Haltung vorüberschritten, ihre Sympathien an den Tag zu legen. Wie man sagt, sind sie mit ihrem neuen Gefängnisse und der ihnen hier zu Theil werdenden Behandlung zufrieden, und sollen es jedenfalls besser haben, als zu Antwerpen. Sie dürfen rauchen, lesen und sich beschäftigen (Spilthoorn arbeitet an mehreren ihm anvertrauten Prozessen), und erhalten täglich sieben bis acht Journale von verschiedenen Farben. 068 Brüssel, 7. Febr. Herr de Decker hat neulich in der Repräsentantenkammer allerdings keine lobpreisende, aber eine desto wahrere Schilderung des „immerfort wachsenden Wohlstandes“ gegeben. Das Gemälde, das er von der Zunahme des Pauperismus entwarf, bleibt noch in vieler Beziehung hinter der Wirklichkeit zurück. Der Pauperismus steigt, wie der Redner ausführlich nachwies, er steigt, ohne die untere Schicht der Gesellschaft, in der er bereits so schrecklich gewüthet, hinauf bis in die nächste Schicht und bald wird der kleine Mittelstand seinerseits in den Abgrund stürzen, in welchem das Proletariat hilflos und verhöhnt obendrein sich auf seinem Schmerzenslager verzweifelnd umherwirft und vergebens nach dem „Musterstaate“ und der „täglich wachsenden Wohlfahrt“ aufblickt, ob sie nicht endlich einen rettenden Ausweg zu zeigen wissen. Das Proletariat wartet und wartet; aber Keiner von den hochweisen, gutgefütterten, von der modernsten Staatsintelligenz strotzenden Herrn weiß ein Mittel, oder wenn sie etwas vorschlagen, ist's der horribelste Blödsinn oder die schaamloseste Bourgeois-Heuchelei. „Unsere Epoche,“ sagt das Journal „die Civilisation,“ zeigt uns jene seltsame Anomalie von Gesetzen, die den Bedürfnissen und Ideen der gegenwärtigen Stufe der Civilisation in keiner Weise entsprechen. Drum offenbart sich denn auch allerseits eine dunkle, verworrene Beängstigung; sie regt mit unwiderstehlicher Kraft die Massen des alten Europa auf und weist auf die Nähe großer Ereignisse hin. Tausende von kräftigen Armen sind der Arbeit entzogen und für den Krieg bewaffnet; Millionen werden aus den Staatseinkünften vergeudet und weshalb? Um durch die brutale Gewalt die Völker niederzuzwingen, welche das unwiderstehliche Bedürfniß, das Joch veralteter und unterdrückerischer Staatseinrichtungen abzuschütteln, aus dem Schlafe gerüttelt hat. Jeder fühlt, daß der jetzige Zustand nicht dauern, daß eine vollständige Umwandlung nicht vermieden werden kann. Dieses allgemein vorhandene Gefühl nährt die Aengstlichkeit und drückt Allem was geschieht, den Stempel der Schwäche und Unentschiedenheit auf. Während die Furchtsamsten die Augen zumachen, um nicht zu sehen und sich instinktmäßig an das Vorhandene, wie der Schiffbrüchige an eine Planke, die sammt ihm von den Wogen verschlungen wird, krampfhaft anklammern; müssen Alle, die Einsicht und Muth besitzen, der Gefahr in's Auge blicken und prüfen, welche Verbesserungen von den Bedürfnissen der gegenwärtigen Epoche gebieterisch und mit Recht verlangt werden. Denn man täusche sich nicht: die brutale Gewalt kann wohl vernichten, aber sie ist zu ohnmächtig, als daß sie das einstürzende Gesellschaftsgebäude stützen, oder gar ein neues, besseres gründen könnte. (Windischgrätz, Radetzky, Wrangel etc., liefern den Beweis zu dieser Behauptung). „Ruhe und Vertrauen“ können und werden nicht eher zurückkehren, bis die Nationen die ihnen zusagende neue Form und Gesellschaftsgrundlage gefunden und gesichert haben, bis die Gesetze, Sitten und Staatseinrichtungen mit den Bedürfnissen der Völker, mit den nothwendigen Bedingungen jeder physischen, intellektuellen und moralischen Entwicklung in Harmonie stehen. Italien. * Ein reaktionäres, der östreichischen Herrschaft in Italien zugethanenes italienisches Blatt kommentirt die Bewegungen Radetzki's in der Lombardei wie folgt: „Es scheint, daß die Angelegenheiten Ungarns Oestreich große Sorge machen, und daß seine militärischen Mittel beschränkter sind, als man glaubte. Es hat Truppen aus Italien fortschicken müssen; daher die Nothwendigkeit für den Feldmarschall, sich hinter der Linie des Mincio zu konzentriren und der Invasion einen großen Strich Landes blos zu stellen. Er befestigt sich allerdings in den Kriegsplätzen; er wird sich in denselben halten wollen, bis die Angelegenheiten Ungarns ihm erlauben, mit einer hinlänglichen Truppenmasse über die lombardischen Ebenen herzufallen. Dann würde das Heer am Mincio mit den Garnisonen von Pavia, Cremona und Mantua den ersten Streich thun müssen, und, indem man mit der von Tyrol gekommenen Armee auf die piemontesische losginge, würde man einen Hauptcoup versuchen, um sich der ganzen sardinischen Kriegsmacht zu bemeistern. Nur auf diese Weise können sich unsere Militärs die von Radetzki genommenen Positionen erklären.“ Rom, 28. Jan. Laut der „Constituante“ hatte General Latour in Bologna vom Pabst ein Handschreiben erhalten, worin er aufgefordert wurde, die Schweizer zu ihm zu führen. Bologna war darüber in Aufruhr. Alles lief zu den Waffen, um den Abzug der Schweizer zu verhindern. Die übrigen Städte der Romagna wollten sich ebenfalls dem Abmarsch der Schweizer widersetzen. Am 29. Jan., Mittags, erwartete man in Bologna den Angriff. Auf die Vorstellungen der Konsuln Englands und Frankreichs soll Latour den Abzug hinausgeschoben haben. Eine neuere Correspondenz der Constituante versichert, Latour habe sein Ehrenwort gegeben, nicht abzuziehen. Florenz. Am 30. Januar hat auch die erste Kammer das Wahlgesetz für das italienische Parlament einstimmig angenommen. 068 Rom, 28. Jan. Die Wahlen haben überall im nämlichen Sinne und unter einem Andrang von Wählern stattgefunden, den man nicht entfernt erwartet hatte. Die Demokratie hat einen glänzenden Sieg erfochten. Heute Mittag wurden die Namen der aus der Urne hervorgegangenen Deputirten zur Constituante, im Beisein der Garnison und des zahllos versammelten Volkes, von der Höhe des Capitols herab verkündigt. Die Gewählten sind: Sturbinetti, Armellini, Sterbinetti, Muzzarelli, Galletti, Scifoni, Campello, Derossi, Calandrelli, Gabussi, Mariani, C. Bonaparte. Das Capitol hatte die italienische Fahne, inmitten der Fahnen der verschiedenen italienischen Einzelstaaten, aufgepflanzt; die Kanonen der Civica donnerten in den Jubel des Volkes. Die römischen Journale geben heute der gestern verbreiteten unwahrscheinlichen Nachricht, als habe der sardinische Gesandte zu Gaëta plötzlich alle diplomatische Verbindung mit der römischen provisorischen Regierung abgebrochen, ein vollständiges Dementi. 068 Florenz, 29. Jan. Die Ruhe ist nicht weiter gestört worden. Die Regierung hat in einer energischen Proklamation gegen die vorgestrigen, auf Antrieb der österreichischen Reaction verübten Excesse protestirt. Der Großherzog hat sich, nach einer langen und confidentiellen Conferenz mit den Gesandten von Frankreich und England, für den vollständigen Anschluß an die italienische Constituante erklärt 068 Turin, 1. Febr. Heute eröffnete der gekrönte Verräther, Karl Albert, die Kammern mit einer Thronrede, die außer den banalen Phrasen: „wie wohlthuend es dem königl. Herzen sei“ etc. folgende wegen der herannahenden Ereignisse hervorzuhebende Stellen enthält: „Als ich das erste Mal die Session der gesetzgebenden Kammern eröffnete, war unser Schicksal ein weit verschiedenes (weil Karl Albert noch nicht Gelegenheit zu dem neuen schmählichen Verrath gefunden hatte); allein unsere Hoffnung war auch nicht groß (folgen mehrere königliche Lügen über Lehren der Erfahrung u. s. w.) Was die innern Fragen betrifft, so werden wir unsere Aufmerksamkeit der Entwickelung unserer Institutionen zu widmen, sie mit dem Geist, den Bedürfnissen des Jahrhunderts (ein Jahrhundert hat gar verschiedene Bedürfnisse) in vollkommenen Einklang zu bringen und energisch das Werk zu verfolgen haben, das von der konstituirenden Versammlung Ober-Italiens vervollständigt werden wird (die Constituante in Rom wird also stillschweigend desavouirt!) In diesem edlen Kampfe (für freie Institutionen und die Unabhängigkeit des Vaterlandes) werden Sie von der Liebe und Achtung der civilisirtesten und berühmtesten Nationen Europa's und insbesondere von denen unterstützt werden, welche die gemeinschaftlichen Bande der Nationalität und des Vaterlandes mit uns verknüpfen. Unsere Anstrengungen waren darauf gerichtet, jenes brüderliche Band immer fester zu schlingen und wenn die letzten Ereignisse in Mittel-Italien für einen Augenblick die Wirkung suspendirt haben, so seien Sie überzeugt, daß dieses Hinderniß nicht lange andauern wird. Die Conföderation der Fürsten und Völker Italiens ist einer der theuersten Wünsche Unseres Herzens und unser ganzes Bemühen wird auf seine schleunige Verwirklichung gerichtet sein. Meine Minister werden Ihnen ausführlicher die Politik der Regierung in Betreff der Fragen mittheilen, die der Bewegung auf der Halbinsel zum Grunde liegen. Ich vertraue, daß sie mit Weisheit, Wohlwollen und Patriotismus diese Politik würdigen werden. Es erübrigt noch, von unserer Armee und unserer Unabhängigkeit, denen unsre ganze Sorgfalt gewidmet ist, zu Ihnen zu reden. Die Armeekorps sind reorganisirt, vermehrt, im blühenden Zustande und wetteifern an Schönheit und Heroismus mit unserer Flotte. Ich habe mich davon durch eigenen Augenschein überzeugt und aus ihrer Haltung und ihren Beifallszeichen konnte ich mir von dem patriotischen Eifer, der sie beseelt, Gewißheit verschaffen. Alles läßt hoffen, daß die von den beiden hochherzigen (!!) und befreundeten (dem Verräther Karl Albert befreundeten!!) Mächten angebotene Vermittlung zu einer baldigen Lösung führen wird. Sollte unser Vertrauen getäuscht werden, so würde uns das nicht hindern, den Krieg mit fester Siegeshoffnung wieder zu beginnen. Doch, um zu siegen, bedarf die Armee die Unterstützung der Nation und dies, meine Herrn, hängt von Ihnen ab; dies hängt von den Provinzen ab, die einen so kostbaren und unserm (verrätherischen) Herzen so theuern Bestandtheil unsres Königreichs bilden und die mit den gemeinsamen Tugenden noch die ihnen eigenthümliche Ehre der Festigkeit und des Märtyrerthums verbinden. Trösten Sie sich über die Opfer, die Sie zu bringen haben werden, denn dies sind nur augenblickliche Opfer, ihr Resultat aber wird ein dauerndes sein. Klugheit und Muth im Verein werden uns retten. Das, meine Herrn, ist mein heißer Wunsch, das Ihre Mission, zu deren Erfüllung Sie stets das (schaamlos-verrätherische, von Metternich und Consorten gelenkte) Beispiel Ihres Fürsten vor Augen haben werden.“ * Turin, 29. Januar. Ich habe Ihnen eine überraschende Mittheilung zu machen: das Ministerium Gioberti widersetzt sich der Absendung von piemontesischen Deputirten zur römischen Constituante. Eine zweimalige Deputation des Circolo de la Rocca, welche den Minister zu einem raschen und ganzen Anschluß an die Constituante aufforderte, erhielt jedesmal dieselbe Antwort: daß, solange Gioberti Minister sei, Piemont keine Deputirte nach Rom senden werde! Ueberdies hat der Minister den permanenten Cirkel zu schließen für gut befunden, der dagegen den neuen Namen „Verein der italienischen Constituante“ angenommen hat. — Die piemontesische Zeitung, das Organ Gioberti's, sucht die Sache natürlich anders darzustellen. Der Minister habe der Deputation eine zufriedenstellende Antwort gegeben, da keiner der Deputirten eine Einwendung dagegen gemacht habe. Die Journale seien in ihren Angaben über den Gegenstand nicht zuverlässig; man habe die Worte des Ministers entstellt; das Publikum möge sich hüten, Verläumdungen Glauben zu schenken. Das Ministerium sei nur dem Parlament, keinem beliebigen Cirkel, verantwortlich, und behalte sich für dieses allein offene und vollständige Erklärungen über die Politik vor, welche es in Bezug auf die römische Constituante zu verfolgen gedenke. — So die Entschuldigungen Gioberti's, die, wie man sieht, weder entschieden noch befriedigend sind. Die nächste Zukunft wird zeigen, was wir von Gioberti zu erwarten haben. Einstweilen müssen wir unwillkürlich daran denken, daß er Abbé war, ehe er Minister wurde. Die 8000 bei Alexandria stationirten Soldaten führten dieser Tage auf dem Wege nach Valenza ein Feldmanöver vor Karl Albert aus, bei dem sie ein Ensemble und eine Tüchtigkeit entwickelten, die sie den Radetzki'schen Regimentern zu gefährlichen Gegnern machen werden. Dänemark. Kopenhagen, 2. Febr. In der heutigen Sitzung des Reichstages hat Hr. Leth Interpellationen an die Regierung über die Frage: „Was sie für die treuen Schleswiger zu thun gedenke?“ angezeigt. Mit 83 gegen 38 Stimmen hat der Reichstag die Geistlichen aller vom Staate anerkannten Religionsbekenntnisse und die fest angestellten Schullehrer von der Wehrpflicht befreit. Morgen kommen die vorgeschlagenen Veränderungen im Wehrpflichtentwurf vor. Dr. Müller, Stabarzt, fordert in Hinsicht auf den möglichen Wiederausbruch der Feindseligkeiten Civilärzte (Candidaten und Studenten), welche für den bevorstehenden Feldzug eintreten wollen, auf, sich zu melden. (Von den telegraphischen Nachrichten, die ein Flensburger Correspondent der Hamburger Wöchentl. Nachrichten vom Sturz des Ministeriums, mißlungenen Fluchtversuch des Königs u. s. w. in Flensburg am 3. gehört hat, kein Wort in den Kopenhagener Abendblättern vom 2.) (H. B.-H.) Großbritannien. * London, 6. Febr. Oberhaus vom 5ten. Lord Forteseue theilt die Antwort der Königin auf die überreichte Adresse mit. Lansdowne zeigt er an, daß er am 9ten d. die Niedersetzung einer Kommission beantragen wird, welche die Armenverwaltung in Irland nach dem neuen Armengesetz untersuchen soll. Unterhaus vom 5ten. Lord J. Russell stellt mehrere Motionen zur Verbesserung der Geschäftsordnung. Von vielen Mit-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz217b_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz217b_1849/1
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 217. Köln, 9. Februar 1849. Beilage, S. 1191. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz217b_1849/1>, abgerufen am 23.11.2024.