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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 215. Köln, 7. Februar 1849.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 215. Köln, Mittwoch den 7. Februar. 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. -- Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Uebersicht.

Deutschland. Köln, Bonn, Koblenz, Mayen, Kreis Rheinbach, Aachen, Düren, Gladbach, Düsseldorf. (Ausfall der Wahlen). Jülich. (Der Kaplan v. Berg, ein thatendurstiger Lieutenant, ein Bierwirth und mehrere Bauern). Aus dem Kreise Lennep. (Die Fabrikpascha's und ihre Arbeiter). Berlin. (Vermischtes). Wien. (Eine neue Proklamation Welden's wegen Verheimlichung von Waffen. -- Berurtheilungen). Kremsier. (Der Reichstag. -- Pitteri über §. 6 der "Grundrechte"). Posen. (Die Wahlbewegung, die Reaktion und die Deutsch-Demokraten). Colberg. (Verfahren gegen einen Lieutenant als demokratischen Wahlmann). Weimar. (Heldenthaten der reußischen "Reichs"-Truppen). Frankfurt. (Spekulation mit der "Deutschen Zeitung").

Ungarn. Pesth. (Wrbna's Proklamation. -- Erschießung).

Großbritannien. London. (Gedächtnißfeier zu Ehren Thom. Paine's. -- Die Parlaments-Soiree des Volkes. -- Guter Rath für Auswanderer nach Californien).

Französische Republik. Paris. (Das royalistische Komplott. -- Contrepolizeilicher Bericht über das Komplott. -- Die föderalistischen Gironde-Mucker. -- Das Napoleonscomite. -- Der Antrag des Deputirten Brives. -- Vermischtes).

Italien. Rom. (Die Wahlen. -- Tag für Eröffnung der Constituante). Turin. (Protest gegen die östreichischen Verletzungen des Waffenstillstandes). Vor Venedig. (Die Bandiera-Moro-Legion. -- Der Geist unter den Bürgern Venedig's).

Rußland. Moskau (Der neue Kreml).

Deutschland.
068 Köln, 6. Februar.

Das Resultat unserer gestrigen Wahlen war folgendes: Hr. Kyll ging im ersten Skrutinium mit 226 Stimmen gegen 116 (für Hrn. Wittgenstein) durch. Bei der Wahl des zweiten Abgeordneten erhielten im ersten Skrutinium die Herren Schneider II. 168 Stimmen, Raveaux 55 Stimmen, Wittgenstein 122 Stimmen, und Pellmann und Thesmar je eine Stimme. Vor dem zweiten Skrutinium erklärte Hr. Raveaux, er trete zurück, und nun erhielt Schneider 219, Wittgenstein 120, Raveaux 1 Stimme, und Schneider war somit erwählt.

Die Wahl Schneiders hat ihre Bedeutung, insofern Schneider Präsident des rheinischen demokratischen Kreisausschusses ist und sich als solcher bei der Steuerverweigerungsagitation stark betheiligt hat. Er, Marx und Schapper werden deshalb am 8. d. M., der Aufforderung zur Rebellion angeklagt, vor den Geschwornen erscheinen. Die Wahl Schneiders ist also ein offizieller, direkter Sieg der Demokratie.

Im Landkreis Köln und Kreis Mülheim ist Gladbach gegen Aldenhoven in der Minorität geblieben und als zweiter Abgeordneter Pfarrer Elkemann gewählt, der zuletzt den Landkreis Köln in der Vereinbarungskammer vertrat. Die Beseitigung Gladbachs ist möglich geworden durch die monströse Allianz der Partei Elkemann (linkes Centrum) mit der Fraktion der oktroyirten Verfassung.

Wir hoffen indeß, daß es dieser schmählichen Partei-Combination keineswegs gelingen wird, einen der tüchtigsten, entschiedensten, zuverlässigsten und talentvollsten Abgeordneten der letzten Versammlung aus der Kammer zu entfernen. Wenn Gladbach nicht an einem andern Ort gewählt wird, so ist es die Pflicht aller entschieden demokratischen Wahlkollegien, die wegen Doppelwahlen abermals zusammentreten müssen, ihre Stimmen vor allen Dingen auf Gladbach zu lenken.

4 Bonn, 6. Februar.

Zu Abgeordneten wurden gestern ernannt: Kinkel, Becker, Schornbaum.

Koblenz, 5. Febr., 1/2 1 Uhr.

Bei der Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer wurden eben die Kandidaten des Vereins für volksthümliche Wahlen, 1) Friedensrichter Grebel in St. Goir, mit 274 gegen 80, also circa 4/5 sämmtlicher Votirenden, sowie 2) der Gutsbesitzer Raffauf in Wolken, ebenfalls mit sehr großer Majorität, gegen die Kandidaten des Schwarzweißthums durchgesetzt. Dieselben Männer, welche schon ihr Urtheil über die Gewaltstreiche vom November letzthin ausgesprochen haben, sind also berufen, auch jetzt wieder dieselben Kreise zu vertreten.

(Rh.- u. M.-Z.)
104 Mayen, 5. Febr.

Wir übersenden Ihnen hiermit die für die Demokraten höchst erfreuliche Nachricht, daß bei der eben stattgefundenen Wahl Hr. Dr. D'Ester aus Köln als Abgeordneter aus der Wahlurne hervorgegangen ist. Ueber das Resultat in Betreff des zweiten Deputirten werden wir Ihnen erst mit nächster Post berichten können.

301 Kreis Rheinbach, 5. Februar.

Wir haben heute folgende Deputirte erwählt: Koerffgen, Esser (Ober-Revisions-Rath).

Aachen, 5. Febr.

Zu den heute stattgefundenen Wahlen für die zweite Kammer hatten sich 510 Wahlmänner eingefunden. Nachdem eine geraume Zeit dazu verbraucht worden, Reklamationen gegen mehre Wahlen von Wahlmännern zu erledigen, wurde zum Scrutinium über die drei hier zu wählenden Abgeordneten selbst geschritten. Bei der ersten Abstimmung erreichte Niemand die absolute Majorität von 256 Stimmen. Hr. Regierungspräsident Kühlwetter erhielt 253, Hr. Staatsprokurator Schornbaum aus Koblenz 248. Neun Stimmen zersplitterten sich. Bei der Nachmittags vorgenommenen engeren Wahl erhielt Hr. Schornbaum 252 Stimmen, Hr. Kühlwetter 247. Herr Schornbaum wurde demnach zum Abgeordneten erklärt.

Bei der zweiten Wahl waren 504 Wahlmänner anwesend. Absolute Majorität 253. Bei der ersten Abstimmung erhielt Herr Kaplan v. Berg 271, Hr. the Losen aus Eupen 232 Stimmen, Hr. Dr. Jacobs Eine. Hr. v. Berg wurde zum Abgeordneten prokamirt.

Die dritte Wahl beginnt bei Schluß des Blattes (7 Uhr Abds).

(Aachener Ztg.)
136 Düren, 5. Febr.

Ich schreibe Ihnen aus der Wahlmännerversammlung. Der Akt ist beendigt, der Sieg hat sich entschieden auf die Seite der Demokratie geneigt. Kaplan v. Berg, der bekannte Steuerverweigerer, hatte im ersten Skrutinium eine glänzende Majorität gegen den "Heuler" Stupp von Köln; die zweite Wahl fiel nach dreimaligem Skrutinium auf einen hiesigen Bürger, Hrn. Jakob Müdersheim, einen entschiedenen Demokraten. Freund Stupp, der vielgeliebte, hat sich nur bis zu 111 Stimmen emporschwingen können. Der Regierungsrath Ritz hat auch trotz allem Klüngeln, woran sich der Hr. v. Mylius, Freiherr und Hochwohlgeboren, auf das Unglaublichste betheiligt hat, nicht zu reussiren vermocht. Erbaulich ist es, den Jubel des Volks, aber noch erbaulicher, den Grimm der Heuler mit an zu sehen.

15 Düsseldorf, 5. Februar.

Die Befürchtungen Ihres Korrespondenten in dem Artikel vom 2. Febr. c. sind leider Wahrheit geworden. Bei der heute stattgehabten Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer in Elberfeld war es der demokratischen Partei bis Abgang des letzten Zuges nicht gelungen, auch nur einen ihrer Kandidaten durchzubringen. Mit einer ziemlich bedeutenden Majorität wurden zu Deputirten für die zweite Kammer gewählt die Kandidaten der konstitutionellen (reaktionären) Partei:

1) Joh. Abr. Schmidt, Weber.
2) Aug. v. d. Heydt, pro tempore Minister Excellenz.
3) Gustav Herrmann, Commis von Langenberg.
4) Advokat-Anwalt Scherer von Düsseldorf.

Die Bemühungen der geschlossenen Phalaux unserer Wahlmänner haben den Sieg nicht erringen können. Wie ich Ihnen früher sagte, unsere Demokraten haben sich durch trügerische Vorspiegelungen, leichtsinnig abgefaßte Berichte etc. täuschen lassen und haben sich als ganz jämmerliche Schlafmützen gezeigt. Hätten unsere Wahlmänner von vorne herein energisch gegen eine so heterogene Zusammensetzung des Wahlkörpers protestirt und nöthigenfalls gar nicht gewählt, so hätten sie jetzt wenigstens nicht die Blamage erlebt, von der Höhe ihrer so mächtig ausposaunten Ueberlegenheit so grausam herabgestürzt worden zu sein. Trotz der überall auf das Bestimmteste mitgetheilten Aussage, daß bei den Urwahlen die Demokratie in Elberfeld glänzend gesiegt hätte, erleben wir jetzt den Beweis von dem Gegentheil. Zu dem Mangel an politischem Bewußtsein unter den Arbeitern des Wupperthales kommt nun noch, daß die Bourgeoisie kein Mittel unbenutzt gelassen hat, die Arbeiter für ihre Sache zu gewinnen. Bier, Wein, Schnaps sind den Wahlmännern aus dem Arbeiterstande auf's reichlichste sogar noch in dem Wahllokale gespendet worden, wo dies nicht anschlagen wollte, mußte Geld aushelfen und man spricht von bedeutenden Summen, die zu diesem Zwecke von der Bourgeoisie verwendet sein sollen.

131 Gladbach, 5. Febr.

Heute Morgen hatten wir in Rheydt, dem bekannten Sitze des spezifischen Preußenthums, unsere Wahl zweier Abgeordneten der Kreise Gladbach und Grevenbroich. Von den 352 Wahlmännern fehlte kein Einziger. Ein Stimmzettel wurde zu wenig abgeliefert, deshalb war die absolute Majorität 176. Unser erster Kandidat, Dr. med. C. Bähren, erhielt 232 St. (Landrath v. Gudenau, Wahlkommissar, 113, Broich 5 und ein ungültiger Zettel).

Unser zweiter Kandidat, Friedensrichter Broich von Grevenbroich, schon gut bekannt aus der aufgelösten Nationalversammlung, hatte von 352 Stimmen 228 (Landrath v. Gudenau 122, Lehrer Caspers 1 Stimme.

20 Jülich, 4. Febr.

Haben die Berliner ihren Helden Wrangel, die Düsseldorfer ihren Kommunisten Drygalsky und die Kölner ihren Engels, so haben auch wir jetzt unsern Helden. Der Geist des echten chevalier sans peur et sans reproche hat Gestalt angenommen und sich in die wattirte Uniform eines preuß. Lieutenants gezwängt.

Hören Sie! In unserm Wochenblättchen hatte ein Herr von Rappard, Hochwohlgeborner Freiherr und Landwehr-Adjutant, den bekannten Kaplan v. Berg angegriffen. Hr. Berg hatte in seiner pikanten lakonischen Weise den Junker in der Antwort recht brav zurechtgewiesen. Darob erzürnte der jugendliche Held, wuthschnäubend zog er sein scharfes Schwert und schwur bei seinen 15 Ahnen, er müsse Genugthuung haben. Deshalb schickte er einen seiner Freunde, und ließ den Kaplan v. Berg auf Tod und Leben fordern.

Als sich das Gerücht über diesen lieutnantlichen Durst nach Heldenthaten verbreitete, fand sich ein Mann aus dem mittleren Bürgerstande bewogen, den Muth des Junkers auf die Probe zu stellen. Hr. Br., ein Bierwirth und ganz ruhiger Bürger, ward über die Geschichte so erzürnt, daß er dem Hrn. v. Rappard einen Gang auf Degen anbot. Man wies den Mann jedoch ab, weil ein 15ahniger Lieutenant sich ja nicht mit einem Bierwirth schlagen könne; ein Junker gegen einen Bürger. Ah! c'etait affreux. -- Doch hat die Sache noch eine andere Seite, der Bürger und Forderer nämlich hat seiner Zeit den spanischen Krieg und die afrikanischen Feldzüge mitgemacht und als ehemaliger französischer Prevotd'armes soll er eine spitze Klinge führen. Ob der muthige Junker dem Bierwirth oder dem Prevotd'armes eigentlich das Duell verweigert. Qui sait? die Sache spielt indessen noch fort; es sind noch mehr Forderungen für den Lieutenant eingelaufen, namentlich von Bauern der Umgegend, die sich zwar nicht auf Pistolen und Degen, desto besser aber auf ihre Fäuste und Stöcke verstehen. Unterdessen erklingen allnächtlich herrliche Katzenmusiken unter den Fenstern unseres Helden.

X Aus dem Kreise Lennep, 4. Febr.

Auch in unserer kleinen Hauptstadt und Umgebung hat in den letzten Jahren der Druck der Geldherrschaft und das Elend des schutzlos preisgegebenen Arbeiterstandes große Fortschritte gemacht. Zwar gibt es unter den Lenneper Fabrikherrn auch einige würdige Ausnahmen, die einer volksfreundlichen Richtung zugethan sind; aber sie allein vermögen nicht gegen das herrschende System der Arbeiter-Ausbeutung mit Erfolg anzukämpfen. Die in neuerer Zeit entstandenen Arbeitervereine zu Lennep, Vogelsmühle, Beimburg, Hückeswagen, wirken zwar sehr erfreulich, um den Arbeiterstand aus dem Schlamme der Unwissenheit und des Elends zum Bewußtsein seiner Menschenwürde zu erheben, und einer Verbesserung seiner Lage herbeizuführen; aber dafür sind sie auch ein Gegenstand des Hasses und der Verfolgung der Herren Fabrik-Pascha's geworden. Ich könnte Mancherlei davon berichten, in welcher Weise man das Bestehen und Wachsen der Vereine zu verhindern, und Alles von denselben fern zu halten sucht, was einer paschafeindlichen Richtung nur irgend Nahrung geben könnte. Ich begnüge mich indeß, für diesmal eine einzelne Thatsache zur Anzeige zu bringen, die auch auf's Ganze einiges Licht wirft. Sie betrifft die ärztlichen Verhältnisse des den Herrn Schürmann und Schröder zugehörigen Etablissements zu Vogelsmühle. Bekanntlich bestehen für die einzelnen Etablissements Kranken-Laden, welche aus den wöchentlichen Beiträgen der betheiligten Arbeiter die medizinischen Bedürfnisse der Letztern bestreiten. Die Verwaltung dieser Arbeiter-Fonds wird aber nicht von den zahlenden Arbeitern, sondern von den Fabrikherren, welche freilich auch mitunter die Kasse mit Allergnädigsten Geschenken unterstützen, mit unumschränkter Souveränetät ausgeübt. Der Fabrikherr stellt den Laden-Vorsteher an; der Fabrikherr gibt durch denselben den Patienten den Erlaubnißschein zum Gebrauchen eines Arztes. Was aber noch mehr ist, der Fabrikherr erlaubt es diesen Krankenvereinen nicht, sich selber den Arzt ihres Vertrauens zu wählen und anzustellen, obgleich er mit ihrem Gelde besoldet wird, sondern wieder ist es der souveräne Fabrikherr, der dieses Recht ausübt. An dem Vogelsmühler Etablissement war nun seither ein sehr wackerer und beliebter Lenneper Arzt zur Behandlung der zur Lade gehörenden Kranken angestellt, mit einem Jahrgehalte von etwa 75 Thlr. Dieser Arzt aber traf unter Genehmigung der Herren Schürmann und Schröder mit einem benachbarten Kollegen die Uebereinkunft, das Vogelsmühler Etablissement gemeinschaftlich zu behandeln. Obwohl nun gedachter Lenneper Arzt im vorigen Jahre an einen andern Ort verzog, so wurden doch von ihm die Verbindlichkeiten dieser Uebereinkunft auf seinen Nachfolger übertragen, und zwar wiederum mit Genehmigung der Herren Schürmann und Schröder. Das Verhältniß jenes benachbarten Arztes zur Krankenlade von Vogelsmühle gegenüber dem neuen Lenneper Kollegen blieb daher ganz das frühere, und würde auch, da Letzterer das Fortbestehen desselben aufrichtig wünscht, um so eher ferner bestanden haben, da der benachbarte Arzt bei den Fabrikarbeitern sehr beliebt, und noch nie die mindeste Beschwerde gegen ihn von irgend einer Seite erhoben worden ist. Aber dieser Arzt hält es nicht unter seiner Würde, auch mit geringen Arbeitern sich über soziale und politische Angelegenheiten zu unterhalten, und genießt namentlich bei den Arbeitern zu Vogelsmühle ein solches Vertrauen, daß sie ihm die Präsidentschaft in ihrem Vereine antrugen. Solcher Kredit war hinreichend, um ihn bei den als Geldmänner vom reinsten Wasser bekannten Herren Schürmann und Schröder außer Kredit zu setzen. Sie nahmen es sich heraus, den gedachten Lenneper Arzt dazu anzuhalten, daß er den mit seinem Kollegen eingegangenen Kontrakt Behufs gemeinschaftlicher Behandlung der Vogelsmühler Lade kündigte. Er soll's mit Widerstreben gethan haben, weil sonst die gestrengen Herren beide Aerzte ihres Dienstes entlassen hätten. Und die Arbeiter? -- Rechts- und schutzlos, wie sie sind, müssen sie auch dieses über sich ergehen lassen. Auch in ihren eigensten Angelegenheiten, auch in der Vorsorge für ihre Gesundheit wird die Stimme ihres Vertrauens weder erfragt noch gehört.

X Berlin, 4. Febr.

Die letzten Berathungen des Central-Comite haben die Kandidaturen für die morgenden Wahlen festgestellt. Es werden gewählt werden: Waldeck und Jakobi zwei mal, Temme, Berends, Phillips und Rodbertus viermal. -- Als Stadtgerüchte und eben nur als solche, theilen wir folgende Versionen über die Feldzugspläne des Ministeriums für die nächste Zeit mit. Die Aufhebung des Belagerungszustandes soll nun doch erst nach dem 18. März erfolgen. Die Art und Weise wird jedoch verschieden angegeben. Die Einen erzählen, die Zusammenberufung der Kammern selbst werde bis zu diesem Termin verschoben werden, und zwar unter dem Vorwande, daß die Sitzungslokale noch nicht vollendet seien. Nach Andern dagegen werden die Kammern zwar am 26. d. zusammentreten, die Regierung wird ihnen aber sofort erklären, die Aufhebung des Belagerungszustandes könne erst nach Emanirung des Preß- und des Clubgesetzes erfolgen; das Ministerium habe aber so wichtige Gesetze nicht oktroyiren wollen. Die Kammern sollten daher dieselbe sofort und noch vor der Verfassungsrevision in Berathung nehmen. Auch auf ein Mißtrauensvotum Seitens der zweiten Kammer soll das Ministerium gefaßt sein; soll aber für diesen Fall die folgende nagelneue Theorie des konstitutionellen Systems ausgesonnen haben. Das Mißtrauensvotum einer Kammer kann für das Kabinet eben sowenig maßgebend sein, als der Beschluß einer Kammer an und für sich Gesetzeskraft haben kann.

Vorgestern wurde dem hiesigen Büchsenfabrikant Schubert, dessen Verhaftung wir vor etwa sechs Wochen gemeldet haben,

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 215. Köln, Mittwoch den 7. Februar. 1849.

Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau.

Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.

Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.

Nur frankirte Briefe werden angenommen.

Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.

Uebersicht.

Deutschland. Köln, Bonn, Koblenz, Mayen, Kreis Rheinbach, Aachen, Düren, Gladbach, Düsseldorf. (Ausfall der Wahlen). Jülich. (Der Kaplan v. Berg, ein thatendurstiger Lieutenant, ein Bierwirth und mehrere Bauern). Aus dem Kreise Lennep. (Die Fabrikpascha's und ihre Arbeiter). Berlin. (Vermischtes). Wien. (Eine neue Proklamation Welden's wegen Verheimlichung von Waffen. — Berurtheilungen). Kremsier. (Der Reichstag. — Pitteri über §. 6 der „Grundrechte“). Posen. (Die Wahlbewegung, die Reaktion und die Deutsch-Demokraten). Colberg. (Verfahren gegen einen Lieutenant als demokratischen Wahlmann). Weimar. (Heldenthaten der reußischen „Reichs“-Truppen). Frankfurt. (Spekulation mit der „Deutschen Zeitung“).

Ungarn. Pesth. (Wrbna's Proklamation. — Erschießung).

Großbritannien. London. (Gedächtnißfeier zu Ehren Thom. Paine's. — Die Parlaments-Soirée des Volkes. — Guter Rath für Auswanderer nach Californien).

Französische Republik. Paris. (Das royalistische Komplott. — Contrepolizeilicher Bericht über das Komplott. — Die föderalistischen Gironde-Mucker. — Das Napoleonscomité. — Der Antrag des Deputirten Brives. — Vermischtes).

Italien. Rom. (Die Wahlen. — Tag für Eröffnung der Constituante). Turin. (Protest gegen die östreichischen Verletzungen des Waffenstillstandes). Vor Venedig. (Die Bandiera-Moro-Legion. — Der Geist unter den Bürgern Venedig's).

Rußland. Moskau (Der neue Kreml).

Deutschland.
068 Köln, 6. Februar.

Das Resultat unserer gestrigen Wahlen war folgendes: Hr. Kyll ging im ersten Skrutinium mit 226 Stimmen gegen 116 (für Hrn. Wittgenstein) durch. Bei der Wahl des zweiten Abgeordneten erhielten im ersten Skrutinium die Herren Schneider II. 168 Stimmen, Raveaux 55 Stimmen, Wittgenstein 122 Stimmen, und Pellmann und Thesmar je eine Stimme. Vor dem zweiten Skrutinium erklärte Hr. Raveaux, er trete zurück, und nun erhielt Schneider 219, Wittgenstein 120, Raveaux 1 Stimme, und Schneider war somit erwählt.

Die Wahl Schneiders hat ihre Bedeutung, insofern Schneider Präsident des rheinischen demokratischen Kreisausschusses ist und sich als solcher bei der Steuerverweigerungsagitation stark betheiligt hat. Er, Marx und Schapper werden deshalb am 8. d. M., der Aufforderung zur Rebellion angeklagt, vor den Geschwornen erscheinen. Die Wahl Schneiders ist also ein offizieller, direkter Sieg der Demokratie.

Im Landkreis Köln und Kreis Mülheim ist Gladbach gegen Aldenhoven in der Minorität geblieben und als zweiter Abgeordneter Pfarrer Elkemann gewählt, der zuletzt den Landkreis Köln in der Vereinbarungskammer vertrat. Die Beseitigung Gladbachs ist möglich geworden durch die monströse Allianz der Partei Elkemann (linkes Centrum) mit der Fraktion der oktroyirten Verfassung.

Wir hoffen indeß, daß es dieser schmählichen Partei-Combination keineswegs gelingen wird, einen der tüchtigsten, entschiedensten, zuverlässigsten und talentvollsten Abgeordneten der letzten Versammlung aus der Kammer zu entfernen. Wenn Gladbach nicht an einem andern Ort gewählt wird, so ist es die Pflicht aller entschieden demokratischen Wahlkollegien, die wegen Doppelwahlen abermals zusammentreten müssen, ihre Stimmen vor allen Dingen auf Gladbach zu lenken.

4 Bonn, 6. Februar.

Zu Abgeordneten wurden gestern ernannt: Kinkel, Becker, Schornbaum.

Koblenz, 5. Febr., 1/2 1 Uhr.

Bei der Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer wurden eben die Kandidaten des Vereins für volksthümliche Wahlen, 1) Friedensrichter Grebel in St. Goir, mit 274 gegen 80, also circa 4/5 sämmtlicher Votirenden, sowie 2) der Gutsbesitzer Raffauf in Wolken, ebenfalls mit sehr großer Majorität, gegen die Kandidaten des Schwarzweißthums durchgesetzt. Dieselben Männer, welche schon ihr Urtheil über die Gewaltstreiche vom November letzthin ausgesprochen haben, sind also berufen, auch jetzt wieder dieselben Kreise zu vertreten.

(Rh.- u. M.-Z.)
104 Mayen, 5. Febr.

Wir übersenden Ihnen hiermit die für die Demokraten höchst erfreuliche Nachricht, daß bei der eben stattgefundenen Wahl Hr. Dr. D'Ester aus Köln als Abgeordneter aus der Wahlurne hervorgegangen ist. Ueber das Resultat in Betreff des zweiten Deputirten werden wir Ihnen erst mit nächster Post berichten können.

301 Kreis Rheinbach, 5. Februar.

Wir haben heute folgende Deputirte erwählt: Koerffgen, Esser (Ober-Revisions-Rath).

Aachen, 5. Febr.

Zu den heute stattgefundenen Wahlen für die zweite Kammer hatten sich 510 Wahlmänner eingefunden. Nachdem eine geraume Zeit dazu verbraucht worden, Reklamationen gegen mehre Wahlen von Wahlmännern zu erledigen, wurde zum Scrutinium über die drei hier zu wählenden Abgeordneten selbst geschritten. Bei der ersten Abstimmung erreichte Niemand die absolute Majorität von 256 Stimmen. Hr. Regierungspräsident Kühlwetter erhielt 253, Hr. Staatsprokurator Schornbaum aus Koblenz 248. Neun Stimmen zersplitterten sich. Bei der Nachmittags vorgenommenen engeren Wahl erhielt Hr. Schornbaum 252 Stimmen, Hr. Kühlwetter 247. Herr Schornbaum wurde demnach zum Abgeordneten erklärt.

Bei der zweiten Wahl waren 504 Wahlmänner anwesend. Absolute Majorität 253. Bei der ersten Abstimmung erhielt Herr Kaplan v. Berg 271, Hr. the Losen aus Eupen 232 Stimmen, Hr. Dr. Jacobs Eine. Hr. v. Berg wurde zum Abgeordneten prokamirt.

Die dritte Wahl beginnt bei Schluß des Blattes (7 Uhr Abds).

(Aachener Ztg.)
136 Düren, 5. Febr.

Ich schreibe Ihnen aus der Wahlmännerversammlung. Der Akt ist beendigt, der Sieg hat sich entschieden auf die Seite der Demokratie geneigt. Kaplan v. Berg, der bekannte Steuerverweigerer, hatte im ersten Skrutinium eine glänzende Majorität gegen den „Heuler“ Stupp von Köln; die zweite Wahl fiel nach dreimaligem Skrutinium auf einen hiesigen Bürger, Hrn. Jakob Müdersheim, einen entschiedenen Demokraten. Freund Stupp, der vielgeliebte, hat sich nur bis zu 111 Stimmen emporschwingen können. Der Regierungsrath Ritz hat auch trotz allem Klüngeln, woran sich der Hr. v. Mylius, Freiherr und Hochwohlgeboren, auf das Unglaublichste betheiligt hat, nicht zu reussiren vermocht. Erbaulich ist es, den Jubel des Volks, aber noch erbaulicher, den Grimm der Heuler mit an zu sehen.

15 Düsseldorf, 5. Februar.

Die Befürchtungen Ihres Korrespondenten in dem Artikel vom 2. Febr. c. sind leider Wahrheit geworden. Bei der heute stattgehabten Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer in Elberfeld war es der demokratischen Partei bis Abgang des letzten Zuges nicht gelungen, auch nur einen ihrer Kandidaten durchzubringen. Mit einer ziemlich bedeutenden Majorität wurden zu Deputirten für die zweite Kammer gewählt die Kandidaten der konstitutionellen (reaktionären) Partei:

1) Joh. Abr. Schmidt, Weber.
2) Aug. v. d. Heydt, pro tempore Minister Excellenz.
3) Gustav Herrmann, Commis von Langenberg.
4) Advokat-Anwalt Scherer von Düsseldorf.

Die Bemühungen der geschlossenen Phalaux unserer Wahlmänner haben den Sieg nicht erringen können. Wie ich Ihnen früher sagte, unsere Demokraten haben sich durch trügerische Vorspiegelungen, leichtsinnig abgefaßte Berichte etc. täuschen lassen und haben sich als ganz jämmerliche Schlafmützen gezeigt. Hätten unsere Wahlmänner von vorne herein energisch gegen eine so heterogene Zusammensetzung des Wahlkörpers protestirt und nöthigenfalls gar nicht gewählt, so hätten sie jetzt wenigstens nicht die Blamage erlebt, von der Höhe ihrer so mächtig ausposaunten Ueberlegenheit so grausam herabgestürzt worden zu sein. Trotz der überall auf das Bestimmteste mitgetheilten Aussage, daß bei den Urwahlen die Demokratie in Elberfeld glänzend gesiegt hätte, erleben wir jetzt den Beweis von dem Gegentheil. Zu dem Mangel an politischem Bewußtsein unter den Arbeitern des Wupperthales kommt nun noch, daß die Bourgeoisie kein Mittel unbenutzt gelassen hat, die Arbeiter für ihre Sache zu gewinnen. Bier, Wein, Schnaps sind den Wahlmännern aus dem Arbeiterstande auf's reichlichste sogar noch in dem Wahllokale gespendet worden, wo dies nicht anschlagen wollte, mußte Geld aushelfen und man spricht von bedeutenden Summen, die zu diesem Zwecke von der Bourgeoisie verwendet sein sollen.

131 Gladbach, 5. Febr.

Heute Morgen hatten wir in Rheydt, dem bekannten Sitze des spezifischen Preußenthums, unsere Wahl zweier Abgeordneten der Kreise Gladbach und Grevenbroich. Von den 352 Wahlmännern fehlte kein Einziger. Ein Stimmzettel wurde zu wenig abgeliefert, deshalb war die absolute Majorität 176. Unser erster Kandidat, Dr. med. C. Bähren, erhielt 232 St. (Landrath v. Gudenau, Wahlkommissar, 113, Broich 5 und ein ungültiger Zettel).

Unser zweiter Kandidat, Friedensrichter Broich von Grevenbroich, schon gut bekannt aus der aufgelösten Nationalversammlung, hatte von 352 Stimmen 228 (Landrath v. Gudenau 122, Lehrer Caspers 1 Stimme.

20 Jülich, 4. Febr.

Haben die Berliner ihren Helden Wrangel, die Düsseldorfer ihren Kommunisten Drygalsky und die Kölner ihren Engels, so haben auch wir jetzt unsern Helden. Der Geist des echten chevalier sans peur et sans reproche hat Gestalt angenommen und sich in die wattirte Uniform eines preuß. Lieutenants gezwängt.

Hören Sie! In unserm Wochenblättchen hatte ein Herr von Rappard, Hochwohlgeborner Freiherr und Landwehr-Adjutant, den bekannten Kaplan v. Berg angegriffen. Hr. Berg hatte in seiner pikanten lakonischen Weise den Junker in der Antwort recht brav zurechtgewiesen. Darob erzürnte der jugendliche Held, wuthschnäubend zog er sein scharfes Schwert und schwur bei seinen 15 Ahnen, er müsse Genugthuung haben. Deshalb schickte er einen seiner Freunde, und ließ den Kaplan v. Berg auf Tod und Leben fordern.

Als sich das Gerücht über diesen lieutnantlichen Durst nach Heldenthaten verbreitete, fand sich ein Mann aus dem mittleren Bürgerstande bewogen, den Muth des Junkers auf die Probe zu stellen. Hr. Br., ein Bierwirth und ganz ruhiger Bürger, ward über die Geschichte so erzürnt, daß er dem Hrn. v. Rappard einen Gang auf Degen anbot. Man wies den Mann jedoch ab, weil ein 15ahniger Lieutenant sich ja nicht mit einem Bierwirth schlagen könne; ein Junker gegen einen Bürger. Ah! c'était affreux. — Doch hat die Sache noch eine andere Seite, der Bürger und Forderer nämlich hat seiner Zeit den spanischen Krieg und die afrikanischen Feldzüge mitgemacht und als ehemaliger französischer Prévôtd'armes soll er eine spitze Klinge führen. Ob der muthige Junker dem Bierwirth oder dem Prévôtd'armes eigentlich das Duell verweigert. Qui sait? die Sache spielt indessen noch fort; es sind noch mehr Forderungen für den Lieutenant eingelaufen, namentlich von Bauern der Umgegend, die sich zwar nicht auf Pistolen und Degen, desto besser aber auf ihre Fäuste und Stöcke verstehen. Unterdessen erklingen allnächtlich herrliche Katzenmusiken unter den Fenstern unseres Helden.

X Aus dem Kreise Lennep, 4. Febr.

Auch in unserer kleinen Hauptstadt und Umgebung hat in den letzten Jahren der Druck der Geldherrschaft und das Elend des schutzlos preisgegebenen Arbeiterstandes große Fortschritte gemacht. Zwar gibt es unter den Lenneper Fabrikherrn auch einige würdige Ausnahmen, die einer volksfreundlichen Richtung zugethan sind; aber sie allein vermögen nicht gegen das herrschende System der Arbeiter-Ausbeutung mit Erfolg anzukämpfen. Die in neuerer Zeit entstandenen Arbeitervereine zu Lennep, Vogelsmühle, Beimburg, Hückeswagen, wirken zwar sehr erfreulich, um den Arbeiterstand aus dem Schlamme der Unwissenheit und des Elends zum Bewußtsein seiner Menschenwürde zu erheben, und einer Verbesserung seiner Lage herbeizuführen; aber dafür sind sie auch ein Gegenstand des Hasses und der Verfolgung der Herren Fabrik-Pascha's geworden. Ich könnte Mancherlei davon berichten, in welcher Weise man das Bestehen und Wachsen der Vereine zu verhindern, und Alles von denselben fern zu halten sucht, was einer paschafeindlichen Richtung nur irgend Nahrung geben könnte. Ich begnüge mich indeß, für diesmal eine einzelne Thatsache zur Anzeige zu bringen, die auch auf's Ganze einiges Licht wirft. Sie betrifft die ärztlichen Verhältnisse des den Herrn Schürmann und Schröder zugehörigen Etablissements zu Vogelsmühle. Bekanntlich bestehen für die einzelnen Etablissements Kranken-Laden, welche aus den wöchentlichen Beiträgen der betheiligten Arbeiter die medizinischen Bedürfnisse der Letztern bestreiten. Die Verwaltung dieser Arbeiter-Fonds wird aber nicht von den zahlenden Arbeitern, sondern von den Fabrikherren, welche freilich auch mitunter die Kasse mit Allergnädigsten Geschenken unterstützen, mit unumschränkter Souveränetät ausgeübt. Der Fabrikherr stellt den Laden-Vorsteher an; der Fabrikherr gibt durch denselben den Patienten den Erlaubnißschein zum Gebrauchen eines Arztes. Was aber noch mehr ist, der Fabrikherr erlaubt es diesen Krankenvereinen nicht, sich selber den Arzt ihres Vertrauens zu wählen und anzustellen, obgleich er mit ihrem Gelde besoldet wird, sondern wieder ist es der souveräne Fabrikherr, der dieses Recht ausübt. An dem Vogelsmühler Etablissement war nun seither ein sehr wackerer und beliebter Lenneper Arzt zur Behandlung der zur Lade gehörenden Kranken angestellt, mit einem Jahrgehalte von etwa 75 Thlr. Dieser Arzt aber traf unter Genehmigung der Herren Schürmann und Schröder mit einem benachbarten Kollegen die Uebereinkunft, das Vogelsmühler Etablissement gemeinschaftlich zu behandeln. Obwohl nun gedachter Lenneper Arzt im vorigen Jahre an einen andern Ort verzog, so wurden doch von ihm die Verbindlichkeiten dieser Uebereinkunft auf seinen Nachfolger übertragen, und zwar wiederum mit Genehmigung der Herren Schürmann und Schröder. Das Verhältniß jenes benachbarten Arztes zur Krankenlade von Vogelsmühle gegenüber dem neuen Lenneper Kollegen blieb daher ganz das frühere, und würde auch, da Letzterer das Fortbestehen desselben aufrichtig wünscht, um so eher ferner bestanden haben, da der benachbarte Arzt bei den Fabrikarbeitern sehr beliebt, und noch nie die mindeste Beschwerde gegen ihn von irgend einer Seite erhoben worden ist. Aber dieser Arzt hält es nicht unter seiner Würde, auch mit geringen Arbeitern sich über soziale und politische Angelegenheiten zu unterhalten, und genießt namentlich bei den Arbeitern zu Vogelsmühle ein solches Vertrauen, daß sie ihm die Präsidentschaft in ihrem Vereine antrugen. Solcher Kredit war hinreichend, um ihn bei den als Geldmänner vom reinsten Wasser bekannten Herren Schürmann und Schröder außer Kredit zu setzen. Sie nahmen es sich heraus, den gedachten Lenneper Arzt dazu anzuhalten, daß er den mit seinem Kollegen eingegangenen Kontrakt Behufs gemeinschaftlicher Behandlung der Vogelsmühler Lade kündigte. Er soll's mit Widerstreben gethan haben, weil sonst die gestrengen Herren beide Aerzte ihres Dienstes entlassen hätten. Und die Arbeiter? — Rechts- und schutzlos, wie sie sind, müssen sie auch dieses über sich ergehen lassen. Auch in ihren eigensten Angelegenheiten, auch in der Vorsorge für ihre Gesundheit wird die Stimme ihres Vertrauens weder erfragt noch gehört.

X Berlin, 4. Febr.

Die letzten Berathungen des Central-Comite haben die Kandidaturen für die morgenden Wahlen festgestellt. Es werden gewählt werden: Waldeck und Jakobi zwei mal, Temme, Berends, Phillips und Rodbertus viermal. — Als Stadtgerüchte und eben nur als solche, theilen wir folgende Versionen über die Feldzugspläne des Ministeriums für die nächste Zeit mit. Die Aufhebung des Belagerungszustandes soll nun doch erst nach dem 18. März erfolgen. Die Art und Weise wird jedoch verschieden angegeben. Die Einen erzählen, die Zusammenberufung der Kammern selbst werde bis zu diesem Termin verschoben werden, und zwar unter dem Vorwande, daß die Sitzungslokale noch nicht vollendet seien. Nach Andern dagegen werden die Kammern zwar am 26. d. zusammentreten, die Regierung wird ihnen aber sofort erklären, die Aufhebung des Belagerungszustandes könne erst nach Emanirung des Preß- und des Clubgesetzes erfolgen; das Ministerium habe aber so wichtige Gesetze nicht oktroyiren wollen. Die Kammern sollten daher dieselbe sofort und noch vor der Verfassungsrevision in Berathung nehmen. Auch auf ein Mißtrauensvotum Seitens der zweiten Kammer soll das Ministerium gefaßt sein; soll aber für diesen Fall die folgende nagelneue Theorie des konstitutionellen Systems ausgesonnen haben. Das Mißtrauensvotum einer Kammer kann für das Kabinet eben sowenig maßgebend sein, als der Beschluß einer Kammer an und für sich Gesetzeskraft haben kann.

Vorgestern wurde dem hiesigen Büchsenfabrikant Schubert, dessen Verhaftung wir vor etwa sechs Wochen gemeldet haben,

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        <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
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          <docDate>No 215. Köln, Mittwoch den 7. Februar. 1849.</docDate>
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        <p>Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. &#x2014; Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau.</p>
        <p>Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet.</p>
        <p>Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis.</p>
        <p>Nur frankirte Briefe werden angenommen.</p>
        <p>Expedition Unter Hutmacher Nro. 17.</p>
      </div>
      <div type="contents" n="1">
        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Köln, Bonn, Koblenz, Mayen, Kreis Rheinbach, Aachen, Düren, Gladbach, Düsseldorf. (Ausfall der Wahlen). Jülich. (Der Kaplan v. Berg, ein thatendurstiger Lieutenant, ein Bierwirth und mehrere Bauern). Aus dem Kreise Lennep. (Die Fabrikpascha's und ihre Arbeiter). Berlin. (Vermischtes). Wien. (Eine neue Proklamation Welden's wegen Verheimlichung von Waffen. &#x2014; Berurtheilungen). Kremsier. (Der Reichstag. &#x2014; Pitteri über §. 6 der &#x201E;Grundrechte&#x201C;). Posen. (Die Wahlbewegung, die Reaktion und die Deutsch-Demokraten). Colberg. (Verfahren gegen einen Lieutenant als demokratischen Wahlmann). Weimar. (Heldenthaten der reußischen &#x201E;Reichs&#x201C;-Truppen). Frankfurt. (Spekulation mit der &#x201E;Deutschen Zeitung&#x201C;).</p>
        <p><hi rendition="#g">Ungarn</hi>. Pesth. (Wrbna's Proklamation. &#x2014; Erschießung).</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbritannien</hi>. London. (Gedächtnißfeier zu Ehren Thom. Paine's. &#x2014; Die Parlaments-Soirée des Volkes. &#x2014; Guter Rath für Auswanderer nach Californien).</p>
        <p><hi rendition="#g">Französische Republik</hi>. Paris. (Das royalistische Komplott. &#x2014; Contrepolizeilicher Bericht über das Komplott. &#x2014; Die föderalistischen Gironde-Mucker. &#x2014; Das Napoleonscomité. &#x2014; Der Antrag des Deputirten Brives. &#x2014; Vermischtes).</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien</hi>. Rom. (Die Wahlen. &#x2014; Tag für Eröffnung der Constituante). Turin. (Protest gegen die östreichischen Verletzungen des Waffenstillstandes). Vor Venedig. (Die Bandiera-Moro-Legion. &#x2014; Der Geist unter den Bürgern Venedig's).</p>
        <p><hi rendition="#g">Rußland</hi>. Moskau (Der neue Kreml).</p>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Deutschland.</head>
        <div xml:id="ar215_001" type="jArticle">
          <head><bibl><author>068</author></bibl> Köln, 6. Februar.</head>
          <p>Das Resultat unserer gestrigen Wahlen war folgendes: Hr. <hi rendition="#g">Kyll</hi> ging im ersten Skrutinium mit 226 Stimmen gegen 116 (für Hrn. Wittgenstein) durch. Bei der Wahl des zweiten Abgeordneten erhielten im ersten Skrutinium die Herren Schneider II. 168 Stimmen, Raveaux 55 Stimmen, Wittgenstein 122 Stimmen, und Pellmann und Thesmar je eine Stimme. Vor dem zweiten Skrutinium erklärte Hr. Raveaux, er trete zurück, und nun erhielt Schneider 219, Wittgenstein 120, Raveaux 1 Stimme, und Schneider war somit erwählt.</p>
          <p>Die Wahl Schneiders hat ihre Bedeutung, insofern Schneider Präsident des rheinischen demokratischen Kreisausschusses ist und sich als solcher bei der Steuerverweigerungsagitation stark betheiligt hat. Er, Marx und Schapper werden deshalb am 8. d. M., der Aufforderung zur Rebellion angeklagt, vor den Geschwornen erscheinen. Die Wahl Schneiders ist also ein offizieller, direkter Sieg der Demokratie.</p>
          <p>Im Landkreis Köln und Kreis Mülheim ist <hi rendition="#g">Gladbach</hi> gegen <hi rendition="#g">Aldenhoven</hi> in der Minorität geblieben und als zweiter Abgeordneter Pfarrer <hi rendition="#g">Elkemann</hi> gewählt, der zuletzt den Landkreis Köln in der Vereinbarungskammer vertrat. Die Beseitigung <hi rendition="#g">Gladbachs</hi> ist möglich geworden durch die monströse Allianz der Partei <hi rendition="#g">Elkemann</hi> (linkes Centrum) mit der Fraktion der oktroyirten Verfassung.</p>
          <p>Wir hoffen indeß, daß es dieser schmählichen Partei-Combination keineswegs gelingen wird, einen der tüchtigsten, entschiedensten, zuverlässigsten und talentvollsten Abgeordneten der letzten Versammlung aus der Kammer zu entfernen. Wenn <hi rendition="#g">Gladbach</hi> nicht an einem andern Ort gewählt wird, so ist es die Pflicht aller entschieden demokratischen Wahlkollegien, die wegen Doppelwahlen abermals zusammentreten müssen, ihre Stimmen vor allen Dingen auf <hi rendition="#g">Gladbach</hi> zu lenken.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar215_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>4</author></bibl> Bonn, 6. Februar.</head>
          <p>Zu Abgeordneten wurden gestern ernannt: <hi rendition="#g">Kinkel, Becker, Schornbaum</hi>.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar215_003" type="jArticle">
          <head>Koblenz, 5. Febr., 1/2 1 Uhr.</head>
          <p>Bei der Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer wurden eben die Kandidaten des Vereins für volksthümliche Wahlen, 1) Friedensrichter Grebel in St. Goir, mit 274 gegen 80, also circa 4/5 sämmtlicher Votirenden, sowie 2) der Gutsbesitzer Raffauf in Wolken, ebenfalls mit sehr großer Majorität, gegen die Kandidaten des Schwarzweißthums durchgesetzt. Dieselben Männer, welche schon ihr Urtheil über die Gewaltstreiche vom November letzthin ausgesprochen haben, sind also berufen, auch jetzt wieder dieselben Kreise zu vertreten.</p>
          <bibl>(Rh.- u. M.-Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar215_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>104</author></bibl> Mayen, 5. Febr.</head>
          <p>Wir übersenden Ihnen hiermit die für die Demokraten höchst erfreuliche Nachricht, daß bei der eben stattgefundenen Wahl Hr. Dr. D'Ester aus Köln als Abgeordneter aus der Wahlurne hervorgegangen ist. Ueber das Resultat in Betreff des zweiten Deputirten werden wir Ihnen erst mit nächster Post berichten können.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar215_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>301</author></bibl> Kreis Rheinbach, 5. Februar.</head>
          <p>Wir haben heute folgende Deputirte erwählt: <hi rendition="#g">Koerffgen, Esser</hi> (Ober-Revisions-Rath).</p>
        </div>
        <div xml:id="ar215_006" type="jArticle">
          <head>Aachen, 5. Febr.</head>
          <p>Zu den heute stattgefundenen Wahlen für die zweite Kammer hatten sich 510 Wahlmänner eingefunden. Nachdem eine geraume Zeit dazu verbraucht worden, Reklamationen gegen mehre Wahlen von Wahlmännern zu erledigen, wurde zum Scrutinium über die drei hier zu wählenden Abgeordneten selbst geschritten. Bei der ersten Abstimmung erreichte Niemand die absolute Majorität von 256 Stimmen. Hr. Regierungspräsident Kühlwetter erhielt 253, Hr. Staatsprokurator Schornbaum aus Koblenz 248. Neun Stimmen zersplitterten sich. Bei der Nachmittags vorgenommenen engeren Wahl erhielt Hr. Schornbaum 252 Stimmen, Hr. Kühlwetter 247. Herr Schornbaum wurde demnach zum Abgeordneten erklärt.</p>
          <p>Bei der zweiten Wahl waren 504 Wahlmänner anwesend. Absolute Majorität 253. Bei der ersten Abstimmung erhielt Herr Kaplan v. Berg 271, Hr. the Losen aus Eupen 232 Stimmen, Hr. Dr. Jacobs Eine. Hr. v. Berg wurde zum Abgeordneten prokamirt.</p>
          <p>Die dritte Wahl beginnt bei Schluß des Blattes (7 Uhr Abds).</p>
          <bibl>(Aachener Ztg.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar215_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>136</author></bibl> Düren, 5. Febr.</head>
          <p>Ich schreibe Ihnen aus der Wahlmännerversammlung. Der Akt ist beendigt, der Sieg hat sich entschieden auf die Seite der Demokratie geneigt. Kaplan v. Berg, der bekannte Steuerverweigerer, hatte im ersten Skrutinium eine glänzende Majorität gegen den &#x201E;Heuler&#x201C; Stupp von Köln; die zweite Wahl fiel nach dreimaligem Skrutinium auf einen hiesigen Bürger, Hrn. Jakob Müdersheim, einen entschiedenen Demokraten. Freund Stupp, der vielgeliebte, hat sich nur bis zu 111 Stimmen emporschwingen können. Der Regierungsrath Ritz hat auch trotz allem Klüngeln, woran sich der Hr. v. Mylius, Freiherr und Hochwohlgeboren, auf das Unglaublichste betheiligt hat, nicht zu reussiren vermocht. Erbaulich ist es, den Jubel des Volks, aber noch erbaulicher, den Grimm der Heuler mit an zu sehen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar215_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>15</author></bibl> Düsseldorf, 5. Februar.</head>
          <p>Die Befürchtungen Ihres Korrespondenten in dem Artikel vom 2. Febr. c. sind leider Wahrheit geworden. Bei der heute stattgehabten Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer in Elberfeld war es der demokratischen Partei bis Abgang des letzten Zuges nicht gelungen, auch nur einen ihrer Kandidaten durchzubringen. Mit einer ziemlich bedeutenden Majorität wurden zu Deputirten für die zweite Kammer gewählt die Kandidaten der konstitutionellen (reaktionären) Partei:</p>
          <list>
            <item>1) Joh. Abr. Schmidt, Weber.</item>
            <item>2) Aug. v. d. Heydt, pro tempore Minister Excellenz.</item>
            <item>3) Gustav Herrmann, Commis von Langenberg.</item>
            <item>4) Advokat-Anwalt Scherer von Düsseldorf.</item>
          </list>
          <p>Die Bemühungen der geschlossenen Phalaux unserer Wahlmänner haben den Sieg nicht erringen können. Wie ich Ihnen früher sagte, unsere Demokraten haben sich durch trügerische Vorspiegelungen, leichtsinnig abgefaßte Berichte etc. täuschen lassen und haben sich als ganz jämmerliche Schlafmützen gezeigt. Hätten unsere Wahlmänner von vorne herein energisch gegen eine so heterogene Zusammensetzung des Wahlkörpers protestirt und nöthigenfalls gar nicht gewählt, so hätten sie jetzt wenigstens nicht die Blamage erlebt, von der Höhe ihrer so mächtig ausposaunten Ueberlegenheit so grausam herabgestürzt worden zu sein. Trotz der überall auf das Bestimmteste mitgetheilten Aussage, daß bei den Urwahlen die Demokratie in Elberfeld glänzend gesiegt hätte, erleben wir jetzt den Beweis von dem Gegentheil. Zu dem Mangel an politischem Bewußtsein unter den Arbeitern des Wupperthales kommt nun noch, daß die Bourgeoisie kein Mittel unbenutzt gelassen hat, die Arbeiter für ihre Sache zu gewinnen. Bier, Wein, Schnaps sind den Wahlmännern aus dem Arbeiterstande auf's reichlichste sogar noch in dem Wahllokale gespendet worden, wo dies nicht anschlagen wollte, mußte Geld aushelfen und man spricht von bedeutenden Summen, die zu diesem Zwecke von der Bourgeoisie verwendet sein sollen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar215_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>131</author></bibl> Gladbach, 5. Febr.</head>
          <p>Heute Morgen hatten wir in Rheydt, dem bekannten Sitze des spezifischen Preußenthums, unsere Wahl zweier Abgeordneten der Kreise Gladbach und Grevenbroich. Von den 352 Wahlmännern fehlte kein Einziger. Ein Stimmzettel wurde zu wenig abgeliefert, deshalb war die absolute Majorität 176. Unser erster Kandidat, Dr. med. C. <hi rendition="#g">Bähren</hi>, erhielt 232 St. (Landrath v. Gudenau, Wahlkommissar, 113, Broich 5 und ein ungültiger Zettel).</p>
          <p>Unser zweiter Kandidat, Friedensrichter <hi rendition="#g">Broich</hi> von Grevenbroich, schon gut bekannt aus der aufgelösten Nationalversammlung, hatte von 352 Stimmen 228 (Landrath v. Gudenau 122, Lehrer Caspers 1 Stimme.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar215_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>20</author></bibl> Jülich, 4. Febr.</head>
          <p>Haben die Berliner ihren Helden Wrangel, die Düsseldorfer ihren Kommunisten Drygalsky und die Kölner ihren Engels, so haben auch wir jetzt unsern Helden. Der Geist des echten chevalier sans peur et sans reproche hat Gestalt angenommen und sich in die wattirte Uniform eines preuß. Lieutenants gezwängt.</p>
          <p>Hören Sie! In unserm Wochenblättchen hatte ein Herr von Rappard, Hochwohlgeborner Freiherr und Landwehr-Adjutant, den bekannten Kaplan v. Berg angegriffen. Hr. Berg hatte in seiner pikanten lakonischen Weise den Junker in der Antwort recht brav zurechtgewiesen. Darob erzürnte der jugendliche Held, wuthschnäubend zog er sein scharfes Schwert und schwur bei seinen 15 Ahnen, er müsse Genugthuung haben. Deshalb schickte er einen seiner Freunde, und ließ den Kaplan v. Berg auf Tod und Leben fordern.</p>
          <p>Als sich das Gerücht über diesen lieutnantlichen Durst nach Heldenthaten verbreitete, fand sich ein Mann aus dem mittleren Bürgerstande bewogen, den Muth des Junkers auf die Probe zu stellen. Hr. Br., ein Bierwirth und ganz ruhiger Bürger, ward über die Geschichte so erzürnt, daß er dem Hrn. v. Rappard einen Gang auf Degen anbot. Man wies den Mann jedoch ab, weil ein 15ahniger Lieutenant sich ja nicht mit einem Bierwirth schlagen könne; ein Junker gegen einen Bürger. Ah! c'était affreux. &#x2014; Doch hat die Sache noch eine andere Seite, der Bürger und Forderer nämlich hat seiner Zeit den spanischen Krieg und die afrikanischen Feldzüge mitgemacht und als ehemaliger französischer Prévôtd'armes soll er eine spitze Klinge führen. Ob der muthige Junker dem Bierwirth oder dem Prévôtd'armes eigentlich das Duell verweigert. Qui sait? die Sache spielt indessen noch fort; es sind noch mehr Forderungen für den Lieutenant eingelaufen, namentlich von Bauern der Umgegend, die sich zwar nicht auf Pistolen und Degen, desto besser aber auf ihre Fäuste und Stöcke verstehen. Unterdessen erklingen allnächtlich herrliche Katzenmusiken unter den Fenstern unseres Helden.</p>
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          <head><bibl><author>X</author></bibl> Aus dem Kreise Lennep, 4. Febr.</head>
          <p>Auch in unserer kleinen Hauptstadt und Umgebung hat in den letzten Jahren der Druck der Geldherrschaft und das Elend des schutzlos preisgegebenen Arbeiterstandes große Fortschritte gemacht. Zwar gibt es unter den Lenneper Fabrikherrn auch einige würdige Ausnahmen, die einer volksfreundlichen Richtung zugethan sind; aber sie allein vermögen nicht gegen das herrschende System der Arbeiter-Ausbeutung mit Erfolg anzukämpfen. Die in neuerer Zeit entstandenen Arbeitervereine zu Lennep, Vogelsmühle, Beimburg, Hückeswagen, wirken zwar sehr erfreulich, um den Arbeiterstand aus dem Schlamme der Unwissenheit und des Elends zum Bewußtsein seiner Menschenwürde zu erheben, und einer Verbesserung seiner Lage herbeizuführen; aber dafür sind sie auch ein Gegenstand des Hasses und der Verfolgung der Herren Fabrik-Pascha's geworden. Ich könnte Mancherlei davon berichten, in welcher Weise man das Bestehen und Wachsen der Vereine zu verhindern, und Alles von denselben fern zu halten sucht, was einer paschafeindlichen Richtung nur irgend Nahrung geben könnte. Ich begnüge mich indeß, für diesmal eine einzelne Thatsache zur Anzeige zu bringen, die auch auf's Ganze einiges Licht wirft. Sie betrifft die ärztlichen Verhältnisse des den Herrn Schürmann und Schröder zugehörigen Etablissements zu Vogelsmühle. Bekanntlich bestehen für die einzelnen Etablissements Kranken-Laden, welche aus den wöchentlichen Beiträgen der betheiligten Arbeiter die medizinischen Bedürfnisse der Letztern bestreiten. Die Verwaltung dieser Arbeiter-Fonds wird aber nicht von den zahlenden Arbeitern, sondern von den Fabrikherren, welche freilich auch mitunter die Kasse mit Allergnädigsten Geschenken unterstützen, mit unumschränkter Souveränetät ausgeübt. Der Fabrikherr stellt den Laden-Vorsteher an; der Fabrikherr gibt durch denselben den Patienten den Erlaubnißschein zum Gebrauchen eines Arztes. Was aber noch mehr ist, der Fabrikherr erlaubt es diesen Krankenvereinen nicht, sich selber den Arzt ihres Vertrauens zu wählen und anzustellen, obgleich er mit ihrem Gelde besoldet wird, sondern wieder ist es der souveräne Fabrikherr, der dieses Recht ausübt. An dem Vogelsmühler Etablissement war nun seither ein sehr wackerer und beliebter Lenneper Arzt zur Behandlung der zur Lade gehörenden Kranken angestellt, mit einem Jahrgehalte von etwa 75 Thlr. Dieser Arzt aber traf unter Genehmigung der Herren Schürmann und Schröder mit einem benachbarten Kollegen die Uebereinkunft, das Vogelsmühler Etablissement gemeinschaftlich zu behandeln. Obwohl nun gedachter Lenneper Arzt im vorigen Jahre an einen andern Ort verzog, so wurden doch von ihm die Verbindlichkeiten dieser Uebereinkunft auf seinen Nachfolger übertragen, und zwar wiederum mit Genehmigung der Herren Schürmann und Schröder. Das Verhältniß jenes benachbarten Arztes zur Krankenlade von Vogelsmühle gegenüber dem neuen Lenneper Kollegen blieb daher ganz das frühere, und würde auch, da Letzterer das Fortbestehen desselben aufrichtig wünscht, um so eher ferner bestanden haben, da der benachbarte Arzt bei den Fabrikarbeitern sehr beliebt, und noch nie die mindeste Beschwerde gegen ihn von irgend einer Seite erhoben worden ist. Aber dieser Arzt hält es nicht unter seiner Würde, auch mit geringen Arbeitern sich über soziale und politische Angelegenheiten zu unterhalten, und genießt namentlich bei den Arbeitern zu Vogelsmühle ein solches Vertrauen, daß sie ihm die Präsidentschaft in ihrem Vereine antrugen. Solcher Kredit war hinreichend, um ihn bei den als Geldmänner vom reinsten Wasser bekannten Herren Schürmann und Schröder außer Kredit zu setzen. Sie nahmen es sich heraus, den gedachten Lenneper Arzt dazu anzuhalten, daß er den mit seinem Kollegen eingegangenen Kontrakt Behufs gemeinschaftlicher Behandlung der Vogelsmühler Lade kündigte. Er soll's mit Widerstreben gethan haben, weil sonst die gestrengen Herren beide Aerzte ihres Dienstes entlassen hätten. Und die Arbeiter? &#x2014; Rechts- und schutzlos, wie sie sind, müssen sie auch dieses über sich ergehen lassen. Auch in ihren eigensten Angelegenheiten, auch in der Vorsorge für ihre Gesundheit wird die Stimme ihres Vertrauens weder erfragt noch gehört.</p>
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          <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 4. Febr.</head>
          <p>Die letzten Berathungen des Central-Comite haben die Kandidaturen für die morgenden Wahlen festgestellt. Es werden gewählt werden: <hi rendition="#g">Waldeck</hi> und <hi rendition="#g">Jakobi</hi> zwei mal, <hi rendition="#g">Temme, Berends, Phillips</hi> und <hi rendition="#g">Rodbertus</hi> viermal. &#x2014; Als Stadtgerüchte und eben nur als solche, theilen wir folgende Versionen über die Feldzugspläne des Ministeriums für die nächste Zeit mit. Die Aufhebung des Belagerungszustandes soll nun doch erst nach dem 18. März erfolgen. Die Art und Weise wird jedoch verschieden angegeben. Die Einen erzählen, die Zusammenberufung der Kammern selbst werde bis zu diesem Termin verschoben werden, und zwar unter dem Vorwande, daß die Sitzungslokale noch nicht vollendet seien. Nach Andern dagegen werden die Kammern zwar am 26. d. zusammentreten, die Regierung wird ihnen aber sofort erklären, die Aufhebung des Belagerungszustandes könne erst nach Emanirung des Preß- und des Clubgesetzes erfolgen; das Ministerium habe aber so wichtige Gesetze nicht oktroyiren wollen. Die Kammern sollten daher dieselbe sofort und noch vor der Verfassungsrevision in Berathung nehmen. Auch auf ein Mißtrauensvotum Seitens der zweiten Kammer soll das Ministerium gefaßt sein; soll aber für diesen Fall die folgende nagelneue Theorie des konstitutionellen Systems ausgesonnen haben. Das Mißtrauensvotum <hi rendition="#g">einer</hi> Kammer kann für das Kabinet eben sowenig maßgebend sein, als der Beschluß einer Kammer an und für sich Gesetzeskraft haben kann.</p>
          <p>Vorgestern wurde dem hiesigen Büchsenfabrikant <hi rendition="#g">Schubert</hi>, dessen Verhaftung wir vor etwa sechs Wochen gemeldet haben,
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[1179/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 215. Köln, Mittwoch den 7. Februar. 1849. Vierteljähriger Abonnementspreis in Köln 1 Thlr. 7 Sgr., bei allen preußischen Postanstalten 1 Thlr. 17 Sgr. — Im Auslande wende man sich: in Belgien an die betreffenden Postanstalten; in London an W. Thomas, 21 Catherine-Street, Strand; in Paris an W. Thomas, 38 Rue Vivienne, und an A. Havas, 3 Rue Jean Jacques Rcusseau. Insertionen werden mit 18 Pf. die Petitzeile oder deren Raum berechnet. Auskunft, Annahme und Abgabe chiffrirter Briefe gratis. Nur frankirte Briefe werden angenommen. Expedition Unter Hutmacher Nro. 17. Uebersicht. Deutschland. Köln, Bonn, Koblenz, Mayen, Kreis Rheinbach, Aachen, Düren, Gladbach, Düsseldorf. (Ausfall der Wahlen). Jülich. (Der Kaplan v. Berg, ein thatendurstiger Lieutenant, ein Bierwirth und mehrere Bauern). Aus dem Kreise Lennep. (Die Fabrikpascha's und ihre Arbeiter). Berlin. (Vermischtes). Wien. (Eine neue Proklamation Welden's wegen Verheimlichung von Waffen. — Berurtheilungen). Kremsier. (Der Reichstag. — Pitteri über §. 6 der „Grundrechte“). Posen. (Die Wahlbewegung, die Reaktion und die Deutsch-Demokraten). Colberg. (Verfahren gegen einen Lieutenant als demokratischen Wahlmann). Weimar. (Heldenthaten der reußischen „Reichs“-Truppen). Frankfurt. (Spekulation mit der „Deutschen Zeitung“). Ungarn. Pesth. (Wrbna's Proklamation. — Erschießung). Großbritannien. London. (Gedächtnißfeier zu Ehren Thom. Paine's. — Die Parlaments-Soirée des Volkes. — Guter Rath für Auswanderer nach Californien). Französische Republik. Paris. (Das royalistische Komplott. — Contrepolizeilicher Bericht über das Komplott. — Die föderalistischen Gironde-Mucker. — Das Napoleonscomité. — Der Antrag des Deputirten Brives. — Vermischtes). Italien. Rom. (Die Wahlen. — Tag für Eröffnung der Constituante). Turin. (Protest gegen die östreichischen Verletzungen des Waffenstillstandes). Vor Venedig. (Die Bandiera-Moro-Legion. — Der Geist unter den Bürgern Venedig's). Rußland. Moskau (Der neue Kreml). Deutschland. 068 Köln, 6. Februar. Das Resultat unserer gestrigen Wahlen war folgendes: Hr. Kyll ging im ersten Skrutinium mit 226 Stimmen gegen 116 (für Hrn. Wittgenstein) durch. Bei der Wahl des zweiten Abgeordneten erhielten im ersten Skrutinium die Herren Schneider II. 168 Stimmen, Raveaux 55 Stimmen, Wittgenstein 122 Stimmen, und Pellmann und Thesmar je eine Stimme. Vor dem zweiten Skrutinium erklärte Hr. Raveaux, er trete zurück, und nun erhielt Schneider 219, Wittgenstein 120, Raveaux 1 Stimme, und Schneider war somit erwählt. Die Wahl Schneiders hat ihre Bedeutung, insofern Schneider Präsident des rheinischen demokratischen Kreisausschusses ist und sich als solcher bei der Steuerverweigerungsagitation stark betheiligt hat. Er, Marx und Schapper werden deshalb am 8. d. M., der Aufforderung zur Rebellion angeklagt, vor den Geschwornen erscheinen. Die Wahl Schneiders ist also ein offizieller, direkter Sieg der Demokratie. Im Landkreis Köln und Kreis Mülheim ist Gladbach gegen Aldenhoven in der Minorität geblieben und als zweiter Abgeordneter Pfarrer Elkemann gewählt, der zuletzt den Landkreis Köln in der Vereinbarungskammer vertrat. Die Beseitigung Gladbachs ist möglich geworden durch die monströse Allianz der Partei Elkemann (linkes Centrum) mit der Fraktion der oktroyirten Verfassung. Wir hoffen indeß, daß es dieser schmählichen Partei-Combination keineswegs gelingen wird, einen der tüchtigsten, entschiedensten, zuverlässigsten und talentvollsten Abgeordneten der letzten Versammlung aus der Kammer zu entfernen. Wenn Gladbach nicht an einem andern Ort gewählt wird, so ist es die Pflicht aller entschieden demokratischen Wahlkollegien, die wegen Doppelwahlen abermals zusammentreten müssen, ihre Stimmen vor allen Dingen auf Gladbach zu lenken. 4 Bonn, 6. Februar. Zu Abgeordneten wurden gestern ernannt: Kinkel, Becker, Schornbaum. Koblenz, 5. Febr., 1/2 1 Uhr. Bei der Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer wurden eben die Kandidaten des Vereins für volksthümliche Wahlen, 1) Friedensrichter Grebel in St. Goir, mit 274 gegen 80, also circa 4/5 sämmtlicher Votirenden, sowie 2) der Gutsbesitzer Raffauf in Wolken, ebenfalls mit sehr großer Majorität, gegen die Kandidaten des Schwarzweißthums durchgesetzt. Dieselben Männer, welche schon ihr Urtheil über die Gewaltstreiche vom November letzthin ausgesprochen haben, sind also berufen, auch jetzt wieder dieselben Kreise zu vertreten. (Rh.- u. M.-Z.) 104 Mayen, 5. Febr. Wir übersenden Ihnen hiermit die für die Demokraten höchst erfreuliche Nachricht, daß bei der eben stattgefundenen Wahl Hr. Dr. D'Ester aus Köln als Abgeordneter aus der Wahlurne hervorgegangen ist. Ueber das Resultat in Betreff des zweiten Deputirten werden wir Ihnen erst mit nächster Post berichten können. 301 Kreis Rheinbach, 5. Februar. Wir haben heute folgende Deputirte erwählt: Koerffgen, Esser (Ober-Revisions-Rath). Aachen, 5. Febr. Zu den heute stattgefundenen Wahlen für die zweite Kammer hatten sich 510 Wahlmänner eingefunden. Nachdem eine geraume Zeit dazu verbraucht worden, Reklamationen gegen mehre Wahlen von Wahlmännern zu erledigen, wurde zum Scrutinium über die drei hier zu wählenden Abgeordneten selbst geschritten. Bei der ersten Abstimmung erreichte Niemand die absolute Majorität von 256 Stimmen. Hr. Regierungspräsident Kühlwetter erhielt 253, Hr. Staatsprokurator Schornbaum aus Koblenz 248. Neun Stimmen zersplitterten sich. Bei der Nachmittags vorgenommenen engeren Wahl erhielt Hr. Schornbaum 252 Stimmen, Hr. Kühlwetter 247. Herr Schornbaum wurde demnach zum Abgeordneten erklärt. Bei der zweiten Wahl waren 504 Wahlmänner anwesend. Absolute Majorität 253. Bei der ersten Abstimmung erhielt Herr Kaplan v. Berg 271, Hr. the Losen aus Eupen 232 Stimmen, Hr. Dr. Jacobs Eine. Hr. v. Berg wurde zum Abgeordneten prokamirt. Die dritte Wahl beginnt bei Schluß des Blattes (7 Uhr Abds). (Aachener Ztg.) 136 Düren, 5. Febr. Ich schreibe Ihnen aus der Wahlmännerversammlung. Der Akt ist beendigt, der Sieg hat sich entschieden auf die Seite der Demokratie geneigt. Kaplan v. Berg, der bekannte Steuerverweigerer, hatte im ersten Skrutinium eine glänzende Majorität gegen den „Heuler“ Stupp von Köln; die zweite Wahl fiel nach dreimaligem Skrutinium auf einen hiesigen Bürger, Hrn. Jakob Müdersheim, einen entschiedenen Demokraten. Freund Stupp, der vielgeliebte, hat sich nur bis zu 111 Stimmen emporschwingen können. Der Regierungsrath Ritz hat auch trotz allem Klüngeln, woran sich der Hr. v. Mylius, Freiherr und Hochwohlgeboren, auf das Unglaublichste betheiligt hat, nicht zu reussiren vermocht. Erbaulich ist es, den Jubel des Volks, aber noch erbaulicher, den Grimm der Heuler mit an zu sehen. 15 Düsseldorf, 5. Februar. Die Befürchtungen Ihres Korrespondenten in dem Artikel vom 2. Febr. c. sind leider Wahrheit geworden. Bei der heute stattgehabten Wahl der Abgeordneten zur zweiten Kammer in Elberfeld war es der demokratischen Partei bis Abgang des letzten Zuges nicht gelungen, auch nur einen ihrer Kandidaten durchzubringen. Mit einer ziemlich bedeutenden Majorität wurden zu Deputirten für die zweite Kammer gewählt die Kandidaten der konstitutionellen (reaktionären) Partei: 1) Joh. Abr. Schmidt, Weber. 2) Aug. v. d. Heydt, pro tempore Minister Excellenz. 3) Gustav Herrmann, Commis von Langenberg. 4) Advokat-Anwalt Scherer von Düsseldorf. Die Bemühungen der geschlossenen Phalaux unserer Wahlmänner haben den Sieg nicht erringen können. Wie ich Ihnen früher sagte, unsere Demokraten haben sich durch trügerische Vorspiegelungen, leichtsinnig abgefaßte Berichte etc. täuschen lassen und haben sich als ganz jämmerliche Schlafmützen gezeigt. Hätten unsere Wahlmänner von vorne herein energisch gegen eine so heterogene Zusammensetzung des Wahlkörpers protestirt und nöthigenfalls gar nicht gewählt, so hätten sie jetzt wenigstens nicht die Blamage erlebt, von der Höhe ihrer so mächtig ausposaunten Ueberlegenheit so grausam herabgestürzt worden zu sein. Trotz der überall auf das Bestimmteste mitgetheilten Aussage, daß bei den Urwahlen die Demokratie in Elberfeld glänzend gesiegt hätte, erleben wir jetzt den Beweis von dem Gegentheil. Zu dem Mangel an politischem Bewußtsein unter den Arbeitern des Wupperthales kommt nun noch, daß die Bourgeoisie kein Mittel unbenutzt gelassen hat, die Arbeiter für ihre Sache zu gewinnen. Bier, Wein, Schnaps sind den Wahlmännern aus dem Arbeiterstande auf's reichlichste sogar noch in dem Wahllokale gespendet worden, wo dies nicht anschlagen wollte, mußte Geld aushelfen und man spricht von bedeutenden Summen, die zu diesem Zwecke von der Bourgeoisie verwendet sein sollen. 131 Gladbach, 5. Febr. Heute Morgen hatten wir in Rheydt, dem bekannten Sitze des spezifischen Preußenthums, unsere Wahl zweier Abgeordneten der Kreise Gladbach und Grevenbroich. Von den 352 Wahlmännern fehlte kein Einziger. Ein Stimmzettel wurde zu wenig abgeliefert, deshalb war die absolute Majorität 176. Unser erster Kandidat, Dr. med. C. Bähren, erhielt 232 St. (Landrath v. Gudenau, Wahlkommissar, 113, Broich 5 und ein ungültiger Zettel). Unser zweiter Kandidat, Friedensrichter Broich von Grevenbroich, schon gut bekannt aus der aufgelösten Nationalversammlung, hatte von 352 Stimmen 228 (Landrath v. Gudenau 122, Lehrer Caspers 1 Stimme. 20 Jülich, 4. Febr. Haben die Berliner ihren Helden Wrangel, die Düsseldorfer ihren Kommunisten Drygalsky und die Kölner ihren Engels, so haben auch wir jetzt unsern Helden. Der Geist des echten chevalier sans peur et sans reproche hat Gestalt angenommen und sich in die wattirte Uniform eines preuß. Lieutenants gezwängt. Hören Sie! In unserm Wochenblättchen hatte ein Herr von Rappard, Hochwohlgeborner Freiherr und Landwehr-Adjutant, den bekannten Kaplan v. Berg angegriffen. Hr. Berg hatte in seiner pikanten lakonischen Weise den Junker in der Antwort recht brav zurechtgewiesen. Darob erzürnte der jugendliche Held, wuthschnäubend zog er sein scharfes Schwert und schwur bei seinen 15 Ahnen, er müsse Genugthuung haben. Deshalb schickte er einen seiner Freunde, und ließ den Kaplan v. Berg auf Tod und Leben fordern. Als sich das Gerücht über diesen lieutnantlichen Durst nach Heldenthaten verbreitete, fand sich ein Mann aus dem mittleren Bürgerstande bewogen, den Muth des Junkers auf die Probe zu stellen. Hr. Br., ein Bierwirth und ganz ruhiger Bürger, ward über die Geschichte so erzürnt, daß er dem Hrn. v. Rappard einen Gang auf Degen anbot. Man wies den Mann jedoch ab, weil ein 15ahniger Lieutenant sich ja nicht mit einem Bierwirth schlagen könne; ein Junker gegen einen Bürger. Ah! c'était affreux. — Doch hat die Sache noch eine andere Seite, der Bürger und Forderer nämlich hat seiner Zeit den spanischen Krieg und die afrikanischen Feldzüge mitgemacht und als ehemaliger französischer Prévôtd'armes soll er eine spitze Klinge führen. Ob der muthige Junker dem Bierwirth oder dem Prévôtd'armes eigentlich das Duell verweigert. Qui sait? die Sache spielt indessen noch fort; es sind noch mehr Forderungen für den Lieutenant eingelaufen, namentlich von Bauern der Umgegend, die sich zwar nicht auf Pistolen und Degen, desto besser aber auf ihre Fäuste und Stöcke verstehen. Unterdessen erklingen allnächtlich herrliche Katzenmusiken unter den Fenstern unseres Helden. X Aus dem Kreise Lennep, 4. Febr. Auch in unserer kleinen Hauptstadt und Umgebung hat in den letzten Jahren der Druck der Geldherrschaft und das Elend des schutzlos preisgegebenen Arbeiterstandes große Fortschritte gemacht. Zwar gibt es unter den Lenneper Fabrikherrn auch einige würdige Ausnahmen, die einer volksfreundlichen Richtung zugethan sind; aber sie allein vermögen nicht gegen das herrschende System der Arbeiter-Ausbeutung mit Erfolg anzukämpfen. Die in neuerer Zeit entstandenen Arbeitervereine zu Lennep, Vogelsmühle, Beimburg, Hückeswagen, wirken zwar sehr erfreulich, um den Arbeiterstand aus dem Schlamme der Unwissenheit und des Elends zum Bewußtsein seiner Menschenwürde zu erheben, und einer Verbesserung seiner Lage herbeizuführen; aber dafür sind sie auch ein Gegenstand des Hasses und der Verfolgung der Herren Fabrik-Pascha's geworden. Ich könnte Mancherlei davon berichten, in welcher Weise man das Bestehen und Wachsen der Vereine zu verhindern, und Alles von denselben fern zu halten sucht, was einer paschafeindlichen Richtung nur irgend Nahrung geben könnte. Ich begnüge mich indeß, für diesmal eine einzelne Thatsache zur Anzeige zu bringen, die auch auf's Ganze einiges Licht wirft. Sie betrifft die ärztlichen Verhältnisse des den Herrn Schürmann und Schröder zugehörigen Etablissements zu Vogelsmühle. Bekanntlich bestehen für die einzelnen Etablissements Kranken-Laden, welche aus den wöchentlichen Beiträgen der betheiligten Arbeiter die medizinischen Bedürfnisse der Letztern bestreiten. Die Verwaltung dieser Arbeiter-Fonds wird aber nicht von den zahlenden Arbeitern, sondern von den Fabrikherren, welche freilich auch mitunter die Kasse mit Allergnädigsten Geschenken unterstützen, mit unumschränkter Souveränetät ausgeübt. Der Fabrikherr stellt den Laden-Vorsteher an; der Fabrikherr gibt durch denselben den Patienten den Erlaubnißschein zum Gebrauchen eines Arztes. Was aber noch mehr ist, der Fabrikherr erlaubt es diesen Krankenvereinen nicht, sich selber den Arzt ihres Vertrauens zu wählen und anzustellen, obgleich er mit ihrem Gelde besoldet wird, sondern wieder ist es der souveräne Fabrikherr, der dieses Recht ausübt. An dem Vogelsmühler Etablissement war nun seither ein sehr wackerer und beliebter Lenneper Arzt zur Behandlung der zur Lade gehörenden Kranken angestellt, mit einem Jahrgehalte von etwa 75 Thlr. Dieser Arzt aber traf unter Genehmigung der Herren Schürmann und Schröder mit einem benachbarten Kollegen die Uebereinkunft, das Vogelsmühler Etablissement gemeinschaftlich zu behandeln. Obwohl nun gedachter Lenneper Arzt im vorigen Jahre an einen andern Ort verzog, so wurden doch von ihm die Verbindlichkeiten dieser Uebereinkunft auf seinen Nachfolger übertragen, und zwar wiederum mit Genehmigung der Herren Schürmann und Schröder. Das Verhältniß jenes benachbarten Arztes zur Krankenlade von Vogelsmühle gegenüber dem neuen Lenneper Kollegen blieb daher ganz das frühere, und würde auch, da Letzterer das Fortbestehen desselben aufrichtig wünscht, um so eher ferner bestanden haben, da der benachbarte Arzt bei den Fabrikarbeitern sehr beliebt, und noch nie die mindeste Beschwerde gegen ihn von irgend einer Seite erhoben worden ist. Aber dieser Arzt hält es nicht unter seiner Würde, auch mit geringen Arbeitern sich über soziale und politische Angelegenheiten zu unterhalten, und genießt namentlich bei den Arbeitern zu Vogelsmühle ein solches Vertrauen, daß sie ihm die Präsidentschaft in ihrem Vereine antrugen. Solcher Kredit war hinreichend, um ihn bei den als Geldmänner vom reinsten Wasser bekannten Herren Schürmann und Schröder außer Kredit zu setzen. Sie nahmen es sich heraus, den gedachten Lenneper Arzt dazu anzuhalten, daß er den mit seinem Kollegen eingegangenen Kontrakt Behufs gemeinschaftlicher Behandlung der Vogelsmühler Lade kündigte. Er soll's mit Widerstreben gethan haben, weil sonst die gestrengen Herren beide Aerzte ihres Dienstes entlassen hätten. Und die Arbeiter? — Rechts- und schutzlos, wie sie sind, müssen sie auch dieses über sich ergehen lassen. Auch in ihren eigensten Angelegenheiten, auch in der Vorsorge für ihre Gesundheit wird die Stimme ihres Vertrauens weder erfragt noch gehört. X Berlin, 4. Febr. Die letzten Berathungen des Central-Comite haben die Kandidaturen für die morgenden Wahlen festgestellt. Es werden gewählt werden: Waldeck und Jakobi zwei mal, Temme, Berends, Phillips und Rodbertus viermal. — Als Stadtgerüchte und eben nur als solche, theilen wir folgende Versionen über die Feldzugspläne des Ministeriums für die nächste Zeit mit. Die Aufhebung des Belagerungszustandes soll nun doch erst nach dem 18. März erfolgen. Die Art und Weise wird jedoch verschieden angegeben. Die Einen erzählen, die Zusammenberufung der Kammern selbst werde bis zu diesem Termin verschoben werden, und zwar unter dem Vorwande, daß die Sitzungslokale noch nicht vollendet seien. Nach Andern dagegen werden die Kammern zwar am 26. d. zusammentreten, die Regierung wird ihnen aber sofort erklären, die Aufhebung des Belagerungszustandes könne erst nach Emanirung des Preß- und des Clubgesetzes erfolgen; das Ministerium habe aber so wichtige Gesetze nicht oktroyiren wollen. Die Kammern sollten daher dieselbe sofort und noch vor der Verfassungsrevision in Berathung nehmen. Auch auf ein Mißtrauensvotum Seitens der zweiten Kammer soll das Ministerium gefaßt sein; soll aber für diesen Fall die folgende nagelneue Theorie des konstitutionellen Systems ausgesonnen haben. Das Mißtrauensvotum einer Kammer kann für das Kabinet eben sowenig maßgebend sein, als der Beschluß einer Kammer an und für sich Gesetzeskraft haben kann. Vorgestern wurde dem hiesigen Büchsenfabrikant Schubert, dessen Verhaftung wir vor etwa sechs Wochen gemeldet haben,

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 215. Köln, 7. Februar 1849, S. 1179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz215_1849/1>, abgerufen am 28.03.2024.