Neue Rheinische Zeitung. Nr. 207. Köln, 28. Januar 1849. Beilage.Beilage zu Nr. 207 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 28. Januar 1849. [Deutschland] Hierauf werden folgende §§ in Bausch und Bogen ohne Diskussion angenommen. §. 9. Hiermit ist der Abschnitt "vom Reichsoberhaupt" vollbracht (wohl bekomm's!) -- Die Sitzung wird um 2 Uhr geschlossen. Morgen mehr. Ungarn. 068 Pesth, 19. Jan. Der königliche Commissär Havas hat gestern Nachmittag nachstehende Kundmachung erlassen: "Es wird hiemit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Ausfuhr aller Getreidegattungen aus Ofen und Pesth verboten wurde, und daß die bei den Mauthlinien aufgestellten k. k. Unteroffiziere angewiesen sind, die genaue Befolgung dieser Anordnung streng zu überwachen." Polen. Czernovic, 12. Jan. Heute wurde ein Bauer aus der Umgebung hier eingebracht, wegen Widerstandversuchen gegen das Dominium und Kreisamt, der sich bei seinem Eintreffen vor dem hiesigen Rathhause auf chinesische Manier den Bauch aufschlitzte, was einen grausenerregenden Anblick gewährte, und einen völligen Auflauf zur Folge hatte. (Kost. Bl.)Italien. Rom, 16. Jan. Alles beschäftigt sich mit den Wahlen. Nur im Kriegsministerium arbeitet man an andern Dingen. Garibaldi schickt sich an, mit einem starken Korps die neapolitanische Gränze zu überwachen und beim ersten Anlaß gegen Neapel, wohin ihn viele Einverständnisse rufen, loszurücken. Ponte-Corvo hat sich vom Kirchenstaat losgesagt. [unleserliches Material]90 Karrabiniers haben Reißaus genommen. Der republikanische Geist erwacht täglich stärker. Aus Turin erfährt man unterm 21. Januar, daß Radetzki Mailand verlassen, um gegen Venedig in der Richtung von Piacenza zu operiren. 068 Rom, 15. Jan. Der Wohlfahrtsausschuß hat bereits in Rom seine Amtsverrichtungen begonnen. Aehnliche Ausschüsse bilden sich in allen Provinzen des Kirchenstaates. Wie man weiß, hat dieser Ausschuß keinen andern Zweck, als die Zusammenberufung der Constituirenden Versammlung zu fördern, und alle diejenigen zur Strafe zu ziehen, welche etwa einer durch den allgemeinen Volkswillen zusammentretenden Kammer Hindernisse in den Weg legen wollten. Nichts desto weniger ist die Intrigue allenthalben thätig. So hat der Kardinal Baluffi ein Rundschreiben ergehn lassen, worin er ermahnt, ja nicht an Wahlen Theil zu nehmen, die von der Kirche und dem Pabste nicht sanctionirt werden könnten. Ein Volk, welches den Bannfluch verschmäht, kümmert sich auch nicht um die Sanktion. Päbstlicher Fluch und päbstlicher Segen konnten im Mittelalter wirken; aber jetzt, im Freiheitskampfe gegen Windischgrätz, Radetzky? Was den Pabst selbst anbetrifft, so hatten wir unrecht, wenn wir sagten, er sitze in Gaeta in einer doppelten Festung; er sitzt in einer dreifachen Festung; denn unter den Kardinälen selbst haben sich zwei Parteien gebildet, deren jede für sich die Politik "des guten aber schwachen Willens" exploitirt. Die Spaltung zwischen Antonelli und Ferretti kann nicht mehr in Abrede gestellt werden. * Rom, 15. Jan. Garibaldi ist in Fermo, nicht weit von der neapolitanischen Gränze. Es ist ihm der Befehl zugegangen, einige 1000 Mann von Ankona und aus den Legationen um sich zu versammeln und auf das erste Zeichen (wenn neapolitanische Truppen einrücken sollten), sofort ins feindliche Gebiet einzufallen und jenseits der Apenninen den Aufstand zu organisiren. * Neapel, 13. Jan. Endlich hat die Regierung beschlossen, daß die schweizerischen Angehörigen, die bei dem Bombardement und der offiziellen Plünderung Verluste erlitten, entschädigt werden sollen. Der "Bombardatore" braucht abermals einige neue Schweizerregimenter; daher die jetzige Gefälligkeit! Französische Republik. 17 Paris, 25. Jan. Ein Banket des 6. Arondissement fand neulich im Valentinosaal statt; es sprachen Thore, Bernard, Dain (Volksrepräsentant), Herve, Pierre Leroux, Lachambaudin, Turgard, beides Socialdichter, Lagrange, Volksrepräsentant, und der amerikanische Socialist Brisbane; die philharmonische Sängergesellschaft der "Söhne von Paris" wirkte wie gewöhnlich mit. -- Das Zuschließen der Klubs wird Mode; gestern sperrte Militär den der Fraternite; man braucht dazu Mobilisten und Garde republicaine, letztere wird ganz eine alte Municipalgarde. Die Legitimisten sind guter Dinge, seit ihr lieber Bruder Falloux Unterrichtsminister ist. Die henricinquistische "Hermine" (zu deutsch das Hermelin) in der Vendee sagt in der letzten Nummer: "nur noch etwas Geduld, und die heiligen, ewigen, durch Gott, Natur und Christenthum uns Franzosen seit Jahrhunderten theuren Nationalwünsche, Volksneigungen und Volksabneigungen (unter diesem Wortschwall versteht die Partei weiter nichts als Jesuitenkönigthum) werden endlich ihre vollständige Realisirung finden; die Uebergangsformen werden abgenutzt sein, in Staub zerfallen, und Frankreichs Volk wird endlich zu sich selbst zurückkehren." Nämlich zum Jesuitenkönig Henri V. Der "Messager du Midi", ein ultramontanes, aber einst sehr cavaignac'sches, und heute bonapartisches Blatt, leugnet dies insofern, als es die orleanistischen Manöver für weit gefährlicher schildert; "Bonaparte ist bedroht, und zwar insonderheit von den Joinvillisten, die keine Herzogin v. Orleans, wohl aber deren Knaben, den Grafen v. Paris nebst dessen Oheim Prinz Joinville, auf den Präsidentenstuhl erheben wollen. Dazu soll eben die jetzige Kammer nach Hause fahren, und die Wahlumtriebe der Königlichen sollen eben mit Beihülfe der Präfekten eine orleanistische Nationalassemblee zusammenbringen. Auch schmeicheln sich diese Orleanisten mit dem Beistande der obersten Militärkommandirenden. Mit der Nationalgarde von Paris hofft man schon ohne Mühe umzuspringen, da sie dem Kommando gehorcht." Vom Herrn Unterrichtsminister Falloux sagt der "Democrate du Rhin" in Straßburg: "Er ist noch jung, sehr jung, aber ein würdiger Sohn der Kreuzritter. Als Schriftsteller hat er sich arge Geschichtsfälschungen herausgenommen; in der Biographie Louis XVI. hat er die Philosophie, die Freiheitssehnsucht des 18. Jahrhunderts schimpflich verleumdet. Dieser schriftstellernde Unterrichtsminister Frankreichs behauptet, seit dem 16. Jahrhundert habe die Menschheit stillgestanden, ja sie sei zurückgesunken von Stufe zu Stufe und endlich in jenem Abgrunde des 18. Jahrhunderts angelangt. Dies sind seine buchstäblichen Worte. Alles Gute kommt aus der katholischen Kirche, alles Uebel aus dem ketzerischen Prüfungsstreben, das zur Philosophie führt. Dem Katholizismus wird in Falloux'schen Büchern eine freiharmonische Wirksamkeit, eine Schutzthätigkeit zugeschrieben, die gegen die protestantische Unterdrückungswuth glorreich abstechen. Nebenher ertönen Liebesseufzer für die Väter Jesu, und wer dies Opus liest, muß der feuerliebenden Inquisition um den Hals fallen und einsehen, daß die grande politique hinführo in eiligem Rückschreiten zur Vergangenheit besteht; z B. Napoleon der Kaiser hat Aegypten der Christenkirche eröffnet, ohne es zu ahnden, und nun ist es an uns, die katholische Flagge auf die Gipfel der Pyramiden aufzuziehen. So steht's. Und wer noch Zweifel hat, dem wirft Herr Falloux folgenden Satz an den Schädel: " "Rom's Kirche organisirte Europa als großartige Monarchie, und in dieser Monarchie lernten von der Kirche aus alle Staatsgewalten, all Völker Mäßigung und Ordnung und das Gelernte ging ihnen in Fleisch und Blut und Mark über" ". Die Inquisition kann, nach Herrn Falloux nicht in diesem skeptischen Zeitalter beurtheilt werden; ""die Völker sagt er, wurden im Frieden der Orthodoxie erhalten, wenn damals ein Ketzer getödtet ward, denn seine Irrthümer gingen fast stets mit ihm unter""; was obenein ein grober Geschichtsschnitzer. Hierauf ergeht sich der Autor in einer unabsehlichen Reihe von Verunglimpfungen der 89ger Revolution, etwa wie Nösselt's Geschichte für "Töchter höherer Stände." Dieser Mann ist zwei Jahre nach Verfassung jenes Buches republikanischer Unterrichtsminister geworden. Die Todten reiten schnell! Paris, 25. Januar. Der Moniteur enthält heute die Ernennungen von nicht weniger als 55 neuen Präfekten und Unterpräfekten. Sie sind meist alte Beamte von Louis Philipp -- Die Erbitterung der Oppositionsblätter gegen diese Ernennungen ist sehr groß. Die "Liberte" z. B. sagt: "Welche Auswahl in einem Augenblick, wo so viele ächte Franzosen der Republik ihre Dienste anbieten und ohne bestimmtes Einkommen darben?! Welch' skandalöse Verletzung alles Anstandes, die einer beleidigenden Hintansetzung unserer Nationalsusceptibilitäten gleichkommt, weil sie sogar Ausländer (Rossi) den Eingebornen vorzieht!! Wir werden morgen dieses schändliche Anhängsel zum Testamente des im Todesröcheln liegenden Barrot'schen Ministeriums einer näheren Kritik unterworfen." Auch die übrigen Journale machen ihrem Grolle in ähnlicher Weise Luft. -- Die ultra-napoleonistische "Liberte" erklärt die Behauptung der "Patrie" und eine Menge anderer Blätter, wonach Boulay, Vicepräsident, in der vollkommensten Harmonie mit dem Ministerium lebe, für eine Erfindung. Hr. Boulay habe nur seine Visitenkarte bei den Ministern abgegeben -- eine Höflichkeit, der er sich unmöglich entziehen konnte. Man bedenke, daß die Liberte mit Hr. Boulay auf sehr vertrautem Fuße steht. -- Heute Vormittags wurde der legitimistische Journalisten und Agitatoren Congreß in der Rue Duphot eröffnet. Es sind etwa 200 Mitglieder anwesend. -- Die Nationalversammlung wählte heute Mittags in ihren Abtheilungen die Commission, welche das Fallouxsche Gesetz wegen der neuen Administrativfachwissenschafts-Collegien an den Universitaten, statt der Verwaltungsschulen, zu prüfen hat. Auch diese Commission ist ganz dem Minister feindlich ausgefallen. -- Hr. v. Lurde, bisher im Haag, soll an Aragos Posten in Berlin ernannt sein. General Baraguey d'Hilliers nahm ihn nicht an. -- Marrast besuchte gestern Abend die große Oper und wurde sehr unangenehm vom Publikum empfangen. -- Ein Erlaß des Präsidenten der Republik reorganisirt die berüchtigte Mobilgarde, traurigen Andenkens. Vom 1. Februar ab wird dieselbe nur noch 12 Bataillone (statt 24) zählen, jedes Bataillon zu 990 Mann, von denen die Gemeinen täglich 1 Franken 20 und resp. 1 Franken 10 Centimen Gold beziehen. 1848 kostete dieser hehre Vortrab der Pariser Bürgerwehr (offizieller Styl des Ministers Faucher) die Bagatelle von 12 1/2 Million Franken, während er 1849 nur 7,600,000 Franken kosten soll. Hierdurch erspart Hr. Passy 4,670,000 Franken. Diese Ersparniß bildet das eigentliche Hauptmotiv der vielbesprochenen Maßregel. -- Walewski geht an Champy's (Neffe Lammenais') Stelle nach Florenz, und Adolphe Barrot aus Alexandrien nach Rio Janeiro. Ruffini, der neue sardinische Gesandte, wurde gestern von Dronyn de Ehuys empfangen und überreichte am Nachmittage dem Präsidenten seine Vollmachten. -- Priester Herandeau, Religionslehrer am Gymnasium zu La Rochelle, ist wegen sozialistischer und kommunistischer Tendenzen, auf Befehl des Unterrichtsministers Falloux, in seinem Amte suspendirt worden. -- Barbes schreibt einen lakonischen Brief an die Journale, rücksichtlich des neuen Pairshofs in Bourges, gegen den stark petitionirt wird. Wenn wir den Februar glücklich überwinden, dann wäre dies ein Wunder. Die Entlassung vieler Mobilgarden, der Pairshof in Bourges, die Jahresfeier der Revolution und der allgemeine Hunger ... -- Die Polizei will durchaus Krieg haben! Sie ließ gestern alles Militair in die Kasernen sperren, um auf den ersten Wink schlagfertig zu sein. Am Abend schloß sie drei der bedeutendsten Klubs, darunter den neuen Fraternitätssaal, gegen den sie nicht weniger als 3 Bataillone Infanterie und 200 Gardiens dirigirte. Da sie jedoch nirgends auf Widerstand stieß, so begnügte sie sich, die Sitzungslokale zu versiegeln und Protokolle darüber aufzunehmen. -- Wie man hört, wird die Bergpartei den Minister des Innern wegen der polizeilichen, gerichtlichen Willkürmaaßregeln interpelliren, welche seit mehreren Tagen die ganze Stadt in Allarm setzen. Bald sind es die Bäckergesellen, bald die Lichtzieher, deren Handwerksstreitigkeiten ihnen zum Vorwand dienen. -- Gestern Nachmittag wurde Oberst Rey unter dem Geleit von vielen tausend Demokraten, worunter sich Ledru Rollin und etwa 40 Deputirte befanden, in einfacher Feier zur Erde bestattet. Arbeiter aller Gewerbe, Journalisten und Assoziationen, hatten Deputationen geschickt. Joly und Lagrange sprachen energische Worte am Grabe des zu früh Verstorbenen. Die Demokratie verliert in ihm einen der tüchtigsten Soldaten. Die Minister waren thöricht genug, Aufruhr zu fürchten, und hatten deshalb im ganzen Stadtviertel von Montmartre starke Truppenabtheilungen aufgestellt; ihre Vorsicht war unnütz, denn Alles blieb ruhig. -- National-Versammlung. Sitzung vom 25. Jan. Anfang 2 1/4 Uhr. Präsident Marrast. Leon Faucher, Minister des Innern, überreicht mehrere Gesetzentwürfe, welche Uebersteuerungen und Arbeiten für das Proletariat verlangen. Gent und Ledru-Rollin überreichen Bittschriften vieler Weinhändler gegen das berüchtigte Steuer-Exercice Eine Masse von Petitionen strömt von der Rechten dem Büreautische zu, welche die Auflösung der National-Versammlung verlangen. Ledru-Rollin und Etienne Arago überreichen Petitionen im entgegengesetzten Sinne. (Stimmen zur Rechten: Wie viel Unterschriften? Geächter.) Die Versammlung schreitet zur Fortsetzung der Staatsrathsdebatte. Artikel XIX dahin geändert: "Der Präsident der Republik kann die Raquetenmeister auf Vorschlag des Präsidenten des Staatsraths und der Sektions-Chefs absetzen etc etc." Artikel XX, XXI, XXII, XXIII, XXIV, XXV, XXVI, XXVII und XXVIII, von dem Amtsverhältniß der Staatsrathsbeamten handelnd, werden rasch hintereinander diskutirt und nach Verwerfung einer Menge unerheblicher Neben-Anträge angenommen. Die Versammlung, ziemlich zerstreut oder vielmehr mit der gereizten Stimmung von Paris beschäftigt, überläßt sich allerlei Privatgesprächen, die Marrast mit seinem Papiermesser vergebens zu beherrschen strebt. Berryer erscheint auf der Bühne. Er beantragt die Erlaubniß für die Stadt Marseille, sich abermals zur Beschäftigung ihres Proletariats übersteuern zu dürfen. Die Sache sei dringend. Die Dringlichkeit wird ausgesprochen. Grevy, mit dem Rateaubericht in der Hand, folgt ihm auf der Bühne. (Große Agitation im Saale.) Man kennt bereits den Inhalt desselben. Er erklärt das Mandat der Versammlung noch nicht vollendet und dringt auf genaue Erfüllung des Artikels 115 der Verfassung, mithin auf Verwerfung aller Auflösungsgelüste....... Eine Menge Deputirter eilen zum Büreautisch, um sich für die Debatte einschreiben zu lassen. De Mornay erklärt, es sei reglementswidrig sich vor vollendeter Vorlesung der Berichte einschreiben zu lassen. Die Versammlung beschließt, den Rateauantrag am nächsten Montag zu diskutiren: Hiernächst erscheint Billault auf der Bühne, mit dem nicht minder berüchtigten Bericht über den Büdgetsturm in der Hand. Passy, Finanzminister, unterstützt die Dringlichkeit dieser Angelegenheit. Die Versammlung weist Billaults Antrag an die Abtheilungen, die ihr schon Sonnabend berichten sollen. F. Lasteyrie rügt die schreckliche Parteilichkeit, mit der man den Falloux'schen Antrag rücksichtlich des Verwaltungsunterrichts zerzausen wolle. (Gewaltiger Lärm mit Zwischendebatte.) Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Schweiz. Neuenburg, 23. Januar. Gestern wiegelten die Royalisten durch Geld und Schnaps die "Chavanniers" (ein Theil der niedern Volksklasse) zum Aufruhr gegen die bestehende Ordnung der Dinge auf. Sie durchzogen die Straßen und brüllten: vive le roi! Bald kam es zu Thätlichkeiten und man prügelte sich herum, bis die herbeigeeilten bewaffneten Republikaner der Sache ein Ende machten. Diese besetzten dann das Schloß und andere öffentliche Gebäude, um allen Eventualitäten zu begegnen. Von Lachaux-de-fonds schreibt der "Republicain neuchatelois" von gestern: In diesem Augenblicke (8 Uhr Morgens) marschiren 2 1/2 Kompagnien nach Neuenburg. (N. Z.)Großbritannien. * London, 25 Januar. Die Staatsanwaltschaft in Dublin hat eine neue Niederlage erlitten. Der zur Deportation verurtheilte "Insurgent" Gogarty hatte Appell gegen das Urtheil eingelegt und die Queensbench hat es gestern kassirt. Demnach wird Gogarty in Freiheit gesetzt und 15 Andere, bei welchen dieselben Formfehler vorgefallen, müssen nun in Folge jener Entscheidung ebenfalls aus dem Gefängniß entlassen werden. Von den Bermudas sind Nachrichten über Mitchell's Befinden eingetroffen; er ist sehr leidend, und da ihn das dortige Klima in kurzer Zeit völlig zu Grunde richten würde, so soll die Regierung beabsichtigen, ihn nach einer gesünderen Kolonie zu versetzen. -- In einem Kohlenbergwerk zu Darley, unweit Barnsley, sind gestern in Folge einer Explosion 70-80 Personen verunglückt; die meisten derselben sind todt. Nur 16 Personen waren lebendig herausgezogen worden. Amerika. ** New-York, 10. Jan. Das Aspinwall'sche Projekt, die Errichtung einer Eisenbahn über die Landenge von Panama, ist noch nicht vom Kongreß sanctionirt worden und zwar, wie es heißt, weil andere Parteien dagegen auftreten und die Vorhand auf dieses Unternehmen geltend machen; doch hofft man auf baldiges Durchgehen der betreffenden Bill und auf Vollendung der Panama-Eisenbahn vor Ablauf zweier Jahre. Gegenwärtig wird auch wieder der Plan, einen großen Kanal von Meer zu Meer über die Landenge von Tehuantepec anzulegen, eifrig besprochen. Der Kanal wird nicht als ein Nebenbuhler der Eisenbahn angesehen. Vielmehr ist die fast einstimmige Ansicht, daß er ein wesentliches Erforderniß ist, mit oder ohne jene Eisenbahn. Schon aus Gesundheitsrücksichten wäre dieser Weg über die Landenge Beilage zu Nr. 207 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 28. Januar 1849. [Deutschland] Hierauf werden folgende §§ in Bausch und Bogen ohne Diskussion angenommen. §. 9. Hiermit ist der Abschnitt „vom Reichsoberhaupt“ vollbracht (wohl bekomm's!) — Die Sitzung wird um 2 Uhr geschlossen. Morgen mehr. Ungarn. 068 Pesth, 19. Jan. Der königliche Commissär Havas hat gestern Nachmittag nachstehende Kundmachung erlassen: „Es wird hiemit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Ausfuhr aller Getreidegattungen aus Ofen und Pesth verboten wurde, und daß die bei den Mauthlinien aufgestellten k. k. Unteroffiziere angewiesen sind, die genaue Befolgung dieser Anordnung streng zu überwachen.“ Polen. Czernovic, 12. Jan. Heute wurde ein Bauer aus der Umgebung hier eingebracht, wegen Widerstandversuchen gegen das Dominium und Kreisamt, der sich bei seinem Eintreffen vor dem hiesigen Rathhause auf chinesische Manier den Bauch aufschlitzte, was einen grausenerregenden Anblick gewährte, und einen völligen Auflauf zur Folge hatte. (Kost. Bl.)Italien. Rom, 16. Jan. Alles beschäftigt sich mit den Wahlen. Nur im Kriegsministerium arbeitet man an andern Dingen. Garibaldi schickt sich an, mit einem starken Korps die neapolitanische Gränze zu überwachen und beim ersten Anlaß gegen Neapel, wohin ihn viele Einverständnisse rufen, loszurücken. Ponte-Corvo hat sich vom Kirchenstaat losgesagt. [unleserliches Material]90 Karrabiniers haben Reißaus genommen. Der republikanische Geist erwacht täglich stärker. Aus Turin erfährt man unterm 21. Januar, daß Radetzki Mailand verlassen, um gegen Venedig in der Richtung von Piacenza zu operiren. 068 Rom, 15. Jan. Der Wohlfahrtsausschuß hat bereits in Rom seine Amtsverrichtungen begonnen. Aehnliche Ausschüsse bilden sich in allen Provinzen des Kirchenstaates. Wie man weiß, hat dieser Ausschuß keinen andern Zweck, als die Zusammenberufung der Constituirenden Versammlung zu fördern, und alle diejenigen zur Strafe zu ziehen, welche etwa einer durch den allgemeinen Volkswillen zusammentretenden Kammer Hindernisse in den Weg legen wollten. Nichts desto weniger ist die Intrigue allenthalben thätig. So hat der Kardinal Baluffi ein Rundschreiben ergehn lassen, worin er ermahnt, ja nicht an Wahlen Theil zu nehmen, die von der Kirche und dem Pabste nicht sanctionirt werden könnten. Ein Volk, welches den Bannfluch verschmäht, kümmert sich auch nicht um die Sanktion. Päbstlicher Fluch und päbstlicher Segen konnten im Mittelalter wirken; aber jetzt, im Freiheitskampfe gegen Windischgrätz, Radetzky? Was den Pabst selbst anbetrifft, so hatten wir unrecht, wenn wir sagten, er sitze in Gaeta in einer doppelten Festung; er sitzt in einer dreifachen Festung; denn unter den Kardinälen selbst haben sich zwei Parteien gebildet, deren jede für sich die Politik „des guten aber schwachen Willens“ exploitirt. Die Spaltung zwischen Antonelli und Ferretti kann nicht mehr in Abrede gestellt werden. * Rom, 15. Jan. Garibaldi ist in Fermo, nicht weit von der neapolitanischen Gränze. Es ist ihm der Befehl zugegangen, einige 1000 Mann von Ankona und aus den Legationen um sich zu versammeln und auf das erste Zeichen (wenn neapolitanische Truppen einrücken sollten), sofort ins feindliche Gebiet einzufallen und jenseits der Apenninen den Aufstand zu organisiren. * Neapel, 13. Jan. Endlich hat die Regierung beschlossen, daß die schweizerischen Angehörigen, die bei dem Bombardement und der offiziellen Plünderung Verluste erlitten, entschädigt werden sollen. Der „Bombardatore“ braucht abermals einige neue Schweizerregimenter; daher die jetzige Gefälligkeit! Französische Republik. 17 Paris, 25. Jan. Ein Banket des 6. Arondissement fand neulich im Valentinosaal statt; es sprachen Thoré, Bernard, Dain (Volksrepräsentant), Hervé, Pierre Leroux, Lachambaudin, Turgard, beides Socialdichter, Lagrange, Volksrepräsentant, und der amerikanische Socialist Brisbane; die philharmonische Sängergesellschaft der „Söhne von Paris“ wirkte wie gewöhnlich mit. — Das Zuschließen der Klubs wird Mode; gestern sperrte Militär den der Fraternité; man braucht dazu Mobilisten und Garde republicaine, letztere wird ganz eine alte Municipalgarde. Die Legitimisten sind guter Dinge, seit ihr lieber Bruder Falloux Unterrichtsminister ist. Die henricinquistische „Hermine“ (zu deutsch das Hermelin) in der Vendee sagt in der letzten Nummer: „nur noch etwas Geduld, und die heiligen, ewigen, durch Gott, Natur und Christenthum uns Franzosen seit Jahrhunderten theuren Nationalwünsche, Volksneigungen und Volksabneigungen (unter diesem Wortschwall versteht die Partei weiter nichts als Jesuitenkönigthum) werden endlich ihre vollständige Realisirung finden; die Uebergangsformen werden abgenutzt sein, in Staub zerfallen, und Frankreichs Volk wird endlich zu sich selbst zurückkehren.“ Nämlich zum Jesuitenkönig Henri V. Der „Messager du Midi“, ein ultramontanes, aber einst sehr cavaignac'sches, und heute bonapartisches Blatt, leugnet dies insofern, als es die orleanistischen Manöver für weit gefährlicher schildert; „Bonaparte ist bedroht, und zwar insonderheit von den Joinvillisten, die keine Herzogin v. Orleans, wohl aber deren Knaben, den Grafen v. Paris nebst dessen Oheim Prinz Joinville, auf den Präsidentenstuhl erheben wollen. Dazu soll eben die jetzige Kammer nach Hause fahren, und die Wahlumtriebe der Königlichen sollen eben mit Beihülfe der Präfekten eine orleanistische Nationalassemblee zusammenbringen. Auch schmeicheln sich diese Orleanisten mit dem Beistande der obersten Militärkommandirenden. Mit der Nationalgarde von Paris hofft man schon ohne Mühe umzuspringen, da sie dem Kommando gehorcht.“ Vom Herrn Unterrichtsminister Falloux sagt der „Democrate du Rhin“ in Straßburg: „Er ist noch jung, sehr jung, aber ein würdiger Sohn der Kreuzritter. Als Schriftsteller hat er sich arge Geschichtsfälschungen herausgenommen; in der Biographie Louis XVI. hat er die Philosophie, die Freiheitssehnsucht des 18. Jahrhunderts schimpflich verleumdet. Dieser schriftstellernde Unterrichtsminister Frankreichs behauptet, seit dem 16. Jahrhundert habe die Menschheit stillgestanden, ja sie sei zurückgesunken von Stufe zu Stufe und endlich in jenem Abgrunde des 18. Jahrhunderts angelangt. Dies sind seine buchstäblichen Worte. Alles Gute kommt aus der katholischen Kirche, alles Uebel aus dem ketzerischen Prüfungsstreben, das zur Philosophie führt. Dem Katholizismus wird in Falloux'schen Büchern eine freiharmonische Wirksamkeit, eine Schutzthätigkeit zugeschrieben, die gegen die protestantische Unterdrückungswuth glorreich abstechen. Nebenher ertönen Liebesseufzer für die Väter Jesu, und wer dies Opus liest, muß der feuerliebenden Inquisition um den Hals fallen und einsehen, daß die grande politique hinführo in eiligem Rückschreiten zur Vergangenheit besteht; z B. Napoleon der Kaiser hat Aegypten der Christenkirche eröffnet, ohne es zu ahnden, und nun ist es an uns, die katholische Flagge auf die Gipfel der Pyramiden aufzuziehen. So steht's. Und wer noch Zweifel hat, dem wirft Herr Falloux folgenden Satz an den Schädel: „ „Rom's Kirche organisirte Europa als großartige Monarchie, und in dieser Monarchie lernten von der Kirche aus alle Staatsgewalten, all Völker Mäßigung und Ordnung und das Gelernte ging ihnen in Fleisch und Blut und Mark über“ “. Die Inquisition kann, nach Herrn Falloux nicht in diesem skeptischen Zeitalter beurtheilt werden; „„die Völker sagt er, wurden im Frieden der Orthodoxie erhalten, wenn damals ein Ketzer getödtet ward, denn seine Irrthümer gingen fast stets mit ihm unter““; was obenein ein grober Geschichtsschnitzer. Hierauf ergeht sich der Autor in einer unabsehlichen Reihe von Verunglimpfungen der 89ger Revolution, etwa wie Nösselt's Geschichte für „Töchter höherer Stände.“ Dieser Mann ist zwei Jahre nach Verfassung jenes Buches republikanischer Unterrichtsminister geworden. Die Todten reiten schnell! Paris, 25. Januar. Der Moniteur enthält heute die Ernennungen von nicht weniger als 55 neuen Präfekten und Unterpräfekten. Sie sind meist alte Beamte von Louis Philipp — Die Erbitterung der Oppositionsblätter gegen diese Ernennungen ist sehr groß. Die „Liberté“ z. B. sagt: „Welche Auswahl in einem Augenblick, wo so viele ächte Franzosen der Republik ihre Dienste anbieten und ohne bestimmtes Einkommen darben?! Welch' skandalöse Verletzung alles Anstandes, die einer beleidigenden Hintansetzung unserer Nationalsusceptibilitäten gleichkommt, weil sie sogar Ausländer (Rossi) den Eingebornen vorzieht!! Wir werden morgen dieses schändliche Anhängsel zum Testamente des im Todesröcheln liegenden Barrot'schen Ministeriums einer näheren Kritik unterworfen.“ Auch die übrigen Journale machen ihrem Grolle in ähnlicher Weise Luft. — Die ultra-napoleonistische „Liberté“ erklärt die Behauptung der „Patrie“ und eine Menge anderer Blätter, wonach Boulay, Vicepräsident, in der vollkommensten Harmonie mit dem Ministerium lebe, für eine Erfindung. Hr. Boulay habe nur seine Visitenkarte bei den Ministern abgegeben — eine Höflichkeit, der er sich unmöglich entziehen konnte. Man bedenke, daß die Liberté mit Hr. Boulay auf sehr vertrautem Fuße steht. — Heute Vormittags wurde der legitimistische Journalisten und Agitatoren Congreß in der Rue Duphot eröffnet. Es sind etwa 200 Mitglieder anwesend. — Die Nationalversammlung wählte heute Mittags in ihren Abtheilungen die Commission, welche das Fallouxsche Gesetz wegen der neuen Administrativfachwissenschafts-Collegien an den Universitaten, statt der Verwaltungsschulen, zu prüfen hat. Auch diese Commission ist ganz dem Minister feindlich ausgefallen. — Hr. v. Lurde, bisher im Haag, soll an Aragos Posten in Berlin ernannt sein. General Baraguey d'Hilliers nahm ihn nicht an. — Marrast besuchte gestern Abend die große Oper und wurde sehr unangenehm vom Publikum empfangen. — Ein Erlaß des Präsidenten der Republik reorganisirt die berüchtigte Mobilgarde, traurigen Andenkens. Vom 1. Februar ab wird dieselbe nur noch 12 Bataillone (statt 24) zählen, jedes Bataillon zu 990 Mann, von denen die Gemeinen täglich 1 Franken 20 und resp. 1 Franken 10 Centimen Gold beziehen. 1848 kostete dieser hehre Vortrab der Pariser Bürgerwehr (offizieller Styl des Ministers Faucher) die Bagatelle von 12 1/2 Million Franken, während er 1849 nur 7,600,000 Franken kosten soll. Hierdurch erspart Hr. Passy 4,670,000 Franken. Diese Ersparniß bildet das eigentliche Hauptmotiv der vielbesprochenen Maßregel. — Walewski geht an Champy's (Neffe Lammenais') Stelle nach Florenz, und Adolphe Barrot aus Alexandrien nach Rio Janeiro. Ruffini, der neue sardinische Gesandte, wurde gestern von Dronyn de Ehuys empfangen und überreichte am Nachmittage dem Präsidenten seine Vollmachten. — Priester Herandeau, Religionslehrer am Gymnasium zu La Rochelle, ist wegen sozialistischer und kommunistischer Tendenzen, auf Befehl des Unterrichtsministers Falloux, in seinem Amte suspendirt worden. — Barbès schreibt einen lakonischen Brief an die Journale, rücksichtlich des neuen Pairshofs in Bourges, gegen den stark petitionirt wird. Wenn wir den Februar glücklich überwinden, dann wäre dies ein Wunder. Die Entlassung vieler Mobilgarden, der Pairshof in Bourges, die Jahresfeier der Revolution und der allgemeine Hunger … — Die Polizei will durchaus Krieg haben! Sie ließ gestern alles Militair in die Kasernen sperren, um auf den ersten Wink schlagfertig zu sein. Am Abend schloß sie drei der bedeutendsten Klubs, darunter den neuen Fraternitätssaal, gegen den sie nicht weniger als 3 Bataillone Infanterie und 200 Gardiens dirigirte. Da sie jedoch nirgends auf Widerstand stieß, so begnügte sie sich, die Sitzungslokale zu versiegeln und Protokolle darüber aufzunehmen. — Wie man hört, wird die Bergpartei den Minister des Innern wegen der polizeilichen, gerichtlichen Willkürmaaßregeln interpelliren, welche seit mehreren Tagen die ganze Stadt in Allarm setzen. Bald sind es die Bäckergesellen, bald die Lichtzieher, deren Handwerksstreitigkeiten ihnen zum Vorwand dienen. — Gestern Nachmittag wurde Oberst Rey unter dem Geleit von vielen tausend Demokraten, worunter sich Ledru Rollin und etwa 40 Deputirte befanden, in einfacher Feier zur Erde bestattet. Arbeiter aller Gewerbe, Journalisten und Assoziationen, hatten Deputationen geschickt. Joly und Lagrange sprachen energische Worte am Grabe des zu früh Verstorbenen. Die Demokratie verliert in ihm einen der tüchtigsten Soldaten. Die Minister waren thöricht genug, Aufruhr zu fürchten, und hatten deshalb im ganzen Stadtviertel von Montmartre starke Truppenabtheilungen aufgestellt; ihre Vorsicht war unnütz, denn Alles blieb ruhig. — National-Versammlung. Sitzung vom 25. Jan. Anfang 2 1/4 Uhr. Präsident Marrast. Leon Faucher, Minister des Innern, überreicht mehrere Gesetzentwürfe, welche Uebersteuerungen und Arbeiten für das Proletariat verlangen. Gent und Ledru-Rollin überreichen Bittschriften vieler Weinhändler gegen das berüchtigte Steuer-Exercice Eine Masse von Petitionen strömt von der Rechten dem Büreautische zu, welche die Auflösung der National-Versammlung verlangen. Ledru-Rollin und Etienne Arago überreichen Petitionen im entgegengesetzten Sinne. (Stimmen zur Rechten: Wie viel Unterschriften? Geächter.) Die Versammlung schreitet zur Fortsetzung der Staatsrathsdebatte. Artikel XIX dahin geändert: „Der Präsident der Republik kann die Raquetenmeister auf Vorschlag des Präsidenten des Staatsraths und der Sektions-Chefs absetzen etc etc.“ Artikel XX, XXI, XXII, XXIII, XXIV, XXV, XXVI, XXVII und XXVIII, von dem Amtsverhältniß der Staatsrathsbeamten handelnd, werden rasch hintereinander diskutirt und nach Verwerfung einer Menge unerheblicher Neben-Anträge angenommen. Die Versammlung, ziemlich zerstreut oder vielmehr mit der gereizten Stimmung von Paris beschäftigt, überläßt sich allerlei Privatgesprächen, die Marrast mit seinem Papiermesser vergebens zu beherrschen strebt. Berryer erscheint auf der Bühne. Er beantragt die Erlaubniß für die Stadt Marseille, sich abermals zur Beschäftigung ihres Proletariats übersteuern zu dürfen. Die Sache sei dringend. Die Dringlichkeit wird ausgesprochen. Grevy, mit dem Rateaubericht in der Hand, folgt ihm auf der Bühne. (Große Agitation im Saale.) Man kennt bereits den Inhalt desselben. Er erklärt das Mandat der Versammlung noch nicht vollendet und dringt auf genaue Erfüllung des Artikels 115 der Verfassung, mithin auf Verwerfung aller Auflösungsgelüste.…… Eine Menge Deputirter eilen zum Büreautisch, um sich für die Debatte einschreiben zu lassen. De Mornay erklärt, es sei reglementswidrig sich vor vollendeter Vorlesung der Berichte einschreiben zu lassen. Die Versammlung beschließt, den Rateauantrag am nächsten Montag zu diskutiren: Hiernächst erscheint Billault auf der Bühne, mit dem nicht minder berüchtigten Bericht über den Büdgetsturm in der Hand. Passy, Finanzminister, unterstützt die Dringlichkeit dieser Angelegenheit. Die Versammlung weist Billaults Antrag an die Abtheilungen, die ihr schon Sonnabend berichten sollen. F. Lasteyrie rügt die schreckliche Parteilichkeit, mit der man den Falloux'schen Antrag rücksichtlich des Verwaltungsunterrichts zerzausen wolle. (Gewaltiger Lärm mit Zwischendebatte.) Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Schweiz. Neuenburg, 23. Januar. Gestern wiegelten die Royalisten durch Geld und Schnaps die „Chavanniers“ (ein Theil der niedern Volksklasse) zum Aufruhr gegen die bestehende Ordnung der Dinge auf. Sie durchzogen die Straßen und brüllten: vive le roi! Bald kam es zu Thätlichkeiten und man prügelte sich herum, bis die herbeigeeilten bewaffneten Republikaner der Sache ein Ende machten. Diese besetzten dann das Schloß und andere öffentliche Gebäude, um allen Eventualitäten zu begegnen. Von Lachaux-de-fonds schreibt der «Républicain neuchatelois» von gestern: In diesem Augenblicke (8 Uhr Morgens) marschiren 2 1/2 Kompagnien nach Neuenburg. (N. Z.)Großbritannien. * London, 25 Januar. Die Staatsanwaltschaft in Dublin hat eine neue Niederlage erlitten. Der zur Deportation verurtheilte „Insurgent“ Gogarty hatte Appell gegen das Urtheil eingelegt und die Queensbench hat es gestern kassirt. Demnach wird Gogarty in Freiheit gesetzt und 15 Andere, bei welchen dieselben Formfehler vorgefallen, müssen nun in Folge jener Entscheidung ebenfalls aus dem Gefängniß entlassen werden. Von den Bermudas sind Nachrichten über Mitchell's Befinden eingetroffen; er ist sehr leidend, und da ihn das dortige Klima in kurzer Zeit völlig zu Grunde richten würde, so soll die Regierung beabsichtigen, ihn nach einer gesünderen Kolonie zu versetzen. — In einem Kohlenbergwerk zu Darley, unweit Barnsley, sind gestern in Folge einer Explosion 70-80 Personen verunglückt; die meisten derselben sind todt. Nur 16 Personen waren lebendig herausgezogen worden. Amerika. ** New-York, 10. Jan. Das Aspinwall'sche Projekt, die Errichtung einer Eisenbahn über die Landenge von Panama, ist noch nicht vom Kongreß sanctionirt worden und zwar, wie es heißt, weil andere Parteien dagegen auftreten und die Vorhand auf dieses Unternehmen geltend machen; doch hofft man auf baldiges Durchgehen der betreffenden Bill und auf Vollendung der Panama-Eisenbahn vor Ablauf zweier Jahre. Gegenwärtig wird auch wieder der Plan, einen großen Kanal von Meer zu Meer über die Landenge von Tehuantepec anzulegen, eifrig besprochen. Der Kanal wird nicht als ein Nebenbuhler der Eisenbahn angesehen. Vielmehr ist die fast einstimmige Ansicht, daß er ein wesentliches Erforderniß ist, mit oder ohne jene Eisenbahn. Schon aus Gesundheitsrücksichten wäre dieser Weg über die Landenge <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="1133"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 207 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Sonntag 28. Januar 1849.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar207-1b_001" type="jArticle"> <p>Hierauf werden folgende §§ in Bausch und Bogen ohne Diskussion angenommen.</p> <p rendition="#et">§. 9.<lb/> Der Kaiser schließt die Bündnisse und Verträge mit den auswärtigen Mächten ab, und zwar unter Mitwirkung des Reichstags, insoweit diese verfassungsmäßig vorbehalten ist.<lb/> §. 10.<lb/> Alle Verträge nicht rein privatrechtlichen Inhalts, welche deutsche Regierungen unter sich oder mit auswärtigen Regierungen abschließen, sind dem Kaiser zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse (!) dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen.<lb/> §. 11.<lb/> Der Kaiser beruft und schließt den Reichstag; er hat das Recht das Volkshaus aufzulösen.<lb/> §. 12.<lb/> Der Kaiser hat das Recht des Gesetzvorschlages. Er übt die gesetzgebende Gewalt in Gemeinschaft mit dem Reichstage unter den verfassungsmäßigen Beschränkungen aus. Er verkündigt die Reichsgesetze und erläßt die zur Vollziehung derselben nöthigen Verordnungen. —<lb/> §. 13.<lb/> In Strafsachen, welche zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehören, hat der Kaiser das Recht der Begnadigung und Strafmilderung, so wie der Amnestirung. Das Verbot der Einleitung oder Fortsetzung einer einzelnen Untersuchung kann der Kaiser nur mit Zustimmung des Reichstages erlassen.<lb/> Zu Gunsten eines wegen seiner Amtshandlungen verurtheilten Reichsministers kann der Kaiser das Recht der Begnadigung und Strafmilderung nur dann ausüben, wenn dasjenige Haus, von welchem die Anklage ausgegangen ist, darauf anträgt. Zu Gunsten von Landesministern steht ihm ein solches nicht zu.<lb/> §. 14.<lb/> Dem Kaiser liegt die Wahrung des Reichsfriedens ob.<lb/> §. 15.<lb/> Der Kaiser hat die Verfügung über die bewaffnete Macht.<lb/> §. 16.<lb/> Ueberhaupt hat der Kaiser die Reichsregierungsgewalt in allen Angelegenheiten des Reichs nach Maaßgabe der Reichsverfassung. Ihm stehen als Träger dieser Gewalt diejenigen Rechte und Befugnisse zu, welche in der Reichsverfassung der Reichsgewalt beigelegt und dem Reichstage nicht zugewiesen sind.</p> <p>Hiermit ist der Abschnitt „vom Reichsoberhaupt“ vollbracht (wohl bekomm's!) —</p> <p>Die Sitzung wird um 2 Uhr geschlossen. Morgen mehr.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Ungarn.</head> <div xml:id="ar207-1b_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Pesth, 19. Jan.</head> <p>Der königliche Commissär Havas hat gestern Nachmittag nachstehende Kundmachung erlassen: „Es wird hiemit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Ausfuhr aller Getreidegattungen aus Ofen und Pesth verboten wurde, und daß die bei den Mauthlinien aufgestellten k. k. Unteroffiziere angewiesen sind, die genaue Befolgung dieser Anordnung streng zu überwachen.“</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Polen.</head> <div xml:id="ar207-1b_003" type="jArticle"> <head>Czernovic, 12. Jan.</head> <p>Heute wurde ein Bauer aus der Umgebung hier eingebracht, wegen Widerstandversuchen gegen das Dominium und Kreisamt, der sich bei seinem Eintreffen vor dem hiesigen Rathhause auf chinesische Manier den Bauch aufschlitzte, was einen grausenerregenden Anblick gewährte, und einen völligen Auflauf zur Folge hatte.</p> <bibl>(Kost. Bl.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar207-1b_004" type="jArticle"> <head>Rom, 16. Jan.</head> <p>Alles beschäftigt sich mit den Wahlen. Nur im Kriegsministerium arbeitet man an andern Dingen. Garibaldi schickt sich an, mit einem starken Korps die neapolitanische Gränze zu überwachen und beim ersten Anlaß gegen Neapel, wohin ihn viele Einverständnisse rufen, loszurücken. Ponte-Corvo hat sich vom Kirchenstaat losgesagt. <gap reason="illegible"/>90 Karrabiniers haben Reißaus genommen. Der republikanische Geist erwacht täglich stärker.</p> <p>Aus <hi rendition="#g">Turin</hi> erfährt man unterm 21. Januar, daß Radetzki Mailand verlassen, um gegen Venedig in der Richtung von Piacenza zu operiren.</p> </div> <div xml:id="ar207-1b_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Rom, 15. Jan.</head> <p>Der Wohlfahrtsausschuß hat bereits in Rom seine Amtsverrichtungen begonnen. Aehnliche Ausschüsse bilden sich in allen Provinzen des Kirchenstaates. Wie man weiß, hat dieser Ausschuß keinen andern Zweck, als die Zusammenberufung der Constituirenden Versammlung zu fördern, und alle diejenigen zur Strafe zu ziehen, welche etwa einer durch den allgemeinen Volkswillen zusammentretenden Kammer Hindernisse in den Weg legen wollten. Nichts desto weniger ist die Intrigue allenthalben thätig. So hat der Kardinal Baluffi ein Rundschreiben ergehn lassen, worin er ermahnt, ja nicht an Wahlen Theil zu nehmen, die von der Kirche und dem Pabste nicht sanctionirt werden könnten. Ein Volk, welches den Bannfluch verschmäht, kümmert sich auch nicht um die Sanktion. Päbstlicher Fluch und päbstlicher Segen konnten im Mittelalter wirken; aber jetzt, im Freiheitskampfe gegen Windischgrätz, Radetzky?</p> <p>Was den Pabst selbst anbetrifft, so hatten wir unrecht, wenn wir sagten, er sitze in Gaeta in einer doppelten Festung; er sitzt in einer dreifachen Festung; denn unter den Kardinälen selbst haben sich zwei Parteien gebildet, deren jede für sich die Politik „des guten aber schwachen Willens“ exploitirt. Die Spaltung zwischen Antonelli und Ferretti kann nicht mehr in Abrede gestellt werden.</p> </div> <div xml:id="ar207-1b_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Rom, 15. Jan.</head> <p>Garibaldi ist in Fermo, nicht weit von der neapolitanischen Gränze. Es ist ihm der Befehl zugegangen, einige 1000 Mann von Ankona und aus den Legationen um sich zu versammeln und auf das erste Zeichen (wenn neapolitanische Truppen einrücken sollten), sofort ins feindliche Gebiet einzufallen und jenseits der Apenninen den Aufstand zu organisiren.</p> </div> <div xml:id="ar207-1b_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Neapel, 13. Jan.</head> <p>Endlich hat die Regierung beschlossen, daß die schweizerischen Angehörigen, die bei dem Bombardement und der offiziellen Plünderung Verluste erlitten, entschädigt werden sollen. Der „Bombardatore“ braucht abermals einige neue Schweizerregimenter; daher die jetzige Gefälligkeit!</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar207-1b_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 25. Jan.</head> <p>Ein Banket des 6. Arondissement fand neulich im Valentinosaal statt; es sprachen Thoré, Bernard, Dain (Volksrepräsentant), Hervé, Pierre Leroux, Lachambaudin, Turgard, beides Socialdichter, Lagrange, Volksrepräsentant, und der amerikanische Socialist Brisbane; die philharmonische Sängergesellschaft der „Söhne von Paris“ wirkte wie gewöhnlich mit. — Das Zuschließen der Klubs wird Mode; gestern sperrte Militär den der Fraternité; man braucht dazu Mobilisten und Garde republicaine, letztere wird ganz eine alte Municipalgarde. Die Legitimisten sind guter Dinge, seit ihr lieber Bruder Falloux Unterrichtsminister ist. Die henricinquistische „Hermine“ (zu deutsch das Hermelin) in der Vendee sagt in der letzten Nummer: „nur noch etwas Geduld, und die heiligen, ewigen, durch Gott, Natur und Christenthum uns Franzosen seit Jahrhunderten theuren Nationalwünsche, Volksneigungen und Volksabneigungen (unter diesem Wortschwall versteht die Partei weiter nichts als Jesuitenkönigthum) werden endlich ihre vollständige Realisirung finden; die Uebergangsformen werden abgenutzt sein, in Staub zerfallen, und Frankreichs Volk wird endlich <hi rendition="#g">zu sich selbst</hi> zurückkehren.“ Nämlich zum Jesuitenkönig Henri V. Der „Messager du Midi“, ein ultramontanes, aber einst sehr cavaignac'sches, und heute bonapartisches Blatt, leugnet dies insofern, als es die orleanistischen Manöver für weit gefährlicher schildert; „Bonaparte ist bedroht, und zwar insonderheit von den Joinvillisten, die keine Herzogin v. Orleans, wohl aber deren Knaben, den Grafen v. Paris nebst dessen Oheim Prinz Joinville, auf den Präsidentenstuhl erheben wollen. Dazu soll eben die jetzige Kammer nach Hause fahren, und die Wahlumtriebe der Königlichen sollen eben mit Beihülfe der Präfekten eine orleanistische Nationalassemblee zusammenbringen. Auch schmeicheln sich diese Orleanisten mit dem Beistande der obersten Militärkommandirenden. Mit der Nationalgarde von Paris hofft man schon ohne Mühe umzuspringen, da sie dem Kommando gehorcht.“</p> <p>Vom Herrn Unterrichtsminister Falloux sagt der „Democrate du Rhin“ in Straßburg: „Er ist noch jung, sehr jung, aber ein würdiger Sohn der Kreuzritter. Als Schriftsteller hat er sich arge Geschichtsfälschungen herausgenommen; in der Biographie Louis XVI. hat er die Philosophie, die Freiheitssehnsucht des 18. Jahrhunderts schimpflich verleumdet. Dieser schriftstellernde Unterrichtsminister Frankreichs behauptet, seit dem 16. Jahrhundert habe die Menschheit stillgestanden, ja sie sei zurückgesunken von Stufe zu Stufe und endlich in jenem Abgrunde des 18. Jahrhunderts angelangt. Dies sind seine buchstäblichen Worte. Alles Gute kommt aus der katholischen Kirche, alles Uebel aus dem ketzerischen Prüfungsstreben, das zur Philosophie führt. Dem Katholizismus wird in Falloux'schen Büchern eine freiharmonische Wirksamkeit, eine Schutzthätigkeit zugeschrieben, die gegen die protestantische Unterdrückungswuth glorreich abstechen. Nebenher ertönen Liebesseufzer für die Väter Jesu, und wer dies Opus liest, muß der feuerliebenden Inquisition um den Hals fallen und einsehen, daß die grande politique hinführo in eiligem Rückschreiten zur Vergangenheit besteht; z B. Napoleon der Kaiser hat Aegypten der Christenkirche eröffnet, ohne es zu ahnden, und nun ist es an uns, die katholische Flagge auf die Gipfel der Pyramiden aufzuziehen. So steht's. Und wer noch Zweifel hat, dem wirft Herr Falloux folgenden Satz an den Schädel: „ „Rom's Kirche organisirte Europa als großartige Monarchie, und in dieser Monarchie lernten von der Kirche aus alle Staatsgewalten, all Völker Mäßigung und Ordnung und das Gelernte ging ihnen in Fleisch und Blut und Mark über“ “. Die Inquisition kann, nach Herrn Falloux nicht in diesem skeptischen Zeitalter beurtheilt werden; „„die Völker sagt er, wurden im Frieden der Orthodoxie erhalten, wenn damals ein Ketzer getödtet ward, denn seine Irrthümer gingen fast stets mit ihm unter““; was obenein ein grober Geschichtsschnitzer. Hierauf ergeht sich der Autor in einer unabsehlichen Reihe von Verunglimpfungen der 89ger Revolution, etwa wie Nösselt's Geschichte für „Töchter höherer Stände.“ Dieser Mann ist zwei Jahre nach Verfassung jenes Buches republikanischer Unterrichtsminister geworden. Die Todten reiten schnell!</p> </div> <div xml:id="ar207-1b_009" type="jArticle"> <head>Paris, 25. Januar.</head> <p>Der Moniteur enthält heute die Ernennungen von nicht weniger als 55 neuen Präfekten und Unterpräfekten. Sie sind meist alte Beamte von Louis Philipp</p> <p>— Die Erbitterung der Oppositionsblätter gegen diese Ernennungen ist sehr groß. Die „Liberté“ z. B. sagt:</p> <p>„Welche Auswahl in einem Augenblick, wo so viele ächte Franzosen der Republik ihre Dienste anbieten und ohne bestimmtes Einkommen darben?! Welch' skandalöse Verletzung alles Anstandes, die einer beleidigenden Hintansetzung unserer Nationalsusceptibilitäten gleichkommt, weil sie sogar Ausländer (Rossi) den Eingebornen vorzieht!! Wir werden morgen dieses schändliche Anhängsel zum Testamente des im Todesröcheln liegenden Barrot'schen Ministeriums einer näheren Kritik unterworfen.“</p> <p>Auch die übrigen Journale machen ihrem Grolle in ähnlicher Weise Luft.</p> <p>— Die ultra-napoleonistische „Liberté“ erklärt die Behauptung der „Patrie“ und eine Menge anderer Blätter, wonach Boulay, Vicepräsident, in der vollkommensten Harmonie mit dem Ministerium lebe, für eine Erfindung. Hr. Boulay habe nur seine Visitenkarte bei den Ministern abgegeben — eine Höflichkeit, der er sich unmöglich entziehen konnte.</p> <p>Man bedenke, daß die Liberté mit Hr. Boulay auf sehr vertrautem Fuße steht.</p> <p>— Heute Vormittags wurde der legitimistische Journalisten und Agitatoren Congreß in der Rue Duphot eröffnet. Es sind etwa 200 Mitglieder anwesend.</p> <p>— Die Nationalversammlung wählte heute Mittags in ihren Abtheilungen die Commission, welche das Fallouxsche Gesetz wegen der neuen Administrativfachwissenschafts-Collegien an den Universitaten, statt der Verwaltungsschulen, zu prüfen hat. Auch diese Commission ist ganz dem Minister feindlich ausgefallen.</p> <p>— Hr. v. Lurde, bisher im Haag, soll an Aragos Posten in Berlin ernannt sein. General Baraguey d'Hilliers nahm ihn nicht an.</p> <p>— Marrast besuchte gestern Abend die große Oper und wurde sehr unangenehm vom Publikum empfangen.</p> <p>— Ein Erlaß des Präsidenten der Republik reorganisirt die berüchtigte Mobilgarde, traurigen Andenkens. Vom 1. Februar ab wird dieselbe nur noch 12 Bataillone (statt 24) zählen, jedes Bataillon zu 990 Mann, von denen die Gemeinen täglich 1 Franken 20 und resp. 1 Franken 10 Centimen Gold beziehen. 1848 kostete dieser hehre Vortrab der Pariser Bürgerwehr (offizieller Styl des Ministers Faucher) die Bagatelle von 12 1/2 Million Franken, während er 1849 nur 7,600,000 Franken kosten soll. Hierdurch erspart Hr. Passy 4,670,000 Franken.</p> <p>Diese Ersparniß bildet das eigentliche Hauptmotiv der vielbesprochenen Maßregel.</p> <p>— Walewski geht an Champy's (Neffe Lammenais') Stelle nach Florenz, und Adolphe Barrot aus Alexandrien nach Rio Janeiro. Ruffini, der neue sardinische Gesandte, wurde gestern von Dronyn de Ehuys empfangen und überreichte am Nachmittage dem Präsidenten seine Vollmachten.</p> <p>— Priester Herandeau, Religionslehrer am Gymnasium zu La Rochelle, ist wegen sozialistischer und kommunistischer Tendenzen, auf Befehl des Unterrichtsministers Falloux, in seinem Amte suspendirt worden.</p> <p>— Barbès schreibt einen lakonischen Brief an die Journale, rücksichtlich des neuen Pairshofs in Bourges, gegen den stark petitionirt wird. Wenn wir den Februar glücklich überwinden, dann wäre dies ein Wunder. Die Entlassung vieler Mobilgarden, der Pairshof in Bourges, die Jahresfeier der Revolution und der allgemeine Hunger …</p> <p>— Die Polizei will durchaus Krieg haben! Sie ließ gestern alles Militair in die Kasernen sperren, um auf den ersten Wink schlagfertig zu sein. Am Abend schloß sie drei der bedeutendsten Klubs, darunter den neuen Fraternitätssaal, gegen den sie nicht weniger als 3 Bataillone Infanterie und 200 Gardiens dirigirte. Da sie jedoch nirgends auf Widerstand stieß, so begnügte sie sich, die Sitzungslokale zu versiegeln und Protokolle darüber aufzunehmen.</p> <p>— Wie man hört, wird die Bergpartei den Minister des Innern wegen der polizeilichen, gerichtlichen Willkürmaaßregeln interpelliren, welche seit mehreren Tagen die ganze Stadt in Allarm setzen. Bald sind es die Bäckergesellen, bald die Lichtzieher, deren Handwerksstreitigkeiten ihnen zum Vorwand dienen.</p> <p>— Gestern Nachmittag wurde Oberst Rey unter dem Geleit von vielen tausend Demokraten, worunter sich Ledru Rollin und etwa 40 Deputirte befanden, in einfacher Feier zur Erde bestattet. Arbeiter aller Gewerbe, Journalisten und Assoziationen, hatten Deputationen geschickt. Joly und Lagrange sprachen energische Worte am Grabe des zu früh Verstorbenen. Die Demokratie verliert in ihm einen der tüchtigsten Soldaten.</p> <p>Die Minister waren thöricht genug, Aufruhr zu fürchten, und hatten deshalb im ganzen Stadtviertel von Montmartre starke Truppenabtheilungen aufgestellt; ihre Vorsicht war unnütz, denn Alles blieb ruhig.</p> <p>— <hi rendition="#g">National-Versammlung</hi>. Sitzung vom 25. Jan. Anfang 2 1/4 Uhr. Präsident Marrast.</p> <p>Leon Faucher, Minister des Innern, überreicht mehrere Gesetzentwürfe, welche Uebersteuerungen und Arbeiten für das Proletariat verlangen.</p> <p>Gent und Ledru-Rollin überreichen Bittschriften vieler Weinhändler gegen das berüchtigte Steuer-Exercice</p> <p>Eine Masse von Petitionen strömt von der Rechten dem Büreautische zu, welche die Auflösung der National-Versammlung verlangen.</p> <p>Ledru-Rollin und Etienne Arago überreichen Petitionen im entgegengesetzten Sinne. (<hi rendition="#g">Stimmen</hi> zur Rechten: Wie viel Unterschriften? Geächter.)</p> <p>Die Versammlung schreitet zur Fortsetzung der Staatsrathsdebatte.</p> <p>Artikel XIX dahin geändert:</p> <p rendition="#et">„Der Präsident der Republik kann die Raquetenmeister auf Vorschlag des Präsidenten des Staatsraths und der Sektions-Chefs absetzen etc etc.“</p> <p>Artikel XX, XXI, XXII, XXIII, XXIV, XXV, XXVI, XXVII und XXVIII, von dem Amtsverhältniß der Staatsrathsbeamten handelnd, werden rasch hintereinander diskutirt und nach Verwerfung einer Menge unerheblicher Neben-Anträge angenommen.</p> <p>Die Versammlung, ziemlich zerstreut oder vielmehr mit der gereizten Stimmung von Paris beschäftigt, überläßt sich allerlei Privatgesprächen, die Marrast mit seinem Papiermesser vergebens zu beherrschen strebt.</p> <p>Berryer erscheint auf der Bühne. Er beantragt die Erlaubniß für die Stadt Marseille, sich abermals zur Beschäftigung ihres Proletariats übersteuern zu dürfen. Die Sache sei dringend.</p> <p>Die Dringlichkeit wird ausgesprochen.</p> <p>Grevy, mit dem Rateaubericht in der Hand, folgt ihm auf der Bühne. (Große Agitation im Saale.) Man kennt bereits den Inhalt desselben. Er erklärt das Mandat der Versammlung noch nicht vollendet und dringt auf genaue Erfüllung des Artikels 115 der Verfassung, mithin auf Verwerfung aller Auflösungsgelüste.……</p> <p>Eine Menge Deputirter eilen zum Büreautisch, um sich für die Debatte einschreiben zu lassen.</p> <p>De Mornay erklärt, es sei reglementswidrig sich vor vollendeter Vorlesung der Berichte einschreiben zu lassen.</p> <p>Die Versammlung beschließt, den Rateauantrag am <hi rendition="#g">nächsten Montag</hi> zu diskutiren:</p> <p>Hiernächst erscheint Billault auf der Bühne, mit dem nicht minder berüchtigten Bericht über den Büdgetsturm in der Hand.</p> <p>Passy, Finanzminister, unterstützt die Dringlichkeit dieser Angelegenheit.</p> <p>Die Versammlung weist Billaults Antrag an die Abtheilungen, die ihr schon Sonnabend berichten sollen.</p> <p>F. Lasteyrie rügt die schreckliche Parteilichkeit, mit der man den Falloux'schen Antrag rücksichtlich des Verwaltungsunterrichts zerzausen wolle. (Gewaltiger Lärm mit Zwischendebatte.)</p> <p>Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar207-1b_010" type="jArticle"> <head>Neuenburg, 23. Januar.</head> <p>Gestern wiegelten die Royalisten durch Geld und Schnaps die „Chavanniers“ (ein Theil der niedern Volksklasse) zum Aufruhr gegen die bestehende Ordnung der Dinge auf. Sie durchzogen die Straßen und brüllten: vive le roi! Bald kam es zu Thätlichkeiten und man prügelte sich herum, bis die herbeigeeilten bewaffneten Republikaner der Sache ein Ende machten. Diese besetzten dann das Schloß und andere öffentliche Gebäude, um allen Eventualitäten zu begegnen. Von Lachaux-de-fonds schreibt der «Républicain neuchatelois» von gestern: In diesem Augenblicke (8 Uhr Morgens) marschiren 2 1/2 Kompagnien nach Neuenburg.</p> <bibl>(N. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar207-1b_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London, 25 Januar.</head> <p>Die Staatsanwaltschaft in Dublin hat eine neue Niederlage erlitten. Der zur Deportation verurtheilte „Insurgent“ <hi rendition="#g">Gogarty</hi> hatte Appell gegen das Urtheil eingelegt und die Queensbench hat es gestern kassirt. Demnach wird Gogarty in Freiheit gesetzt und 15 Andere, bei welchen dieselben Formfehler vorgefallen, müssen nun in Folge jener Entscheidung ebenfalls aus dem Gefängniß entlassen werden. Von den <hi rendition="#g">Bermudas</hi> sind Nachrichten über <hi rendition="#g">Mitchell's</hi> Befinden eingetroffen; er ist sehr leidend, und da ihn das dortige Klima in kurzer Zeit völlig zu Grunde richten würde, so soll die Regierung beabsichtigen, ihn nach einer gesünderen Kolonie zu versetzen. — In einem Kohlenbergwerk zu Darley, unweit Barnsley, sind gestern in Folge einer Explosion 70-80 Personen verunglückt; die meisten derselben sind todt. Nur 16 Personen waren lebendig herausgezogen worden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Amerika.</head> <div xml:id="ar207-1b_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> New-York, 10. Jan.</head> <p>Das Aspinwall'sche Projekt, die Errichtung einer Eisenbahn über die Landenge von Panama, ist noch nicht vom Kongreß sanctionirt worden und zwar, wie es heißt, weil andere Parteien dagegen auftreten und die Vorhand auf dieses Unternehmen geltend machen; doch hofft man auf baldiges Durchgehen der betreffenden Bill und auf Vollendung der Panama-Eisenbahn vor Ablauf zweier Jahre. Gegenwärtig wird auch wieder der Plan, einen großen Kanal von Meer zu Meer über die Landenge von Tehuantepec anzulegen, eifrig besprochen. Der Kanal wird nicht als ein Nebenbuhler der Eisenbahn angesehen. Vielmehr ist die fast einstimmige Ansicht, daß er ein wesentliches Erforderniß ist, mit oder ohne jene Eisenbahn. Schon aus Gesundheitsrücksichten wäre dieser Weg über die Landenge </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1133/0001]
Beilage zu Nr. 207 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Sonntag 28. Januar 1849. [Deutschland] Hierauf werden folgende §§ in Bausch und Bogen ohne Diskussion angenommen.
§. 9.
Der Kaiser schließt die Bündnisse und Verträge mit den auswärtigen Mächten ab, und zwar unter Mitwirkung des Reichstags, insoweit diese verfassungsmäßig vorbehalten ist.
§. 10.
Alle Verträge nicht rein privatrechtlichen Inhalts, welche deutsche Regierungen unter sich oder mit auswärtigen Regierungen abschließen, sind dem Kaiser zur Kenntnißnahme, und insofern das Reichsinteresse (!) dabei betheiligt ist, zur Bestätigung vorzulegen.
§. 11.
Der Kaiser beruft und schließt den Reichstag; er hat das Recht das Volkshaus aufzulösen.
§. 12.
Der Kaiser hat das Recht des Gesetzvorschlages. Er übt die gesetzgebende Gewalt in Gemeinschaft mit dem Reichstage unter den verfassungsmäßigen Beschränkungen aus. Er verkündigt die Reichsgesetze und erläßt die zur Vollziehung derselben nöthigen Verordnungen. —
§. 13.
In Strafsachen, welche zur Zuständigkeit des Reichsgerichts gehören, hat der Kaiser das Recht der Begnadigung und Strafmilderung, so wie der Amnestirung. Das Verbot der Einleitung oder Fortsetzung einer einzelnen Untersuchung kann der Kaiser nur mit Zustimmung des Reichstages erlassen.
Zu Gunsten eines wegen seiner Amtshandlungen verurtheilten Reichsministers kann der Kaiser das Recht der Begnadigung und Strafmilderung nur dann ausüben, wenn dasjenige Haus, von welchem die Anklage ausgegangen ist, darauf anträgt. Zu Gunsten von Landesministern steht ihm ein solches nicht zu.
§. 14.
Dem Kaiser liegt die Wahrung des Reichsfriedens ob.
§. 15.
Der Kaiser hat die Verfügung über die bewaffnete Macht.
§. 16.
Ueberhaupt hat der Kaiser die Reichsregierungsgewalt in allen Angelegenheiten des Reichs nach Maaßgabe der Reichsverfassung. Ihm stehen als Träger dieser Gewalt diejenigen Rechte und Befugnisse zu, welche in der Reichsverfassung der Reichsgewalt beigelegt und dem Reichstage nicht zugewiesen sind.
Hiermit ist der Abschnitt „vom Reichsoberhaupt“ vollbracht (wohl bekomm's!) —
Die Sitzung wird um 2 Uhr geschlossen. Morgen mehr.
Ungarn. 068 Pesth, 19. Jan. Der königliche Commissär Havas hat gestern Nachmittag nachstehende Kundmachung erlassen: „Es wird hiemit zur allgemeinen Kenntniß gebracht, daß die Ausfuhr aller Getreidegattungen aus Ofen und Pesth verboten wurde, und daß die bei den Mauthlinien aufgestellten k. k. Unteroffiziere angewiesen sind, die genaue Befolgung dieser Anordnung streng zu überwachen.“
Polen. Czernovic, 12. Jan. Heute wurde ein Bauer aus der Umgebung hier eingebracht, wegen Widerstandversuchen gegen das Dominium und Kreisamt, der sich bei seinem Eintreffen vor dem hiesigen Rathhause auf chinesische Manier den Bauch aufschlitzte, was einen grausenerregenden Anblick gewährte, und einen völligen Auflauf zur Folge hatte.
(Kost. Bl.) Italien. Rom, 16. Jan. Alles beschäftigt sich mit den Wahlen. Nur im Kriegsministerium arbeitet man an andern Dingen. Garibaldi schickt sich an, mit einem starken Korps die neapolitanische Gränze zu überwachen und beim ersten Anlaß gegen Neapel, wohin ihn viele Einverständnisse rufen, loszurücken. Ponte-Corvo hat sich vom Kirchenstaat losgesagt. _ 90 Karrabiniers haben Reißaus genommen. Der republikanische Geist erwacht täglich stärker.
Aus Turin erfährt man unterm 21. Januar, daß Radetzki Mailand verlassen, um gegen Venedig in der Richtung von Piacenza zu operiren.
068 Rom, 15. Jan. Der Wohlfahrtsausschuß hat bereits in Rom seine Amtsverrichtungen begonnen. Aehnliche Ausschüsse bilden sich in allen Provinzen des Kirchenstaates. Wie man weiß, hat dieser Ausschuß keinen andern Zweck, als die Zusammenberufung der Constituirenden Versammlung zu fördern, und alle diejenigen zur Strafe zu ziehen, welche etwa einer durch den allgemeinen Volkswillen zusammentretenden Kammer Hindernisse in den Weg legen wollten. Nichts desto weniger ist die Intrigue allenthalben thätig. So hat der Kardinal Baluffi ein Rundschreiben ergehn lassen, worin er ermahnt, ja nicht an Wahlen Theil zu nehmen, die von der Kirche und dem Pabste nicht sanctionirt werden könnten. Ein Volk, welches den Bannfluch verschmäht, kümmert sich auch nicht um die Sanktion. Päbstlicher Fluch und päbstlicher Segen konnten im Mittelalter wirken; aber jetzt, im Freiheitskampfe gegen Windischgrätz, Radetzky?
Was den Pabst selbst anbetrifft, so hatten wir unrecht, wenn wir sagten, er sitze in Gaeta in einer doppelten Festung; er sitzt in einer dreifachen Festung; denn unter den Kardinälen selbst haben sich zwei Parteien gebildet, deren jede für sich die Politik „des guten aber schwachen Willens“ exploitirt. Die Spaltung zwischen Antonelli und Ferretti kann nicht mehr in Abrede gestellt werden.
* Rom, 15. Jan. Garibaldi ist in Fermo, nicht weit von der neapolitanischen Gränze. Es ist ihm der Befehl zugegangen, einige 1000 Mann von Ankona und aus den Legationen um sich zu versammeln und auf das erste Zeichen (wenn neapolitanische Truppen einrücken sollten), sofort ins feindliche Gebiet einzufallen und jenseits der Apenninen den Aufstand zu organisiren.
* Neapel, 13. Jan. Endlich hat die Regierung beschlossen, daß die schweizerischen Angehörigen, die bei dem Bombardement und der offiziellen Plünderung Verluste erlitten, entschädigt werden sollen. Der „Bombardatore“ braucht abermals einige neue Schweizerregimenter; daher die jetzige Gefälligkeit!
Französische Republik. 17 Paris, 25. Jan. Ein Banket des 6. Arondissement fand neulich im Valentinosaal statt; es sprachen Thoré, Bernard, Dain (Volksrepräsentant), Hervé, Pierre Leroux, Lachambaudin, Turgard, beides Socialdichter, Lagrange, Volksrepräsentant, und der amerikanische Socialist Brisbane; die philharmonische Sängergesellschaft der „Söhne von Paris“ wirkte wie gewöhnlich mit. — Das Zuschließen der Klubs wird Mode; gestern sperrte Militär den der Fraternité; man braucht dazu Mobilisten und Garde republicaine, letztere wird ganz eine alte Municipalgarde. Die Legitimisten sind guter Dinge, seit ihr lieber Bruder Falloux Unterrichtsminister ist. Die henricinquistische „Hermine“ (zu deutsch das Hermelin) in der Vendee sagt in der letzten Nummer: „nur noch etwas Geduld, und die heiligen, ewigen, durch Gott, Natur und Christenthum uns Franzosen seit Jahrhunderten theuren Nationalwünsche, Volksneigungen und Volksabneigungen (unter diesem Wortschwall versteht die Partei weiter nichts als Jesuitenkönigthum) werden endlich ihre vollständige Realisirung finden; die Uebergangsformen werden abgenutzt sein, in Staub zerfallen, und Frankreichs Volk wird endlich zu sich selbst zurückkehren.“ Nämlich zum Jesuitenkönig Henri V. Der „Messager du Midi“, ein ultramontanes, aber einst sehr cavaignac'sches, und heute bonapartisches Blatt, leugnet dies insofern, als es die orleanistischen Manöver für weit gefährlicher schildert; „Bonaparte ist bedroht, und zwar insonderheit von den Joinvillisten, die keine Herzogin v. Orleans, wohl aber deren Knaben, den Grafen v. Paris nebst dessen Oheim Prinz Joinville, auf den Präsidentenstuhl erheben wollen. Dazu soll eben die jetzige Kammer nach Hause fahren, und die Wahlumtriebe der Königlichen sollen eben mit Beihülfe der Präfekten eine orleanistische Nationalassemblee zusammenbringen. Auch schmeicheln sich diese Orleanisten mit dem Beistande der obersten Militärkommandirenden. Mit der Nationalgarde von Paris hofft man schon ohne Mühe umzuspringen, da sie dem Kommando gehorcht.“
Vom Herrn Unterrichtsminister Falloux sagt der „Democrate du Rhin“ in Straßburg: „Er ist noch jung, sehr jung, aber ein würdiger Sohn der Kreuzritter. Als Schriftsteller hat er sich arge Geschichtsfälschungen herausgenommen; in der Biographie Louis XVI. hat er die Philosophie, die Freiheitssehnsucht des 18. Jahrhunderts schimpflich verleumdet. Dieser schriftstellernde Unterrichtsminister Frankreichs behauptet, seit dem 16. Jahrhundert habe die Menschheit stillgestanden, ja sie sei zurückgesunken von Stufe zu Stufe und endlich in jenem Abgrunde des 18. Jahrhunderts angelangt. Dies sind seine buchstäblichen Worte. Alles Gute kommt aus der katholischen Kirche, alles Uebel aus dem ketzerischen Prüfungsstreben, das zur Philosophie führt. Dem Katholizismus wird in Falloux'schen Büchern eine freiharmonische Wirksamkeit, eine Schutzthätigkeit zugeschrieben, die gegen die protestantische Unterdrückungswuth glorreich abstechen. Nebenher ertönen Liebesseufzer für die Väter Jesu, und wer dies Opus liest, muß der feuerliebenden Inquisition um den Hals fallen und einsehen, daß die grande politique hinführo in eiligem Rückschreiten zur Vergangenheit besteht; z B. Napoleon der Kaiser hat Aegypten der Christenkirche eröffnet, ohne es zu ahnden, und nun ist es an uns, die katholische Flagge auf die Gipfel der Pyramiden aufzuziehen. So steht's. Und wer noch Zweifel hat, dem wirft Herr Falloux folgenden Satz an den Schädel: „ „Rom's Kirche organisirte Europa als großartige Monarchie, und in dieser Monarchie lernten von der Kirche aus alle Staatsgewalten, all Völker Mäßigung und Ordnung und das Gelernte ging ihnen in Fleisch und Blut und Mark über“ “. Die Inquisition kann, nach Herrn Falloux nicht in diesem skeptischen Zeitalter beurtheilt werden; „„die Völker sagt er, wurden im Frieden der Orthodoxie erhalten, wenn damals ein Ketzer getödtet ward, denn seine Irrthümer gingen fast stets mit ihm unter““; was obenein ein grober Geschichtsschnitzer. Hierauf ergeht sich der Autor in einer unabsehlichen Reihe von Verunglimpfungen der 89ger Revolution, etwa wie Nösselt's Geschichte für „Töchter höherer Stände.“ Dieser Mann ist zwei Jahre nach Verfassung jenes Buches republikanischer Unterrichtsminister geworden. Die Todten reiten schnell!
Paris, 25. Januar. Der Moniteur enthält heute die Ernennungen von nicht weniger als 55 neuen Präfekten und Unterpräfekten. Sie sind meist alte Beamte von Louis Philipp
— Die Erbitterung der Oppositionsblätter gegen diese Ernennungen ist sehr groß. Die „Liberté“ z. B. sagt:
„Welche Auswahl in einem Augenblick, wo so viele ächte Franzosen der Republik ihre Dienste anbieten und ohne bestimmtes Einkommen darben?! Welch' skandalöse Verletzung alles Anstandes, die einer beleidigenden Hintansetzung unserer Nationalsusceptibilitäten gleichkommt, weil sie sogar Ausländer (Rossi) den Eingebornen vorzieht!! Wir werden morgen dieses schändliche Anhängsel zum Testamente des im Todesröcheln liegenden Barrot'schen Ministeriums einer näheren Kritik unterworfen.“
Auch die übrigen Journale machen ihrem Grolle in ähnlicher Weise Luft.
— Die ultra-napoleonistische „Liberté“ erklärt die Behauptung der „Patrie“ und eine Menge anderer Blätter, wonach Boulay, Vicepräsident, in der vollkommensten Harmonie mit dem Ministerium lebe, für eine Erfindung. Hr. Boulay habe nur seine Visitenkarte bei den Ministern abgegeben — eine Höflichkeit, der er sich unmöglich entziehen konnte.
Man bedenke, daß die Liberté mit Hr. Boulay auf sehr vertrautem Fuße steht.
— Heute Vormittags wurde der legitimistische Journalisten und Agitatoren Congreß in der Rue Duphot eröffnet. Es sind etwa 200 Mitglieder anwesend.
— Die Nationalversammlung wählte heute Mittags in ihren Abtheilungen die Commission, welche das Fallouxsche Gesetz wegen der neuen Administrativfachwissenschafts-Collegien an den Universitaten, statt der Verwaltungsschulen, zu prüfen hat. Auch diese Commission ist ganz dem Minister feindlich ausgefallen.
— Hr. v. Lurde, bisher im Haag, soll an Aragos Posten in Berlin ernannt sein. General Baraguey d'Hilliers nahm ihn nicht an.
— Marrast besuchte gestern Abend die große Oper und wurde sehr unangenehm vom Publikum empfangen.
— Ein Erlaß des Präsidenten der Republik reorganisirt die berüchtigte Mobilgarde, traurigen Andenkens. Vom 1. Februar ab wird dieselbe nur noch 12 Bataillone (statt 24) zählen, jedes Bataillon zu 990 Mann, von denen die Gemeinen täglich 1 Franken 20 und resp. 1 Franken 10 Centimen Gold beziehen. 1848 kostete dieser hehre Vortrab der Pariser Bürgerwehr (offizieller Styl des Ministers Faucher) die Bagatelle von 12 1/2 Million Franken, während er 1849 nur 7,600,000 Franken kosten soll. Hierdurch erspart Hr. Passy 4,670,000 Franken.
Diese Ersparniß bildet das eigentliche Hauptmotiv der vielbesprochenen Maßregel.
— Walewski geht an Champy's (Neffe Lammenais') Stelle nach Florenz, und Adolphe Barrot aus Alexandrien nach Rio Janeiro. Ruffini, der neue sardinische Gesandte, wurde gestern von Dronyn de Ehuys empfangen und überreichte am Nachmittage dem Präsidenten seine Vollmachten.
— Priester Herandeau, Religionslehrer am Gymnasium zu La Rochelle, ist wegen sozialistischer und kommunistischer Tendenzen, auf Befehl des Unterrichtsministers Falloux, in seinem Amte suspendirt worden.
— Barbès schreibt einen lakonischen Brief an die Journale, rücksichtlich des neuen Pairshofs in Bourges, gegen den stark petitionirt wird. Wenn wir den Februar glücklich überwinden, dann wäre dies ein Wunder. Die Entlassung vieler Mobilgarden, der Pairshof in Bourges, die Jahresfeier der Revolution und der allgemeine Hunger …
— Die Polizei will durchaus Krieg haben! Sie ließ gestern alles Militair in die Kasernen sperren, um auf den ersten Wink schlagfertig zu sein. Am Abend schloß sie drei der bedeutendsten Klubs, darunter den neuen Fraternitätssaal, gegen den sie nicht weniger als 3 Bataillone Infanterie und 200 Gardiens dirigirte. Da sie jedoch nirgends auf Widerstand stieß, so begnügte sie sich, die Sitzungslokale zu versiegeln und Protokolle darüber aufzunehmen.
— Wie man hört, wird die Bergpartei den Minister des Innern wegen der polizeilichen, gerichtlichen Willkürmaaßregeln interpelliren, welche seit mehreren Tagen die ganze Stadt in Allarm setzen. Bald sind es die Bäckergesellen, bald die Lichtzieher, deren Handwerksstreitigkeiten ihnen zum Vorwand dienen.
— Gestern Nachmittag wurde Oberst Rey unter dem Geleit von vielen tausend Demokraten, worunter sich Ledru Rollin und etwa 40 Deputirte befanden, in einfacher Feier zur Erde bestattet. Arbeiter aller Gewerbe, Journalisten und Assoziationen, hatten Deputationen geschickt. Joly und Lagrange sprachen energische Worte am Grabe des zu früh Verstorbenen. Die Demokratie verliert in ihm einen der tüchtigsten Soldaten.
Die Minister waren thöricht genug, Aufruhr zu fürchten, und hatten deshalb im ganzen Stadtviertel von Montmartre starke Truppenabtheilungen aufgestellt; ihre Vorsicht war unnütz, denn Alles blieb ruhig.
— National-Versammlung. Sitzung vom 25. Jan. Anfang 2 1/4 Uhr. Präsident Marrast.
Leon Faucher, Minister des Innern, überreicht mehrere Gesetzentwürfe, welche Uebersteuerungen und Arbeiten für das Proletariat verlangen.
Gent und Ledru-Rollin überreichen Bittschriften vieler Weinhändler gegen das berüchtigte Steuer-Exercice
Eine Masse von Petitionen strömt von der Rechten dem Büreautische zu, welche die Auflösung der National-Versammlung verlangen.
Ledru-Rollin und Etienne Arago überreichen Petitionen im entgegengesetzten Sinne. (Stimmen zur Rechten: Wie viel Unterschriften? Geächter.)
Die Versammlung schreitet zur Fortsetzung der Staatsrathsdebatte.
Artikel XIX dahin geändert:
„Der Präsident der Republik kann die Raquetenmeister auf Vorschlag des Präsidenten des Staatsraths und der Sektions-Chefs absetzen etc etc.“
Artikel XX, XXI, XXII, XXIII, XXIV, XXV, XXVI, XXVII und XXVIII, von dem Amtsverhältniß der Staatsrathsbeamten handelnd, werden rasch hintereinander diskutirt und nach Verwerfung einer Menge unerheblicher Neben-Anträge angenommen.
Die Versammlung, ziemlich zerstreut oder vielmehr mit der gereizten Stimmung von Paris beschäftigt, überläßt sich allerlei Privatgesprächen, die Marrast mit seinem Papiermesser vergebens zu beherrschen strebt.
Berryer erscheint auf der Bühne. Er beantragt die Erlaubniß für die Stadt Marseille, sich abermals zur Beschäftigung ihres Proletariats übersteuern zu dürfen. Die Sache sei dringend.
Die Dringlichkeit wird ausgesprochen.
Grevy, mit dem Rateaubericht in der Hand, folgt ihm auf der Bühne. (Große Agitation im Saale.) Man kennt bereits den Inhalt desselben. Er erklärt das Mandat der Versammlung noch nicht vollendet und dringt auf genaue Erfüllung des Artikels 115 der Verfassung, mithin auf Verwerfung aller Auflösungsgelüste.……
Eine Menge Deputirter eilen zum Büreautisch, um sich für die Debatte einschreiben zu lassen.
De Mornay erklärt, es sei reglementswidrig sich vor vollendeter Vorlesung der Berichte einschreiben zu lassen.
Die Versammlung beschließt, den Rateauantrag am nächsten Montag zu diskutiren:
Hiernächst erscheint Billault auf der Bühne, mit dem nicht minder berüchtigten Bericht über den Büdgetsturm in der Hand.
Passy, Finanzminister, unterstützt die Dringlichkeit dieser Angelegenheit.
Die Versammlung weist Billaults Antrag an die Abtheilungen, die ihr schon Sonnabend berichten sollen.
F. Lasteyrie rügt die schreckliche Parteilichkeit, mit der man den Falloux'schen Antrag rücksichtlich des Verwaltungsunterrichts zerzausen wolle. (Gewaltiger Lärm mit Zwischendebatte.)
Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen.
Schweiz. Neuenburg, 23. Januar. Gestern wiegelten die Royalisten durch Geld und Schnaps die „Chavanniers“ (ein Theil der niedern Volksklasse) zum Aufruhr gegen die bestehende Ordnung der Dinge auf. Sie durchzogen die Straßen und brüllten: vive le roi! Bald kam es zu Thätlichkeiten und man prügelte sich herum, bis die herbeigeeilten bewaffneten Republikaner der Sache ein Ende machten. Diese besetzten dann das Schloß und andere öffentliche Gebäude, um allen Eventualitäten zu begegnen. Von Lachaux-de-fonds schreibt der «Républicain neuchatelois» von gestern: In diesem Augenblicke (8 Uhr Morgens) marschiren 2 1/2 Kompagnien nach Neuenburg.
(N. Z.) Großbritannien. * London, 25 Januar. Die Staatsanwaltschaft in Dublin hat eine neue Niederlage erlitten. Der zur Deportation verurtheilte „Insurgent“ Gogarty hatte Appell gegen das Urtheil eingelegt und die Queensbench hat es gestern kassirt. Demnach wird Gogarty in Freiheit gesetzt und 15 Andere, bei welchen dieselben Formfehler vorgefallen, müssen nun in Folge jener Entscheidung ebenfalls aus dem Gefängniß entlassen werden. Von den Bermudas sind Nachrichten über Mitchell's Befinden eingetroffen; er ist sehr leidend, und da ihn das dortige Klima in kurzer Zeit völlig zu Grunde richten würde, so soll die Regierung beabsichtigen, ihn nach einer gesünderen Kolonie zu versetzen. — In einem Kohlenbergwerk zu Darley, unweit Barnsley, sind gestern in Folge einer Explosion 70-80 Personen verunglückt; die meisten derselben sind todt. Nur 16 Personen waren lebendig herausgezogen worden.
Amerika. ** New-York, 10. Jan. Das Aspinwall'sche Projekt, die Errichtung einer Eisenbahn über die Landenge von Panama, ist noch nicht vom Kongreß sanctionirt worden und zwar, wie es heißt, weil andere Parteien dagegen auftreten und die Vorhand auf dieses Unternehmen geltend machen; doch hofft man auf baldiges Durchgehen der betreffenden Bill und auf Vollendung der Panama-Eisenbahn vor Ablauf zweier Jahre. Gegenwärtig wird auch wieder der Plan, einen großen Kanal von Meer zu Meer über die Landenge von Tehuantepec anzulegen, eifrig besprochen. Der Kanal wird nicht als ein Nebenbuhler der Eisenbahn angesehen. Vielmehr ist die fast einstimmige Ansicht, daß er ein wesentliches Erforderniß ist, mit oder ohne jene Eisenbahn. Schon aus Gesundheitsrücksichten wäre dieser Weg über die Landenge
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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