Neue Rheinische Zeitung. Nr. 206. Köln, 27. Januar 1849. X Hersel (Kreis Bonn), 24. Jan. Trotz aller schwarzweißen Blätter und Flugschriften, die hier im Orte und in der ganzen Umgegend in Massen vertheilt wurden, trotzdem daß unser Pastor des Sonntags in der heiligen Messe eine ganze Stunde gepredigt und die Demokraten der Hölle überliefert hatte, trotzdem daß er sagte, wer an der Krone rüttle, der rüttle auch an der Kirche, trotz Alledem und Alledem sind hier im Orte zu Wahlmännern vier Demokraten und kein einziger Konstitutioneller gewählt. 094 Velbert, 22. Jan. Die Wahlen auf unserer Demokraten-Oase im schwarz-weißen bergischen Ocean sind, wie zu erwarten stand, glänzend für die Demokratie ausgefallen, was die Herren "mit Gott für König, Muckerthum und den Geldsack" nicht wenig ärgert, und das um so mehr, als sie sich alle erdenkliche Mühe gegeben hatten, ihre Lieblinge durchzubringen. In Essen und Werden soll das Resultat ebenso erfreulich sein, wohingegen von den benachbarten Sumpflöchern, Langenberg, Wülfrath etc. leider nur das Gegentheil zu gewärtigen ist. 091 Dahlen, 24. Jan. Hier sind die Wahlen ganz im demokratischen Sinne ausgefallen, denn unter 20 Wahlmännern wurde nur ein Schwarzweißer gewählt. Auch dies wäre nicht geschehen, wenn die demokratischen Urwähler alle bis zum Schlusse ausgehalten hätten. In Gladbach, so wie im ganzen Kreise, ebenso im Kreise Grevenbroich sind die Wahlen auf entschiedene Demokraten gefallen mit einziger Ausnahme der Oerter Rheydt, Odenkirchen, Otzenrath und Sassenrath, wo der Sitz der Schwarzweißen ist und der größte Theil der Arbeiter im Sinne ihrer Herren Fabrikanten wählen mußten. Der Sieg der Demokratie ist also hier gewiß und sind alle von den Preußen hier ausgestreuten Traktätlein fruchtlos geblieben. 092 Sieglar, 23. Jan. In unserm Orte sind die Wahlen konstitutionell ausgefallen, doch sind auch hier die schlimmsten Feinde der Revolution nicht auf der Wahlmännerliste. In den umliegenden Ortschaften siegte indeß die Demokratie entschieden. 14 Düren, 24. Jan. Die Demokratie hat hier bei den Wahlen total gesiegt. Die wenigen Heuler heulen nicht mehr; nein, sie winseln, denn Keinem war es im Traume eingefallen, daß die gute Sache eine so eklatante Niederlage erleiden würde. Ein hiesiger Fabrikant, ein Pascha von zwei Dampfmaschinen, der mir in diesem Augenblick gegenübersitzt, ringt die Hände und bemerkt mir mit dem Ausdruck des tiefsten Schmerzes: "Auch die achtbarsten Leute sind durchgefallen -- man hat lauter unbekanntes Volk gewählt! Gott sei mit uns; die Zeiten werden schlimmer und schlimmer!" ** Bensberg, 24. Jan. Auch in hiesiger Gegend hat die Demokratie am 22. gesiegt. Unter den 21 Wahlmännern der Bürgermeisterei Bensberg sind 17 Demokraten; unter den 17 Wahlmännern der Bürgerm. Bergisch-Gladbach sind 13; unter den 18 Wahlmännern der Bürgerm. Odenthal 13; unter den 18 Wahlmännern der Bürgerm. Rösrath ungefähr die Hälfte und in der Bürgerm. Overath sämmtliche neunzehn Wahlmänner Demokraten. In der genannten Bürgermeisterei Rösrath hat der Ort Rösrath entschieden demokratisch und der Ort Volberg entschieden im entgegengesetzten Sinne gewählt. Hier in Bensberg brachten die Konstitutionellen ihre Kandidaten nur in dem mit dem Kadettenhause verbundenen Wahlbezirke, durch die militärisch geordnete Beamten- und Dienerschaar dieses Hauses, in Verbindung mit ungefähr einem Drittel der sonstigen theilweise von ihm abhängigen Bevölkerung des Wahlbezirks durch. Die übrige Bevölkerung dieses Wahlbezirks zeigte sich gegen Erwarten der Konstitutionellen entschieden demokratisch und nur ein paar Stimmen fehlten ihr zum Siege. Man hatte in der Voraussetzung, daß die zahlreichen, militärisch enggeschaarten Urwähler des Kadettenhauses in dem kleinen damit verbundenen Wahlbezirke einen zu überwiegenden Einfluß ausüben würden, bei dem Bürgermeister, Landrathe und der Regierung um Erweiterung dieses Wahlbezirkes nachgesucht. Diese Erweiterung wurde jedoch, obschon der Bezirk dreimal größer hätte sein können, ohne die gesetzliche Seelenzahl zu überschreiten, nicht gestattet, natürlich, weil in dem kleinen, mit dem Kadettenhause verbundenen Wahlbezirke einige der Hauptführer des Kreis Mülheimer demokratischen Vereins wohnen, welche dadurch fast in die Unmöglichkeit versetzt wurden, bei der Wahl durchzukommen. 121 Uerdingen, 24. Jan. Die am 22. begonnene Wahl wurde gestern beendigt. Die Demokratie siegte so vollständig, daß unter den Wahlmännern nur Einer ein schwankendes Wesen ist, der aber doch nie bis zum "Konstitutionalismus" hinabsinken könnte. Es half den Reaktionären auch ihr letztes Mittel nichts, welches darin bestand, daß sie am 20. Abends in jedes Haus 1 Exemplar des "Krefelder Intelligenzblattes" praktiziren ließen. Bei dem Blättchen war eine Liste der zu Wählenden! Ach, wie dumm! sagten die Urwähler. Durch 2 malige Vorversammlung waren diese wie alle andern Umtriebe unschädlich gemacht. In unserm Städtchen herrscht über den Wahlausgang allgemeiner Jubel und -- heulerische Trauer bei der "schwarz-weißen" Klique. Uebrigens sind im ganzen Kreise Krefeld die Wahlen zu unsern Gunsten entschieden worden. 103 Trier, 24. Jan. Wie hier, so hat die Demokratie auch in Saarlouis und Saarbrücken ihre Gegner aus dem Felde geschlagen; die meisten "konstitutionellen", auf deutsch: volksfeindlichen Kandidaten erlitten einen gar argen Durchfall. Das royalistische Schreibstubengeschmeiß, nebst Krautjunker- und Bourgeoisthum beißen sich vor Wuth die Lippen. 15 Wesel, 23. Jan. Sie werden kaum erwartet haben, daß bei den hiesigen ungünstigen Verhältnissen, nämlich bei der Masse von Militär, das unausgesetzt im "schwarz-weißen" Sinne bearbeitet worden, die Wahlen gleichwohl ein immerhin günstiges Resultat liefern würden. Ein solches ist aber erfolgt. Beinah die Hälfte der Gewählten sind Demokraten. Haben nun auch die Reaktionärs die Mehrheit zu erreichen gewußt, so erlitten sie doch mit ihrem Hauptkandidaten, dem Kommandanten v. Grabowsky, eine schmerzliche Niederlage. Er fiel nämlich mit Glanz durch. 27 Wetzlar, 23. Jan. Wahrlich, am Eifer der "Schwarz-weißen," an Lügen, Verleumdungen, Bethörungen, Verheißungen etc. hat's nicht gelegen, wenn ihre Kandidaten nicht durchgegangen. Das demokratische Prinzip hat entschieden gesiegt; mehr als zwei Drittel der Wahlmänner gehören ihm an. Dieses Resultat ist um so bedeutungsvoller, da gerade hier die Bureaukratie mit ihren Verbündeten früher einen großen Einfluß besaß. 067 Crefeld, 23. Jan. Auch hier hat die Demokratie mit 80 gegen 54 Stimmen gesiegt. Die Schwarz-Weißen suchten ihre Niederlage dadurch zu verbergen, daß sie ihrem Lokal-König, dem Hrn. Baron von der Leien das flatternde Banner "Meiner getreuen Armee" vom sogenannten Drießenhof bis zu seiner Wohnung vorantrugen. Dies war die Provokation zu einem königl. preußischen Scandal, indem die demokratische Partei sich alsobald in beträchtlicher Zahl zusammenthat, und die Herausforderung durch die Enthüllung einer schwarzroth-goldnen und einer rothen Fahne beantwortete. Da fuhr eine unsägliche Angst in die Geldsäcke und in die Männer der königlich preußischen Privilegien, und es hieß nun "Unsere Feinde sind gewesen wie immer, sie sind feige gewesen." Denn die Raserei, mit der die Bürgerwehr herausgetrommelt und getutet wurde, war nur ungeheure Angst. Wie wir hören, sind die Fenster des Rathhauses und der allbeliebte Polizei-Inspektor zu unserem innigsten Bedauern stark berücksichtigt worden; andererseits aber auch durch die gute Mannszucht "Meiner getreuen Bürgerwehr-Kavallerie" einige Verwundungen erfolgt. Ein Kavallerist, der sich durch gute Mannszucht besonders auszeichnete, brach ein Bein, den Andern zum Exempel. -- In solcher würdevollen Lage befanden sich die Männer der Ruhe und Ordnung am Abende dieses schönen Tages, und wir können ausrufen: "Es ist uns nie etwas Schöneres in dieser Weise zu Gesichte gekommen." Als Kandidaten für die zweite Kammer hat der sogenannte konstitutionelle Klub den seiner Zeit durchgebrannten Abgeordneten, Pastor Schmitz von Bockum aufgestellt, in der Hoffnung, daß der Katholizismus, welcher hier demokratisch ist, sich durch eine solche Kandidatur werde bestechen lassen. Aber das Volk ist nicht mehr so dumm; es fängt an zu begreifen, daß man ein guter Pastor, aber schlechter Abgeordneter sein kann. 062 Kreuznach, 24. Januar. Als die Brandenburg-Manteuffel'sche Kanonenpolitik das Wohl des Vaterlandes begründet hatte, wurde auch Kreuznach mit Soldaten und Untersuchungen gesegnet. Doch es konnte leider nur eine Anklage gegen G. Würmle, Redakteur eines "der Demokrat" betitelten Blattes, eingeleitet werden, weil er in einer Volksversammlung aufgefordert habe, die Beamten, wenn sie Steuer erheben wollten, zur Thüre hinauszuschmeißen. Er kommt den 26. d. vor das Zuchtpolizeigericht in Koblenz. Durch alle mögliche Intriguen suchte man die Herausgabe seines Blattes zu verhindern. Noch jetzt ist die Herausgabe trotz Art. 14. der octroyirten Verfassung nicht gesichert. Der hiesige Polizeikommissär verlangte auf Grund des Gesetzes vom 17. März (!) die Auslieferung der gedruckten Blätter. Der Redakteur erwiderte ihm etwas beißend, worauf 2 Anklagen zugleich gegen ihn gerichtet wurden, nämlich Uebertretung des Gesetzes vom 17. März und Beleidigung des Polizeikommissärs in seinem Dienst. Der hiesige konstitutionelle Verein hatte eine Zustimmungsadresse zu allen Handlungen der National-Versammlung erlassen. Als aber der Steuerverweigerungsbeschluß bekannt wurde, bekamen viele "Herren," worunter namentlich die Beamten, große Angst und wollten jetzt eine Adresse im entgegengesetzten Sinne durchsetzen. Doch selbst die meisten Mitglieder dieses Vereins wurden über die Inconsequenz unwillig und so löste sich der Verein in Wohlgefallen auf, besonders dadurch, daß vorher ein Hauptleiter desselben, Oberlehrer S. (Seyffert), welcher eine Lobrede auf Windischgrätz gehalten hatte, eine großartige Katzenmusik erhielt. Die Wahlen setzten die beiden Parteien wieder in große Bewegung. Die demokratische Partei ist hauptsächlich durch das früher gewählte Volkscomite, den demokratischen Verein und den Bürgerverein vertreten. Kreuznach war zuerst in 5 Bezirke getheilt und die Demokraten hatte alle Chancen für sich. Der königl. Landrath v. Jagon (ein Uckermärker) berief noch einmal den hochweisen Stadtrath, und dieser widerrief auf seinen Rath und aus Gefälligkeit seinen früheren Beschluß und theilte die Stadt in 10 Bezirke. Trotzdem trugen die Demokraten einen glänzenden Sieg devon. Von ihren 37 Kandidaten gingen 28 durch. Unter den 9 übrigen sind 4 - 5 schwankend, die übrigen entschieden reaktionär. Kein einziger Beamter wurde gewählt. Dies ist der beste Protest gegen den Loyalitätsadresse, welche mit 200 Unterschriften an den König abging. Die Wahlen auf dem Lande sind auch nicht so schlecht ausgefallen, wie wir fürchteten. In den kleinern Städten und mehreren Dörfern wurden entschiedene Demokraten gewählt. Doch haben wir nicht viel Hoffnung, einen entschiedenen Abgeordneten durchzubringen, indem die Kreise Kreuznach und Simmern 2 Abgeordnete zusammen wählen und die Kreuznacher Wahlmänner nach Simmern gehen müssen. Manteuffel'sche Politik! Auch hier wurden reaktionäre Flugschriften, worunter hauptsächlich "Briefe eines Demokraten" und "die Enthüllungen," in ungeheurer Zahl verbreitet. Alles Vergebens! X Wattenscheid, im Kreise Bochum, 24. Jan. Etwas spät aber mit großer Freude theile ich Ihnen mit, daß im hiesigen Amte a circa 7000 Seelen die Demokratie beinah' vollständig gesiegt hat. In unserem Städtchen selbst (5 Wahlmänner) haben wir lauter Demokraten durchgesetzt. Im benachbarten Essen sind unter 24 Wahlmännern nur 3 "Konstitutionelle". Selbst in unserer Kreisstadt Bochum ("liebe und getreue Markaner") soll die Demokratie die Oberhand gewonnen haben. Daß unter den lieben und getreuen Markanern die Pesth der Demokratie so weit eingerissen, wird die gottbegnadete Regierung freilich Wunder nehmen. Denn wenn dies am grünen Holze geschieht etc. 14 Bielefeld, 24. Januar. Unter der reaktionären Partei herrscht hier die furchtbarste Bestürzung. In ganz Westphalen triumphirte bei der Wahl die Demokratie. Die kontrerevolutionäre Partei gibt Alles verloren und ist der Meinung, daß der Tanz in Berlin lustiger als je beginnen wird. Alle Arbeiter und Weber zwischen hier und Minden haben gegen ihre Herren gestimmt. Offiziere und Beamte, die sich als Kandidaten hinstellten, wurden unter Spott und Lachen davon gejagt. 068 Berlin, 24. Jan. An unserer Börse zirkulirt heute das Gerücht, der Reichstag in Kremsier sei aufgelöst. In Folge dieses Gerüchtes, sowie des demokratischen Ausfalls der Wahlen war die Stimmung an der Börse sehr flau- Der Bescheid des Königs auf die Vorstellung der Dorfgemeinde Nessin bei Kolberg ist in besonderem Abdruck an die Bauern auf den Wochenmärkten durch Gensd'armen vertheilt worden. Die Blätter haben die Ueberschrift "das Königliche Wort." Die "Enthüllungen" des Hrn. v. Bülow-Cummerow und die Ansprachen des treugesinnten Wählervereins werden sogar in den Elementarschulen vertheilt, auf daß, wie geschrieben steht, des Herrn Wort durch den Mund der Säuglinge verkündet werde. Die Besitzer der hiesigen Maschinenbaufabriken sollen die Absicht haben, den im März ihren Gesellen erhöhten Lohn wieder zu kürzen; ebenso soll die damals verkürzte Arbeitszeit wieder verlängert werden. (Die Herren Bourgeois wollen natürlich von der Contrerevolution auch einen Profit ziehen; macht aber schnell, ihr Herren; denn wenn das Volk in diesem Frühjahr wieder aufwacht, so dürfte Euch noch mehr als Euer Geldsack verloren gehen.) Nordhausen, 22. Jan. Auch in unsern Mauern hat es harte Wahlkämpfe gegeben. Ein sogenannter "Centralausschuß" wollte die Wahlen in seine Hand nehmen, allein die Bürgerschaft, die in diesem Ausschuß einen Absenker des hier allgemein verhaßten Preußenvereins erblickte, ließ ihn gänzlich durchfallen, und so sind sämmtliche Wahlen in Nordhausen ohne Ausnahme zu Gunsten der Demokratie ausgefallen. (Mgdb. Z.) 093 Greifswald, 22. Jan. Die Demokratie hat bei den Wahlen einen wahrhaft glänzenden Sieg erfochten. Unsere Stadt hat für 17 Bezirke 50 Wahlmänner zu stellen; von diesen gehören ungefähr 40 und einige der entschiedenen demokratischen, der Rest der liberalen Partei an mit Ausnahme von dreien, die der ultrakonservativen oder konservativen Partei angehören. Ein Professor und Geheimrath hatte das Unglück durch seinen Rival, einen Anstreicher, der mit der Affischirung demokratischer Plakate betraut ist, aus dem Sattel gehoben zu werden. Bei den Vorwahlen hatte der berüchtigte Präsident Hassenpflug nur Eine Stimme. Von unsern doktrinären Professoren hat das souveräne Volk keinen für würdig zum Wahlmann befunden und nur Hr. Baumstark ist von Eldern gewählt. Auch von mehreren Dörfern sind schon günstige Nachrichten eingelaufen. 068 Stettin, 22. Jan. Obgleich noch keine vollständige Ueberschauung der Wahlen vorliegt, steht doch schon fest, daß sie der Majorität nach im liberalen Sinne ausgefallen sind. Im Oberbezirk fingen die Soldaten Händel an, zogen die Seitengewehre und vertrieben die liberal gesinnten Urwähler. Die Soldaten waren, wie in der Regel, aufgehetzt worden. Die Nachrichten aus der Umgegend lauten günstig. Löwenberg, 21. Jan. Hierdurch theile ich Ihnen mit, daß vorgestern der hiesige Bürgermeister Ehrmann in Folge der Steuerverweigerung von der Königl. Regierung suspendirt worden und zugleich zur Untersuchung gezogen ist, ebenso ist der Vorsteher des demokratischen Clubs zu Friedeberg, Referendar Vanselow, wegen Hochverrath verhaftet worden, und ebenso der hiesige Präsident der Volksvereine, Candidat der Theologie Beege ebenfalls verhaftet. Verschiedene Gerüchte gehen umher, diesen und jenen Führer der Demokraten hierselbst zu verhaften. Allgemein hofft man aber, daß die Demokraten des hiesigen Kreises bei der Wahl den Justiz-Verweser Schulz, denselben, den die Mannschaften des 8. Landwehr-Regiments verwundeten, zur Wahl als Deputirten der zweiten Kammer durchbringen werden. Auch ist das Wohnzimmer des Prediger Schmidt, Abgeordneten der deutschen National-Versammlung, versiegelt worden. (A. Od. Z.) 068 Waldenburg in Schlesien, 21. Jan. Wie die reaktionäre (konstitutionelle) Partei auch die schaamlosesten Mittel nicht scheut, um ihre Kandidaten durchzubringen, davon nur ein einziges Beispiel. Wie Sie wissen, gibt's hier bedeutenden Bergbau (Kohlengruben), und die Bergleute bilden einen sehr zahlreichen Theil der Bevölkerung. Um diese zum Stimmen auf Seite der Reaktion zu gewinnen, erließ der "konstitutionelle Verein" im hiesigen amtlichen Kreisblatte die Aufforderung, nur in seinem Sinne zu wählen und versprach, die Leute für Versäumniß und Reisekosten baar zu entschädigen. Durch seine Agenten wurden ferner über 1000 Bergleute, unter Androhung der Versetzung auf andere Gruben (mitten im Winter!) genöthigt, den demokratischen Klub zu verlassen und sich dem "Heuler"- oder konstitutionellen Verein anzuschließen. Wir sehen, daß die "Erbweisheit ohne Gleichen" hier noch überboten wird. Magdeburg, 23. Jan. Unter diesem Datum bringt die "Aachener Zeitung" folgenden Bericht: "Nach brieflicher Mittheilung aus den kleinern Städten unserer Provinz sucht man fast überall die demokratische Partei ihrer Führer entweder im Wege der Versetzung, wenn es Beamte sind, oder im Wege der Verhaftung, wenn ihnen nicht anders beizukommen, zu berauben. Man glaubt, diese Führer für die Wahlen unschädlich und diese alsdann durch den Terrorismus für die Regierung günstig zu machen. Ein solches Manöver ist in Tangermünde, wie ich Ihnen schrieb, verunglückt; in Hettstadt am Harz hat man den Oberlandesgerichtsassessor Koch, Präsidenten des dortigen Volksvereins, nach Stendal versetzt und den dortigen Thierarzt nach Sangerhausen abgeführt. Ohne Urtheilsspruch ist der Letztere durch den Bürgermeister, Gensd'armen und Feldhüter in seiner Wohnung verhaftet, Schränke, Kisten, Kammern sind durchsucht, Schriften, Briefe, selbst solche, die Familiengeheimnisse enthalten, sind mitgenommen. Dem Thierarzt selbst gönnt man noch nicht so viel Zeit, seine Geschäfte zu ordnen; man wirft ihn in einen offnen Wagen, und so geht's fort im Winter nach Sangerhausen! Sind dies die Errungenschaften des März? -- In der Umgegend von Wackersleben, einem Dorfe im Neuhalderslebener Kreise, wo die Demokratie zum großen Aerger des Landrathes tiefe Wurzeln gefaßt hat, entblödet man sich nicht, der Habeas-Corpus-Akte zum Trotz, alle demokratisch gesinnten Männer, die in den dort fleißig gehaltenen Volksversammlungen gesprochen haben, durch Gensd'armen verhaften zu lassen. In Folge dessen soll dort eine große Gährung unter den Bauern herrschen. -- Mit solchen Angriffen indeß begnügt sich die reaktionäre Partei noch nicht. Am 20. d. M. ist auf ihr Anstiften ein Mordversuch auf den Abgeordneten und Schriftführer der aufgelösten Nationalversammlung, Bürgermeister Schneider, gemacht worden. Derselbe war zu einer Versammlung in Aken gereist, um dort zu sprechen. Kaum hat er die Tribüne betreten, als er heruntergerissen, in den Haaren des Kopfes und Bartes zerzaust und mit starken Knütteln zu Boden geschlagen wird. Den betäubten und mit Blut überströmten Mann suchten einige Besonnene vor der Wuth der gedungenen brutalen Schaar dadurch zu retten, daß sie eine Nebenthür einstoßen, da die Hauptthür von den Wütherichen besetzt ist. Jetzt kehrt sich deren Brutalität gegen einen der Retter, der Aehnlichkeit mit Schneider hat. Kein Betheuern, er sei Schneider nicht, hilft, er wird zu Boden geschmettert und noch ärger behandelt als jener. Man wendet nun die Wuth gegen den unschuldigen Wirth, einen Greis, der mißhandelt wird, weil er nicht angeben will oder kann, wohin Schneider geflüchtet. Die Wuth hat endlich das ihr bezeichnete Ziel verloren; es beruhigt sich die Leidenschaft; man kommt zum Bewußtsein des begangenen Unrechts. Da erwacht die Wuth auf's neue, sich gar doppelt kehrend gegen die Anstifter dieser Gräuelscenen. Einem nach dem Andern von diesen dringt die etwa 40 Mann starke Rotte in's Haus, zerschlägt und zerstört, was drinnen zu finden, zerbricht Thüren und Fenster. Auf diesem Rachezuge kommt sie Nachts um 11 Uhr auch vor die Wohnung eines der dortigen Förster. Dieser ruft ihnen entgegen, daß sie zum Unrechten kämen und droht mit Anwendung seiner sieben geladenen Büchsen. Man verlacht die Drohung und dringt vor. Da schießt der Förster und seine Burschen hinein in den Haufen, es fallen Einige, die Andern weichen erst bestürzt zurück, dann aber dringen sie in's Haus, treiben den Förster in die Flucht und demoliren das ganze Haus. Schneider will in der Nacht mit der Post nach Schönebeck fahren; aber selbst diese hält man nicht für sicher und fürchtet einen Ueberfall, da noch kurz zuvor ein namhafter Bürger Aken's unter der Maske der Theilnahme zu Schneider in sein Versteck hat zu dringen gesucht, um ihm mit vier seiner hinter ihm verborgenen Spießgesellen vielleicht noch das Garaus zu machen. Erst am Morgen früh gelingt es ihm, durch den Beistand guter Bürger nach dem Bahnhof in Köthen und mit dem ersten Eisenbahnzug nach Schönebeck zu entkommen. -- Die Nachricht von diesen Vorfällen hat sich heute Nachmittag hier in Magdeburg in den verschiedensten Versammlungen schnell verbreitet und die Gemüther in eine sehr gereizte Stimmung gesetzt." 43 München, 22. Jan.
Heute eröffnete der Reichs-Max die Kammern mit einer Thronrede, die sich nicht einmal durch die Stelle auszeichnet, wo der Reichs-Max versichert: "Recht und gesetzmäßige Freiheit soll herrschen im Gebiete des Staats, wie der Kirche;" auch nicht durch die andere Passage, wo er versichert: "die ertheilten Verheißungen treu und gewissenhaft erfüllt zu haben." Denn daß Unverschämtheit im Lügen eben so zu Thronrereden gehört, wie das Klimpern zum Handwerk: das ist eine bekannte konstitutionelle Erfahrung. Schließlich wird des "Allmächtigen schirmende Hand" angerufen, die sich bei den hohen Herrschaften "von Gottes Gnaden" in so und so viel, leider nicht vom "Allmächtigen", sondern aus den Taschen des Volks bezahlte Kanonen, Bajonette, Pickelhauben, Gensd'armen, Pfaffen etc. offenbart! X Hersel (Kreis Bonn), 24. Jan. Trotz aller schwarzweißen Blätter und Flugschriften, die hier im Orte und in der ganzen Umgegend in Massen vertheilt wurden, trotzdem daß unser Pastor des Sonntags in der heiligen Messe eine ganze Stunde gepredigt und die Demokraten der Hölle überliefert hatte, trotzdem daß er sagte, wer an der Krone rüttle, der rüttle auch an der Kirche, trotz Alledem und Alledem sind hier im Orte zu Wahlmännern vier Demokraten und kein einziger Konstitutioneller gewählt. 094 Velbert, 22. Jan. Die Wahlen auf unserer Demokraten-Oase im schwarz-weißen bergischen Ocean sind, wie zu erwarten stand, glänzend für die Demokratie ausgefallen, was die Herren „mit Gott für König, Muckerthum und den Geldsack“ nicht wenig ärgert, und das um so mehr, als sie sich alle erdenkliche Mühe gegeben hatten, ihre Lieblinge durchzubringen. In Essen und Werden soll das Resultat ebenso erfreulich sein, wohingegen von den benachbarten Sumpflöchern, Langenberg, Wülfrath etc. leider nur das Gegentheil zu gewärtigen ist. 091 Dahlen, 24. Jan. Hier sind die Wahlen ganz im demokratischen Sinne ausgefallen, denn unter 20 Wahlmännern wurde nur ein Schwarzweißer gewählt. Auch dies wäre nicht geschehen, wenn die demokratischen Urwähler alle bis zum Schlusse ausgehalten hätten. In Gladbach, so wie im ganzen Kreise, ebenso im Kreise Grevenbroich sind die Wahlen auf entschiedene Demokraten gefallen mit einziger Ausnahme der Oerter Rheydt, Odenkirchen, Otzenrath und Sassenrath, wo der Sitz der Schwarzweißen ist und der größte Theil der Arbeiter im Sinne ihrer Herren Fabrikanten wählen mußten. Der Sieg der Demokratie ist also hier gewiß und sind alle von den Preußen hier ausgestreuten Traktätlein fruchtlos geblieben. 092 Sieglar, 23. Jan. In unserm Orte sind die Wahlen konstitutionell ausgefallen, doch sind auch hier die schlimmsten Feinde der Revolution nicht auf der Wahlmännerliste. In den umliegenden Ortschaften siegte indeß die Demokratie entschieden. 14 Düren, 24. Jan. Die Demokratie hat hier bei den Wahlen total gesiegt. Die wenigen Heuler heulen nicht mehr; nein, sie winseln, denn Keinem war es im Traume eingefallen, daß die gute Sache eine so eklatante Niederlage erleiden würde. Ein hiesiger Fabrikant, ein Pascha von zwei Dampfmaschinen, der mir in diesem Augenblick gegenübersitzt, ringt die Hände und bemerkt mir mit dem Ausdruck des tiefsten Schmerzes: „Auch die achtbarsten Leute sind durchgefallen — man hat lauter unbekanntes Volk gewählt! Gott sei mit uns; die Zeiten werden schlimmer und schlimmer!“ ** Bensberg, 24. Jan. Auch in hiesiger Gegend hat die Demokratie am 22. gesiegt. Unter den 21 Wahlmännern der Bürgermeisterei Bensberg sind 17 Demokraten; unter den 17 Wahlmännern der Bürgerm. Bergisch-Gladbach sind 13; unter den 18 Wahlmännern der Bürgerm. Odenthal 13; unter den 18 Wahlmännern der Bürgerm. Rösrath ungefähr die Hälfte und in der Bürgerm. Overath sämmtliche neunzehn Wahlmänner Demokraten. In der genannten Bürgermeisterei Rösrath hat der Ort Rösrath entschieden demokratisch und der Ort Volberg entschieden im entgegengesetzten Sinne gewählt. Hier in Bensberg brachten die Konstitutionellen ihre Kandidaten nur in dem mit dem Kadettenhause verbundenen Wahlbezirke, durch die militärisch geordnete Beamten- und Dienerschaar dieses Hauses, in Verbindung mit ungefähr einem Drittel der sonstigen theilweise von ihm abhängigen Bevölkerung des Wahlbezirks durch. Die übrige Bevölkerung dieses Wahlbezirks zeigte sich gegen Erwarten der Konstitutionellen entschieden demokratisch und nur ein paar Stimmen fehlten ihr zum Siege. Man hatte in der Voraussetzung, daß die zahlreichen, militärisch enggeschaarten Urwähler des Kadettenhauses in dem kleinen damit verbundenen Wahlbezirke einen zu überwiegenden Einfluß ausüben würden, bei dem Bürgermeister, Landrathe und der Regierung um Erweiterung dieses Wahlbezirkes nachgesucht. Diese Erweiterung wurde jedoch, obschon der Bezirk dreimal größer hätte sein können, ohne die gesetzliche Seelenzahl zu überschreiten, nicht gestattet, natürlich, weil in dem kleinen, mit dem Kadettenhause verbundenen Wahlbezirke einige der Hauptführer des Kreis Mülheimer demokratischen Vereins wohnen, welche dadurch fast in die Unmöglichkeit versetzt wurden, bei der Wahl durchzukommen. 121 Uerdingen, 24. Jan. Die am 22. begonnene Wahl wurde gestern beendigt. Die Demokratie siegte so vollständig, daß unter den Wahlmännern nur Einer ein schwankendes Wesen ist, der aber doch nie bis zum „Konstitutionalismus“ hinabsinken könnte. Es half den Reaktionären auch ihr letztes Mittel nichts, welches darin bestand, daß sie am 20. Abends in jedes Haus 1 Exemplar des „Krefelder Intelligenzblattes“ praktiziren ließen. Bei dem Blättchen war eine Liste der zu Wählenden! Ach, wie dumm! sagten die Urwähler. Durch 2 malige Vorversammlung waren diese wie alle andern Umtriebe unschädlich gemacht. In unserm Städtchen herrscht über den Wahlausgang allgemeiner Jubel und — heulerische Trauer bei der „schwarz-weißen“ Klique. Uebrigens sind im ganzen Kreise Krefeld die Wahlen zu unsern Gunsten entschieden worden. 103 Trier, 24. Jan. Wie hier, so hat die Demokratie auch in Saarlouis und Saarbrücken ihre Gegner aus dem Felde geschlagen; die meisten „konstitutionellen“, auf deutsch: volksfeindlichen Kandidaten erlitten einen gar argen Durchfall. Das royalistische Schreibstubengeschmeiß, nebst Krautjunker- und Bourgeoisthum beißen sich vor Wuth die Lippen. 15 Wesel, 23. Jan. Sie werden kaum erwartet haben, daß bei den hiesigen ungünstigen Verhältnissen, nämlich bei der Masse von Militär, das unausgesetzt im „schwarz-weißen“ Sinne bearbeitet worden, die Wahlen gleichwohl ein immerhin günstiges Resultat liefern würden. Ein solches ist aber erfolgt. Beinah die Hälfte der Gewählten sind Demokraten. Haben nun auch die Reaktionärs die Mehrheit zu erreichen gewußt, so erlitten sie doch mit ihrem Hauptkandidaten, dem Kommandanten v. Grabowsky, eine schmerzliche Niederlage. Er fiel nämlich mit Glanz durch. 27 Wetzlar, 23. Jan. Wahrlich, am Eifer der „Schwarz-weißen,“ an Lügen, Verleumdungen, Bethörungen, Verheißungen etc. hat's nicht gelegen, wenn ihre Kandidaten nicht durchgegangen. Das demokratische Prinzip hat entschieden gesiegt; mehr als zwei Drittel der Wahlmänner gehören ihm an. Dieses Resultat ist um so bedeutungsvoller, da gerade hier die Bureaukratie mit ihren Verbündeten früher einen großen Einfluß besaß. 067 Crefeld, 23. Jan. Auch hier hat die Demokratie mit 80 gegen 54 Stimmen gesiegt. Die Schwarz-Weißen suchten ihre Niederlage dadurch zu verbergen, daß sie ihrem Lokal-König, dem Hrn. Baron von der Leien das flatternde Banner „Meiner getreuen Armee“ vom sogenannten Drießenhof bis zu seiner Wohnung vorantrugen. Dies war die Provokation zu einem königl. preußischen Scandal, indem die demokratische Partei sich alsobald in beträchtlicher Zahl zusammenthat, und die Herausforderung durch die Enthüllung einer schwarzroth-goldnen und einer rothen Fahne beantwortete. Da fuhr eine unsägliche Angst in die Geldsäcke und in die Männer der königlich preußischen Privilegien, und es hieß nun „Unsere Feinde sind gewesen wie immer, sie sind feige gewesen.“ Denn die Raserei, mit der die Bürgerwehr herausgetrommelt und getutet wurde, war nur ungeheure Angst. Wie wir hören, sind die Fenster des Rathhauses und der allbeliebte Polizei-Inspektor zu unserem innigsten Bedauern stark berücksichtigt worden; andererseits aber auch durch die gute Mannszucht „Meiner getreuen Bürgerwehr-Kavallerie“ einige Verwundungen erfolgt. Ein Kavallerist, der sich durch gute Mannszucht besonders auszeichnete, brach ein Bein, den Andern zum Exempel. — In solcher würdevollen Lage befanden sich die Männer der Ruhe und Ordnung am Abende dieses schönen Tages, und wir können ausrufen: „Es ist uns nie etwas Schöneres in dieser Weise zu Gesichte gekommen.“ Als Kandidaten für die zweite Kammer hat der sogenannte konstitutionelle Klub den seiner Zeit durchgebrannten Abgeordneten, Pastor Schmitz von Bockum aufgestellt, in der Hoffnung, daß der Katholizismus, welcher hier demokratisch ist, sich durch eine solche Kandidatur werde bestechen lassen. Aber das Volk ist nicht mehr so dumm; es fängt an zu begreifen, daß man ein guter Pastor, aber schlechter Abgeordneter sein kann. 062 Kreuznach, 24. Januar. Als die Brandenburg-Manteuffel'sche Kanonenpolitik das Wohl des Vaterlandes begründet hatte, wurde auch Kreuznach mit Soldaten und Untersuchungen gesegnet. Doch es konnte leider nur eine Anklage gegen G. Würmle, Redakteur eines „der Demokrat“ betitelten Blattes, eingeleitet werden, weil er in einer Volksversammlung aufgefordert habe, die Beamten, wenn sie Steuer erheben wollten, zur Thüre hinauszuschmeißen. Er kommt den 26. d. vor das Zuchtpolizeigericht in Koblenz. Durch alle mögliche Intriguen suchte man die Herausgabe seines Blattes zu verhindern. Noch jetzt ist die Herausgabe trotz Art. 14. der octroyirten Verfassung nicht gesichert. Der hiesige Polizeikommissär verlangte auf Grund des Gesetzes vom 17. März (!) die Auslieferung der gedruckten Blätter. Der Redakteur erwiderte ihm etwas beißend, worauf 2 Anklagen zugleich gegen ihn gerichtet wurden, nämlich Uebertretung des Gesetzes vom 17. März und Beleidigung des Polizeikommissärs in seinem Dienst. Der hiesige konstitutionelle Verein hatte eine Zustimmungsadresse zu allen Handlungen der National-Versammlung erlassen. Als aber der Steuerverweigerungsbeschluß bekannt wurde, bekamen viele „Herren,“ worunter namentlich die Beamten, große Angst und wollten jetzt eine Adresse im entgegengesetzten Sinne durchsetzen. Doch selbst die meisten Mitglieder dieses Vereins wurden über die Inconsequenz unwillig und so löste sich der Verein in Wohlgefallen auf, besonders dadurch, daß vorher ein Hauptleiter desselben, Oberlehrer S. (Seyffert), welcher eine Lobrede auf Windischgrätz gehalten hatte, eine großartige Katzenmusik erhielt. Die Wahlen setzten die beiden Parteien wieder in große Bewegung. Die demokratische Partei ist hauptsächlich durch das früher gewählte Volkscomité, den demokratischen Verein und den Bürgerverein vertreten. Kreuznach war zuerst in 5 Bezirke getheilt und die Demokraten hatte alle Chancen für sich. Der königl. Landrath v. Jagon (ein Uckermärker) berief noch einmal den hochweisen Stadtrath, und dieser widerrief auf seinen Rath und aus Gefälligkeit seinen früheren Beschluß und theilte die Stadt in 10 Bezirke. Trotzdem trugen die Demokraten einen glänzenden Sieg devon. Von ihren 37 Kandidaten gingen 28 durch. Unter den 9 übrigen sind 4 - 5 schwankend, die übrigen entschieden reaktionär. Kein einziger Beamter wurde gewählt. Dies ist der beste Protest gegen den Loyalitätsadresse, welche mit 200 Unterschriften an den König abging. Die Wahlen auf dem Lande sind auch nicht so schlecht ausgefallen, wie wir fürchteten. In den kleinern Städten und mehreren Dörfern wurden entschiedene Demokraten gewählt. Doch haben wir nicht viel Hoffnung, einen entschiedenen Abgeordneten durchzubringen, indem die Kreise Kreuznach und Simmern 2 Abgeordnete zusammen wählen und die Kreuznacher Wahlmänner nach Simmern gehen müssen. Manteuffel'sche Politik! Auch hier wurden reaktionäre Flugschriften, worunter hauptsächlich „Briefe eines Demokraten“ und „die Enthüllungen,“ in ungeheurer Zahl verbreitet. Alles Vergebens! X Wattenscheid, im Kreise Bochum, 24. Jan. Etwas spät aber mit großer Freude theile ich Ihnen mit, daß im hiesigen Amte à circa 7000 Seelen die Demokratie beinah' vollständig gesiegt hat. In unserem Städtchen selbst (5 Wahlmänner) haben wir lauter Demokraten durchgesetzt. Im benachbarten Essen sind unter 24 Wahlmännern nur 3 „Konstitutionelle“. Selbst in unserer Kreisstadt Bochum („liebe und getreue Markaner“) soll die Demokratie die Oberhand gewonnen haben. Daß unter den lieben und getreuen Markanern die Pesth der Demokratie so weit eingerissen, wird die gottbegnadete Regierung freilich Wunder nehmen. Denn wenn dies am grünen Holze geschieht etc. 14 Bielefeld, 24. Januar. Unter der reaktionären Partei herrscht hier die furchtbarste Bestürzung. In ganz Westphalen triumphirte bei der Wahl die Demokratie. Die kontrerevolutionäre Partei gibt Alles verloren und ist der Meinung, daß der Tanz in Berlin lustiger als je beginnen wird. Alle Arbeiter und Weber zwischen hier und Minden haben gegen ihre Herren gestimmt. Offiziere und Beamte, die sich als Kandidaten hinstellten, wurden unter Spott und Lachen davon gejagt. 068 Berlin, 24. Jan. An unserer Börse zirkulirt heute das Gerücht, der Reichstag in Kremsier sei aufgelöst. In Folge dieses Gerüchtes, sowie des demokratischen Ausfalls der Wahlen war die Stimmung an der Börse sehr flau- Der Bescheid des Königs auf die Vorstellung der Dorfgemeinde Nessin bei Kolberg ist in besonderem Abdruck an die Bauern auf den Wochenmärkten durch Gensd'armen vertheilt worden. Die Blätter haben die Ueberschrift „das Königliche Wort.“ Die „Enthüllungen“ des Hrn. v. Bülow-Cummerow und die Ansprachen des treugesinnten Wählervereins werden sogar in den Elementarschulen vertheilt, auf daß, wie geschrieben steht, des Herrn Wort durch den Mund der Säuglinge verkündet werde. Die Besitzer der hiesigen Maschinenbaufabriken sollen die Absicht haben, den im März ihren Gesellen erhöhten Lohn wieder zu kürzen; ebenso soll die damals verkürzte Arbeitszeit wieder verlängert werden. (Die Herren Bourgeois wollen natürlich von der Contrerevolution auch einen Profit ziehen; macht aber schnell, ihr Herren; denn wenn das Volk in diesem Frühjahr wieder aufwacht, so dürfte Euch noch mehr als Euer Geldsack verloren gehen.) Nordhausen, 22. Jan. Auch in unsern Mauern hat es harte Wahlkämpfe gegeben. Ein sogenannter „Centralausschuß“ wollte die Wahlen in seine Hand nehmen, allein die Bürgerschaft, die in diesem Ausschuß einen Absenker des hier allgemein verhaßten Preußenvereins erblickte, ließ ihn gänzlich durchfallen, und so sind sämmtliche Wahlen in Nordhausen ohne Ausnahme zu Gunsten der Demokratie ausgefallen. (Mgdb. Z.) 093 Greifswald, 22. Jan. Die Demokratie hat bei den Wahlen einen wahrhaft glänzenden Sieg erfochten. Unsere Stadt hat für 17 Bezirke 50 Wahlmänner zu stellen; von diesen gehören ungefähr 40 und einige der entschiedenen demokratischen, der Rest der liberalen Partei an mit Ausnahme von dreien, die der ultrakonservativen oder konservativen Partei angehören. Ein Professor und Geheimrath hatte das Unglück durch seinen Rival, einen Anstreicher, der mit der Affischirung demokratischer Plakate betraut ist, aus dem Sattel gehoben zu werden. Bei den Vorwahlen hatte der berüchtigte Präsident Hassenpflug nur Eine Stimme. Von unsern doktrinären Professoren hat das souveräne Volk keinen für würdig zum Wahlmann befunden und nur Hr. Baumstark ist von Eldern gewählt. Auch von mehreren Dörfern sind schon günstige Nachrichten eingelaufen. 068 Stettin, 22. Jan. Obgleich noch keine vollständige Ueberschauung der Wahlen vorliegt, steht doch schon fest, daß sie der Majorität nach im liberalen Sinne ausgefallen sind. Im Oberbezirk fingen die Soldaten Händel an, zogen die Seitengewehre und vertrieben die liberal gesinnten Urwähler. Die Soldaten waren, wie in der Regel, aufgehetzt worden. Die Nachrichten aus der Umgegend lauten günstig. Löwenberg, 21. Jan. Hierdurch theile ich Ihnen mit, daß vorgestern der hiesige Bürgermeister Ehrmann in Folge der Steuerverweigerung von der Königl. Regierung suspendirt worden und zugleich zur Untersuchung gezogen ist, ebenso ist der Vorsteher des demokratischen Clubs zu Friedeberg, Referendar Vanselow, wegen Hochverrath verhaftet worden, und ebenso der hiesige Präsident der Volksvereine, Candidat der Theologie Beege ebenfalls verhaftet. Verschiedene Gerüchte gehen umher, diesen und jenen Führer der Demokraten hierselbst zu verhaften. Allgemein hofft man aber, daß die Demokraten des hiesigen Kreises bei der Wahl den Justiz-Verweser Schulz, denselben, den die Mannschaften des 8. Landwehr-Regiments verwundeten, zur Wahl als Deputirten der zweiten Kammer durchbringen werden. Auch ist das Wohnzimmer des Prediger Schmidt, Abgeordneten der deutschen National-Versammlung, versiegelt worden. (A. Od. Z.) 068 Waldenburg in Schlesien, 21. Jan. Wie die reaktionäre (konstitutionelle) Partei auch die schaamlosesten Mittel nicht scheut, um ihre Kandidaten durchzubringen, davon nur ein einziges Beispiel. Wie Sie wissen, gibt's hier bedeutenden Bergbau (Kohlengruben), und die Bergleute bilden einen sehr zahlreichen Theil der Bevölkerung. Um diese zum Stimmen auf Seite der Reaktion zu gewinnen, erließ der „konstitutionelle Verein“ im hiesigen amtlichen Kreisblatte die Aufforderung, nur in seinem Sinne zu wählen und versprach, die Leute für Versäumniß und Reisekosten baar zu entschädigen. Durch seine Agenten wurden ferner über 1000 Bergleute, unter Androhung der Versetzung auf andere Gruben (mitten im Winter!) genöthigt, den demokratischen Klub zu verlassen und sich dem „Heuler“- oder konstitutionellen Verein anzuschließen. Wir sehen, daß die „Erbweisheit ohne Gleichen“ hier noch überboten wird. Magdeburg, 23. Jan. Unter diesem Datum bringt die „Aachener Zeitung“ folgenden Bericht: „Nach brieflicher Mittheilung aus den kleinern Städten unserer Provinz sucht man fast überall die demokratische Partei ihrer Führer entweder im Wege der Versetzung, wenn es Beamte sind, oder im Wege der Verhaftung, wenn ihnen nicht anders beizukommen, zu berauben. Man glaubt, diese Führer für die Wahlen unschädlich und diese alsdann durch den Terrorismus für die Regierung günstig zu machen. Ein solches Manöver ist in Tangermünde, wie ich Ihnen schrieb, verunglückt; in Hettstadt am Harz hat man den Oberlandesgerichtsassessor Koch, Präsidenten des dortigen Volksvereins, nach Stendal versetzt und den dortigen Thierarzt nach Sangerhausen abgeführt. Ohne Urtheilsspruch ist der Letztere durch den Bürgermeister, Gensd'armen und Feldhüter in seiner Wohnung verhaftet, Schränke, Kisten, Kammern sind durchsucht, Schriften, Briefe, selbst solche, die Familiengeheimnisse enthalten, sind mitgenommen. Dem Thierarzt selbst gönnt man noch nicht so viel Zeit, seine Geschäfte zu ordnen; man wirft ihn in einen offnen Wagen, und so geht's fort im Winter nach Sangerhausen! Sind dies die Errungenschaften des März? — In der Umgegend von Wackersleben, einem Dorfe im Neuhalderslebener Kreise, wo die Demokratie zum großen Aerger des Landrathes tiefe Wurzeln gefaßt hat, entblödet man sich nicht, der Habeas-Corpus-Akte zum Trotz, alle demokratisch gesinnten Männer, die in den dort fleißig gehaltenen Volksversammlungen gesprochen haben, durch Gensd'armen verhaften zu lassen. In Folge dessen soll dort eine große Gährung unter den Bauern herrschen. — Mit solchen Angriffen indeß begnügt sich die reaktionäre Partei noch nicht. Am 20. d. M. ist auf ihr Anstiften ein Mordversuch auf den Abgeordneten und Schriftführer der aufgelösten Nationalversammlung, Bürgermeister Schneider, gemacht worden. Derselbe war zu einer Versammlung in Aken gereist, um dort zu sprechen. Kaum hat er die Tribüne betreten, als er heruntergerissen, in den Haaren des Kopfes und Bartes zerzaust und mit starken Knütteln zu Boden geschlagen wird. Den betäubten und mit Blut überströmten Mann suchten einige Besonnene vor der Wuth der gedungenen brutalen Schaar dadurch zu retten, daß sie eine Nebenthür einstoßen, da die Hauptthür von den Wütherichen besetzt ist. Jetzt kehrt sich deren Brutalität gegen einen der Retter, der Aehnlichkeit mit Schneider hat. Kein Betheuern, er sei Schneider nicht, hilft, er wird zu Boden geschmettert und noch ärger behandelt als jener. Man wendet nun die Wuth gegen den unschuldigen Wirth, einen Greis, der mißhandelt wird, weil er nicht angeben will oder kann, wohin Schneider geflüchtet. Die Wuth hat endlich das ihr bezeichnete Ziel verloren; es beruhigt sich die Leidenschaft; man kommt zum Bewußtsein des begangenen Unrechts. Da erwacht die Wuth auf's neue, sich gar doppelt kehrend gegen die Anstifter dieser Gräuelscenen. Einem nach dem Andern von diesen dringt die etwa 40 Mann starke Rotte in's Haus, zerschlägt und zerstört, was drinnen zu finden, zerbricht Thüren und Fenster. Auf diesem Rachezuge kommt sie Nachts um 11 Uhr auch vor die Wohnung eines der dortigen Förster. Dieser ruft ihnen entgegen, daß sie zum Unrechten kämen und droht mit Anwendung seiner sieben geladenen Büchsen. Man verlacht die Drohung und dringt vor. Da schießt der Förster und seine Burschen hinein in den Haufen, es fallen Einige, die Andern weichen erst bestürzt zurück, dann aber dringen sie in's Haus, treiben den Förster in die Flucht und demoliren das ganze Haus. Schneider will in der Nacht mit der Post nach Schönebeck fahren; aber selbst diese hält man nicht für sicher und fürchtet einen Ueberfall, da noch kurz zuvor ein namhafter Bürger Aken's unter der Maske der Theilnahme zu Schneider in sein Versteck hat zu dringen gesucht, um ihm mit vier seiner hinter ihm verborgenen Spießgesellen vielleicht noch das Garaus zu machen. Erst am Morgen früh gelingt es ihm, durch den Beistand guter Bürger nach dem Bahnhof in Köthen und mit dem ersten Eisenbahnzug nach Schönebeck zu entkommen. — Die Nachricht von diesen Vorfällen hat sich heute Nachmittag hier in Magdeburg in den verschiedensten Versammlungen schnell verbreitet und die Gemüther in eine sehr gereizte Stimmung gesetzt.“ 43 München, 22. Jan.
Heute eröffnete der Reichs-Max die Kammern mit einer Thronrede, die sich nicht einmal durch die Stelle auszeichnet, wo der Reichs-Max versichert: „Recht und gesetzmäßige Freiheit soll herrschen im Gebiete des Staats, wie der Kirche;“ auch nicht durch die andere Passage, wo er versichert: „die ertheilten Verheißungen treu und gewissenhaft erfüllt zu haben.“ Denn daß Unverschämtheit im Lügen eben so zu Thronrereden gehört, wie das Klimpern zum Handwerk: das ist eine bekannte konstitutionelle Erfahrung. Schließlich wird des „Allmächtigen schirmende Hand“ angerufen, die sich bei den hohen Herrschaften „von Gottes Gnaden“ in so und so viel, leider nicht vom „Allmächtigen“, sondern aus den Taschen des Volks bezahlte Kanonen, Bajonette, Pickelhauben, Gensd'armen, Pfaffen etc. offenbart! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0002" n="1124"/> <div xml:id="ar206_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Hersel (Kreis Bonn), 24. Jan.</head> <p>Trotz aller schwarzweißen Blätter und Flugschriften, die hier im Orte und in der ganzen Umgegend in Massen vertheilt wurden, trotzdem daß unser Pastor des Sonntags in der heiligen Messe eine ganze Stunde gepredigt und die Demokraten der Hölle überliefert hatte, trotzdem daß er sagte, wer an der Krone rüttle, der rüttle auch an der Kirche, trotz Alledem und Alledem sind hier im Orte zu Wahlmännern vier Demokraten und kein einziger Konstitutioneller gewählt.</p> </div> <div xml:id="ar206_006" type="jArticle"> <head><bibl><author>094</author></bibl> Velbert, 22. Jan.</head> <p>Die Wahlen auf unserer Demokraten-Oase im schwarz-weißen bergischen Ocean sind, wie zu erwarten stand, glänzend für die Demokratie ausgefallen, was die Herren „mit Gott für König, Muckerthum und den Geldsack“ nicht wenig ärgert, und das um so mehr, als sie sich alle erdenkliche Mühe gegeben hatten, ihre Lieblinge durchzubringen.</p> <p>In Essen und Werden soll das Resultat ebenso erfreulich sein, wohingegen von den benachbarten Sumpflöchern, Langenberg, Wülfrath etc. leider nur das Gegentheil zu gewärtigen ist.</p> </div> <div xml:id="ar206_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>091</author></bibl> Dahlen, 24. Jan.</head> <p>Hier sind die Wahlen ganz im <hi rendition="#g">demokratischen</hi> Sinne ausgefallen, denn unter 20 Wahlmännern wurde nur <hi rendition="#g">ein</hi> Schwarzweißer gewählt. Auch dies wäre nicht geschehen, wenn die demokratischen Urwähler alle bis zum Schlusse ausgehalten hätten. In <hi rendition="#g">Gladbach,</hi> so wie im ganzen Kreise, ebenso im Kreise <hi rendition="#g">Grevenbroich</hi> sind die Wahlen auf entschiedene <hi rendition="#g">Demokraten</hi> gefallen mit einziger Ausnahme der Oerter <hi rendition="#g">Rheydt, Odenkirchen, Otzenrath</hi> und <hi rendition="#g">Sassenrath,</hi> wo der Sitz der Schwarzweißen ist und der größte Theil der Arbeiter im Sinne ihrer Herren Fabrikanten wählen mußten. Der Sieg der Demokratie ist also hier gewiß und sind alle von den Preußen hier ausgestreuten Traktätlein fruchtlos geblieben.</p> </div> <div xml:id="ar206_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>092</author></bibl> Sieglar, 23. Jan.</head> <p>In unserm Orte sind die Wahlen konstitutionell ausgefallen, doch sind auch hier die schlimmsten Feinde der Revolution nicht auf der Wahlmännerliste. In den umliegenden Ortschaften siegte indeß die Demokratie entschieden.</p> </div> <div xml:id="ar206_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>14</author></bibl> Düren, 24. Jan.</head> <p>Die Demokratie hat hier bei den Wahlen total gesiegt. Die wenigen Heuler heulen nicht mehr; nein, sie winseln, denn Keinem war es im Traume eingefallen, daß die gute Sache eine so eklatante Niederlage erleiden würde. Ein hiesiger Fabrikant, ein Pascha von zwei Dampfmaschinen, der mir in diesem Augenblick gegenübersitzt, ringt die Hände und bemerkt mir mit dem Ausdruck des tiefsten Schmerzes: „<hi rendition="#g">Auch die achtbarsten Leute sind durchgefallen — man hat lauter unbekanntes Volk gewählt! Gott sei mit uns; die Zeiten werden schlimmer und schlimmer</hi>!“</p> </div> <div xml:id="ar206_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Bensberg, 24. Jan.</head> <p>Auch in hiesiger Gegend hat die Demokratie am 22. gesiegt. Unter den 21 Wahlmännern der Bürgermeisterei <hi rendition="#g">Bensberg</hi> sind 17 Demokraten; unter den 17 Wahlmännern der Bürgerm. Bergisch-<hi rendition="#g">Gladbach</hi> sind 13; unter den 18 Wahlmännern der Bürgerm. <hi rendition="#g">Odenthal</hi> 13; unter den 18 Wahlmännern der Bürgerm. <hi rendition="#g">Rösrath</hi> ungefähr die Hälfte und in der Bürgerm. <hi rendition="#g">Overath</hi> sämmtliche neunzehn Wahlmänner Demokraten. In der genannten Bürgermeisterei Rösrath hat der Ort Rösrath entschieden demokratisch und der Ort Volberg entschieden im entgegengesetzten Sinne gewählt. Hier in Bensberg brachten die Konstitutionellen ihre Kandidaten nur in dem mit dem Kadettenhause verbundenen Wahlbezirke, durch die militärisch geordnete Beamten- und Dienerschaar dieses Hauses, in Verbindung mit ungefähr einem Drittel der sonstigen theilweise von ihm abhängigen Bevölkerung des Wahlbezirks durch. Die übrige Bevölkerung dieses Wahlbezirks zeigte sich gegen Erwarten der Konstitutionellen entschieden demokratisch und nur ein paar Stimmen fehlten ihr zum Siege. Man hatte in der Voraussetzung, daß die zahlreichen, militärisch enggeschaarten Urwähler des Kadettenhauses in dem kleinen damit verbundenen Wahlbezirke einen zu überwiegenden Einfluß ausüben würden, bei dem Bürgermeister, Landrathe und der Regierung um Erweiterung dieses Wahlbezirkes nachgesucht. Diese Erweiterung wurde jedoch, obschon der Bezirk dreimal größer hätte sein können, ohne die gesetzliche Seelenzahl zu überschreiten, nicht gestattet, natürlich, weil in dem kleinen, mit dem Kadettenhause verbundenen Wahlbezirke einige der Hauptführer des Kreis Mülheimer demokratischen Vereins wohnen, welche dadurch fast in die Unmöglichkeit versetzt wurden, bei der Wahl durchzukommen.</p> </div> <div xml:id="ar206_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>121</author></bibl> Uerdingen, 24. Jan.</head> <p>Die am 22. begonnene Wahl wurde gestern beendigt. Die Demokratie siegte so vollständig, daß unter den Wahlmännern nur Einer ein schwankendes Wesen ist, der aber doch nie bis zum „Konstitutionalismus“ hinabsinken könnte. Es half den Reaktionären auch ihr letztes Mittel nichts, welches darin bestand, daß sie am 20. Abends in jedes Haus 1 Exemplar des „Krefelder Intelligenzblattes“ praktiziren ließen. Bei dem Blättchen war eine Liste der zu Wählenden! Ach, wie dumm! sagten die Urwähler. Durch 2 malige Vorversammlung waren diese wie alle andern Umtriebe unschädlich gemacht. In unserm Städtchen herrscht über den Wahlausgang allgemeiner Jubel und — heulerische Trauer bei der „schwarz-weißen“ Klique. Uebrigens sind im ganzen Kreise Krefeld die Wahlen zu unsern Gunsten entschieden worden.</p> </div> <div xml:id="ar206_012" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Trier, 24. Jan.</head> <p>Wie hier, so hat die Demokratie auch in <hi rendition="#g">Saarlouis</hi> und <hi rendition="#g">Saarbrücken</hi> ihre Gegner aus dem Felde geschlagen; die meisten „konstitutionellen“, auf deutsch: volksfeindlichen Kandidaten erlitten einen gar argen Durchfall. Das royalistische Schreibstubengeschmeiß, nebst Krautjunker- und Bourgeoisthum beißen sich vor Wuth die Lippen.</p> </div> <div xml:id="ar206_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Wesel, 23. Jan.</head> <p>Sie werden kaum erwartet haben, daß bei den hiesigen ungünstigen Verhältnissen, nämlich bei der Masse von Militär, das unausgesetzt im „schwarz-weißen“ Sinne bearbeitet worden, die Wahlen gleichwohl ein immerhin günstiges Resultat liefern würden. Ein solches ist aber erfolgt. Beinah die Hälfte der Gewählten sind Demokraten. Haben nun auch die Reaktionärs die Mehrheit zu erreichen gewußt, so erlitten sie doch mit ihrem Hauptkandidaten, dem Kommandanten v. Grabowsky, eine schmerzliche Niederlage. Er fiel nämlich mit Glanz durch.</p> </div> <div xml:id="ar206_014" type="jArticle"> <head><bibl><author>27</author></bibl> Wetzlar, 23. Jan.</head> <p>Wahrlich, am Eifer der „Schwarz-weißen,“ an Lügen, Verleumdungen, Bethörungen, Verheißungen etc. hat's nicht gelegen, wenn ihre Kandidaten nicht durchgegangen. Das demokratische Prinzip hat entschieden gesiegt; mehr als zwei Drittel der Wahlmänner gehören ihm an. Dieses Resultat ist um so bedeutungsvoller, da gerade hier die Bureaukratie mit ihren Verbündeten früher einen großen Einfluß besaß.</p> </div> <div xml:id="ar206_015" type="jArticle"> <head><bibl><author>067</author></bibl> Crefeld, 23. Jan.</head> <p>Auch hier hat die Demokratie mit 80 gegen 54 Stimmen gesiegt. Die Schwarz-Weißen suchten ihre Niederlage dadurch zu verbergen, daß sie ihrem Lokal-König, dem Hrn. Baron von der Leien das flatternde Banner „Meiner getreuen Armee“ vom sogenannten Drießenhof bis zu seiner Wohnung vorantrugen. Dies war die Provokation zu einem königl. preußischen Scandal, indem die demokratische Partei sich alsobald in beträchtlicher Zahl zusammenthat, und die Herausforderung durch die Enthüllung einer schwarzroth-goldnen und einer rothen Fahne beantwortete. Da fuhr eine unsägliche Angst in die Geldsäcke und in die Männer der königlich preußischen Privilegien, und es hieß nun „Unsere Feinde sind gewesen wie immer, sie sind <hi rendition="#g">feige</hi> gewesen.“ Denn die Raserei, mit der die Bürgerwehr herausgetrommelt und getutet wurde, war nur ungeheure Angst.</p> <p>Wie wir hören, sind die Fenster des Rathhauses und der allbeliebte Polizei-Inspektor zu unserem innigsten Bedauern stark berücksichtigt worden; andererseits aber auch durch die gute Mannszucht „Meiner getreuen Bürgerwehr-Kavallerie“ einige Verwundungen erfolgt. Ein Kavallerist, der sich durch gute Mannszucht besonders auszeichnete, brach ein Bein, den Andern zum Exempel. — In solcher würdevollen Lage befanden sich die Männer der Ruhe und Ordnung am Abende dieses schönen Tages, und wir können ausrufen: „Es ist uns nie etwas <hi rendition="#g">Schöneres</hi> in <hi rendition="#g">dieser</hi> Weise zu Gesichte gekommen.“</p> <p>Als Kandidaten für die zweite Kammer hat der sogenannte konstitutionelle Klub den seiner Zeit durchgebrannten Abgeordneten, Pastor Schmitz von Bockum aufgestellt, in der Hoffnung, daß der Katholizismus, welcher hier demokratisch ist, sich durch eine solche Kandidatur werde bestechen lassen. Aber das Volk ist nicht mehr so dumm; es fängt an zu begreifen, daß man ein guter Pastor, aber schlechter Abgeordneter sein kann.</p> </div> <div xml:id="ar206_016" type="jArticle"> <head><bibl><author>062</author></bibl> Kreuznach, 24. Januar.</head> <p>Als die Brandenburg-Manteuffel'sche Kanonenpolitik das Wohl des Vaterlandes begründet hatte, wurde auch Kreuznach mit Soldaten und Untersuchungen gesegnet. Doch es konnte leider nur eine Anklage gegen G. Würmle, Redakteur eines „der Demokrat“ betitelten Blattes, eingeleitet werden, weil er in einer Volksversammlung aufgefordert habe, die Beamten, wenn sie Steuer erheben wollten, zur Thüre hinauszuschmeißen. Er kommt den 26. d. vor das Zuchtpolizeigericht in Koblenz.</p> <p>Durch alle mögliche Intriguen suchte man die Herausgabe seines Blattes zu verhindern. Noch jetzt ist die Herausgabe trotz Art. 14. der octroyirten Verfassung nicht gesichert.</p> <p>Der hiesige Polizeikommissär verlangte auf Grund des Gesetzes vom 17. März (!) die Auslieferung der gedruckten Blätter. Der Redakteur erwiderte ihm etwas beißend, worauf 2 Anklagen zugleich gegen ihn gerichtet wurden, nämlich Uebertretung des Gesetzes vom 17. März und Beleidigung des Polizeikommissärs in seinem Dienst.</p> <p>Der hiesige konstitutionelle Verein hatte eine Zustimmungsadresse zu allen Handlungen der National-Versammlung erlassen. Als aber der Steuerverweigerungsbeschluß bekannt wurde, bekamen viele „Herren,“ worunter namentlich die Beamten, große Angst und wollten jetzt eine Adresse im entgegengesetzten Sinne durchsetzen. Doch selbst die meisten Mitglieder dieses Vereins wurden über die Inconsequenz unwillig und so löste sich der Verein in Wohlgefallen auf, besonders dadurch, daß vorher ein Hauptleiter desselben, Oberlehrer S. (Seyffert), welcher eine Lobrede auf Windischgrätz gehalten hatte, eine großartige Katzenmusik erhielt.</p> <p>Die Wahlen setzten die beiden Parteien wieder in große Bewegung. Die demokratische Partei ist hauptsächlich durch das früher gewählte Volkscomité, den demokratischen Verein und den Bürgerverein vertreten. Kreuznach war zuerst in 5 Bezirke getheilt und die Demokraten hatte alle Chancen für sich. Der königl. Landrath v. Jagon (ein Uckermärker) berief noch einmal den hochweisen Stadtrath, und dieser widerrief auf seinen Rath und aus Gefälligkeit seinen früheren Beschluß und theilte die Stadt in 10 Bezirke. Trotzdem trugen die Demokraten einen glänzenden Sieg devon. Von ihren 37 Kandidaten gingen 28 durch. Unter den 9 übrigen sind 4 - 5 schwankend, die übrigen entschieden reaktionär. Kein einziger Beamter wurde gewählt. Dies ist der beste Protest gegen den Loyalitätsadresse, welche mit 200 Unterschriften an den König abging. Die Wahlen auf dem Lande sind auch nicht so schlecht ausgefallen, wie wir fürchteten. In den kleinern Städten und mehreren Dörfern wurden entschiedene Demokraten gewählt. Doch haben wir nicht viel Hoffnung, einen entschiedenen Abgeordneten durchzubringen, indem die Kreise Kreuznach und Simmern 2 Abgeordnete zusammen wählen und die Kreuznacher Wahlmänner nach Simmern gehen müssen. Manteuffel'sche Politik!</p> <p>Auch hier wurden reaktionäre Flugschriften, worunter hauptsächlich „Briefe eines Demokraten“ und „die Enthüllungen,“ in ungeheurer Zahl verbreitet. Alles Vergebens!</p> </div> <div xml:id="ar206_017" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Wattenscheid, im Kreise Bochum, 24. Jan.</head> <p>Etwas spät aber mit großer Freude theile ich Ihnen mit, daß im hiesigen Amte à circa 7000 Seelen die Demokratie beinah' vollständig gesiegt hat. In unserem Städtchen selbst (5 Wahlmänner) haben wir lauter Demokraten durchgesetzt. Im benachbarten <hi rendition="#g">Essen</hi> sind unter 24 Wahlmännern nur 3 „Konstitutionelle“. Selbst in unserer Kreisstadt Bochum („liebe und getreue Markaner“) soll die Demokratie die Oberhand gewonnen haben. Daß unter den lieben und getreuen Markanern die Pesth der Demokratie so weit eingerissen, wird die gottbegnadete Regierung freilich Wunder nehmen. Denn wenn dies am grünen Holze geschieht etc.</p> </div> <div xml:id="ar206_018" type="jArticle"> <head><bibl><author>14</author></bibl> Bielefeld, 24. Januar.</head> <p>Unter der reaktionären Partei herrscht hier die furchtbarste Bestürzung. In ganz Westphalen triumphirte bei der Wahl die Demokratie. Die kontrerevolutionäre Partei gibt Alles verloren und ist der Meinung, daß der Tanz in Berlin lustiger als je beginnen wird. Alle Arbeiter und Weber zwischen hier und Minden haben gegen ihre Herren gestimmt. Offiziere und Beamte, die sich als Kandidaten hinstellten, wurden unter Spott und Lachen davon gejagt.</p> </div> <div xml:id="ar206_019" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Berlin, 24. Jan.</head> <p>An unserer Börse zirkulirt heute das Gerücht, <hi rendition="#g">der Reichstag in Kremsier sei aufgelöst</hi>. In Folge dieses Gerüchtes, sowie des demokratischen Ausfalls der Wahlen war die Stimmung an der Börse sehr flau-</p> <p>Der Bescheid des Königs auf die Vorstellung der Dorfgemeinde Nessin bei Kolberg ist in besonderem Abdruck an die Bauern auf den Wochenmärkten durch Gensd'armen vertheilt worden. Die Blätter haben die Ueberschrift „das Königliche Wort.“ Die „Enthüllungen“ des Hrn. v. Bülow-Cummerow und die Ansprachen des treugesinnten Wählervereins werden sogar in den Elementarschulen vertheilt, auf daß, wie geschrieben steht, des Herrn Wort durch den Mund der Säuglinge verkündet werde.</p> <p>Die Besitzer der hiesigen Maschinenbaufabriken sollen die Absicht haben, den im März ihren Gesellen erhöhten Lohn wieder zu kürzen; ebenso soll die damals verkürzte Arbeitszeit wieder verlängert werden. (Die Herren Bourgeois wollen natürlich von der Contrerevolution auch einen Profit ziehen; macht aber schnell, ihr Herren; denn wenn das Volk in diesem Frühjahr wieder aufwacht, so dürfte Euch noch mehr als Euer Geldsack verloren gehen.)</p> </div> <div xml:id="ar206_020" type="jArticle"> <head>Nordhausen, 22. Jan.</head> <p>Auch in unsern Mauern hat es harte Wahlkämpfe gegeben. Ein sogenannter „Centralausschuß“ wollte die Wahlen in seine Hand nehmen, allein die Bürgerschaft, die in diesem Ausschuß einen Absenker des hier allgemein verhaßten Preußenvereins erblickte, ließ ihn gänzlich durchfallen, und so sind sämmtliche Wahlen in Nordhausen ohne Ausnahme zu Gunsten der Demokratie ausgefallen.</p> <bibl>(Mgdb. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar206_021" type="jArticle"> <head><bibl><author>093</author></bibl> Greifswald, 22. Jan.</head> <p>Die Demokratie hat bei den Wahlen einen wahrhaft glänzenden Sieg erfochten. Unsere Stadt hat für 17 Bezirke 50 Wahlmänner zu stellen; von diesen gehören ungefähr 40 und einige der entschiedenen demokratischen, der Rest der liberalen Partei an mit Ausnahme von dreien, die der ultrakonservativen oder konservativen Partei angehören.</p> <p>Ein Professor und Geheimrath hatte das Unglück durch seinen Rival, einen Anstreicher, der mit der Affischirung demokratischer Plakate betraut ist, aus dem Sattel gehoben zu werden. Bei den Vorwahlen hatte der berüchtigte Präsident <hi rendition="#g">Hassenpflug</hi> nur <hi rendition="#g">Eine</hi> Stimme.</p> <p>Von unsern doktrinären Professoren hat das souveräne Volk keinen für würdig zum Wahlmann befunden und nur Hr. <hi rendition="#g">Baumstark</hi> ist von Eldern gewählt. Auch von mehreren Dörfern sind schon günstige Nachrichten eingelaufen.</p> </div> <div xml:id="ar206_022" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Stettin, 22. Jan.</head> <p>Obgleich noch keine vollständige Ueberschauung der Wahlen vorliegt, steht doch schon fest, daß sie der Majorität nach im liberalen Sinne ausgefallen sind. Im Oberbezirk fingen die Soldaten Händel an, zogen die Seitengewehre und vertrieben die liberal gesinnten Urwähler. Die Soldaten waren, wie in der Regel, aufgehetzt worden. Die Nachrichten aus der Umgegend lauten günstig.</p> </div> <div xml:id="ar206_023" type="jArticle"> <head>Löwenberg, 21. Jan.</head> <p>Hierdurch theile ich Ihnen mit, daß vorgestern der hiesige Bürgermeister Ehrmann in Folge der Steuerverweigerung von der Königl. Regierung suspendirt worden und zugleich zur Untersuchung gezogen ist, ebenso ist der Vorsteher des demokratischen Clubs zu Friedeberg, Referendar <hi rendition="#g">Vanselow,</hi> wegen Hochverrath verhaftet worden, und ebenso der hiesige Präsident der Volksvereine, Candidat der Theologie <hi rendition="#g">Beege</hi> ebenfalls verhaftet.</p> <p>Verschiedene Gerüchte gehen umher, diesen und jenen Führer der Demokraten hierselbst zu verhaften.</p> <p>Allgemein hofft man aber, daß die Demokraten des hiesigen Kreises bei der Wahl den Justiz-Verweser Schulz, denselben, den die Mannschaften des 8. Landwehr-Regiments verwundeten, zur Wahl als Deputirten der zweiten Kammer durchbringen werden. Auch ist das Wohnzimmer des Prediger Schmidt, Abgeordneten der deutschen National-Versammlung, versiegelt worden.</p> <bibl>(A. Od. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar206_024" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Waldenburg in Schlesien, 21. Jan.</head> <p>Wie die reaktionäre (konstitutionelle) Partei auch die schaamlosesten Mittel nicht scheut, um ihre Kandidaten durchzubringen, davon nur ein einziges Beispiel. Wie Sie wissen, gibt's hier bedeutenden Bergbau (Kohlengruben), und die Bergleute bilden einen sehr zahlreichen Theil der Bevölkerung. Um diese zum Stimmen auf Seite der Reaktion zu gewinnen, erließ der „konstitutionelle Verein“ im hiesigen <hi rendition="#b">amtlichen</hi> Kreisblatte die Aufforderung, nur in seinem Sinne zu wählen und versprach, die Leute für Versäumniß und Reisekosten baar zu entschädigen. Durch seine Agenten wurden ferner über 1000 Bergleute, unter Androhung der Versetzung auf andere Gruben (mitten im Winter!) genöthigt, den demokratischen Klub zu verlassen und sich dem „Heuler“- oder konstitutionellen Verein anzuschließen. Wir sehen, daß die „Erbweisheit ohne Gleichen“ hier noch überboten wird.</p> </div> <div xml:id="ar206_025" type="jArticle"> <head>Magdeburg, 23. Jan.</head> <p>Unter diesem Datum bringt die „Aachener Zeitung“ folgenden Bericht:</p> <p>„Nach brieflicher Mittheilung aus den kleinern Städten unserer Provinz sucht man fast überall die demokratische Partei ihrer Führer entweder im Wege der Versetzung, wenn es Beamte sind, oder im Wege der Verhaftung, wenn ihnen nicht anders beizukommen, zu berauben. Man glaubt, diese Führer für die Wahlen unschädlich und diese alsdann durch den Terrorismus für die Regierung günstig zu machen. Ein solches Manöver ist in Tangermünde, wie ich Ihnen schrieb, verunglückt; in Hettstadt am Harz hat man den Oberlandesgerichtsassessor Koch, Präsidenten des dortigen Volksvereins, nach Stendal versetzt und den dortigen Thierarzt nach Sangerhausen abgeführt. Ohne Urtheilsspruch ist der Letztere durch den Bürgermeister, Gensd'armen und Feldhüter in seiner Wohnung verhaftet, Schränke, Kisten, Kammern sind durchsucht, Schriften, Briefe, selbst solche, die Familiengeheimnisse enthalten, sind mitgenommen. Dem Thierarzt selbst gönnt man noch nicht so viel Zeit, seine Geschäfte zu ordnen; man wirft ihn in einen offnen Wagen, und so geht's fort im Winter nach Sangerhausen! Sind dies die Errungenschaften des März? — In der Umgegend von Wackersleben, einem Dorfe im Neuhalderslebener Kreise, wo die Demokratie zum großen Aerger des Landrathes tiefe Wurzeln gefaßt hat, entblödet man sich nicht, der Habeas-Corpus-Akte zum Trotz, alle demokratisch gesinnten Männer, die in den dort fleißig gehaltenen Volksversammlungen gesprochen haben, durch Gensd'armen verhaften zu lassen. In Folge dessen soll dort eine große Gährung unter den Bauern herrschen. — Mit solchen Angriffen indeß begnügt sich die reaktionäre Partei noch nicht. Am 20. d. M. ist auf ihr Anstiften ein Mordversuch auf den Abgeordneten und Schriftführer der aufgelösten Nationalversammlung, Bürgermeister Schneider, gemacht worden. Derselbe war zu einer Versammlung in Aken gereist, um dort zu sprechen. Kaum hat er die Tribüne betreten, als er heruntergerissen, in den Haaren des Kopfes und Bartes zerzaust und mit starken Knütteln zu Boden geschlagen wird. Den betäubten und mit Blut überströmten Mann suchten einige Besonnene vor der Wuth der gedungenen brutalen Schaar dadurch zu retten, daß sie eine Nebenthür einstoßen, da die Hauptthür von den Wütherichen besetzt ist. Jetzt kehrt sich deren Brutalität gegen einen der Retter, der Aehnlichkeit mit Schneider hat. Kein Betheuern, er sei Schneider nicht, hilft, er wird zu Boden geschmettert und noch ärger behandelt als jener. Man wendet nun die Wuth gegen den unschuldigen Wirth, einen Greis, der mißhandelt wird, weil er nicht angeben will oder kann, wohin Schneider geflüchtet. Die Wuth hat endlich das ihr bezeichnete Ziel verloren; es beruhigt sich die Leidenschaft; man kommt zum Bewußtsein des begangenen Unrechts. Da erwacht die Wuth auf's neue, sich gar doppelt kehrend gegen die Anstifter dieser Gräuelscenen. Einem nach dem Andern von diesen dringt die etwa 40 Mann starke Rotte in's Haus, zerschlägt und zerstört, was drinnen zu finden, zerbricht Thüren und Fenster. Auf diesem Rachezuge kommt sie Nachts um 11 Uhr auch vor die Wohnung eines der dortigen Förster. Dieser ruft ihnen entgegen, daß sie zum Unrechten kämen und droht mit Anwendung seiner sieben geladenen Büchsen. Man verlacht die Drohung und dringt vor. Da schießt der Förster und seine Burschen hinein in den Haufen, es fallen Einige, die Andern weichen erst bestürzt zurück, dann aber dringen sie in's Haus, treiben den Förster in die Flucht und demoliren das ganze Haus. Schneider will in der Nacht mit der Post nach Schönebeck fahren; aber selbst diese hält man nicht für sicher und fürchtet einen Ueberfall, da noch kurz zuvor ein namhafter Bürger Aken's unter der Maske der Theilnahme zu Schneider in sein Versteck hat zu dringen gesucht, um ihm mit vier seiner hinter ihm verborgenen Spießgesellen vielleicht noch das Garaus zu machen. Erst am Morgen früh gelingt es ihm, durch den Beistand guter Bürger nach dem Bahnhof in Köthen und mit dem ersten Eisenbahnzug nach Schönebeck zu entkommen. — Die Nachricht von diesen Vorfällen hat sich heute Nachmittag hier in Magdeburg in den verschiedensten Versammlungen schnell verbreitet und die Gemüther in eine sehr gereizte Stimmung gesetzt.“</p> </div> <div xml:id="ar206_026" type="jArticle"> <head><bibl><author>43</author></bibl> München, 22. Jan.</head> <p>Heute eröffnete der Reichs-Max die Kammern mit einer Thronrede, die sich nicht einmal durch die Stelle auszeichnet, wo der Reichs-Max versichert: „Recht und gesetzmäßige Freiheit soll herrschen im Gebiete des Staats, wie der Kirche;“ auch nicht durch die andere Passage, wo er versichert: „die ertheilten Verheißungen treu und gewissenhaft erfüllt zu haben.“ Denn daß Unverschämtheit im Lügen eben so zu Thronrereden gehört, wie das Klimpern zum Handwerk: das ist eine bekannte konstitutionelle Erfahrung. Schließlich wird des „Allmächtigen schirmende Hand“ angerufen, die sich bei den hohen Herrschaften „von Gottes Gnaden“ in so und so viel, leider nicht vom „Allmächtigen“, sondern aus den Taschen des Volks bezahlte Kanonen, Bajonette, Pickelhauben, Gensd'armen, Pfaffen etc. offenbart!</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [1124/0002]
X Hersel (Kreis Bonn), 24. Jan. Trotz aller schwarzweißen Blätter und Flugschriften, die hier im Orte und in der ganzen Umgegend in Massen vertheilt wurden, trotzdem daß unser Pastor des Sonntags in der heiligen Messe eine ganze Stunde gepredigt und die Demokraten der Hölle überliefert hatte, trotzdem daß er sagte, wer an der Krone rüttle, der rüttle auch an der Kirche, trotz Alledem und Alledem sind hier im Orte zu Wahlmännern vier Demokraten und kein einziger Konstitutioneller gewählt.
094 Velbert, 22. Jan. Die Wahlen auf unserer Demokraten-Oase im schwarz-weißen bergischen Ocean sind, wie zu erwarten stand, glänzend für die Demokratie ausgefallen, was die Herren „mit Gott für König, Muckerthum und den Geldsack“ nicht wenig ärgert, und das um so mehr, als sie sich alle erdenkliche Mühe gegeben hatten, ihre Lieblinge durchzubringen.
In Essen und Werden soll das Resultat ebenso erfreulich sein, wohingegen von den benachbarten Sumpflöchern, Langenberg, Wülfrath etc. leider nur das Gegentheil zu gewärtigen ist.
091 Dahlen, 24. Jan. Hier sind die Wahlen ganz im demokratischen Sinne ausgefallen, denn unter 20 Wahlmännern wurde nur ein Schwarzweißer gewählt. Auch dies wäre nicht geschehen, wenn die demokratischen Urwähler alle bis zum Schlusse ausgehalten hätten. In Gladbach, so wie im ganzen Kreise, ebenso im Kreise Grevenbroich sind die Wahlen auf entschiedene Demokraten gefallen mit einziger Ausnahme der Oerter Rheydt, Odenkirchen, Otzenrath und Sassenrath, wo der Sitz der Schwarzweißen ist und der größte Theil der Arbeiter im Sinne ihrer Herren Fabrikanten wählen mußten. Der Sieg der Demokratie ist also hier gewiß und sind alle von den Preußen hier ausgestreuten Traktätlein fruchtlos geblieben.
092 Sieglar, 23. Jan. In unserm Orte sind die Wahlen konstitutionell ausgefallen, doch sind auch hier die schlimmsten Feinde der Revolution nicht auf der Wahlmännerliste. In den umliegenden Ortschaften siegte indeß die Demokratie entschieden.
14 Düren, 24. Jan. Die Demokratie hat hier bei den Wahlen total gesiegt. Die wenigen Heuler heulen nicht mehr; nein, sie winseln, denn Keinem war es im Traume eingefallen, daß die gute Sache eine so eklatante Niederlage erleiden würde. Ein hiesiger Fabrikant, ein Pascha von zwei Dampfmaschinen, der mir in diesem Augenblick gegenübersitzt, ringt die Hände und bemerkt mir mit dem Ausdruck des tiefsten Schmerzes: „Auch die achtbarsten Leute sind durchgefallen — man hat lauter unbekanntes Volk gewählt! Gott sei mit uns; die Zeiten werden schlimmer und schlimmer!“
** Bensberg, 24. Jan. Auch in hiesiger Gegend hat die Demokratie am 22. gesiegt. Unter den 21 Wahlmännern der Bürgermeisterei Bensberg sind 17 Demokraten; unter den 17 Wahlmännern der Bürgerm. Bergisch-Gladbach sind 13; unter den 18 Wahlmännern der Bürgerm. Odenthal 13; unter den 18 Wahlmännern der Bürgerm. Rösrath ungefähr die Hälfte und in der Bürgerm. Overath sämmtliche neunzehn Wahlmänner Demokraten. In der genannten Bürgermeisterei Rösrath hat der Ort Rösrath entschieden demokratisch und der Ort Volberg entschieden im entgegengesetzten Sinne gewählt. Hier in Bensberg brachten die Konstitutionellen ihre Kandidaten nur in dem mit dem Kadettenhause verbundenen Wahlbezirke, durch die militärisch geordnete Beamten- und Dienerschaar dieses Hauses, in Verbindung mit ungefähr einem Drittel der sonstigen theilweise von ihm abhängigen Bevölkerung des Wahlbezirks durch. Die übrige Bevölkerung dieses Wahlbezirks zeigte sich gegen Erwarten der Konstitutionellen entschieden demokratisch und nur ein paar Stimmen fehlten ihr zum Siege. Man hatte in der Voraussetzung, daß die zahlreichen, militärisch enggeschaarten Urwähler des Kadettenhauses in dem kleinen damit verbundenen Wahlbezirke einen zu überwiegenden Einfluß ausüben würden, bei dem Bürgermeister, Landrathe und der Regierung um Erweiterung dieses Wahlbezirkes nachgesucht. Diese Erweiterung wurde jedoch, obschon der Bezirk dreimal größer hätte sein können, ohne die gesetzliche Seelenzahl zu überschreiten, nicht gestattet, natürlich, weil in dem kleinen, mit dem Kadettenhause verbundenen Wahlbezirke einige der Hauptführer des Kreis Mülheimer demokratischen Vereins wohnen, welche dadurch fast in die Unmöglichkeit versetzt wurden, bei der Wahl durchzukommen.
121 Uerdingen, 24. Jan. Die am 22. begonnene Wahl wurde gestern beendigt. Die Demokratie siegte so vollständig, daß unter den Wahlmännern nur Einer ein schwankendes Wesen ist, der aber doch nie bis zum „Konstitutionalismus“ hinabsinken könnte. Es half den Reaktionären auch ihr letztes Mittel nichts, welches darin bestand, daß sie am 20. Abends in jedes Haus 1 Exemplar des „Krefelder Intelligenzblattes“ praktiziren ließen. Bei dem Blättchen war eine Liste der zu Wählenden! Ach, wie dumm! sagten die Urwähler. Durch 2 malige Vorversammlung waren diese wie alle andern Umtriebe unschädlich gemacht. In unserm Städtchen herrscht über den Wahlausgang allgemeiner Jubel und — heulerische Trauer bei der „schwarz-weißen“ Klique. Uebrigens sind im ganzen Kreise Krefeld die Wahlen zu unsern Gunsten entschieden worden.
103 Trier, 24. Jan. Wie hier, so hat die Demokratie auch in Saarlouis und Saarbrücken ihre Gegner aus dem Felde geschlagen; die meisten „konstitutionellen“, auf deutsch: volksfeindlichen Kandidaten erlitten einen gar argen Durchfall. Das royalistische Schreibstubengeschmeiß, nebst Krautjunker- und Bourgeoisthum beißen sich vor Wuth die Lippen.
15 Wesel, 23. Jan. Sie werden kaum erwartet haben, daß bei den hiesigen ungünstigen Verhältnissen, nämlich bei der Masse von Militär, das unausgesetzt im „schwarz-weißen“ Sinne bearbeitet worden, die Wahlen gleichwohl ein immerhin günstiges Resultat liefern würden. Ein solches ist aber erfolgt. Beinah die Hälfte der Gewählten sind Demokraten. Haben nun auch die Reaktionärs die Mehrheit zu erreichen gewußt, so erlitten sie doch mit ihrem Hauptkandidaten, dem Kommandanten v. Grabowsky, eine schmerzliche Niederlage. Er fiel nämlich mit Glanz durch.
27 Wetzlar, 23. Jan. Wahrlich, am Eifer der „Schwarz-weißen,“ an Lügen, Verleumdungen, Bethörungen, Verheißungen etc. hat's nicht gelegen, wenn ihre Kandidaten nicht durchgegangen. Das demokratische Prinzip hat entschieden gesiegt; mehr als zwei Drittel der Wahlmänner gehören ihm an. Dieses Resultat ist um so bedeutungsvoller, da gerade hier die Bureaukratie mit ihren Verbündeten früher einen großen Einfluß besaß.
067 Crefeld, 23. Jan. Auch hier hat die Demokratie mit 80 gegen 54 Stimmen gesiegt. Die Schwarz-Weißen suchten ihre Niederlage dadurch zu verbergen, daß sie ihrem Lokal-König, dem Hrn. Baron von der Leien das flatternde Banner „Meiner getreuen Armee“ vom sogenannten Drießenhof bis zu seiner Wohnung vorantrugen. Dies war die Provokation zu einem königl. preußischen Scandal, indem die demokratische Partei sich alsobald in beträchtlicher Zahl zusammenthat, und die Herausforderung durch die Enthüllung einer schwarzroth-goldnen und einer rothen Fahne beantwortete. Da fuhr eine unsägliche Angst in die Geldsäcke und in die Männer der königlich preußischen Privilegien, und es hieß nun „Unsere Feinde sind gewesen wie immer, sie sind feige gewesen.“ Denn die Raserei, mit der die Bürgerwehr herausgetrommelt und getutet wurde, war nur ungeheure Angst.
Wie wir hören, sind die Fenster des Rathhauses und der allbeliebte Polizei-Inspektor zu unserem innigsten Bedauern stark berücksichtigt worden; andererseits aber auch durch die gute Mannszucht „Meiner getreuen Bürgerwehr-Kavallerie“ einige Verwundungen erfolgt. Ein Kavallerist, der sich durch gute Mannszucht besonders auszeichnete, brach ein Bein, den Andern zum Exempel. — In solcher würdevollen Lage befanden sich die Männer der Ruhe und Ordnung am Abende dieses schönen Tages, und wir können ausrufen: „Es ist uns nie etwas Schöneres in dieser Weise zu Gesichte gekommen.“
Als Kandidaten für die zweite Kammer hat der sogenannte konstitutionelle Klub den seiner Zeit durchgebrannten Abgeordneten, Pastor Schmitz von Bockum aufgestellt, in der Hoffnung, daß der Katholizismus, welcher hier demokratisch ist, sich durch eine solche Kandidatur werde bestechen lassen. Aber das Volk ist nicht mehr so dumm; es fängt an zu begreifen, daß man ein guter Pastor, aber schlechter Abgeordneter sein kann.
062 Kreuznach, 24. Januar. Als die Brandenburg-Manteuffel'sche Kanonenpolitik das Wohl des Vaterlandes begründet hatte, wurde auch Kreuznach mit Soldaten und Untersuchungen gesegnet. Doch es konnte leider nur eine Anklage gegen G. Würmle, Redakteur eines „der Demokrat“ betitelten Blattes, eingeleitet werden, weil er in einer Volksversammlung aufgefordert habe, die Beamten, wenn sie Steuer erheben wollten, zur Thüre hinauszuschmeißen. Er kommt den 26. d. vor das Zuchtpolizeigericht in Koblenz.
Durch alle mögliche Intriguen suchte man die Herausgabe seines Blattes zu verhindern. Noch jetzt ist die Herausgabe trotz Art. 14. der octroyirten Verfassung nicht gesichert.
Der hiesige Polizeikommissär verlangte auf Grund des Gesetzes vom 17. März (!) die Auslieferung der gedruckten Blätter. Der Redakteur erwiderte ihm etwas beißend, worauf 2 Anklagen zugleich gegen ihn gerichtet wurden, nämlich Uebertretung des Gesetzes vom 17. März und Beleidigung des Polizeikommissärs in seinem Dienst.
Der hiesige konstitutionelle Verein hatte eine Zustimmungsadresse zu allen Handlungen der National-Versammlung erlassen. Als aber der Steuerverweigerungsbeschluß bekannt wurde, bekamen viele „Herren,“ worunter namentlich die Beamten, große Angst und wollten jetzt eine Adresse im entgegengesetzten Sinne durchsetzen. Doch selbst die meisten Mitglieder dieses Vereins wurden über die Inconsequenz unwillig und so löste sich der Verein in Wohlgefallen auf, besonders dadurch, daß vorher ein Hauptleiter desselben, Oberlehrer S. (Seyffert), welcher eine Lobrede auf Windischgrätz gehalten hatte, eine großartige Katzenmusik erhielt.
Die Wahlen setzten die beiden Parteien wieder in große Bewegung. Die demokratische Partei ist hauptsächlich durch das früher gewählte Volkscomité, den demokratischen Verein und den Bürgerverein vertreten. Kreuznach war zuerst in 5 Bezirke getheilt und die Demokraten hatte alle Chancen für sich. Der königl. Landrath v. Jagon (ein Uckermärker) berief noch einmal den hochweisen Stadtrath, und dieser widerrief auf seinen Rath und aus Gefälligkeit seinen früheren Beschluß und theilte die Stadt in 10 Bezirke. Trotzdem trugen die Demokraten einen glänzenden Sieg devon. Von ihren 37 Kandidaten gingen 28 durch. Unter den 9 übrigen sind 4 - 5 schwankend, die übrigen entschieden reaktionär. Kein einziger Beamter wurde gewählt. Dies ist der beste Protest gegen den Loyalitätsadresse, welche mit 200 Unterschriften an den König abging. Die Wahlen auf dem Lande sind auch nicht so schlecht ausgefallen, wie wir fürchteten. In den kleinern Städten und mehreren Dörfern wurden entschiedene Demokraten gewählt. Doch haben wir nicht viel Hoffnung, einen entschiedenen Abgeordneten durchzubringen, indem die Kreise Kreuznach und Simmern 2 Abgeordnete zusammen wählen und die Kreuznacher Wahlmänner nach Simmern gehen müssen. Manteuffel'sche Politik!
Auch hier wurden reaktionäre Flugschriften, worunter hauptsächlich „Briefe eines Demokraten“ und „die Enthüllungen,“ in ungeheurer Zahl verbreitet. Alles Vergebens!
X Wattenscheid, im Kreise Bochum, 24. Jan. Etwas spät aber mit großer Freude theile ich Ihnen mit, daß im hiesigen Amte à circa 7000 Seelen die Demokratie beinah' vollständig gesiegt hat. In unserem Städtchen selbst (5 Wahlmänner) haben wir lauter Demokraten durchgesetzt. Im benachbarten Essen sind unter 24 Wahlmännern nur 3 „Konstitutionelle“. Selbst in unserer Kreisstadt Bochum („liebe und getreue Markaner“) soll die Demokratie die Oberhand gewonnen haben. Daß unter den lieben und getreuen Markanern die Pesth der Demokratie so weit eingerissen, wird die gottbegnadete Regierung freilich Wunder nehmen. Denn wenn dies am grünen Holze geschieht etc.
14 Bielefeld, 24. Januar. Unter der reaktionären Partei herrscht hier die furchtbarste Bestürzung. In ganz Westphalen triumphirte bei der Wahl die Demokratie. Die kontrerevolutionäre Partei gibt Alles verloren und ist der Meinung, daß der Tanz in Berlin lustiger als je beginnen wird. Alle Arbeiter und Weber zwischen hier und Minden haben gegen ihre Herren gestimmt. Offiziere und Beamte, die sich als Kandidaten hinstellten, wurden unter Spott und Lachen davon gejagt.
068 Berlin, 24. Jan. An unserer Börse zirkulirt heute das Gerücht, der Reichstag in Kremsier sei aufgelöst. In Folge dieses Gerüchtes, sowie des demokratischen Ausfalls der Wahlen war die Stimmung an der Börse sehr flau-
Der Bescheid des Königs auf die Vorstellung der Dorfgemeinde Nessin bei Kolberg ist in besonderem Abdruck an die Bauern auf den Wochenmärkten durch Gensd'armen vertheilt worden. Die Blätter haben die Ueberschrift „das Königliche Wort.“ Die „Enthüllungen“ des Hrn. v. Bülow-Cummerow und die Ansprachen des treugesinnten Wählervereins werden sogar in den Elementarschulen vertheilt, auf daß, wie geschrieben steht, des Herrn Wort durch den Mund der Säuglinge verkündet werde.
Die Besitzer der hiesigen Maschinenbaufabriken sollen die Absicht haben, den im März ihren Gesellen erhöhten Lohn wieder zu kürzen; ebenso soll die damals verkürzte Arbeitszeit wieder verlängert werden. (Die Herren Bourgeois wollen natürlich von der Contrerevolution auch einen Profit ziehen; macht aber schnell, ihr Herren; denn wenn das Volk in diesem Frühjahr wieder aufwacht, so dürfte Euch noch mehr als Euer Geldsack verloren gehen.)
Nordhausen, 22. Jan. Auch in unsern Mauern hat es harte Wahlkämpfe gegeben. Ein sogenannter „Centralausschuß“ wollte die Wahlen in seine Hand nehmen, allein die Bürgerschaft, die in diesem Ausschuß einen Absenker des hier allgemein verhaßten Preußenvereins erblickte, ließ ihn gänzlich durchfallen, und so sind sämmtliche Wahlen in Nordhausen ohne Ausnahme zu Gunsten der Demokratie ausgefallen.
(Mgdb. Z.) 093 Greifswald, 22. Jan. Die Demokratie hat bei den Wahlen einen wahrhaft glänzenden Sieg erfochten. Unsere Stadt hat für 17 Bezirke 50 Wahlmänner zu stellen; von diesen gehören ungefähr 40 und einige der entschiedenen demokratischen, der Rest der liberalen Partei an mit Ausnahme von dreien, die der ultrakonservativen oder konservativen Partei angehören.
Ein Professor und Geheimrath hatte das Unglück durch seinen Rival, einen Anstreicher, der mit der Affischirung demokratischer Plakate betraut ist, aus dem Sattel gehoben zu werden. Bei den Vorwahlen hatte der berüchtigte Präsident Hassenpflug nur Eine Stimme.
Von unsern doktrinären Professoren hat das souveräne Volk keinen für würdig zum Wahlmann befunden und nur Hr. Baumstark ist von Eldern gewählt. Auch von mehreren Dörfern sind schon günstige Nachrichten eingelaufen.
068 Stettin, 22. Jan. Obgleich noch keine vollständige Ueberschauung der Wahlen vorliegt, steht doch schon fest, daß sie der Majorität nach im liberalen Sinne ausgefallen sind. Im Oberbezirk fingen die Soldaten Händel an, zogen die Seitengewehre und vertrieben die liberal gesinnten Urwähler. Die Soldaten waren, wie in der Regel, aufgehetzt worden. Die Nachrichten aus der Umgegend lauten günstig.
Löwenberg, 21. Jan. Hierdurch theile ich Ihnen mit, daß vorgestern der hiesige Bürgermeister Ehrmann in Folge der Steuerverweigerung von der Königl. Regierung suspendirt worden und zugleich zur Untersuchung gezogen ist, ebenso ist der Vorsteher des demokratischen Clubs zu Friedeberg, Referendar Vanselow, wegen Hochverrath verhaftet worden, und ebenso der hiesige Präsident der Volksvereine, Candidat der Theologie Beege ebenfalls verhaftet.
Verschiedene Gerüchte gehen umher, diesen und jenen Führer der Demokraten hierselbst zu verhaften.
Allgemein hofft man aber, daß die Demokraten des hiesigen Kreises bei der Wahl den Justiz-Verweser Schulz, denselben, den die Mannschaften des 8. Landwehr-Regiments verwundeten, zur Wahl als Deputirten der zweiten Kammer durchbringen werden. Auch ist das Wohnzimmer des Prediger Schmidt, Abgeordneten der deutschen National-Versammlung, versiegelt worden.
(A. Od. Z.) 068 Waldenburg in Schlesien, 21. Jan. Wie die reaktionäre (konstitutionelle) Partei auch die schaamlosesten Mittel nicht scheut, um ihre Kandidaten durchzubringen, davon nur ein einziges Beispiel. Wie Sie wissen, gibt's hier bedeutenden Bergbau (Kohlengruben), und die Bergleute bilden einen sehr zahlreichen Theil der Bevölkerung. Um diese zum Stimmen auf Seite der Reaktion zu gewinnen, erließ der „konstitutionelle Verein“ im hiesigen amtlichen Kreisblatte die Aufforderung, nur in seinem Sinne zu wählen und versprach, die Leute für Versäumniß und Reisekosten baar zu entschädigen. Durch seine Agenten wurden ferner über 1000 Bergleute, unter Androhung der Versetzung auf andere Gruben (mitten im Winter!) genöthigt, den demokratischen Klub zu verlassen und sich dem „Heuler“- oder konstitutionellen Verein anzuschließen. Wir sehen, daß die „Erbweisheit ohne Gleichen“ hier noch überboten wird.
Magdeburg, 23. Jan. Unter diesem Datum bringt die „Aachener Zeitung“ folgenden Bericht:
„Nach brieflicher Mittheilung aus den kleinern Städten unserer Provinz sucht man fast überall die demokratische Partei ihrer Führer entweder im Wege der Versetzung, wenn es Beamte sind, oder im Wege der Verhaftung, wenn ihnen nicht anders beizukommen, zu berauben. Man glaubt, diese Führer für die Wahlen unschädlich und diese alsdann durch den Terrorismus für die Regierung günstig zu machen. Ein solches Manöver ist in Tangermünde, wie ich Ihnen schrieb, verunglückt; in Hettstadt am Harz hat man den Oberlandesgerichtsassessor Koch, Präsidenten des dortigen Volksvereins, nach Stendal versetzt und den dortigen Thierarzt nach Sangerhausen abgeführt. Ohne Urtheilsspruch ist der Letztere durch den Bürgermeister, Gensd'armen und Feldhüter in seiner Wohnung verhaftet, Schränke, Kisten, Kammern sind durchsucht, Schriften, Briefe, selbst solche, die Familiengeheimnisse enthalten, sind mitgenommen. Dem Thierarzt selbst gönnt man noch nicht so viel Zeit, seine Geschäfte zu ordnen; man wirft ihn in einen offnen Wagen, und so geht's fort im Winter nach Sangerhausen! Sind dies die Errungenschaften des März? — In der Umgegend von Wackersleben, einem Dorfe im Neuhalderslebener Kreise, wo die Demokratie zum großen Aerger des Landrathes tiefe Wurzeln gefaßt hat, entblödet man sich nicht, der Habeas-Corpus-Akte zum Trotz, alle demokratisch gesinnten Männer, die in den dort fleißig gehaltenen Volksversammlungen gesprochen haben, durch Gensd'armen verhaften zu lassen. In Folge dessen soll dort eine große Gährung unter den Bauern herrschen. — Mit solchen Angriffen indeß begnügt sich die reaktionäre Partei noch nicht. Am 20. d. M. ist auf ihr Anstiften ein Mordversuch auf den Abgeordneten und Schriftführer der aufgelösten Nationalversammlung, Bürgermeister Schneider, gemacht worden. Derselbe war zu einer Versammlung in Aken gereist, um dort zu sprechen. Kaum hat er die Tribüne betreten, als er heruntergerissen, in den Haaren des Kopfes und Bartes zerzaust und mit starken Knütteln zu Boden geschlagen wird. Den betäubten und mit Blut überströmten Mann suchten einige Besonnene vor der Wuth der gedungenen brutalen Schaar dadurch zu retten, daß sie eine Nebenthür einstoßen, da die Hauptthür von den Wütherichen besetzt ist. Jetzt kehrt sich deren Brutalität gegen einen der Retter, der Aehnlichkeit mit Schneider hat. Kein Betheuern, er sei Schneider nicht, hilft, er wird zu Boden geschmettert und noch ärger behandelt als jener. Man wendet nun die Wuth gegen den unschuldigen Wirth, einen Greis, der mißhandelt wird, weil er nicht angeben will oder kann, wohin Schneider geflüchtet. Die Wuth hat endlich das ihr bezeichnete Ziel verloren; es beruhigt sich die Leidenschaft; man kommt zum Bewußtsein des begangenen Unrechts. Da erwacht die Wuth auf's neue, sich gar doppelt kehrend gegen die Anstifter dieser Gräuelscenen. Einem nach dem Andern von diesen dringt die etwa 40 Mann starke Rotte in's Haus, zerschlägt und zerstört, was drinnen zu finden, zerbricht Thüren und Fenster. Auf diesem Rachezuge kommt sie Nachts um 11 Uhr auch vor die Wohnung eines der dortigen Förster. Dieser ruft ihnen entgegen, daß sie zum Unrechten kämen und droht mit Anwendung seiner sieben geladenen Büchsen. Man verlacht die Drohung und dringt vor. Da schießt der Förster und seine Burschen hinein in den Haufen, es fallen Einige, die Andern weichen erst bestürzt zurück, dann aber dringen sie in's Haus, treiben den Förster in die Flucht und demoliren das ganze Haus. Schneider will in der Nacht mit der Post nach Schönebeck fahren; aber selbst diese hält man nicht für sicher und fürchtet einen Ueberfall, da noch kurz zuvor ein namhafter Bürger Aken's unter der Maske der Theilnahme zu Schneider in sein Versteck hat zu dringen gesucht, um ihm mit vier seiner hinter ihm verborgenen Spießgesellen vielleicht noch das Garaus zu machen. Erst am Morgen früh gelingt es ihm, durch den Beistand guter Bürger nach dem Bahnhof in Köthen und mit dem ersten Eisenbahnzug nach Schönebeck zu entkommen. — Die Nachricht von diesen Vorfällen hat sich heute Nachmittag hier in Magdeburg in den verschiedensten Versammlungen schnell verbreitet und die Gemüther in eine sehr gereizte Stimmung gesetzt.“
43 München, 22. Jan. Heute eröffnete der Reichs-Max die Kammern mit einer Thronrede, die sich nicht einmal durch die Stelle auszeichnet, wo der Reichs-Max versichert: „Recht und gesetzmäßige Freiheit soll herrschen im Gebiete des Staats, wie der Kirche;“ auch nicht durch die andere Passage, wo er versichert: „die ertheilten Verheißungen treu und gewissenhaft erfüllt zu haben.“ Denn daß Unverschämtheit im Lügen eben so zu Thronrereden gehört, wie das Klimpern zum Handwerk: das ist eine bekannte konstitutionelle Erfahrung. Schließlich wird des „Allmächtigen schirmende Hand“ angerufen, die sich bei den hohen Herrschaften „von Gottes Gnaden“ in so und so viel, leider nicht vom „Allmächtigen“, sondern aus den Taschen des Volks bezahlte Kanonen, Bajonette, Pickelhauben, Gensd'armen, Pfaffen etc. offenbart!
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