Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 193. Köln, 12. Januar 1849. Beilage.

Bild:
erste Seite
Beilage zu Nr. 193 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Freitag 12. Januar 1849.
[Deutschland]

[Fortsetzung] principiell-politischer Bildung. Die badische Demokratie weiß zum größten Theil nicht, was sie will.

83 Göttingen, 7. Januar.

Unser liebes Königreich Hannover ist in vollem Wahlkampfe begriffen; denn die Wahlen für die Kammern finden in den nächsten Tagen statt. -- Hier in unserer Musenstadt haben die Wahlagitationen schon seit längerer Zeit einen festen Charakter angenommen. Man unterscheidet deutlich drei Parteien. Die eine bilden die Professoren und Beamten mit ihrem Schweife von Privatdocenten, Universitätsverwandten, lehenspflichtigen Bürgern u. dergl.; ihr vornehmthuender, phrasenreicher Führer ist der "constitutionelle Club". Einen bestimmten Canditaten hat diese Partei nicht aufzustellen gewagt. Eine zweite Partei unter der Führung des Dr. Ellissen u. Cons. (um den unbedeutenden "Bürgerverein" zu übergehen) sammelt sich, bisher in der Bürgerversammlung, jetzt besonders im "Mayrevier" und im Bürgerverein, welcher letztere dadurch eine starke Dosis demokratischer Purganzen erhalten hat; sie besteht aus den "honetten" Republikanern aus der Bürgerschaft. Der Dr. Ellissen ist von dieser Partei als Candidat aufgestellt. Wir lassen den Talenten dieses Mannes (der mit kindischer Freude sich bei jeder Gelegenheit als Republikaner hinstellt) volle Gerechtigkeit widerfahren; aber sein höchst schwankender Charakter, den seine bedeutende Beredsamkeit nicht gut macht, läßt ihn zum Candidaten der demokratischen Partei unfähig erscheinen. -- Die ziemlich zahlreiche dritte Partei, die mit dem Titel "die Rothen" belegt zu werden pflegt, kann es dem Dr. Ellissen und seiner Suite mit Recht nicht vergessen, daß diese, um ihre Wahlpläne zu vollführen, ein so wohlthätiges Institut, wie die Bürgerversammlung, in die Luft gesprengt haben -- wohlthätig, insofern es doch wenigstens durch sie den echten Demokraten möglich war, die adressenfreundlichen Bourgeois aus ihrer politischen Schläferei aufzurütteln und ihnen von Zeit zu Zeit ein frisches feuriges Wort über die Gegenwart und unsere Stellung zuzurufen. -- Nächstens mehr über die hannoverschen Verhältnisse und die Wahlresultate.

84 Kiel, 6. Januar.

Zu den Opfern des "Preußenthums" id est "unbedingter soldatischer Gehorsam", sind neuerdings mehrere hinzu gekommen. Ihren Lesern wird es vielleicht erinnerlich sein, daß zur Zeit des Bekanntwerdens des schmachvollen, dem entschiedenen Volkswillen hohnsprechenden Waffenstillstandes (im Anfang Septembers) die Soldaten des 5. Bataillons den preußischen Offizieren, die in dem Bataillon angestellt waren, gegenüber zeigten, daß sie nicht blos Soldaten, vulgo Maschinen, sondern something more seien. In den servilen Bourgeois-Blättern las man damals, daß ein gewisser Kriege und andere Wühler die Soldaten zu diesem Schritte verleitet hätten. Unter dem Vorgeben nämlich, als sollten über Eckernförde nach Kiel rückende Preußen die Landesversammlung, von welcher man sicher erwartete, daß sie den Waffenstillstand nicht annehmen und sonst entscheidende Schritte unternehmen würde, auseinander sprengen, verweigerten nicht blos Soldaten, sondern Unteroffiziere und Feldwebel den Gehorsam -- ja! man flüstert sich in die Ohren, daß selbst ein Compagniechef daran Theil genommen -- und wollten nicht ausmarschiren. Die darauf eingeleitete Untersuchung hat sich bis jetzt hingeschleppt, hauptsächlich um zu erfahren, ob die Soldaten aus Selbstbewußtsein gehandelt, oder ob Andere (die Wühler) sie über diesen Cardinalpunkt aufgeklärt hätten.

Von Civilpersonen wurde auch ein Literat Springborn *) dem man die Ehre anthat, als Urheber (da man Kriege nicht belangen konnte) zu bezeichnen, eingesteckt.

Man vermuthete nun allgemein, daß die Untersuchung niedergeschlagen werden würde; selbst diejenigen, welche man als die Hauptgravirten hier behalten, die aber immer auf freien Füßen waren, waren der Meinung. Da plötzlich in der Nacht vom 5. zum 6. werden sie aus ihren Quartieren geholt und das Urtheil ihnen publicirt, das bei 10 auf Zuchthausstrafe lautete. Von diesen 10 soll einer 10 Jahre, 2 jeder 8 Jahre, 6 jeder 6 und einer 3 Jahre unter Mördern, Dieben, Betrügern etc. vegetiren. Andere sind auf die Festung gekommen. Unter jenen Zehn "befindet sich ein Feldwebel".

Was man bei den Subalternen vermuthete, geschah nur bei dem Compagniechef, -- gegen diesen schlug man die Untersuchung nieder.

Daß das Urtheil so Knall und Fall publicirt wurde, war ein Boninischer Geniestreich. Die Soldaten von dem in Kiel cantonirenden 6ten Bataillon hatten unter andern schon geäußert, sie würden keine Henker ihrer Kameraden abgeben. Dieses muß den Säbelhelden der Reaction wohl bekannt gewesen sein; denn auch vom 6ten Bataillon wurde Nachts ein Commando ganz in der Stille mit voller Bepackung nach dem Hause des Commandirenden beordert, ohne daß diesen der Zweck und die Ursache bekannt war. Darauf wurden sie in der Frühstunde um die Stadt nach dem Bahnhofe geführt und fanden hier besagte 10 vom 5ten Bataillon vor. Es wurde ihnen dann mitgetheilt, daß sie als Bedeckung Jener dienen sollten und darauf ging es um 7 Uhr mit dem ersten Train fort.

Das wären also wieder Zehn, die Du unschädlich gemacht, wieder zehn Opfer um Deine Stellung zu sichern, General, Diktator Bonin. Fahre nur so fort, rufe ich wie Simon von Trier dem schwarz-gelben Schmerling, Ritter vom sublimirten Bundestag, zu dem das Blut der Gemordeten in Frankfurt emporschreit, -- fahre so fort, Deine Thaten werden Dir nachfolgen.

Schweiz.
Waadt. Lausanne, 3. Jan.

Der Staatsrath hat heute zu seinem Präsidenten Hrn. Delarageaz und Hrn. Blanchenay zu seinem Vizepräsidenten erwählt.

Wallis.

Der an die Stelle des "Journal du Valais" getretene "Courier du Valais" widerlegt die Nachricht von der Aufhebung des Hospizes auf dem St. Bernhard. Im Interesse der Gastfreundschaft, welche dort auch ferner geübt werden solle, habe sich die Regierung genöthigt gesehen, der Verschleppung der Stiftungsgüter von Seite der dortigen Mönche entgegenzutreten.

Bern, 6. Jan.

Bundesrath Franscini beschäftigt sich sehr eifrig mit den Vorarbeiten für Einrichtung einer eidgenössischen Hochschule und soll damit bereits so weit vorgerückt sein, daß eine Vorlage an die beiden Räthe vielleicht schon in deren nächster Sitzung erfolgt.

Aus Genf

hören wir, daß Dufour nach Paris abgereist ist, um L. Napoleon zu besuchen. Seine Reise soll nur den Zweck haben, dem Präsidenten der französischen Republik zu seiner Erwählung Glück zu wünschen.

Belgien.
X Brüssel, 10 Januar.

Der todtgesagte und beweinte, wiederauferstandene und steckbrieflich verfolgte Dr. Wilhelmi ist in Belgien mit dem constitutionellen Eldorato bekannt geworden. Wegen Mangels andrer, als der gewöhnlichen Flüchtlingsausweise wurde er verhaftet. Seim Berufen auf die Verfassung, nach welcher jeder Verhaftung ein schriftlicher Verhaftsbefehl vorausgehen oder spätestens binnen 24 Stunden folgen muß, nach welcher jedem den belgischen Boden betretenden Fremden Sicherheit seiner Person und Güter gewährt ist, half nichts; er wurde ins Gefängniß gesetzt Nach hundertfach erhobenen Protesten eröffnete man ihm endlich am sechsten Tage seiner Haft, daß er unter Militärbedeckung mittelst der Eisenbahn zur französischen Grenze gebracht werden solle.

Wir begreifen ganz die Größe der Furcht der Regierung vor den unabweislichen Früchten ihrer massenhaften Sünden, die soweit geht, daß sie durch die Anwesenheit dieses einzigen Flüchtlings, der nicht nach Frankreich gehen, sondern zu Brüssel einer schriftstellerischen Thätigkeit leben wollte, ihrer Sicherheit Gefahr drohen sah. Sie hat diese ängstliche Besorgniß in dem Tedesco'schen Prozesse ja genügsam bewiesen. Aber, wäre Belgien nicht der "konstitutionelle Musterstaat", wir müßten ob der Niederträchtigkeit erstaunen, daß sie den Dr. Wilhelmi nach Eröffnung jenes Beschlusses ohne irgend eine Mittheilung des Grundes weitere 4 Tage bis zum Vollzuge jener Maaßregel in Haft ließ, wir müßten ob der Gewissenlosigkeit erstaunen, daß sie diesem Dr. Wilhelmi, der Seitens der belgischen Regierung keines Vergehens bezüchtigt werden konnte, ohne einen vernünftig denkbaren Grund während viertägiger Haft im Gefängniß sein Geld zu verzehren zumuthete. Aber der "konstitutionelle Musterstaat" befindet sich in so großen finanziellen Bedrängnissen, daß die Gefängnisse als Einkommquellen zur Erhaltung der sog. "belgischen Nationalität" ausgebeutet werden müssen. Man fängt die Fremden ein, 1) um der heiligen Allianz seine Devotion zu beweisen und 2) um sie auszuplündern.

Das sind die Garantien dieser Belgischen Verfassung, welchem Königl. Preuß. Spießbürgerthum in seiner Kurzsichtigkeit und Unerfahrenheit bejubelt, das sind die Freiheiten und Rechte, mit welchen eine gottbegnadete Aristokratie das preußische Volk beglücken will.

Italien.
68 Rom, 30. Dcbr.

Gestern Nachmittag 4 Uhr ist das die römische Constituante einberufende Dekret der obersten Junta publicirt worden. Hundert und ein Kanonenschüsse vom Kastell S. Angelo und das Geläut sämmtlicher Glocken begrüßten das wichtige Ereigniß. Das Volk war enthusiasmirt. Der heutige "Contemporaneo", nachdem er die Publikation der Junta abgedruckt hat, ruft aus: Es lebe das Recht des Volkes! es lebe die Constitution des römischen Staats! Muth, Ausdauer, Freiheit und Nationalität! das ist das Gelübde Aller! Wer wird es jetzt wagen, dem römischen Volke eine Bedingung der Dienstbarkeit aufzuerlegen? Wer wird uns das Recht verweigern, Italiener zu sein?

Der Oberst Luigi Masi ist zum Commandanten der Civica ernannt worden.

68 Gaeta, 25. Dcbr.

Der Pabst hat heute das ganze diplomatische Corps, den russischen Gesandten mit inbegriffen, zum Pantoffelkuß zugelassen. Der König von Neapel hat ihm für eine Messe 600,000 Dukaten, die Königin von Spanien, ebenfalls für eine einzige Messe, 500,000 Colonnaten auszahlen lassen. Das sind allerdings Honorare, die den Pantoffel wieder auf den Strumpf bringen können!

68 Turin, 5. Jan.

Die Militair-Regierung der Lombardei sagt der "Couriere mercantile", hat so eben die Ausweisung jedes piemontesischen Unterthanen aus der Lombardei dekretirt. Ein genuesischer Kaufmann, der in Handelsgeschäften nach Mailand gegangen war, erhielt Befehl, die Stadt in vierundzwanzig Stunden zu verlassen. Der Termin wurde "aus Gnade" zwar um das Doppelte verlängert, doch sagte man ihm: "Von jetzt an werden wir mit den Piemontesen nur vermittelst der Kanonen correspondiren! Zu Mailand stehen alle Truppen schlagfertig, als sollte es in der nächsten Stunde zur Schlacht gehen. Alle Communikation zwischen Piemont und der Lombardei ist unterbrochen. Die Briefpost zwischen Mailand und Genua geht nicht mehr. Radetzki hat jeden persönlichen Verkehr mit Piemont untersagt, nur der Waaren-Transit ist noch nicht verboten. Die Ausführung von Gold und Silber aus den lombardisch-venetianischen Staaten, sofern es einen Werth von 100 Gulden übersteigt, ist gleichfalls durch ein Radetzki'sches Dekret prohibirt worden. Das piemontesische Hauptquartier befindet sich jetzt zu Alessandria, wo man den König erwartet und wo General Guaglia, Exkommandant der National-Garde von Genua, bereits eingetroffen ist, um die Stadt in Vertheidigungszustand zu setzen.

68 Verona, 27. Dezbr.

Nach einem vorgestern erlassenen Dekret des Generallieutenants Gerhardi sollen sämmtliche lombardisch-venetianische Unterthanen, welche die Lombardei ohne Erlaubniß verlassen haben, in die außerhalb Italien dienenden östreichischen Regimenter enrolirt werden. Diejenigen, welche gegen Oestreich gedient haben, sind des Hochverraths schuldig und können niemals als Kriegsgefangene betrachtet werden. Solchen, die das Land verlassen haben und wieder zurückkehren wollen, ist eine Frist von sieben Wochen zugestanden.

Französische Republik.
17 Paris, 9. Jan.

Die stillfriedliche Association der Köche ist den Arbeitsausbeutern und Bourgeoisfreibeutern gefährlicher, als eine donnernde Emeute von drei Tagen und drei Nächten. Da sitzt das Blousenvolk an den langen Tischen im großen Salon, in behaglicher Wärme und im ambrosischen Duft der prasselnden Bratküche; da kredenzen ihm seine associirten Brüder, die Köche, reinere, wohlschmeckendere, billigere Speise, als es je im Leben genossen hat, und ohne diese Association auch gar niemals zu genießen bekommen würde. In der Straße Simon le Franc, im Centrum des arbeitsamen Viertels, ist es wahrlich ein erhebender Anblick, sie zu betrachten, diese Gefährten der Juniinsurgenten, wie sie heute lächelnd ihre wackern Zähne die trefflichen Associationsbraten zermalmen lassen, mit zwölf Sous sich sättigend und nährend; und bei jedem Bissen und bei jedem Schluck blitzt das dunkle Auge: "jetzt nähren wir uns, ihr reichen Faullenzer, ihr reichen Schufte, und stärken uns materiell und moralisch zum letzten Strauß mit euch, dann werden wir euch zerbeißen wie dieses Rostbeaf, aber vorher lassen wir euch Ader, reiche Hallunken, unsere Associationen saugen vorher euch ein gut Theil Bluts aus." Und während die Heerdfeuer der republikanischen Speiseanstalten lodern, und die "Bürger Köche" emsig in ihren weißen Anzügen die "Bürger Gäste" bedienen (das Wort Monsieur ist dort unerhört), während ein reicher Restaurant alten Styls nach dem andern die Bude schließt "von wegen Ueberflusses an Geldmangel", während die Bourgeoisie der hochgelegenen Finanzregion zähneknirschend und racheschnaubend die unvermeidliche Stromflut der Volksmacht heraufziehen sieht, die dem Wucher ein Ende setzt; während die Zeitung dieser Banditenklasse "Assemblee nationale" dumpf wuthheulend wie'n gutgeschulter Räuberhund den Schwanz zwischen die Beine klemmt und die Ohren legt, zum Sprung und Biß in die Gurgel des Volkes gewärtig: balgen sich die großen Politiker um Ministerportefeuilles. Es ist zum Jauchzen. In 8 Tagen ist Papa Odilon Barrot vielleicht zur Thür herausgeschmissen und Meister Mole und Thiers sitzen auf der Ministerbank, und bieten die Hand der neuen heiligen Allianz Preußen's, Rußland's und Oestreich's, und schicken dem Jellachich den Ehrenlegionsorden u. dgl. Das Blatt "Assemlee nationale" spricht mit Klarheit die Nothwendigkeit aus, die Versammlung nach Hause zu senden, eine neue, ohne Einfluß von republikanischen Emissären und Kommissären Ledrü Rollins, wählen zu lassen, und dann vermöge des neuen royalistischen Parlaments den Präsidentensessel in einen erblichen Thron für Bonaparte, oder Louis Philipp, oder Henri, zu verwandeln. Während so die Reaktion sich zusammenrafft, feiert auch die revolutionäre Aktion nicht. Der Franzose Justus hat den auf dem Berliner Demokraten-Congreß ausgesprochenen Gedanken eines großartigen europäischen Demokraten-Congresses aufgefaßt, in mehreren Klubs und Broschüren besprochen, und schlägt einen politischen, einen artistischen, einen nationalökonomischen, einen wissenschaftlichen unter Arago's, P. Leroux u. s. w. Auspicien zu berufen vor. Die Gottesgnaden-Congresse in Wien, Verona, Karlsbad haben die Menschheit entehrt; es ist Zeit, durch "Gegen-Congresse sie wieder zu Ehren zu bringen", ruft er. --

Bilanz Frankreichs.

(Fortsetzung).

Wir rechnen, dem großen Malthusianischen Doktor Dupin folgend, 4 Mill. Grundbesitzer und Grundpächter (so war es 1831), ferner 1,345,785 Patentinhaber, die runde 35 Mill. Fr. zahlten; im Jahre 1846 waren in Paris 61,341 Patentirte, die über 7 Mill. Fr. zahlten.

3. 627,000 Staatsbesoldete,
4. 213,168 Besitzer der ewigen Rente, d. h. Personen, die, ehe sie den Mutterleib verlassen, bereits Kraft Erbschaftsrecht vom Papa und Großpapa das Privilegium kriegen, über die Arbeitsspeicher und Schweißschätze der französischen Proletarier zu verfügen, mit einem Wort: zu schmarotzen. Fragt sich, ob solch Parasitismus ein Zeichen von Gesundheit, oder nicht vielmehr mit aller Kunst und Macht ausgerottet werden muß,
5. 154,875 Staatspensionäre,
6. 104,325 Leute mit Geldkaution erheischenden Aemtern, in Summa 400 Mill. Fr.,
7. 38,350 Inhaber von Lebensrenten,
8. 4 587,862 Inhaber von Hypothekzetteln, zum Belauf von eilf tausend fünf hundert Millionen Fr (anno 1841),
9. 408,482 Inhaber von Sparkassenbücher in der Provinz, zum Belauf von 242,246,182 Fr. laut Hrn. Cunin Gridaines Ministerialbericht von 1843,
10. 173,515 Inhaber von Sparkassenbücher in Paris, zum Belauf von 112,061,915 Fr. laut Hrn. Delesserts Bericht von 1844,
11. Inhaber von Industrie-, Bergwerks-, Eisenbahn-, Fabrik-, Schmelzhüttenakten, unzweifelhaft mehrere tausend Millionen im Total,
12. Inhaber von Bankaktien, oder Co-Associirte von Bankiers u. dgl., im Betrage von etlichen Millionen Fr.

Man würde fehlschießen, folgerte man hieraus etwas anderes als eben das uns längst klar gewordene trübselige Faktum, daß die fetten Bissen auf dieser Tabelle von beweglichen und nicht beweglichen Schätzen nur denjenigen Herrschaften gehören, welche Kapital genug hatten, um besagte fette Bissen anzukaufen, oder welche Kraft öffentlicher Aemter gewisse Einflüsse auszuüben verstanden haben

Der Reichthum, sowohl der mobile als immobile, hat sich demgemäß zwischen den Fingern einiger weniger Auserkorner koncentrirt. Hierauf haben wir im Verlauf unsrer Betrachtung den Blick noch einmal später zu lenken. Für jetzt beurkunden wir mit unserm Leser folgende empörende, brutale, aber schrecklich wahre Thatsache:

"Vor wenigen Jahren, und somit heute noch, existiren unter 33 Mill. Bewohner und Bewohnerinnen des gallischen Bodens, nur 3 bis 4000 Familienväter, die mit Fug reich zu nennen, d. h. deren Vermögen größerntheils vor finanziellem und politischem Schiffbruch gesichert ist."

Alle übrigen, angeblich Wohlhabenden, stehen Tag und Nacht auf der Wippe, und Hr. Gabriel Dellessert hatte Recht zu sagen, in der 64tägigen Unbesetztheit der Ministerbank im Jahre 1840 seien mehr Unglücksfälle im Pariser Handel eingetreten, als nach den Aufständen von 1832. Was von Pest, Hunger, Prostitution, Henkerbeil und Kerkergitter, Arbeitsunglück durch die ungebändigte rohe Materie und Naturgewalt, Strapazen aller Art nicht zu Tode gebracht oder erschüttert wird, das wird von den Schulden angenagt. Die Schulden sind ein schleichendes Gift, das den ganzen Socialkörper durchkriecht und alle Organe antastet, ausgenommen nur einige wenige Privilegirte. Was die Religiösen einst die Erbsünde, die mystische "Schuld" von Adam her nannten, das ist heute gar prosaisch und kalt "die Schulden" geworden. An ihnen gehen Individuen und die auf Menschen ausbeutung basirten Staatsformen ruhmlos und rettungslos unter. Für diese Untergehenden giebt es weder Auferstehung noch Erlösung; mögen sie dahinfahren und dem neuen bessern Geschlechte nicht länger Raum und Licht stehlen. Wir haben ihnen gepredigt in Poesie und Prosa, in Rechenexempeln und Syllogismen, vergebens. Wir haben appellirt an ihre Seele, an ihr Herz, wie an ihre Denkkraft, vergebens. Wir haben ihnen in die Brust gegriffen, dachten wir, wenn wir z. B. ihnen demonstrirten, daß 200,000 Prostituirte in Frankreich existiren unter 17 Millionen weiblicher Individuen, d. h. von je fünf und achtzig Töchtern der französischen Nation, der s. g. großen Nation, der s. g. Civilisationsnation, muß sich eine prostituiren. Muß -- versteht ihr? so wills eure Gesellschaftskonstitution. Denkt euch die privilegirten und unterdrückten Klassen der Nation einen Augenblick durcheinander fließend, zieht durchs Loos fünf und achtzig Mütter, deren jede einen weiblichen Säugling auf dem Arm trägt, ruft die fünf und achtzig um den gleißenden Satansaltar des Sankt Malthus und stellt euch auf diesen Altar der systematisirten Sünde und sprecht folgende Worte: "Versammelte Mütter, der heilige Malthus, Gottes Prophet, wie ihr wißt, befiehlt euch, unter euch ein Kind zu erkiesen, eins von fünf und achtzig, auf daß es geweiht werde als Brandopfer der Prostitution und um die übrigen 89 rein zu erhalten. Amen! Denkt euch, dieses geschehe und denkt euch das Weitere. Sagt, würden in namenlosem Zorne diese 85 Mütter nicht den großen festen Malthusaltar umstürzen wie einen Milchtopf? Würden sie nicht die Baalspfaffen und Malthusknechte, euch allesammt lebendig zerreißen in zuckende blutige Fetzen wie fünf und achtzig Löwinnen den Feind ihrer Jungen? Würde nach einer Stunde noch ein Stein auf dem andern stehen im verruchten babylonischen Gebäude der malthusianischen Politik? Seht, dieser Katastrophe geht ihr entgegen! -- Ihr habt nichts hierauf entgegnet. Ihr habt pedantisch die Achseln gezuckt und die Augenbraunen erhoben. Die Katastrophe, das Kataklysma bricht los über eure verfehmten Schädel, sobald das Volksbewußtsein sich mit Socialismus getränkt haben wird. An jenem Tage gnade euch euer Hergott, denn der unsrige flucht euch und wir ziehen dann hassend unsre letzte Hand ab von euch, und das jüngste Gericht hebt an. Hütet euch vor den fünf und achtzig Müttern, Malthusianer. Ihr sitzt beim üppigen Mahl und schlürft den schäumenden Pokal der Ueberlust und des Aberwitzes, und mit einem Rucke auf der Finanzmaschine fallen die Produkte fremder Arbeit euch millionenweise in die Taschen, und die Töchter des arbeitenden Volks werden bethört durch euer Gold -- was eigentlich nichts als ihr eigener und ihrer Brüder Schweiß und Thränen ist -- und verkaufen sich, gezwungene Volontärinnen. Wundert euch nicht über die s. g. socialistischen Frauen; ihr wähnet Orgien des

Aller Menschlichkeit hohnsprechend, muß der sich hier nur in Untersuchung befindende Springborn, bei der grimmen hier herrschenden Kälte, im Kerker kampiren, ohne daß derselbe geheizt wird.
Beilage zu Nr. 193 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Organ der Demokratie.
Freitag 12. Januar 1849.
[Deutschland]

[Fortsetzung] principiell-politischer Bildung. Die badische Demokratie weiß zum größten Theil nicht, was sie will.

83 Göttingen, 7. Januar.

Unser liebes Königreich Hannover ist in vollem Wahlkampfe begriffen; denn die Wahlen für die Kammern finden in den nächsten Tagen statt. — Hier in unserer Musenstadt haben die Wahlagitationen schon seit längerer Zeit einen festen Charakter angenommen. Man unterscheidet deutlich drei Parteien. Die eine bilden die Professoren und Beamten mit ihrem Schweife von Privatdocenten, Universitätsverwandten, lehenspflichtigen Bürgern u. dergl.; ihr vornehmthuender, phrasenreicher Führer ist der „constitutionelle Club“. Einen bestimmten Canditaten hat diese Partei nicht aufzustellen gewagt. Eine zweite Partei unter der Führung des Dr. Ellissen u. Cons. (um den unbedeutenden „Bürgerverein“ zu übergehen) sammelt sich, bisher in der Bürgerversammlung, jetzt besonders im „Mayrevier“ und im Bürgerverein, welcher letztere dadurch eine starke Dosis demokratischer Purganzen erhalten hat; sie besteht aus den „honetten“ Republikanern aus der Bürgerschaft. Der Dr. Ellissen ist von dieser Partei als Candidat aufgestellt. Wir lassen den Talenten dieses Mannes (der mit kindischer Freude sich bei jeder Gelegenheit als Republikaner hinstellt) volle Gerechtigkeit widerfahren; aber sein höchst schwankender Charakter, den seine bedeutende Beredsamkeit nicht gut macht, läßt ihn zum Candidaten der demokratischen Partei unfähig erscheinen. — Die ziemlich zahlreiche dritte Partei, die mit dem Titel „die Rothen“ belegt zu werden pflegt, kann es dem Dr. Ellissen und seiner Suite mit Recht nicht vergessen, daß diese, um ihre Wahlpläne zu vollführen, ein so wohlthätiges Institut, wie die Bürgerversammlung, in die Luft gesprengt haben — wohlthätig, insofern es doch wenigstens durch sie den echten Demokraten möglich war, die adressenfreundlichen Bourgeois aus ihrer politischen Schläferei aufzurütteln und ihnen von Zeit zu Zeit ein frisches feuriges Wort über die Gegenwart und unsere Stellung zuzurufen. — Nächstens mehr über die hannoverschen Verhältnisse und die Wahlresultate.

84 Kiel, 6. Januar.

Zu den Opfern des „Preußenthums“ id est „unbedingter soldatischer Gehorsam“, sind neuerdings mehrere hinzu gekommen. Ihren Lesern wird es vielleicht erinnerlich sein, daß zur Zeit des Bekanntwerdens des schmachvollen, dem entschiedenen Volkswillen hohnsprechenden Waffenstillstandes (im Anfang Septembers) die Soldaten des 5. Bataillons den preußischen Offizieren, die in dem Bataillon angestellt waren, gegenüber zeigten, daß sie nicht blos Soldaten, vulgo Maschinen, sondern something more seien. In den servilen Bourgeois-Blättern las man damals, daß ein gewisser Kriege und andere Wühler die Soldaten zu diesem Schritte verleitet hätten. Unter dem Vorgeben nämlich, als sollten über Eckernförde nach Kiel rückende Preußen die Landesversammlung, von welcher man sicher erwartete, daß sie den Waffenstillstand nicht annehmen und sonst entscheidende Schritte unternehmen würde, auseinander sprengen, verweigerten nicht blos Soldaten, sondern Unteroffiziere und Feldwebel den Gehorsam — ja! man flüstert sich in die Ohren, daß selbst ein Compagniechef daran Theil genommen — und wollten nicht ausmarschiren. Die darauf eingeleitete Untersuchung hat sich bis jetzt hingeschleppt, hauptsächlich um zu erfahren, ob die Soldaten aus Selbstbewußtsein gehandelt, oder ob Andere (die Wühler) sie über diesen Cardinalpunkt aufgeklärt hätten.

Von Civilpersonen wurde auch ein Literat Springborn *) dem man die Ehre anthat, als Urheber (da man Kriege nicht belangen konnte) zu bezeichnen, eingesteckt.

Man vermuthete nun allgemein, daß die Untersuchung niedergeschlagen werden würde; selbst diejenigen, welche man als die Hauptgravirten hier behalten, die aber immer auf freien Füßen waren, waren der Meinung. Da plötzlich in der Nacht vom 5. zum 6. werden sie aus ihren Quartieren geholt und das Urtheil ihnen publicirt, das bei 10 auf Zuchthausstrafe lautete. Von diesen 10 soll einer 10 Jahre, 2 jeder 8 Jahre, 6 jeder 6 und einer 3 Jahre unter Mördern, Dieben, Betrügern etc. vegetiren. Andere sind auf die Festung gekommen. Unter jenen Zehn „befindet sich ein Feldwebel“.

Was man bei den Subalternen vermuthete, geschah nur bei dem Compagniechef, — gegen diesen schlug man die Untersuchung nieder.

Daß das Urtheil so Knall und Fall publicirt wurde, war ein Boninischer Geniestreich. Die Soldaten von dem in Kiel cantonirenden 6ten Bataillon hatten unter andern schon geäußert, sie würden keine Henker ihrer Kameraden abgeben. Dieses muß den Säbelhelden der Reaction wohl bekannt gewesen sein; denn auch vom 6ten Bataillon wurde Nachts ein Commando ganz in der Stille mit voller Bepackung nach dem Hause des Commandirenden beordert, ohne daß diesen der Zweck und die Ursache bekannt war. Darauf wurden sie in der Frühstunde um die Stadt nach dem Bahnhofe geführt und fanden hier besagte 10 vom 5ten Bataillon vor. Es wurde ihnen dann mitgetheilt, daß sie als Bedeckung Jener dienen sollten und darauf ging es um 7 Uhr mit dem ersten Train fort.

Das wären also wieder Zehn, die Du unschädlich gemacht, wieder zehn Opfer um Deine Stellung zu sichern, General, Diktator Bonin. Fahre nur so fort, rufe ich wie Simon von Trier dem schwarz-gelben Schmerling, Ritter vom sublimirten Bundestag, zu dem das Blut der Gemordeten in Frankfurt emporschreit, — fahre so fort, Deine Thaten werden Dir nachfolgen.

Schweiz.
Waadt. Lausanne, 3. Jan.

Der Staatsrath hat heute zu seinem Präsidenten Hrn. Delarageaz und Hrn. Blanchenay zu seinem Vizepräsidenten erwählt.

Wallis.

Der an die Stelle des «Journal du Valais» getretene »Courier du Valais» widerlegt die Nachricht von der Aufhebung des Hospizes auf dem St. Bernhard. Im Interesse der Gastfreundschaft, welche dort auch ferner geübt werden solle, habe sich die Regierung genöthigt gesehen, der Verschleppung der Stiftungsgüter von Seite der dortigen Mönche entgegenzutreten.

Bern, 6. Jan.

Bundesrath Franscini beschäftigt sich sehr eifrig mit den Vorarbeiten für Einrichtung einer eidgenössischen Hochschule und soll damit bereits so weit vorgerückt sein, daß eine Vorlage an die beiden Räthe vielleicht schon in deren nächster Sitzung erfolgt.

Aus Genf

hören wir, daß Dufour nach Paris abgereist ist, um L. Napoleon zu besuchen. Seine Reise soll nur den Zweck haben, dem Präsidenten der französischen Republik zu seiner Erwählung Glück zu wünschen.

Belgien.
X Brüssel, 10 Januar.

Der todtgesagte und beweinte, wiederauferstandene und steckbrieflich verfolgte Dr. Wilhelmi ist in Belgien mit dem constitutionellen Eldorato bekannt geworden. Wegen Mangels andrer, als der gewöhnlichen Flüchtlingsausweise wurde er verhaftet. Seim Berufen auf die Verfassung, nach welcher jeder Verhaftung ein schriftlicher Verhaftsbefehl vorausgehen oder spätestens binnen 24 Stunden folgen muß, nach welcher jedem den belgischen Boden betretenden Fremden Sicherheit seiner Person und Güter gewährt ist, half nichts; er wurde ins Gefängniß gesetzt Nach hundertfach erhobenen Protesten eröffnete man ihm endlich am sechsten Tage seiner Haft, daß er unter Militärbedeckung mittelst der Eisenbahn zur französischen Grenze gebracht werden solle.

Wir begreifen ganz die Größe der Furcht der Regierung vor den unabweislichen Früchten ihrer massenhaften Sünden, die soweit geht, daß sie durch die Anwesenheit dieses einzigen Flüchtlings, der nicht nach Frankreich gehen, sondern zu Brüssel einer schriftstellerischen Thätigkeit leben wollte, ihrer Sicherheit Gefahr drohen sah. Sie hat diese ängstliche Besorgniß in dem Tedesco'schen Prozesse ja genügsam bewiesen. Aber, wäre Belgien nicht der „konstitutionelle Musterstaat“, wir müßten ob der Niederträchtigkeit erstaunen, daß sie den Dr. Wilhelmi nach Eröffnung jenes Beschlusses ohne irgend eine Mittheilung des Grundes weitere 4 Tage bis zum Vollzuge jener Maaßregel in Haft ließ, wir müßten ob der Gewissenlosigkeit erstaunen, daß sie diesem Dr. Wilhelmi, der Seitens der belgischen Regierung keines Vergehens bezüchtigt werden konnte, ohne einen vernünftig denkbaren Grund während viertägiger Haft im Gefängniß sein Geld zu verzehren zumuthete. Aber der „konstitutionelle Musterstaat“ befindet sich in so großen finanziellen Bedrängnissen, daß die Gefängnisse als Einkommquellen zur Erhaltung der sog. „belgischen Nationalität“ ausgebeutet werden müssen. Man fängt die Fremden ein, 1) um der heiligen Allianz seine Devotion zu beweisen und 2) um sie auszuplündern.

Das sind die Garantien dieser Belgischen Verfassung, welchem Königl. Preuß. Spießbürgerthum in seiner Kurzsichtigkeit und Unerfahrenheit bejubelt, das sind die Freiheiten und Rechte, mit welchen eine gottbegnadete Aristokratie das preußische Volk beglücken will.

Italien.
68 Rom, 30. Dcbr.

Gestern Nachmittag 4 Uhr ist das die römische Constituante einberufende Dekret der obersten Junta publicirt worden. Hundert und ein Kanonenschüsse vom Kastell S. Angelo und das Geläut sämmtlicher Glocken begrüßten das wichtige Ereigniß. Das Volk war enthusiasmirt. Der heutige „Contemporaneo“, nachdem er die Publikation der Junta abgedruckt hat, ruft aus: Es lebe das Recht des Volkes! es lebe die Constitution des römischen Staats! Muth, Ausdauer, Freiheit und Nationalität! das ist das Gelübde Aller! Wer wird es jetzt wagen, dem römischen Volke eine Bedingung der Dienstbarkeit aufzuerlegen? Wer wird uns das Recht verweigern, Italiener zu sein?

Der Oberst Luigi Masi ist zum Commandanten der Civica ernannt worden.

68 Gaeta, 25. Dcbr.

Der Pabst hat heute das ganze diplomatische Corps, den russischen Gesandten mit inbegriffen, zum Pantoffelkuß zugelassen. Der König von Neapel hat ihm für eine Messe 600,000 Dukaten, die Königin von Spanien, ebenfalls für eine einzige Messe, 500,000 Colonnaten auszahlen lassen. Das sind allerdings Honorare, die den Pantoffel wieder auf den Strumpf bringen können!

68 Turin, 5. Jan.

Die Militair-Regierung der Lombardei sagt der „Couriere mercantile“, hat so eben die Ausweisung jedes piemontesischen Unterthanen aus der Lombardei dekretirt. Ein genuesischer Kaufmann, der in Handelsgeschäften nach Mailand gegangen war, erhielt Befehl, die Stadt in vierundzwanzig Stunden zu verlassen. Der Termin wurde „aus Gnade“ zwar um das Doppelte verlängert, doch sagte man ihm: „Von jetzt an werden wir mit den Piemontesen nur vermittelst der Kanonen correspondiren! Zu Mailand stehen alle Truppen schlagfertig, als sollte es in der nächsten Stunde zur Schlacht gehen. Alle Communikation zwischen Piemont und der Lombardei ist unterbrochen. Die Briefpost zwischen Mailand und Genua geht nicht mehr. Radetzki hat jeden persönlichen Verkehr mit Piemont untersagt, nur der Waaren-Transit ist noch nicht verboten. Die Ausführung von Gold und Silber aus den lombardisch-venetianischen Staaten, sofern es einen Werth von 100 Gulden übersteigt, ist gleichfalls durch ein Radetzki'sches Dekret prohibirt worden. Das piemontesische Hauptquartier befindet sich jetzt zu Alessandria, wo man den König erwartet und wo General Guaglia, Exkommandant der National-Garde von Genua, bereits eingetroffen ist, um die Stadt in Vertheidigungszustand zu setzen.

68 Verona, 27. Dezbr.

Nach einem vorgestern erlassenen Dekret des Generallieutenants Gerhardi sollen sämmtliche lombardisch-venetianische Unterthanen, welche die Lombardei ohne Erlaubniß verlassen haben, in die außerhalb Italien dienenden östreichischen Regimenter enrolirt werden. Diejenigen, welche gegen Oestreich gedient haben, sind des Hochverraths schuldig und können niemals als Kriegsgefangene betrachtet werden. Solchen, die das Land verlassen haben und wieder zurückkehren wollen, ist eine Frist von sieben Wochen zugestanden.

Französische Republik.
17 Paris, 9. Jan.

Die stillfriedliche Association der Köche ist den Arbeitsausbeutern und Bourgeoisfreibeutern gefährlicher, als eine donnernde Emeute von drei Tagen und drei Nächten. Da sitzt das Blousenvolk an den langen Tischen im großen Salon, in behaglicher Wärme und im ambrosischen Duft der prasselnden Bratküche; da kredenzen ihm seine associirten Brüder, die Köche, reinere, wohlschmeckendere, billigere Speise, als es je im Leben genossen hat, und ohne diese Association auch gar niemals zu genießen bekommen würde. In der Straße Simon le Franc, im Centrum des arbeitsamen Viertels, ist es wahrlich ein erhebender Anblick, sie zu betrachten, diese Gefährten der Juniinsurgenten, wie sie heute lächelnd ihre wackern Zähne die trefflichen Associationsbraten zermalmen lassen, mit zwölf Sous sich sättigend und nährend; und bei jedem Bissen und bei jedem Schluck blitzt das dunkle Auge: „jetzt nähren wir uns, ihr reichen Faullenzer, ihr reichen Schufte, und stärken uns materiell und moralisch zum letzten Strauß mit euch, dann werden wir euch zerbeißen wie dieses Rostbeaf, aber vorher lassen wir euch Ader, reiche Hallunken, unsere Associationen saugen vorher euch ein gut Theil Bluts aus.“ Und während die Heerdfeuer der republikanischen Speiseanstalten lodern, und die „Bürger Köche“ emsig in ihren weißen Anzügen die „Bürger Gäste“ bedienen (das Wort Monsieur ist dort unerhört), während ein reicher Restaurant alten Styls nach dem andern die Bude schließt „von wegen Ueberflusses an Geldmangel“, während die Bourgeoisie der hochgelegenen Finanzregion zähneknirschend und racheschnaubend die unvermeidliche Stromflut der Volksmacht heraufziehen sieht, die dem Wucher ein Ende setzt; während die Zeitung dieser Banditenklasse „Assemblée nationale“ dumpf wuthheulend wie'n gutgeschulter Räuberhund den Schwanz zwischen die Beine klemmt und die Ohren legt, zum Sprung und Biß in die Gurgel des Volkes gewärtig: balgen sich die großen Politiker um Ministerportefeuilles. Es ist zum Jauchzen. In 8 Tagen ist Papa Odilon Barrot vielleicht zur Thür herausgeschmissen und Meister Molè und Thiers sitzen auf der Ministerbank, und bieten die Hand der neuen heiligen Allianz Preußen's, Rußland's und Oestreich's, und schicken dem Jellachich den Ehrenlegionsorden u. dgl. Das Blatt „Assemlée nationale“ spricht mit Klarheit die Nothwendigkeit aus, die Versammlung nach Hause zu senden, eine neue, ohne Einfluß von republikanischen Emissären und Kommissären Ledrü Rollins, wählen zu lassen, und dann vermöge des neuen royalistischen Parlaments den Präsidentensessel in einen erblichen Thron für Bonaparte, oder Louis Philipp, oder Henri, zu verwandeln. Während so die Reaktion sich zusammenrafft, feiert auch die revolutionäre Aktion nicht. Der Franzose Justus hat den auf dem Berliner Demokraten-Congreß ausgesprochenen Gedanken eines großartigen europäischen Demokraten-Congresses aufgefaßt, in mehreren Klubs und Broschüren besprochen, und schlägt einen politischen, einen artistischen, einen nationalökonomischen, einen wissenschaftlichen unter Arago's, P. Leroux u. s. w. Auspicien zu berufen vor. Die Gottesgnaden-Congresse in Wien, Verona, Karlsbad haben die Menschheit entehrt; es ist Zeit, durch „Gegen-Congresse sie wieder zu Ehren zu bringen“, ruft er. —

Bilanz Frankreichs.

(Fortsetzung).

Wir rechnen, dem großen Malthusianischen Doktor Dupin folgend, 4 Mill. Grundbesitzer und Grundpächter (so war es 1831), ferner 1,345,785 Patentinhaber, die runde 35 Mill. Fr. zahlten; im Jahre 1846 waren in Paris 61,341 Patentirte, die über 7 Mill. Fr. zahlten.

3. 627,000 Staatsbesoldete,
4. 213,168 Besitzer der ewigen Rente, d. h. Personen, die, ehe sie den Mutterleib verlassen, bereits Kraft Erbschaftsrecht vom Papa und Großpapa das Privilegium kriegen, über die Arbeitsspeicher und Schweißschätze der französischen Proletarier zu verfügen, mit einem Wort: zu schmarotzen. Fragt sich, ob solch Parasitismus ein Zeichen von Gesundheit, oder nicht vielmehr mit aller Kunst und Macht ausgerottet werden muß,
5. 154,875 Staatspensionäre,
6. 104,325 Leute mit Geldkaution erheischenden Aemtern, in Summa 400 Mill. Fr.,
7. 38,350 Inhaber von Lebensrenten,
8. 4 587,862 Inhaber von Hypothekzetteln, zum Belauf von eilf tausend fünf hundert Millionen Fr (anno 1841),
9. 408,482 Inhaber von Sparkassenbücher in der Provinz, zum Belauf von 242,246,182 Fr. laut Hrn. Cunin Gridaines Ministerialbericht von 1843,
10. 173,515 Inhaber von Sparkassenbücher in Paris, zum Belauf von 112,061,915 Fr. laut Hrn. Delesserts Bericht von 1844,
11. Inhaber von Industrie-, Bergwerks-, Eisenbahn-, Fabrik-, Schmelzhüttenakten, unzweifelhaft mehrere tausend Millionen im Total,
12. Inhaber von Bankaktien, oder Co-Associirte von Bankiers u. dgl., im Betrage von etlichen Millionen Fr.

Man würde fehlschießen, folgerte man hieraus etwas anderes als eben das uns längst klar gewordene trübselige Faktum, daß die fetten Bissen auf dieser Tabelle von beweglichen und nicht beweglichen Schätzen nur denjenigen Herrschaften gehören, welche Kapital genug hatten, um besagte fette Bissen anzukaufen, oder welche Kraft öffentlicher Aemter gewisse Einflüsse auszuüben verstanden haben

Der Reichthum, sowohl der mobile als immobile, hat sich demgemäß zwischen den Fingern einiger weniger Auserkorner koncentrirt. Hierauf haben wir im Verlauf unsrer Betrachtung den Blick noch einmal später zu lenken. Für jetzt beurkunden wir mit unserm Leser folgende empörende, brutale, aber schrecklich wahre Thatsache:

„Vor wenigen Jahren, und somit heute noch, existiren unter 33 Mill. Bewohner und Bewohnerinnen des gallischen Bodens, nur 3 bis 4000 Familienväter, die mit Fug reich zu nennen, d. h. deren Vermögen größerntheils vor finanziellem und politischem Schiffbruch gesichert ist.“

Alle übrigen, angeblich Wohlhabenden, stehen Tag und Nacht auf der Wippe, und Hr. Gabriel Dellessert hatte Recht zu sagen, in der 64tägigen Unbesetztheit der Ministerbank im Jahre 1840 seien mehr Unglücksfälle im Pariser Handel eingetreten, als nach den Aufständen von 1832. Was von Pest, Hunger, Prostitution, Henkerbeil und Kerkergitter, Arbeitsunglück durch die ungebändigte rohe Materie und Naturgewalt, Strapazen aller Art nicht zu Tode gebracht oder erschüttert wird, das wird von den Schulden angenagt. Die Schulden sind ein schleichendes Gift, das den ganzen Socialkörper durchkriecht und alle Organe antastet, ausgenommen nur einige wenige Privilegirte. Was die Religiösen einst die Erbsünde, die mystische „Schuld“ von Adam her nannten, das ist heute gar prosaisch und kalt „die Schulden“ geworden. An ihnen gehen Individuen und die auf Menschen ausbeutung basirten Staatsformen ruhmlos und rettungslos unter. Für diese Untergehenden giebt es weder Auferstehung noch Erlösung; mögen sie dahinfahren und dem neuen bessern Geschlechte nicht länger Raum und Licht stehlen. Wir haben ihnen gepredigt in Poesie und Prosa, in Rechenexempeln und Syllogismen, vergebens. Wir haben appellirt an ihre Seele, an ihr Herz, wie an ihre Denkkraft, vergebens. Wir haben ihnen in die Brust gegriffen, dachten wir, wenn wir z. B. ihnen demonstrirten, daß 200,000 Prostituirte in Frankreich existiren unter 17 Millionen weiblicher Individuen, d. h. von je fünf und achtzig Töchtern der französischen Nation, der s. g. großen Nation, der s. g. Civilisationsnation, muß sich eine prostituiren. Muß — versteht ihr? so wills eure Gesellschaftskonstitution. Denkt euch die privilegirten und unterdrückten Klassen der Nation einen Augenblick durcheinander fließend, zieht durchs Loos fünf und achtzig Mütter, deren jede einen weiblichen Säugling auf dem Arm trägt, ruft die fünf und achtzig um den gleißenden Satansaltar des Sankt Malthus und stellt euch auf diesen Altar der systematisirten Sünde und sprecht folgende Worte: „Versammelte Mütter, der heilige Malthus, Gottes Prophet, wie ihr wißt, befiehlt euch, unter euch ein Kind zu erkiesen, eins von fünf und achtzig, auf daß es geweiht werde als Brandopfer der Prostitution und um die übrigen 89 rein zu erhalten. Amen! Denkt euch, dieses geschehe und denkt euch das Weitere. Sagt, würden in namenlosem Zorne diese 85 Mütter nicht den großen festen Malthusaltar umstürzen wie einen Milchtopf? Würden sie nicht die Baalspfaffen und Malthusknechte, euch allesammt lebendig zerreißen in zuckende blutige Fetzen wie fünf und achtzig Löwinnen den Feind ihrer Jungen? Würde nach einer Stunde noch ein Stein auf dem andern stehen im verruchten babylonischen Gebäude der malthusianischen Politik? Seht, dieser Katastrophe geht ihr entgegen! — Ihr habt nichts hierauf entgegnet. Ihr habt pedantisch die Achseln gezuckt und die Augenbraunen erhoben. Die Katastrophe, das Kataklysma bricht los über eure verfehmten Schädel, sobald das Volksbewußtsein sich mit Socialismus getränkt haben wird. An jenem Tage gnade euch euer Hergott, denn der unsrige flucht euch und wir ziehen dann hassend unsre letzte Hand ab von euch, und das jüngste Gericht hebt an. Hütet euch vor den fünf und achtzig Müttern, Malthusianer. Ihr sitzt beim üppigen Mahl und schlürft den schäumenden Pokal der Ueberlust und des Aberwitzes, und mit einem Rucke auf der Finanzmaschine fallen die Produkte fremder Arbeit euch millionenweise in die Taschen, und die Töchter des arbeitenden Volks werden bethört durch euer Gold — was eigentlich nichts als ihr eigener und ihrer Brüder Schweiß und Thränen ist — und verkaufen sich, gezwungene Volontärinnen. Wundert euch nicht über die s. g. socialistischen Frauen; ihr wähnet Orgien des

Aller Menschlichkeit hohnsprechend, muß der sich hier nur in Untersuchung befindende Springborn, bei der grimmen hier herrschenden Kälte, im Kerker kampiren, ohne daß derselbe geheizt wird.
<TEI>
  <text>
    <pb facs="#f0001" n="1047"/>
    <front>
      <titlePage type="heading">
        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 193 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart>
        <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart>
        <docImprint>
          <docDate>Freitag 12. Januar 1849.</docDate>
        </docImprint>
      </titlePage>
    </front>
    <body>
      <div n="1">
        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar193b_001" type="jArticle">
          <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> principiell-politischer Bildung. Die badische Demokratie weiß zum größten Theil <hi rendition="#g">nicht, was sie will</hi>.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar193b_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>83</author></bibl> Göttingen, 7. Januar.</head>
          <p>Unser liebes Königreich Hannover ist in vollem Wahlkampfe begriffen; denn die Wahlen für die Kammern finden in den nächsten Tagen statt. &#x2014; Hier in unserer Musenstadt haben die Wahlagitationen schon seit längerer Zeit einen festen Charakter angenommen. Man unterscheidet deutlich drei Parteien. Die eine bilden die Professoren und Beamten mit ihrem Schweife von Privatdocenten, Universitätsverwandten, lehenspflichtigen Bürgern u. dergl.; ihr vornehmthuender, phrasenreicher Führer ist der &#x201E;constitutionelle Club&#x201C;. Einen bestimmten Canditaten hat diese Partei nicht aufzustellen gewagt. Eine zweite Partei unter der Führung des Dr. Ellissen u. Cons. (um den unbedeutenden &#x201E;Bürgerverein&#x201C; zu übergehen) sammelt sich, bisher in der Bürgerversammlung, jetzt besonders im &#x201E;Mayrevier&#x201C; und im Bürgerverein, welcher letztere dadurch eine starke Dosis demokratischer Purganzen erhalten hat; sie besteht aus den &#x201E;honetten&#x201C; Republikanern aus der Bürgerschaft. Der Dr. Ellissen ist von dieser Partei als Candidat aufgestellt. Wir lassen den Talenten dieses Mannes (der mit kindischer Freude sich bei jeder Gelegenheit als Republikaner hinstellt) volle Gerechtigkeit widerfahren; aber sein höchst schwankender Charakter, den seine bedeutende Beredsamkeit nicht gut macht, läßt ihn zum Candidaten der demokratischen Partei unfähig erscheinen. &#x2014; Die ziemlich zahlreiche dritte Partei, die mit dem Titel &#x201E;die Rothen&#x201C; belegt zu werden pflegt, kann es dem Dr. Ellissen und seiner Suite mit Recht nicht vergessen, daß diese, um ihre Wahlpläne zu vollführen, ein so wohlthätiges Institut, wie die Bürgerversammlung, in die Luft gesprengt haben &#x2014; wohlthätig, insofern es doch wenigstens durch sie den echten Demokraten möglich war, die adressenfreundlichen Bourgeois aus ihrer politischen Schläferei aufzurütteln und ihnen von Zeit zu Zeit ein frisches feuriges Wort über die Gegenwart und unsere Stellung zuzurufen. &#x2014; Nächstens mehr über die hannoverschen Verhältnisse und die Wahlresultate.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar193b_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>84</author></bibl> Kiel, 6. Januar.</head>
          <p>Zu den Opfern des &#x201E;Preußenthums&#x201C; id est &#x201E;unbedingter soldatischer Gehorsam&#x201C;, sind neuerdings mehrere hinzu gekommen. Ihren Lesern wird es vielleicht erinnerlich sein, daß zur Zeit des Bekanntwerdens des schmachvollen, dem entschiedenen Volkswillen hohnsprechenden Waffenstillstandes (im Anfang Septembers) die Soldaten des 5. Bataillons den preußischen Offizieren, die in dem Bataillon angestellt waren, gegenüber zeigten, daß sie nicht blos Soldaten, vulgo Maschinen, sondern something more seien. In den servilen Bourgeois-Blättern las man damals, daß ein gewisser Kriege und <hi rendition="#g">andere Wühler</hi> die Soldaten zu diesem Schritte verleitet hätten. Unter dem Vorgeben nämlich, als sollten über Eckernförde nach Kiel rückende Preußen die Landesversammlung, von welcher man sicher erwartete, daß sie den Waffenstillstand <hi rendition="#g">nicht</hi> annehmen und sonst entscheidende Schritte unternehmen würde, auseinander sprengen, verweigerten nicht blos Soldaten, sondern Unteroffiziere und Feldwebel den Gehorsam &#x2014; ja! man flüstert sich in die Ohren, daß selbst ein Compagniechef daran Theil genommen &#x2014; und wollten nicht ausmarschiren. Die darauf eingeleitete Untersuchung hat sich bis jetzt hingeschleppt, hauptsächlich um zu erfahren, ob die Soldaten aus Selbstbewußtsein gehandelt, oder ob Andere (die Wühler) sie über diesen Cardinalpunkt aufgeklärt hätten.</p>
          <p>Von Civilpersonen wurde auch ein Literat Springborn *)<note place="foot">Aller Menschlichkeit hohnsprechend, muß der sich hier nur in Untersuchung befindende Springborn, bei der grimmen hier herrschenden Kälte, im Kerker kampiren, ohne daß derselbe geheizt wird.</note> dem man die Ehre anthat, als Urheber (da man Kriege nicht belangen konnte) zu bezeichnen, eingesteckt.</p>
          <p>Man vermuthete nun allgemein, daß die Untersuchung niedergeschlagen werden würde; selbst diejenigen, welche man als die Hauptgravirten hier behalten, die aber immer auf freien Füßen waren, waren der Meinung. Da plötzlich in der Nacht vom 5. zum 6. werden sie aus ihren Quartieren geholt und das Urtheil ihnen publicirt, das bei 10 auf Zuchthausstrafe lautete. Von diesen 10 soll einer 10 Jahre, 2 jeder 8 Jahre, 6 jeder 6 und einer 3 Jahre unter Mördern, Dieben, Betrügern etc. vegetiren. Andere sind auf die Festung gekommen. Unter jenen Zehn &#x201E;befindet sich ein Feldwebel&#x201C;.</p>
          <p>Was man bei den Subalternen vermuthete, geschah nur bei dem Compagniechef, &#x2014; gegen diesen schlug man die Untersuchung nieder.</p>
          <p>Daß das Urtheil so Knall und Fall publicirt wurde, war ein Boninischer Geniestreich. Die Soldaten von dem in Kiel cantonirenden 6ten Bataillon hatten unter andern schon geäußert, sie würden keine Henker ihrer Kameraden abgeben. Dieses muß den Säbelhelden der Reaction wohl bekannt gewesen sein; denn auch vom 6ten Bataillon wurde Nachts ein Commando ganz in der Stille mit voller Bepackung nach dem Hause des Commandirenden beordert, ohne daß diesen der Zweck und die Ursache bekannt war. Darauf wurden sie in der Frühstunde um die Stadt nach dem Bahnhofe geführt und fanden hier besagte 10 vom 5ten Bataillon vor. Es wurde ihnen dann mitgetheilt, daß sie als Bedeckung Jener dienen sollten und darauf ging es um 7 Uhr mit dem ersten Train fort.</p>
          <p>Das wären also wieder Zehn, die Du unschädlich gemacht, wieder zehn Opfer um Deine Stellung zu sichern, General, Diktator Bonin. Fahre nur so fort, rufe ich wie Simon von Trier dem schwarz-gelben Schmerling, Ritter vom sublimirten Bundestag, zu dem das Blut der Gemordeten in Frankfurt emporschreit, &#x2014; fahre so fort, Deine Thaten werden Dir nachfolgen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Schweiz.</head>
        <div xml:id="ar193b_004" type="jArticle">
          <head>Waadt. Lausanne, 3. Jan.</head>
          <p>Der Staatsrath hat heute zu seinem Präsidenten Hrn. Delarageaz und Hrn. Blanchenay zu seinem Vizepräsidenten erwählt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar193b_005" type="jArticle">
          <head>Wallis.</head>
          <p>Der an die Stelle des «Journal du Valais» getretene »Courier du Valais» widerlegt die Nachricht von der Aufhebung des Hospizes auf dem St. Bernhard. Im Interesse der Gastfreundschaft, welche dort auch ferner geübt werden solle, habe sich die Regierung genöthigt gesehen, der Verschleppung der Stiftungsgüter von Seite der dortigen Mönche entgegenzutreten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar193b_006" type="jArticle">
          <head>Bern, 6. Jan.</head>
          <p>Bundesrath Franscini beschäftigt sich sehr eifrig mit den Vorarbeiten für Einrichtung einer eidgenössischen Hochschule und soll damit bereits so weit vorgerückt sein, daß eine Vorlage an die beiden Räthe vielleicht schon in deren nächster Sitzung erfolgt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar193b_007" type="jArticle">
          <head>Aus Genf</head>
          <p>hören wir, daß Dufour nach Paris abgereist ist, um L. Napoleon zu besuchen. Seine Reise soll nur den Zweck haben, dem Präsidenten der französischen Republik zu seiner Erwählung Glück zu wünschen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Belgien.</head>
        <div xml:id="ar193b_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Brüssel, 10 Januar.</head>
          <p>Der todtgesagte und beweinte, wiederauferstandene und steckbrieflich verfolgte Dr. Wilhelmi ist in Belgien mit dem constitutionellen Eldorato bekannt geworden. Wegen Mangels andrer, als der gewöhnlichen Flüchtlingsausweise wurde er verhaftet. Seim Berufen auf die Verfassung, nach welcher jeder Verhaftung ein schriftlicher Verhaftsbefehl vorausgehen oder spätestens binnen 24 Stunden folgen muß, nach welcher jedem den belgischen Boden betretenden Fremden Sicherheit seiner Person und Güter gewährt ist, half nichts; er wurde ins Gefängniß gesetzt Nach hundertfach erhobenen Protesten eröffnete man ihm endlich am sechsten Tage seiner Haft, daß er unter Militärbedeckung mittelst der Eisenbahn zur französischen Grenze gebracht werden solle.</p>
          <p>Wir begreifen ganz die Größe der Furcht der Regierung vor den unabweislichen Früchten ihrer massenhaften Sünden, die soweit geht, daß sie durch die Anwesenheit dieses einzigen Flüchtlings, der nicht nach Frankreich gehen, sondern zu Brüssel einer schriftstellerischen Thätigkeit leben wollte, ihrer Sicherheit Gefahr drohen sah. Sie hat diese ängstliche Besorgniß in dem Tedesco'schen Prozesse ja genügsam bewiesen. Aber, wäre Belgien nicht der &#x201E;konstitutionelle Musterstaat&#x201C;, wir müßten ob der Niederträchtigkeit erstaunen, daß sie den Dr. Wilhelmi nach Eröffnung jenes Beschlusses ohne irgend eine Mittheilung des Grundes weitere 4 Tage bis zum Vollzuge jener Maaßregel in Haft ließ, wir müßten ob der Gewissenlosigkeit erstaunen, daß sie diesem Dr. Wilhelmi, der Seitens der belgischen Regierung keines Vergehens bezüchtigt werden konnte, ohne einen vernünftig denkbaren Grund während viertägiger Haft im Gefängniß sein Geld zu verzehren zumuthete. Aber der &#x201E;konstitutionelle Musterstaat&#x201C; befindet sich in so großen finanziellen Bedrängnissen, daß die Gefängnisse als Einkommquellen zur Erhaltung der sog. &#x201E;belgischen Nationalität&#x201C; ausgebeutet werden müssen. Man fängt die Fremden ein, 1) um der heiligen Allianz seine Devotion zu beweisen und 2) um sie auszuplündern.</p>
          <p>Das sind die Garantien dieser Belgischen Verfassung, welchem Königl. Preuß. Spießbürgerthum in seiner Kurzsichtigkeit und Unerfahrenheit bejubelt, das sind die Freiheiten und Rechte, mit welchen eine gottbegnadete Aristokratie das preußische Volk beglücken will.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar193b_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Rom, 30. Dcbr.</head>
          <p>Gestern Nachmittag 4 Uhr ist das die römische Constituante einberufende Dekret der obersten Junta publicirt worden. Hundert und ein Kanonenschüsse vom Kastell S. Angelo und das Geläut sämmtlicher Glocken begrüßten das wichtige Ereigniß. Das Volk war enthusiasmirt. Der heutige &#x201E;Contemporaneo&#x201C;, nachdem er die Publikation der Junta abgedruckt hat, ruft aus: Es lebe das Recht des Volkes! es lebe die Constitution des römischen Staats! Muth, Ausdauer, Freiheit und Nationalität! das ist das Gelübde Aller! Wer wird es jetzt wagen, dem römischen Volke eine Bedingung der Dienstbarkeit aufzuerlegen? Wer wird uns das Recht verweigern, Italiener zu sein?</p>
          <p>Der Oberst Luigi Masi ist zum Commandanten der Civica ernannt worden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar193b_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Gaeta, 25. Dcbr.</head>
          <p>Der Pabst hat heute das ganze diplomatische Corps, den russischen Gesandten mit inbegriffen, zum Pantoffelkuß zugelassen. Der König von Neapel hat ihm für eine Messe 600,000 Dukaten, die Königin von Spanien, ebenfalls für eine einzige Messe, 500,000 Colonnaten auszahlen lassen. Das sind allerdings Honorare, die den Pantoffel wieder auf den Strumpf bringen können!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar193b_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Turin, 5. Jan.</head>
          <p>Die Militair-Regierung der Lombardei sagt der &#x201E;Couriere mercantile&#x201C;, hat so eben die Ausweisung jedes piemontesischen Unterthanen aus der Lombardei dekretirt. Ein genuesischer Kaufmann, der in Handelsgeschäften nach Mailand gegangen war, erhielt Befehl, die Stadt in vierundzwanzig Stunden zu verlassen. Der Termin wurde &#x201E;aus Gnade&#x201C; zwar um das Doppelte verlängert, doch sagte man ihm: &#x201E;Von jetzt an werden wir mit den Piemontesen nur vermittelst der Kanonen correspondiren! Zu Mailand stehen alle Truppen schlagfertig, als sollte es in der nächsten Stunde zur Schlacht gehen. Alle Communikation zwischen Piemont und der Lombardei ist unterbrochen. Die Briefpost zwischen Mailand und Genua geht nicht mehr. Radetzki hat jeden persönlichen Verkehr mit Piemont untersagt, nur der Waaren-Transit ist noch nicht verboten. Die Ausführung von Gold und Silber aus den lombardisch-venetianischen Staaten, sofern es einen Werth von 100 Gulden übersteigt, ist gleichfalls durch ein Radetzki'sches Dekret prohibirt worden. Das piemontesische Hauptquartier befindet sich jetzt zu Alessandria, wo man den König erwartet und wo General Guaglia, Exkommandant der National-Garde von Genua, bereits eingetroffen ist, um die Stadt in Vertheidigungszustand zu setzen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar193b_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Verona, 27. Dezbr.</head>
          <p>Nach einem vorgestern erlassenen Dekret des Generallieutenants Gerhardi sollen sämmtliche lombardisch-venetianische Unterthanen, welche die Lombardei ohne Erlaubniß verlassen haben, in die außerhalb Italien dienenden östreichischen Regimenter enrolirt werden. Diejenigen, welche gegen Oestreich gedient haben, sind des Hochverraths schuldig und können niemals als Kriegsgefangene betrachtet werden. Solchen, die das Land verlassen haben und wieder zurückkehren wollen, ist eine Frist von sieben Wochen zugestanden.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar193b_013" type="jArticle">
          <head><bibl><author>17</author></bibl> Paris, 9. Jan.</head>
          <p>Die stillfriedliche Association der Köche ist den Arbeitsausbeutern und Bourgeoisfreibeutern gefährlicher, als eine donnernde Emeute von drei Tagen und drei Nächten. Da sitzt das Blousenvolk an den langen Tischen im großen Salon, in behaglicher Wärme und im ambrosischen Duft der prasselnden Bratküche; da kredenzen ihm seine associirten Brüder, die Köche, reinere, wohlschmeckendere, billigere Speise, als es je im Leben genossen hat, und ohne diese Association auch gar niemals zu genießen bekommen würde. In der Straße Simon le Franc, im Centrum des arbeitsamen Viertels, ist es wahrlich ein erhebender Anblick, sie zu betrachten, diese Gefährten der Juniinsurgenten, wie sie heute lächelnd ihre wackern Zähne die trefflichen Associationsbraten zermalmen lassen, mit zwölf Sous sich sättigend und nährend; und bei jedem Bissen und bei jedem Schluck blitzt das dunkle Auge: &#x201E;jetzt nähren wir uns, ihr reichen Faullenzer, ihr reichen Schufte, und stärken uns materiell und moralisch zum letzten Strauß mit euch, dann werden wir euch zerbeißen wie dieses Rostbeaf, aber vorher lassen wir euch Ader, reiche Hallunken, unsere Associationen saugen vorher euch ein gut Theil Bluts aus.&#x201C; Und während die Heerdfeuer der republikanischen Speiseanstalten lodern, und die &#x201E;Bürger Köche&#x201C; emsig in ihren weißen Anzügen die &#x201E;Bürger Gäste&#x201C; bedienen (das Wort Monsieur ist dort unerhört), während ein reicher Restaurant alten Styls nach dem andern die Bude schließt &#x201E;von wegen Ueberflusses an Geldmangel&#x201C;, während die Bourgeoisie der hochgelegenen Finanzregion zähneknirschend und racheschnaubend die unvermeidliche Stromflut der Volksmacht heraufziehen sieht, die dem Wucher ein Ende setzt; während die Zeitung dieser Banditenklasse &#x201E;Assemblée nationale&#x201C; dumpf wuthheulend wie'n gutgeschulter Räuberhund den Schwanz zwischen die Beine klemmt und die Ohren legt, zum Sprung und Biß in die Gurgel des Volkes gewärtig: balgen sich die großen Politiker um Ministerportefeuilles. Es ist zum Jauchzen. In 8 Tagen ist Papa Odilon Barrot vielleicht zur Thür herausgeschmissen und Meister Molè und Thiers sitzen auf der Ministerbank, und bieten die Hand der neuen heiligen Allianz Preußen's, Rußland's und Oestreich's, und schicken dem Jellachich den Ehrenlegionsorden u. dgl. Das Blatt &#x201E;Assemlée nationale&#x201C; spricht mit Klarheit die Nothwendigkeit aus, die Versammlung nach Hause zu senden, eine neue, ohne Einfluß von republikanischen Emissären und Kommissären Ledrü Rollins, wählen zu lassen, und dann vermöge des neuen royalistischen Parlaments den Präsidentensessel in einen erblichen Thron für Bonaparte, oder Louis Philipp, oder Henri, zu verwandeln. Während so die Reaktion sich zusammenrafft, feiert auch die revolutionäre Aktion nicht. Der Franzose Justus hat den auf dem Berliner Demokraten-Congreß ausgesprochenen Gedanken eines großartigen europäischen Demokraten-Congresses aufgefaßt, in mehreren Klubs und Broschüren besprochen, und schlägt einen politischen, einen artistischen, einen nationalökonomischen, einen wissenschaftlichen unter Arago's, P. Leroux u. s. w. Auspicien zu berufen vor. Die Gottesgnaden-Congresse in Wien, Verona, Karlsbad haben die Menschheit entehrt; es ist Zeit, durch &#x201E;Gegen-Congresse sie wieder zu Ehren zu bringen&#x201C;, ruft er. &#x2014;</p>
          <p><hi rendition="#g">Bilanz Frankreichs</hi>.</p>
          <p>
            <ref type="link">(Fortsetzung).</ref>
          </p>
          <p>Wir rechnen, dem großen Malthusianischen Doktor Dupin folgend, 4 Mill. Grundbesitzer und Grundpächter (so war es 1831), ferner 1,345,785 Patentinhaber, die runde 35 Mill. Fr. zahlten; im Jahre 1846 waren in Paris 61,341 Patentirte, die über 7 Mill. Fr. zahlten.</p>
          <p rendition="#et">3. 627,000 Staatsbesoldete,<lb/>
4. 213,168 Besitzer der ewigen Rente, d. h. Personen, die, ehe sie den Mutterleib verlassen, bereits Kraft Erbschaftsrecht vom Papa und Großpapa das Privilegium kriegen, über die Arbeitsspeicher und Schweißschätze der französischen Proletarier zu verfügen, mit einem Wort: zu schmarotzen. Fragt sich, ob solch Parasitismus ein Zeichen von Gesundheit, oder nicht vielmehr mit aller Kunst und Macht ausgerottet werden muß,<lb/>
5. 154,875 Staatspensionäre,<lb/>
6. 104,325 Leute mit Geldkaution erheischenden Aemtern, in Summa 400 Mill. Fr.,<lb/>
7. 38,350 Inhaber von Lebensrenten,<lb/>
8. 4 587,862 Inhaber von Hypothekzetteln, zum Belauf von eilf tausend fünf hundert Millionen Fr (anno 1841),<lb/>
9. 408,482 Inhaber von Sparkassenbücher in der Provinz, zum Belauf von 242,246,182 Fr. laut Hrn. Cunin Gridaines Ministerialbericht von 1843,<lb/>
10. 173,515 Inhaber von Sparkassenbücher in Paris, zum Belauf von 112,061,915 Fr. laut Hrn. Delesserts Bericht von 1844,<lb/>
11. Inhaber von Industrie-, Bergwerks-, Eisenbahn-, Fabrik-, Schmelzhüttenakten, unzweifelhaft mehrere tausend Millionen im Total,<lb/>
12. Inhaber von Bankaktien, oder Co-Associirte von Bankiers u. dgl., im Betrage von etlichen Millionen Fr.</p>
          <p>Man würde fehlschießen, folgerte man hieraus etwas anderes als eben das uns längst klar gewordene trübselige Faktum, daß die fetten Bissen auf dieser Tabelle von beweglichen und nicht beweglichen Schätzen nur denjenigen Herrschaften gehören, welche Kapital genug hatten, um besagte fette Bissen anzukaufen, oder welche Kraft öffentlicher Aemter gewisse Einflüsse auszuüben verstanden haben</p>
          <p>Der Reichthum, sowohl der mobile als immobile, hat sich demgemäß zwischen den Fingern einiger weniger Auserkorner koncentrirt. Hierauf haben wir im Verlauf unsrer Betrachtung den Blick noch einmal später zu lenken. Für jetzt beurkunden wir mit unserm Leser folgende empörende, brutale, aber schrecklich wahre Thatsache:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Vor wenigen Jahren, und somit heute noch, existiren unter 33 Mill. Bewohner und Bewohnerinnen des gallischen Bodens, nur 3 bis 4000 Familienväter, die mit Fug reich zu nennen, d. h. deren Vermögen größerntheils vor finanziellem und politischem Schiffbruch gesichert ist.&#x201C;</p>
          <p>Alle übrigen, angeblich Wohlhabenden, stehen Tag und Nacht auf der Wippe, und Hr. Gabriel Dellessert hatte Recht zu sagen, in der 64tägigen Unbesetztheit der Ministerbank im Jahre 1840 seien mehr Unglücksfälle im Pariser Handel eingetreten, als nach den Aufständen von 1832. Was von Pest, Hunger, Prostitution, Henkerbeil und Kerkergitter, Arbeitsunglück durch die ungebändigte rohe Materie und Naturgewalt, Strapazen aller Art nicht zu Tode gebracht oder erschüttert wird, das wird von den Schulden angenagt. Die Schulden sind ein schleichendes Gift, das den ganzen Socialkörper durchkriecht und alle Organe antastet, ausgenommen nur einige wenige Privilegirte. Was die Religiösen einst die Erbsünde, die mystische &#x201E;Schuld&#x201C; von Adam her nannten, das ist heute gar prosaisch und kalt &#x201E;die Schulden&#x201C; geworden. An ihnen gehen Individuen und die auf Menschen ausbeutung basirten Staatsformen ruhmlos und rettungslos unter. Für diese Untergehenden giebt es weder Auferstehung noch Erlösung; mögen sie dahinfahren und dem neuen bessern Geschlechte nicht länger Raum und Licht stehlen. Wir haben ihnen gepredigt in Poesie und Prosa, in Rechenexempeln und Syllogismen, vergebens. Wir haben appellirt an ihre Seele, an ihr Herz, wie an ihre Denkkraft, vergebens. Wir haben ihnen in die Brust gegriffen, dachten wir, wenn wir z. B. ihnen demonstrirten, daß 200,000 Prostituirte in Frankreich existiren unter 17 Millionen weiblicher Individuen, d. h. von je fünf und achtzig Töchtern der französischen Nation, der s. g. großen Nation, der s. g. Civilisationsnation, muß sich eine prostituiren. Muß &#x2014; versteht ihr? so wills eure Gesellschaftskonstitution. Denkt euch die privilegirten und unterdrückten Klassen der Nation einen Augenblick durcheinander fließend, zieht durchs Loos fünf und achtzig Mütter, deren jede einen weiblichen Säugling auf dem Arm trägt, ruft die fünf und achtzig um den gleißenden Satansaltar des Sankt Malthus und stellt euch auf diesen Altar der systematisirten Sünde und sprecht folgende Worte: &#x201E;Versammelte Mütter, der heilige Malthus, Gottes Prophet, wie ihr wißt, befiehlt euch, unter euch ein Kind zu erkiesen, eins von fünf und achtzig, auf daß es geweiht werde als Brandopfer der Prostitution und um die übrigen 89 rein zu erhalten. Amen! Denkt euch, dieses geschehe und denkt euch das Weitere. Sagt, würden in namenlosem Zorne diese 85 Mütter nicht den großen festen Malthusaltar umstürzen wie einen Milchtopf? Würden sie nicht die Baalspfaffen und Malthusknechte, euch allesammt lebendig zerreißen in zuckende blutige Fetzen wie fünf und achtzig Löwinnen den Feind ihrer Jungen? Würde nach einer Stunde noch ein Stein auf dem andern stehen im verruchten babylonischen Gebäude der malthusianischen Politik? Seht, dieser Katastrophe geht ihr entgegen! &#x2014; Ihr habt nichts hierauf entgegnet. Ihr habt pedantisch die Achseln gezuckt und die Augenbraunen erhoben. Die Katastrophe, das Kataklysma bricht los über eure verfehmten Schädel, sobald das Volksbewußtsein sich mit Socialismus getränkt haben wird. An jenem Tage gnade euch euer Hergott, denn der unsrige flucht euch und wir ziehen dann hassend unsre letzte Hand ab von euch, und das jüngste Gericht hebt an. Hütet euch vor den fünf und achtzig Müttern, Malthusianer. Ihr sitzt beim üppigen Mahl und schlürft den schäumenden Pokal der Ueberlust und des Aberwitzes, und mit einem Rucke auf der Finanzmaschine fallen die Produkte fremder Arbeit euch millionenweise in die Taschen, und die Töchter des arbeitenden Volks werden bethört durch euer Gold &#x2014; was eigentlich nichts als ihr eigener und ihrer Brüder Schweiß und Thränen ist &#x2014; und verkaufen sich, gezwungene Volontärinnen. Wundert euch nicht über die s. g. socialistischen Frauen; ihr wähnet Orgien des
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[1047/0001] Beilage zu Nr. 193 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag 12. Januar 1849. [Deutschland] [Fortsetzung] principiell-politischer Bildung. Die badische Demokratie weiß zum größten Theil nicht, was sie will. 83 Göttingen, 7. Januar. Unser liebes Königreich Hannover ist in vollem Wahlkampfe begriffen; denn die Wahlen für die Kammern finden in den nächsten Tagen statt. — Hier in unserer Musenstadt haben die Wahlagitationen schon seit längerer Zeit einen festen Charakter angenommen. Man unterscheidet deutlich drei Parteien. Die eine bilden die Professoren und Beamten mit ihrem Schweife von Privatdocenten, Universitätsverwandten, lehenspflichtigen Bürgern u. dergl.; ihr vornehmthuender, phrasenreicher Führer ist der „constitutionelle Club“. Einen bestimmten Canditaten hat diese Partei nicht aufzustellen gewagt. Eine zweite Partei unter der Führung des Dr. Ellissen u. Cons. (um den unbedeutenden „Bürgerverein“ zu übergehen) sammelt sich, bisher in der Bürgerversammlung, jetzt besonders im „Mayrevier“ und im Bürgerverein, welcher letztere dadurch eine starke Dosis demokratischer Purganzen erhalten hat; sie besteht aus den „honetten“ Republikanern aus der Bürgerschaft. Der Dr. Ellissen ist von dieser Partei als Candidat aufgestellt. Wir lassen den Talenten dieses Mannes (der mit kindischer Freude sich bei jeder Gelegenheit als Republikaner hinstellt) volle Gerechtigkeit widerfahren; aber sein höchst schwankender Charakter, den seine bedeutende Beredsamkeit nicht gut macht, läßt ihn zum Candidaten der demokratischen Partei unfähig erscheinen. — Die ziemlich zahlreiche dritte Partei, die mit dem Titel „die Rothen“ belegt zu werden pflegt, kann es dem Dr. Ellissen und seiner Suite mit Recht nicht vergessen, daß diese, um ihre Wahlpläne zu vollführen, ein so wohlthätiges Institut, wie die Bürgerversammlung, in die Luft gesprengt haben — wohlthätig, insofern es doch wenigstens durch sie den echten Demokraten möglich war, die adressenfreundlichen Bourgeois aus ihrer politischen Schläferei aufzurütteln und ihnen von Zeit zu Zeit ein frisches feuriges Wort über die Gegenwart und unsere Stellung zuzurufen. — Nächstens mehr über die hannoverschen Verhältnisse und die Wahlresultate. 84 Kiel, 6. Januar. Zu den Opfern des „Preußenthums“ id est „unbedingter soldatischer Gehorsam“, sind neuerdings mehrere hinzu gekommen. Ihren Lesern wird es vielleicht erinnerlich sein, daß zur Zeit des Bekanntwerdens des schmachvollen, dem entschiedenen Volkswillen hohnsprechenden Waffenstillstandes (im Anfang Septembers) die Soldaten des 5. Bataillons den preußischen Offizieren, die in dem Bataillon angestellt waren, gegenüber zeigten, daß sie nicht blos Soldaten, vulgo Maschinen, sondern something more seien. In den servilen Bourgeois-Blättern las man damals, daß ein gewisser Kriege und andere Wühler die Soldaten zu diesem Schritte verleitet hätten. Unter dem Vorgeben nämlich, als sollten über Eckernförde nach Kiel rückende Preußen die Landesversammlung, von welcher man sicher erwartete, daß sie den Waffenstillstand nicht annehmen und sonst entscheidende Schritte unternehmen würde, auseinander sprengen, verweigerten nicht blos Soldaten, sondern Unteroffiziere und Feldwebel den Gehorsam — ja! man flüstert sich in die Ohren, daß selbst ein Compagniechef daran Theil genommen — und wollten nicht ausmarschiren. Die darauf eingeleitete Untersuchung hat sich bis jetzt hingeschleppt, hauptsächlich um zu erfahren, ob die Soldaten aus Selbstbewußtsein gehandelt, oder ob Andere (die Wühler) sie über diesen Cardinalpunkt aufgeklärt hätten. Von Civilpersonen wurde auch ein Literat Springborn *) dem man die Ehre anthat, als Urheber (da man Kriege nicht belangen konnte) zu bezeichnen, eingesteckt. Man vermuthete nun allgemein, daß die Untersuchung niedergeschlagen werden würde; selbst diejenigen, welche man als die Hauptgravirten hier behalten, die aber immer auf freien Füßen waren, waren der Meinung. Da plötzlich in der Nacht vom 5. zum 6. werden sie aus ihren Quartieren geholt und das Urtheil ihnen publicirt, das bei 10 auf Zuchthausstrafe lautete. Von diesen 10 soll einer 10 Jahre, 2 jeder 8 Jahre, 6 jeder 6 und einer 3 Jahre unter Mördern, Dieben, Betrügern etc. vegetiren. Andere sind auf die Festung gekommen. Unter jenen Zehn „befindet sich ein Feldwebel“. Was man bei den Subalternen vermuthete, geschah nur bei dem Compagniechef, — gegen diesen schlug man die Untersuchung nieder. Daß das Urtheil so Knall und Fall publicirt wurde, war ein Boninischer Geniestreich. Die Soldaten von dem in Kiel cantonirenden 6ten Bataillon hatten unter andern schon geäußert, sie würden keine Henker ihrer Kameraden abgeben. Dieses muß den Säbelhelden der Reaction wohl bekannt gewesen sein; denn auch vom 6ten Bataillon wurde Nachts ein Commando ganz in der Stille mit voller Bepackung nach dem Hause des Commandirenden beordert, ohne daß diesen der Zweck und die Ursache bekannt war. Darauf wurden sie in der Frühstunde um die Stadt nach dem Bahnhofe geführt und fanden hier besagte 10 vom 5ten Bataillon vor. Es wurde ihnen dann mitgetheilt, daß sie als Bedeckung Jener dienen sollten und darauf ging es um 7 Uhr mit dem ersten Train fort. Das wären also wieder Zehn, die Du unschädlich gemacht, wieder zehn Opfer um Deine Stellung zu sichern, General, Diktator Bonin. Fahre nur so fort, rufe ich wie Simon von Trier dem schwarz-gelben Schmerling, Ritter vom sublimirten Bundestag, zu dem das Blut der Gemordeten in Frankfurt emporschreit, — fahre so fort, Deine Thaten werden Dir nachfolgen. Schweiz. Waadt. Lausanne, 3. Jan. Der Staatsrath hat heute zu seinem Präsidenten Hrn. Delarageaz und Hrn. Blanchenay zu seinem Vizepräsidenten erwählt. Wallis. Der an die Stelle des «Journal du Valais» getretene »Courier du Valais» widerlegt die Nachricht von der Aufhebung des Hospizes auf dem St. Bernhard. Im Interesse der Gastfreundschaft, welche dort auch ferner geübt werden solle, habe sich die Regierung genöthigt gesehen, der Verschleppung der Stiftungsgüter von Seite der dortigen Mönche entgegenzutreten. Bern, 6. Jan. Bundesrath Franscini beschäftigt sich sehr eifrig mit den Vorarbeiten für Einrichtung einer eidgenössischen Hochschule und soll damit bereits so weit vorgerückt sein, daß eine Vorlage an die beiden Räthe vielleicht schon in deren nächster Sitzung erfolgt. Aus Genf hören wir, daß Dufour nach Paris abgereist ist, um L. Napoleon zu besuchen. Seine Reise soll nur den Zweck haben, dem Präsidenten der französischen Republik zu seiner Erwählung Glück zu wünschen. Belgien. X Brüssel, 10 Januar. Der todtgesagte und beweinte, wiederauferstandene und steckbrieflich verfolgte Dr. Wilhelmi ist in Belgien mit dem constitutionellen Eldorato bekannt geworden. Wegen Mangels andrer, als der gewöhnlichen Flüchtlingsausweise wurde er verhaftet. Seim Berufen auf die Verfassung, nach welcher jeder Verhaftung ein schriftlicher Verhaftsbefehl vorausgehen oder spätestens binnen 24 Stunden folgen muß, nach welcher jedem den belgischen Boden betretenden Fremden Sicherheit seiner Person und Güter gewährt ist, half nichts; er wurde ins Gefängniß gesetzt Nach hundertfach erhobenen Protesten eröffnete man ihm endlich am sechsten Tage seiner Haft, daß er unter Militärbedeckung mittelst der Eisenbahn zur französischen Grenze gebracht werden solle. Wir begreifen ganz die Größe der Furcht der Regierung vor den unabweislichen Früchten ihrer massenhaften Sünden, die soweit geht, daß sie durch die Anwesenheit dieses einzigen Flüchtlings, der nicht nach Frankreich gehen, sondern zu Brüssel einer schriftstellerischen Thätigkeit leben wollte, ihrer Sicherheit Gefahr drohen sah. Sie hat diese ängstliche Besorgniß in dem Tedesco'schen Prozesse ja genügsam bewiesen. Aber, wäre Belgien nicht der „konstitutionelle Musterstaat“, wir müßten ob der Niederträchtigkeit erstaunen, daß sie den Dr. Wilhelmi nach Eröffnung jenes Beschlusses ohne irgend eine Mittheilung des Grundes weitere 4 Tage bis zum Vollzuge jener Maaßregel in Haft ließ, wir müßten ob der Gewissenlosigkeit erstaunen, daß sie diesem Dr. Wilhelmi, der Seitens der belgischen Regierung keines Vergehens bezüchtigt werden konnte, ohne einen vernünftig denkbaren Grund während viertägiger Haft im Gefängniß sein Geld zu verzehren zumuthete. Aber der „konstitutionelle Musterstaat“ befindet sich in so großen finanziellen Bedrängnissen, daß die Gefängnisse als Einkommquellen zur Erhaltung der sog. „belgischen Nationalität“ ausgebeutet werden müssen. Man fängt die Fremden ein, 1) um der heiligen Allianz seine Devotion zu beweisen und 2) um sie auszuplündern. Das sind die Garantien dieser Belgischen Verfassung, welchem Königl. Preuß. Spießbürgerthum in seiner Kurzsichtigkeit und Unerfahrenheit bejubelt, das sind die Freiheiten und Rechte, mit welchen eine gottbegnadete Aristokratie das preußische Volk beglücken will. Italien. 68 Rom, 30. Dcbr. Gestern Nachmittag 4 Uhr ist das die römische Constituante einberufende Dekret der obersten Junta publicirt worden. Hundert und ein Kanonenschüsse vom Kastell S. Angelo und das Geläut sämmtlicher Glocken begrüßten das wichtige Ereigniß. Das Volk war enthusiasmirt. Der heutige „Contemporaneo“, nachdem er die Publikation der Junta abgedruckt hat, ruft aus: Es lebe das Recht des Volkes! es lebe die Constitution des römischen Staats! Muth, Ausdauer, Freiheit und Nationalität! das ist das Gelübde Aller! Wer wird es jetzt wagen, dem römischen Volke eine Bedingung der Dienstbarkeit aufzuerlegen? Wer wird uns das Recht verweigern, Italiener zu sein? Der Oberst Luigi Masi ist zum Commandanten der Civica ernannt worden. 68 Gaeta, 25. Dcbr. Der Pabst hat heute das ganze diplomatische Corps, den russischen Gesandten mit inbegriffen, zum Pantoffelkuß zugelassen. Der König von Neapel hat ihm für eine Messe 600,000 Dukaten, die Königin von Spanien, ebenfalls für eine einzige Messe, 500,000 Colonnaten auszahlen lassen. Das sind allerdings Honorare, die den Pantoffel wieder auf den Strumpf bringen können! 68 Turin, 5. Jan. Die Militair-Regierung der Lombardei sagt der „Couriere mercantile“, hat so eben die Ausweisung jedes piemontesischen Unterthanen aus der Lombardei dekretirt. Ein genuesischer Kaufmann, der in Handelsgeschäften nach Mailand gegangen war, erhielt Befehl, die Stadt in vierundzwanzig Stunden zu verlassen. Der Termin wurde „aus Gnade“ zwar um das Doppelte verlängert, doch sagte man ihm: „Von jetzt an werden wir mit den Piemontesen nur vermittelst der Kanonen correspondiren! Zu Mailand stehen alle Truppen schlagfertig, als sollte es in der nächsten Stunde zur Schlacht gehen. Alle Communikation zwischen Piemont und der Lombardei ist unterbrochen. Die Briefpost zwischen Mailand und Genua geht nicht mehr. Radetzki hat jeden persönlichen Verkehr mit Piemont untersagt, nur der Waaren-Transit ist noch nicht verboten. Die Ausführung von Gold und Silber aus den lombardisch-venetianischen Staaten, sofern es einen Werth von 100 Gulden übersteigt, ist gleichfalls durch ein Radetzki'sches Dekret prohibirt worden. Das piemontesische Hauptquartier befindet sich jetzt zu Alessandria, wo man den König erwartet und wo General Guaglia, Exkommandant der National-Garde von Genua, bereits eingetroffen ist, um die Stadt in Vertheidigungszustand zu setzen. 68 Verona, 27. Dezbr. Nach einem vorgestern erlassenen Dekret des Generallieutenants Gerhardi sollen sämmtliche lombardisch-venetianische Unterthanen, welche die Lombardei ohne Erlaubniß verlassen haben, in die außerhalb Italien dienenden östreichischen Regimenter enrolirt werden. Diejenigen, welche gegen Oestreich gedient haben, sind des Hochverraths schuldig und können niemals als Kriegsgefangene betrachtet werden. Solchen, die das Land verlassen haben und wieder zurückkehren wollen, ist eine Frist von sieben Wochen zugestanden. Französische Republik. 17 Paris, 9. Jan. Die stillfriedliche Association der Köche ist den Arbeitsausbeutern und Bourgeoisfreibeutern gefährlicher, als eine donnernde Emeute von drei Tagen und drei Nächten. Da sitzt das Blousenvolk an den langen Tischen im großen Salon, in behaglicher Wärme und im ambrosischen Duft der prasselnden Bratküche; da kredenzen ihm seine associirten Brüder, die Köche, reinere, wohlschmeckendere, billigere Speise, als es je im Leben genossen hat, und ohne diese Association auch gar niemals zu genießen bekommen würde. In der Straße Simon le Franc, im Centrum des arbeitsamen Viertels, ist es wahrlich ein erhebender Anblick, sie zu betrachten, diese Gefährten der Juniinsurgenten, wie sie heute lächelnd ihre wackern Zähne die trefflichen Associationsbraten zermalmen lassen, mit zwölf Sous sich sättigend und nährend; und bei jedem Bissen und bei jedem Schluck blitzt das dunkle Auge: „jetzt nähren wir uns, ihr reichen Faullenzer, ihr reichen Schufte, und stärken uns materiell und moralisch zum letzten Strauß mit euch, dann werden wir euch zerbeißen wie dieses Rostbeaf, aber vorher lassen wir euch Ader, reiche Hallunken, unsere Associationen saugen vorher euch ein gut Theil Bluts aus.“ Und während die Heerdfeuer der republikanischen Speiseanstalten lodern, und die „Bürger Köche“ emsig in ihren weißen Anzügen die „Bürger Gäste“ bedienen (das Wort Monsieur ist dort unerhört), während ein reicher Restaurant alten Styls nach dem andern die Bude schließt „von wegen Ueberflusses an Geldmangel“, während die Bourgeoisie der hochgelegenen Finanzregion zähneknirschend und racheschnaubend die unvermeidliche Stromflut der Volksmacht heraufziehen sieht, die dem Wucher ein Ende setzt; während die Zeitung dieser Banditenklasse „Assemblée nationale“ dumpf wuthheulend wie'n gutgeschulter Räuberhund den Schwanz zwischen die Beine klemmt und die Ohren legt, zum Sprung und Biß in die Gurgel des Volkes gewärtig: balgen sich die großen Politiker um Ministerportefeuilles. Es ist zum Jauchzen. In 8 Tagen ist Papa Odilon Barrot vielleicht zur Thür herausgeschmissen und Meister Molè und Thiers sitzen auf der Ministerbank, und bieten die Hand der neuen heiligen Allianz Preußen's, Rußland's und Oestreich's, und schicken dem Jellachich den Ehrenlegionsorden u. dgl. Das Blatt „Assemlée nationale“ spricht mit Klarheit die Nothwendigkeit aus, die Versammlung nach Hause zu senden, eine neue, ohne Einfluß von republikanischen Emissären und Kommissären Ledrü Rollins, wählen zu lassen, und dann vermöge des neuen royalistischen Parlaments den Präsidentensessel in einen erblichen Thron für Bonaparte, oder Louis Philipp, oder Henri, zu verwandeln. Während so die Reaktion sich zusammenrafft, feiert auch die revolutionäre Aktion nicht. Der Franzose Justus hat den auf dem Berliner Demokraten-Congreß ausgesprochenen Gedanken eines großartigen europäischen Demokraten-Congresses aufgefaßt, in mehreren Klubs und Broschüren besprochen, und schlägt einen politischen, einen artistischen, einen nationalökonomischen, einen wissenschaftlichen unter Arago's, P. Leroux u. s. w. Auspicien zu berufen vor. Die Gottesgnaden-Congresse in Wien, Verona, Karlsbad haben die Menschheit entehrt; es ist Zeit, durch „Gegen-Congresse sie wieder zu Ehren zu bringen“, ruft er. — Bilanz Frankreichs. (Fortsetzung). Wir rechnen, dem großen Malthusianischen Doktor Dupin folgend, 4 Mill. Grundbesitzer und Grundpächter (so war es 1831), ferner 1,345,785 Patentinhaber, die runde 35 Mill. Fr. zahlten; im Jahre 1846 waren in Paris 61,341 Patentirte, die über 7 Mill. Fr. zahlten. 3. 627,000 Staatsbesoldete, 4. 213,168 Besitzer der ewigen Rente, d. h. Personen, die, ehe sie den Mutterleib verlassen, bereits Kraft Erbschaftsrecht vom Papa und Großpapa das Privilegium kriegen, über die Arbeitsspeicher und Schweißschätze der französischen Proletarier zu verfügen, mit einem Wort: zu schmarotzen. Fragt sich, ob solch Parasitismus ein Zeichen von Gesundheit, oder nicht vielmehr mit aller Kunst und Macht ausgerottet werden muß, 5. 154,875 Staatspensionäre, 6. 104,325 Leute mit Geldkaution erheischenden Aemtern, in Summa 400 Mill. Fr., 7. 38,350 Inhaber von Lebensrenten, 8. 4 587,862 Inhaber von Hypothekzetteln, zum Belauf von eilf tausend fünf hundert Millionen Fr (anno 1841), 9. 408,482 Inhaber von Sparkassenbücher in der Provinz, zum Belauf von 242,246,182 Fr. laut Hrn. Cunin Gridaines Ministerialbericht von 1843, 10. 173,515 Inhaber von Sparkassenbücher in Paris, zum Belauf von 112,061,915 Fr. laut Hrn. Delesserts Bericht von 1844, 11. Inhaber von Industrie-, Bergwerks-, Eisenbahn-, Fabrik-, Schmelzhüttenakten, unzweifelhaft mehrere tausend Millionen im Total, 12. Inhaber von Bankaktien, oder Co-Associirte von Bankiers u. dgl., im Betrage von etlichen Millionen Fr. Man würde fehlschießen, folgerte man hieraus etwas anderes als eben das uns längst klar gewordene trübselige Faktum, daß die fetten Bissen auf dieser Tabelle von beweglichen und nicht beweglichen Schätzen nur denjenigen Herrschaften gehören, welche Kapital genug hatten, um besagte fette Bissen anzukaufen, oder welche Kraft öffentlicher Aemter gewisse Einflüsse auszuüben verstanden haben Der Reichthum, sowohl der mobile als immobile, hat sich demgemäß zwischen den Fingern einiger weniger Auserkorner koncentrirt. Hierauf haben wir im Verlauf unsrer Betrachtung den Blick noch einmal später zu lenken. Für jetzt beurkunden wir mit unserm Leser folgende empörende, brutale, aber schrecklich wahre Thatsache: „Vor wenigen Jahren, und somit heute noch, existiren unter 33 Mill. Bewohner und Bewohnerinnen des gallischen Bodens, nur 3 bis 4000 Familienväter, die mit Fug reich zu nennen, d. h. deren Vermögen größerntheils vor finanziellem und politischem Schiffbruch gesichert ist.“ Alle übrigen, angeblich Wohlhabenden, stehen Tag und Nacht auf der Wippe, und Hr. Gabriel Dellessert hatte Recht zu sagen, in der 64tägigen Unbesetztheit der Ministerbank im Jahre 1840 seien mehr Unglücksfälle im Pariser Handel eingetreten, als nach den Aufständen von 1832. Was von Pest, Hunger, Prostitution, Henkerbeil und Kerkergitter, Arbeitsunglück durch die ungebändigte rohe Materie und Naturgewalt, Strapazen aller Art nicht zu Tode gebracht oder erschüttert wird, das wird von den Schulden angenagt. Die Schulden sind ein schleichendes Gift, das den ganzen Socialkörper durchkriecht und alle Organe antastet, ausgenommen nur einige wenige Privilegirte. Was die Religiösen einst die Erbsünde, die mystische „Schuld“ von Adam her nannten, das ist heute gar prosaisch und kalt „die Schulden“ geworden. An ihnen gehen Individuen und die auf Menschen ausbeutung basirten Staatsformen ruhmlos und rettungslos unter. Für diese Untergehenden giebt es weder Auferstehung noch Erlösung; mögen sie dahinfahren und dem neuen bessern Geschlechte nicht länger Raum und Licht stehlen. Wir haben ihnen gepredigt in Poesie und Prosa, in Rechenexempeln und Syllogismen, vergebens. Wir haben appellirt an ihre Seele, an ihr Herz, wie an ihre Denkkraft, vergebens. Wir haben ihnen in die Brust gegriffen, dachten wir, wenn wir z. B. ihnen demonstrirten, daß 200,000 Prostituirte in Frankreich existiren unter 17 Millionen weiblicher Individuen, d. h. von je fünf und achtzig Töchtern der französischen Nation, der s. g. großen Nation, der s. g. Civilisationsnation, muß sich eine prostituiren. Muß — versteht ihr? so wills eure Gesellschaftskonstitution. Denkt euch die privilegirten und unterdrückten Klassen der Nation einen Augenblick durcheinander fließend, zieht durchs Loos fünf und achtzig Mütter, deren jede einen weiblichen Säugling auf dem Arm trägt, ruft die fünf und achtzig um den gleißenden Satansaltar des Sankt Malthus und stellt euch auf diesen Altar der systematisirten Sünde und sprecht folgende Worte: „Versammelte Mütter, der heilige Malthus, Gottes Prophet, wie ihr wißt, befiehlt euch, unter euch ein Kind zu erkiesen, eins von fünf und achtzig, auf daß es geweiht werde als Brandopfer der Prostitution und um die übrigen 89 rein zu erhalten. Amen! Denkt euch, dieses geschehe und denkt euch das Weitere. Sagt, würden in namenlosem Zorne diese 85 Mütter nicht den großen festen Malthusaltar umstürzen wie einen Milchtopf? Würden sie nicht die Baalspfaffen und Malthusknechte, euch allesammt lebendig zerreißen in zuckende blutige Fetzen wie fünf und achtzig Löwinnen den Feind ihrer Jungen? Würde nach einer Stunde noch ein Stein auf dem andern stehen im verruchten babylonischen Gebäude der malthusianischen Politik? Seht, dieser Katastrophe geht ihr entgegen! — Ihr habt nichts hierauf entgegnet. Ihr habt pedantisch die Achseln gezuckt und die Augenbraunen erhoben. Die Katastrophe, das Kataklysma bricht los über eure verfehmten Schädel, sobald das Volksbewußtsein sich mit Socialismus getränkt haben wird. An jenem Tage gnade euch euer Hergott, denn der unsrige flucht euch und wir ziehen dann hassend unsre letzte Hand ab von euch, und das jüngste Gericht hebt an. Hütet euch vor den fünf und achtzig Müttern, Malthusianer. Ihr sitzt beim üppigen Mahl und schlürft den schäumenden Pokal der Ueberlust und des Aberwitzes, und mit einem Rucke auf der Finanzmaschine fallen die Produkte fremder Arbeit euch millionenweise in die Taschen, und die Töchter des arbeitenden Volks werden bethört durch euer Gold — was eigentlich nichts als ihr eigener und ihrer Brüder Schweiß und Thränen ist — und verkaufen sich, gezwungene Volontärinnen. Wundert euch nicht über die s. g. socialistischen Frauen; ihr wähnet Orgien des Aller Menschlichkeit hohnsprechend, muß der sich hier nur in Untersuchung befindende Springborn, bei der grimmen hier herrschenden Kälte, im Kerker kampiren, ohne daß derselbe geheizt wird.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 2 (Nummer 184 bis Nummer 301) Köln, 1. Januar 1849 bis 19. Mai 1849. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz193b_1849
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz193b_1849/1
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 193. Köln, 12. Januar 1849. Beilage, S. 1047. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz193b_1849/1>, abgerufen am 28.03.2024.