Neue Rheinische Zeitung. Nr. 182. Köln, 30. Dezember 1848. Beilage.Beilage zu Nr. 182 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Samstag 30. Dezember 1848. [Deutschland] [Fortsetzung] sich fortwährend aus dem ganzen Lande Vertrauensvota zuschreiben lassen, meinten es redlich konstitutionell. Sie bedenken nicht, daß Ferdinand ebendarum abgesetzt worden ist, damit Romulus Augustulus in Bezug auf die Errungenschaften ganz ungebunden handeln kann. Sie könnten sich überdies eines Bessern belehren, wenn sie die Intriguen dieses Ministeriums, namentlich dem Auslande gegenüber, belauschten. Man gibt sich alle Mühe z. B. Frankreich in sein Interesse zu ziehen; man expedirt täglich Kuriere nach Petersburg und läßt, um sie wider Deutschlands Einheit aufzustacheln, die kleinen deutschen Hofjunker zum Dalai-Lama nach Olmütz bescheiden; man wartet endlich den Sieg in Ungarn ab, um sich vollends als russischer Knutenteufel zu entlarven. Wer das nicht sieht, der ist stockblind und stockdeutschdumm. Ueberdies sprechen es die Standrechtsblätter und die täglichen Handlungen des Ministeriums ganz laut aus, daß man die tempora Metternichiana wieder herbeiführen müsse. "Schild und Schwert," ein Blatt, welches privativ-ministeriell schreibt, versichert z. B. am 22. Dez., alle liberalen Schritte des Ministeriums seien blose Finten, weil es die oktroyirte Verfassung noch nicht fertig habe und die Wiederherstellung der Ordnung in Ungarn abwarten wolle. Sei diese Zeit erst gekommen, dann werde das Ministerium schon mit seiner wahren Farbe herausrücken. Es werde den Reichstags auflösen und ein Dutzend Deputirte in Anklagezustand versetzen. -- Die Bewegungen Metternichs in London werden auch wieder genau kontrollirt und von den Standrechtsblättern mit der alten "dem Leiter der Geschicke Oestreichs" gebührenden Unterwürfigkeit verkündet. Unterliegt Ungarn, so wird, dessen können Sie gewiß sein, Metternich im Triumphe heimkehren, um Oestreich mit dem Einzigen wieder zusammenzufügen, womit ein Stadt mit ursprünglich absolutistischem Fundamente zusammen zu halten ist, mit dem Despotismus. X Berlin, 26. Dez. Ich bin im Stande, Ihnen die zuverläßige Nachricht mitzutheilen, daß man beschlossen hat, Berlin zu befestigen, nicht etwa gegen einen äußern Feind, sondern gegen das Volk selbst. In dem von Sachverständigen abgehaltenen hohen Rath bei Sr. Erz. General D'ruf, hat man den Plan gefaßt, sämmtliche Thore zu befestigen, und in der Stadt selbst Häuser anzukaufen, dieselben mit bombenfesten Dächern versehen und Geschütze auf denselben aufstellen zu lassen. Man kann auf diese Weise dann recht hübsch die Kanaille massakriren. Louis Philipp suchte wenigstens durch Hrn. Thiers die Befestigung von Paris in der Kammer erst durchzusetzen und dann zu bauen, Friedrich Wilhelm winkt, und Brandenburg-Manteuffel bauen sofort darauf los. Der Abgeordnete Rodbertus ist aus Berlin ausgewiesen. Hr. Harkort ist noch immer hier, und bearbeitet jetzt die Bauern Pommerns durch Lügenartikel, die theils in Plakaten, theils durch die deutsche Reform verbreitet werden. -- In der letztern zählt er die Wohlthaten alle auf, welche Friedrich Wilhelm den Bauern erzeigt hat; es sind dies z. B. alle die Gesetze, welche von der Nat-Verf. berathen worden, und auf der andern Seite zeigt es, daß die Revolution und die Nat.-Vers. dem Staat 6 Mill. kosten, verschweigt, aber wohlweislich, daß wöchentlich 2,000,000 Thlr. als außerordentliche Zuschüsse zum Staatshaushalt erforderlich sind. Auf diese Weise sucht man die Herren Pommern zu bearbeiten. Glück auf! 068 Berlin, 27. Dez. Wie weit die truthahnartige Wuth unserer Behörden gegen die rothe Farbe geht, davon mag folgende Thatsache Zeugnitz abgeben. Die unter der Leitung des Ministeriums für Handel und Gewerbe stehenden Arbeiter haben den Befehl erhalten, falls sie noch fernere Beschäftigung von Seiten des Staats haben wollten, alle ihre rothen Fahnen an das Ministerium abzuliefern. Die Arbeiter, denen man so das Messer an die Kehle setzte, mußten sich natürlich fügen und lieferten ihre Fahnen ab, von denen die meisten gar nicht als Symbole der Republik gelten konnten, da sie, wenn auch auf rothem Grunde, doch Abzeichen und Inschriften trugen, welche aller politischen Natur meist entbehrten. Der bekannte Statistiker Freiherr v. Reden genoß seit längerer Zeit eine durch die Vermittlung Alex. v. Humboldts ihm verschaffte Sinecure mit 2000 Thlr. Einkommen im Ministerium des Auswärtigen. Derselbe ist jedoch seit einiger Zeit zur Disposition gestellt worden und zwar, weil er den nicht genug zu büßenden Frevel begangen hatte, in dem Konflikt zwischen Nat.-Vers. und Krone durch Unterzeichnung einer von Preuß. Abgeordneten in Frankfurt ausgegangenen Adresse, Partei für die volksthümliche Seite zu nehmen. So wüthet die Regierung in ihrem eigenen Fleische, denn Reden ist bekanntlich einer der enragirtesten Rechten der Paulskirche. In der Deckerschen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei werden jetzt nur noch Arbeiter von bewährter reaktionärer Gesinnung beschäftigt. Alle demokratisch Gesinnte sind nach und nach ausgemärzt worden. 29 Berlin, 27. Dez. Hr. Leonhardt, Inquisitoriats-Direktor, eifriger Demagogen-Riecher und Richter in den 30ger Jahren, damals schon voll royalistischen Wetteifers mit Dambach, Kamptz und ähnlichen Kreaturen, hat die Voruntersuchung gegen die steuerverweigernden Mitglieder der Nat.-Verf. überkommen. Der Centralausschuß der Demokraten Deutschlands, bestehend aus den Herren Dr. Hexamer, Dr. d'Ester und Gr. Reichenbach, hat gegenwärtig in Halle seinen Sitz genommen. Eine zwangslos erscheinende Zeitschrift, "der Urwähler", ist dort als Organ des Ausschusses begründet. Auch Hr. Jung hat sich nach Halle begeben. 120 Frankfurt, 25. Dez. Die von Ihnen in Nro. 177 mitgetheilte Nachricht, daß der Dr. Stieber aus Berlin sich hier aufhalte, um unter dem Deckmantel demokratischer Gesinnungen die Mörder der Herren Lichnowski und Auerswald zu ermitteln, ist eine durchaus irrthümliche. Hr. Stieber ist allerdings in Frankfurt gewesen, hat sich aber dort nur wenige Stunden in einer ganz unschuldigen Privatangelegenheit aufgehalten und ist längst nach Berlin zurückgereiset. Wir hören, daß die fälschliche Nachricht, Hr. Stieber verfolge in Frankfurt polizeiliche Zwecke, von einem Berliner reaktionären Blatte böswillig verbreitet worden ist, um der erfolgreichen Thätigkeit, welche Hr. Stieber in letzter Zeit als Defensor zu Gunsten der angeklagten Demokraten entwickelt hat, schädlich zu sein. Frankfurt, 27. Dez. So eben erhalten wir die zuverlässige Nachricht, daß Hr. v. Schmerling auf seiner Reise nach Olmütz in Leipzig durch einen nach Frankfurt gehenden Courier der östreichischen Regierung eine Zuschrift des östreich. Ministeriums erhielt, wodurch er zum östreich. Bevollmächtigten bei der Centralgewalt ernannt wurde. (Fr. O. P. A. Z.) S Aus dem Reich. Herr von Schrenk hat sich von Frankfurt nach München begeben, um das ihm angebotene Ministerium des Innern zu übernehmen. Er soll Hrn. Abel den Weg bereiten, damit dieser seinen Fuß an keinen Stein stoße. Hr. Max, König von Baiern, und seine Hofclique, scheinen immer noch eine gewisse Scheuheit -- von den Märztagen her -- zu besitzen. Hatten sie einige Wochen Potsdam, Babelsberg u. Brandenburg-Manteufel studirt: sie würden nicht so viel Umstände machen und Hrn. Abel sofort zum Ministerpräsidenten ernennen. Der münchener Reichs- und Bier-Philister würde deshalb kein Seidel weniger trinken, im Gegentheil, Bier und Knödel schmeckten ihm besser, wenn Hr. Abel auf einmal das bischen Unsinn, was seit März vorgekommen, auslöschte und die gute alte Zeit wieder zu Ehren brächte. Indeß geschieht vorläufig nach dieser Richtung hin ganz Anerkennungswerthes. Damit münchener Reichsbürger die Christnacht ruhig begehen können, publizirt die hohe Polizeidirektion, daß sie alle Vorkehrungen gegen Ruhestörungen getroffen. Gesagt, gethan! Schon Mittags am 24. d. ritten und schritten zahlreiche Patrouillen durch die Stadt, die eine gewisse Aufregung und Unruhe hervorriefen -- Alles lediglich, um die Ruhe für den Christabend vorzubereiten. Man frägt sich trotz der Patrouillen, was wohl der heil. Ludwig seiner angebeteten Lola einbescheeren wird. Tausende von Conjekturen tauchen darüber auf. So vertreibt man sich die Zeit im Reiche. Allein die Amüsements wechseln je nach Zeit und Ort. In Braunschweig, wo man statt "bairisch" nur "Mumme" trinkt, hat man für andre Kurzweil gesorgt. Der Landtag der braunschweigschen Reichs-Nation hat nämlich erklärt, daß das "Reich", die "Mumme" und alle mit diesen schönen Sächelchen verknüpften Herrlichkeiten zu Grunde gehen müßten, wenn nicht 1) ein Haupt, Ein Glück für unser Reich, daß es nicht aus lauter Braunschweigs besteht und nicht mit lauter braunschweig'schen Wilhelms beglückt ist. Wäre das der Fall, so erhängte sich das halbe Reich, und die andre Hälfte müßte das Erhängte abschneiden. Und welches Unglück, wenn nun unsere Dutzende von theuern Landesvätern gleich in der ersten Hälfte wären? Was fingen wir dann an? wo bliebe dann 1) das Haupt, 2) das erbliche Haupt, und 3) das preußische erbliche Haupt für die Reichs- "Mumme"? Das Reich ist groß und wir flüchten uns zur Abwechselung und Erholung nach Detmold. Die Detmolder Nationalversammlung hat mit überwiegender Majorität ein Wahlgesetz angenommen, dessen Grundprinzip direkte Wahl ist. Dabei findet keinerlei Census statt; mit 25 Jahren ist Jeder Wähler und mit 30 Jahren Jeder wählbar. Es wäre gut, wenn das deutsche Reich lieber in Detmold, statt in Oesterreich, oder Preußen, oder in bairische Klösel aufginge. Das altenburgische und sächsische Militär, das sich bisher in Weimar und Umgegend unter der Firma von "Reichstruppen" abgefüttert, wird nächstens nach Schleswig-Holstein aufbrechen. In Schwaben sammeln die Pietisten Unterschriften zu einer Adresse, worin sie den theuren Landesvater bitten, doch ja auch fernerhin sich "von Gottes Gnaden" zu nennen. Die Schwaben sollen jetzt an Schaffhausen den Unteroffizier ausliefern, der kürzlich einen Schweizer Bürger mit dem Säbel tödtlich verwundete. Der bekannte Dr. Strauß, Reaktionär vom reinsten Wasser, ist aus der Kammer der Abgeordneten ausgetreten. Die Mißtrauensadressen haben also doch gewirkt; "spät geht Ihr, Doktor, doch Ihr geht." Der Herr Dr. wird sonach bald zur Mythe werden. Donaufürstenthümer. * Jaffy, 16. Dezbr. Unter diesem Datum bringt das in Czernowitz erscheinende Wochenblatt "Bucowina" folgende Mittheilung: "Aus Petersburg kam durch das russische Konsulat, und ohne vorherige Verständigung und Vermittlung der Pforte an den Fürsten der Moldau der kaiserliche Befehl, der die Art der Rückzahlung des von Rußland den beiden Fürstenthümern gemachten Anlehens von 300,000 Silberrubeln regelt. Es soll danach vom 1. Jänner an in beiden Fürstenthümern die Steuer um 2 Zehntel erhöht werden, davon fällt eines auf die Dorfgemeinden und das zweite soll von den Gutsbesitzern gezahlt werden. Dieser von Petersburg direkt gekommene Befehl beweist abermals, wie wenig man sich in der Praxis an die in der Note des Grafen Nesselrode vom 19. Juli gegebenen Versicherungen hält. Wie reimt überhaupt das russische Kabinet diese, ohne Vorwissen und ohne vorgängige Einwilligung der Pforte erlassene Anordnung mit seiner in der erwähnten Note feierlich übernommenen Verpflichtung, in den Fürstenthümern nur im Einvernehmen mit dem Sultan, dem Souverain dieser Länder, vorzugehen, und jede zu nehmende Maßregel mit diesem gemeinschaftlich zu berathen? -- " Französische Republik. 236 Paris, 27. Dezbr. Die Reden auf dem deutsch-französischen Verbrüderungs-Banket vom 24. dieses haben einen neuen Kummer den hiesigen Reaktionären aufgeladen; die Trinksprüche: "Hoch leben Robespierre, Couthon, Marat, St. Just und alle ihre Nachfolger, die das soziale Werk weiter führen" (Ewerbeck); " Hoch lebe die Vereinigung deutscher und französischer Demokratie, sie mögen über die Leichnahme ihrer Todfeinde schreiten" (Kapp); "Hoch lebe die Propaganda" (Schmitz, Arbeiter und deutscher Freischärler); "Hoch das social-demokratische Frankreich" (Appuhn) u. s. w. werden vom "Constitutionel" als besonders "antisocial" aufgeführt, und "Assemblee nationale" weist auf die aus solchem Fraternisiren "der Gesellschaftsumstürzer in verschiedenen Nationalitäten" entspringende Doppelgefahr hin. Das letztere biedere Blatt sagt: "Die Zeiten des Antichrist scheinen zu nahen; schon reichen die Bösen verschiedener Lande und Zungen, über Fluß- und Berg- und Meergränzen hinüber, sich die räuberischen Hände; unsere Landessprache dient ihnen dabei als geistiges Band, unsre gastliche Hauptstadt als materieller Boden. Französische Mitbürger entblödeten sich nicht, die revolutionäre Irrlehre den Fremdlingen zu bringen, und jetzt beschenken uns letztere zum Danke mit ihrer eigenthümlichen Umsturzphilosophie; wahrlich es scheint eine Epoche zu kommen wie jene, wo französische Kalvinisten mit deutschen Reformirten konspirirten und das Heil des französischen Patriotismus vaterlandsverrätherisch aus den Augen setzten. Bewahre uns der Himmel die Bartholomäusnacht zu loben ... aber u. s. w." Ad vocem Bartholomäusnacht, so möge man wissen, daß der von Bonaparte zum Kultusminister erhobene legitimistische Jesuitenschüler Falloux in einer Schrift demonstrirt, sie sei ein Werk des Zufalls, habe mit dem Katholicismus nichts zu thun, sei nicht so übel gewesen u. dgl. Er wird die Kammer nächstens mit einem famosen Vorschlag über "Unterrichtsfreiheit", was in Frankreich gleichbedeutend ist mit Anheimgebung des gesammten Volksunterrichts an den römischen Klerus, erfreuen; er kann die "demokratisirenden Volkskatechismen, Kalender, Fibeln und Hausbüchlein" deren seit März doch eine Menge durch die Klubs und vom Staate besoldeten Gemeindeschullehrer in Umlauf gebracht wurden, nicht länger verdauen. -- Die "Assemblee nationale" belehrte ferner neulich ihre Leser: "Die etwaigen Blutscenen der Windischgrätz'schen Truppen in Wien, seien leicht zu entschuldigen, sintemal im Kriege es heißer hergeht denn im Frieden; selbst der rühmlichste Krieg bringt hie und da Gräuel mit sich, aber kein Verständiger wird ihn deswegen verdammen. Was fällt also dem National ein, daß er immerfort die Grausamkeiten der k. k. Soldaten in phantastischer Redeweise bespricht? Möge er bedenken, daß sie Ordnung und Gesetz in Wien hergestellt haben. Der National posaunt seine wiener Mordhistörchen wohl den Bauern zu Gefallen, die in den langen Winterabenden um den Heerd sitzen und dergleichen gern hören." Der National hatte, unter andern Scheußlichkeiten, die philanthropische Exekution jener Studenten berichtet, die ihre eigenen Gräber schaufeln mußten, während die Offiziere rauchten und lachten und nach der Uhr sahen. "Assemblee nationale", diese emsige Junimörderin, die "jede Amnestie, selbst eine noch so wenig zählende, für lächerlich und unreligiös" erklärt, fühlt sich offenbar durch jenen k. k. Mordwitz momentan überflügelt und läßt ihren Verdruß am National aus. "Die Kroaten, sagt sie, haben ihm zufolge in Jahr und Tag in Italien und Oesterreich mehr kleine Kinder gefressen, als seit den Zeiten des Saturn und Polyphemus konsumirt wurden. Uebrigens müßte man auch Spaniens Patrioten und Bauern tadeln, die gegen Napoleon's Krieger mit Gift, Dolch, Feuer und Martern ankämpften, und doch wird kein Verständiger heute ihnen es vorwerfen." Dies verständige Blatt schließt mit dem erbaulichen Geständniß: "Die Skandäle und Gräuel, die man den Juniinsurgenten nachsagte, sind sämmtlich erlogen" (es war notabene selbst am geschäftigsten bei diesem Erlügen gewesen) " und um nur zwei Exempel zu liefern: weder die Köpfung der sieben Mobilen ist, trotz der angeblichen Augenzeugnisse erwiesen worden, noch die Absägung des Halses jenes Mobilen die zwischen zwei Brettern von einer Frau geschehen sein sollte. Diese arme Frau war auch laut Augenzeugen angeklagt; man zerprügelte sie entsetzlich und schleuderte sie in einen Kerker, aus dem sie erst jetzt vor Gericht geschleppt, und auf dem Flecke losgesprochen ward." Der Leser nehme diesen Ausspruch des niederträchtigsten aller französischen Reaktionsjournale (Granier Cassagnac, der Vertheidiger des Negerhandels, schreibt z. B. darin) zu Akt; er steht in der Nummer vom 17. dieses. -- Das "Journal des Debats" jubilirte gestern in einem brillanten Leitartikel von drei Kolonnen über Odilon Barrot's Präsidentur; dahin also sei die Februarrevolution glücklich zurückgebogen, nach zehnmonatlichem Ab- und Ausschweifen; aber das Unheil der "honnetten, festen" Regierung Louis Philipp's sei eben sein zu großes Vertrauen in die konstitutionelle Gesetzlichkeit des vom Revolutionsgeist längst durchtränkten Frankreichs gewesen; folgt eine lange Litanei über die tristen Resultate des Februarschlags, eine brutale Vergleichung der Proletariatsbewegung mit dem altrömischen Sklavenkriege unter Spartacus -- wobei noch zwei historische Schnitzer unterlaufen -- und der Rath: "Die Bourgeoisie, welche von jetzt ab Jahre lang auf der Bresche stehen und die Gesellschaft mit den Waffen schirmen muß, möge nicht versäumen, ihre Reihen den aus dem Proletariat sich empor arbeitenden fleißigen Leuten zu öffnen. Plinius rief einst: Italien geht unter durch die übergroßen Grundstücke. Laßt Frankreich nicht untergehen durch die große Industrie." Interessant ist jedenfalls das Geständniß der Bertin'schen Börsenblatts von der Bresche und der Gesellschaftsvertheidigung. Die statistische Situation dieser Bertin'schen Gesellschaft ist so eben in ziemlich erschöpfender Weise geschildert durch den fourieristischen talentvollen Schriftsteller Perreymond, der mit deutscher Literatur bekannt ist. Ich werde Auszüge davon liefern. Bilanz Frankreichs. Napoleon rief: "Guter braver Henri IV.! der auch hat seine armen Knochen viel gerührt!" In der That, Henri IV. hat eine Regierung zu führen gewußt, die für die Entwicklung des modernen Prinzips der Weltgeschichte Epoche ist. Auf seinen Ruf verstummten die miserabeln Geldluchse, Bourgeois, Schriftführer und Justizbeamten, wie die Junker, welche unter dem Vorwande katholischer oder protestantischer Religion das Arbeitsvolk in Stadt und Land fünfzig Jahre lang ausgepreßt hatten. Im Jahre 1596 rief er die Generalstaaten nach Rouen und verlangte ihren Rath, "wie den Armen möglichst zu helfen sei?" Statt hierauf einzugehen, proponirte der Rouener Reichstag, nachdem er sich der Adelsdeputirten geschickt entledigt und "versammelte Rotabeln" getauft hatte, eine Steuer auf den Detailverkauf, und eine Rechnungskammer, die sich mit Besoldung der Bourgeoisbeamten aller Sorten abgeben sollte. Der König und der Minister Sülly opponirten. Die Nationalversammlung von 1789 erklärte: La misere des peuples est un tort des gouvernemens: das Elend des Volks ist eine Schuld der Regierungen; sie dekretirten das droit a la subsistance und au travail. Heut zu Tage stehen wir aber noch so weit zurück, daß die Malthusianer in unsrer Kammer Zeter schreien bei dem bloßen Wort droit au travail. Von Ausgleichung der Wohnungs-, Kleidungs- und Nahrungsverhältnisse wollen diese Leute auch nichts wissen, obwohl die Tabellen nicht ganz steril sind; sie würden daraus lernen, daß bei Gelegenheit der 1835 neu aufgelegten Thür- und Fenstersteuer in Frankreich waren:
Das bedeutet: mehr als die Hälfte aller Wohnungen, mehr als 3 Mill. hatten eine Thür ohne Fenster, eine Thür und ein Fenster, eine Thür und zwei Fenster; will man das menschenwürdige Häuser nennen? Ferner: 1,817,328 Häuser mit zwei Oeffnungen (d. h. einer Thür und einem Fenster) stehen in den Landgemeinden; dort sind auch 1,328,937 mit drei Oeffnungen, und die 346,401 mit einer. Eine Summe von fast 600,000 Häusern mit sechs Oeffnungen und darüber spreizt sich in den über 5000 Einwohner zählenden Städten, und in diesen mit glücklichem Licht- und Luftzutritt begabten Häusern wohnen zehn Mill. Franzosen (in großen Städten 10, mittlern 4, auf Dörfern 5 Mann per Haus). In den mit 5 Oeffnungen wohnen über drei Mill. In den mit 4 wohnen über zwei Mill. Summa wie oben erwähnt: die kleinere Hälfte der 33,319,000 Bewohner Frankreichs hat Wohnungen von mehr Beilage zu Nr. 182 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Samstag 30. Dezember 1848. [Deutschland] [Fortsetzung] sich fortwährend aus dem ganzen Lande Vertrauensvota zuschreiben lassen, meinten es redlich konstitutionell. Sie bedenken nicht, daß Ferdinand ebendarum abgesetzt worden ist, damit Romulus Augustulus in Bezug auf die Errungenschaften ganz ungebunden handeln kann. Sie könnten sich überdies eines Bessern belehren, wenn sie die Intriguen dieses Ministeriums, namentlich dem Auslande gegenüber, belauschten. Man gibt sich alle Mühe z. B. Frankreich in sein Interesse zu ziehen; man expedirt täglich Kuriere nach Petersburg und läßt, um sie wider Deutschlands Einheit aufzustacheln, die kleinen deutschen Hofjunker zum Dalai-Lama nach Olmütz bescheiden; man wartet endlich den Sieg in Ungarn ab, um sich vollends als russischer Knutenteufel zu entlarven. Wer das nicht sieht, der ist stockblind und stockdeutschdumm. Ueberdies sprechen es die Standrechtsblätter und die täglichen Handlungen des Ministeriums ganz laut aus, daß man die tempora Metternichiana wieder herbeiführen müsse. „Schild und Schwert,“ ein Blatt, welches privativ-ministeriell schreibt, versichert z. B. am 22. Dez., alle liberalen Schritte des Ministeriums seien blose Finten, weil es die oktroyirte Verfassung noch nicht fertig habe und die Wiederherstellung der Ordnung in Ungarn abwarten wolle. Sei diese Zeit erst gekommen, dann werde das Ministerium schon mit seiner wahren Farbe herausrücken. Es werde den Reichstags auflösen und ein Dutzend Deputirte in Anklagezustand versetzen. — Die Bewegungen Metternichs in London werden auch wieder genau kontrollirt und von den Standrechtsblättern mit der alten „dem Leiter der Geschicke Oestreichs“ gebührenden Unterwürfigkeit verkündet. Unterliegt Ungarn, so wird, dessen können Sie gewiß sein, Metternich im Triumphe heimkehren, um Oestreich mit dem Einzigen wieder zusammenzufügen, womit ein Stadt mit ursprünglich absolutistischem Fundamente zusammen zu halten ist, mit dem Despotismus. X Berlin, 26. Dez. Ich bin im Stande, Ihnen die zuverläßige Nachricht mitzutheilen, daß man beschlossen hat, Berlin zu befestigen, nicht etwa gegen einen äußern Feind, sondern gegen das Volk selbst. In dem von Sachverständigen abgehaltenen hohen Rath bei Sr. Erz. General D'ruf, hat man den Plan gefaßt, sämmtliche Thore zu befestigen, und in der Stadt selbst Häuser anzukaufen, dieselben mit bombenfesten Dächern versehen und Geschütze auf denselben aufstellen zu lassen. Man kann auf diese Weise dann recht hübsch die Kanaille massakriren. Louis Philipp suchte wenigstens durch Hrn. Thiers die Befestigung von Paris in der Kammer erst durchzusetzen und dann zu bauen, Friedrich Wilhelm winkt, und Brandenburg-Manteuffel bauen sofort darauf los. Der Abgeordnete Rodbertus ist aus Berlin ausgewiesen. Hr. Harkort ist noch immer hier, und bearbeitet jetzt die Bauern Pommerns durch Lügenartikel, die theils in Plakaten, theils durch die deutsche Reform verbreitet werden. — In der letztern zählt er die Wohlthaten alle auf, welche Friedrich Wilhelm den Bauern erzeigt hat; es sind dies z. B. alle die Gesetze, welche von der Nat-Verf. berathen worden, und auf der andern Seite zeigt es, daß die Revolution und die Nat.-Vers. dem Staat 6 Mill. kosten, verschweigt, aber wohlweislich, daß wöchentlich 2,000,000 Thlr. als außerordentliche Zuschüsse zum Staatshaushalt erforderlich sind. Auf diese Weise sucht man die Herren Pommern zu bearbeiten. Glück auf! 068 Berlin, 27. Dez. Wie weit die truthahnartige Wuth unserer Behörden gegen die rothe Farbe geht, davon mag folgende Thatsache Zeugnitz abgeben. Die unter der Leitung des Ministeriums für Handel und Gewerbe stehenden Arbeiter haben den Befehl erhalten, falls sie noch fernere Beschäftigung von Seiten des Staats haben wollten, alle ihre rothen Fahnen an das Ministerium abzuliefern. Die Arbeiter, denen man so das Messer an die Kehle setzte, mußten sich natürlich fügen und lieferten ihre Fahnen ab, von denen die meisten gar nicht als Symbole der Republik gelten konnten, da sie, wenn auch auf rothem Grunde, doch Abzeichen und Inschriften trugen, welche aller politischen Natur meist entbehrten. Der bekannte Statistiker Freiherr v. Reden genoß seit längerer Zeit eine durch die Vermittlung Alex. v. Humboldts ihm verschaffte Sinecure mit 2000 Thlr. Einkommen im Ministerium des Auswärtigen. Derselbe ist jedoch seit einiger Zeit zur Disposition gestellt worden und zwar, weil er den nicht genug zu büßenden Frevel begangen hatte, in dem Konflikt zwischen Nat.-Vers. und Krone durch Unterzeichnung einer von Preuß. Abgeordneten in Frankfurt ausgegangenen Adresse, Partei für die volksthümliche Seite zu nehmen. So wüthet die Regierung in ihrem eigenen Fleische, denn Reden ist bekanntlich einer der enragirtesten Rechten der Paulskirche. In der Deckerschen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei werden jetzt nur noch Arbeiter von bewährter reaktionärer Gesinnung beschäftigt. Alle demokratisch Gesinnte sind nach und nach ausgemärzt worden. 29 Berlin, 27. Dez. Hr. Leonhardt, Inquisitoriats-Direktor, eifriger Demagogen-Riecher und Richter in den 30ger Jahren, damals schon voll royalistischen Wetteifers mit Dambach, Kamptz und ähnlichen Kreaturen, hat die Voruntersuchung gegen die steuerverweigernden Mitglieder der Nat.-Verf. überkommen. Der Centralausschuß der Demokraten Deutschlands, bestehend aus den Herren Dr. Hexamer, Dr. d'Ester und Gr. Reichenbach, hat gegenwärtig in Halle seinen Sitz genommen. Eine zwangslos erscheinende Zeitschrift, „der Urwähler“, ist dort als Organ des Ausschusses begründet. Auch Hr. Jung hat sich nach Halle begeben. 120 Frankfurt, 25. Dez. Die von Ihnen in Nro. 177 mitgetheilte Nachricht, daß der Dr. Stieber aus Berlin sich hier aufhalte, um unter dem Deckmantel demokratischer Gesinnungen die Mörder der Herren Lichnowski und Auerswald zu ermitteln, ist eine durchaus irrthümliche. Hr. Stieber ist allerdings in Frankfurt gewesen, hat sich aber dort nur wenige Stunden in einer ganz unschuldigen Privatangelegenheit aufgehalten und ist längst nach Berlin zurückgereiset. Wir hören, daß die fälschliche Nachricht, Hr. Stieber verfolge in Frankfurt polizeiliche Zwecke, von einem Berliner reaktionären Blatte böswillig verbreitet worden ist, um der erfolgreichen Thätigkeit, welche Hr. Stieber in letzter Zeit als Defensor zu Gunsten der angeklagten Demokraten entwickelt hat, schädlich zu sein. Frankfurt, 27. Dez. So eben erhalten wir die zuverlässige Nachricht, daß Hr. v. Schmerling auf seiner Reise nach Olmütz in Leipzig durch einen nach Frankfurt gehenden Courier der östreichischen Regierung eine Zuschrift des östreich. Ministeriums erhielt, wodurch er zum östreich. Bevollmächtigten bei der Centralgewalt ernannt wurde. (Fr. O. P. A. Z.) S Aus dem Reich. Herr von Schrenk hat sich von Frankfurt nach München begeben, um das ihm angebotene Ministerium des Innern zu übernehmen. Er soll Hrn. Abel den Weg bereiten, damit dieser seinen Fuß an keinen Stein stoße. Hr. Max, König von Baiern, und seine Hofclique, scheinen immer noch eine gewisse Scheuheit — von den Märztagen her — zu besitzen. Hatten sie einige Wochen Potsdam, Babelsberg u. Brandenburg-Manteufel studirt: sie würden nicht so viel Umstände machen und Hrn. Abel sofort zum Ministerpräsidenten ernennen. Der münchener Reichs- und Bier-Philister würde deshalb kein Seidel weniger trinken, im Gegentheil, Bier und Knödel schmeckten ihm besser, wenn Hr. Abel auf einmal das bischen Unsinn, was seit März vorgekommen, auslöschte und die gute alte Zeit wieder zu Ehren brächte. Indeß geschieht vorläufig nach dieser Richtung hin ganz Anerkennungswerthes. Damit münchener Reichsbürger die Christnacht ruhig begehen können, publizirt die hohe Polizeidirektion, daß sie alle Vorkehrungen gegen Ruhestörungen getroffen. Gesagt, gethan! Schon Mittags am 24. d. ritten und schritten zahlreiche Patrouillen durch die Stadt, die eine gewisse Aufregung und Unruhe hervorriefen — Alles lediglich, um die Ruhe für den Christabend vorzubereiten. Man frägt sich trotz der Patrouillen, was wohl der heil. Ludwig seiner angebeteten Lola einbescheeren wird. Tausende von Conjekturen tauchen darüber auf. So vertreibt man sich die Zeit im Reiche. Allein die Amüsements wechseln je nach Zeit und Ort. In Braunschweig, wo man statt „bairisch“ nur „Mumme“ trinkt, hat man für andre Kurzweil gesorgt. Der Landtag der braunschweigschen Reichs-Nation hat nämlich erklärt, daß das „Reich“, die „Mumme“ und alle mit diesen schönen Sächelchen verknüpften Herrlichkeiten zu Grunde gehen müßten, wenn nicht 1) ein Haupt, Ein Glück für unser Reich, daß es nicht aus lauter Braunschweigs besteht und nicht mit lauter braunschweig'schen Wilhelms beglückt ist. Wäre das der Fall, so erhängte sich das halbe Reich, und die andre Hälfte müßte das Erhängte abschneiden. Und welches Unglück, wenn nun unsere Dutzende von theuern Landesvätern gleich in der ersten Hälfte wären? Was fingen wir dann an? wo bliebe dann 1) das Haupt, 2) das erbliche Haupt, und 3) das preußische erbliche Haupt für die Reichs- „Mumme“? Das Reich ist groß und wir flüchten uns zur Abwechselung und Erholung nach Detmold. Die Detmolder Nationalversammlung hat mit überwiegender Majorität ein Wahlgesetz angenommen, dessen Grundprinzip direkte Wahl ist. Dabei findet keinerlei Census statt; mit 25 Jahren ist Jeder Wähler und mit 30 Jahren Jeder wählbar. Es wäre gut, wenn das deutsche Reich lieber in Detmold, statt in Oesterreich, oder Preußen, oder in bairische Klösel aufginge. Das altenburgische und sächsische Militär, das sich bisher in Weimar und Umgegend unter der Firma von „Reichstruppen“ abgefüttert, wird nächstens nach Schleswig-Holstein aufbrechen. In Schwaben sammeln die Pietisten Unterschriften zu einer Adresse, worin sie den theuren Landesvater bitten, doch ja auch fernerhin sich „von Gottes Gnaden“ zu nennen. Die Schwaben sollen jetzt an Schaffhausen den Unteroffizier ausliefern, der kürzlich einen Schweizer Bürger mit dem Säbel tödtlich verwundete. Der bekannte Dr. Strauß, Reaktionär vom reinsten Wasser, ist aus der Kammer der Abgeordneten ausgetreten. Die Mißtrauensadressen haben also doch gewirkt; „spät geht Ihr, Doktor, doch Ihr geht.“ Der Herr Dr. wird sonach bald zur Mythe werden. Donaufürstenthümer. * Jaffy, 16. Dezbr. Unter diesem Datum bringt das in Czernowitz erscheinende Wochenblatt „Bucowina“ folgende Mittheilung: „Aus Petersburg kam durch das russische Konsulat, und ohne vorherige Verständigung und Vermittlung der Pforte an den Fürsten der Moldau der kaiserliche Befehl, der die Art der Rückzahlung des von Rußland den beiden Fürstenthümern gemachten Anlehens von 300,000 Silberrubeln regelt. Es soll danach vom 1. Jänner an in beiden Fürstenthümern die Steuer um 2 Zehntel erhöht werden, davon fällt eines auf die Dorfgemeinden und das zweite soll von den Gutsbesitzern gezahlt werden. Dieser von Petersburg direkt gekommene Befehl beweist abermals, wie wenig man sich in der Praxis an die in der Note des Grafen Nesselrode vom 19. Juli gegebenen Versicherungen hält. Wie reimt überhaupt das russische Kabinet diese, ohne Vorwissen und ohne vorgängige Einwilligung der Pforte erlassene Anordnung mit seiner in der erwähnten Note feierlich übernommenen Verpflichtung, in den Fürstenthümern nur im Einvernehmen mit dem Sultan, dem Souverain dieser Länder, vorzugehen, und jede zu nehmende Maßregel mit diesem gemeinschaftlich zu berathen? — “ Französische Republik. 236 Paris, 27. Dezbr. Die Reden auf dem deutsch-französischen Verbrüderungs-Banket vom 24. dieses haben einen neuen Kummer den hiesigen Reaktionären aufgeladen; die Trinksprüche: „Hoch leben Robespierre, Couthon, Marat, St. Just und alle ihre Nachfolger, die das soziale Werk weiter führen“ (Ewerbeck); „ Hoch lebe die Vereinigung deutscher und französischer Demokratie, sie mögen über die Leichnahme ihrer Todfeinde schreiten“ (Kapp); „Hoch lebe die Propaganda“ (Schmitz, Arbeiter und deutscher Freischärler); „Hoch das social-demokratische Frankreich“ (Appuhn) u. s. w. werden vom „Constitutionel“ als besonders „antisocial“ aufgeführt, und „Assemblée nationale“ weist auf die aus solchem Fraternisiren „der Gesellschaftsumstürzer in verschiedenen Nationalitäten“ entspringende Doppelgefahr hin. Das letztere biedere Blatt sagt: „Die Zeiten des Antichrist scheinen zu nahen; schon reichen die Bösen verschiedener Lande und Zungen, über Fluß- und Berg- und Meergränzen hinüber, sich die räuberischen Hände; unsere Landessprache dient ihnen dabei als geistiges Band, unsre gastliche Hauptstadt als materieller Boden. Französische Mitbürger entblödeten sich nicht, die revolutionäre Irrlehre den Fremdlingen zu bringen, und jetzt beschenken uns letztere zum Danke mit ihrer eigenthümlichen Umsturzphilosophie; wahrlich es scheint eine Epoche zu kommen wie jene, wo französische Kalvinisten mit deutschen Reformirten konspirirten und das Heil des französischen Patriotismus vaterlandsverrätherisch aus den Augen setzten. Bewahre uns der Himmel die Bartholomäusnacht zu loben … aber u. s. w.“ Ad vocem Bartholomäusnacht, so möge man wissen, daß der von Bonaparte zum Kultusminister erhobene legitimistische Jesuitenschüler Falloux in einer Schrift demonstrirt, sie sei ein Werk des Zufalls, habe mit dem Katholicismus nichts zu thun, sei nicht so übel gewesen u. dgl. Er wird die Kammer nächstens mit einem famosen Vorschlag über „Unterrichtsfreiheit“, was in Frankreich gleichbedeutend ist mit Anheimgebung des gesammten Volksunterrichts an den römischen Klerus, erfreuen; er kann die „demokratisirenden Volkskatechismen, Kalender, Fibeln und Hausbüchlein“ deren seit März doch eine Menge durch die Klubs und vom Staate besoldeten Gemeindeschullehrer in Umlauf gebracht wurden, nicht länger verdauen. — Die „Assemblée nationale“ belehrte ferner neulich ihre Leser: „Die etwaigen Blutscenen der Windischgrätz'schen Truppen in Wien, seien leicht zu entschuldigen, sintemal im Kriege es heißer hergeht denn im Frieden; selbst der rühmlichste Krieg bringt hie und da Gräuel mit sich, aber kein Verständiger wird ihn deswegen verdammen. Was fällt also dem National ein, daß er immerfort die Grausamkeiten der k. k. Soldaten in phantastischer Redeweise bespricht? Möge er bedenken, daß sie Ordnung und Gesetz in Wien hergestellt haben. Der National posaunt seine wiener Mordhistörchen wohl den Bauern zu Gefallen, die in den langen Winterabenden um den Heerd sitzen und dergleichen gern hören.“ Der National hatte, unter andern Scheußlichkeiten, die philanthropische Exekution jener Studenten berichtet, die ihre eigenen Gräber schaufeln mußten, während die Offiziere rauchten und lachten und nach der Uhr sahen. „Assemblée nationale“, diese emsige Junimörderin, die „jede Amnestie, selbst eine noch so wenig zählende, für lächerlich und unreligiös“ erklärt, fühlt sich offenbar durch jenen k. k. Mordwitz momentan überflügelt und läßt ihren Verdruß am National aus. „Die Kroaten, sagt sie, haben ihm zufolge in Jahr und Tag in Italien und Oesterreich mehr kleine Kinder gefressen, als seit den Zeiten des Saturn und Polyphemus konsumirt wurden. Uebrigens müßte man auch Spaniens Patrioten und Bauern tadeln, die gegen Napoleon's Krieger mit Gift, Dolch, Feuer und Martern ankämpften, und doch wird kein Verständiger heute ihnen es vorwerfen.“ Dies verständige Blatt schließt mit dem erbaulichen Geständniß: „Die Skandäle und Gräuel, die man den Juniinsurgenten nachsagte, sind sämmtlich erlogen“ (es war notabene selbst am geschäftigsten bei diesem Erlügen gewesen) „ und um nur zwei Exempel zu liefern: weder die Köpfung der sieben Mobilen ist, trotz der angeblichen Augenzeugnisse erwiesen worden, noch die Absägung des Halses jenes Mobilen die zwischen zwei Brettern von einer Frau geschehen sein sollte. Diese arme Frau war auch laut Augenzeugen angeklagt; man zerprügelte sie entsetzlich und schleuderte sie in einen Kerker, aus dem sie erst jetzt vor Gericht geschleppt, und auf dem Flecke losgesprochen ward.“ Der Leser nehme diesen Ausspruch des niederträchtigsten aller französischen Reaktionsjournale (Granier Cassagnac, der Vertheidiger des Negerhandels, schreibt z. B. darin) zu Akt; er steht in der Nummer vom 17. dieses. — Das „Journal des Debats“ jubilirte gestern in einem brillanten Leitartikel von drei Kolonnen über Odilon Barrot's Präsidentur; dahin also sei die Februarrevolution glücklich zurückgebogen, nach zehnmonatlichem Ab- und Ausschweifen; aber das Unheil der „honnetten, festen“ Regierung Louis Philipp's sei eben sein zu großes Vertrauen in die konstitutionelle Gesetzlichkeit des vom Revolutionsgeist längst durchtränkten Frankreichs gewesen; folgt eine lange Litanei über die tristen Resultate des Februarschlags, eine brutale Vergleichung der Proletariatsbewegung mit dem altrömischen Sklavenkriege unter Spartacus — wobei noch zwei historische Schnitzer unterlaufen — und der Rath: „Die Bourgeoisie, welche von jetzt ab Jahre lang auf der Bresche stehen und die Gesellschaft mit den Waffen schirmen muß, möge nicht versäumen, ihre Reihen den aus dem Proletariat sich empor arbeitenden fleißigen Leuten zu öffnen. Plinius rief einst: Italien geht unter durch die übergroßen Grundstücke. Laßt Frankreich nicht untergehen durch die große Industrie.“ Interessant ist jedenfalls das Geständniß der Bertin'schen Börsenblatts von der Bresche und der Gesellschaftsvertheidigung. Die statistische Situation dieser Bertin'schen Gesellschaft ist so eben in ziemlich erschöpfender Weise geschildert durch den fourieristischen talentvollen Schriftsteller Perreymond, der mit deutscher Literatur bekannt ist. Ich werde Auszüge davon liefern. Bilanz Frankreichs. Napoleon rief: „Guter braver Henri IV.! der auch hat seine armen Knochen viel gerührt!“ In der That, Henri IV. hat eine Regierung zu führen gewußt, die für die Entwicklung des modernen Prinzips der Weltgeschichte Epoche ist. Auf seinen Ruf verstummten die miserabeln Geldluchse, Bourgeois, Schriftführer und Justizbeamten, wie die Junker, welche unter dem Vorwande katholischer oder protestantischer Religion das Arbeitsvolk in Stadt und Land fünfzig Jahre lang ausgepreßt hatten. Im Jahre 1596 rief er die Generalstaaten nach Rouen und verlangte ihren Rath, „wie den Armen möglichst zu helfen sei?“ Statt hierauf einzugehen, proponirte der Rouener Reichstag, nachdem er sich der Adelsdeputirten geschickt entledigt und „versammelte Rotabeln“ getauft hatte, eine Steuer auf den Detailverkauf, und eine Rechnungskammer, die sich mit Besoldung der Bourgeoisbeamten aller Sorten abgeben sollte. Der König und der Minister Sülly opponirten. Die Nationalversammlung von 1789 erklärte: La misère des peuples est un tort des gouvernemens: das Elend des Volks ist eine Schuld der Regierungen; sie dekretirten das droit à la subsistance und au travail. Heut zu Tage stehen wir aber noch so weit zurück, daß die Malthusianer in unsrer Kammer Zeter schreien bei dem bloßen Wort droit au travail. Von Ausgleichung der Wohnungs-, Kleidungs- und Nahrungsverhältnisse wollen diese Leute auch nichts wissen, obwohl die Tabellen nicht ganz steril sind; sie würden daraus lernen, daß bei Gelegenheit der 1835 neu aufgelegten Thür- und Fenstersteuer in Frankreich waren:
Das bedeutet: mehr als die Hälfte aller Wohnungen, mehr als 3 Mill. hatten eine Thür ohne Fenster, eine Thür und ein Fenster, eine Thür und zwei Fenster; will man das menschenwürdige Häuser nennen? Ferner: 1,817,328 Häuser mit zwei Oeffnungen (d. h. einer Thür und einem Fenster) stehen in den Landgemeinden; dort sind auch 1,328,937 mit drei Oeffnungen, und die 346,401 mit einer. Eine Summe von fast 600,000 Häusern mit sechs Oeffnungen und darüber spreizt sich in den über 5000 Einwohner zählenden Städten, und in diesen mit glücklichem Licht- und Luftzutritt begabten Häusern wohnen zehn Mill. Franzosen (in großen Städten 10, mittlern 4, auf Dörfern 5 Mann per Haus). In den mit 5 Oeffnungen wohnen über drei Mill. In den mit 4 wohnen über zwei Mill. Summa wie oben erwähnt: die kleinere Hälfte der 33,319,000 Bewohner Frankreichs hat Wohnungen von mehr <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0983"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 182 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Samstag 30. Dezember 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>[Deutschland]</head> <div xml:id="ar182b_001" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> sich fortwährend aus dem ganzen Lande Vertrauensvota zuschreiben lassen, meinten es redlich konstitutionell. Sie bedenken nicht, daß Ferdinand ebendarum abgesetzt worden ist, damit Romulus Augustulus in Bezug auf die Errungenschaften ganz ungebunden handeln kann. Sie könnten sich überdies eines Bessern belehren, wenn sie die Intriguen dieses Ministeriums, namentlich dem Auslande gegenüber, belauschten. Man gibt sich alle Mühe z. B. Frankreich in sein Interesse zu ziehen; man expedirt täglich Kuriere nach Petersburg und läßt, um sie wider Deutschlands Einheit aufzustacheln, die kleinen deutschen Hofjunker zum Dalai-Lama nach Olmütz bescheiden; man wartet endlich den Sieg in Ungarn ab, um sich vollends als russischer Knutenteufel zu entlarven. Wer das nicht sieht, der ist stockblind und stockdeutschdumm. Ueberdies sprechen es die Standrechtsblätter und die täglichen Handlungen des Ministeriums ganz laut aus, daß man die tempora Metternichiana wieder herbeiführen müsse.</p> <p>„Schild und Schwert,“ ein Blatt, welches privativ-ministeriell schreibt, versichert z. B. am 22. Dez., alle liberalen Schritte des Ministeriums seien blose Finten, weil es die oktroyirte Verfassung noch nicht fertig habe und die Wiederherstellung der Ordnung in Ungarn abwarten wolle. Sei diese Zeit erst gekommen, dann werde das Ministerium schon mit seiner wahren Farbe herausrücken. Es werde den Reichstags auflösen und ein Dutzend Deputirte in Anklagezustand versetzen. — Die Bewegungen Metternichs in London werden auch wieder genau kontrollirt und von den Standrechtsblättern mit der alten „dem Leiter der Geschicke Oestreichs“ gebührenden Unterwürfigkeit verkündet. Unterliegt Ungarn, so wird, dessen können Sie gewiß sein, Metternich im Triumphe heimkehren, um Oestreich mit dem Einzigen wieder zusammenzufügen, womit ein Stadt mit ursprünglich absolutistischem Fundamente zusammen zu halten ist, mit dem Despotismus.</p> </div> <div xml:id="ar182b_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 26. Dez.</head> <p>Ich bin im Stande, Ihnen die zuverläßige Nachricht mitzutheilen, daß man beschlossen hat, Berlin zu befestigen, nicht etwa gegen einen äußern Feind, sondern gegen das Volk selbst. In dem von Sachverständigen abgehaltenen hohen Rath bei Sr. Erz. General D'ruf, hat man den Plan gefaßt, sämmtliche Thore zu befestigen, und in der Stadt selbst Häuser anzukaufen, dieselben mit bombenfesten Dächern versehen und Geschütze auf denselben aufstellen zu lassen. Man kann auf diese Weise dann recht hübsch die Kanaille massakriren. Louis Philipp suchte wenigstens durch Hrn. Thiers die Befestigung von Paris in der Kammer erst durchzusetzen und dann zu bauen, Friedrich Wilhelm winkt, und Brandenburg-Manteuffel bauen sofort darauf los.</p> <p>Der Abgeordnete Rodbertus ist aus Berlin ausgewiesen. Hr. Harkort ist noch immer hier, und bearbeitet jetzt die Bauern Pommerns durch Lügenartikel, die theils in Plakaten, theils durch die deutsche Reform verbreitet werden. — In der letztern zählt er die Wohlthaten alle auf, welche Friedrich Wilhelm den Bauern erzeigt hat; es sind dies z. B. alle die Gesetze, welche von der Nat-Verf. berathen worden, und auf der andern Seite zeigt es, daß die Revolution und die Nat.-Vers. dem Staat 6 Mill. kosten, verschweigt, aber wohlweislich, daß wöchentlich 2,000,000 Thlr. als außerordentliche Zuschüsse zum Staatshaushalt erforderlich sind. Auf diese Weise sucht man die Herren Pommern zu bearbeiten. Glück auf!</p> </div> <div xml:id="ar182b_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>068</author></bibl> Berlin, 27. Dez.</head> <p>Wie weit die truthahnartige Wuth unserer Behörden gegen die rothe Farbe geht, davon mag folgende Thatsache Zeugnitz abgeben. Die unter der Leitung des Ministeriums für Handel und Gewerbe stehenden Arbeiter haben den Befehl erhalten, <hi rendition="#g">falls sie noch fernere Beschäftigung von Seiten des Staats haben wollten,</hi> alle ihre rothen Fahnen an das Ministerium abzuliefern. Die Arbeiter, denen man so das Messer an die Kehle setzte, mußten sich natürlich fügen und lieferten ihre Fahnen ab, von denen die meisten gar nicht als Symbole der Republik gelten konnten, da sie, wenn auch auf rothem Grunde, doch Abzeichen und Inschriften trugen, welche aller politischen Natur meist entbehrten.</p> <p>Der bekannte Statistiker Freiherr v. <hi rendition="#g">Reden</hi> genoß seit längerer Zeit eine durch die Vermittlung Alex. v. Humboldts ihm verschaffte Sinecure mit 2000 Thlr. Einkommen im Ministerium des Auswärtigen. Derselbe ist jedoch seit einiger Zeit zur Disposition gestellt worden und zwar, weil er den nicht genug zu büßenden Frevel begangen hatte, in dem Konflikt zwischen Nat.-Vers. und Krone durch Unterzeichnung einer von Preuß. Abgeordneten in Frankfurt ausgegangenen Adresse, Partei für die volksthümliche Seite zu nehmen. So wüthet die Regierung in ihrem eigenen Fleische, denn <hi rendition="#g">Reden</hi> ist bekanntlich einer der enragirtesten Rechten der Paulskirche.</p> <p>In der <hi rendition="#g">Deckerschen</hi> Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei werden jetzt nur noch Arbeiter von bewährter <hi rendition="#g">reaktionärer</hi> Gesinnung beschäftigt. Alle demokratisch Gesinnte sind nach und nach ausgemärzt worden.</p> </div> <div xml:id="ar182b_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>29</author></bibl> Berlin, 27. Dez.</head> <p>Hr. Leonhardt, Inquisitoriats-Direktor, eifriger Demagogen-Riecher und Richter in den 30ger Jahren, damals schon voll royalistischen Wetteifers mit Dambach, Kamptz und ähnlichen Kreaturen, hat die Voruntersuchung gegen die steuerverweigernden Mitglieder der Nat.-Verf. überkommen.</p> <p>Der Centralausschuß der Demokraten Deutschlands, bestehend aus den Herren Dr. Hexamer, Dr. d'Ester und Gr. Reichenbach, hat gegenwärtig in Halle seinen Sitz genommen. Eine zwangslos erscheinende Zeitschrift, „der Urwähler“, ist dort als Organ des Ausschusses begründet. Auch Hr. Jung hat sich nach Halle begeben.</p> </div> <div xml:id="ar182b_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>120</author></bibl> Frankfurt, 25. Dez.</head> <p>Die von Ihnen in Nro. 177 mitgetheilte Nachricht, daß der Dr. <hi rendition="#g">Stieber</hi> aus Berlin sich hier aufhalte, um unter dem Deckmantel demokratischer Gesinnungen die Mörder der Herren <hi rendition="#g">Lichnowski</hi> und <hi rendition="#g">Auerswald</hi> zu ermitteln, ist eine durchaus irrthümliche. Hr. Stieber ist allerdings in Frankfurt gewesen, hat sich aber dort nur wenige Stunden in einer ganz unschuldigen Privatangelegenheit aufgehalten und ist längst nach Berlin zurückgereiset. Wir hören, daß die fälschliche Nachricht, Hr. Stieber verfolge in Frankfurt polizeiliche Zwecke, von einem Berliner reaktionären Blatte böswillig verbreitet worden ist, um der erfolgreichen Thätigkeit, welche Hr. Stieber in letzter Zeit als Defensor zu Gunsten der angeklagten Demokraten entwickelt hat, schädlich zu sein.</p> </div> <div xml:id="ar182b_006" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 27. Dez.</head> <p>So eben erhalten wir die zuverlässige Nachricht, daß Hr. v. Schmerling auf seiner Reise nach Olmütz in Leipzig durch einen nach Frankfurt gehenden Courier der östreichischen Regierung eine Zuschrift des östreich. Ministeriums erhielt, wodurch er zum östreich. Bevollmächtigten bei der Centralgewalt ernannt wurde.</p> <bibl>(Fr. O. P. A. Z.)</bibl> </div> <div xml:id="ar182b_007" type="jArticle"> <head><bibl><author>S</author></bibl> Aus dem Reich.</head> <p>Herr <hi rendition="#g">von Schrenk</hi> hat sich von Frankfurt nach München begeben, um das ihm angebotene Ministerium des Innern zu übernehmen. Er soll Hrn. <hi rendition="#g">Abel</hi> den Weg bereiten, damit dieser seinen Fuß an keinen Stein stoße. Hr. Max, König von Baiern, und seine Hofclique, scheinen immer noch eine gewisse Scheuheit — von den Märztagen her — zu besitzen. Hatten sie einige Wochen Potsdam, Babelsberg u. Brandenburg-Manteufel studirt: sie würden nicht so viel Umstände machen und Hrn. <hi rendition="#g">Abel</hi> sofort zum Ministerpräsidenten ernennen. Der münchener Reichs- und Bier-Philister würde deshalb kein Seidel weniger trinken, im Gegentheil, Bier und Knödel schmeckten ihm besser, wenn Hr. Abel auf einmal das bischen Unsinn, was seit März vorgekommen, auslöschte und die gute alte Zeit wieder zu Ehren brächte. Indeß geschieht vorläufig nach dieser Richtung hin ganz Anerkennungswerthes. Damit münchener Reichsbürger die Christnacht ruhig begehen können, publizirt die hohe Polizeidirektion, daß sie alle Vorkehrungen gegen Ruhestörungen getroffen. Gesagt, gethan! Schon Mittags am 24. d. ritten und schritten zahlreiche Patrouillen durch die Stadt, die eine gewisse Aufregung und Unruhe hervorriefen — Alles lediglich, um die Ruhe für den Christabend vorzubereiten. Man frägt sich trotz der Patrouillen, was wohl der heil. Ludwig seiner angebeteten Lola einbescheeren wird. Tausende von Conjekturen tauchen darüber auf. So vertreibt man sich die Zeit im Reiche. Allein die Amüsements wechseln je nach Zeit und Ort. In Braunschweig, wo man statt „bairisch“ nur „Mumme“ trinkt, hat man für andre Kurzweil gesorgt. Der Landtag der braunschweigschen Reichs-Nation hat nämlich erklärt, daß das „Reich“, die „Mumme“ und alle mit diesen schönen Sächelchen verknüpften Herrlichkeiten zu Grunde gehen müßten, wenn nicht</p> <p rendition="#et">1) ein Haupt,<lb/> 2) ein erbliches Haupt an Deutschlands Spitze tritt,<lb/> 3) wenn nicht das preußische Haupt in ein Reichshaupt umgemodelt wird.</p> <p>Ein Glück für unser Reich, daß es nicht aus lauter Braunschweigs besteht und nicht mit lauter braunschweig'schen Wilhelms beglückt ist. Wäre das der Fall, so erhängte sich das halbe Reich, und die andre Hälfte müßte das Erhängte abschneiden. Und welches Unglück, wenn nun unsere Dutzende von theuern Landesvätern gleich in der ersten Hälfte wären? Was fingen wir dann an? wo bliebe dann</p> <p rendition="#et">1) das Haupt, 2) das erbliche Haupt, und 3) das <hi rendition="#g">preußische erbliche</hi> Haupt für die Reichs- „Mumme“?</p> <p>Das Reich ist groß und wir flüchten uns zur Abwechselung und Erholung nach <hi rendition="#g">Detmold</hi>. Die Detmolder Nationalversammlung hat mit überwiegender Majorität ein Wahlgesetz angenommen, dessen Grundprinzip <hi rendition="#g">direkte</hi> Wahl ist. Dabei findet keinerlei Census statt; mit 25 Jahren ist Jeder Wähler und mit 30 Jahren Jeder wählbar. Es wäre gut, wenn das deutsche Reich lieber in Detmold, statt in Oesterreich, oder Preußen, oder in bairische Klösel aufginge.</p> <p>Das altenburgische und sächsische Militär, das sich bisher in Weimar und Umgegend unter der Firma von „Reichstruppen“ abgefüttert, wird nächstens nach Schleswig-Holstein aufbrechen. In Schwaben sammeln die Pietisten Unterschriften zu einer Adresse, worin sie den theuren Landesvater bitten, doch ja auch fernerhin sich „von Gottes Gnaden“ zu nennen. Die Schwaben sollen jetzt an Schaffhausen den Unteroffizier ausliefern, der kürzlich einen Schweizer Bürger mit dem Säbel tödtlich verwundete. Der bekannte Dr. Strauß, Reaktionär vom reinsten Wasser, ist aus der Kammer der Abgeordneten ausgetreten. Die Mißtrauensadressen haben also doch gewirkt; „spät geht Ihr, Doktor, doch Ihr geht.“ Der Herr Dr. wird sonach bald zur Mythe werden.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Donaufürstenthümer.</head> <div xml:id="ar182b_008" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Jaffy, 16. Dezbr.</head> <p>Unter diesem Datum bringt das in Czernowitz erscheinende Wochenblatt „Bucowina“ folgende Mittheilung:</p> <p>„Aus <hi rendition="#g">Petersburg</hi> kam durch das russische Konsulat, und <hi rendition="#g">ohne vorherige Verständigung und Vermittlung der Pforte</hi> an den Fürsten der Moldau der kaiserliche Befehl, der die Art der Rückzahlung des von Rußland den beiden Fürstenthümern gemachten Anlehens von 300,000 Silberrubeln regelt. Es soll danach vom 1. Jänner an in beiden Fürstenthümern die Steuer um 2 Zehntel erhöht werden, davon fällt eines auf die Dorfgemeinden und das zweite soll von den Gutsbesitzern gezahlt werden. Dieser von Petersburg <hi rendition="#g">direkt</hi> gekommene Befehl beweist abermals, wie wenig man sich in der Praxis an die in der Note des Grafen Nesselrode vom 19. Juli gegebenen Versicherungen hält. Wie reimt überhaupt das russische Kabinet diese, ohne Vorwissen und ohne vorgängige Einwilligung der Pforte erlassene Anordnung mit seiner in der erwähnten Note feierlich übernommenen Verpflichtung, in den Fürstenthümern nur im Einvernehmen mit dem Sultan, dem <hi rendition="#g">Souverain</hi> dieser Länder, vorzugehen, und jede zu nehmende Maßregel mit diesem gemeinschaftlich zu berathen? — “</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar182b_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>236</author></bibl> Paris, 27. Dezbr.</head> <p>Die Reden auf dem deutsch-französischen Verbrüderungs-Banket vom 24. dieses haben einen neuen Kummer den hiesigen Reaktionären aufgeladen; die Trinksprüche: „Hoch leben Robespierre, Couthon, Marat, St. Just und alle ihre Nachfolger, die das soziale Werk weiter führen“ (Ewerbeck); „ Hoch lebe die Vereinigung deutscher und französischer Demokratie, sie mögen über die Leichnahme ihrer Todfeinde schreiten“ (Kapp); „Hoch lebe die Propaganda“ (Schmitz, Arbeiter und deutscher Freischärler); „Hoch das social-demokratische Frankreich“ (Appuhn) u. s. w. werden vom „Constitutionel“ als besonders „antisocial“ aufgeführt, und „Assemblée nationale“ weist auf die aus solchem Fraternisiren „der Gesellschaftsumstürzer in verschiedenen Nationalitäten“ entspringende Doppelgefahr hin. Das letztere biedere Blatt sagt: „Die Zeiten des Antichrist scheinen zu nahen; schon reichen die Bösen verschiedener Lande und Zungen, über Fluß- und Berg- und Meergränzen hinüber, sich die räuberischen Hände; unsere Landessprache dient ihnen dabei als geistiges Band, unsre gastliche Hauptstadt als materieller Boden. Französische Mitbürger entblödeten sich nicht, die revolutionäre Irrlehre den Fremdlingen zu bringen, und jetzt beschenken uns letztere zum Danke mit ihrer eigenthümlichen Umsturzphilosophie; wahrlich es scheint eine Epoche zu kommen wie jene, wo französische Kalvinisten mit deutschen Reformirten konspirirten und das Heil des französischen Patriotismus vaterlandsverrätherisch aus den Augen setzten. Bewahre uns der Himmel die Bartholomäusnacht zu loben … aber u. s. w.“ Ad vocem Bartholomäusnacht, so möge man wissen, daß der von Bonaparte zum Kultusminister erhobene legitimistische Jesuitenschüler Falloux in einer Schrift demonstrirt, sie sei ein Werk des Zufalls, habe mit dem Katholicismus nichts zu thun, sei nicht so übel gewesen u. dgl. Er wird die Kammer nächstens mit einem famosen Vorschlag über „Unterrichtsfreiheit“, was in Frankreich gleichbedeutend ist mit Anheimgebung des gesammten Volksunterrichts an den römischen Klerus, erfreuen; er kann die „demokratisirenden Volkskatechismen, Kalender, Fibeln und Hausbüchlein“ deren seit März doch eine Menge durch die Klubs und vom Staate besoldeten Gemeindeschullehrer in Umlauf gebracht wurden, nicht länger verdauen. — Die „Assemblée nationale“ belehrte ferner neulich ihre Leser: „Die etwaigen Blutscenen der Windischgrätz'schen Truppen in Wien, seien leicht zu entschuldigen, sintemal im Kriege es heißer hergeht denn im Frieden; selbst der rühmlichste Krieg bringt hie und da Gräuel mit sich, aber kein Verständiger wird ihn deswegen verdammen. Was fällt also dem National ein, daß er immerfort die Grausamkeiten der k. k. Soldaten in phantastischer Redeweise bespricht? Möge er bedenken, daß sie Ordnung und Gesetz in Wien hergestellt haben. Der National posaunt seine wiener Mordhistörchen wohl den Bauern zu Gefallen, die in den langen Winterabenden um den Heerd sitzen und dergleichen gern hören.“ Der National hatte, unter andern Scheußlichkeiten, die philanthropische Exekution jener Studenten berichtet, die ihre eigenen Gräber schaufeln mußten, während die Offiziere rauchten und lachten und nach der Uhr sahen. „Assemblée nationale“, diese emsige Junimörderin, die „jede Amnestie, selbst eine noch so wenig zählende, für lächerlich und unreligiös“ erklärt, fühlt sich offenbar durch jenen k. k. Mordwitz momentan überflügelt und läßt ihren Verdruß am National aus. „Die Kroaten, sagt sie, haben ihm zufolge in Jahr und Tag in Italien und Oesterreich mehr kleine Kinder gefressen, als seit den Zeiten des Saturn und Polyphemus konsumirt wurden. Uebrigens müßte man auch Spaniens Patrioten und Bauern tadeln, die gegen Napoleon's Krieger mit Gift, Dolch, Feuer und Martern ankämpften, und doch wird kein Verständiger heute ihnen es vorwerfen.“ Dies verständige Blatt schließt mit dem erbaulichen Geständniß: „Die Skandäle und Gräuel, die man den Juniinsurgenten nachsagte, sind sämmtlich erlogen“ (es war notabene selbst am geschäftigsten bei diesem Erlügen gewesen) „ und um nur zwei Exempel zu liefern: weder die Köpfung der sieben Mobilen ist, trotz der angeblichen Augenzeugnisse erwiesen worden, noch die Absägung des Halses jenes Mobilen die zwischen zwei Brettern von einer Frau geschehen sein sollte. Diese arme Frau war auch laut Augenzeugen angeklagt; man zerprügelte sie entsetzlich und schleuderte sie in einen Kerker, aus dem sie erst jetzt vor Gericht geschleppt, und auf dem Flecke losgesprochen ward.“ Der Leser nehme diesen Ausspruch des niederträchtigsten aller französischen Reaktionsjournale (Granier Cassagnac, der Vertheidiger des Negerhandels, schreibt z. B. darin) zu Akt; er steht in der Nummer vom 17. dieses. — Das „Journal des Debats“ jubilirte gestern in einem brillanten Leitartikel von drei Kolonnen über Odilon Barrot's Präsidentur; dahin also sei die Februarrevolution glücklich zurückgebogen, nach zehnmonatlichem Ab- und Ausschweifen; aber das Unheil der „honnetten, festen“ Regierung Louis Philipp's sei eben sein zu großes Vertrauen in die konstitutionelle Gesetzlichkeit des vom Revolutionsgeist längst durchtränkten Frankreichs gewesen; folgt eine lange Litanei über die tristen Resultate des Februarschlags, eine brutale Vergleichung der Proletariatsbewegung mit dem altrömischen Sklavenkriege unter Spartacus — wobei noch zwei historische Schnitzer unterlaufen — und der Rath: „Die Bourgeoisie, welche von jetzt ab Jahre lang auf der Bresche stehen und die Gesellschaft mit den Waffen schirmen muß, möge nicht versäumen, ihre Reihen den aus dem Proletariat sich empor arbeitenden fleißigen Leuten zu öffnen. Plinius rief einst: Italien geht unter durch die übergroßen Grundstücke. Laßt Frankreich nicht untergehen durch die große Industrie.“ Interessant ist jedenfalls das Geständniß der Bertin'schen Börsenblatts von der Bresche und der Gesellschaftsvertheidigung.</p> <p>Die statistische Situation dieser Bertin'schen Gesellschaft ist so eben in ziemlich erschöpfender Weise geschildert durch den fourieristischen talentvollen Schriftsteller Perreymond, der mit deutscher Literatur bekannt ist. Ich werde Auszüge davon liefern.</p> <p><hi rendition="#g">Bilanz Frankreichs</hi>.</p> <p>Napoleon rief: „Guter braver Henri IV.! der auch hat seine armen Knochen viel gerührt!“ In der That, Henri IV. hat eine Regierung zu führen gewußt, die für die Entwicklung des modernen Prinzips der Weltgeschichte Epoche ist. Auf seinen Ruf verstummten die miserabeln Geldluchse, Bourgeois, Schriftführer und Justizbeamten, wie die Junker, welche unter dem Vorwande katholischer oder protestantischer Religion das Arbeitsvolk in Stadt und Land fünfzig Jahre lang ausgepreßt hatten. Im Jahre 1596 rief er die Generalstaaten nach Rouen und verlangte ihren Rath, „wie den Armen möglichst zu helfen sei?“ Statt hierauf einzugehen, proponirte der Rouener Reichstag, nachdem er sich der Adelsdeputirten geschickt entledigt und „versammelte Rotabeln“ getauft hatte, eine Steuer auf den Detailverkauf, und eine Rechnungskammer, die sich mit Besoldung der Bourgeoisbeamten aller Sorten abgeben sollte. Der König und der Minister Sülly opponirten. Die Nationalversammlung von 1789 erklärte: La misère des peuples est un tort des gouvernemens: das Elend des Volks ist eine Schuld der Regierungen; sie dekretirten das droit à la subsistance und au travail. Heut zu Tage stehen wir aber noch so weit zurück, daß die Malthusianer in unsrer Kammer Zeter schreien bei dem bloßen Wort droit au travail. Von Ausgleichung der Wohnungs-, Kleidungs- und Nahrungsverhältnisse wollen diese Leute auch nichts wissen, obwohl die Tabellen nicht ganz steril sind; sie würden daraus lernen, daß bei Gelegenheit der 1835 neu aufgelegten Thür- und Fenstersteuer in Frankreich waren:</p> <table> <row> <cell><cb n="1"/> 346,401</cell> </row> <row> <cell>535,926</cell> </row> <row> <cell>834,064</cell> </row> <row> <cell>1,328,937</cell> </row> <row> <cell>1,816,398</cell> </row> <row> <cell><gap reason="illegible"/>aber die ungeheure Summe 1,817,328</cell> </row> <row> <cell><cb n="2"/> Häuser mit</cell> </row> <row> <cell>Häuser mit</cell> </row> <row> <cell>Häuser mit</cell> </row> <row> <cell>Häuser mit</cell> </row> <row> <cell>Häuser mit</cell> </row> <row> <cell>Häuser mit</cell> </row> <row> <cell><cb n="3"/> 1 Oeffnung.</cell> </row> <row> <cell>5 Oeffnungen.</cell> </row> <row> <cell>4 Oeffnungen.</cell> </row> <row> <cell>3 Oeffnungen.</cell> </row> <row> <cell>6 und mehr</cell> </row> <row> <cell>nur 2 Oeffn. </cell> </row> </table> <p>Das bedeutet: mehr als die Hälfte aller Wohnungen, mehr als 3 Mill. hatten eine Thür ohne Fenster, eine Thür und ein Fenster, eine Thür und zwei Fenster; will man das menschenwürdige Häuser nennen?</p> <p>Ferner: 1,817,328 Häuser mit zwei Oeffnungen (d. h. einer Thür und einem Fenster) stehen in den Landgemeinden; dort sind auch 1,328,937 mit drei Oeffnungen, und die 346,401 mit einer. Eine Summe von fast 600,000 Häusern mit sechs Oeffnungen und darüber spreizt sich in den über 5000 Einwohner zählenden Städten, und in diesen mit glücklichem Licht- und Luftzutritt begabten Häusern wohnen <hi rendition="#g">zehn</hi> Mill. Franzosen (in großen Städten 10, mittlern 4, auf Dörfern 5 Mann per Haus). In den mit 5 Oeffnungen wohnen über <hi rendition="#g">drei</hi> Mill. In den mit 4 wohnen über <hi rendition="#g">zwei</hi> Mill. Summa wie oben erwähnt: die kleinere Hälfte der 33,319,000 Bewohner Frankreichs hat Wohnungen von mehr</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0983/0001]
Beilage zu Nr. 182 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Samstag 30. Dezember 1848. [Deutschland] [Fortsetzung] sich fortwährend aus dem ganzen Lande Vertrauensvota zuschreiben lassen, meinten es redlich konstitutionell. Sie bedenken nicht, daß Ferdinand ebendarum abgesetzt worden ist, damit Romulus Augustulus in Bezug auf die Errungenschaften ganz ungebunden handeln kann. Sie könnten sich überdies eines Bessern belehren, wenn sie die Intriguen dieses Ministeriums, namentlich dem Auslande gegenüber, belauschten. Man gibt sich alle Mühe z. B. Frankreich in sein Interesse zu ziehen; man expedirt täglich Kuriere nach Petersburg und läßt, um sie wider Deutschlands Einheit aufzustacheln, die kleinen deutschen Hofjunker zum Dalai-Lama nach Olmütz bescheiden; man wartet endlich den Sieg in Ungarn ab, um sich vollends als russischer Knutenteufel zu entlarven. Wer das nicht sieht, der ist stockblind und stockdeutschdumm. Ueberdies sprechen es die Standrechtsblätter und die täglichen Handlungen des Ministeriums ganz laut aus, daß man die tempora Metternichiana wieder herbeiführen müsse.
„Schild und Schwert,“ ein Blatt, welches privativ-ministeriell schreibt, versichert z. B. am 22. Dez., alle liberalen Schritte des Ministeriums seien blose Finten, weil es die oktroyirte Verfassung noch nicht fertig habe und die Wiederherstellung der Ordnung in Ungarn abwarten wolle. Sei diese Zeit erst gekommen, dann werde das Ministerium schon mit seiner wahren Farbe herausrücken. Es werde den Reichstags auflösen und ein Dutzend Deputirte in Anklagezustand versetzen. — Die Bewegungen Metternichs in London werden auch wieder genau kontrollirt und von den Standrechtsblättern mit der alten „dem Leiter der Geschicke Oestreichs“ gebührenden Unterwürfigkeit verkündet. Unterliegt Ungarn, so wird, dessen können Sie gewiß sein, Metternich im Triumphe heimkehren, um Oestreich mit dem Einzigen wieder zusammenzufügen, womit ein Stadt mit ursprünglich absolutistischem Fundamente zusammen zu halten ist, mit dem Despotismus.
X Berlin, 26. Dez. Ich bin im Stande, Ihnen die zuverläßige Nachricht mitzutheilen, daß man beschlossen hat, Berlin zu befestigen, nicht etwa gegen einen äußern Feind, sondern gegen das Volk selbst. In dem von Sachverständigen abgehaltenen hohen Rath bei Sr. Erz. General D'ruf, hat man den Plan gefaßt, sämmtliche Thore zu befestigen, und in der Stadt selbst Häuser anzukaufen, dieselben mit bombenfesten Dächern versehen und Geschütze auf denselben aufstellen zu lassen. Man kann auf diese Weise dann recht hübsch die Kanaille massakriren. Louis Philipp suchte wenigstens durch Hrn. Thiers die Befestigung von Paris in der Kammer erst durchzusetzen und dann zu bauen, Friedrich Wilhelm winkt, und Brandenburg-Manteuffel bauen sofort darauf los.
Der Abgeordnete Rodbertus ist aus Berlin ausgewiesen. Hr. Harkort ist noch immer hier, und bearbeitet jetzt die Bauern Pommerns durch Lügenartikel, die theils in Plakaten, theils durch die deutsche Reform verbreitet werden. — In der letztern zählt er die Wohlthaten alle auf, welche Friedrich Wilhelm den Bauern erzeigt hat; es sind dies z. B. alle die Gesetze, welche von der Nat-Verf. berathen worden, und auf der andern Seite zeigt es, daß die Revolution und die Nat.-Vers. dem Staat 6 Mill. kosten, verschweigt, aber wohlweislich, daß wöchentlich 2,000,000 Thlr. als außerordentliche Zuschüsse zum Staatshaushalt erforderlich sind. Auf diese Weise sucht man die Herren Pommern zu bearbeiten. Glück auf!
068 Berlin, 27. Dez. Wie weit die truthahnartige Wuth unserer Behörden gegen die rothe Farbe geht, davon mag folgende Thatsache Zeugnitz abgeben. Die unter der Leitung des Ministeriums für Handel und Gewerbe stehenden Arbeiter haben den Befehl erhalten, falls sie noch fernere Beschäftigung von Seiten des Staats haben wollten, alle ihre rothen Fahnen an das Ministerium abzuliefern. Die Arbeiter, denen man so das Messer an die Kehle setzte, mußten sich natürlich fügen und lieferten ihre Fahnen ab, von denen die meisten gar nicht als Symbole der Republik gelten konnten, da sie, wenn auch auf rothem Grunde, doch Abzeichen und Inschriften trugen, welche aller politischen Natur meist entbehrten.
Der bekannte Statistiker Freiherr v. Reden genoß seit längerer Zeit eine durch die Vermittlung Alex. v. Humboldts ihm verschaffte Sinecure mit 2000 Thlr. Einkommen im Ministerium des Auswärtigen. Derselbe ist jedoch seit einiger Zeit zur Disposition gestellt worden und zwar, weil er den nicht genug zu büßenden Frevel begangen hatte, in dem Konflikt zwischen Nat.-Vers. und Krone durch Unterzeichnung einer von Preuß. Abgeordneten in Frankfurt ausgegangenen Adresse, Partei für die volksthümliche Seite zu nehmen. So wüthet die Regierung in ihrem eigenen Fleische, denn Reden ist bekanntlich einer der enragirtesten Rechten der Paulskirche.
In der Deckerschen Geheimen Ober-Hofbuchdruckerei werden jetzt nur noch Arbeiter von bewährter reaktionärer Gesinnung beschäftigt. Alle demokratisch Gesinnte sind nach und nach ausgemärzt worden.
29 Berlin, 27. Dez. Hr. Leonhardt, Inquisitoriats-Direktor, eifriger Demagogen-Riecher und Richter in den 30ger Jahren, damals schon voll royalistischen Wetteifers mit Dambach, Kamptz und ähnlichen Kreaturen, hat die Voruntersuchung gegen die steuerverweigernden Mitglieder der Nat.-Verf. überkommen.
Der Centralausschuß der Demokraten Deutschlands, bestehend aus den Herren Dr. Hexamer, Dr. d'Ester und Gr. Reichenbach, hat gegenwärtig in Halle seinen Sitz genommen. Eine zwangslos erscheinende Zeitschrift, „der Urwähler“, ist dort als Organ des Ausschusses begründet. Auch Hr. Jung hat sich nach Halle begeben.
120 Frankfurt, 25. Dez. Die von Ihnen in Nro. 177 mitgetheilte Nachricht, daß der Dr. Stieber aus Berlin sich hier aufhalte, um unter dem Deckmantel demokratischer Gesinnungen die Mörder der Herren Lichnowski und Auerswald zu ermitteln, ist eine durchaus irrthümliche. Hr. Stieber ist allerdings in Frankfurt gewesen, hat sich aber dort nur wenige Stunden in einer ganz unschuldigen Privatangelegenheit aufgehalten und ist längst nach Berlin zurückgereiset. Wir hören, daß die fälschliche Nachricht, Hr. Stieber verfolge in Frankfurt polizeiliche Zwecke, von einem Berliner reaktionären Blatte böswillig verbreitet worden ist, um der erfolgreichen Thätigkeit, welche Hr. Stieber in letzter Zeit als Defensor zu Gunsten der angeklagten Demokraten entwickelt hat, schädlich zu sein.
Frankfurt, 27. Dez. So eben erhalten wir die zuverlässige Nachricht, daß Hr. v. Schmerling auf seiner Reise nach Olmütz in Leipzig durch einen nach Frankfurt gehenden Courier der östreichischen Regierung eine Zuschrift des östreich. Ministeriums erhielt, wodurch er zum östreich. Bevollmächtigten bei der Centralgewalt ernannt wurde.
(Fr. O. P. A. Z.) S Aus dem Reich. Herr von Schrenk hat sich von Frankfurt nach München begeben, um das ihm angebotene Ministerium des Innern zu übernehmen. Er soll Hrn. Abel den Weg bereiten, damit dieser seinen Fuß an keinen Stein stoße. Hr. Max, König von Baiern, und seine Hofclique, scheinen immer noch eine gewisse Scheuheit — von den Märztagen her — zu besitzen. Hatten sie einige Wochen Potsdam, Babelsberg u. Brandenburg-Manteufel studirt: sie würden nicht so viel Umstände machen und Hrn. Abel sofort zum Ministerpräsidenten ernennen. Der münchener Reichs- und Bier-Philister würde deshalb kein Seidel weniger trinken, im Gegentheil, Bier und Knödel schmeckten ihm besser, wenn Hr. Abel auf einmal das bischen Unsinn, was seit März vorgekommen, auslöschte und die gute alte Zeit wieder zu Ehren brächte. Indeß geschieht vorläufig nach dieser Richtung hin ganz Anerkennungswerthes. Damit münchener Reichsbürger die Christnacht ruhig begehen können, publizirt die hohe Polizeidirektion, daß sie alle Vorkehrungen gegen Ruhestörungen getroffen. Gesagt, gethan! Schon Mittags am 24. d. ritten und schritten zahlreiche Patrouillen durch die Stadt, die eine gewisse Aufregung und Unruhe hervorriefen — Alles lediglich, um die Ruhe für den Christabend vorzubereiten. Man frägt sich trotz der Patrouillen, was wohl der heil. Ludwig seiner angebeteten Lola einbescheeren wird. Tausende von Conjekturen tauchen darüber auf. So vertreibt man sich die Zeit im Reiche. Allein die Amüsements wechseln je nach Zeit und Ort. In Braunschweig, wo man statt „bairisch“ nur „Mumme“ trinkt, hat man für andre Kurzweil gesorgt. Der Landtag der braunschweigschen Reichs-Nation hat nämlich erklärt, daß das „Reich“, die „Mumme“ und alle mit diesen schönen Sächelchen verknüpften Herrlichkeiten zu Grunde gehen müßten, wenn nicht
1) ein Haupt,
2) ein erbliches Haupt an Deutschlands Spitze tritt,
3) wenn nicht das preußische Haupt in ein Reichshaupt umgemodelt wird.
Ein Glück für unser Reich, daß es nicht aus lauter Braunschweigs besteht und nicht mit lauter braunschweig'schen Wilhelms beglückt ist. Wäre das der Fall, so erhängte sich das halbe Reich, und die andre Hälfte müßte das Erhängte abschneiden. Und welches Unglück, wenn nun unsere Dutzende von theuern Landesvätern gleich in der ersten Hälfte wären? Was fingen wir dann an? wo bliebe dann
1) das Haupt, 2) das erbliche Haupt, und 3) das preußische erbliche Haupt für die Reichs- „Mumme“?
Das Reich ist groß und wir flüchten uns zur Abwechselung und Erholung nach Detmold. Die Detmolder Nationalversammlung hat mit überwiegender Majorität ein Wahlgesetz angenommen, dessen Grundprinzip direkte Wahl ist. Dabei findet keinerlei Census statt; mit 25 Jahren ist Jeder Wähler und mit 30 Jahren Jeder wählbar. Es wäre gut, wenn das deutsche Reich lieber in Detmold, statt in Oesterreich, oder Preußen, oder in bairische Klösel aufginge.
Das altenburgische und sächsische Militär, das sich bisher in Weimar und Umgegend unter der Firma von „Reichstruppen“ abgefüttert, wird nächstens nach Schleswig-Holstein aufbrechen. In Schwaben sammeln die Pietisten Unterschriften zu einer Adresse, worin sie den theuren Landesvater bitten, doch ja auch fernerhin sich „von Gottes Gnaden“ zu nennen. Die Schwaben sollen jetzt an Schaffhausen den Unteroffizier ausliefern, der kürzlich einen Schweizer Bürger mit dem Säbel tödtlich verwundete. Der bekannte Dr. Strauß, Reaktionär vom reinsten Wasser, ist aus der Kammer der Abgeordneten ausgetreten. Die Mißtrauensadressen haben also doch gewirkt; „spät geht Ihr, Doktor, doch Ihr geht.“ Der Herr Dr. wird sonach bald zur Mythe werden.
Donaufürstenthümer. * Jaffy, 16. Dezbr. Unter diesem Datum bringt das in Czernowitz erscheinende Wochenblatt „Bucowina“ folgende Mittheilung:
„Aus Petersburg kam durch das russische Konsulat, und ohne vorherige Verständigung und Vermittlung der Pforte an den Fürsten der Moldau der kaiserliche Befehl, der die Art der Rückzahlung des von Rußland den beiden Fürstenthümern gemachten Anlehens von 300,000 Silberrubeln regelt. Es soll danach vom 1. Jänner an in beiden Fürstenthümern die Steuer um 2 Zehntel erhöht werden, davon fällt eines auf die Dorfgemeinden und das zweite soll von den Gutsbesitzern gezahlt werden. Dieser von Petersburg direkt gekommene Befehl beweist abermals, wie wenig man sich in der Praxis an die in der Note des Grafen Nesselrode vom 19. Juli gegebenen Versicherungen hält. Wie reimt überhaupt das russische Kabinet diese, ohne Vorwissen und ohne vorgängige Einwilligung der Pforte erlassene Anordnung mit seiner in der erwähnten Note feierlich übernommenen Verpflichtung, in den Fürstenthümern nur im Einvernehmen mit dem Sultan, dem Souverain dieser Länder, vorzugehen, und jede zu nehmende Maßregel mit diesem gemeinschaftlich zu berathen? — “
Französische Republik. 236 Paris, 27. Dezbr. Die Reden auf dem deutsch-französischen Verbrüderungs-Banket vom 24. dieses haben einen neuen Kummer den hiesigen Reaktionären aufgeladen; die Trinksprüche: „Hoch leben Robespierre, Couthon, Marat, St. Just und alle ihre Nachfolger, die das soziale Werk weiter führen“ (Ewerbeck); „ Hoch lebe die Vereinigung deutscher und französischer Demokratie, sie mögen über die Leichnahme ihrer Todfeinde schreiten“ (Kapp); „Hoch lebe die Propaganda“ (Schmitz, Arbeiter und deutscher Freischärler); „Hoch das social-demokratische Frankreich“ (Appuhn) u. s. w. werden vom „Constitutionel“ als besonders „antisocial“ aufgeführt, und „Assemblée nationale“ weist auf die aus solchem Fraternisiren „der Gesellschaftsumstürzer in verschiedenen Nationalitäten“ entspringende Doppelgefahr hin. Das letztere biedere Blatt sagt: „Die Zeiten des Antichrist scheinen zu nahen; schon reichen die Bösen verschiedener Lande und Zungen, über Fluß- und Berg- und Meergränzen hinüber, sich die räuberischen Hände; unsere Landessprache dient ihnen dabei als geistiges Band, unsre gastliche Hauptstadt als materieller Boden. Französische Mitbürger entblödeten sich nicht, die revolutionäre Irrlehre den Fremdlingen zu bringen, und jetzt beschenken uns letztere zum Danke mit ihrer eigenthümlichen Umsturzphilosophie; wahrlich es scheint eine Epoche zu kommen wie jene, wo französische Kalvinisten mit deutschen Reformirten konspirirten und das Heil des französischen Patriotismus vaterlandsverrätherisch aus den Augen setzten. Bewahre uns der Himmel die Bartholomäusnacht zu loben … aber u. s. w.“ Ad vocem Bartholomäusnacht, so möge man wissen, daß der von Bonaparte zum Kultusminister erhobene legitimistische Jesuitenschüler Falloux in einer Schrift demonstrirt, sie sei ein Werk des Zufalls, habe mit dem Katholicismus nichts zu thun, sei nicht so übel gewesen u. dgl. Er wird die Kammer nächstens mit einem famosen Vorschlag über „Unterrichtsfreiheit“, was in Frankreich gleichbedeutend ist mit Anheimgebung des gesammten Volksunterrichts an den römischen Klerus, erfreuen; er kann die „demokratisirenden Volkskatechismen, Kalender, Fibeln und Hausbüchlein“ deren seit März doch eine Menge durch die Klubs und vom Staate besoldeten Gemeindeschullehrer in Umlauf gebracht wurden, nicht länger verdauen. — Die „Assemblée nationale“ belehrte ferner neulich ihre Leser: „Die etwaigen Blutscenen der Windischgrätz'schen Truppen in Wien, seien leicht zu entschuldigen, sintemal im Kriege es heißer hergeht denn im Frieden; selbst der rühmlichste Krieg bringt hie und da Gräuel mit sich, aber kein Verständiger wird ihn deswegen verdammen. Was fällt also dem National ein, daß er immerfort die Grausamkeiten der k. k. Soldaten in phantastischer Redeweise bespricht? Möge er bedenken, daß sie Ordnung und Gesetz in Wien hergestellt haben. Der National posaunt seine wiener Mordhistörchen wohl den Bauern zu Gefallen, die in den langen Winterabenden um den Heerd sitzen und dergleichen gern hören.“ Der National hatte, unter andern Scheußlichkeiten, die philanthropische Exekution jener Studenten berichtet, die ihre eigenen Gräber schaufeln mußten, während die Offiziere rauchten und lachten und nach der Uhr sahen. „Assemblée nationale“, diese emsige Junimörderin, die „jede Amnestie, selbst eine noch so wenig zählende, für lächerlich und unreligiös“ erklärt, fühlt sich offenbar durch jenen k. k. Mordwitz momentan überflügelt und läßt ihren Verdruß am National aus. „Die Kroaten, sagt sie, haben ihm zufolge in Jahr und Tag in Italien und Oesterreich mehr kleine Kinder gefressen, als seit den Zeiten des Saturn und Polyphemus konsumirt wurden. Uebrigens müßte man auch Spaniens Patrioten und Bauern tadeln, die gegen Napoleon's Krieger mit Gift, Dolch, Feuer und Martern ankämpften, und doch wird kein Verständiger heute ihnen es vorwerfen.“ Dies verständige Blatt schließt mit dem erbaulichen Geständniß: „Die Skandäle und Gräuel, die man den Juniinsurgenten nachsagte, sind sämmtlich erlogen“ (es war notabene selbst am geschäftigsten bei diesem Erlügen gewesen) „ und um nur zwei Exempel zu liefern: weder die Köpfung der sieben Mobilen ist, trotz der angeblichen Augenzeugnisse erwiesen worden, noch die Absägung des Halses jenes Mobilen die zwischen zwei Brettern von einer Frau geschehen sein sollte. Diese arme Frau war auch laut Augenzeugen angeklagt; man zerprügelte sie entsetzlich und schleuderte sie in einen Kerker, aus dem sie erst jetzt vor Gericht geschleppt, und auf dem Flecke losgesprochen ward.“ Der Leser nehme diesen Ausspruch des niederträchtigsten aller französischen Reaktionsjournale (Granier Cassagnac, der Vertheidiger des Negerhandels, schreibt z. B. darin) zu Akt; er steht in der Nummer vom 17. dieses. — Das „Journal des Debats“ jubilirte gestern in einem brillanten Leitartikel von drei Kolonnen über Odilon Barrot's Präsidentur; dahin also sei die Februarrevolution glücklich zurückgebogen, nach zehnmonatlichem Ab- und Ausschweifen; aber das Unheil der „honnetten, festen“ Regierung Louis Philipp's sei eben sein zu großes Vertrauen in die konstitutionelle Gesetzlichkeit des vom Revolutionsgeist längst durchtränkten Frankreichs gewesen; folgt eine lange Litanei über die tristen Resultate des Februarschlags, eine brutale Vergleichung der Proletariatsbewegung mit dem altrömischen Sklavenkriege unter Spartacus — wobei noch zwei historische Schnitzer unterlaufen — und der Rath: „Die Bourgeoisie, welche von jetzt ab Jahre lang auf der Bresche stehen und die Gesellschaft mit den Waffen schirmen muß, möge nicht versäumen, ihre Reihen den aus dem Proletariat sich empor arbeitenden fleißigen Leuten zu öffnen. Plinius rief einst: Italien geht unter durch die übergroßen Grundstücke. Laßt Frankreich nicht untergehen durch die große Industrie.“ Interessant ist jedenfalls das Geständniß der Bertin'schen Börsenblatts von der Bresche und der Gesellschaftsvertheidigung.
Die statistische Situation dieser Bertin'schen Gesellschaft ist so eben in ziemlich erschöpfender Weise geschildert durch den fourieristischen talentvollen Schriftsteller Perreymond, der mit deutscher Literatur bekannt ist. Ich werde Auszüge davon liefern.
Bilanz Frankreichs.
Napoleon rief: „Guter braver Henri IV.! der auch hat seine armen Knochen viel gerührt!“ In der That, Henri IV. hat eine Regierung zu führen gewußt, die für die Entwicklung des modernen Prinzips der Weltgeschichte Epoche ist. Auf seinen Ruf verstummten die miserabeln Geldluchse, Bourgeois, Schriftführer und Justizbeamten, wie die Junker, welche unter dem Vorwande katholischer oder protestantischer Religion das Arbeitsvolk in Stadt und Land fünfzig Jahre lang ausgepreßt hatten. Im Jahre 1596 rief er die Generalstaaten nach Rouen und verlangte ihren Rath, „wie den Armen möglichst zu helfen sei?“ Statt hierauf einzugehen, proponirte der Rouener Reichstag, nachdem er sich der Adelsdeputirten geschickt entledigt und „versammelte Rotabeln“ getauft hatte, eine Steuer auf den Detailverkauf, und eine Rechnungskammer, die sich mit Besoldung der Bourgeoisbeamten aller Sorten abgeben sollte. Der König und der Minister Sülly opponirten. Die Nationalversammlung von 1789 erklärte: La misère des peuples est un tort des gouvernemens: das Elend des Volks ist eine Schuld der Regierungen; sie dekretirten das droit à la subsistance und au travail. Heut zu Tage stehen wir aber noch so weit zurück, daß die Malthusianer in unsrer Kammer Zeter schreien bei dem bloßen Wort droit au travail. Von Ausgleichung der Wohnungs-, Kleidungs- und Nahrungsverhältnisse wollen diese Leute auch nichts wissen, obwohl die Tabellen nicht ganz steril sind; sie würden daraus lernen, daß bei Gelegenheit der 1835 neu aufgelegten Thür- und Fenstersteuer in Frankreich waren:
346,401
535,926
834,064
1,328,937
1,816,398
_ aber die ungeheure Summe 1,817,328
Häuser mit
Häuser mit
Häuser mit
Häuser mit
Häuser mit
Häuser mit
1 Oeffnung.
5 Oeffnungen.
4 Oeffnungen.
3 Oeffnungen.
6 und mehr
nur 2 Oeffn.
Das bedeutet: mehr als die Hälfte aller Wohnungen, mehr als 3 Mill. hatten eine Thür ohne Fenster, eine Thür und ein Fenster, eine Thür und zwei Fenster; will man das menschenwürdige Häuser nennen?
Ferner: 1,817,328 Häuser mit zwei Oeffnungen (d. h. einer Thür und einem Fenster) stehen in den Landgemeinden; dort sind auch 1,328,937 mit drei Oeffnungen, und die 346,401 mit einer. Eine Summe von fast 600,000 Häusern mit sechs Oeffnungen und darüber spreizt sich in den über 5000 Einwohner zählenden Städten, und in diesen mit glücklichem Licht- und Luftzutritt begabten Häusern wohnen zehn Mill. Franzosen (in großen Städten 10, mittlern 4, auf Dörfern 5 Mann per Haus). In den mit 5 Oeffnungen wohnen über drei Mill. In den mit 4 wohnen über zwei Mill. Summa wie oben erwähnt: die kleinere Hälfte der 33,319,000 Bewohner Frankreichs hat Wohnungen von mehr
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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