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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 171. Köln, 17. Dezember 1848. Zweite Ausgabe.

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sen sein; Kossuth soll mit glühenden Kettenkugeln schießen lassen. Das Militär sträubt sich, nach Ungarn vorzurücken, und die in der Vorstadt Gumpendorf liegenden Kroaten mußten von dem regulären Militär mit Gewalt und standrechtlichen Mitteln dazu gezwungen werden. Der beste Beweis, daß die kaiserliche Armee in Ungarn noch gar nichts ausgerichtet hat, liegt darin, daß die gestrige Abendbeilage und sämmtliche heutige Standrechtsblätter kein Wort über Ungarn enthalten. Man würde unzweifelhaft renommiren, hätte man Vortheile errungen.

Die Armee ist durch czechische Rekruten bedeutend verstärkt worden; man hat auch Wien sehr entblößt, und ich höre fortwährend behaupten, Windischgrätz habe die guten Bürger, aber vergebens, aufgefordert, die Waffen zu ergreifen, damit er über alles Militär disponiren könne. Mittlerweile wird an der Verschanzung des Lagerbergs und an der Befestigung der innern Stadt Tag und Nacht fortgearbeitet. Das gegen Ungarn entsendete Heer ist die letzte Kraft des veralteten Reichs; mit seiner Niederlage haben wir den Finanzbankrott und einen allseitigen Aufstand mit furchtbarer Rache. Die hochdramatische Bühne der osteuropäischen Bewegung wird in der nächsten Zukunft noch immer -- Wien sein. Der in Ungnade gefallene Jellachich ist nach Fiume abgereist. Die Kroaten haben ihren Gott verloren, und das wird Folgen haben, die der ins Ministerium aufgenommene Minister Kulmer, der dort Ungarn repräsentiren soll, abzuwehren kaum im Stande sein wird.

24 Wien, 13. Dez.

Es gibt keinen standrechtlichen Kunstgriff, der nicht angewandt worden wäre, um die noch fehlenden Waffen herauszulocken. Die Henkersknechte schaudern täglich und nächtlich bei dem Gedanken an die noch zurückgehaltenen Waffen. Wie dieser Höllenfurcht entrinnen? Der Schmiedegesell Horvath ist wegen Verheimlichung eines alten Karabinerr am 7. erschossen worden, erschossen zu einer ungewöhnlichen Tagesstunde, um recht viele Zuschauer Zeuge des Blutschauspielers sein zu lassen. Aber gleichwohl hält die bleiche Furcht zu Häupten der vom Blut ihrer Opfer gerötheten Henker Wacht. Es wird darum abermals Seitens der Stadt-Kommandantur mit Hinweisung auf Horvath's Schicksal unter heuchlerischen Phrasen der Milde zur Waffenablieferung aufgefordert. Die Proklamation schließt nämlich:

"Indessen glaubt man zur Beruhigung der Einwohner Wiens ausdrücklich darauf hindeuten zu müssen: daß die Strenge des Gesetzes nur diejenigen trifft, welche die Waffen vorsätzlich verheimlichen, nicht aber auch Jene, die, obgleich der Termin zu ihrer Ablieferung schon lange verstrichen ist, -- zur Besinnung kommen und ihre Waffen freiwillig abliefern.

Diese können nach dem Sinne der erflossenen Proklamation einer Strafe nicht unterzogen werden.

Zu dieser Erklärung sieht man sich um so mehr veranlaßt, als zu erwarten steht, daß sich in Folge dieser Mahnung vielleicht noch manche Personen, die bisher durch die Besorgniß einer Bestrafung abgehalten wurden -- zur freiwilligen Abgabe der Waffen werden bestimmen lassen.

Wien, 8. Dezember 1848."

Von der ungarischen Gränze, 11. Decbr.

Die Ereignisse in Ungarn verwirren sich immer mehr, statt einer friedlichen, und wenn dieses nicht, so doch einer endlichen Lösung entgegenzugehen. Während man bei uns zögerte, den Feldzug zu beginnen, soll Ungarn den letzten entscheidenden Schritt gethan haben. Nachrichten zufolge, die heute hier einliefen, "ist Kossuth als Ludwig IV. zum König von Ungarn proclamirt worden." So wunderbar die Sache im Anfange auch klingen mag, so wenig unnatürlich und noch weniger unerwartet darf sie uns kommen.

(C. Bl. a. B.)
68 Kremsier, 10. Dezember.

Seit der letzten Woche gewinnt jeder politisch Einsichtige täglich mehr und mehr die Ueberzeugung, daß unser neues Cabinet sich mit dem Gedanken einer Kammerauflösung trage. Wer irgend das Auftreten der Minister gegenüber dem Reichstage aufmerksam beobachtete, wer ferner die Antwort des jungen Kaisers an die Reichstagsdeputation sorgfältig erwog, dem konnte kein Zweifel bleiben über das, was man eigentlich beabsichtigte, nämlich, den Reichstag von einem konstituirenden souverainen wieder zu einem erbärmlichen ständischen Beirath oder zu einem sogenannten Postulaten-Landtag herabzuwürdigen. Noch klarer trat dieser freiheitsmörderische Plan des Ministeriums hervor, als der Finanzminister Kraus vom Reichstag die Bewilligung einer neuen Anleihe von 10 Millionen foderte. Nun betrug aber das Deficit des Büdgets für 1849, worin schon 35 Millionen für die Fortführung der Kriege in Ungarn und Italien, und 12 Millionen für Eisenbahnbauten veranschlagt sind, nur 50 Millionen. Indem man sich also 30 Millionen mehr borgen wollte, als man bedurfte, beabsichtigte man offenbar, sich für das nächste halbe Jahr so hinreichend mit Geld zu versehen, daß man von der Steuerbewilligung Seitens des Reichstag, die schon im Januar nachgesucht werden muß, unabhängig würde. Zu dieser Einsicht aber, welche selbst der Beschränkteste gewinnen konnte, waren bis vor Kurzem die Mitglieder der Mehrheit unseres Reichstags nicht gelangt. Die Rechte, dem Phantome der Suprematie des Slaventhums nachjagend -- das Centrum befangen in der selbstgeschaffenen Illusion eines großen, einigen, wenn auch mit Blut zusammengekitteten Oesterreichs, fanden beide die Forderungen des Ministeriums ganz unverdächtig, weil beide vor Allem nach der Besiegung der Magyaren dürften und daher nicht anstehen, dem Cabinet alle Mittel für diesen Zweck zu geben

So standen die Sachen noch vor wenig Tagen. Da kamen vorgestern die brandenburg-manteuffel'schen Ordonnanzen aus Berlin, und wie ein Blitz aus umnachtetem Himmel oft dem Wanderer den unvermutheten Abgrund enthüllt, in dem ein unvorsichtiger Schritt mehr ihn gestürzt hätte, so erkannten plötzlich die Mitglieder unserer Reichstagsmajorität, daß auch ihnen wohl ein ähnliches Loos, als der Berliner Constituante drohen könne. Daher beginnt seit vorgestern eine, wenn auch noch schüchterne Opposition selbst der Rechten und des Centrums gegen die übertriebenen Geldforderungen der Regierung. Andererseits aber ist auch unser Cabinet von edlem Wetteifer, dem Ministerium Brandenburg in Verletzung der Rechte der Volksvertretung nichts nachzugeben, angespornt, und hat heute einen schlagenden Beweis davon gegeben. Während nämlich der Finanzausschuß des Reichstags heute noch berieth, wie das vom Ministerium gefoderte Geld zu verweigern sei, kam der Finanzminister Kraus und erzählte, er treffe soeben von Wien ein, wo er mit der Bank eine Anleihe von 20 Millionen contrahirt habe. Zugleich sind für morgen auch Interpellationen über die abermalige standrechtliche Hinrichtung und über das Plakat des General Frank angekündigt, welches für aufrührische Reden den Wienern mit Standrecht droht. Diese brutale Militärdespotie ist für unser Ministerium mit seinen feingesponnenen Intriguen und Plänen ein böser Dorn im eigenen Fleisch. Diese rohe Faust der Soldateska zerschmettert unbarmherzig alle jene künstlich aufgebauten Kartenhäuser der ministeriellen Erklärungen, daß keine Militärdictatur bestehe, daß kein verfassungswidriger Einfluß geltend gemacht werde und das Kriegsrecht aufgehört habe. An Windischgrätzens Bajonetten bricht sich selbst die Macht der Minister, und mit der trübseligen Miene eines geschlagenen Schulbuben, äußerte Stadion gestern gegen einen Deputirten, daß ihn diese Wiener Geschichte arg compromittire

Kremsier, 11. Decbr.

Das alte System erhält, wie es scheint, nur eine neue Auflage. Materieller Wohlstand, Ruhe und Ordnung, das ist das Haupt- und Endziel des jetzigen Regiments, wie es scheint. Der Schein also spielt eine große Rolle. Vor wenigen Tagen erklärte das Ministerium: es herrsche keine Dictatur und das Standrecht habe in Wien aufgehört. Fast an demselben Tage dieser Ministeriellen Erklärung wurde in Wien ein Mann, Namens Horvath, standrechtlich erschossen durch Pulver und Blei. Ob der Mann es verdient hat oder nicht? ob das Gesetz recht gehandhabt wurde oder nicht? das sind nur Nebenfragen. Das Gesammtministerium wurde durch diese Erklärung compromittirt, als ein Diener des Fürsten Windischgrätz oder, was noch schlimmer ist, als eine Maschine, die weder zu befehlen hat noch berücksichtigt wird. Der Kaiser nicht, und das Ministerium nicht herrscht dermalen in Wien, sondern der Marschall. Nicht die kleinen Beweise sind vorzubringen, von denen jeder Inhaftirte und Inquirirte, die ganze Presse, der Beamtenstand und der mit Willkür dirigirte Gemeinderath ein Schock Histörchen erzählen kann, sondern vor dem Reichstage und vor dem Reiche ist die Regierung des Reichs compromittirt. Stündlich klarer wird es, daß man mit dem Säbel herschen will, und Schwarzenberg-Stadion sind entweder Diener oder Verbündete von Windischgrätz; dieser handhabt aber offenkundig das Standrecht und Krigsgericht, jene vergeben liberale Programme und Wien fabricirt dann Adressen.

Die heutige Reichstagssitzung war wieder trocken und leer, indem die dritte Lesung der Geschäftsordnung fortgesetzt und bis §. 64. gebracht wurde. Die noch übrigen 30 Paragraphen werden hoffentlich in nächster Sitzung beendigt. Ein Intermezzo mag den Lesern zeigen, wie von gewisser Seite her die deutsche Frage betrachtet wird. Der Berichterstatter bevorwortete einen Paragraphen damit, daß er auch in Frankfurt angenommen sei. Der Czeche Trojan stimmte ebenfalls für den Paragraphen, setzte aber hinzu: daß die Berufung auf Frankfurt keinen Grund dafür abgebe. Die beiden Reichscommissare saßen als Gäste im Saale.

Interessant war heute nur eine Interpellation von den Abgeordneten Dalmatiens, welche, da sie blos Italienisch sprechen, von einem der Secretaire deutsch verlesen wurde. Sie betrifft die Ernennung des Banus Jellachich zum Militair- und Civilgouverneur von Dalmatien und Fiume. Dalmatien gehörte früher zur Republik Venedig, dann zu Frankreich, und jetzt neuerdings zu Oesterreich. Es ist und war stets eine eigene Provinz, von einem eignen Gouverneur verwaltet. Der Banus Jellachich führe zugleich den Titel: Ban von Kraatien, Slawonien und Dalmatien, was aber blos ein Ehrentitel sei, so weit es Dalmatien betrifft, denn dies gehört nicht zur ungarischen Krone, sondern zum österreichischen Kaiserstaat und sei deshalb auch hier vertreten: Fiume hingegen gehört zu Ungarn. Die Stellung Dalmatiens, indem es die Seeküste inne hat, ist jetzt von besonderer Wichtigkeit wegen der Vorkommnisse in Italien. Die Abgeordneten Dalmatiens fragen daher: ob diese Ernennung keine Alteration in der Stellung und Verwaltung dieser Provinz bezwecke? Minister Stadion versprach in der nächsten Sitzung zu antworten. Sonst kam nichts von Belang vor. Der Finanzminister gab gestern dem Finanzcommite die gewünschten Auskünfte, und benachrichtigte zugleich, er habe neuerdings von der Bank 20 Mill. entlehnt, um die augenblicklichen Bedürfnisse zu decken. Heute wurde der Entwurf des Gemeindegesetzes vertheilt.

(D. A. Z.)
Kremsier, 11. Dezember.

Ein großer Theil der heutigen Sitzung wird durch Formfragen und Berathung der Geschäftsordnung ausgefüllt. Erst gegen Ende der Sitzung erscheinen einige Minister und nach Interpellationen von lokalem Interesse an den Finanzminister, wird eine ursprünglich italienisch abgefaßte Interpellation aller dalmatinischen Abgeordneten an das Gesammtministerium verlesen, die dahin lautet: Es sei ihnen aus den öffentlichen Blättern bekannt geworden, daß der Ban Jelachich zum Civil- und Militärgouverneur von Dalmatien ernannt sei. So ehrenwerth auch diese Ernennung wäre, könnten sie sich doch damit nicht einverstanden erklären, indem Dalmatien immer eine getrennte Verwaltung gehabt hätte und diese auch durch seine eigenthümlichen Verhältnisse als Küsten- und Gränzprovinz bedingt wäre. Die Ansprüche Ungarns auf Dalmatien wären durch Dokumente genügend entkräftet (?); es gehörte zur österreichischen Krone und es wäre der erste Fall, daß ein Gouverneur die Provinzen der Krone verwalten sollte. Sie frügen daher, ob durch diese Ernennung die Stellung ihrer Provinz eine veränderte geworden?

Das Ministerium wird diese Interpellation nach der von ihm angenommenen Sitte -- oder vielmehr Unsitte -- anderer konstitutionellen Staaten in der nächsten Sitzung beantworten, und wird so Gelegenheit haben, sich offen darüber auszusprechen, ob die pragmatische Sanktion, auf die es sich einst so sehr stüzte, nun durch die Zerstückelung der zur ungarischen Krone gehörigen Länder vernichtet werden soll.

Indirekt ist übrigens diese Frage bereits durch die Ernennung des Kroaten Kulmer zum Minister ohne Portefeuille entschieden, und wenn Jellachtch zum Gouverneur von Dalmatien ernannt würde, sollte dadurch nicht Dalmatien mit der ungarischen Krone verbunden, sondern im Gegentheil Kroatien, das von Ungarn durch einen ähnlichen Gewaltstreich losgerissene Land, mit der österreichischen Krone vereinigt werden. --

Die Finanzkommission hat ihre Berathungen in der Geldbewilligungsfrage noch nicht vollendet; die Majorität ist für Bewilligung eines Theiles der nachgesuchten Summe. Das Ministerium hat der Finanzkommission die Zusicherung gegeben, daß der junge Kaiser nichts von dem zurücknehmen werde, was Kaiser Ferdinand versprochen, -- eine Phrase, deren Werthlosigkeit Jedermann kennt, die aber jetzt noch bedeutungsloser als je ist, da das Ministerium der Militärdictatur gegenüber ganz unselbstständig dasteht.

Die von einigen Mitgliedern des Finanzausschusses wegen der bekannten Antwort des Kaisers an die Deputation des Reichstags -- daß er die Versammlung prüfen und sanktioniren werde -- geäußerten Besorgnisse, suchte der Finanzminister, in seinem Eifer, das Geld zu erlangen, dadurch zu beschwichtigen, daß er entschuldigend sagte: "dem jungen Kaiser sei dieses Wort in der Befangenheit entschlüpft (!)"

Prag, 12. Dez.

Wie man hier allgemein hört, soll am 19. Dez. der Reichstag in Kremsier für die Feiertage prorogirt und auf den 17. Jan. nach Wien berufen werden. Man fürchtet aber, daß der Prorogation sehr leicht eine Auflösung folgen könnte. -- Die Czechen sollen sich plötzlich in ihrer letzten Klubsitzung in Kremsier entschlossen haben, gegen das Ministerium Schwarzenberg in Opposition zu treten. Besonderer Grund hierzu soll das vom Ministerium vorgelegte Gemeindegesetz sein.

Klattau, 9. Dez.

Unter diesem Datum berichtet das "C. Bl. a. B." (ein von wüthendem Magyarenhaß erfülltes Journal) Folgendes:

"9 Uhr Morgens. Schon öfter hatte man bei uns über Excesse zu klagen, welche sich die hier liegenden Palatinal-Husaren erlaubten. Das hiesige Kasernenleben behagte ihnen nicht, besonders im Vergleiche mit dem freien, üppigen Leben, daß sie während ihrer Cantonnirung bei den Bauern im Saazer Kreise geführt. Das mag mit ein Anlaß der vielen Excesse gewesen sein, die gestern Nachmittags gegen 3 Uhr durch eine schauderhafte Blutthat auf den Gipfel getrieben wurden. Einige betrunkene Magyaren mißhandelten eine Wirthin in der Wiener Vorstadt. Die Patrouille wurde herbeigerufen, aber statt die Trunkenbolde festzunehmen, ergriff sie ihre Partei, und schoß auf den Zuruf eines der Betrunkenen (wie es heißt, eines Kadetten): "schießt diese böhmischen Hunde nieder!" unter's Volk, zog von da mit den Betrunkenen, etwa zwölf an der Zahl, auf den Ringplatz, spaltete, ohne irgend eine aufreizende Veranlassung, einem 70jährigen wehrlosen Bürger den Kopf, säbelte den arglos nach Hause zurückkehrenden städtischen Quartiermeister nieder, und erschlug einen dritten unbewaffneten 60jährigen Bürger mit Flintenkolben. Außerdem verwundete die Magyarenrotte noch beiläufig 6 Menschen. Mittlerweile erscholl -- freilich spät genug -- die Alarmtrommel der Nationalgarde, augenblicklich strömten Hunderte zusammen, und eröffneten einen Guerillaskrieg gegen die Husaren, die sich endlich, nachdem über 100 Schüsse von beiden Seiten gefallen waren, in die Kaserne zurückzogen. Abends um 7 Uhr kamen endlich auch die braven Nationalgarden von Schwihau, Bezdekau, Janowitz, Palju und Haufen von Bauern mit Sensen und Heugabeln bewaffnet. Das Volkswehraufgebot zählte nun über 1200 Mann, und hielt die Zugänge zur Kaserne scharf besetzt, keinen Husaren herauslassend, damit ja keiner der Mörder entwische.

9 Uhr Morgens. Eben sind von Pilsen zwei Kompagnien Infanterie, 350 Mann stark, einmarschirt, und wurden von den Garden mit donnerndem Slawaruf begrüßt. Die unter den Husaren (es ist die Majorsdivision) eingereihten Slowaken haben in der Nacht die Kaserne verlassen und bei den Bürgern ein Asyl suchen müssen. Nur lauter Magyaren blieben also in der Kaserne. Es wird nun zur Entwaffnung geschritten werden, welche, da die Husaren schon wieder vom Branntwein betrunken sind, wohl kaum ohne Blutvergießen ablaufen wird."

Die Parteilichkeit des Berichts tritt so klar hervor, daß es kaum eines näheren Nachweises bedarf.

* Leipzig, 16. Decbr.

Mit Ausnahme hiesiger Stadt fallen die Wahlen für den nächsten Landtag fast überall im radikalen Sinne aus.

* Aus Thüringen, Mitte Decbr.

Zu den Weihnachtsfreuden der preußischen Reaction gehört die Verhaftung aller Personen, die irgend wie in Volksversammlungen, Klubs oder in Journalen als Sprecher und Feinde des Schwarzweißthums und der Kamarillawirthschaft aufgetreten sind, Man begnügt sich indeß nicht blos mit Verfolgung der Demokraten, sondern die Reaction geht auch bereits den konstitutionellen zu Leibe. So ist in Merseburg der Ober-Land-Gerichts-Rath Weimann, Mitglied des dortigen "konstitutionellen Klubs", wegen politischer Vergehen zur Kriminaluntersuchung gezogen worden.

Aus Kölleda und Umgegend werden noch täglich Gefangene nach Zeitz transportirt. Unter dem letzten Transport befanden sich auch 4 Schullehrer.

* Posen, 11. Decbr.

Der Commissär der Centralgewalt, General von Schäffer, ist auf seiner Demarkationsreise im Netz-District, bei Nackel, von 4 Männern angefallen und mißhandelt worden. Die Thäter hat man bis jetzt nicht ermitteln kännen.

Rendsburg, 12. Dez.

Rücksichtlich des vom Armee-Auditeur Cartheuser formulirten, von der Regierung kassirten Urtheils der Oberkriegskommission in Sachen der Pontoniere erfährt man jetzt, daß dasselbe, sich stützend auf die alten Kriegsartikel, das vorliegende Vergehen für Meuterei im Felde erklärt und die Decimirung, für die Uebrigen mehrjährige Zuchthausstrafe ausgesprochen hat

Heute findet hier das Kriegsgericht gegen die Mitglieder des 7. Bataillons statt; 22 Unteroffiziere und 7 Musketiere desselben sind gestern Nachmittag hier eingetroffen, nachdem sie die Reise von Lütjenburg auf hier zu Fuß haben zurücklegen müssen.

Die mitgetheilte Nachricht von der Abberufung der beurlaubten preuß. Offiziere hat mit den jüngsten Vorgängen nichts zu thun. Die desfällige Kabinetsordre ist, wie wir aus dem Munde eines gleichfalls zurückberufenen Offiziers ersehen, bereits vom 20. Nov. datirt

(S. H. Z.)
68 Frankfurt, 15. Dezbr.

Wie es heute allgemein heißt, sollen endlich Hr. Schmerling und der Unterstaatssekretär von Würth endlich ihre Entlassung eingegeben haben. Natürlich, jetzt wo Schmerling für die Pläne der Contrerevolution nicht mehr nöthig ist, kann ihm immerhin nach so vielen anstrengenden Arbeiten, bei denen er sich zu Gunsten seiner Freunde Windischgrätz, Metternich, Wessenberg etc. aufopferte, eine kleine Erholung vergönnt werden.

Frankfurt, 14. Dezember.

Unter dem hier eingerückten Frankfurter Stadtmilitär circulirt das Gerücht, dasselbe werde hier nicht lange bleiben, sondern wahrscheinlich bald zum Abmarsch nach Baiern beordert werden. -- Man erzählt sich daß gestern Abend eine Spaltung der preußisch und österreichisch gesinnten Abgeordneten innerhalb der bis jetzt 130 Köpfe starken Casinopartei (rechte Seite) stattgefunden habe. Als ausgeschieden aus derselben nennt man unter Anderen Hrn. Somaruga. Die östreichisch Gesinnten sollen sich selbstständig zur Partei konstituiren und der Opposition nähern wollen. Es ist zu bemerken, daß Hr. Somaruga in der jüngsten Zeit häufiger links stimmte. Vielleicht würde der Wahlspruch der neuen Opposition: "Alles, nur nicht Preußen!" heißen. -- Wie wir hören, soll eine Weigerung der östreichischen Regierung, ihre Quote zu dem Budget zu zahlen, hier eingetroffen sein. -- Schon wird über den Sitz der künftigen Reichsgewalt hin und her gesprochen. Es werden sehr verschiedene Orte in Vorschlag gebracht, etwa in der politischen Richtung von rechts nach links geordnet: Frankfurt a. M., Erfurt, Nürnberg, Leipzig, Berlin. Gegen Frankfurt sind sehr viele Abgeordnete, auch in außerpolitischer Hinsicht, eingenommen.

(Rh.- u. M.-Ztg.)
!!! Frankfurt, den 15. Decbr.

Sitzung der National-Versammlung. Präsident von Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der 2ten Lesung der Grundrechte, Artikel VI. ff. Der Abgeordnete Gerstner (Böhmen!) zeigt seinen Austritt an.

Es folgen einige Interpellationen, welche bei der Beantwortung nochmals erwähnt werden. U. a. frägt Zimmermann von Spandau, warum das Reichsministerium nicht die Anzahl und die Namen derjenigen Abgeordneten anzeigt, welche Reichs-Aemter übernommen haben, da nach Beschluß der Versammlung solche Abgeordnete sich einer Neuwahl zu unterwerfen haben? -- Ein dringlicher Antrag mehrerer Mitglieder der Linken wegen der ohne Grund ausgeschriebenen badenschen Militär-Conscriptionen wird (comme a l'ordinaire) für nicht dringlich erkannt.

Vicepräsident Beseler berichtet über eine große Anzahl Urlaubsgesuche, welche genehmigt werden.

Der Reichsminister von Schmerling hatte heut mehrere Interpellationen zu beantworten. Dies geschieht nicht. Wie es scheint eine stillschweigende Annonce des bereits fast überall bekannten Sturzes dieses mit Metternich und der ganzen europäischen Contrerevolution innigst befreundeten Ministeriums.

Man machinirt, intriguirt, geheimnißkrämert jetzt hier sehr viel in den Parteien der Versammlung in Sachen Oestreichs -- des deutschen Kaisers -- Preußens -- und des künftigen Ministeriums. -- Ich verschone Sie mit diesen diplomatischen, über das Heil der civilisirten Welt brütenden Hypothesen. -- Um 11 Uhr geht man zur Tagesordnung.

Beseler (aus Schleswig) präsidirt.

Artikel VI. der Grundrechte.

(Von der Schule.)

Definitiv angenommen wurden folgende §. §.

§. 22. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei (unverändert).

§. 23. Das Unterrichts- und Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staats, und ist, abgesehen vom Religionsunterricht, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben.

sen sein; Kossuth soll mit glühenden Kettenkugeln schießen lassen. Das Militär sträubt sich, nach Ungarn vorzurücken, und die in der Vorstadt Gumpendorf liegenden Kroaten mußten von dem regulären Militär mit Gewalt und standrechtlichen Mitteln dazu gezwungen werden. Der beste Beweis, daß die kaiserliche Armee in Ungarn noch gar nichts ausgerichtet hat, liegt darin, daß die gestrige Abendbeilage und sämmtliche heutige Standrechtsblätter kein Wort über Ungarn enthalten. Man würde unzweifelhaft renommiren, hätte man Vortheile errungen.

Die Armee ist durch czechische Rekruten bedeutend verstärkt worden; man hat auch Wien sehr entblößt, und ich höre fortwährend behaupten, Windischgrätz habe die guten Bürger, aber vergebens, aufgefordert, die Waffen zu ergreifen, damit er über alles Militär disponiren könne. Mittlerweile wird an der Verschanzung des Lagerbergs und an der Befestigung der innern Stadt Tag und Nacht fortgearbeitet. Das gegen Ungarn entsendete Heer ist die letzte Kraft des veralteten Reichs; mit seiner Niederlage haben wir den Finanzbankrott und einen allseitigen Aufstand mit furchtbarer Rache. Die hochdramatische Bühne der osteuropäischen Bewegung wird in der nächsten Zukunft noch immer — Wien sein. Der in Ungnade gefallene Jellachich ist nach Fiume abgereist. Die Kroaten haben ihren Gott verloren, und das wird Folgen haben, die der ins Ministerium aufgenommene Minister Kulmer, der dort Ungarn repräsentiren soll, abzuwehren kaum im Stande sein wird.

24 Wien, 13. Dez.

Es gibt keinen standrechtlichen Kunstgriff, der nicht angewandt worden wäre, um die noch fehlenden Waffen herauszulocken. Die Henkersknechte schaudern täglich und nächtlich bei dem Gedanken an die noch zurückgehaltenen Waffen. Wie dieser Höllenfurcht entrinnen? Der Schmiedegesell Horvath ist wegen Verheimlichung eines alten Karabinerr am 7. erschossen worden, erschossen zu einer ungewöhnlichen Tagesstunde, um recht viele Zuschauer Zeuge des Blutschauspielers sein zu lassen. Aber gleichwohl hält die bleiche Furcht zu Häupten der vom Blut ihrer Opfer gerötheten Henker Wacht. Es wird darum abermals Seitens der Stadt-Kommandantur mit Hinweisung auf Horvath's Schicksal unter heuchlerischen Phrasen der Milde zur Waffenablieferung aufgefordert. Die Proklamation schließt nämlich:

„Indessen glaubt man zur Beruhigung der Einwohner Wiens ausdrücklich darauf hindeuten zu müssen: daß die Strenge des Gesetzes nur diejenigen trifft, welche die Waffen vorsätzlich verheimlichen, nicht aber auch Jene, die, obgleich der Termin zu ihrer Ablieferung schon lange verstrichen ist, — zur Besinnung kommen und ihre Waffen freiwillig abliefern.

Diese können nach dem Sinne der erflossenen Proklamation einer Strafe nicht unterzogen werden.

Zu dieser Erklärung sieht man sich um so mehr veranlaßt, als zu erwarten steht, daß sich in Folge dieser Mahnung vielleicht noch manche Personen, die bisher durch die Besorgniß einer Bestrafung abgehalten wurden — zur freiwilligen Abgabe der Waffen werden bestimmen lassen.

Wien, 8. Dezember 1848.“

Von der ungarischen Gränze, 11. Decbr.

Die Ereignisse in Ungarn verwirren sich immer mehr, statt einer friedlichen, und wenn dieses nicht, so doch einer endlichen Lösung entgegenzugehen. Während man bei uns zögerte, den Feldzug zu beginnen, soll Ungarn den letzten entscheidenden Schritt gethan haben. Nachrichten zufolge, die heute hier einliefen, „ist Kossuth als Ludwig IV. zum König von Ungarn proclamirt worden.“ So wunderbar die Sache im Anfange auch klingen mag, so wenig unnatürlich und noch weniger unerwartet darf sie uns kommen.

(C. Bl. a. B.)
68 Kremsier, 10. Dezember.

Seit der letzten Woche gewinnt jeder politisch Einsichtige täglich mehr und mehr die Ueberzeugung, daß unser neues Cabinet sich mit dem Gedanken einer Kammerauflösung trage. Wer irgend das Auftreten der Minister gegenüber dem Reichstage aufmerksam beobachtete, wer ferner die Antwort des jungen Kaisers an die Reichstagsdeputation sorgfältig erwog, dem konnte kein Zweifel bleiben über das, was man eigentlich beabsichtigte, nämlich, den Reichstag von einem konstituirenden souverainen wieder zu einem erbärmlichen ständischen Beirath oder zu einem sogenannten Postulaten-Landtag herabzuwürdigen. Noch klarer trat dieser freiheitsmörderische Plan des Ministeriums hervor, als der Finanzminister Kraus vom Reichstag die Bewilligung einer neuen Anleihe von 10 Millionen foderte. Nun betrug aber das Deficit des Büdgets für 1849, worin schon 35 Millionen für die Fortführung der Kriege in Ungarn und Italien, und 12 Millionen für Eisenbahnbauten veranschlagt sind, nur 50 Millionen. Indem man sich also 30 Millionen mehr borgen wollte, als man bedurfte, beabsichtigte man offenbar, sich für das nächste halbe Jahr so hinreichend mit Geld zu versehen, daß man von der Steuerbewilligung Seitens des Reichstag, die schon im Januar nachgesucht werden muß, unabhängig würde. Zu dieser Einsicht aber, welche selbst der Beschränkteste gewinnen konnte, waren bis vor Kurzem die Mitglieder der Mehrheit unseres Reichstags nicht gelangt. Die Rechte, dem Phantome der Suprematie des Slaventhums nachjagend — das Centrum befangen in der selbstgeschaffenen Illusion eines großen, einigen, wenn auch mit Blut zusammengekitteten Oesterreichs, fanden beide die Forderungen des Ministeriums ganz unverdächtig, weil beide vor Allem nach der Besiegung der Magyaren dürften und daher nicht anstehen, dem Cabinet alle Mittel für diesen Zweck zu geben

So standen die Sachen noch vor wenig Tagen. Da kamen vorgestern die brandenburg-manteuffel'schen Ordonnanzen aus Berlin, und wie ein Blitz aus umnachtetem Himmel oft dem Wanderer den unvermutheten Abgrund enthüllt, in dem ein unvorsichtiger Schritt mehr ihn gestürzt hätte, so erkannten plötzlich die Mitglieder unserer Reichstagsmajorität, daß auch ihnen wohl ein ähnliches Loos, als der Berliner Constituante drohen könne. Daher beginnt seit vorgestern eine, wenn auch noch schüchterne Opposition selbst der Rechten und des Centrums gegen die übertriebenen Geldforderungen der Regierung. Andererseits aber ist auch unser Cabinet von edlem Wetteifer, dem Ministerium Brandenburg in Verletzung der Rechte der Volksvertretung nichts nachzugeben, angespornt, und hat heute einen schlagenden Beweis davon gegeben. Während nämlich der Finanzausschuß des Reichstags heute noch berieth, wie das vom Ministerium gefoderte Geld zu verweigern sei, kam der Finanzminister Kraus und erzählte, er treffe soeben von Wien ein, wo er mit der Bank eine Anleihe von 20 Millionen contrahirt habe. Zugleich sind für morgen auch Interpellationen über die abermalige standrechtliche Hinrichtung und über das Plakat des General Frank angekündigt, welches für aufrührische Reden den Wienern mit Standrecht droht. Diese brutale Militärdespotie ist für unser Ministerium mit seinen feingesponnenen Intriguen und Plänen ein böser Dorn im eigenen Fleisch. Diese rohe Faust der Soldateska zerschmettert unbarmherzig alle jene künstlich aufgebauten Kartenhäuser der ministeriellen Erklärungen, daß keine Militärdictatur bestehe, daß kein verfassungswidriger Einfluß geltend gemacht werde und das Kriegsrecht aufgehört habe. An Windischgrätzens Bajonetten bricht sich selbst die Macht der Minister, und mit der trübseligen Miene eines geschlagenen Schulbuben, äußerte Stadion gestern gegen einen Deputirten, daß ihn diese Wiener Geschichte arg compromittire

Kremsier, 11. Decbr.

Das alte System erhält, wie es scheint, nur eine neue Auflage. Materieller Wohlstand, Ruhe und Ordnung, das ist das Haupt- und Endziel des jetzigen Regiments, wie es scheint. Der Schein also spielt eine große Rolle. Vor wenigen Tagen erklärte das Ministerium: es herrsche keine Dictatur und das Standrecht habe in Wien aufgehört. Fast an demselben Tage dieser Ministeriellen Erklärung wurde in Wien ein Mann, Namens Horvath, standrechtlich erschossen durch Pulver und Blei. Ob der Mann es verdient hat oder nicht? ob das Gesetz recht gehandhabt wurde oder nicht? das sind nur Nebenfragen. Das Gesammtministerium wurde durch diese Erklärung compromittirt, als ein Diener des Fürsten Windischgrätz oder, was noch schlimmer ist, als eine Maschine, die weder zu befehlen hat noch berücksichtigt wird. Der Kaiser nicht, und das Ministerium nicht herrscht dermalen in Wien, sondern der Marschall. Nicht die kleinen Beweise sind vorzubringen, von denen jeder Inhaftirte und Inquirirte, die ganze Presse, der Beamtenstand und der mit Willkür dirigirte Gemeinderath ein Schock Histörchen erzählen kann, sondern vor dem Reichstage und vor dem Reiche ist die Regierung des Reichs compromittirt. Stündlich klarer wird es, daß man mit dem Säbel herschen will, und Schwarzenberg-Stadion sind entweder Diener oder Verbündete von Windischgrätz; dieser handhabt aber offenkundig das Standrecht und Krigsgericht, jene vergeben liberale Programme und Wien fabricirt dann Adressen.

Die heutige Reichstagssitzung war wieder trocken und leer, indem die dritte Lesung der Geschäftsordnung fortgesetzt und bis §. 64. gebracht wurde. Die noch übrigen 30 Paragraphen werden hoffentlich in nächster Sitzung beendigt. Ein Intermezzo mag den Lesern zeigen, wie von gewisser Seite her die deutsche Frage betrachtet wird. Der Berichterstatter bevorwortete einen Paragraphen damit, daß er auch in Frankfurt angenommen sei. Der Czeche Trojan stimmte ebenfalls für den Paragraphen, setzte aber hinzu: daß die Berufung auf Frankfurt keinen Grund dafür abgebe. Die beiden Reichscommissare saßen als Gäste im Saale.

Interessant war heute nur eine Interpellation von den Abgeordneten Dalmatiens, welche, da sie blos Italienisch sprechen, von einem der Secretaire deutsch verlesen wurde. Sie betrifft die Ernennung des Banus Jellachich zum Militair- und Civilgouverneur von Dalmatien und Fiume. Dalmatien gehörte früher zur Republik Venedig, dann zu Frankreich, und jetzt neuerdings zu Oesterreich. Es ist und war stets eine eigene Provinz, von einem eignen Gouverneur verwaltet. Der Banus Jellachich führe zugleich den Titel: Ban von Kraatien, Slawonien und Dalmatien, was aber blos ein Ehrentitel sei, so weit es Dalmatien betrifft, denn dies gehört nicht zur ungarischen Krone, sondern zum österreichischen Kaiserstaat und sei deshalb auch hier vertreten: Fiume hingegen gehört zu Ungarn. Die Stellung Dalmatiens, indem es die Seeküste inne hat, ist jetzt von besonderer Wichtigkeit wegen der Vorkommnisse in Italien. Die Abgeordneten Dalmatiens fragen daher: ob diese Ernennung keine Alteration in der Stellung und Verwaltung dieser Provinz bezwecke? Minister Stadion versprach in der nächsten Sitzung zu antworten. Sonst kam nichts von Belang vor. Der Finanzminister gab gestern dem Finanzcommité die gewünschten Auskünfte, und benachrichtigte zugleich, er habe neuerdings von der Bank 20 Mill. entlehnt, um die augenblicklichen Bedürfnisse zu decken. Heute wurde der Entwurf des Gemeindegesetzes vertheilt.

(D. A. Z.)
Kremsier, 11. Dezember.

Ein großer Theil der heutigen Sitzung wird durch Formfragen und Berathung der Geschäftsordnung ausgefüllt. Erst gegen Ende der Sitzung erscheinen einige Minister und nach Interpellationen von lokalem Interesse an den Finanzminister, wird eine ursprünglich italienisch abgefaßte Interpellation aller dalmatinischen Abgeordneten an das Gesammtministerium verlesen, die dahin lautet: Es sei ihnen aus den öffentlichen Blättern bekannt geworden, daß der Ban Jelachich zum Civil- und Militärgouverneur von Dalmatien ernannt sei. So ehrenwerth auch diese Ernennung wäre, könnten sie sich doch damit nicht einverstanden erklären, indem Dalmatien immer eine getrennte Verwaltung gehabt hätte und diese auch durch seine eigenthümlichen Verhältnisse als Küsten- und Gränzprovinz bedingt wäre. Die Ansprüche Ungarns auf Dalmatien wären durch Dokumente genügend entkräftet (?); es gehörte zur österreichischen Krone und es wäre der erste Fall, daß ein Gouverneur die Provinzen der Krone verwalten sollte. Sie frügen daher, ob durch diese Ernennung die Stellung ihrer Provinz eine veränderte geworden?

Das Ministerium wird diese Interpellation nach der von ihm angenommenen Sitte — oder vielmehr Unsitte — anderer konstitutionellen Staaten in der nächsten Sitzung beantworten, und wird so Gelegenheit haben, sich offen darüber auszusprechen, ob die pragmatische Sanktion, auf die es sich einst so sehr stüzte, nun durch die Zerstückelung der zur ungarischen Krone gehörigen Länder vernichtet werden soll.

Indirekt ist übrigens diese Frage bereits durch die Ernennung des Kroaten Kulmer zum Minister ohne Portefeuille entschieden, und wenn Jellachtch zum Gouverneur von Dalmatien ernannt würde, sollte dadurch nicht Dalmatien mit der ungarischen Krone verbunden, sondern im Gegentheil Kroatien, das von Ungarn durch einen ähnlichen Gewaltstreich losgerissene Land, mit der österreichischen Krone vereinigt werden. —

Die Finanzkommission hat ihre Berathungen in der Geldbewilligungsfrage noch nicht vollendet; die Majorität ist für Bewilligung eines Theiles der nachgesuchten Summe. Das Ministerium hat der Finanzkommission die Zusicherung gegeben, daß der junge Kaiser nichts von dem zurücknehmen werde, was Kaiser Ferdinand versprochen, — eine Phrase, deren Werthlosigkeit Jedermann kennt, die aber jetzt noch bedeutungsloser als je ist, da das Ministerium der Militärdictatur gegenüber ganz unselbstständig dasteht.

Die von einigen Mitgliedern des Finanzausschusses wegen der bekannten Antwort des Kaisers an die Deputation des Reichstags — daß er die Versammlung prüfen und sanktioniren werde — geäußerten Besorgnisse, suchte der Finanzminister, in seinem Eifer, das Geld zu erlangen, dadurch zu beschwichtigen, daß er entschuldigend sagte: „dem jungen Kaiser sei dieses Wort in der Befangenheit entschlüpft (!)“

Prag, 12. Dez.

Wie man hier allgemein hört, soll am 19. Dez. der Reichstag in Kremsier für die Feiertage prorogirt und auf den 17. Jan. nach Wien berufen werden. Man fürchtet aber, daß der Prorogation sehr leicht eine Auflösung folgen könnte. — Die Czechen sollen sich plötzlich in ihrer letzten Klubsitzung in Kremsier entschlossen haben, gegen das Ministerium Schwarzenberg in Opposition zu treten. Besonderer Grund hierzu soll das vom Ministerium vorgelegte Gemeindegesetz sein.

Klattau, 9. Dez.

Unter diesem Datum berichtet das „C. Bl. a. B.“ (ein von wüthendem Magyarenhaß erfülltes Journal) Folgendes:

„9 Uhr Morgens. Schon öfter hatte man bei uns über Excesse zu klagen, welche sich die hier liegenden Palatinal-Husaren erlaubten. Das hiesige Kasernenleben behagte ihnen nicht, besonders im Vergleiche mit dem freien, üppigen Leben, daß sie während ihrer Cantonnirung bei den Bauern im Saazer Kreise geführt. Das mag mit ein Anlaß der vielen Excesse gewesen sein, die gestern Nachmittags gegen 3 Uhr durch eine schauderhafte Blutthat auf den Gipfel getrieben wurden. Einige betrunkene Magyaren mißhandelten eine Wirthin in der Wiener Vorstadt. Die Patrouille wurde herbeigerufen, aber statt die Trunkenbolde festzunehmen, ergriff sie ihre Partei, und schoß auf den Zuruf eines der Betrunkenen (wie es heißt, eines Kadetten): „schießt diese böhmischen Hunde nieder!“ unter's Volk, zog von da mit den Betrunkenen, etwa zwölf an der Zahl, auf den Ringplatz, spaltete, ohne irgend eine aufreizende Veranlassung, einem 70jährigen wehrlosen Bürger den Kopf, säbelte den arglos nach Hause zurückkehrenden städtischen Quartiermeister nieder, und erschlug einen dritten unbewaffneten 60jährigen Bürger mit Flintenkolben. Außerdem verwundete die Magyarenrotte noch beiläufig 6 Menschen. Mittlerweile erscholl — freilich spät genug — die Alarmtrommel der Nationalgarde, augenblicklich strömten Hunderte zusammen, und eröffneten einen Guerillaskrieg gegen die Husaren, die sich endlich, nachdem über 100 Schüsse von beiden Seiten gefallen waren, in die Kaserne zurückzogen. Abends um 7 Uhr kamen endlich auch die braven Nationalgarden von Schwihau, Bezdekau, Janowitz, Palju und Haufen von Bauern mit Sensen und Heugabeln bewaffnet. Das Volkswehraufgebot zählte nun über 1200 Mann, und hielt die Zugänge zur Kaserne scharf besetzt, keinen Husaren herauslassend, damit ja keiner der Mörder entwische.

9 Uhr Morgens. Eben sind von Pilsen zwei Kompagnien Infanterie, 350 Mann stark, einmarschirt, und wurden von den Garden mit donnerndem Slawaruf begrüßt. Die unter den Husaren (es ist die Majorsdivision) eingereihten Slowaken haben in der Nacht die Kaserne verlassen und bei den Bürgern ein Asyl suchen müssen. Nur lauter Magyaren blieben also in der Kaserne. Es wird nun zur Entwaffnung geschritten werden, welche, da die Husaren schon wieder vom Branntwein betrunken sind, wohl kaum ohne Blutvergießen ablaufen wird.“

Die Parteilichkeit des Berichts tritt so klar hervor, daß es kaum eines näheren Nachweises bedarf.

* Leipzig, 16. Decbr.

Mit Ausnahme hiesiger Stadt fallen die Wahlen für den nächsten Landtag fast überall im radikalen Sinne aus.

* Aus Thüringen, Mitte Decbr.

Zu den Weihnachtsfreuden der preußischen Reaction gehört die Verhaftung aller Personen, die irgend wie in Volksversammlungen, Klubs oder in Journalen als Sprecher und Feinde des Schwarzweißthums und der Kamarillawirthschaft aufgetreten sind, Man begnügt sich indeß nicht blos mit Verfolgung der Demokraten, sondern die Reaction geht auch bereits den konstitutionellen zu Leibe. So ist in Merseburg der Ober-Land-Gerichts-Rath Weimann, Mitglied des dortigen „konstitutionellen Klubs“, wegen politischer Vergehen zur Kriminaluntersuchung gezogen worden.

Aus Kölleda und Umgegend werden noch täglich Gefangene nach Zeitz transportirt. Unter dem letzten Transport befanden sich auch 4 Schullehrer.

* Posen, 11. Decbr.

Der Commissär der Centralgewalt, General von Schäffer, ist auf seiner Demarkationsreise im Netz-District, bei Nackel, von 4 Männern angefallen und mißhandelt worden. Die Thäter hat man bis jetzt nicht ermitteln kännen.

Rendsburg, 12. Dez.

Rücksichtlich des vom Armee-Auditeur Cartheuser formulirten, von der Regierung kassirten Urtheils der Oberkriegskommission in Sachen der Pontoniere erfährt man jetzt, daß dasselbe, sich stützend auf die alten Kriegsartikel, das vorliegende Vergehen für Meuterei im Felde erklärt und die Decimirung, für die Uebrigen mehrjährige Zuchthausstrafe ausgesprochen hat

Heute findet hier das Kriegsgericht gegen die Mitglieder des 7. Bataillons statt; 22 Unteroffiziere und 7 Musketiere desselben sind gestern Nachmittag hier eingetroffen, nachdem sie die Reise von Lütjenburg auf hier zu Fuß haben zurücklegen müssen.

Die mitgetheilte Nachricht von der Abberufung der beurlaubten preuß. Offiziere hat mit den jüngsten Vorgängen nichts zu thun. Die desfällige Kabinetsordre ist, wie wir aus dem Munde eines gleichfalls zurückberufenen Offiziers ersehen, bereits vom 20. Nov. datirt

(S. H. Z.)
68 Frankfurt, 15. Dezbr.

Wie es heute allgemein heißt, sollen endlich Hr. Schmerling und der Unterstaatssekretär von Würth endlich ihre Entlassung eingegeben haben. Natürlich, jetzt wo Schmerling für die Pläne der Contrerevolution nicht mehr nöthig ist, kann ihm immerhin nach so vielen anstrengenden Arbeiten, bei denen er sich zu Gunsten seiner Freunde Windischgrätz, Metternich, Wessenberg etc. aufopferte, eine kleine Erholung vergönnt werden.

Frankfurt, 14. Dezember.

Unter dem hier eingerückten Frankfurter Stadtmilitär circulirt das Gerücht, dasselbe werde hier nicht lange bleiben, sondern wahrscheinlich bald zum Abmarsch nach Baiern beordert werden. — Man erzählt sich daß gestern Abend eine Spaltung der preußisch und österreichisch gesinnten Abgeordneten innerhalb der bis jetzt 130 Köpfe starken Casinopartei (rechte Seite) stattgefunden habe. Als ausgeschieden aus derselben nennt man unter Anderen Hrn. Somaruga. Die östreichisch Gesinnten sollen sich selbstständig zur Partei konstituiren und der Opposition nähern wollen. Es ist zu bemerken, daß Hr. Somaruga in der jüngsten Zeit häufiger links stimmte. Vielleicht würde der Wahlspruch der neuen Opposition: „Alles, nur nicht Preußen!“ heißen. — Wie wir hören, soll eine Weigerung der östreichischen Regierung, ihre Quote zu dem Budget zu zahlen, hier eingetroffen sein. — Schon wird über den Sitz der künftigen Reichsgewalt hin und her gesprochen. Es werden sehr verschiedene Orte in Vorschlag gebracht, etwa in der politischen Richtung von rechts nach links geordnet: Frankfurt a. M., Erfurt, Nürnberg, Leipzig, Berlin. Gegen Frankfurt sind sehr viele Abgeordnete, auch in außerpolitischer Hinsicht, eingenommen.

(Rh.- u. M.-Ztg.)
!!! Frankfurt, den 15. Decbr.

Sitzung der National-Versammlung. Präsident von Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der 2ten Lesung der Grundrechte, Artikel VI. ff. Der Abgeordnete Gerstner (Böhmen!) zeigt seinen Austritt an.

Es folgen einige Interpellationen, welche bei der Beantwortung nochmals erwähnt werden. U. a. frägt Zimmermann von Spandau, warum das Reichsministerium nicht die Anzahl und die Namen derjenigen Abgeordneten anzeigt, welche Reichs-Aemter übernommen haben, da nach Beschluß der Versammlung solche Abgeordnete sich einer Neuwahl zu unterwerfen haben? — Ein dringlicher Antrag mehrerer Mitglieder der Linken wegen der ohne Grund ausgeschriebenen badenschen Militär-Conscriptionen wird (comme à l'ordinaire) für nicht dringlich erkannt.

Vicepräsident Beseler berichtet über eine große Anzahl Urlaubsgesuche, welche genehmigt werden.

Der Reichsminister von Schmerling hatte heut mehrere Interpellationen zu beantworten. Dies geschieht nicht. Wie es scheint eine stillschweigende Annonce des bereits fast überall bekannten Sturzes dieses mit Metternich und der ganzen europäischen Contrerevolution innigst befreundeten Ministeriums.

Man machinirt, intriguirt, geheimnißkrämert jetzt hier sehr viel in den Parteien der Versammlung in Sachen Oestreichs — des deutschen Kaisers — Preußens — und des künftigen Ministeriums. — Ich verschone Sie mit diesen diplomatischen, über das Heil der civilisirten Welt brütenden Hypothesen. — Um 11 Uhr geht man zur Tagesordnung.

Beseler (aus Schleswig) präsidirt.

Artikel VI. der Grundrechte.

(Von der Schule.)

Definitiv angenommen wurden folgende §. §.

§. 22. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei (unverändert).

§. 23. Das Unterrichts- und Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staats, und ist, abgesehen vom Religionsunterricht, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben.

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          <p><pb facs="#f0002" n="0924"/>
sen sein; Kossuth soll mit glühenden Kettenkugeln schießen lassen. Das Militär sträubt sich, nach Ungarn vorzurücken, und die in der Vorstadt Gumpendorf liegenden Kroaten mußten von dem regulären Militär mit Gewalt und standrechtlichen Mitteln dazu gezwungen werden. Der beste Beweis, daß die kaiserliche Armee in Ungarn noch gar nichts ausgerichtet hat, liegt darin, daß die gestrige Abendbeilage und sämmtliche heutige Standrechtsblätter kein Wort über Ungarn enthalten. Man würde unzweifelhaft renommiren, hätte man Vortheile errungen.</p>
          <p>Die Armee ist durch czechische Rekruten bedeutend verstärkt worden; man hat auch Wien sehr entblößt, und ich höre fortwährend behaupten, Windischgrätz habe die guten Bürger, aber vergebens, aufgefordert, die Waffen zu ergreifen, damit er über alles Militär disponiren könne. Mittlerweile wird an der Verschanzung des Lagerbergs und an der Befestigung der innern Stadt Tag und Nacht fortgearbeitet. Das gegen Ungarn entsendete Heer ist die letzte Kraft des veralteten Reichs; mit seiner Niederlage haben wir den Finanzbankrott und einen allseitigen Aufstand mit furchtbarer Rache. Die hochdramatische Bühne der osteuropäischen Bewegung wird in der nächsten Zukunft noch immer &#x2014; Wien sein. Der in Ungnade gefallene Jellachich ist nach Fiume abgereist. Die Kroaten haben ihren Gott verloren, und das wird Folgen haben, die der ins Ministerium aufgenommene Minister Kulmer, der dort Ungarn repräsentiren soll, abzuwehren kaum im Stande sein wird.</p>
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          <head><bibl><author>24</author></bibl> Wien, 13. Dez.</head>
          <p>Es gibt keinen standrechtlichen Kunstgriff, der nicht angewandt worden wäre, um die noch fehlenden Waffen herauszulocken. Die Henkersknechte schaudern täglich und nächtlich bei dem Gedanken an die noch zurückgehaltenen Waffen. Wie dieser Höllenfurcht entrinnen? Der Schmiedegesell Horvath ist wegen Verheimlichung eines alten Karabinerr am 7. erschossen worden, erschossen zu einer ungewöhnlichen Tagesstunde, um recht viele Zuschauer Zeuge des Blutschauspielers sein zu lassen. Aber gleichwohl hält die bleiche Furcht zu Häupten der vom Blut ihrer Opfer gerötheten Henker Wacht. Es wird darum abermals Seitens der Stadt-Kommandantur mit Hinweisung auf Horvath's Schicksal unter heuchlerischen Phrasen der Milde zur Waffenablieferung aufgefordert. Die Proklamation schließt nämlich:</p>
          <p>&#x201E;Indessen glaubt man zur Beruhigung der Einwohner Wiens ausdrücklich darauf hindeuten zu müssen: daß die Strenge des Gesetzes nur diejenigen trifft, welche die Waffen vorsätzlich verheimlichen, nicht aber auch Jene, die, obgleich der Termin zu ihrer Ablieferung schon lange verstrichen ist, &#x2014; zur Besinnung kommen und ihre Waffen freiwillig abliefern.</p>
          <p>Diese können nach dem Sinne der erflossenen Proklamation einer Strafe nicht unterzogen werden.</p>
          <p>Zu dieser Erklärung sieht man sich um so mehr veranlaßt, als zu erwarten steht, daß sich in Folge dieser Mahnung vielleicht noch manche Personen, die bisher durch die Besorgniß einer Bestrafung abgehalten wurden &#x2014; zur freiwilligen Abgabe der Waffen werden bestimmen lassen.</p>
          <p>Wien, 8. Dezember 1848.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar171-2_011" type="jArticle">
          <head>Von der ungarischen Gränze, 11. Decbr.</head>
          <p>Die Ereignisse in Ungarn verwirren sich immer mehr, statt einer friedlichen, und wenn dieses nicht, so doch einer endlichen Lösung entgegenzugehen. Während man bei uns zögerte, den Feldzug zu beginnen, soll Ungarn den letzten entscheidenden Schritt gethan haben. Nachrichten zufolge, die heute hier einliefen, &#x201E;ist Kossuth als Ludwig IV. zum König von Ungarn proclamirt worden.&#x201C; So wunderbar die Sache im Anfange auch klingen mag, so wenig unnatürlich und noch weniger unerwartet darf sie uns kommen.</p>
          <bibl>(C. Bl. a. B.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar171-2_012" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Kremsier, 10. Dezember.</head>
          <p>Seit der letzten Woche gewinnt jeder politisch Einsichtige täglich mehr und mehr die Ueberzeugung, daß unser neues Cabinet sich mit dem Gedanken einer Kammerauflösung trage. Wer irgend das Auftreten der Minister gegenüber dem Reichstage aufmerksam beobachtete, wer ferner die Antwort des jungen Kaisers an die Reichstagsdeputation sorgfältig erwog, dem konnte kein Zweifel bleiben über das, was man eigentlich beabsichtigte, nämlich, den Reichstag von einem konstituirenden souverainen wieder zu einem erbärmlichen ständischen Beirath oder zu einem sogenannten Postulaten-Landtag herabzuwürdigen. Noch klarer trat dieser freiheitsmörderische Plan des Ministeriums hervor, als der Finanzminister <hi rendition="#g">Kraus</hi> vom Reichstag die Bewilligung einer neuen Anleihe von 10 Millionen foderte. Nun betrug aber das Deficit des Büdgets für 1849, worin schon 35 Millionen für die Fortführung der Kriege in Ungarn und Italien, und 12 Millionen für Eisenbahnbauten veranschlagt sind, nur 50 Millionen. Indem man sich also 30 Millionen mehr borgen wollte, als man bedurfte, beabsichtigte man offenbar, sich für das nächste halbe Jahr so hinreichend mit Geld zu versehen, daß man von der Steuerbewilligung Seitens des Reichstag, die schon im Januar nachgesucht werden muß, unabhängig würde. Zu dieser Einsicht aber, welche selbst der Beschränkteste gewinnen konnte, waren bis vor Kurzem die Mitglieder der Mehrheit unseres Reichstags nicht gelangt. Die Rechte, dem Phantome der Suprematie des Slaventhums nachjagend &#x2014; das Centrum befangen in der selbstgeschaffenen Illusion eines großen, einigen, wenn auch mit Blut zusammengekitteten Oesterreichs, fanden beide die Forderungen des Ministeriums ganz unverdächtig, weil beide vor Allem nach der Besiegung der Magyaren dürften und daher nicht anstehen, dem Cabinet alle Mittel für diesen Zweck zu geben</p>
          <p>So standen die Sachen noch vor wenig Tagen. Da kamen vorgestern die brandenburg-manteuffel'schen Ordonnanzen aus Berlin, und wie ein Blitz aus umnachtetem Himmel oft dem Wanderer den unvermutheten Abgrund enthüllt, in dem ein unvorsichtiger Schritt mehr ihn gestürzt hätte, so erkannten plötzlich die Mitglieder unserer Reichstagsmajorität, daß auch ihnen wohl ein ähnliches Loos, als der Berliner Constituante drohen könne. Daher beginnt seit vorgestern eine, wenn auch noch schüchterne Opposition selbst der Rechten und des Centrums gegen die übertriebenen Geldforderungen der Regierung. Andererseits aber ist auch unser Cabinet von edlem Wetteifer, dem Ministerium Brandenburg in Verletzung der Rechte der Volksvertretung nichts nachzugeben, angespornt, und hat heute einen schlagenden Beweis davon gegeben. <hi rendition="#g">Während nämlich der Finanzausschuß des Reichstags heute noch berieth, wie das vom Ministerium gefoderte Geld zu verweigern sei, kam der Finanzminister Kraus und erzählte, er treffe soeben von Wien ein</hi>, <hi rendition="#b">wo er mit der Bank eine Anleihe von 20 Millionen contrahirt habe.</hi> Zugleich sind für morgen auch Interpellationen über die abermalige standrechtliche Hinrichtung und über das Plakat des General Frank angekündigt, welches für aufrührische Reden den Wienern mit Standrecht droht. Diese brutale Militärdespotie ist für unser Ministerium mit seinen feingesponnenen Intriguen und Plänen ein böser Dorn im eigenen Fleisch. Diese rohe Faust der Soldateska zerschmettert unbarmherzig alle jene künstlich aufgebauten Kartenhäuser der ministeriellen Erklärungen, daß keine Militärdictatur bestehe, daß kein verfassungswidriger Einfluß geltend gemacht werde und das Kriegsrecht aufgehört habe. An Windischgrätzens Bajonetten bricht sich selbst die Macht der Minister, und mit der trübseligen Miene eines geschlagenen Schulbuben, äußerte Stadion gestern gegen einen Deputirten, daß ihn diese Wiener Geschichte arg compromittire</p>
        </div>
        <div xml:id="ar171-2_013" type="jArticle">
          <head>Kremsier, 11. Decbr.</head>
          <p>Das alte System erhält, wie es scheint, nur eine neue Auflage. Materieller Wohlstand, Ruhe und Ordnung, das ist das Haupt- und Endziel des jetzigen Regiments, wie es scheint. Der Schein also spielt eine große Rolle. Vor wenigen Tagen erklärte das Ministerium: es herrsche keine Dictatur und das Standrecht habe in Wien aufgehört. Fast an demselben Tage dieser Ministeriellen Erklärung wurde in Wien ein Mann, Namens Horvath, standrechtlich erschossen durch Pulver und Blei. Ob der Mann es verdient hat oder nicht? ob das Gesetz recht gehandhabt wurde oder nicht? das sind nur Nebenfragen. Das Gesammtministerium wurde durch diese Erklärung compromittirt, als ein Diener des Fürsten Windischgrätz oder, was noch schlimmer ist, als eine Maschine, die weder zu befehlen hat noch berücksichtigt wird. Der Kaiser nicht, und das Ministerium nicht herrscht dermalen in Wien, sondern der Marschall. Nicht die kleinen Beweise sind vorzubringen, von denen jeder Inhaftirte und Inquirirte, die ganze Presse, der Beamtenstand und der mit Willkür dirigirte Gemeinderath ein Schock Histörchen erzählen kann, sondern vor dem Reichstage und vor dem Reiche ist die Regierung des Reichs compromittirt. Stündlich klarer wird es, daß man mit dem Säbel herschen will, und Schwarzenberg-Stadion sind entweder Diener oder Verbündete von Windischgrätz; dieser handhabt aber offenkundig das Standrecht und Krigsgericht, jene vergeben liberale Programme und Wien fabricirt dann Adressen.</p>
          <p>Die heutige <hi rendition="#g">Reichstagssitzung</hi> war wieder trocken und leer, indem die dritte Lesung der Geschäftsordnung fortgesetzt und bis §. 64. gebracht wurde. Die noch übrigen 30 Paragraphen werden hoffentlich in nächster Sitzung beendigt. Ein Intermezzo mag den Lesern zeigen, wie von gewisser Seite her die deutsche Frage betrachtet wird. Der Berichterstatter bevorwortete einen Paragraphen damit, daß er auch in Frankfurt angenommen sei. Der Czeche Trojan stimmte ebenfalls für den Paragraphen, setzte aber hinzu: daß die Berufung auf Frankfurt keinen Grund dafür abgebe. Die beiden Reichscommissare saßen als Gäste im Saale.</p>
          <p>Interessant war heute nur eine Interpellation von den Abgeordneten Dalmatiens, welche, da sie blos Italienisch sprechen, von einem der Secretaire deutsch verlesen wurde. Sie betrifft die Ernennung des Banus Jellachich zum Militair- und Civilgouverneur von Dalmatien und Fiume. Dalmatien gehörte früher zur Republik Venedig, dann zu Frankreich, und jetzt neuerdings zu Oesterreich. Es ist und war stets eine eigene Provinz, von einem eignen Gouverneur verwaltet. Der Banus Jellachich führe zugleich den Titel: Ban von Kraatien, Slawonien und Dalmatien, was aber blos ein Ehrentitel sei, so weit es Dalmatien betrifft, denn dies gehört nicht zur ungarischen Krone, sondern zum österreichischen Kaiserstaat und sei deshalb auch hier vertreten: Fiume hingegen gehört zu Ungarn. Die Stellung Dalmatiens, indem es die Seeküste inne hat, ist jetzt von besonderer Wichtigkeit wegen der Vorkommnisse in Italien. Die Abgeordneten Dalmatiens fragen daher: ob diese Ernennung keine Alteration in der Stellung und Verwaltung dieser Provinz bezwecke? Minister Stadion versprach in der nächsten Sitzung zu antworten. Sonst kam nichts von Belang vor. Der Finanzminister gab gestern dem Finanzcommité die gewünschten Auskünfte, und benachrichtigte zugleich, er habe neuerdings von der Bank 20 Mill. entlehnt, um die augenblicklichen Bedürfnisse zu decken. Heute wurde der Entwurf des Gemeindegesetzes vertheilt.</p>
          <bibl>(D. A. Z.)</bibl>
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          <head>Kremsier, 11. Dezember.</head>
          <p>Ein großer Theil der heutigen Sitzung wird durch Formfragen und Berathung der Geschäftsordnung ausgefüllt. Erst gegen Ende der Sitzung erscheinen einige Minister und nach Interpellationen von lokalem Interesse an den Finanzminister, wird eine ursprünglich italienisch abgefaßte Interpellation aller dalmatinischen Abgeordneten an das Gesammtministerium verlesen, die dahin lautet: Es sei ihnen aus den öffentlichen Blättern bekannt geworden, daß der Ban Jelachich zum Civil- und Militärgouverneur von Dalmatien ernannt sei. So ehrenwerth auch diese Ernennung wäre, könnten sie sich doch damit nicht einverstanden erklären, indem Dalmatien immer eine getrennte Verwaltung gehabt hätte und diese auch durch seine eigenthümlichen Verhältnisse als Küsten- und Gränzprovinz bedingt wäre. Die Ansprüche Ungarns auf Dalmatien wären durch Dokumente genügend entkräftet (?); es gehörte zur österreichischen Krone und es wäre der erste Fall, daß ein Gouverneur die Provinzen der Krone verwalten sollte. Sie frügen daher, ob durch diese Ernennung die Stellung ihrer Provinz eine veränderte geworden?</p>
          <p>Das Ministerium wird diese Interpellation nach der von ihm angenommenen Sitte &#x2014; oder vielmehr Unsitte &#x2014; anderer konstitutionellen Staaten in der nächsten Sitzung beantworten, und wird so Gelegenheit haben, sich offen darüber auszusprechen, ob die pragmatische Sanktion, auf die es sich einst so sehr stüzte, nun durch die Zerstückelung der zur ungarischen Krone gehörigen Länder vernichtet werden soll.</p>
          <p>Indirekt ist übrigens diese Frage bereits durch die Ernennung des Kroaten Kulmer zum Minister ohne Portefeuille entschieden, und wenn Jellachtch zum Gouverneur von Dalmatien ernannt würde, sollte dadurch nicht Dalmatien mit der ungarischen Krone verbunden, sondern im Gegentheil Kroatien, das von Ungarn durch einen ähnlichen Gewaltstreich losgerissene Land, mit der österreichischen Krone vereinigt werden. &#x2014;</p>
          <p>Die Finanzkommission hat ihre Berathungen in der Geldbewilligungsfrage noch nicht vollendet; die Majorität ist für Bewilligung eines Theiles der nachgesuchten Summe. Das Ministerium hat der Finanzkommission die Zusicherung gegeben, daß der junge Kaiser nichts von dem zurücknehmen werde, was Kaiser Ferdinand versprochen, &#x2014; eine Phrase, deren Werthlosigkeit Jedermann kennt, die aber jetzt noch bedeutungsloser als je ist, da das Ministerium der Militärdictatur gegenüber ganz unselbstständig dasteht.</p>
          <p>Die von einigen Mitgliedern des Finanzausschusses wegen der bekannten Antwort des Kaisers an die Deputation des Reichstags &#x2014; daß er die Versammlung <hi rendition="#g">prüfen</hi> und sanktioniren werde &#x2014; geäußerten Besorgnisse, suchte der Finanzminister, in seinem Eifer, das Geld zu erlangen, dadurch zu beschwichtigen, daß er entschuldigend sagte: &#x201E;<hi rendition="#g">dem jungen Kaiser sei dieses Wort in der Befangenheit entschlüpft</hi> (!)&#x201C;</p>
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          <head>Prag, 12. Dez.</head>
          <p>Wie man hier allgemein hört, soll am 19. Dez. der Reichstag in Kremsier für die Feiertage prorogirt und auf den 17. Jan. nach Wien berufen werden. Man fürchtet aber, daß der Prorogation sehr leicht eine Auflösung folgen könnte. &#x2014; Die Czechen sollen sich plötzlich in ihrer letzten Klubsitzung in Kremsier entschlossen haben, gegen das Ministerium Schwarzenberg in Opposition zu treten. Besonderer Grund hierzu soll das vom Ministerium vorgelegte Gemeindegesetz sein.</p>
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          <head>Klattau, 9. Dez.</head>
          <p>Unter diesem Datum berichtet das &#x201E;C. Bl. a. B.&#x201C; (ein von wüthendem Magyarenhaß erfülltes Journal) Folgendes:</p>
          <p>&#x201E;9 Uhr Morgens. Schon öfter hatte man bei uns über Excesse zu klagen, welche sich die hier liegenden Palatinal-Husaren erlaubten. Das hiesige Kasernenleben behagte ihnen nicht, besonders im Vergleiche mit dem freien, üppigen Leben, daß sie während ihrer Cantonnirung bei den Bauern im Saazer Kreise geführt. Das mag mit ein Anlaß der vielen Excesse gewesen sein, die gestern Nachmittags gegen 3 Uhr durch eine schauderhafte Blutthat auf den Gipfel getrieben wurden. Einige betrunkene Magyaren mißhandelten eine Wirthin in der Wiener Vorstadt. Die Patrouille wurde herbeigerufen, aber statt die Trunkenbolde festzunehmen, ergriff sie ihre Partei, und schoß auf den Zuruf eines der Betrunkenen (wie es heißt, eines Kadetten): &#x201E;schießt diese böhmischen Hunde nieder!&#x201C; unter's Volk, zog von da mit den Betrunkenen, etwa zwölf an der Zahl, auf den Ringplatz, spaltete, ohne irgend eine aufreizende Veranlassung, einem 70jährigen wehrlosen Bürger den Kopf, säbelte den arglos nach Hause zurückkehrenden städtischen Quartiermeister nieder, und erschlug einen dritten unbewaffneten 60jährigen Bürger mit Flintenkolben. Außerdem verwundete die Magyarenrotte noch beiläufig 6 Menschen. Mittlerweile erscholl &#x2014; freilich spät genug &#x2014; die Alarmtrommel der Nationalgarde, augenblicklich strömten Hunderte zusammen, und eröffneten einen Guerillaskrieg gegen die Husaren, die sich endlich, nachdem über 100 Schüsse von beiden Seiten gefallen waren, in die Kaserne zurückzogen. Abends um 7 Uhr kamen endlich auch die braven Nationalgarden von Schwihau, Bezdekau, Janowitz, Palju und Haufen von Bauern mit Sensen und Heugabeln bewaffnet. Das Volkswehraufgebot zählte nun über 1200 Mann, und hielt die Zugänge zur Kaserne scharf besetzt, keinen Husaren herauslassend, damit ja keiner der Mörder entwische.</p>
          <p>9 Uhr Morgens. Eben sind von Pilsen zwei Kompagnien Infanterie, 350 Mann stark, einmarschirt, und wurden von den Garden mit donnerndem Slawaruf begrüßt. Die unter den Husaren (es ist die Majorsdivision) eingereihten Slowaken haben in der Nacht die Kaserne verlassen und bei den Bürgern ein Asyl suchen müssen. Nur lauter Magyaren blieben also in der Kaserne. Es wird nun zur Entwaffnung geschritten werden, welche, da die Husaren schon wieder vom Branntwein betrunken sind, wohl kaum ohne Blutvergießen ablaufen wird.&#x201C;</p>
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          <p>Der Commissär der Centralgewalt, General von Schäffer, ist auf seiner Demarkationsreise im Netz-District, bei Nackel, von 4 Männern angefallen und mißhandelt worden. Die Thäter hat man bis jetzt nicht ermitteln kännen.</p>
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          <head>Rendsburg, 12. Dez.</head>
          <p>Rücksichtlich des vom Armee-Auditeur Cartheuser formulirten, von der Regierung kassirten Urtheils der Oberkriegskommission in Sachen der Pontoniere erfährt man jetzt, daß dasselbe, sich stützend auf die alten Kriegsartikel, das vorliegende Vergehen für Meuterei im Felde erklärt und die Decimirung, für die Uebrigen mehrjährige Zuchthausstrafe ausgesprochen hat</p>
          <p>Heute findet hier das Kriegsgericht gegen die Mitglieder des 7. Bataillons statt; 22 Unteroffiziere und 7 Musketiere desselben sind gestern Nachmittag hier eingetroffen, nachdem sie die Reise von Lütjenburg auf hier zu Fuß haben zurücklegen müssen.</p>
          <p>Die mitgetheilte Nachricht von der Abberufung der beurlaubten preuß. Offiziere hat mit den jüngsten Vorgängen nichts zu thun. Die desfällige Kabinetsordre ist, wie wir aus dem Munde eines gleichfalls zurückberufenen Offiziers ersehen, bereits vom 20. Nov. datirt</p>
          <bibl>(S. H. Z.)</bibl>
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        <div xml:id="ar171-2_021" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Frankfurt, 15. Dezbr.</head>
          <p>Wie es heute allgemein heißt, sollen endlich Hr. <hi rendition="#g">Schmerling</hi> und der Unterstaatssekretär <hi rendition="#g">von Würth</hi> endlich ihre Entlassung eingegeben haben. Natürlich, jetzt wo Schmerling für die Pläne der Contrerevolution nicht mehr nöthig ist, kann ihm immerhin nach so vielen anstrengenden Arbeiten, bei denen er sich zu Gunsten seiner Freunde Windischgrätz, Metternich, Wessenberg etc. aufopferte, eine kleine Erholung vergönnt werden.</p>
        </div>
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          <head>Frankfurt, 14. Dezember.</head>
          <p>Unter dem hier eingerückten Frankfurter Stadtmilitär circulirt das Gerücht, dasselbe werde hier nicht lange bleiben, sondern wahrscheinlich bald zum Abmarsch nach Baiern beordert werden. &#x2014; Man erzählt sich daß gestern Abend eine Spaltung der preußisch und österreichisch gesinnten Abgeordneten innerhalb der bis jetzt 130 Köpfe starken Casinopartei (rechte Seite) stattgefunden habe. Als ausgeschieden aus derselben nennt man unter Anderen Hrn. Somaruga. Die östreichisch Gesinnten sollen sich selbstständig zur Partei konstituiren und der Opposition nähern wollen. Es ist zu bemerken, daß Hr. Somaruga in der jüngsten Zeit häufiger links stimmte. Vielleicht würde der Wahlspruch der neuen Opposition: &#x201E;Alles, nur nicht Preußen!&#x201C; heißen. &#x2014; Wie wir hören, soll eine Weigerung der östreichischen Regierung, ihre Quote zu dem Budget zu zahlen, hier eingetroffen sein. &#x2014; Schon wird über den Sitz der künftigen Reichsgewalt hin und her gesprochen. Es werden sehr verschiedene Orte in Vorschlag gebracht, etwa in der politischen Richtung von rechts nach links geordnet: Frankfurt a. M., Erfurt, Nürnberg, Leipzig, Berlin. Gegen Frankfurt sind sehr viele Abgeordnete, auch in außerpolitischer Hinsicht, eingenommen.</p>
          <bibl>(Rh.- u. M.-Ztg.)</bibl>
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          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, den 15. Decbr.</head>
          <p>Sitzung der National-Versammlung. Präsident von Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der 2ten Lesung der Grundrechte, Artikel VI. ff. Der Abgeordnete Gerstner (Böhmen!) zeigt seinen Austritt an.</p>
          <p>Es folgen einige Interpellationen, welche bei der Beantwortung nochmals erwähnt werden. U. a. frägt Zimmermann von Spandau, warum das Reichsministerium nicht die Anzahl und die Namen derjenigen Abgeordneten anzeigt, welche Reichs-Aemter übernommen haben, da nach Beschluß der Versammlung solche Abgeordnete sich einer Neuwahl zu unterwerfen haben? &#x2014; Ein dringlicher Antrag mehrerer Mitglieder der Linken wegen der ohne Grund ausgeschriebenen badenschen Militär-Conscriptionen wird (comme à l'ordinaire) für nicht dringlich erkannt.</p>
          <p>Vicepräsident <hi rendition="#g">Beseler</hi> berichtet über eine große Anzahl Urlaubsgesuche, welche genehmigt werden.</p>
          <p>Der Reichsminister <hi rendition="#g">von Schmerling</hi> hatte heut mehrere Interpellationen zu beantworten. Dies geschieht nicht. Wie es scheint eine stillschweigende Annonce des bereits fast überall bekannten Sturzes dieses mit Metternich und der ganzen europäischen Contrerevolution innigst befreundeten Ministeriums.</p>
          <p>Man machinirt, intriguirt, geheimnißkrämert jetzt hier sehr viel in den Parteien der Versammlung in Sachen Oestreichs &#x2014; des deutschen Kaisers &#x2014; Preußens &#x2014; und des künftigen Ministeriums. &#x2014; Ich verschone Sie mit diesen diplomatischen, über das Heil der civilisirten Welt brütenden Hypothesen. &#x2014; Um 11 Uhr geht man zur <hi rendition="#g">Tagesordnung</hi>.</p>
          <p><hi rendition="#g">Beseler</hi> (aus Schleswig) präsidirt.</p>
          <p>Artikel VI. der Grundrechte.</p>
          <p>(Von der Schule.)</p>
          <p>Definitiv angenommen wurden folgende §. §.</p>
          <p>§. 22. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei (unverändert).</p>
          <p>§. 23. Das Unterrichts- und Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staats, und ist, <hi rendition="#g">abgesehen vom Religionsunterricht</hi>, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben.</p>
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[0924/0002] sen sein; Kossuth soll mit glühenden Kettenkugeln schießen lassen. Das Militär sträubt sich, nach Ungarn vorzurücken, und die in der Vorstadt Gumpendorf liegenden Kroaten mußten von dem regulären Militär mit Gewalt und standrechtlichen Mitteln dazu gezwungen werden. Der beste Beweis, daß die kaiserliche Armee in Ungarn noch gar nichts ausgerichtet hat, liegt darin, daß die gestrige Abendbeilage und sämmtliche heutige Standrechtsblätter kein Wort über Ungarn enthalten. Man würde unzweifelhaft renommiren, hätte man Vortheile errungen. Die Armee ist durch czechische Rekruten bedeutend verstärkt worden; man hat auch Wien sehr entblößt, und ich höre fortwährend behaupten, Windischgrätz habe die guten Bürger, aber vergebens, aufgefordert, die Waffen zu ergreifen, damit er über alles Militär disponiren könne. Mittlerweile wird an der Verschanzung des Lagerbergs und an der Befestigung der innern Stadt Tag und Nacht fortgearbeitet. Das gegen Ungarn entsendete Heer ist die letzte Kraft des veralteten Reichs; mit seiner Niederlage haben wir den Finanzbankrott und einen allseitigen Aufstand mit furchtbarer Rache. Die hochdramatische Bühne der osteuropäischen Bewegung wird in der nächsten Zukunft noch immer — Wien sein. Der in Ungnade gefallene Jellachich ist nach Fiume abgereist. Die Kroaten haben ihren Gott verloren, und das wird Folgen haben, die der ins Ministerium aufgenommene Minister Kulmer, der dort Ungarn repräsentiren soll, abzuwehren kaum im Stande sein wird. 24 Wien, 13. Dez. Es gibt keinen standrechtlichen Kunstgriff, der nicht angewandt worden wäre, um die noch fehlenden Waffen herauszulocken. Die Henkersknechte schaudern täglich und nächtlich bei dem Gedanken an die noch zurückgehaltenen Waffen. Wie dieser Höllenfurcht entrinnen? Der Schmiedegesell Horvath ist wegen Verheimlichung eines alten Karabinerr am 7. erschossen worden, erschossen zu einer ungewöhnlichen Tagesstunde, um recht viele Zuschauer Zeuge des Blutschauspielers sein zu lassen. Aber gleichwohl hält die bleiche Furcht zu Häupten der vom Blut ihrer Opfer gerötheten Henker Wacht. Es wird darum abermals Seitens der Stadt-Kommandantur mit Hinweisung auf Horvath's Schicksal unter heuchlerischen Phrasen der Milde zur Waffenablieferung aufgefordert. Die Proklamation schließt nämlich: „Indessen glaubt man zur Beruhigung der Einwohner Wiens ausdrücklich darauf hindeuten zu müssen: daß die Strenge des Gesetzes nur diejenigen trifft, welche die Waffen vorsätzlich verheimlichen, nicht aber auch Jene, die, obgleich der Termin zu ihrer Ablieferung schon lange verstrichen ist, — zur Besinnung kommen und ihre Waffen freiwillig abliefern. Diese können nach dem Sinne der erflossenen Proklamation einer Strafe nicht unterzogen werden. Zu dieser Erklärung sieht man sich um so mehr veranlaßt, als zu erwarten steht, daß sich in Folge dieser Mahnung vielleicht noch manche Personen, die bisher durch die Besorgniß einer Bestrafung abgehalten wurden — zur freiwilligen Abgabe der Waffen werden bestimmen lassen. Wien, 8. Dezember 1848.“ Von der ungarischen Gränze, 11. Decbr. Die Ereignisse in Ungarn verwirren sich immer mehr, statt einer friedlichen, und wenn dieses nicht, so doch einer endlichen Lösung entgegenzugehen. Während man bei uns zögerte, den Feldzug zu beginnen, soll Ungarn den letzten entscheidenden Schritt gethan haben. Nachrichten zufolge, die heute hier einliefen, „ist Kossuth als Ludwig IV. zum König von Ungarn proclamirt worden.“ So wunderbar die Sache im Anfange auch klingen mag, so wenig unnatürlich und noch weniger unerwartet darf sie uns kommen. (C. Bl. a. B.) 68 Kremsier, 10. Dezember. Seit der letzten Woche gewinnt jeder politisch Einsichtige täglich mehr und mehr die Ueberzeugung, daß unser neues Cabinet sich mit dem Gedanken einer Kammerauflösung trage. Wer irgend das Auftreten der Minister gegenüber dem Reichstage aufmerksam beobachtete, wer ferner die Antwort des jungen Kaisers an die Reichstagsdeputation sorgfältig erwog, dem konnte kein Zweifel bleiben über das, was man eigentlich beabsichtigte, nämlich, den Reichstag von einem konstituirenden souverainen wieder zu einem erbärmlichen ständischen Beirath oder zu einem sogenannten Postulaten-Landtag herabzuwürdigen. Noch klarer trat dieser freiheitsmörderische Plan des Ministeriums hervor, als der Finanzminister Kraus vom Reichstag die Bewilligung einer neuen Anleihe von 10 Millionen foderte. Nun betrug aber das Deficit des Büdgets für 1849, worin schon 35 Millionen für die Fortführung der Kriege in Ungarn und Italien, und 12 Millionen für Eisenbahnbauten veranschlagt sind, nur 50 Millionen. Indem man sich also 30 Millionen mehr borgen wollte, als man bedurfte, beabsichtigte man offenbar, sich für das nächste halbe Jahr so hinreichend mit Geld zu versehen, daß man von der Steuerbewilligung Seitens des Reichstag, die schon im Januar nachgesucht werden muß, unabhängig würde. Zu dieser Einsicht aber, welche selbst der Beschränkteste gewinnen konnte, waren bis vor Kurzem die Mitglieder der Mehrheit unseres Reichstags nicht gelangt. Die Rechte, dem Phantome der Suprematie des Slaventhums nachjagend — das Centrum befangen in der selbstgeschaffenen Illusion eines großen, einigen, wenn auch mit Blut zusammengekitteten Oesterreichs, fanden beide die Forderungen des Ministeriums ganz unverdächtig, weil beide vor Allem nach der Besiegung der Magyaren dürften und daher nicht anstehen, dem Cabinet alle Mittel für diesen Zweck zu geben So standen die Sachen noch vor wenig Tagen. Da kamen vorgestern die brandenburg-manteuffel'schen Ordonnanzen aus Berlin, und wie ein Blitz aus umnachtetem Himmel oft dem Wanderer den unvermutheten Abgrund enthüllt, in dem ein unvorsichtiger Schritt mehr ihn gestürzt hätte, so erkannten plötzlich die Mitglieder unserer Reichstagsmajorität, daß auch ihnen wohl ein ähnliches Loos, als der Berliner Constituante drohen könne. Daher beginnt seit vorgestern eine, wenn auch noch schüchterne Opposition selbst der Rechten und des Centrums gegen die übertriebenen Geldforderungen der Regierung. Andererseits aber ist auch unser Cabinet von edlem Wetteifer, dem Ministerium Brandenburg in Verletzung der Rechte der Volksvertretung nichts nachzugeben, angespornt, und hat heute einen schlagenden Beweis davon gegeben. Während nämlich der Finanzausschuß des Reichstags heute noch berieth, wie das vom Ministerium gefoderte Geld zu verweigern sei, kam der Finanzminister Kraus und erzählte, er treffe soeben von Wien ein, wo er mit der Bank eine Anleihe von 20 Millionen contrahirt habe. Zugleich sind für morgen auch Interpellationen über die abermalige standrechtliche Hinrichtung und über das Plakat des General Frank angekündigt, welches für aufrührische Reden den Wienern mit Standrecht droht. Diese brutale Militärdespotie ist für unser Ministerium mit seinen feingesponnenen Intriguen und Plänen ein böser Dorn im eigenen Fleisch. Diese rohe Faust der Soldateska zerschmettert unbarmherzig alle jene künstlich aufgebauten Kartenhäuser der ministeriellen Erklärungen, daß keine Militärdictatur bestehe, daß kein verfassungswidriger Einfluß geltend gemacht werde und das Kriegsrecht aufgehört habe. An Windischgrätzens Bajonetten bricht sich selbst die Macht der Minister, und mit der trübseligen Miene eines geschlagenen Schulbuben, äußerte Stadion gestern gegen einen Deputirten, daß ihn diese Wiener Geschichte arg compromittire Kremsier, 11. Decbr. Das alte System erhält, wie es scheint, nur eine neue Auflage. Materieller Wohlstand, Ruhe und Ordnung, das ist das Haupt- und Endziel des jetzigen Regiments, wie es scheint. Der Schein also spielt eine große Rolle. Vor wenigen Tagen erklärte das Ministerium: es herrsche keine Dictatur und das Standrecht habe in Wien aufgehört. Fast an demselben Tage dieser Ministeriellen Erklärung wurde in Wien ein Mann, Namens Horvath, standrechtlich erschossen durch Pulver und Blei. Ob der Mann es verdient hat oder nicht? ob das Gesetz recht gehandhabt wurde oder nicht? das sind nur Nebenfragen. Das Gesammtministerium wurde durch diese Erklärung compromittirt, als ein Diener des Fürsten Windischgrätz oder, was noch schlimmer ist, als eine Maschine, die weder zu befehlen hat noch berücksichtigt wird. Der Kaiser nicht, und das Ministerium nicht herrscht dermalen in Wien, sondern der Marschall. Nicht die kleinen Beweise sind vorzubringen, von denen jeder Inhaftirte und Inquirirte, die ganze Presse, der Beamtenstand und der mit Willkür dirigirte Gemeinderath ein Schock Histörchen erzählen kann, sondern vor dem Reichstage und vor dem Reiche ist die Regierung des Reichs compromittirt. Stündlich klarer wird es, daß man mit dem Säbel herschen will, und Schwarzenberg-Stadion sind entweder Diener oder Verbündete von Windischgrätz; dieser handhabt aber offenkundig das Standrecht und Krigsgericht, jene vergeben liberale Programme und Wien fabricirt dann Adressen. Die heutige Reichstagssitzung war wieder trocken und leer, indem die dritte Lesung der Geschäftsordnung fortgesetzt und bis §. 64. gebracht wurde. Die noch übrigen 30 Paragraphen werden hoffentlich in nächster Sitzung beendigt. Ein Intermezzo mag den Lesern zeigen, wie von gewisser Seite her die deutsche Frage betrachtet wird. Der Berichterstatter bevorwortete einen Paragraphen damit, daß er auch in Frankfurt angenommen sei. Der Czeche Trojan stimmte ebenfalls für den Paragraphen, setzte aber hinzu: daß die Berufung auf Frankfurt keinen Grund dafür abgebe. Die beiden Reichscommissare saßen als Gäste im Saale. Interessant war heute nur eine Interpellation von den Abgeordneten Dalmatiens, welche, da sie blos Italienisch sprechen, von einem der Secretaire deutsch verlesen wurde. Sie betrifft die Ernennung des Banus Jellachich zum Militair- und Civilgouverneur von Dalmatien und Fiume. Dalmatien gehörte früher zur Republik Venedig, dann zu Frankreich, und jetzt neuerdings zu Oesterreich. Es ist und war stets eine eigene Provinz, von einem eignen Gouverneur verwaltet. Der Banus Jellachich führe zugleich den Titel: Ban von Kraatien, Slawonien und Dalmatien, was aber blos ein Ehrentitel sei, so weit es Dalmatien betrifft, denn dies gehört nicht zur ungarischen Krone, sondern zum österreichischen Kaiserstaat und sei deshalb auch hier vertreten: Fiume hingegen gehört zu Ungarn. Die Stellung Dalmatiens, indem es die Seeküste inne hat, ist jetzt von besonderer Wichtigkeit wegen der Vorkommnisse in Italien. Die Abgeordneten Dalmatiens fragen daher: ob diese Ernennung keine Alteration in der Stellung und Verwaltung dieser Provinz bezwecke? Minister Stadion versprach in der nächsten Sitzung zu antworten. Sonst kam nichts von Belang vor. Der Finanzminister gab gestern dem Finanzcommité die gewünschten Auskünfte, und benachrichtigte zugleich, er habe neuerdings von der Bank 20 Mill. entlehnt, um die augenblicklichen Bedürfnisse zu decken. Heute wurde der Entwurf des Gemeindegesetzes vertheilt. (D. A. Z.) Kremsier, 11. Dezember. Ein großer Theil der heutigen Sitzung wird durch Formfragen und Berathung der Geschäftsordnung ausgefüllt. Erst gegen Ende der Sitzung erscheinen einige Minister und nach Interpellationen von lokalem Interesse an den Finanzminister, wird eine ursprünglich italienisch abgefaßte Interpellation aller dalmatinischen Abgeordneten an das Gesammtministerium verlesen, die dahin lautet: Es sei ihnen aus den öffentlichen Blättern bekannt geworden, daß der Ban Jelachich zum Civil- und Militärgouverneur von Dalmatien ernannt sei. So ehrenwerth auch diese Ernennung wäre, könnten sie sich doch damit nicht einverstanden erklären, indem Dalmatien immer eine getrennte Verwaltung gehabt hätte und diese auch durch seine eigenthümlichen Verhältnisse als Küsten- und Gränzprovinz bedingt wäre. Die Ansprüche Ungarns auf Dalmatien wären durch Dokumente genügend entkräftet (?); es gehörte zur österreichischen Krone und es wäre der erste Fall, daß ein Gouverneur die Provinzen der Krone verwalten sollte. Sie frügen daher, ob durch diese Ernennung die Stellung ihrer Provinz eine veränderte geworden? Das Ministerium wird diese Interpellation nach der von ihm angenommenen Sitte — oder vielmehr Unsitte — anderer konstitutionellen Staaten in der nächsten Sitzung beantworten, und wird so Gelegenheit haben, sich offen darüber auszusprechen, ob die pragmatische Sanktion, auf die es sich einst so sehr stüzte, nun durch die Zerstückelung der zur ungarischen Krone gehörigen Länder vernichtet werden soll. Indirekt ist übrigens diese Frage bereits durch die Ernennung des Kroaten Kulmer zum Minister ohne Portefeuille entschieden, und wenn Jellachtch zum Gouverneur von Dalmatien ernannt würde, sollte dadurch nicht Dalmatien mit der ungarischen Krone verbunden, sondern im Gegentheil Kroatien, das von Ungarn durch einen ähnlichen Gewaltstreich losgerissene Land, mit der österreichischen Krone vereinigt werden. — Die Finanzkommission hat ihre Berathungen in der Geldbewilligungsfrage noch nicht vollendet; die Majorität ist für Bewilligung eines Theiles der nachgesuchten Summe. Das Ministerium hat der Finanzkommission die Zusicherung gegeben, daß der junge Kaiser nichts von dem zurücknehmen werde, was Kaiser Ferdinand versprochen, — eine Phrase, deren Werthlosigkeit Jedermann kennt, die aber jetzt noch bedeutungsloser als je ist, da das Ministerium der Militärdictatur gegenüber ganz unselbstständig dasteht. Die von einigen Mitgliedern des Finanzausschusses wegen der bekannten Antwort des Kaisers an die Deputation des Reichstags — daß er die Versammlung prüfen und sanktioniren werde — geäußerten Besorgnisse, suchte der Finanzminister, in seinem Eifer, das Geld zu erlangen, dadurch zu beschwichtigen, daß er entschuldigend sagte: „dem jungen Kaiser sei dieses Wort in der Befangenheit entschlüpft (!)“ Prag, 12. Dez. Wie man hier allgemein hört, soll am 19. Dez. der Reichstag in Kremsier für die Feiertage prorogirt und auf den 17. Jan. nach Wien berufen werden. Man fürchtet aber, daß der Prorogation sehr leicht eine Auflösung folgen könnte. — Die Czechen sollen sich plötzlich in ihrer letzten Klubsitzung in Kremsier entschlossen haben, gegen das Ministerium Schwarzenberg in Opposition zu treten. Besonderer Grund hierzu soll das vom Ministerium vorgelegte Gemeindegesetz sein. Klattau, 9. Dez. Unter diesem Datum berichtet das „C. Bl. a. B.“ (ein von wüthendem Magyarenhaß erfülltes Journal) Folgendes: „9 Uhr Morgens. Schon öfter hatte man bei uns über Excesse zu klagen, welche sich die hier liegenden Palatinal-Husaren erlaubten. Das hiesige Kasernenleben behagte ihnen nicht, besonders im Vergleiche mit dem freien, üppigen Leben, daß sie während ihrer Cantonnirung bei den Bauern im Saazer Kreise geführt. Das mag mit ein Anlaß der vielen Excesse gewesen sein, die gestern Nachmittags gegen 3 Uhr durch eine schauderhafte Blutthat auf den Gipfel getrieben wurden. Einige betrunkene Magyaren mißhandelten eine Wirthin in der Wiener Vorstadt. Die Patrouille wurde herbeigerufen, aber statt die Trunkenbolde festzunehmen, ergriff sie ihre Partei, und schoß auf den Zuruf eines der Betrunkenen (wie es heißt, eines Kadetten): „schießt diese böhmischen Hunde nieder!“ unter's Volk, zog von da mit den Betrunkenen, etwa zwölf an der Zahl, auf den Ringplatz, spaltete, ohne irgend eine aufreizende Veranlassung, einem 70jährigen wehrlosen Bürger den Kopf, säbelte den arglos nach Hause zurückkehrenden städtischen Quartiermeister nieder, und erschlug einen dritten unbewaffneten 60jährigen Bürger mit Flintenkolben. Außerdem verwundete die Magyarenrotte noch beiläufig 6 Menschen. Mittlerweile erscholl — freilich spät genug — die Alarmtrommel der Nationalgarde, augenblicklich strömten Hunderte zusammen, und eröffneten einen Guerillaskrieg gegen die Husaren, die sich endlich, nachdem über 100 Schüsse von beiden Seiten gefallen waren, in die Kaserne zurückzogen. Abends um 7 Uhr kamen endlich auch die braven Nationalgarden von Schwihau, Bezdekau, Janowitz, Palju und Haufen von Bauern mit Sensen und Heugabeln bewaffnet. Das Volkswehraufgebot zählte nun über 1200 Mann, und hielt die Zugänge zur Kaserne scharf besetzt, keinen Husaren herauslassend, damit ja keiner der Mörder entwische. 9 Uhr Morgens. Eben sind von Pilsen zwei Kompagnien Infanterie, 350 Mann stark, einmarschirt, und wurden von den Garden mit donnerndem Slawaruf begrüßt. Die unter den Husaren (es ist die Majorsdivision) eingereihten Slowaken haben in der Nacht die Kaserne verlassen und bei den Bürgern ein Asyl suchen müssen. Nur lauter Magyaren blieben also in der Kaserne. Es wird nun zur Entwaffnung geschritten werden, welche, da die Husaren schon wieder vom Branntwein betrunken sind, wohl kaum ohne Blutvergießen ablaufen wird.“ Die Parteilichkeit des Berichts tritt so klar hervor, daß es kaum eines näheren Nachweises bedarf. * Leipzig, 16. Decbr. Mit Ausnahme hiesiger Stadt fallen die Wahlen für den nächsten Landtag fast überall im radikalen Sinne aus. * Aus Thüringen, Mitte Decbr. Zu den Weihnachtsfreuden der preußischen Reaction gehört die Verhaftung aller Personen, die irgend wie in Volksversammlungen, Klubs oder in Journalen als Sprecher und Feinde des Schwarzweißthums und der Kamarillawirthschaft aufgetreten sind, Man begnügt sich indeß nicht blos mit Verfolgung der Demokraten, sondern die Reaction geht auch bereits den konstitutionellen zu Leibe. So ist in Merseburg der Ober-Land-Gerichts-Rath Weimann, Mitglied des dortigen „konstitutionellen Klubs“, wegen politischer Vergehen zur Kriminaluntersuchung gezogen worden. Aus Kölleda und Umgegend werden noch täglich Gefangene nach Zeitz transportirt. Unter dem letzten Transport befanden sich auch 4 Schullehrer. * Posen, 11. Decbr. Der Commissär der Centralgewalt, General von Schäffer, ist auf seiner Demarkationsreise im Netz-District, bei Nackel, von 4 Männern angefallen und mißhandelt worden. Die Thäter hat man bis jetzt nicht ermitteln kännen. Rendsburg, 12. Dez. Rücksichtlich des vom Armee-Auditeur Cartheuser formulirten, von der Regierung kassirten Urtheils der Oberkriegskommission in Sachen der Pontoniere erfährt man jetzt, daß dasselbe, sich stützend auf die alten Kriegsartikel, das vorliegende Vergehen für Meuterei im Felde erklärt und die Decimirung, für die Uebrigen mehrjährige Zuchthausstrafe ausgesprochen hat Heute findet hier das Kriegsgericht gegen die Mitglieder des 7. Bataillons statt; 22 Unteroffiziere und 7 Musketiere desselben sind gestern Nachmittag hier eingetroffen, nachdem sie die Reise von Lütjenburg auf hier zu Fuß haben zurücklegen müssen. Die mitgetheilte Nachricht von der Abberufung der beurlaubten preuß. Offiziere hat mit den jüngsten Vorgängen nichts zu thun. Die desfällige Kabinetsordre ist, wie wir aus dem Munde eines gleichfalls zurückberufenen Offiziers ersehen, bereits vom 20. Nov. datirt (S. H. Z.) 68 Frankfurt, 15. Dezbr. Wie es heute allgemein heißt, sollen endlich Hr. Schmerling und der Unterstaatssekretär von Würth endlich ihre Entlassung eingegeben haben. Natürlich, jetzt wo Schmerling für die Pläne der Contrerevolution nicht mehr nöthig ist, kann ihm immerhin nach so vielen anstrengenden Arbeiten, bei denen er sich zu Gunsten seiner Freunde Windischgrätz, Metternich, Wessenberg etc. aufopferte, eine kleine Erholung vergönnt werden. Frankfurt, 14. Dezember. Unter dem hier eingerückten Frankfurter Stadtmilitär circulirt das Gerücht, dasselbe werde hier nicht lange bleiben, sondern wahrscheinlich bald zum Abmarsch nach Baiern beordert werden. — Man erzählt sich daß gestern Abend eine Spaltung der preußisch und österreichisch gesinnten Abgeordneten innerhalb der bis jetzt 130 Köpfe starken Casinopartei (rechte Seite) stattgefunden habe. Als ausgeschieden aus derselben nennt man unter Anderen Hrn. Somaruga. Die östreichisch Gesinnten sollen sich selbstständig zur Partei konstituiren und der Opposition nähern wollen. Es ist zu bemerken, daß Hr. Somaruga in der jüngsten Zeit häufiger links stimmte. Vielleicht würde der Wahlspruch der neuen Opposition: „Alles, nur nicht Preußen!“ heißen. — Wie wir hören, soll eine Weigerung der östreichischen Regierung, ihre Quote zu dem Budget zu zahlen, hier eingetroffen sein. — Schon wird über den Sitz der künftigen Reichsgewalt hin und her gesprochen. Es werden sehr verschiedene Orte in Vorschlag gebracht, etwa in der politischen Richtung von rechts nach links geordnet: Frankfurt a. M., Erfurt, Nürnberg, Leipzig, Berlin. Gegen Frankfurt sind sehr viele Abgeordnete, auch in außerpolitischer Hinsicht, eingenommen. (Rh.- u. M.-Ztg.) !!! Frankfurt, den 15. Decbr. Sitzung der National-Versammlung. Präsident von Gagern. Tagesordnung: Fortsetzung der 2ten Lesung der Grundrechte, Artikel VI. ff. Der Abgeordnete Gerstner (Böhmen!) zeigt seinen Austritt an. Es folgen einige Interpellationen, welche bei der Beantwortung nochmals erwähnt werden. U. a. frägt Zimmermann von Spandau, warum das Reichsministerium nicht die Anzahl und die Namen derjenigen Abgeordneten anzeigt, welche Reichs-Aemter übernommen haben, da nach Beschluß der Versammlung solche Abgeordnete sich einer Neuwahl zu unterwerfen haben? — Ein dringlicher Antrag mehrerer Mitglieder der Linken wegen der ohne Grund ausgeschriebenen badenschen Militär-Conscriptionen wird (comme à l'ordinaire) für nicht dringlich erkannt. Vicepräsident Beseler berichtet über eine große Anzahl Urlaubsgesuche, welche genehmigt werden. Der Reichsminister von Schmerling hatte heut mehrere Interpellationen zu beantworten. Dies geschieht nicht. Wie es scheint eine stillschweigende Annonce des bereits fast überall bekannten Sturzes dieses mit Metternich und der ganzen europäischen Contrerevolution innigst befreundeten Ministeriums. Man machinirt, intriguirt, geheimnißkrämert jetzt hier sehr viel in den Parteien der Versammlung in Sachen Oestreichs — des deutschen Kaisers — Preußens — und des künftigen Ministeriums. — Ich verschone Sie mit diesen diplomatischen, über das Heil der civilisirten Welt brütenden Hypothesen. — Um 11 Uhr geht man zur Tagesordnung. Beseler (aus Schleswig) präsidirt. Artikel VI. der Grundrechte. (Von der Schule.) Definitiv angenommen wurden folgende §. §. §. 22. Die Wissenschaft und ihre Lehre ist frei (unverändert). §. 23. Das Unterrichts- und Erziehungswesen steht unter der Oberaufsicht des Staats, und ist, abgesehen vom Religionsunterricht, der Beaufsichtigung der Geistlichkeit als solcher enthoben.

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 171. Köln, 17. Dezember 1848. Zweite Ausgabe, S. 0924. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz171ii_1848/2>, abgerufen am 29.03.2024.