Neue Rheinische Zeitung. Nr. 167. Köln, 13. Dezember 1848.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 167. Köln, Mittwoch, 13. Dezember. 1848.
Uebersicht Deutschland. Bonn. (Preußische Heldenthaten.) Berlin. (Aus dem Bericht der Finanzkommission -- Schluß.) Wien. (Neue Hinrichtung.) Kremsier. (Reichstagssitzung vom 6. Decbr.) Krasna. (Einfangung ungarischer Husaren.) Leobschütz. (Die desertirten ungarischen Husaren). Hohenasberg. (Urtheil gegen Soldaten des 8. Reg. -- Offiziersbrutalitäten.) Französische Republik. Paris. ("La Commune sociale" über das Manifest des demokratischen Kongresses zu Berlin. -- Lamoriciere's Maaßregeln gegen Offiziere der demokratisch-socialen Parthei. -- Ledru-Rollin und Raspail als Präsidentschaftskandidaten. -- Karrikaturen. -- Bewegung in Paris. -- Volkshaufen. -- Bedrohung der Garde mobile. -- Aufregung der Arbeiter in Lyon. -- Proklamation des dortigen Maire's. -- Depesche aus Gaeta. -- Abstimmung in Marseille. -- Verurtheilung der Rouener und Elbeufer Arbeiter.) Dänemark. Ein Bericht aus Island. America. Montevideo. (Die englische Vermittlung. -- Rofas.) Neueste Nachrichten. Köln. (Furcht vor den Franzosen.) Deutschland. 43 Bonn, 11. Dez. Gestern hatten die Demokraten des Kreises Rheinbach eine Volksversammlung in dem geräumigen Saale des Gastwirthes Habbig zu Miel zusammenberufen und die Bonner eingeladen, sie durch Redner zu beschicken. Große Gefahr für den Staat, größere vielleicht für den geliebten Bürgermeister! Unter dem im Monat Dezember ziemlich lächerlichen Vorwande, die Versammlung solle im Freien gehalten werden, sandte der Commandant von Bonn, Herr Oberst-Lieutenant von Götze, eine halbe Compagnie Siebenundzwanziger und eine halbe Schwadron Dragoner nach Miel, welche gleichzeitig mit den bonner Abgeordneten in die Feldflur des Dorfs, und bald auch ins Dorf selbst einrückten. Daselbst blieben sie die Nacht hindurch im Quartier und kehrten, im Hochgefühl einer niedergedrückten Revolution, heute früh 12 Uhr quasi re bene gesta hierher nach Bonn zurück. Wenn ein Dorf eine Volksversammlung hält, so bekommt es sogleich ungebetene Mitesser. Die Einquartierung revidirt im Namen des Königs die Speisekammer der Bauern, sie stärkt sich dadurch im Republikanerhaß und nährt am Kochheerd ihre feurige Liebe zum Königthum: agupe in cacabis fervet, sagt der alte grobe Kirchenvater Tertullian, der dafür auch nicht in dem Heiligenkalender Aufnahme gefunden hat. * Berlin, 10. Dezember. Die zukünftige deutsche Centralgewalt und das persönliche Verhältniß der preußischen Krone zu dem Repräsentanten dieser Centralgewalt bildet noch immer einen hervorragenden Gegenstand der Berathungen an unsern und an andern deutschen Höfen. Namentlich hängt die letzte Anwesenheit des Prinzen Karl von Baiern innig mit dieser Angelegenheit zusammen. Einmal nämlich steht es ziemlich fest, daß Baiern positiven Einspruch gegen die Verleihung der deutschen Kaiserkrone an das Haus Hohenzollern erhoben hat. Wem die halboffiziellen Artikel des Rürnberger Correspondenten über die baierische Opposition gegen Preußen noch nicht völlige Gewißheit gegeben haben, der kann dieselbe aus dem bissigen Artikel schöpfen, welchen heute Morgen das, mit Gagern in ziemlich engem Parteizusammenhang stehende Organ unseres rechten Centrums, die deutsche Reform, gegen das oben erwähnte baierische Blatt bringt. Andererseits wird uns aus sehr achtbarer Quelle berichtet, die Anwesenheit des Prinzen Karl von Baiern habe auch den Zweck gehabt, den preußischen Hof zu bewegen, daß er seine Einwilligung darin gebe, bei der nächstens unvermeidlich eintretenden Abdankung des Reichsverwesers Erzherzog Johann, den genannten baierischen Prinzen an dessen Stelle treten zu lassen. Preußischer Seits ist dies entschieden abgelehnt worden. Man verfolgt vielmehr von Seiten unseres Hofes den Plan, den Prinzen Karl von Preußen zum Reichsverweser proklamiren zu lassen, falls nicht die baierische Opposition gegen das preußisch-deutsche Kaiserthum vorher beseitigt werden kann. Aufmerksame Beobachter der hiesigen Vorgänge werden sich erinnern, daß der Major von Sommerfeld, welcher an der Spitze einer Abtheilung des 12. Infanterie-Regiments die Austreibung eines Theiles des Bureaus der Nationalversammlung aus dem Saal des Schützenhauses am 13. November zu leiten hatte, bald darauf erst zur Disposition gestellt ward und dann seinen Abschied erhielt. Wir erfahren jetzt folgende interessante Einzelnheiten über die Ursachen und den innern Zusammenhang dieser Maßregel. Bei der Expedition gegen das Schützenhaus war auch ein junger Sekonde-Lieutenant, von Wiedburg, verwandt worden. Dieser, ein entschiedener Demokrat, hatte seinen politischen Ueberzeugungen Gewalt angethan, so lange er in amtlicher Thätigkeit gestanden. Als er aber am Abend desselben Tages seine dienstlichen Pflichten erfüllt hatte, glaubte er auch seinen individuellen politischen Ueberzeugungen Genüge thun zu müssen. Er schrieb daher zwei Briefe; den einen an den Major von Sommerfeld, den andern an den Präsidenten der Nationalversammlung v. Unruh. In beiden setzte er auseinander, daß nach seiner Ueberzeugung die Nationalversammlung vollkommen im Recht sei, und diejenigen, die Gewalt gegen sie befehlen und anwendeten, nicht besser als Hochverräther. Er selbst habe nur mit größtem Bedauern seine Pflicht des passiven Gehorsams gegen die Befehle der Obern erfüllt. Unvorsichtigerweise ließ der junge Offizier beide Briefe von dem Bataillonsschreiber mundiren, und dieser letztere beging die Indiscretion, von dem Inhalt beider Briefe einem ihm befreundeten Lehrer an einer hiesigen Elementarschule Mittheilung zu machen. Dieser seinerseits beging die Schurkerei, Wrangel davon in Kunde zu setzen. Die natürliche Folge war, daß der Lieutenant von Wiedburg sofort aggregirt und nach Spandau geschickt wurde, wo in diesem Augenblick eine Untersuchung gegen ihn schwebt, da er beschuldigt ist, über die Operationspläne des General Wrangel, von denen er als Bataillonsadjutant Kunde hatte, an Klubpräsidenten verrathen(?) zu haben. Die Aggregation findet sich im amtlichen Militär-Wochenblatt Nr. 49 unter dem Datum des 16. Nov. Major von Sommerfeld aber verfiel den obenerwähnten Strafen, weil er den Brief seines Adjutanten nicht von selbst den höheren Militärbehörden denuncirt hat. Arnold Ruge ist gestern wieder hier angekommen und hat bereits bei General Wrangel durch seinen Rechtsanwalt die nöthigen Schritte thun lassen, um das Wiedererscheinen der Reform möglich zu machen. * Berlin. Aus dem Bericht der Finanzkommission. (Schluß). Spezial-Rechnung VI. Dispositions-Fonds. 1) Landrath Graf von Keller in Erfurt hat zur Erziehung seiner drei Kinder jährlich 300 Thlr. erhalten. Die ganze Ausgabe beträgt 448,617 Thlr. 20 Sgr. Spezial-Rechnung VII. Hauptextraordinarium. 1) Aus diesem Fonds sind die Reisekosten, für die im Gefolge des Königs Majestät sich befundenen Mitglieder des geheimen Civil- und Militair-Cabinets, desgleichen die Diäten, einiger Beamten, als z. B. die des General-Lieutenant von Neumann, während des Aufenthalts in Potsdam etc. gezahlt. Unter den Ausgaben dieses Etats befinden sich: 1) Zur Ausführung der Sculpturen an den größern Kunstbauten in Berlin sind verausgabt 110,000 Thlr. [Fortsetzung] Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Zweite Abtheilung. Vorspiel an die Leser. Als der Verfasser des Lebens und der Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski die ersten Arabesken seiner wundervollen, affen- und ebentheuerlichen Geschichte schrieb, da fiel es ihm im Traume nicht ein, daß zur Belohnung für all' die herrlichen Erzeugnisse seines unsterblichen Geistes, einst ein Gerichtsvollzieher bei ihm erscheinen werde, um ihn mit würdiger Miene, aber in sehr nachdrücklichem Tone vor den Herrn Instruktions-Richter des Königlich-Preußischen Landgerichtes in Köln zu citiren. Der Verfasser des Schnapphahnski hielt sich bisher für einen der unschuldigsten Menschen unsres verderbten Jahrhunderts. Er hatte sich oft darüber geärgert -- denn nichts ist langweiliger und uninteressanter als die Unschuld. Als er aber den Gerichtsvollzieher sah und den Erscheinungsbefehl, in dem es klar und deutlich zu lesen war, daß er sich binnen zwei Tagen in dem Verhörzimmer des Richters melden solle, widrigenfalls nach der ganzen Strenge der Gesetze gegen ihn verfahren werde -- kurz, als er sich davon überzeugte, daß man ihn für nichts mehr und nichts weniger als einen -- Verbrecher halte: Da sprang er empor mit dem Schrei des Entzückens, mit dem Jubel der Freude, ob der endlich verlorenen Unschuld -- er warf den Sessel um, und den Tisch und Alles was darauf stand, und wäre fast dem Gerichtsvollzieher um den Hals gefallen, um ihn zu herzen und zu küssen, und ein über das andere Mal frohlockte er: ich bin ein Verbrecher! ein Verbrecher! Verbrecher! Die Freude des Verfassers hat sich seitdem in etwa gelegt. Er erschien nemlich wirklich vor Gericht und es wurde ihm plötzlich sehr seltsam zu Muthe. Das heilige Gerichtsgebäude der fröhlichen Stadt Köln machte trotz alle dem einen unangenehmen Eindruck auf ihn. Mit den zwei nach vorn gekrümmten Seitenflügeln, schien es ihn, wie mit zwei abscheulichen Armen ergreifen und nicht wieder loslassen zu wollen. Und als nun gar rechts einige Erzengel der Gerechtigkeit mit langen Schleppsäbeln und großen häßlichen Schnurrbärten aufmarschirten und links Advokaten, Instruktionsrichter und Landgerichtsräthe -- alles Leute, die am Abend, im Wirthshause, bei einer Flasche Wien ganz manierlich aussehen -- in langen, wallenden Talaren, mit weißen Beffchen und altmodischen, höchst schauerlichen Mützen vorbeispazierten: da regte sich mit einem Male eine gewisse Stimme in der Seele des Angeklagten und sprach: "Wehe dir, wenn du etwas Böses gethan hast; mit der heiligen Themis ist nicht zu spassen!" Doch was soll ich meinen Lesern die Gemüthsbewegungen des unglücklich-glücklichen Verfassers noch weiter schildern --? Was geht meine Leser der Verfasser an? -- -- wenden wir uns daher zu dem Prozesse selbst. Die Anklage lautet auf Verläumdung. Cervantes verläumdete den Don Quixote, Louvet verläumdete den Chevalier Faublas, ich soll den Ritter Schnapphahnski verläumdet haben. Das ist schrecklich! Hat man den Cervantes gehängt? Nein. Hat man den Louvet guillotinirt? Nein. Wird man mich köpfen? Wer weiß es? Es wäre schade um mich. Es giebt nichts schlimmeres auf Erden, als wenn man den Kopf verliert. Einstweilen besitze ich ihn noch und hin und her habe ich mich besonnen, ob es wohl schon je so etwas gegeben hat, was dem Prozesse Schnapphahnski ähnlich sah. Die heilige Justiz möge mir verzeihen, wenn ich ihr unrecht thue -- ich konnte noch nichts finden. Und nähmt ihr die Flügel der Morgenröthe und flögt bis zum äußersten Meere: ihr fändet noch keinen zweiten Prozeß Schnapphahnski. Das Einzige, was ihm entfernt ähnlich sieht, finden wir aufgezeichnet in dem 11ten und 12ten Kapitel des 2ten Buches der "Erschrecklichen Heldenthaten und Ebentheuer Pantagrueli, der Dipsoden König, in sein ursprünglich Naturell wiederhergestellt durch Meister Alcofribas, der Quintessenz Abstraktor." Ich brauche meinen Lesern nicht zu bemerken, daß dieser Alcofribas, niemand anders ist als: Meister Franz Rabelais, der Arzenei Doktoren. Meister Franz schildert uns in dem erwähnten Kapitel seines unübertrefflichen Werkes, für das er ebenfalls weder gehängt, guillotinirt, noch geköpft wurde: den Prozeß Leckebock-Saugefist. Um meinen Lesern einen Vorschmack von dem möglicherweise zum wirklichen Ausbruch kommenden Prozeß Schnapphahnski zu geben, führe ich das Plädoyer jenes merkwürdigen Falles wörtlich an: "Da sprach Pantagruel zu ihnen: Seid ihr es, die ihr den großen Streit mit einander habt? -- Ja, gnädiger Herr -- antworteten sie. -- Und welcher von Euch ist der Kläger. -- Ich bin's, sprach Herr von Leckebock. -- Nun, mein Freund so erzählet uns also Punkt für Punkt euren Handel rein nach der Wahrheit: denn bei dem hohen Sakrament! wo ihr auch nur ein Wort dran lügt, hol' ich den Kopf euch von den Schultern, und will euch weisen, daß man in Rechten und vor Gericht nur die lautere Wahrheit sagen soll. Darum hütet euch also wohl, eurer Sache etwas zuzusetzen oder davonzuthun! Saget an. Da begann denn Leckebock wie folgt: Gnädigster Herr, es ist wohl wahr daß eine brave Frau meines Hofes Eier zu Markte trug -- bedeckt euch, Leckebock, sprach Pantagruel. -- Großen Dank, Herr, sagt der Junker: doch weiter im Text: zwischen den beiden Wendezirkeln kam sie sechs Kreuzer zenithwärts und einen Stüber, in Betracht daß die Riphäischen Berg dies Jahr sehr unfruchtbar an Gimpelschwänzen gewesen waren, mittelst eines Aufruhrs, der sich zwischen den Kauderwelschen und den Accusirnern Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 167. Köln, Mittwoch, 13. Dezember. 1848.
Uebersicht Deutschland. Bonn. (Preußische Heldenthaten.) Berlin. (Aus dem Bericht der Finanzkommission — Schluß.) Wien. (Neue Hinrichtung.) Kremsier. (Reichstagssitzung vom 6. Decbr.) Krasna. (Einfangung ungarischer Husaren.) Leobschütz. (Die desertirten ungarischen Husaren). Hohenasberg. (Urtheil gegen Soldaten des 8. Reg. — Offiziersbrutalitäten.) Französische Republik. Paris. („La Commune sociale“ über das Manifest des demokratischen Kongresses zu Berlin. — Lamoricière's Maaßregeln gegen Offiziere der demokratisch-socialen Parthei. — Ledru-Rollin und Raspail als Präsidentschaftskandidaten. — Karrikaturen. — Bewegung in Paris. — Volkshaufen. — Bedrohung der Garde mobile. — Aufregung der Arbeiter in Lyon. — Proklamation des dortigen Maire's. — Depesche aus Gaeta. — Abstimmung in Marseille. — Verurtheilung der Rouener und Elbeufer Arbeiter.) Dänemark. Ein Bericht aus Island. America. Montevideo. (Die englische Vermittlung. — Rofas.) Neueste Nachrichten. Köln. (Furcht vor den Franzosen.) Deutschland. 43 Bonn, 11. Dez. Gestern hatten die Demokraten des Kreises Rheinbach eine Volksversammlung in dem geräumigen Saale des Gastwirthes Habbig zu Miel zusammenberufen und die Bonner eingeladen, sie durch Redner zu beschicken. Große Gefahr für den Staat, größere vielleicht für den geliebten Bürgermeister! Unter dem im Monat Dezember ziemlich lächerlichen Vorwande, die Versammlung solle im Freien gehalten werden, sandte der Commandant von Bonn, Herr Oberst-Lieutenant von Götze, eine halbe Compagnie Siebenundzwanziger und eine halbe Schwadron Dragoner nach Miel, welche gleichzeitig mit den bonner Abgeordneten in die Feldflur des Dorfs, und bald auch ins Dorf selbst einrückten. Daselbst blieben sie die Nacht hindurch im Quartier und kehrten, im Hochgefühl einer niedergedrückten Revolution, heute früh 12 Uhr quasi re bene gesta hierher nach Bonn zurück. Wenn ein Dorf eine Volksversammlung hält, so bekommt es sogleich ungebetene Mitesser. Die Einquartierung revidirt im Namen des Königs die Speisekammer der Bauern, sie stärkt sich dadurch im Republikanerhaß und nährt am Kochheerd ihre feurige Liebe zum Königthum: agupe in cacabis fervet, sagt der alte grobe Kirchenvater Tertullian, der dafür auch nicht in dem Heiligenkalender Aufnahme gefunden hat. * Berlin, 10. Dezember. Die zukünftige deutsche Centralgewalt und das persönliche Verhältniß der preußischen Krone zu dem Repräsentanten dieser Centralgewalt bildet noch immer einen hervorragenden Gegenstand der Berathungen an unsern und an andern deutschen Höfen. Namentlich hängt die letzte Anwesenheit des Prinzen Karl von Baiern innig mit dieser Angelegenheit zusammen. Einmal nämlich steht es ziemlich fest, daß Baiern positiven Einspruch gegen die Verleihung der deutschen Kaiserkrone an das Haus Hohenzollern erhoben hat. Wem die halboffiziellen Artikel des Rürnberger Correspondenten über die baierische Opposition gegen Preußen noch nicht völlige Gewißheit gegeben haben, der kann dieselbe aus dem bissigen Artikel schöpfen, welchen heute Morgen das, mit Gagern in ziemlich engem Parteizusammenhang stehende Organ unseres rechten Centrums, die deutsche Reform, gegen das oben erwähnte baierische Blatt bringt. Andererseits wird uns aus sehr achtbarer Quelle berichtet, die Anwesenheit des Prinzen Karl von Baiern habe auch den Zweck gehabt, den preußischen Hof zu bewegen, daß er seine Einwilligung darin gebe, bei der nächstens unvermeidlich eintretenden Abdankung des Reichsverwesers Erzherzog Johann, den genannten baierischen Prinzen an dessen Stelle treten zu lassen. Preußischer Seits ist dies entschieden abgelehnt worden. Man verfolgt vielmehr von Seiten unseres Hofes den Plan, den Prinzen Karl von Preußen zum Reichsverweser proklamiren zu lassen, falls nicht die baierische Opposition gegen das preußisch-deutsche Kaiserthum vorher beseitigt werden kann. Aufmerksame Beobachter der hiesigen Vorgänge werden sich erinnern, daß der Major von Sommerfeld, welcher an der Spitze einer Abtheilung des 12. Infanterie-Regiments die Austreibung eines Theiles des Bureaus der Nationalversammlung aus dem Saal des Schützenhauses am 13. November zu leiten hatte, bald darauf erst zur Disposition gestellt ward und dann seinen Abschied erhielt. Wir erfahren jetzt folgende interessante Einzelnheiten über die Ursachen und den innern Zusammenhang dieser Maßregel. Bei der Expedition gegen das Schützenhaus war auch ein junger Sekonde-Lieutenant, von Wiedburg, verwandt worden. Dieser, ein entschiedener Demokrat, hatte seinen politischen Ueberzeugungen Gewalt angethan, so lange er in amtlicher Thätigkeit gestanden. Als er aber am Abend desselben Tages seine dienstlichen Pflichten erfüllt hatte, glaubte er auch seinen individuellen politischen Ueberzeugungen Genüge thun zu müssen. Er schrieb daher zwei Briefe; den einen an den Major von Sommerfeld, den andern an den Präsidenten der Nationalversammlung v. Unruh. In beiden setzte er auseinander, daß nach seiner Ueberzeugung die Nationalversammlung vollkommen im Recht sei, und diejenigen, die Gewalt gegen sie befehlen und anwendeten, nicht besser als Hochverräther. Er selbst habe nur mit größtem Bedauern seine Pflicht des passiven Gehorsams gegen die Befehle der Obern erfüllt. Unvorsichtigerweise ließ der junge Offizier beide Briefe von dem Bataillonsschreiber mundiren, und dieser letztere beging die Indiscretion, von dem Inhalt beider Briefe einem ihm befreundeten Lehrer an einer hiesigen Elementarschule Mittheilung zu machen. Dieser seinerseits beging die Schurkerei, Wrangel davon in Kunde zu setzen. Die natürliche Folge war, daß der Lieutenant von Wiedburg sofort aggregirt und nach Spandau geschickt wurde, wo in diesem Augenblick eine Untersuchung gegen ihn schwebt, da er beschuldigt ist, über die Operationspläne des General Wrangel, von denen er als Bataillonsadjutant Kunde hatte, an Klubpräsidenten verrathen(?) zu haben. Die Aggregation findet sich im amtlichen Militär-Wochenblatt Nr. 49 unter dem Datum des 16. Nov. Major von Sommerfeld aber verfiel den obenerwähnten Strafen, weil er den Brief seines Adjutanten nicht von selbst den höheren Militärbehörden denuncirt hat. Arnold Ruge ist gestern wieder hier angekommen und hat bereits bei General Wrangel durch seinen Rechtsanwalt die nöthigen Schritte thun lassen, um das Wiedererscheinen der Reform möglich zu machen. * Berlin. Aus dem Bericht der Finanzkommission. (Schluß). Spezial-Rechnung VI. Dispositions-Fonds. 1) Landrath Graf von Keller in Erfurt hat zur Erziehung seiner drei Kinder jährlich 300 Thlr. erhalten. Die ganze Ausgabe beträgt 448,617 Thlr. 20 Sgr. Spezial-Rechnung VII. Hauptextraordinarium. 1) Aus diesem Fonds sind die Reisekosten, für die im Gefolge des Königs Majestät sich befundenen Mitglieder des geheimen Civil- und Militair-Cabinets, desgleichen die Diäten, einiger Beamten, als z. B. die des General-Lieutenant von Neumann, während des Aufenthalts in Potsdam etc. gezahlt. Unter den Ausgaben dieses Etats befinden sich: 1) Zur Ausführung der Sculpturen an den größern Kunstbauten in Berlin sind verausgabt 110,000 Thlr. [Fortsetzung] Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Zweite Abtheilung. Vorspiel an die Leser. Als der Verfasser des Lebens und der Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski die ersten Arabesken seiner wundervollen, affen- und ebentheuerlichen Geschichte schrieb, da fiel es ihm im Traume nicht ein, daß zur Belohnung für all' die herrlichen Erzeugnisse seines unsterblichen Geistes, einst ein Gerichtsvollzieher bei ihm erscheinen werde, um ihn mit würdiger Miene, aber in sehr nachdrücklichem Tone vor den Herrn Instruktions-Richter des Königlich-Preußischen Landgerichtes in Köln zu citiren. Der Verfasser des Schnapphahnski hielt sich bisher für einen der unschuldigsten Menschen unsres verderbten Jahrhunderts. Er hatte sich oft darüber geärgert — denn nichts ist langweiliger und uninteressanter als die Unschuld. Als er aber den Gerichtsvollzieher sah und den Erscheinungsbefehl, in dem es klar und deutlich zu lesen war, daß er sich binnen zwei Tagen in dem Verhörzimmer des Richters melden solle, widrigenfalls nach der ganzen Strenge der Gesetze gegen ihn verfahren werde — kurz, als er sich davon überzeugte, daß man ihn für nichts mehr und nichts weniger als einen — Verbrecher halte: Da sprang er empor mit dem Schrei des Entzückens, mit dem Jubel der Freude, ob der endlich verlorenen Unschuld — er warf den Sessel um, und den Tisch und Alles was darauf stand, und wäre fast dem Gerichtsvollzieher um den Hals gefallen, um ihn zu herzen und zu küssen, und ein über das andere Mal frohlockte er: ich bin ein Verbrecher! ein Verbrecher! Verbrecher! Die Freude des Verfassers hat sich seitdem in etwa gelegt. Er erschien nemlich wirklich vor Gericht und es wurde ihm plötzlich sehr seltsam zu Muthe. Das heilige Gerichtsgebäude der fröhlichen Stadt Köln machte trotz alle dem einen unangenehmen Eindruck auf ihn. Mit den zwei nach vorn gekrümmten Seitenflügeln, schien es ihn, wie mit zwei abscheulichen Armen ergreifen und nicht wieder loslassen zu wollen. Und als nun gar rechts einige Erzengel der Gerechtigkeit mit langen Schleppsäbeln und großen häßlichen Schnurrbärten aufmarschirten und links Advokaten, Instruktionsrichter und Landgerichtsräthe — alles Leute, die am Abend, im Wirthshause, bei einer Flasche Wien ganz manierlich aussehen — in langen, wallenden Talaren, mit weißen Beffchen und altmodischen, höchst schauerlichen Mützen vorbeispazierten: da regte sich mit einem Male eine gewisse Stimme in der Seele des Angeklagten und sprach: „Wehe dir, wenn du etwas Böses gethan hast; mit der heiligen Themis ist nicht zu spassen!“ Doch was soll ich meinen Lesern die Gemüthsbewegungen des unglücklich-glücklichen Verfassers noch weiter schildern —? Was geht meine Leser der Verfasser an? — — wenden wir uns daher zu dem Prozesse selbst. Die Anklage lautet auf Verläumdung. Cervantes verläumdete den Don Quixote, Louvet verläumdete den Chevalier Faublas, ich soll den Ritter Schnapphahnski verläumdet haben. Das ist schrecklich! Hat man den Cervantes gehängt? Nein. Hat man den Louvet guillotinirt? Nein. Wird man mich köpfen? Wer weiß es? Es wäre schade um mich. Es giebt nichts schlimmeres auf Erden, als wenn man den Kopf verliert. Einstweilen besitze ich ihn noch und hin und her habe ich mich besonnen, ob es wohl schon je so etwas gegeben hat, was dem Prozesse Schnapphahnski ähnlich sah. Die heilige Justiz möge mir verzeihen, wenn ich ihr unrecht thue — ich konnte noch nichts finden. Und nähmt ihr die Flügel der Morgenröthe und flögt bis zum äußersten Meere: ihr fändet noch keinen zweiten Prozeß Schnapphahnski. Das Einzige, was ihm entfernt ähnlich sieht, finden wir aufgezeichnet in dem 11ten und 12ten Kapitel des 2ten Buches der „Erschrecklichen Heldenthaten und Ebentheuer Pantagrueli, der Dipsoden König, in sein ursprünglich Naturell wiederhergestellt durch Meister Alcofribas, der Quintessenz Abstraktor.“ Ich brauche meinen Lesern nicht zu bemerken, daß dieser Alcofribas, niemand anders ist als: Meister Franz Rabelais, der Arzenei Doktoren. Meister Franz schildert uns in dem erwähnten Kapitel seines unübertrefflichen Werkes, für das er ebenfalls weder gehängt, guillotinirt, noch geköpft wurde: den Prozeß Leckebock-Saugefist. Um meinen Lesern einen Vorschmack von dem möglicherweise zum wirklichen Ausbruch kommenden Prozeß Schnapphahnski zu geben, führe ich das Plädoyer jenes merkwürdigen Falles wörtlich an: „Da sprach Pantagruel zu ihnen: Seid ihr es, die ihr den großen Streit mit einander habt? — Ja, gnädiger Herr — antworteten sie. — Und welcher von Euch ist der Kläger. — Ich bin's, sprach Herr von Leckebock. — Nun, mein Freund so erzählet uns also Punkt für Punkt euren Handel rein nach der Wahrheit: denn bei dem hohen Sakrament! wo ihr auch nur ein Wort dran lügt, hol' ich den Kopf euch von den Schultern, und will euch weisen, daß man in Rechten und vor Gericht nur die lautere Wahrheit sagen soll. Darum hütet euch also wohl, eurer Sache etwas zuzusetzen oder davonzuthun! Saget an. Da begann denn Leckebock wie folgt: Gnädigster Herr, es ist wohl wahr daß eine brave Frau meines Hofes Eier zu Markte trug — bedeckt euch, Leckebock, sprach Pantagruel. — Großen Dank, Herr, sagt der Junker: doch weiter im Text: zwischen den beiden Wendezirkeln kam sie sechs Kreuzer zenithwärts und einen Stüber, in Betracht daß die Riphäischen Berg dies Jahr sehr unfruchtbar an Gimpelschwänzen gewesen waren, mittelst eines Aufruhrs, der sich zwischen den Kauderwelschen und den Accusirnern <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0895"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 167. Köln, Mittwoch, 13. Dezember. 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div> <epigraph> <p> <hi rendition="#b">Keine Steuern mehr!!!</hi> </p> </epigraph> </div> <div n="1"> <head>Uebersicht</head> <p><hi rendition="#g">Deutschland</hi>. Bonn. (Preußische Heldenthaten.) Berlin. (Aus dem Bericht der Finanzkommission — Schluß.) Wien. (Neue Hinrichtung.) Kremsier. (Reichstagssitzung vom 6. Decbr.) Krasna. (Einfangung ungarischer Husaren.) Leobschütz. (Die desertirten ungarischen Husaren). Hohenasberg. (Urtheil gegen Soldaten des 8. Reg. — Offiziersbrutalitäten.)</p> <p><hi rendition="#g">Französische Republik</hi>. Paris. („La Commune sociale“ über das Manifest des demokratischen Kongresses zu Berlin. — Lamoricière's Maaßregeln gegen Offiziere der demokratisch-socialen Parthei. — Ledru-Rollin und Raspail als Präsidentschaftskandidaten. — Karrikaturen. — Bewegung in Paris. — Volkshaufen. — Bedrohung der Garde mobile. — Aufregung der Arbeiter in Lyon. — Proklamation des dortigen Maire's. — Depesche aus Gaeta. — Abstimmung in Marseille. — Verurtheilung der Rouener und Elbeufer Arbeiter.)</p> <p><hi rendition="#g">Dänemark</hi>. Ein Bericht aus Island.</p> <p><hi rendition="#g">America</hi>. Montevideo. 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Daselbst blieben sie die Nacht hindurch im Quartier und kehrten, im Hochgefühl einer niedergedrückten Revolution, heute früh 12 Uhr quasi re bene gesta hierher nach Bonn zurück.</p> <p>Wenn ein Dorf eine Volksversammlung hält, so bekommt es sogleich ungebetene Mitesser. Die Einquartierung revidirt im Namen des Königs die Speisekammer der Bauern, sie stärkt sich dadurch im Republikanerhaß und nährt am Kochheerd ihre feurige Liebe zum Königthum: agupe in cacabis fervet, sagt der alte grobe Kirchenvater Tertullian, der dafür auch nicht in dem Heiligenkalender Aufnahme gefunden hat.</p> </div> <div xml:id="ar167_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 10. Dezember.</head> <p>Die zukünftige deutsche Centralgewalt und das <hi rendition="#g">persönliche</hi> Verhältniß der preußischen Krone zu dem Repräsentanten dieser Centralgewalt bildet noch immer einen hervorragenden Gegenstand der Berathungen an unsern und an andern deutschen Höfen. Namentlich hängt die letzte Anwesenheit des Prinzen Karl von Baiern innig mit dieser Angelegenheit zusammen. Einmal nämlich steht es ziemlich fest, daß Baiern positiven Einspruch gegen die Verleihung der deutschen Kaiserkrone an das Haus Hohenzollern erhoben hat. Wem die halboffiziellen Artikel des Rürnberger Correspondenten über die baierische Opposition gegen Preußen noch nicht völlige Gewißheit gegeben haben, der kann dieselbe aus dem bissigen Artikel schöpfen, welchen heute Morgen das, mit Gagern in ziemlich engem Parteizusammenhang stehende Organ unseres rechten Centrums, die <hi rendition="#g">deutsche Reform</hi>, gegen das oben erwähnte baierische Blatt bringt. Andererseits wird uns aus sehr achtbarer Quelle berichtet, die Anwesenheit des Prinzen Karl von Baiern habe auch den Zweck gehabt, den preußischen Hof zu bewegen, daß er seine Einwilligung darin gebe, bei der nächstens unvermeidlich eintretenden Abdankung des Reichsverwesers Erzherzog Johann, den genannten baierischen Prinzen an dessen Stelle treten zu lassen. Preußischer Seits ist dies entschieden abgelehnt worden. Man verfolgt vielmehr von Seiten unseres Hofes den Plan, den Prinzen Karl von Preußen zum Reichsverweser proklamiren zu lassen, falls nicht die baierische Opposition gegen das preußisch-deutsche Kaiserthum vorher beseitigt werden kann.</p> <p>Aufmerksame Beobachter der hiesigen Vorgänge werden sich erinnern, daß der Major von Sommerfeld, welcher an der Spitze einer Abtheilung des 12. Infanterie-Regiments die Austreibung eines Theiles des Bureaus der Nationalversammlung aus dem Saal des Schützenhauses am 13. November zu leiten hatte, bald darauf erst zur Disposition gestellt ward und dann seinen Abschied erhielt. Wir erfahren jetzt folgende interessante Einzelnheiten über die Ursachen und den innern Zusammenhang dieser Maßregel. Bei der Expedition gegen das Schützenhaus war auch ein junger Sekonde-Lieutenant, von Wiedburg, verwandt worden. Dieser, ein entschiedener Demokrat, hatte seinen politischen Ueberzeugungen Gewalt angethan, so lange er in amtlicher Thätigkeit gestanden. Als er aber am Abend desselben Tages seine dienstlichen Pflichten erfüllt hatte, glaubte er auch seinen individuellen politischen Ueberzeugungen Genüge thun zu müssen. Er schrieb daher zwei Briefe; den einen an den Major von Sommerfeld, den andern an den Präsidenten der Nationalversammlung v. <hi rendition="#g">Unruh</hi>. In beiden setzte er auseinander, daß nach seiner Ueberzeugung die Nationalversammlung vollkommen im Recht sei, und diejenigen, die Gewalt gegen sie befehlen und anwendeten, nicht besser als Hochverräther. Er selbst habe nur mit größtem Bedauern seine Pflicht des passiven Gehorsams gegen die Befehle der Obern erfüllt. Unvorsichtigerweise ließ der junge Offizier beide Briefe von dem Bataillonsschreiber mundiren, und dieser letztere beging die Indiscretion, von dem Inhalt beider Briefe einem ihm befreundeten Lehrer an einer hiesigen Elementarschule Mittheilung zu machen. Dieser seinerseits beging die Schurkerei, Wrangel davon in Kunde zu setzen. Die natürliche Folge war, daß der Lieutenant von Wiedburg sofort aggregirt und nach Spandau geschickt wurde, wo in diesem Augenblick eine Untersuchung gegen ihn schwebt, da er beschuldigt ist, über die Operationspläne des General Wrangel, von denen er als Bataillonsadjutant Kunde hatte, an Klubpräsidenten <hi rendition="#g">verrathen</hi>(?) zu haben. Die Aggregation findet sich im amtlichen Militär-Wochenblatt Nr. 49 unter dem Datum des 16. Nov. Major von Sommerfeld aber verfiel den obenerwähnten Strafen, weil er den Brief seines Adjutanten nicht von selbst den höheren Militärbehörden denuncirt hat.</p> <p>Arnold <hi rendition="#g">Ruge</hi> ist gestern wieder hier angekommen und hat bereits bei General Wrangel durch seinen Rechtsanwalt die nöthigen Schritte thun lassen, um das Wiedererscheinen der <hi rendition="#g">Reform</hi> möglich zu machen.</p> </div> <div xml:id="ar167_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin.</head> <p>Aus dem Bericht der Finanzkommission.</p> <p> <ref type="link">(Schluß).</ref> </p> <p>Spezial-Rechnung VI. Dispositions-Fonds.</p> <p rendition="#et">1) Landrath Graf von Keller in Erfurt hat zur Erziehung seiner drei Kinder jährlich 300 Thlr. erhalten.<lb/> 2) v. Lengefeld, Oberst a. D. in Anclam, für zwei Söhne bis zum 20. Lebensjahr jährlich 200 Thlr.<lb/> 3) Geheimer Justiz-Rath v. d. Hölle in Gr. Glogau, Erziehungsgeld für drei Söhne jährlich 300 Thlr.<lb/> 4) Für zwei Söhne des verstorbenen Grafen von Schwerin, Erziehungsgeld jährlich 500 Thlr.<lb/> 5) Lieutnant von Schlickfuß in Görlitz bis zu seiner Beförderung zum Hauptmann. jährlich 300 Thlr. etc.</p> <p>Die ganze Ausgabe beträgt 448,617 Thlr. 20 Sgr.</p> <p>Spezial-Rechnung VII. Hauptextraordinarium.</p> <p rendition="#et">1) Aus diesem Fonds sind die Reisekosten, für die im Gefolge des Königs Majestät sich befundenen Mitglieder des geheimen Civil- und Militair-Cabinets, desgleichen die Diäten, einiger Beamten, als z. B. die des General-Lieutenant von Neumann, während des Aufenthalts in Potsdam etc. gezahlt.<lb/> Im ganzen sind unter dieser<lb/> Benennung verausgabt 15,847 Thl 28 Sgr. 1 Pfg.<lb/> 4) Auf die Verwaltung der Domainen und Forsten sind außerordentlich verausgabt 43,494 Thl. 25 Sgr. 1 Pfg. und darunter an den Geheimen-Ober-Finanz-Rath Senfft von Pilsach, welcher einen fixirten Gehalt von 4000 Thlr. hat:<lb/> a. Reisekosten in Melioriationsangelegenheiten 3,488 Thlr. 3 Sgr. 8 Pf.<lb/> b. Büreaukosten 1,940 Thlr. 0 Sgr. 0 Pf.<lb/> 5,428 Thl. 3 Sgr. 8 Pfg.<lb/> 9) Kommandirende General Graf zu Dohna in Königsberg, Beihilfe, jährlich 2,000 Thlr.<lb/> N. B. Verausgabt unter Titel: Geschenke und Unterstützungen.<lb/> 10) Hoffmaur, wirklicher geheimer Ober-Regierungsrath a. D., Beihilfe als Zuschuß zu seiner Pension, jährlich 728 Thlr. 10 Sgr.<lb/> 11) Familie des verstorbenen General von Grolmann, Geschenk zur Errichtung eines Familien-Fidei-Commisses 26,250 Thl.<lb/> 12) Ober-Präsident Bötticher, außerordentliches Geschenk, 3000 Thlr.<lb/> 13) Minister Eichhorn, Geschenk mit Bezug auf die General-Synode 1,000 Thlr.<lb/> N. B. Im Ganzen sind aus diesem Fonds als Geschenke und Unterstützungen ausgegeben 82,720 Th. 25 Sg. 6 Pf.<lb/> 14) Sub Titel Gehalts-Vorschüsse und zinsenfreie Darlehen sind ausgegeben 279,577 Thlr 26 Sgr.<lb/> 15) Bei dem Titel, zu verschiedenen Zwecken, stehen unter andern aufgeführt:<lb/> a. Wilhelm, Prinz v. Preußen, Königl. Hoheit, als Gouverneur von Mainz, 5,000 Thlr.<lb/> b. General-Lieutnant v. Hueser, Zulage als Vice-Gouver-von Mainz, 6,000 Thlr.<lb/> c. Bauten im Theater, 13,500 Thlr.<lb/> d. Für Herstellung und Einrichtung des Schlosses in Coblenz und der damit in Verbindung stehenden Gartenanlagen 139,734 Thlr. 26 Sgr.<lb/> N. B. In Summa sind bei diesem Titel verausgabt 230,794 Thlr.<lb/> 16) Die ganze Ausgabe des Haupt-Extraordinariums beträgt 1,431,088 Thlr. 13 Sgr. 4 Pfg.<lb/> Spezial-Rechnung VIII. Extraordinarien-Etat.</p> <p>Unter den Ausgaben dieses Etats befinden sich:</p> <p rendition="#et">1) Zur Ausführung der Sculpturen an den größern Kunstbauten in Berlin sind verausgabt 110,000 Thlr. <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> </p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar167_004" type="jArticle"> <head>Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski.<lb/> Zweite Abtheilung.<lb/> Vorspiel an die Leser.</head> <p>Als der Verfasser des Lebens und der Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski die ersten Arabesken seiner wundervollen, affen- und ebentheuerlichen Geschichte schrieb, da fiel es ihm im Traume nicht ein, daß zur Belohnung für all' die herrlichen Erzeugnisse seines unsterblichen Geistes, einst ein Gerichtsvollzieher bei ihm erscheinen werde, um ihn mit würdiger Miene, aber in sehr nachdrücklichem Tone vor den Herrn Instruktions-Richter des Königlich-Preußischen Landgerichtes in Köln zu citiren.</p> <p>Der Verfasser des Schnapphahnski hielt sich bisher für einen der unschuldigsten Menschen unsres verderbten Jahrhunderts. Er hatte sich oft darüber geärgert — denn nichts ist langweiliger und uninteressanter als die Unschuld. Als er aber den Gerichtsvollzieher sah und den Erscheinungsbefehl, in dem es klar und deutlich zu lesen war, daß er sich binnen zwei Tagen in dem Verhörzimmer des Richters melden solle, widrigenfalls nach der ganzen Strenge der Gesetze gegen ihn verfahren werde — kurz, als er sich davon überzeugte, daß man ihn für nichts mehr und nichts weniger als einen — Verbrecher halte: Da sprang er empor mit dem Schrei des Entzückens, mit dem Jubel der Freude, ob der endlich verlorenen Unschuld — er warf den Sessel um, und den Tisch und Alles was darauf stand, und wäre fast dem Gerichtsvollzieher um den Hals gefallen, um ihn zu herzen und zu küssen, und ein über das andere Mal frohlockte er: ich bin ein Verbrecher! ein Verbrecher! Verbrecher!</p> <p>Die Freude des Verfassers hat sich seitdem in etwa gelegt. Er erschien nemlich wirklich vor Gericht und es wurde ihm plötzlich sehr seltsam zu Muthe. Das heilige Gerichtsgebäude der fröhlichen Stadt Köln machte trotz alle dem einen unangenehmen Eindruck auf ihn. Mit den zwei nach vorn gekrümmten Seitenflügeln, schien es ihn, wie mit zwei abscheulichen Armen ergreifen und nicht wieder loslassen zu wollen. Und als nun gar rechts einige Erzengel der Gerechtigkeit mit langen Schleppsäbeln und großen häßlichen Schnurrbärten aufmarschirten und links Advokaten, Instruktionsrichter und Landgerichtsräthe — alles Leute, die am Abend, im Wirthshause, bei einer Flasche Wien ganz manierlich aussehen — in langen, wallenden Talaren, mit weißen Beffchen und altmodischen, höchst schauerlichen Mützen vorbeispazierten: da regte sich mit einem Male eine gewisse Stimme in der Seele des Angeklagten und sprach: „Wehe dir, wenn du etwas Böses gethan hast; mit der heiligen Themis ist nicht zu spassen!“</p> <p>Doch was soll ich meinen Lesern die Gemüthsbewegungen des unglücklich-glücklichen Verfassers noch weiter schildern —? Was geht meine Leser der Verfasser an? — — wenden wir uns daher zu dem Prozesse selbst.</p> <p>Die Anklage lautet auf <hi rendition="#g">Verläumdung.</hi> Cervantes verläumdete den Don Quixote, Louvet verläumdete den Chevalier Faublas, ich soll den Ritter Schnapphahnski verläumdet haben. Das ist schrecklich!</p> <p>Hat man den Cervantes gehängt? Nein. Hat man den Louvet guillotinirt? Nein. Wird man <hi rendition="#g">mich</hi> köpfen? Wer weiß es? Es wäre schade um mich. Es giebt nichts schlimmeres auf Erden, als wenn man den Kopf verliert.</p> <p>Einstweilen besitze ich ihn noch und hin und her habe ich mich besonnen, ob es wohl schon je so etwas gegeben hat, was dem Prozesse Schnapphahnski ähnlich sah. Die heilige Justiz möge mir verzeihen, wenn ich ihr unrecht thue — ich konnte noch nichts finden. Und nähmt ihr die Flügel der Morgenröthe und flögt bis zum äußersten Meere: ihr fändet noch keinen zweiten Prozeß Schnapphahnski.</p> <p>Das Einzige, was ihm entfernt ähnlich sieht, finden wir aufgezeichnet in dem 11ten und 12ten Kapitel des 2ten Buches der „Erschrecklichen Heldenthaten und Ebentheuer Pantagrueli, der Dipsoden König, in sein ursprünglich Naturell wiederhergestellt durch Meister Alcofribas, der Quintessenz Abstraktor.“ Ich brauche meinen Lesern nicht zu bemerken, daß dieser Alcofribas, niemand anders ist als: Meister Franz Rabelais, der Arzenei Doktoren.</p> <p>Meister Franz schildert uns in dem erwähnten Kapitel seines unübertrefflichen Werkes, für das er ebenfalls weder gehängt, guillotinirt, noch geköpft wurde: den Prozeß Leckebock-Saugefist. Um meinen Lesern einen Vorschmack von dem möglicherweise zum wirklichen Ausbruch kommenden Prozeß Schnapphahnski zu geben, führe ich das Plädoyer jenes merkwürdigen Falles wörtlich an:</p> <p>„Da sprach Pantagruel zu ihnen: Seid ihr es, die ihr den großen Streit mit einander habt? — Ja, gnädiger Herr — antworteten sie. — Und welcher von Euch ist der Kläger. — Ich bin's, sprach Herr von Leckebock. — Nun, mein Freund so erzählet uns also Punkt für Punkt euren Handel rein nach der Wahrheit: denn bei dem hohen Sakrament! wo ihr auch nur ein Wort dran lügt, hol' ich den Kopf euch von den Schultern, und will euch weisen, daß man in Rechten und vor Gericht nur die lautere Wahrheit sagen soll. Darum hütet euch also wohl, eurer Sache etwas zuzusetzen oder davonzuthun! Saget an.</p> <p>Da begann denn <hi rendition="#g">Leckebock</hi> wie folgt: Gnädigster Herr, es ist wohl wahr daß eine brave Frau meines Hofes Eier zu Markte trug — bedeckt euch, Leckebock, sprach Pantagruel. — Großen Dank, Herr, sagt der Junker: doch weiter im Text: zwischen den beiden Wendezirkeln kam sie sechs Kreuzer zenithwärts und einen Stüber, in Betracht daß die Riphäischen Berg dies Jahr sehr unfruchtbar an Gimpelschwänzen gewesen waren, mittelst eines Aufruhrs, der sich zwischen den Kauderwelschen und den Accusirnern </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0895/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 167. Köln, Mittwoch, 13. Dezember. 1848. Keine Steuern mehr!!!
Uebersicht Deutschland. Bonn. (Preußische Heldenthaten.) Berlin. (Aus dem Bericht der Finanzkommission — Schluß.) Wien. (Neue Hinrichtung.) Kremsier. (Reichstagssitzung vom 6. Decbr.) Krasna. (Einfangung ungarischer Husaren.) Leobschütz. (Die desertirten ungarischen Husaren). Hohenasberg. (Urtheil gegen Soldaten des 8. Reg. — Offiziersbrutalitäten.)
Französische Republik. Paris. („La Commune sociale“ über das Manifest des demokratischen Kongresses zu Berlin. — Lamoricière's Maaßregeln gegen Offiziere der demokratisch-socialen Parthei. — Ledru-Rollin und Raspail als Präsidentschaftskandidaten. — Karrikaturen. — Bewegung in Paris. — Volkshaufen. — Bedrohung der Garde mobile. — Aufregung der Arbeiter in Lyon. — Proklamation des dortigen Maire's. — Depesche aus Gaeta. — Abstimmung in Marseille. — Verurtheilung der Rouener und Elbeufer Arbeiter.)
Dänemark. Ein Bericht aus Island.
America. Montevideo. (Die englische Vermittlung. — Rofas.)
Neueste Nachrichten. Köln. (Furcht vor den Franzosen.)
Deutschland. 43 Bonn, 11. Dez. Gestern hatten die Demokraten des Kreises Rheinbach eine Volksversammlung in dem geräumigen Saale des Gastwirthes Habbig zu Miel zusammenberufen und die Bonner eingeladen, sie durch Redner zu beschicken. Große Gefahr für den Staat, größere vielleicht für den geliebten Bürgermeister! Unter dem im Monat Dezember ziemlich lächerlichen Vorwande, die Versammlung solle im Freien gehalten werden, sandte der Commandant von Bonn, Herr Oberst-Lieutenant von Götze, eine halbe Compagnie Siebenundzwanziger und eine halbe Schwadron Dragoner nach Miel, welche gleichzeitig mit den bonner Abgeordneten in die Feldflur des Dorfs, und bald auch ins Dorf selbst einrückten. Daselbst blieben sie die Nacht hindurch im Quartier und kehrten, im Hochgefühl einer niedergedrückten Revolution, heute früh 12 Uhr quasi re bene gesta hierher nach Bonn zurück.
Wenn ein Dorf eine Volksversammlung hält, so bekommt es sogleich ungebetene Mitesser. Die Einquartierung revidirt im Namen des Königs die Speisekammer der Bauern, sie stärkt sich dadurch im Republikanerhaß und nährt am Kochheerd ihre feurige Liebe zum Königthum: agupe in cacabis fervet, sagt der alte grobe Kirchenvater Tertullian, der dafür auch nicht in dem Heiligenkalender Aufnahme gefunden hat.
* Berlin, 10. Dezember. Die zukünftige deutsche Centralgewalt und das persönliche Verhältniß der preußischen Krone zu dem Repräsentanten dieser Centralgewalt bildet noch immer einen hervorragenden Gegenstand der Berathungen an unsern und an andern deutschen Höfen. Namentlich hängt die letzte Anwesenheit des Prinzen Karl von Baiern innig mit dieser Angelegenheit zusammen. Einmal nämlich steht es ziemlich fest, daß Baiern positiven Einspruch gegen die Verleihung der deutschen Kaiserkrone an das Haus Hohenzollern erhoben hat. Wem die halboffiziellen Artikel des Rürnberger Correspondenten über die baierische Opposition gegen Preußen noch nicht völlige Gewißheit gegeben haben, der kann dieselbe aus dem bissigen Artikel schöpfen, welchen heute Morgen das, mit Gagern in ziemlich engem Parteizusammenhang stehende Organ unseres rechten Centrums, die deutsche Reform, gegen das oben erwähnte baierische Blatt bringt. Andererseits wird uns aus sehr achtbarer Quelle berichtet, die Anwesenheit des Prinzen Karl von Baiern habe auch den Zweck gehabt, den preußischen Hof zu bewegen, daß er seine Einwilligung darin gebe, bei der nächstens unvermeidlich eintretenden Abdankung des Reichsverwesers Erzherzog Johann, den genannten baierischen Prinzen an dessen Stelle treten zu lassen. Preußischer Seits ist dies entschieden abgelehnt worden. Man verfolgt vielmehr von Seiten unseres Hofes den Plan, den Prinzen Karl von Preußen zum Reichsverweser proklamiren zu lassen, falls nicht die baierische Opposition gegen das preußisch-deutsche Kaiserthum vorher beseitigt werden kann.
Aufmerksame Beobachter der hiesigen Vorgänge werden sich erinnern, daß der Major von Sommerfeld, welcher an der Spitze einer Abtheilung des 12. Infanterie-Regiments die Austreibung eines Theiles des Bureaus der Nationalversammlung aus dem Saal des Schützenhauses am 13. November zu leiten hatte, bald darauf erst zur Disposition gestellt ward und dann seinen Abschied erhielt. Wir erfahren jetzt folgende interessante Einzelnheiten über die Ursachen und den innern Zusammenhang dieser Maßregel. Bei der Expedition gegen das Schützenhaus war auch ein junger Sekonde-Lieutenant, von Wiedburg, verwandt worden. Dieser, ein entschiedener Demokrat, hatte seinen politischen Ueberzeugungen Gewalt angethan, so lange er in amtlicher Thätigkeit gestanden. Als er aber am Abend desselben Tages seine dienstlichen Pflichten erfüllt hatte, glaubte er auch seinen individuellen politischen Ueberzeugungen Genüge thun zu müssen. Er schrieb daher zwei Briefe; den einen an den Major von Sommerfeld, den andern an den Präsidenten der Nationalversammlung v. Unruh. In beiden setzte er auseinander, daß nach seiner Ueberzeugung die Nationalversammlung vollkommen im Recht sei, und diejenigen, die Gewalt gegen sie befehlen und anwendeten, nicht besser als Hochverräther. Er selbst habe nur mit größtem Bedauern seine Pflicht des passiven Gehorsams gegen die Befehle der Obern erfüllt. Unvorsichtigerweise ließ der junge Offizier beide Briefe von dem Bataillonsschreiber mundiren, und dieser letztere beging die Indiscretion, von dem Inhalt beider Briefe einem ihm befreundeten Lehrer an einer hiesigen Elementarschule Mittheilung zu machen. Dieser seinerseits beging die Schurkerei, Wrangel davon in Kunde zu setzen. Die natürliche Folge war, daß der Lieutenant von Wiedburg sofort aggregirt und nach Spandau geschickt wurde, wo in diesem Augenblick eine Untersuchung gegen ihn schwebt, da er beschuldigt ist, über die Operationspläne des General Wrangel, von denen er als Bataillonsadjutant Kunde hatte, an Klubpräsidenten verrathen(?) zu haben. Die Aggregation findet sich im amtlichen Militär-Wochenblatt Nr. 49 unter dem Datum des 16. Nov. Major von Sommerfeld aber verfiel den obenerwähnten Strafen, weil er den Brief seines Adjutanten nicht von selbst den höheren Militärbehörden denuncirt hat.
Arnold Ruge ist gestern wieder hier angekommen und hat bereits bei General Wrangel durch seinen Rechtsanwalt die nöthigen Schritte thun lassen, um das Wiedererscheinen der Reform möglich zu machen.
* Berlin. Aus dem Bericht der Finanzkommission.
(Schluß).
Spezial-Rechnung VI. Dispositions-Fonds.
1) Landrath Graf von Keller in Erfurt hat zur Erziehung seiner drei Kinder jährlich 300 Thlr. erhalten.
2) v. Lengefeld, Oberst a. D. in Anclam, für zwei Söhne bis zum 20. Lebensjahr jährlich 200 Thlr.
3) Geheimer Justiz-Rath v. d. Hölle in Gr. Glogau, Erziehungsgeld für drei Söhne jährlich 300 Thlr.
4) Für zwei Söhne des verstorbenen Grafen von Schwerin, Erziehungsgeld jährlich 500 Thlr.
5) Lieutnant von Schlickfuß in Görlitz bis zu seiner Beförderung zum Hauptmann. jährlich 300 Thlr. etc.
Die ganze Ausgabe beträgt 448,617 Thlr. 20 Sgr.
Spezial-Rechnung VII. Hauptextraordinarium.
1) Aus diesem Fonds sind die Reisekosten, für die im Gefolge des Königs Majestät sich befundenen Mitglieder des geheimen Civil- und Militair-Cabinets, desgleichen die Diäten, einiger Beamten, als z. B. die des General-Lieutenant von Neumann, während des Aufenthalts in Potsdam etc. gezahlt.
Im ganzen sind unter dieser
Benennung verausgabt 15,847 Thl 28 Sgr. 1 Pfg.
4) Auf die Verwaltung der Domainen und Forsten sind außerordentlich verausgabt 43,494 Thl. 25 Sgr. 1 Pfg. und darunter an den Geheimen-Ober-Finanz-Rath Senfft von Pilsach, welcher einen fixirten Gehalt von 4000 Thlr. hat:
a. Reisekosten in Melioriationsangelegenheiten 3,488 Thlr. 3 Sgr. 8 Pf.
b. Büreaukosten 1,940 Thlr. 0 Sgr. 0 Pf.
5,428 Thl. 3 Sgr. 8 Pfg.
9) Kommandirende General Graf zu Dohna in Königsberg, Beihilfe, jährlich 2,000 Thlr.
N. B. Verausgabt unter Titel: Geschenke und Unterstützungen.
10) Hoffmaur, wirklicher geheimer Ober-Regierungsrath a. D., Beihilfe als Zuschuß zu seiner Pension, jährlich 728 Thlr. 10 Sgr.
11) Familie des verstorbenen General von Grolmann, Geschenk zur Errichtung eines Familien-Fidei-Commisses 26,250 Thl.
12) Ober-Präsident Bötticher, außerordentliches Geschenk, 3000 Thlr.
13) Minister Eichhorn, Geschenk mit Bezug auf die General-Synode 1,000 Thlr.
N. B. Im Ganzen sind aus diesem Fonds als Geschenke und Unterstützungen ausgegeben 82,720 Th. 25 Sg. 6 Pf.
14) Sub Titel Gehalts-Vorschüsse und zinsenfreie Darlehen sind ausgegeben 279,577 Thlr 26 Sgr.
15) Bei dem Titel, zu verschiedenen Zwecken, stehen unter andern aufgeführt:
a. Wilhelm, Prinz v. Preußen, Königl. Hoheit, als Gouverneur von Mainz, 5,000 Thlr.
b. General-Lieutnant v. Hueser, Zulage als Vice-Gouver-von Mainz, 6,000 Thlr.
c. Bauten im Theater, 13,500 Thlr.
d. Für Herstellung und Einrichtung des Schlosses in Coblenz und der damit in Verbindung stehenden Gartenanlagen 139,734 Thlr. 26 Sgr.
N. B. In Summa sind bei diesem Titel verausgabt 230,794 Thlr.
16) Die ganze Ausgabe des Haupt-Extraordinariums beträgt 1,431,088 Thlr. 13 Sgr. 4 Pfg.
Spezial-Rechnung VIII. Extraordinarien-Etat.
Unter den Ausgaben dieses Etats befinden sich:
1) Zur Ausführung der Sculpturen an den größern Kunstbauten in Berlin sind verausgabt 110,000 Thlr. [Fortsetzung]
Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski.
Zweite Abtheilung.
Vorspiel an die Leser. Als der Verfasser des Lebens und der Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski die ersten Arabesken seiner wundervollen, affen- und ebentheuerlichen Geschichte schrieb, da fiel es ihm im Traume nicht ein, daß zur Belohnung für all' die herrlichen Erzeugnisse seines unsterblichen Geistes, einst ein Gerichtsvollzieher bei ihm erscheinen werde, um ihn mit würdiger Miene, aber in sehr nachdrücklichem Tone vor den Herrn Instruktions-Richter des Königlich-Preußischen Landgerichtes in Köln zu citiren.
Der Verfasser des Schnapphahnski hielt sich bisher für einen der unschuldigsten Menschen unsres verderbten Jahrhunderts. Er hatte sich oft darüber geärgert — denn nichts ist langweiliger und uninteressanter als die Unschuld. Als er aber den Gerichtsvollzieher sah und den Erscheinungsbefehl, in dem es klar und deutlich zu lesen war, daß er sich binnen zwei Tagen in dem Verhörzimmer des Richters melden solle, widrigenfalls nach der ganzen Strenge der Gesetze gegen ihn verfahren werde — kurz, als er sich davon überzeugte, daß man ihn für nichts mehr und nichts weniger als einen — Verbrecher halte: Da sprang er empor mit dem Schrei des Entzückens, mit dem Jubel der Freude, ob der endlich verlorenen Unschuld — er warf den Sessel um, und den Tisch und Alles was darauf stand, und wäre fast dem Gerichtsvollzieher um den Hals gefallen, um ihn zu herzen und zu küssen, und ein über das andere Mal frohlockte er: ich bin ein Verbrecher! ein Verbrecher! Verbrecher!
Die Freude des Verfassers hat sich seitdem in etwa gelegt. Er erschien nemlich wirklich vor Gericht und es wurde ihm plötzlich sehr seltsam zu Muthe. Das heilige Gerichtsgebäude der fröhlichen Stadt Köln machte trotz alle dem einen unangenehmen Eindruck auf ihn. Mit den zwei nach vorn gekrümmten Seitenflügeln, schien es ihn, wie mit zwei abscheulichen Armen ergreifen und nicht wieder loslassen zu wollen. Und als nun gar rechts einige Erzengel der Gerechtigkeit mit langen Schleppsäbeln und großen häßlichen Schnurrbärten aufmarschirten und links Advokaten, Instruktionsrichter und Landgerichtsräthe — alles Leute, die am Abend, im Wirthshause, bei einer Flasche Wien ganz manierlich aussehen — in langen, wallenden Talaren, mit weißen Beffchen und altmodischen, höchst schauerlichen Mützen vorbeispazierten: da regte sich mit einem Male eine gewisse Stimme in der Seele des Angeklagten und sprach: „Wehe dir, wenn du etwas Böses gethan hast; mit der heiligen Themis ist nicht zu spassen!“
Doch was soll ich meinen Lesern die Gemüthsbewegungen des unglücklich-glücklichen Verfassers noch weiter schildern —? Was geht meine Leser der Verfasser an? — — wenden wir uns daher zu dem Prozesse selbst.
Die Anklage lautet auf Verläumdung. Cervantes verläumdete den Don Quixote, Louvet verläumdete den Chevalier Faublas, ich soll den Ritter Schnapphahnski verläumdet haben. Das ist schrecklich!
Hat man den Cervantes gehängt? Nein. Hat man den Louvet guillotinirt? Nein. Wird man mich köpfen? Wer weiß es? Es wäre schade um mich. Es giebt nichts schlimmeres auf Erden, als wenn man den Kopf verliert.
Einstweilen besitze ich ihn noch und hin und her habe ich mich besonnen, ob es wohl schon je so etwas gegeben hat, was dem Prozesse Schnapphahnski ähnlich sah. Die heilige Justiz möge mir verzeihen, wenn ich ihr unrecht thue — ich konnte noch nichts finden. Und nähmt ihr die Flügel der Morgenröthe und flögt bis zum äußersten Meere: ihr fändet noch keinen zweiten Prozeß Schnapphahnski.
Das Einzige, was ihm entfernt ähnlich sieht, finden wir aufgezeichnet in dem 11ten und 12ten Kapitel des 2ten Buches der „Erschrecklichen Heldenthaten und Ebentheuer Pantagrueli, der Dipsoden König, in sein ursprünglich Naturell wiederhergestellt durch Meister Alcofribas, der Quintessenz Abstraktor.“ Ich brauche meinen Lesern nicht zu bemerken, daß dieser Alcofribas, niemand anders ist als: Meister Franz Rabelais, der Arzenei Doktoren.
Meister Franz schildert uns in dem erwähnten Kapitel seines unübertrefflichen Werkes, für das er ebenfalls weder gehängt, guillotinirt, noch geköpft wurde: den Prozeß Leckebock-Saugefist. Um meinen Lesern einen Vorschmack von dem möglicherweise zum wirklichen Ausbruch kommenden Prozeß Schnapphahnski zu geben, führe ich das Plädoyer jenes merkwürdigen Falles wörtlich an:
„Da sprach Pantagruel zu ihnen: Seid ihr es, die ihr den großen Streit mit einander habt? — Ja, gnädiger Herr — antworteten sie. — Und welcher von Euch ist der Kläger. — Ich bin's, sprach Herr von Leckebock. — Nun, mein Freund so erzählet uns also Punkt für Punkt euren Handel rein nach der Wahrheit: denn bei dem hohen Sakrament! wo ihr auch nur ein Wort dran lügt, hol' ich den Kopf euch von den Schultern, und will euch weisen, daß man in Rechten und vor Gericht nur die lautere Wahrheit sagen soll. Darum hütet euch also wohl, eurer Sache etwas zuzusetzen oder davonzuthun! Saget an.
Da begann denn Leckebock wie folgt: Gnädigster Herr, es ist wohl wahr daß eine brave Frau meines Hofes Eier zu Markte trug — bedeckt euch, Leckebock, sprach Pantagruel. — Großen Dank, Herr, sagt der Junker: doch weiter im Text: zwischen den beiden Wendezirkeln kam sie sechs Kreuzer zenithwärts und einen Stüber, in Betracht daß die Riphäischen Berg dies Jahr sehr unfruchtbar an Gimpelschwänzen gewesen waren, mittelst eines Aufruhrs, der sich zwischen den Kauderwelschen und den Accusirnern
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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