Neue Rheinische Zeitung. Nr. 159. Köln, 3. Dezember 1848. Zweite Ausgabe.weil sie nicht in gesetzlicher Weise, von einer gesetzmäßig verhandelnden Versammlung vorgenommen ist. Weichsel: Gesetzlich ist, daß die Mitglieder durch das Präsidium eingeladen werden. Es steht keineswegs fest, daß der St.-Anzeiger von jedem Abgeordneten gehalten oder gelesen werden muß, am wenigsten, wegen der Erlasse eines Ministeriums, das wir nicht anerkennen können. (Bravo und ungeheurer Tumult.). Fleischer: Ich wollte mir die Bemerkung erlauben, daß die Meinung des Hrn. Baumstark nicht die meiner Freunde ist; aber keineswegs sind wir hierher gekommen, um Prinzipienfragen und Zwiespalt hervorzurufen. Baumstark: Ich war der erste, der in dieser Versammlung zur Versöhnung gesprochen hat. Aber die Art, wie heut diese Fragen angeregt sind, entspricht nicht dem Sinne der Versöhnung. Es thut mir leid, wenn ich irgend Jemand zu dem Glauben verleitet habe, daß ich einen Zankapfel in der Versammlung werfen wollte. Es ist mir nicht in den Sinn gekommen. Parrisius: Ich habe den Antrag auf Vertagung gestellt. Wider meinen Willen ist derselbe ohne Diskussion zur Abstimmung gekommen. (An 90 Mitglieder verlassen den Sitzungssaal.) Brünneck fordert zur Abgabe der Stimmzettel zur Wahl des Präsidenten auf. Von mehreren Seiten wird dagegen protestirt. Grabel verlangt den Namensaufruf, da die Versammlung nicht mehr beschlußfähig sei. -- Ein Anderer glaubt, daß die bisherigen Präsidenten noch im Amte seien. Bornemann erklärt, daß er, obgleich am 19. Novbr. zum Vicepräsidenten erwählt, sich dennoch nicht als für diese Versammlung gewählt ansehen könne. Der namentliche Aufruf zur Abgabe der Stimmzettel findet statt. Brünneck erklärt endlich, daß nur 172 Abgeordnete anwesend sind, und demnach die Versammlung nicht mehr beschlußfähig ist. Simons bringt seinen Antrag: "Die Stellvertreter für alle bei dem letzten Namensaufruf Abwesenden, einzuberufen," zur Debatte. Von vielen Seiten wird dagegen protestirt, weil die Versammlung nicht beschlußfähig sei. -- Nach längerer Debatte kommt man zur Abstimmung. Da verlangen Wachsmuth und Andere namentliche Abstimmung, um dem Lande zu zeigen, wer einen solchen unrechtmäßigen Beschluß faßt. Der Antrag wird mit großer Majorität angenommen werden. (Abgang des Dampfzuges.) 24 Wien, 29 Nov, Aus Allexandrien so eben eingehende Nachrichten (vom 16. d.) melden, daß auch Ibrahim Pascha gestorben. Der gesetzliche Nachfolger wäre Abbas Pascha, ein talentloser und religiös-fanatischer Mensch. * Kremsier, 27. Nov. Die Contrerevolution, die sich überall, hier, wie in Potsdam-Brandenburg-Berlin, in Wien wie zu Frankfurt, mit heuchlerischen Phrasen von "konstitutionellen" Staatsformen, von Begründung wahrer konstitutioneller "Freiheit" zu maskiren versteht: ist namentlich um Aufstellung von wunderschönen vielversprechenden Programme nirgends in Verlegenheit. Doch mit allen ihren jesuitischen Redensarten von wahrer Freiheit, mit all' ihren Verheißungen und Zusagen macht sie die sehend Gewordenen nicht wieder blind. Die Beispiele allerneuester Zeit von dem Bombadirer Ferdinand in Neapel an bis zum dem idioten Ferdinand dem "Gütigen" waren zu stark, um sobald wieder aus dem Gedächtniß zu schwinden. Die Ereignisse in Wien, Berlin etc. haben genügend dargethan, daß eins der Lebenselemente der Reaktion in Lüge und Eidbruch besteht. Danach beurtheilt auch das Volk mit vollem Recht folgendes heuchlerische Programm, das vom jetzigen östreichischen Ministerium durch den Ministerpräsidenten in der heutigen Reichstagssitzung aufgestellt worden. Es lautet: Meine Herren! Zufolge der Berufung Sr. Majestät ist der konstituirende Reichstag zur Fortsetzung der Berathungen über die Verfassung hier zusammengetreten. Als das Vertrauen des Kaisers uns in den Rath der Krone berief, verkannten wir nicht die Schwierigkeit der Aufgabe, die Größe der Verantwortlichkeit gegenüber dem Throne, wie dem Volke. Wunden aus der Vergangenheit sind zu heilen, Verlegenheiten des Augenblicks zu beseitigen, eine neue Ordnung der Dinge in der nächsten Zukunft aufzubauen. Das Bewußtsein eines redlichen Strebens für das Wohl des Staates, des Volkes und für die Freiheit, das Vertrauen auf Ihre Mitwirkung bei dem großen Werke bestimmten uns, persönliche Rücksichten der Liebe für das Vaterland zu opfern und dem Rufe des Monarchen zu folgen. Wir übernehmen die Handhabung der Regierungsgewalt aus den Händen Sr. Majestät zugleich mit der Verantwortlichkeit, fest entschlossen, jeden unverfassungsmäßigen Einfluß fern zu halten, aber eben so wenig Eingriffe in die vollziehende Gewalt zu gestatten. Einig in den Grundsätzen, werden die Worte und Handlungen eines Jeden von uns der Ausdruck der Politik des Gesammt-Ministeriums sein. Wir wollen die constitutionelle Monarchie aufrichtig und ohne Rückhalt. Wir wollen diese Staatsform, deren Wesen und gesicherten Bestand wir in der gemeinschaftlichen Ausübung der gesetzgebenden Gewalt durch den Monarchen und die Repräsentantenkörper Oestreichs erkennen, -- wir wollen sie begründet auf der gleichen Berechtigung und unbehinderten Entwickelung aller Nationalitäten, so wie auf der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, gewährleistet durch Oeffentlichkeit in allen Zweigen des Staatslebens, getragen von der freien Gemeinde und der freien Gestaltung der Ländertheile in allen inneren Angelegenheiten, umschlungen von dem gemeinsamen Bande einer kräftigen Centralgewalt. Wir hoffen, das Ergebniß Ihrer Berathungen über die Verfassung möglichst bald der Sanction Sr. Majestät des Kaisers unterlegen zu können. Das Ministerium wird die Verwaltung nach den Bedürfnissen der Zeit umzuformen bemüht sein und, bis hierfür im Wege der Gesetzgebung bleibende Bestimmungen getroffen sind, die nöthigen Verordnungen erlassen. Ein zweifaches Ziel wird uns hierbei vorschweben: ungeschmalerte Erhaltung der den Völkern Oestreichs zugesicherten Freiheit, Sicherstellung der Bedingungen, ohne welche die Freiheit nicht bestehen kann. Daß diese zur lebendigen Wahrheit, daß ihren Bedingungen Erfüllung werde, dahin gedenken wir mit Ernst und Nachdruck zu wirken. Das Ministerium will nicht hinter den Bestrebungen nach freisinnigen und volksthümlichen Einrichtungen zurückbleiben, es hält vielmehr für seine Pflicht, sich an die Spitze dieser Bewegung zu stellen. Die Landbevölkerung, eben erst befreit von den Grundlasten, harrt mit Ungeduld den gesetzlichen Bestimmungen über Maßstab und Art der Entschädigung, so wie den von ihr zu tragenden, nach den Grundsätzen der Billigkeit zu bemessenden Antheil. Die Grundlage des freien Staates bildet die freie Gemeinde; daß dieser durch ein freisinniges Gemeindegesetz die selbstständige Bestimmung und Verwaltung innerhalb der durch die Rücksicht auf das Gesammtwohl gezogenen Gränzen gesichert werde, ist dringendes Bedürfniß. Als eine nothwendige und unabweisbare Folgerung der Selbstständigkeit der Gemeinden ergibt sich die Vereinfachung der Staatsverwaltung und eine dem Bedürfnisse der Zeit entsprechende Regelung der Behörden. Ueber diese Gegenstände, so wie über Umgestaltung der Rechtspflege im konstitutionellen Geiste, Einrichtung landesfürstlicher Gerichte statt der Patrimonial- und Kommunal-Gerichte und durchgreifende Trennung der Verwaltung von der Justiz, werden Ihnen, meine Herren, die geeigneten Vorlagen gemacht werden. Ebenso auch über Hintanhaltung des Mißbrauches der Presse durch Repressiv-Maßregeln über Regelung des Vereinsrechts, auf einer mit den Staatszwecken verträglichen Grundlage, und über die Einrichtung der Nationalgarden. Denn eben weil das Ministerium die Sache der Freiheit zu der seinigen macht, halt es die Wiederherstellung eines gesicherten Rechtszustandes für eine heilige Pflicht. Das Ministerium verspricht sich das thätige und pflichtgetreue Zusammenwirken aller Behörden. Die Regierungsorgane im Mittelpunkte der Monarchie, so wie in den Provinzen, in der Ausübung ihrer amtlichen Obliegenheiten auf das nachdrücklichste zu kräftigen, wird seine vorzüglichste Sorge sein. Beklagenswerthe Ereignisse haben stattgefunden. Die Gewalt der Waffen mußte zur Anwendung kommen gegen eine Fraction, welche die Haupt- und Residenzstadt in einen Schauplatz anarchischer Wirren verwandelt hatte. Tiefe Wunden sind geschlagen worden. Sie zu lindern und zu heilen, so weit dies möglich, Wien, das Herz des Reichs, seinem früheren Wohlstande zurückzugeben und dafür zu sorgen, daß dem durch das Gebot der Nothwendigkeit herbeigeführten Ausnahmezustande, sobald es die Verhältnisse gestatten, ein Ende gemacht werde, wird unser eifriges Bestreben sein. In Italien hat unser glorreiches Heer über Treubruch und Verrath gesiegt und die alten Tugenden der östreichischen Armee, die brüderliche Eintracht aller Stämme, die todesmuthige Hingebung für Oestreichs Ehre, Ruhm und Größe auf das glänzendste bewährt. Noch muß es dort gerüstet stehen, um die Integrität des Reichs zu wahren. In der organischen Verbindung mit dem konstitutionellen Oestreich wird das lombardisch-venetianische Königreich nach Abschluß des Friedens die sicherste Bürgschaft finden für die Wahrung seiner Nationalität. Die verantwortlichen Räthe der Krone werden feststehen auf dem Boden der Verträge. Sie geben sich der Hoffnung hin, daß in nicht ferner Zukunft auch das italienische Volk die Wohlthaten einer Verfassung genießen werde, welche die verschiedenen Stämme in voller Gleichberechtigung umschließen soll. Die Verletzung dieses ersten Rechtes der [unleserliches Material]ationen entzündete den Bürgerkrieg in Ungarn. Gegen eine Partei, deren letztes Ziel der Umsturz und die Lossagung von Oesterreich ist, erhoben sich dort die in ihren unveräußerlichen Rechten gekränkten Völker. Nicht der Freiheit gilt der Krieg, sondern denjenigen, die sie der Freiheit berauben wollen. Aufrechthaltung der Gesammt-Monarchie, ein engerer Verband mit uns, Anerkennung und Gewährleistung ihrer Nationalität sind der Gegenstand ihrer Bestrebungen. Das Ministerium wird sie unterstützen mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln. Mit Gewalt der Waffen wird, da leider alle Wege der Versöhnung fruchtlos eingeschlagen worden, die Schreckensherrschaft einer verbrecherischen Partei bekämpft und der innere Friede wieder hergestellt werden. Meine Herren! Das große Werk, welches uns im Einverständniß mit den Völkern obliegt, ist die Begründung eines neuen Bandes, das alle Lande und Stämme der Monarchie zu Einem großen Staatskörper vereinigen soll. Dieser Standpunkt zeigt zugleich den Weg, welchen das Ministerium in der deutschen Frage verfolgen wird. Nicht in dem Zerreißen der Monarchie liegt die Größe, nicht in ihrer Schwächung die Kräftigung Deutschlands. Oesterreichs Fortbestand in staatlicher Einheit ist ein deutsches, wie ein europäisches Bedürfniß. Von dieser Ueberzeugung durchdrungen, sehen wir der natürlichen Entwicklung des noch nicht vollendeten Ungestaltungs-Prozesses entgegen. Erst wenn das verjüngte Oestreich und das verjüngte Deutschland zu neuen und festen Formen gelangt sind, wird es möglich sein, ihre gegenseitigen Beziehungen staatlich zu bestimmen. Bis dahin wird Oestreich fortfahren, seine Bundespflichten zu treulich erfüllen. In allen äußeren Beziehungen des Reichs werden wir die Interessen und die Würde Oesterreichs zu wahren wissen und keinerlei beirrenden Einfluß von außen auf die unabhängige Gestaltung unserer inneren Verhälnisse zulassen. Dies sind die Hauptgrundzüge unserer Politik Wir haben sie mit unumwundener Offenheit dargelegt, weil ohne Wahrheit kein Vertrauen, und Vertrauen die erste Bedingung eines gedeihlichen Zusammenwirkens zwischen Regierung und Reichstag. München, 29, Nov. Vorigen Monat Abends wurde der Buchdruckereibesitzer J. Deschler in der Au, in dessen Offizin die Blätter: Gradaus, das freie Wort, Rückwärts, Allerneueste Nachrichten, der reisende Teufel, der Revolutionsteufel und andere Blätter gedruckt werden, verhaftet, und seine ganze Druckerei mit Beschlag belegt. Ich höre daß die nächste Veranlassung zu dieser Maßregel ein noch nicht verbreitetes, aber bereits in vielen Exemplaren gedruktes Flugblatt gewesen sey, in welchem Majestätsbeleidigungen in kaum glaublicher Ausdehnung enthalten seyn sollen. Der Fall wird wohl vor den Assisen verhandelt werden. (A. A. Zt.)Italien. Rom, 21. Nov. Die Deputirtenkammer ist gestern endlich doch zum Sitzen gekommen. Sie war eben nur knapp vollzählig. Marchese Potenziani machte den Vorschlag, eine Loyalitätsadresse an den Papst zu richten, wobei er bei dem Fürsten v. Canino auf heftigen Widerspruch stieß. Dieser dauerte auch fort, als er sich dahin erklärte, daß es keineswegs seine Meinung sei, dem Papst für die gemachten Konzessionen, die auch er als Errungenschaften der Revolution betrachte, zu danken, sondern nur zu erklären, daß man mit ihm und für ihn sei. Als es zum Abstimmen kam, schien der Vorschlag Unterstützung zu finden, bei der Gegenprobe aber, welche Canino verlangte, fiel er durch. Der "Circolo popolare" hat seine Permanenz für aufgelös't erklärt, Gallieno, der neue Befehlshaber der Civica, hat bereits einen Tagesbefehl erlassen. Rosmini ist mit einer geheimen Sendung von Rom abgereis't, wie man glaubt, nach Paris. Zucchi und Mamiani, welcher letztere in Livorno eine Zusammenkunft mit Guerrazzi hatte, werden in Rom erwartet. Mailand. Nach einer Kundmachung in der Mailänder-Zeitung vom 20 Nov. wurde zu Como ein gewisser Jos. Maestrazzi, Posidente, 33 Jahr alt, gebürtig von Brescia wegen des Versuchs österreichische Soldaten zur Desertion und zum Uebertritt in fremde Kriegsdienste zu verleiten, standrechtlich erschossen. Seinem Mitschuldigen Peter Ronchetti, Wirth von Como, wurde im Gnadenwege die Todesstrafe in zweijährigen Festungsarrest umgewandelt. -- Nach einer weitern Kundmachung der nämlichen Zeitung vom 21 d. wurde ebenfalls zu Como ein gewisser Crescieri Schmid, 49 Jahre alt, gebürtig von Argagno, auf Grund standrechtlichen Urtheils erschossen, weil er, während die k. k. Truppen zur Unterdrückung der Rebellen an jenem Orte wirkten, von einer Patrouille angehalten ward, wie er eben eine Pistole und ein Bajonnet in einem Sacke trug. * Piacenza, 22. Novbr. Die Oestreicher sind fortwährend mit der immer stärkern Befestigung hiesiger Stadt beschäftigt. Sollte die piemontesische Armee wieder ins Feld rücken, so würde sie hier ein bedeutendes Hinderniß finden. Die Desertionen bei den Oestreichern dauern fort. Es werden zu ihrer Verhinderung unglaubliche Vorsichtsmaßregeln getroffen, die aber doch ihren Zweck nicht erreichen. Es sind namentlich Ungarn, welche günstige Gelegenheit zum Entkommen benutzen. Die Bevölkerung hiesiger Stadt wartet mit Sehnsucht auf das Anrücken der Piemontesen. Die Gewaltmaßregeln der Oestreicher haben eine verbissene, ingrimmige Wuth erzeugt, die kaum zu beschreiben ist. Schweiz. * Tessin. Ein italienischer Flüchtling schreibt aus Lugano an die Turiner Opinione: "So lange wir Geld hatten, hat man uns ungeschoren gelassen, mau profitirte von uns. Sowie wir keins mehr haben werden, wird man uns wegjagen. Ich sage nichts gegen die Tessiner und ihre Regierung, aber diese ist machtlos und die eidgenössische Repräsentanten benehmen sich sehr unehrenhaft. Die schweizerisch-deutschen Truppen hier sind fast lauter Sonderbündler, und unterscheiden sich nur durch die Uniform und den Namen von den Kroaten." ** Zürich, 24. Nov. Daß in unserem industriellen Kanton die Civilisation rasch fortschreitet, dafür kann kein besserer Beweis geliefert werden, als folgende statistische Nachweise über Conzentration des Kapitals und Steigen des Pauperismus. Auf eine Bevölkerung von 231,574 Köpfen kommen nur 42,841, welche überhaupt Vermögen besitzen, und zwar zusammen circa 206,741,900 frs. Von diesen Vermögenden besitzt etwa 1/3, nämlich 12,770 weniger als fünfhundert Frs. per Kopf. Etwas über die Hälfte der Gesammtzahl, nämlich 22,665, besitzen 500 und 5000 Frs. Jeder; etwa 1/7 der Besteuerten, oder 1[unleserliches Material]35 der Gesammtbevölkerung, nämlich 6555, besitzen zwischen 5000 und 40,000 Frs.; 744 Personen haben Vermögen zwischen 40,000 und 160,000 Frs., und 113 besitzen über 160,000 Frs. Nach einer mäßigen Durchschnittsberechnung (das durchschnittliche Vermögen der Letzteren zu 300,000 Frs., das der vorletzten Kategorie zu 80,000 Frs. gerechnet, was notorisch unter der Wirklichkeit bleibt) befindet sich fast die Hälfte des Gesammtvermögens (94 Mill. Frs.) in den Händen von 857 Personen, Weiber und Kinder eingerechnet, d. h. in den Händen von weniger als 200 Haushaltungen. Nach zehn Jahren werden diese nicht mehr die Hälfte, sondern 2/3 des Gesammtvermögens besitzen -- wer da hat, dem wird gegeben! Nun das Gegenstück. Wir haben also eine besitzlose Klasse von circa 190,000 Köpfen, theils arme Landpächter, theils Ackerknechte, theils Handwerker, theils Fabrikarbeiter. Von dieser besitzlosen Bevölkerung erhielten öffentliche Unterstützungen im Jahr 1836-9783 Personen, mit zusammen 155,865 Fr. Der Zuwachs ist erfreulich, wie man sieht. Nun die Art und Weise des Uebergangs aus der besitzenden Klasse in die besitzlose: von 1831 bis 1847 sind 6457 Falliten, durchschnittlich 431 im Jahre, vorgekommen. Die Zahl der Falliten stieg von Jahr zu Jahr. In denselben 15 Jahren sind nur 378 Falliten rehabilitirt worden. Und nun sage man noch, daß die Schweiz in der Civilisation zurückbleibt! ** Bern, 29. Nov. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Französische Republik. 12 Paris, den 30. Nov. "Die Philosophen bringen mich noch so weit, daß ich am Ende in die Messe gehe." Setzen wir an die Stelle der Philosophen die Republikaner, und die Sache bleibt immer noch richtig. Was nicht in Frankreich Alles möglich ist! Cavaignac eilt dem Papste, der Kirche, der christlichen Religion zu Hülfe: die republikanische Regierung, die ruhig Messina in Flammen hat aufgehen lassen, und Oestreich den Kroaten Preis gegeben hat, diese republikanische Regierung eilt dem Papste zu Hülfe, um dem Stellvertreter Christi, dem Nachfolger Petri zu seinem rechtmäßigen Throne, dem rechtmäßigen aller Throne von Gottes Gnaden zu verhelfen, um den geistigen Reichsverweser wieder in das Reich des Geistes einzusetzen. Und alles dieses weiter nichts als eine ultramontane Reklame, von Seiten Cavaignac's um Präsident zu werden! Wahrhaftig, aus lauter Verzweiflung möchte man in die Messe gehen. In der Person Pius IX. sind bekanntlich 2 Personen vereinigt, der geistige und der weltliche Herr, der Scepter und die Tiare. Die Franzosen sagen: Nicht den Scepter wollen wir retten, sondern die Tiare: Nicht in die Politik wollen wir interveniren, sondern in die Religion. Der Gott ist in Gefahr. Es handelt sich um den Papst als Oberhaupt der Kirche, und nicht um den Fürsten. Die Römer sagen grade umgekehrt: Nicht mit dem Papste haben wir zu thun, sondern mit dem Fürsten. Dem geistigen Herrn wollen wir kein Haar auf dem Haupte krümmen; er soll ungeschoren bleiben. Wir wollen den politischen Herrscher stürzen. Die Politik ist im Spiel und nicht das Dogma, und ihr Franzosen mit Cavaignac an der Spitze, die Ihr mit Eurem Systeme der Nicht-Intervention Italien gemordet habt, Ihr bekommt auf einmal eine so zarte Sorgfalt für die Rettung Gottes! Dahinter muß etwas anderes stecken! Und die Italiener haben Recht. Hinter dem Gotte steckt etwas anderes, und dieses Andere ist die Präsidentschaft Cavaignac's. Was hat nun aber die Präsidentschaft Cavaignac's mit dem Papste und incl. mit dem Gotte zu thun? So weit ist's nunmehr gekommen mit den Franzosen, seit dem unglücklichen Siege über die Juni-Insurgenten, daß sie nur noch zu wählen haben zwischen einem Ochsen und einem Schurken, zwischen Cavaignac und Napoleon. Die Wahl der hohen Finance der großen Bourgeois ist nicht zweifelhaft. Wir lieben keinen von beiden, gesteht das "Journal des Debats" offen ein. Keiner von beiden hat unsere Sympathien. Aber da uns keine andere Wahl übrig bleibt, da wir in die traurigen Alternative gestellt sind, zwischen dem Ochsen und dem Schurken zu wählen, so stimmen wir ehrliche Banquiers für den Schurken. Er hat die Ordnung des Papiergeldes und die Ruhe der Curse gerettet: Ein Schurke ist immer besser als ein Ochs, zumal wenn dieser Ochs Tausend von Treibern hinter sich hat. Der Ochs hat alle Bauern hinter sich und Tausende von unzufriedenen Arbeitern, denen in der Unmöglichkeit ihren Candidaten Raspail für den Augenblick durchzubringen, ebenfalls keine andere Wahl übrig bleibt, als zwischen dem Schurken und dem Ochsen. Ihre Wahl ist nicht zweifelhaft. Sie stimmen für den Ochsen, dem sie jede mögliche Richtung geben zu können hoffen. Da also hinter dem Ochsen die Bauern, hinter den Bauern der Pfaffe, hinter dem Pfaffen der Pabst nnd hinter dem Pabst der Gott steht, so geht der Schurke ein Bündniß ein mit dem Gott, um die Bauern dem Ochsen abtrünnig zu machen. Der Gott ist das Gutheißen der schlechten Umstände, die Resignation unter dem Drucke der Steuern. Und da Cavaignac unter dem Vorwande Gott zu retten, den Pabst und mit dem Pabste die Pfaffen rettet, so verlangt er von den letztern, daß sie die Bauern bewegen, die 45 Centimes sich gefallen zu lassen, den Gott gutzuheißen und den Cavaignac als Oberhaupt anzuerkennen. Es gibt Republikaner vom Vorabend und vom andern Tage. Bonapartisten vom Vorabend gab es eigentlich nie; wenigstens waren die reinen Bonapartisten, die Bonapartisten von Geburt in sehr geringer Anzahl. Bonapartist ist man über Nacht geworden. Der Ochse interessirte die Leute auf der Stelle für sich, aus Haß gegen den Cavaignac, den Republikaner vom Vorabend, weil sie nicht in gesetzlicher Weise, von einer gesetzmäßig verhandelnden Versammlung vorgenommen ist. Weichsel: Gesetzlich ist, daß die Mitglieder durch das Präsidium eingeladen werden. Es steht keineswegs fest, daß der St.-Anzeiger von jedem Abgeordneten gehalten oder gelesen werden muß, am wenigsten, wegen der Erlasse eines Ministeriums, das wir nicht anerkennen können. (Bravo und ungeheurer Tumult.). Fleischer: Ich wollte mir die Bemerkung erlauben, daß die Meinung des Hrn. Baumstark nicht die meiner Freunde ist; aber keineswegs sind wir hierher gekommen, um Prinzipienfragen und Zwiespalt hervorzurufen. Baumstark: Ich war der erste, der in dieser Versammlung zur Versöhnung gesprochen hat. Aber die Art, wie heut diese Fragen angeregt sind, entspricht nicht dem Sinne der Versöhnung. Es thut mir leid, wenn ich irgend Jemand zu dem Glauben verleitet habe, daß ich einen Zankapfel in der Versammlung werfen wollte. Es ist mir nicht in den Sinn gekommen. Parrisius: Ich habe den Antrag auf Vertagung gestellt. Wider meinen Willen ist derselbe ohne Diskussion zur Abstimmung gekommen. (An 90 Mitglieder verlassen den Sitzungssaal.) Brünneck fordert zur Abgabe der Stimmzettel zur Wahl des Präsidenten auf. Von mehreren Seiten wird dagegen protestirt. Grabel verlangt den Namensaufruf, da die Versammlung nicht mehr beschlußfähig sei. — Ein Anderer glaubt, daß die bisherigen Präsidenten noch im Amte seien. Bornemann erklärt, daß er, obgleich am 19. Novbr. zum Vicepräsidenten erwählt, sich dennoch nicht als für diese Versammlung gewählt ansehen könne. Der namentliche Aufruf zur Abgabe der Stimmzettel findet statt. Brünneck erklärt endlich, daß nur 172 Abgeordnete anwesend sind, und demnach die Versammlung nicht mehr beschlußfähig ist. Simons bringt seinen Antrag: „Die Stellvertreter für alle bei dem letzten Namensaufruf Abwesenden, einzuberufen,“ zur Debatte. Von vielen Seiten wird dagegen protestirt, weil die Versammlung nicht beschlußfähig sei. — Nach längerer Debatte kommt man zur Abstimmung. Da verlangen Wachsmuth und Andere namentliche Abstimmung, um dem Lande zu zeigen, wer einen solchen unrechtmäßigen Beschluß faßt. Der Antrag wird mit großer Majorität angenommen werden. (Abgang des Dampfzuges.) 24 Wien, 29 Nov, Aus Allexandrien so eben eingehende Nachrichten (vom 16. d.) melden, daß auch Ibrahim Pascha gestorben. Der gesetzliche Nachfolger wäre Abbas Pascha, ein talentloser und religiös-fanatischer Mensch. * Kremsier, 27. Nov. Die Contrerevolution, die sich überall, hier, wie in Potsdam-Brandenburg-Berlin, in Wien wie zu Frankfurt, mit heuchlerischen Phrasen von „konstitutionellen“ Staatsformen, von Begründung wahrer konstitutioneller „Freiheit“ zu maskiren versteht: ist namentlich um Aufstellung von wunderschönen vielversprechenden Programme nirgends in Verlegenheit. Doch mit allen ihren jesuitischen Redensarten von wahrer Freiheit, mit all' ihren Verheißungen und Zusagen macht sie die sehend Gewordenen nicht wieder blind. Die Beispiele allerneuester Zeit von dem Bombadirer Ferdinand in Neapel an bis zum dem idioten Ferdinand dem „Gütigen“ waren zu stark, um sobald wieder aus dem Gedächtniß zu schwinden. Die Ereignisse in Wien, Berlin etc. haben genügend dargethan, daß eins der Lebenselemente der Reaktion in Lüge und Eidbruch besteht. Danach beurtheilt auch das Volk mit vollem Recht folgendes heuchlerische Programm, das vom jetzigen östreichischen Ministerium durch den Ministerpräsidenten in der heutigen Reichstagssitzung aufgestellt worden. Es lautet: Meine Herren! Zufolge der Berufung Sr. Majestät ist der konstituirende Reichstag zur Fortsetzung der Berathungen über die Verfassung hier zusammengetreten. Als das Vertrauen des Kaisers uns in den Rath der Krone berief, verkannten wir nicht die Schwierigkeit der Aufgabe, die Größe der Verantwortlichkeit gegenüber dem Throne, wie dem Volke. Wunden aus der Vergangenheit sind zu heilen, Verlegenheiten des Augenblicks zu beseitigen, eine neue Ordnung der Dinge in der nächsten Zukunft aufzubauen. Das Bewußtsein eines redlichen Strebens für das Wohl des Staates, des Volkes und für die Freiheit, das Vertrauen auf Ihre Mitwirkung bei dem großen Werke bestimmten uns, persönliche Rücksichten der Liebe für das Vaterland zu opfern und dem Rufe des Monarchen zu folgen. Wir übernehmen die Handhabung der Regierungsgewalt aus den Händen Sr. Majestät zugleich mit der Verantwortlichkeit, fest entschlossen, jeden unverfassungsmäßigen Einfluß fern zu halten, aber eben so wenig Eingriffe in die vollziehende Gewalt zu gestatten. Einig in den Grundsätzen, werden die Worte und Handlungen eines Jeden von uns der Ausdruck der Politik des Gesammt-Ministeriums sein. Wir wollen die constitutionelle Monarchie aufrichtig und ohne Rückhalt. Wir wollen diese Staatsform, deren Wesen und gesicherten Bestand wir in der gemeinschaftlichen Ausübung der gesetzgebenden Gewalt durch den Monarchen und die Repräsentantenkörper Oestreichs erkennen, — wir wollen sie begründet auf der gleichen Berechtigung und unbehinderten Entwickelung aller Nationalitäten, so wie auf der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, gewährleistet durch Oeffentlichkeit in allen Zweigen des Staatslebens, getragen von der freien Gemeinde und der freien Gestaltung der Ländertheile in allen inneren Angelegenheiten, umschlungen von dem gemeinsamen Bande einer kräftigen Centralgewalt. Wir hoffen, das Ergebniß Ihrer Berathungen über die Verfassung möglichst bald der Sanction Sr. Majestät des Kaisers unterlegen zu können. Das Ministerium wird die Verwaltung nach den Bedürfnissen der Zeit umzuformen bemüht sein und, bis hierfür im Wege der Gesetzgebung bleibende Bestimmungen getroffen sind, die nöthigen Verordnungen erlassen. Ein zweifaches Ziel wird uns hierbei vorschweben: ungeschmalerte Erhaltung der den Völkern Oestreichs zugesicherten Freiheit, Sicherstellung der Bedingungen, ohne welche die Freiheit nicht bestehen kann. Daß diese zur lebendigen Wahrheit, daß ihren Bedingungen Erfüllung werde, dahin gedenken wir mit Ernst und Nachdruck zu wirken. Das Ministerium will nicht hinter den Bestrebungen nach freisinnigen und volksthümlichen Einrichtungen zurückbleiben, es hält vielmehr für seine Pflicht, sich an die Spitze dieser Bewegung zu stellen. Die Landbevölkerung, eben erst befreit von den Grundlasten, harrt mit Ungeduld den gesetzlichen Bestimmungen über Maßstab und Art der Entschädigung, so wie den von ihr zu tragenden, nach den Grundsätzen der Billigkeit zu bemessenden Antheil. Die Grundlage des freien Staates bildet die freie Gemeinde; daß dieser durch ein freisinniges Gemeindegesetz die selbstständige Bestimmung und Verwaltung innerhalb der durch die Rücksicht auf das Gesammtwohl gezogenen Gränzen gesichert werde, ist dringendes Bedürfniß. Als eine nothwendige und unabweisbare Folgerung der Selbstständigkeit der Gemeinden ergibt sich die Vereinfachung der Staatsverwaltung und eine dem Bedürfnisse der Zeit entsprechende Regelung der Behörden. Ueber diese Gegenstände, so wie über Umgestaltung der Rechtspflege im konstitutionellen Geiste, Einrichtung landesfürstlicher Gerichte statt der Patrimonial- und Kommunal-Gerichte und durchgreifende Trennung der Verwaltung von der Justiz, werden Ihnen, meine Herren, die geeigneten Vorlagen gemacht werden. Ebenso auch über Hintanhaltung des Mißbrauches der Presse durch Repressiv-Maßregeln über Regelung des Vereinsrechts, auf einer mit den Staatszwecken verträglichen Grundlage, und über die Einrichtung der Nationalgarden. Denn eben weil das Ministerium die Sache der Freiheit zu der seinigen macht, halt es die Wiederherstellung eines gesicherten Rechtszustandes für eine heilige Pflicht. Das Ministerium verspricht sich das thätige und pflichtgetreue Zusammenwirken aller Behörden. Die Regierungsorgane im Mittelpunkte der Monarchie, so wie in den Provinzen, in der Ausübung ihrer amtlichen Obliegenheiten auf das nachdrücklichste zu kräftigen, wird seine vorzüglichste Sorge sein. Beklagenswerthe Ereignisse haben stattgefunden. Die Gewalt der Waffen mußte zur Anwendung kommen gegen eine Fraction, welche die Haupt- und Residenzstadt in einen Schauplatz anarchischer Wirren verwandelt hatte. Tiefe Wunden sind geschlagen worden. Sie zu lindern und zu heilen, so weit dies möglich, Wien, das Herz des Reichs, seinem früheren Wohlstande zurückzugeben und dafür zu sorgen, daß dem durch das Gebot der Nothwendigkeit herbeigeführten Ausnahmezustande, sobald es die Verhältnisse gestatten, ein Ende gemacht werde, wird unser eifriges Bestreben sein. In Italien hat unser glorreiches Heer über Treubruch und Verrath gesiegt und die alten Tugenden der östreichischen Armee, die brüderliche Eintracht aller Stämme, die todesmuthige Hingebung für Oestreichs Ehre, Ruhm und Größe auf das glänzendste bewährt. Noch muß es dort gerüstet stehen, um die Integrität des Reichs zu wahren. In der organischen Verbindung mit dem konstitutionellen Oestreich wird das lombardisch-venetianische Königreich nach Abschluß des Friedens die sicherste Bürgschaft finden für die Wahrung seiner Nationalität. Die verantwortlichen Räthe der Krone werden feststehen auf dem Boden der Verträge. Sie geben sich der Hoffnung hin, daß in nicht ferner Zukunft auch das italienische Volk die Wohlthaten einer Verfassung genießen werde, welche die verschiedenen Stämme in voller Gleichberechtigung umschließen soll. Die Verletzung dieses ersten Rechtes der [unleserliches Material]ationen entzündete den Bürgerkrieg in Ungarn. Gegen eine Partei, deren letztes Ziel der Umsturz und die Lossagung von Oesterreich ist, erhoben sich dort die in ihren unveräußerlichen Rechten gekränkten Völker. Nicht der Freiheit gilt der Krieg, sondern denjenigen, die sie der Freiheit berauben wollen. Aufrechthaltung der Gesammt-Monarchie, ein engerer Verband mit uns, Anerkennung und Gewährleistung ihrer Nationalität sind der Gegenstand ihrer Bestrebungen. Das Ministerium wird sie unterstützen mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln. Mit Gewalt der Waffen wird, da leider alle Wege der Versöhnung fruchtlos eingeschlagen worden, die Schreckensherrschaft einer verbrecherischen Partei bekämpft und der innere Friede wieder hergestellt werden. Meine Herren! Das große Werk, welches uns im Einverständniß mit den Völkern obliegt, ist die Begründung eines neuen Bandes, das alle Lande und Stämme der Monarchie zu Einem großen Staatskörper vereinigen soll. Dieser Standpunkt zeigt zugleich den Weg, welchen das Ministerium in der deutschen Frage verfolgen wird. Nicht in dem Zerreißen der Monarchie liegt die Größe, nicht in ihrer Schwächung die Kräftigung Deutschlands. Oesterreichs Fortbestand in staatlicher Einheit ist ein deutsches, wie ein europäisches Bedürfniß. Von dieser Ueberzeugung durchdrungen, sehen wir der natürlichen Entwicklung des noch nicht vollendeten Ungestaltungs-Prozesses entgegen. Erst wenn das verjüngte Oestreich und das verjüngte Deutschland zu neuen und festen Formen gelangt sind, wird es möglich sein, ihre gegenseitigen Beziehungen staatlich zu bestimmen. Bis dahin wird Oestreich fortfahren, seine Bundespflichten zu treulich erfüllen. In allen äußeren Beziehungen des Reichs werden wir die Interessen und die Würde Oesterreichs zu wahren wissen und keinerlei beirrenden Einfluß von außen auf die unabhängige Gestaltung unserer inneren Verhälnisse zulassen. Dies sind die Hauptgrundzüge unserer Politik Wir haben sie mit unumwundener Offenheit dargelegt, weil ohne Wahrheit kein Vertrauen, und Vertrauen die erste Bedingung eines gedeihlichen Zusammenwirkens zwischen Regierung und Reichstag. München, 29, Nov. Vorigen Monat Abends wurde der Buchdruckereibesitzer J. Deschler in der Au, in dessen Offizin die Blätter: Gradaus, das freie Wort, Rückwärts, Allerneueste Nachrichten, der reisende Teufel, der Revolutionsteufel und andere Blätter gedruckt werden, verhaftet, und seine ganze Druckerei mit Beschlag belegt. Ich höre daß die nächste Veranlassung zu dieser Maßregel ein noch nicht verbreitetes, aber bereits in vielen Exemplaren gedruktes Flugblatt gewesen sey, in welchem Majestätsbeleidigungen in kaum glaublicher Ausdehnung enthalten seyn sollen. Der Fall wird wohl vor den Assisen verhandelt werden. (A. A. Zt.)Italien. Rom, 21. Nov. Die Deputirtenkammer ist gestern endlich doch zum Sitzen gekommen. Sie war eben nur knapp vollzählig. Marchese Potenziani machte den Vorschlag, eine Loyalitätsadresse an den Papst zu richten, wobei er bei dem Fürsten v. Canino auf heftigen Widerspruch stieß. Dieser dauerte auch fort, als er sich dahin erklärte, daß es keineswegs seine Meinung sei, dem Papst für die gemachten Konzessionen, die auch er als Errungenschaften der Revolution betrachte, zu danken, sondern nur zu erklären, daß man mit ihm und für ihn sei. Als es zum Abstimmen kam, schien der Vorschlag Unterstützung zu finden, bei der Gegenprobe aber, welche Canino verlangte, fiel er durch. Der „Circolo popolare“ hat seine Permanenz für aufgelös't erklärt, Gallieno, der neue Befehlshaber der Civica, hat bereits einen Tagesbefehl erlassen. Rosmini ist mit einer geheimen Sendung von Rom abgereis't, wie man glaubt, nach Paris. Zucchi und Mamiani, welcher letztere in Livorno eine Zusammenkunft mit Guerrazzi hatte, werden in Rom erwartet. Mailand. Nach einer Kundmachung in der Mailänder-Zeitung vom 20 Nov. wurde zu Como ein gewisser Jos. Maestrazzi, Posidente, 33 Jahr alt, gebürtig von Brescia wegen des Versuchs österreichische Soldaten zur Desertion und zum Uebertritt in fremde Kriegsdienste zu verleiten, standrechtlich erschossen. Seinem Mitschuldigen Peter Ronchetti, Wirth von Como, wurde im Gnadenwege die Todesstrafe in zweijährigen Festungsarrest umgewandelt. — Nach einer weitern Kundmachung der nämlichen Zeitung vom 21 d. wurde ebenfalls zu Como ein gewisser Crescieri Schmid, 49 Jahre alt, gebürtig von Argagno, auf Grund standrechtlichen Urtheils erschossen, weil er, während die k. k. Truppen zur Unterdrückung der Rebellen an jenem Orte wirkten, von einer Patrouille angehalten ward, wie er eben eine Pistole und ein Bajonnet in einem Sacke trug. * Piacenza, 22. Novbr. Die Oestreicher sind fortwährend mit der immer stärkern Befestigung hiesiger Stadt beschäftigt. Sollte die piemontesische Armee wieder ins Feld rücken, so würde sie hier ein bedeutendes Hinderniß finden. Die Desertionen bei den Oestreichern dauern fort. Es werden zu ihrer Verhinderung unglaubliche Vorsichtsmaßregeln getroffen, die aber doch ihren Zweck nicht erreichen. Es sind namentlich Ungarn, welche günstige Gelegenheit zum Entkommen benutzen. Die Bevölkerung hiesiger Stadt wartet mit Sehnsucht auf das Anrücken der Piemontesen. Die Gewaltmaßregeln der Oestreicher haben eine verbissene, ingrimmige Wuth erzeugt, die kaum zu beschreiben ist. Schweiz. * Tessin. Ein italienischer Flüchtling schreibt aus Lugano an die Turiner Opinione: „So lange wir Geld hatten, hat man uns ungeschoren gelassen, mau profitirte von uns. Sowie wir keins mehr haben werden, wird man uns wegjagen. Ich sage nichts gegen die Tessiner und ihre Regierung, aber diese ist machtlos und die eidgenössische Repräsentanten benehmen sich sehr unehrenhaft. Die schweizerisch-deutschen Truppen hier sind fast lauter Sonderbündler, und unterscheiden sich nur durch die Uniform und den Namen von den Kroaten.“ ** Zürich, 24. Nov. Daß in unserem industriellen Kanton die Civilisation rasch fortschreitet, dafür kann kein besserer Beweis geliefert werden, als folgende statistische Nachweise über Conzentration des Kapitals und Steigen des Pauperismus. Auf eine Bevölkerung von 231,574 Köpfen kommen nur 42,841, welche überhaupt Vermögen besitzen, und zwar zusammen circa 206,741,900 frs. Von diesen Vermögenden besitzt etwa 1/3, nämlich 12,770 weniger als fünfhundert Frs. per Kopf. Etwas über die Hälfte der Gesammtzahl, nämlich 22,665, besitzen 500 und 5000 Frs. Jeder; etwa 1/7 der Besteuerten, oder 1[unleserliches Material]35 der Gesammtbevölkerung, nämlich 6555, besitzen zwischen 5000 und 40,000 Frs.; 744 Personen haben Vermögen zwischen 40,000 und 160,000 Frs., und 113 besitzen über 160,000 Frs. Nach einer mäßigen Durchschnittsberechnung (das durchschnittliche Vermögen der Letzteren zu 300,000 Frs., das der vorletzten Kategorie zu 80,000 Frs. gerechnet, was notorisch unter der Wirklichkeit bleibt) befindet sich fast die Hälfte des Gesammtvermögens (94 Mill. Frs.) in den Händen von 857 Personen, Weiber und Kinder eingerechnet, d. h. in den Händen von weniger als 200 Haushaltungen. Nach zehn Jahren werden diese nicht mehr die Hälfte, sondern 2/3 des Gesammtvermögens besitzen — wer da hat, dem wird gegeben! Nun das Gegenstück. Wir haben also eine besitzlose Klasse von circa 190,000 Köpfen, theils arme Landpächter, theils Ackerknechte, theils Handwerker, theils Fabrikarbeiter. Von dieser besitzlosen Bevölkerung erhielten öffentliche Unterstützungen im Jahr 1836-9783 Personen, mit zusammen 155,865 Fr. Der Zuwachs ist erfreulich, wie man sieht. Nun die Art und Weise des Uebergangs aus der besitzenden Klasse in die besitzlose: von 1831 bis 1847 sind 6457 Falliten, durchschnittlich 431 im Jahre, vorgekommen. Die Zahl der Falliten stieg von Jahr zu Jahr. In denselben 15 Jahren sind nur 378 Falliten rehabilitirt worden. Und nun sage man noch, daß die Schweiz in der Civilisation zurückbleibt! ** Bern, 29. Nov. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. Französische Republik. 12 Paris, den 30. Nov. „Die Philosophen bringen mich noch so weit, daß ich am Ende in die Messe gehe.“ Setzen wir an die Stelle der Philosophen die Republikaner, und die Sache bleibt immer noch richtig. Was nicht in Frankreich Alles möglich ist! Cavaignac eilt dem Papste, der Kirche, der christlichen Religion zu Hülfe: die republikanische Regierung, die ruhig Messina in Flammen hat aufgehen lassen, und Oestreich den Kroaten Preis gegeben hat, diese republikanische Regierung eilt dem Papste zu Hülfe, um dem Stellvertreter Christi, dem Nachfolger Petri zu seinem rechtmäßigen Throne, dem rechtmäßigen aller Throne von Gottes Gnaden zu verhelfen, um den geistigen Reichsverweser wieder in das Reich des Geistes einzusetzen. Und alles dieses weiter nichts als eine ultramontane Reklame, von Seiten Cavaignac's um Präsident zu werden! Wahrhaftig, aus lauter Verzweiflung möchte man in die Messe gehen. In der Person Pius IX. sind bekanntlich 2 Personen vereinigt, der geistige und der weltliche Herr, der Scepter und die Tiare. Die Franzosen sagen: Nicht den Scepter wollen wir retten, sondern die Tiare: Nicht in die Politik wollen wir interveniren, sondern in die Religion. Der Gott ist in Gefahr. Es handelt sich um den Papst als Oberhaupt der Kirche, und nicht um den Fürsten. Die Römer sagen grade umgekehrt: Nicht mit dem Papste haben wir zu thun, sondern mit dem Fürsten. Dem geistigen Herrn wollen wir kein Haar auf dem Haupte krümmen; er soll ungeschoren bleiben. Wir wollen den politischen Herrscher stürzen. Die Politik ist im Spiel und nicht das Dogma, und ihr Franzosen mit Cavaignac an der Spitze, die Ihr mit Eurem Systeme der Nicht-Intervention Italien gemordet habt, Ihr bekommt auf einmal eine so zarte Sorgfalt für die Rettung Gottes! Dahinter muß etwas anderes stecken! Und die Italiener haben Recht. Hinter dem Gotte steckt etwas anderes, und dieses Andere ist die Präsidentschaft Cavaignac's. Was hat nun aber die Präsidentschaft Cavaignac's mit dem Papste und incl. mit dem Gotte zu thun? So weit ist's nunmehr gekommen mit den Franzosen, seit dem unglücklichen Siege über die Juni-Insurgenten, daß sie nur noch zu wählen haben zwischen einem Ochsen und einem Schurken, zwischen Cavaignac und Napoleon. Die Wahl der hohen Finance der großen Bourgeois ist nicht zweifelhaft. Wir lieben keinen von beiden, gesteht das „Journal des Debats“ offen ein. Keiner von beiden hat unsere Sympathien. Aber da uns keine andere Wahl übrig bleibt, da wir in die traurigen Alternative gestellt sind, zwischen dem Ochsen und dem Schurken zu wählen, so stimmen wir ehrliche Banquiers für den Schurken. Er hat die Ordnung des Papiergeldes und die Ruhe der Curse gerettet: Ein Schurke ist immer besser als ein Ochs, zumal wenn dieser Ochs Tausend von Treibern hinter sich hat. Der Ochs hat alle Bauern hinter sich und Tausende von unzufriedenen Arbeitern, denen in der Unmöglichkeit ihren Candidaten Raspail für den Augenblick durchzubringen, ebenfalls keine andere Wahl übrig bleibt, als zwischen dem Schurken und dem Ochsen. Ihre Wahl ist nicht zweifelhaft. Sie stimmen für den Ochsen, dem sie jede mögliche Richtung geben zu können hoffen. Da also hinter dem Ochsen die Bauern, hinter den Bauern der Pfaffe, hinter dem Pfaffen der Pabst nnd hinter dem Pabst der Gott steht, so geht der Schurke ein Bündniß ein mit dem Gott, um die Bauern dem Ochsen abtrünnig zu machen. Der Gott ist das Gutheißen der schlechten Umstände, die Resignation unter dem Drucke der Steúern. Und da Cavaignac unter dem Vorwande Gott zu retten, den Pabst und mit dem Pabste die Pfaffen rettet, so verlangt er von den letztern, daß sie die Bauern bewegen, die 45 Centimes sich gefallen zu lassen, den Gott gutzuheißen und den Cavaignac als Oberhaupt anzuerkennen. Es gibt Republikaner vom Vorabend und vom andern Tage. Bonapartisten vom Vorabend gab es eigentlich nie; wenigstens waren die reinen Bonapartisten, die Bonapartisten von Geburt in sehr geringer Anzahl. Bonapartist ist man über Nacht geworden. Der Ochse interessirte die Leute auf der Stelle für sich, aus Haß gegen den Cavaignac, den Republikaner vom Vorabend, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div xml:id="ar159-2_003" type="jArticle"> <p><pb facs="#f0002" n="0848"/> weil sie nicht in gesetzlicher Weise, von einer gesetzmäßig verhandelnden Versammlung vorgenommen ist.</p> <p><hi rendition="#g">Weichsel:</hi> Gesetzlich ist, daß die Mitglieder durch das Präsidium eingeladen werden. Es steht keineswegs fest, daß der St.-Anzeiger von jedem Abgeordneten gehalten oder gelesen werden muß, am wenigsten, wegen der Erlasse eines Ministeriums, das wir nicht anerkennen können. (Bravo und ungeheurer Tumult.).</p> <p><hi rendition="#g">Fleischer:</hi> Ich wollte mir die Bemerkung erlauben, daß die Meinung des Hrn. Baumstark nicht die meiner Freunde ist; aber keineswegs sind wir hierher gekommen, um Prinzipienfragen und Zwiespalt hervorzurufen.</p> <p><hi rendition="#g">Baumstark:</hi> Ich war der erste, der in dieser Versammlung zur Versöhnung gesprochen hat. Aber die Art, wie heut diese Fragen angeregt sind, entspricht nicht dem Sinne der Versöhnung. Es thut mir leid, wenn ich irgend Jemand zu dem Glauben verleitet habe, daß ich einen Zankapfel in der Versammlung werfen wollte. Es ist mir nicht in den Sinn gekommen.</p> <p><hi rendition="#g">Parrisius:</hi> Ich habe den Antrag auf Vertagung gestellt. Wider meinen Willen ist derselbe ohne Diskussion zur Abstimmung gekommen.</p> <p>(An 90 Mitglieder verlassen den Sitzungssaal.)</p> <p><hi rendition="#g">Brünneck</hi> fordert zur Abgabe der Stimmzettel zur Wahl des Präsidenten auf. Von mehreren Seiten wird dagegen protestirt.</p> <p><hi rendition="#g">Grabel</hi> verlangt den Namensaufruf, da die Versammlung nicht mehr beschlußfähig sei. — Ein Anderer glaubt, daß die bisherigen Präsidenten noch im Amte seien.</p> <p><hi rendition="#g">Bornemann</hi> erklärt, daß er, obgleich am 19. Novbr. zum Vicepräsidenten erwählt, sich dennoch nicht als für diese Versammlung gewählt ansehen könne.</p> <p>Der namentliche Aufruf zur Abgabe der Stimmzettel findet statt.</p> <p><hi rendition="#g">Brünneck</hi> erklärt endlich, daß nur 172 Abgeordnete anwesend sind, und demnach die Versammlung nicht mehr beschlußfähig ist.</p> <p><hi rendition="#g">Simons</hi> bringt seinen Antrag: „Die Stellvertreter für alle bei dem letzten Namensaufruf Abwesenden, einzuberufen,“ zur Debatte. Von vielen Seiten wird dagegen protestirt, weil die Versammlung nicht beschlußfähig sei. — Nach längerer Debatte kommt man zur Abstimmung.</p> <p>Da verlangen <hi rendition="#g">Wachsmuth</hi> und Andere namentliche Abstimmung, um dem Lande zu zeigen, wer einen solchen unrechtmäßigen Beschluß faßt.</p> <p>Der Antrag wird mit großer Majorität angenommen werden.</p> <p>(Abgang des Dampfzuges.)</p> </div> <div xml:id="ar159-2_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>24</author></bibl> Wien, 29 Nov,</head> <p>Aus Allexandrien so eben eingehende Nachrichten (vom 16. d.) melden, daß auch <hi rendition="#g">Ibrahim Pascha</hi> gestorben. Der gesetzliche Nachfolger wäre <hi rendition="#g">Abbas Pascha,</hi> ein talentloser und religiös-fanatischer Mensch.</p> </div> <div xml:id="ar159-2_005" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Kremsier, 27. Nov.</head> <p>Die Contrerevolution, die sich überall, hier, wie in Potsdam-Brandenburg-Berlin, in Wien wie zu Frankfurt, mit heuchlerischen Phrasen von „konstitutionellen“ Staatsformen, von Begründung wahrer konstitutioneller „Freiheit“ zu maskiren versteht: ist namentlich um Aufstellung von wunderschönen vielversprechenden Programme nirgends in Verlegenheit. Doch mit allen ihren jesuitischen Redensarten von wahrer Freiheit, mit all' ihren Verheißungen und Zusagen macht sie die sehend Gewordenen nicht wieder blind. Die Beispiele allerneuester Zeit von dem Bombadirer Ferdinand in Neapel an bis zum dem idioten Ferdinand dem „Gütigen“ waren zu stark, um sobald wieder aus dem Gedächtniß zu schwinden. Die Ereignisse in Wien, Berlin etc. haben genügend dargethan, daß eins der Lebenselemente der Reaktion in <hi rendition="#g">Lüge</hi> und <hi rendition="#g">Eidbruch</hi> besteht. Danach beurtheilt auch das Volk mit vollem Recht folgendes heuchlerische Programm, das vom jetzigen östreichischen Ministerium durch den Ministerpräsidenten in der heutigen Reichstagssitzung aufgestellt worden. Es lautet:</p> <p>Meine Herren!</p> <p>Zufolge der Berufung Sr. Majestät ist der konstituirende Reichstag zur Fortsetzung der Berathungen über die Verfassung hier zusammengetreten.</p> <p>Als das Vertrauen des Kaisers uns in den Rath der Krone berief, verkannten wir nicht die Schwierigkeit der Aufgabe, die Größe der Verantwortlichkeit gegenüber dem Throne, wie dem Volke.</p> <p>Wunden aus der Vergangenheit sind zu heilen, Verlegenheiten des Augenblicks zu beseitigen, eine neue Ordnung der Dinge in der nächsten Zukunft aufzubauen. Das Bewußtsein eines redlichen Strebens für das Wohl des Staates, des Volkes und für die Freiheit, das Vertrauen auf Ihre Mitwirkung bei dem großen Werke bestimmten uns, persönliche Rücksichten der Liebe für das Vaterland zu opfern und dem Rufe des Monarchen zu folgen.</p> <p>Wir übernehmen die Handhabung der Regierungsgewalt aus den Händen Sr. Majestät zugleich mit der Verantwortlichkeit, fest entschlossen, jeden unverfassungsmäßigen Einfluß fern zu halten, aber eben so wenig Eingriffe in die vollziehende Gewalt zu gestatten.</p> <p>Einig in den Grundsätzen, werden die Worte und Handlungen eines Jeden von uns der Ausdruck der Politik des Gesammt-Ministeriums sein.</p> <p>Wir wollen die constitutionelle Monarchie aufrichtig und ohne Rückhalt. Wir wollen diese Staatsform, deren Wesen und gesicherten Bestand wir in der gemeinschaftlichen Ausübung der gesetzgebenden Gewalt durch den Monarchen und die Repräsentantenkörper Oestreichs erkennen, — wir wollen sie begründet auf der gleichen Berechtigung und unbehinderten Entwickelung aller Nationalitäten, so wie auf der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, gewährleistet durch Oeffentlichkeit in allen Zweigen des Staatslebens, getragen von der freien Gemeinde und der freien Gestaltung der Ländertheile in allen inneren Angelegenheiten, umschlungen von dem gemeinsamen Bande einer kräftigen Centralgewalt.</p> <p>Wir hoffen, das Ergebniß Ihrer Berathungen über die Verfassung möglichst bald der Sanction Sr. Majestät des Kaisers unterlegen zu können.</p> <p>Das Ministerium wird die Verwaltung nach den Bedürfnissen der Zeit umzuformen bemüht sein und, bis hierfür im Wege der Gesetzgebung bleibende Bestimmungen getroffen sind, die nöthigen Verordnungen erlassen.</p> <p>Ein zweifaches Ziel wird uns hierbei vorschweben: ungeschmalerte Erhaltung der den Völkern Oestreichs zugesicherten Freiheit, Sicherstellung der Bedingungen, ohne welche die Freiheit nicht bestehen kann. Daß diese zur lebendigen Wahrheit, daß ihren Bedingungen Erfüllung werde, dahin gedenken wir mit Ernst und Nachdruck zu wirken.</p> <p>Das Ministerium will nicht hinter den Bestrebungen nach freisinnigen und volksthümlichen Einrichtungen zurückbleiben, es hält vielmehr für seine Pflicht, sich an die Spitze dieser Bewegung zu stellen.</p> <p>Die Landbevölkerung, eben erst befreit von den Grundlasten, harrt mit Ungeduld den gesetzlichen Bestimmungen über Maßstab und Art der Entschädigung, so wie den von ihr zu tragenden, nach den Grundsätzen der Billigkeit zu bemessenden Antheil.</p> <p>Die Grundlage des freien Staates bildet die freie Gemeinde; daß dieser durch ein freisinniges Gemeindegesetz die selbstständige Bestimmung und Verwaltung innerhalb der durch die Rücksicht auf das Gesammtwohl gezogenen Gränzen gesichert werde, ist dringendes Bedürfniß.</p> <p>Als eine nothwendige und unabweisbare Folgerung der Selbstständigkeit der Gemeinden ergibt sich die Vereinfachung der Staatsverwaltung und eine dem Bedürfnisse der Zeit entsprechende Regelung der Behörden.</p> <p>Ueber diese Gegenstände, so wie über Umgestaltung der Rechtspflege im konstitutionellen Geiste, Einrichtung landesfürstlicher Gerichte statt der Patrimonial- und Kommunal-Gerichte und durchgreifende Trennung der Verwaltung von der Justiz, werden Ihnen, meine Herren, die geeigneten Vorlagen gemacht werden. Ebenso auch über Hintanhaltung des Mißbrauches der Presse durch Repressiv-Maßregeln über Regelung des Vereinsrechts, auf einer mit den Staatszwecken verträglichen Grundlage, und über die Einrichtung der Nationalgarden. Denn eben weil das Ministerium die Sache der Freiheit zu der seinigen macht, halt es die Wiederherstellung eines gesicherten Rechtszustandes für eine heilige Pflicht.</p> <p>Das Ministerium verspricht sich das thätige und pflichtgetreue Zusammenwirken aller Behörden. Die Regierungsorgane im Mittelpunkte der Monarchie, so wie in den Provinzen, in der Ausübung ihrer amtlichen Obliegenheiten auf das nachdrücklichste zu kräftigen, wird seine vorzüglichste Sorge sein.</p> <p>Beklagenswerthe Ereignisse haben stattgefunden. Die Gewalt der Waffen mußte zur Anwendung kommen gegen eine Fraction, welche die Haupt- und Residenzstadt in einen Schauplatz anarchischer Wirren verwandelt hatte. Tiefe Wunden sind geschlagen worden. Sie zu lindern und zu heilen, so weit dies möglich, Wien, das Herz des Reichs, seinem früheren Wohlstande zurückzugeben und dafür zu sorgen, daß dem durch das Gebot der Nothwendigkeit herbeigeführten Ausnahmezustande, sobald es die Verhältnisse gestatten, ein Ende gemacht werde, wird unser eifriges Bestreben sein.</p> <p>In Italien hat unser glorreiches Heer über Treubruch und Verrath gesiegt und die alten Tugenden der östreichischen Armee, die brüderliche Eintracht aller Stämme, die todesmuthige Hingebung für Oestreichs Ehre, Ruhm und Größe auf das glänzendste bewährt. Noch muß es dort gerüstet stehen, um die Integrität des Reichs zu wahren.</p> <p>In der organischen Verbindung mit dem konstitutionellen Oestreich wird das lombardisch-venetianische Königreich nach Abschluß des Friedens die sicherste Bürgschaft finden für die Wahrung seiner Nationalität. Die verantwortlichen Räthe der Krone werden feststehen auf dem Boden der Verträge. Sie geben sich der Hoffnung hin, daß in nicht ferner Zukunft auch das italienische Volk die Wohlthaten einer Verfassung genießen werde, welche die verschiedenen Stämme in voller Gleichberechtigung umschließen soll.</p> <p>Die Verletzung dieses ersten Rechtes der <gap reason="illegible"/>ationen entzündete den Bürgerkrieg in Ungarn. Gegen eine Partei, deren letztes Ziel der Umsturz und die Lossagung von Oesterreich ist, erhoben sich dort die in ihren unveräußerlichen Rechten gekränkten Völker. Nicht der Freiheit gilt der Krieg, sondern denjenigen, die sie der Freiheit berauben wollen. Aufrechthaltung der Gesammt-Monarchie, ein engerer Verband mit uns, Anerkennung und Gewährleistung ihrer Nationalität sind der Gegenstand ihrer Bestrebungen. Das Ministerium wird sie unterstützen mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln. Mit Gewalt der Waffen wird, da leider alle Wege der Versöhnung fruchtlos eingeschlagen worden, die Schreckensherrschaft einer verbrecherischen Partei bekämpft und der innere Friede wieder hergestellt werden.</p> <p>Meine Herren! Das große Werk, welches uns im Einverständniß mit den Völkern obliegt, ist die Begründung eines neuen Bandes, das alle Lande und Stämme der Monarchie zu Einem großen Staatskörper vereinigen soll.</p> <p>Dieser Standpunkt zeigt zugleich den Weg, welchen das Ministerium in der deutschen Frage verfolgen wird. Nicht in dem Zerreißen der Monarchie liegt die Größe, nicht in ihrer Schwächung die Kräftigung Deutschlands. Oesterreichs Fortbestand in staatlicher Einheit ist ein deutsches, wie ein europäisches Bedürfniß. Von dieser Ueberzeugung durchdrungen, sehen wir der natürlichen Entwicklung des noch nicht vollendeten Ungestaltungs-Prozesses entgegen. Erst wenn das verjüngte Oestreich und das verjüngte Deutschland zu neuen und festen Formen gelangt sind, wird es möglich sein, ihre gegenseitigen Beziehungen staatlich zu bestimmen. Bis dahin wird Oestreich fortfahren, seine Bundespflichten zu treulich erfüllen.</p> <p>In allen äußeren Beziehungen des Reichs werden wir die Interessen und die Würde Oesterreichs zu wahren wissen und keinerlei beirrenden Einfluß von außen auf die unabhängige Gestaltung unserer inneren Verhälnisse zulassen.</p> <p>Dies sind die Hauptgrundzüge unserer Politik Wir haben sie mit unumwundener Offenheit dargelegt, weil ohne Wahrheit kein Vertrauen, und Vertrauen die erste Bedingung eines gedeihlichen Zusammenwirkens zwischen Regierung und Reichstag.</p> </div> <div xml:id="ar159-2_006" type="jArticle"> <head>München, 29, Nov.</head> <p>Vorigen Monat Abends wurde der Buchdruckereibesitzer J. Deschler in der Au, in dessen Offizin die Blätter: Gradaus, das freie Wort, Rückwärts, Allerneueste Nachrichten, der reisende Teufel, der Revolutionsteufel und andere Blätter gedruckt werden, verhaftet, und seine ganze Druckerei mit Beschlag belegt. Ich höre daß die nächste Veranlassung zu dieser Maßregel ein noch nicht verbreitetes, aber bereits in vielen Exemplaren gedruktes Flugblatt gewesen sey, in welchem Majestätsbeleidigungen in kaum glaublicher Ausdehnung enthalten seyn sollen. Der Fall wird wohl vor den Assisen verhandelt werden.</p> <bibl>(A. A. Zt.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Italien.</head> <div xml:id="ar159-2_007" type="jArticle"> <head>Rom, 21. Nov.</head> <p>Die Deputirtenkammer ist gestern endlich doch zum Sitzen gekommen. Sie war eben nur knapp vollzählig. Marchese Potenziani machte den Vorschlag, eine Loyalitätsadresse an den Papst zu richten, wobei er bei dem Fürsten v. Canino auf heftigen Widerspruch stieß. Dieser dauerte auch fort, als er sich dahin erklärte, daß es keineswegs seine Meinung sei, dem Papst für die gemachten Konzessionen, die auch er als Errungenschaften der Revolution betrachte, zu danken, sondern nur zu erklären, daß man mit ihm und für ihn sei. Als es zum Abstimmen kam, schien der Vorschlag Unterstützung zu finden, bei der Gegenprobe aber, welche Canino verlangte, fiel er durch.</p> <p>Der „Circolo popolare“ hat seine Permanenz für aufgelös't erklärt, Gallieno, der neue Befehlshaber der Civica, hat bereits einen Tagesbefehl erlassen. Rosmini ist mit einer geheimen Sendung von Rom abgereis't, wie man glaubt, nach Paris. Zucchi und Mamiani, welcher letztere in Livorno eine Zusammenkunft mit Guerrazzi hatte, werden in Rom erwartet.</p> </div> <div xml:id="ar159-2_008" type="jArticle"> <head>Mailand.</head> <p>Nach einer Kundmachung in der Mailänder-Zeitung vom 20 Nov. wurde zu Como ein gewisser Jos. Maestrazzi, Posidente, 33 Jahr alt, gebürtig von Brescia wegen des Versuchs österreichische Soldaten zur Desertion und zum Uebertritt in fremde Kriegsdienste zu verleiten, standrechtlich erschossen. Seinem Mitschuldigen Peter Ronchetti, Wirth von Como, wurde im Gnadenwege die Todesstrafe in zweijährigen Festungsarrest umgewandelt. — Nach einer weitern Kundmachung der nämlichen Zeitung vom 21 d. wurde ebenfalls zu Como ein gewisser Crescieri Schmid, 49 Jahre alt, gebürtig von Argagno, auf Grund standrechtlichen Urtheils erschossen, weil er, während die k. k. Truppen zur Unterdrückung der Rebellen an jenem Orte wirkten, von einer Patrouille angehalten ward, wie er eben eine Pistole und ein Bajonnet in einem Sacke trug.</p> </div> <div xml:id="ar159-2_009" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Piacenza, 22. Novbr.</head> <p>Die Oestreicher sind fortwährend mit der immer stärkern Befestigung hiesiger Stadt beschäftigt. Sollte die piemontesische Armee wieder ins Feld rücken, so würde sie hier ein bedeutendes Hinderniß finden.</p> <p>Die Desertionen bei den Oestreichern dauern fort. Es werden zu ihrer Verhinderung unglaubliche Vorsichtsmaßregeln getroffen, die aber doch ihren Zweck nicht erreichen. Es sind namentlich Ungarn, welche günstige Gelegenheit zum Entkommen benutzen. Die Bevölkerung hiesiger Stadt wartet mit Sehnsucht auf das Anrücken der Piemontesen. Die Gewaltmaßregeln der Oestreicher haben eine verbissene, ingrimmige Wuth erzeugt, die kaum zu beschreiben ist.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Schweiz.</head> <div xml:id="ar159-2_010" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> Tessin.</head> <p>Ein italienischer Flüchtling schreibt aus Lugano an die Turiner Opinione: „So lange wir Geld hatten, hat man uns ungeschoren gelassen, mau profitirte von uns. Sowie wir keins mehr haben werden, wird man uns wegjagen. Ich sage nichts gegen die Tessiner und ihre Regierung, aber diese ist machtlos und die eidgenössische Repräsentanten benehmen sich sehr unehrenhaft. Die schweizerisch-deutschen Truppen hier sind <hi rendition="#g">fast lauter Sonderbündler</hi>, und unterscheiden sich nur durch die Uniform und den Namen von den Kroaten.“</p> </div> <div xml:id="ar159-2_011" type="jArticle"> <head><bibl><author>**</author></bibl> Zürich, 24. Nov.</head> <p>Daß in unserem industriellen Kanton die Civilisation rasch fortschreitet, dafür kann kein besserer Beweis geliefert werden, als folgende statistische Nachweise über Conzentration des Kapitals und Steigen des Pauperismus.</p> <p>Auf eine Bevölkerung von 231,574 Köpfen kommen nur 42,841, welche überhaupt Vermögen besitzen, und zwar zusammen circa 206,741,900 frs. Von diesen Vermögenden besitzt etwa 1/3, nämlich 12,770 weniger als fünfhundert Frs. per Kopf. Etwas über die Hälfte der Gesammtzahl, nämlich 22,665, besitzen 500 und 5000 Frs. Jeder; etwa 1/7 der Besteuerten, oder 1<gap reason="illegible"/>35 der Gesammtbevölkerung, nämlich 6555, besitzen zwischen 5000 und 40,000 Frs.; 744 Personen haben Vermögen zwischen 40,000 und 160,000 Frs., und 113 besitzen über 160,000 Frs. Nach einer mäßigen Durchschnittsberechnung (das durchschnittliche Vermögen der Letzteren zu 300,000 Frs., das der vorletzten Kategorie zu 80,000 Frs. gerechnet, was notorisch <hi rendition="#g">unter</hi> der Wirklichkeit bleibt) befindet sich fast die Hälfte des Gesammtvermögens (94 Mill. Frs.) in den Händen von 857 Personen, Weiber und Kinder eingerechnet, d. h. in den Händen von weniger als 200 Haushaltungen. Nach zehn Jahren werden diese nicht mehr die Hälfte, sondern 2/3 des Gesammtvermögens besitzen — wer da hat, dem wird gegeben!</p> <p>Nun das Gegenstück. Wir haben also eine besitzlose Klasse von circa 190,000 Köpfen, theils arme Landpächter, theils Ackerknechte, theils Handwerker, theils Fabrikarbeiter. Von dieser besitzlosen Bevölkerung erhielten öffentliche Unterstützungen im Jahr</p> <p rendition="#et">1836-9783 Personen, mit zusammen 155,865 Fr.<lb/> 1846-11,756 Personen, mit zusammen 307,982 Fr.<lb/> 1847-13,820 Personen, mit zusammen 374,730 Fr.</p> <p>Der Zuwachs ist erfreulich, wie man sieht. Nun die Art und Weise des Uebergangs aus der besitzenden Klasse in die besitzlose: von 1831 bis 1847 sind 6457 Falliten, durchschnittlich 431 im Jahre, vorgekommen. Die Zahl der Falliten stieg von Jahr zu Jahr. In denselben 15 Jahren sind nur 378 Falliten rehabilitirt worden.</p> <p>Und nun sage man noch, daß die Schweiz in der Civilisation zurückbleibt!</p> </div> <div xml:id="ar159-2_012_c" type="jArticle"> <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Neues aus der Schweiz, vorgesehen für: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi>, I/8. </bibl> </note> <head><bibl><author>**</author></bibl> Bern, 29. Nov.</head> <gap reason="copyright"/> </div> </div> <div n="1"> <head>Französische Republik.</head> <div xml:id="ar159-2_013" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, den 30. Nov.</head> <p>„Die Philosophen bringen mich noch so weit, daß ich am Ende in die Messe gehe.“ Setzen wir an die Stelle der Philosophen die Republikaner, und die Sache bleibt immer noch richtig. Was nicht in Frankreich Alles möglich ist! Cavaignac eilt dem Papste, der Kirche, der christlichen Religion zu Hülfe: die republikanische Regierung, die ruhig Messina in Flammen hat aufgehen lassen, und Oestreich den Kroaten Preis gegeben hat, diese republikanische Regierung eilt dem Papste zu Hülfe, um dem Stellvertreter Christi, dem Nachfolger Petri zu seinem rechtmäßigen Throne, dem rechtmäßigen aller Throne von Gottes Gnaden zu verhelfen, um den geistigen Reichsverweser wieder in das Reich des Geistes einzusetzen. Und alles dieses weiter nichts als eine ultramontane Reklame, von Seiten Cavaignac's um Präsident zu werden! Wahrhaftig, aus lauter Verzweiflung möchte man in die Messe gehen.</p> <p>In der Person Pius IX. sind bekanntlich 2 Personen vereinigt, der geistige und der weltliche Herr, der Scepter und die Tiare. Die Franzosen sagen: Nicht den Scepter wollen wir retten, sondern die Tiare: Nicht in die Politik wollen wir interveniren, sondern in die Religion. Der Gott ist in Gefahr. Es handelt sich um den Papst als Oberhaupt der Kirche, und nicht um den Fürsten. Die Römer sagen grade umgekehrt: Nicht mit dem Papste haben wir zu thun, sondern mit dem Fürsten. Dem geistigen Herrn wollen wir kein Haar auf dem Haupte krümmen; er soll ungeschoren bleiben. Wir wollen den politischen Herrscher stürzen. Die Politik ist im Spiel und nicht das Dogma, und ihr Franzosen mit Cavaignac an der Spitze, die Ihr mit Eurem Systeme der Nicht-Intervention Italien gemordet habt, Ihr bekommt auf einmal eine so zarte Sorgfalt für die Rettung Gottes! Dahinter muß etwas anderes stecken! Und die Italiener haben Recht. Hinter dem Gotte steckt etwas anderes, und dieses Andere ist die Präsidentschaft Cavaignac's. Was hat nun aber die Präsidentschaft Cavaignac's mit dem Papste und incl. mit dem Gotte zu thun?</p> <p>So weit ist's nunmehr gekommen mit den Franzosen, seit dem unglücklichen Siege über die Juni-Insurgenten, daß sie nur noch zu wählen haben zwischen einem Ochsen und einem Schurken, zwischen Cavaignac und Napoleon. Die Wahl der hohen Finance der großen Bourgeois ist nicht zweifelhaft. Wir lieben keinen von beiden, gesteht das „Journal des Debats“ offen ein. Keiner von beiden hat unsere Sympathien. Aber da uns keine andere Wahl übrig bleibt, da wir in die traurigen Alternative gestellt sind, zwischen dem Ochsen und dem Schurken zu wählen, so stimmen wir ehrliche Banquiers für den Schurken. Er hat die Ordnung des Papiergeldes und die Ruhe der Curse gerettet: Ein Schurke ist immer besser als ein Ochs, zumal wenn dieser Ochs Tausend von Treibern hinter sich hat. Der Ochs hat alle Bauern hinter sich und Tausende von unzufriedenen Arbeitern, denen in der Unmöglichkeit ihren Candidaten Raspail für den Augenblick durchzubringen, ebenfalls keine andere Wahl übrig bleibt, als zwischen dem Schurken und dem Ochsen. Ihre Wahl ist nicht zweifelhaft. Sie stimmen für den Ochsen, dem sie jede mögliche Richtung geben zu können hoffen.</p> <p>Da also hinter dem Ochsen die Bauern, hinter den Bauern der Pfaffe, hinter dem Pfaffen der Pabst nnd hinter dem Pabst der Gott steht, so geht der Schurke ein Bündniß ein mit dem Gott, um die Bauern dem Ochsen abtrünnig zu machen. Der Gott ist das Gutheißen der schlechten Umstände, die Resignation unter dem Drucke der Steúern. Und da Cavaignac unter dem Vorwande Gott zu retten, den Pabst und mit dem Pabste die Pfaffen rettet, so verlangt er von den letztern, daß sie die Bauern bewegen, die 45 Centimes sich gefallen zu lassen, den Gott gutzuheißen und den Cavaignac als Oberhaupt anzuerkennen.</p> <p>Es gibt Republikaner vom Vorabend und vom andern Tage. Bonapartisten vom Vorabend gab es eigentlich nie; wenigstens waren die reinen Bonapartisten, die Bonapartisten von Geburt in sehr geringer Anzahl. Bonapartist ist man über Nacht geworden. Der Ochse interessirte die Leute auf der Stelle für sich, aus Haß gegen den Cavaignac, den Republikaner vom Vorabend, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0848/0002]
weil sie nicht in gesetzlicher Weise, von einer gesetzmäßig verhandelnden Versammlung vorgenommen ist.
Weichsel: Gesetzlich ist, daß die Mitglieder durch das Präsidium eingeladen werden. Es steht keineswegs fest, daß der St.-Anzeiger von jedem Abgeordneten gehalten oder gelesen werden muß, am wenigsten, wegen der Erlasse eines Ministeriums, das wir nicht anerkennen können. (Bravo und ungeheurer Tumult.).
Fleischer: Ich wollte mir die Bemerkung erlauben, daß die Meinung des Hrn. Baumstark nicht die meiner Freunde ist; aber keineswegs sind wir hierher gekommen, um Prinzipienfragen und Zwiespalt hervorzurufen.
Baumstark: Ich war der erste, der in dieser Versammlung zur Versöhnung gesprochen hat. Aber die Art, wie heut diese Fragen angeregt sind, entspricht nicht dem Sinne der Versöhnung. Es thut mir leid, wenn ich irgend Jemand zu dem Glauben verleitet habe, daß ich einen Zankapfel in der Versammlung werfen wollte. Es ist mir nicht in den Sinn gekommen.
Parrisius: Ich habe den Antrag auf Vertagung gestellt. Wider meinen Willen ist derselbe ohne Diskussion zur Abstimmung gekommen.
(An 90 Mitglieder verlassen den Sitzungssaal.)
Brünneck fordert zur Abgabe der Stimmzettel zur Wahl des Präsidenten auf. Von mehreren Seiten wird dagegen protestirt.
Grabel verlangt den Namensaufruf, da die Versammlung nicht mehr beschlußfähig sei. — Ein Anderer glaubt, daß die bisherigen Präsidenten noch im Amte seien.
Bornemann erklärt, daß er, obgleich am 19. Novbr. zum Vicepräsidenten erwählt, sich dennoch nicht als für diese Versammlung gewählt ansehen könne.
Der namentliche Aufruf zur Abgabe der Stimmzettel findet statt.
Brünneck erklärt endlich, daß nur 172 Abgeordnete anwesend sind, und demnach die Versammlung nicht mehr beschlußfähig ist.
Simons bringt seinen Antrag: „Die Stellvertreter für alle bei dem letzten Namensaufruf Abwesenden, einzuberufen,“ zur Debatte. Von vielen Seiten wird dagegen protestirt, weil die Versammlung nicht beschlußfähig sei. — Nach längerer Debatte kommt man zur Abstimmung.
Da verlangen Wachsmuth und Andere namentliche Abstimmung, um dem Lande zu zeigen, wer einen solchen unrechtmäßigen Beschluß faßt.
Der Antrag wird mit großer Majorität angenommen werden.
(Abgang des Dampfzuges.)
24 Wien, 29 Nov, Aus Allexandrien so eben eingehende Nachrichten (vom 16. d.) melden, daß auch Ibrahim Pascha gestorben. Der gesetzliche Nachfolger wäre Abbas Pascha, ein talentloser und religiös-fanatischer Mensch.
* Kremsier, 27. Nov. Die Contrerevolution, die sich überall, hier, wie in Potsdam-Brandenburg-Berlin, in Wien wie zu Frankfurt, mit heuchlerischen Phrasen von „konstitutionellen“ Staatsformen, von Begründung wahrer konstitutioneller „Freiheit“ zu maskiren versteht: ist namentlich um Aufstellung von wunderschönen vielversprechenden Programme nirgends in Verlegenheit. Doch mit allen ihren jesuitischen Redensarten von wahrer Freiheit, mit all' ihren Verheißungen und Zusagen macht sie die sehend Gewordenen nicht wieder blind. Die Beispiele allerneuester Zeit von dem Bombadirer Ferdinand in Neapel an bis zum dem idioten Ferdinand dem „Gütigen“ waren zu stark, um sobald wieder aus dem Gedächtniß zu schwinden. Die Ereignisse in Wien, Berlin etc. haben genügend dargethan, daß eins der Lebenselemente der Reaktion in Lüge und Eidbruch besteht. Danach beurtheilt auch das Volk mit vollem Recht folgendes heuchlerische Programm, das vom jetzigen östreichischen Ministerium durch den Ministerpräsidenten in der heutigen Reichstagssitzung aufgestellt worden. Es lautet:
Meine Herren!
Zufolge der Berufung Sr. Majestät ist der konstituirende Reichstag zur Fortsetzung der Berathungen über die Verfassung hier zusammengetreten.
Als das Vertrauen des Kaisers uns in den Rath der Krone berief, verkannten wir nicht die Schwierigkeit der Aufgabe, die Größe der Verantwortlichkeit gegenüber dem Throne, wie dem Volke.
Wunden aus der Vergangenheit sind zu heilen, Verlegenheiten des Augenblicks zu beseitigen, eine neue Ordnung der Dinge in der nächsten Zukunft aufzubauen. Das Bewußtsein eines redlichen Strebens für das Wohl des Staates, des Volkes und für die Freiheit, das Vertrauen auf Ihre Mitwirkung bei dem großen Werke bestimmten uns, persönliche Rücksichten der Liebe für das Vaterland zu opfern und dem Rufe des Monarchen zu folgen.
Wir übernehmen die Handhabung der Regierungsgewalt aus den Händen Sr. Majestät zugleich mit der Verantwortlichkeit, fest entschlossen, jeden unverfassungsmäßigen Einfluß fern zu halten, aber eben so wenig Eingriffe in die vollziehende Gewalt zu gestatten.
Einig in den Grundsätzen, werden die Worte und Handlungen eines Jeden von uns der Ausdruck der Politik des Gesammt-Ministeriums sein.
Wir wollen die constitutionelle Monarchie aufrichtig und ohne Rückhalt. Wir wollen diese Staatsform, deren Wesen und gesicherten Bestand wir in der gemeinschaftlichen Ausübung der gesetzgebenden Gewalt durch den Monarchen und die Repräsentantenkörper Oestreichs erkennen, — wir wollen sie begründet auf der gleichen Berechtigung und unbehinderten Entwickelung aller Nationalitäten, so wie auf der Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz, gewährleistet durch Oeffentlichkeit in allen Zweigen des Staatslebens, getragen von der freien Gemeinde und der freien Gestaltung der Ländertheile in allen inneren Angelegenheiten, umschlungen von dem gemeinsamen Bande einer kräftigen Centralgewalt.
Wir hoffen, das Ergebniß Ihrer Berathungen über die Verfassung möglichst bald der Sanction Sr. Majestät des Kaisers unterlegen zu können.
Das Ministerium wird die Verwaltung nach den Bedürfnissen der Zeit umzuformen bemüht sein und, bis hierfür im Wege der Gesetzgebung bleibende Bestimmungen getroffen sind, die nöthigen Verordnungen erlassen.
Ein zweifaches Ziel wird uns hierbei vorschweben: ungeschmalerte Erhaltung der den Völkern Oestreichs zugesicherten Freiheit, Sicherstellung der Bedingungen, ohne welche die Freiheit nicht bestehen kann. Daß diese zur lebendigen Wahrheit, daß ihren Bedingungen Erfüllung werde, dahin gedenken wir mit Ernst und Nachdruck zu wirken.
Das Ministerium will nicht hinter den Bestrebungen nach freisinnigen und volksthümlichen Einrichtungen zurückbleiben, es hält vielmehr für seine Pflicht, sich an die Spitze dieser Bewegung zu stellen.
Die Landbevölkerung, eben erst befreit von den Grundlasten, harrt mit Ungeduld den gesetzlichen Bestimmungen über Maßstab und Art der Entschädigung, so wie den von ihr zu tragenden, nach den Grundsätzen der Billigkeit zu bemessenden Antheil.
Die Grundlage des freien Staates bildet die freie Gemeinde; daß dieser durch ein freisinniges Gemeindegesetz die selbstständige Bestimmung und Verwaltung innerhalb der durch die Rücksicht auf das Gesammtwohl gezogenen Gränzen gesichert werde, ist dringendes Bedürfniß.
Als eine nothwendige und unabweisbare Folgerung der Selbstständigkeit der Gemeinden ergibt sich die Vereinfachung der Staatsverwaltung und eine dem Bedürfnisse der Zeit entsprechende Regelung der Behörden.
Ueber diese Gegenstände, so wie über Umgestaltung der Rechtspflege im konstitutionellen Geiste, Einrichtung landesfürstlicher Gerichte statt der Patrimonial- und Kommunal-Gerichte und durchgreifende Trennung der Verwaltung von der Justiz, werden Ihnen, meine Herren, die geeigneten Vorlagen gemacht werden. Ebenso auch über Hintanhaltung des Mißbrauches der Presse durch Repressiv-Maßregeln über Regelung des Vereinsrechts, auf einer mit den Staatszwecken verträglichen Grundlage, und über die Einrichtung der Nationalgarden. Denn eben weil das Ministerium die Sache der Freiheit zu der seinigen macht, halt es die Wiederherstellung eines gesicherten Rechtszustandes für eine heilige Pflicht.
Das Ministerium verspricht sich das thätige und pflichtgetreue Zusammenwirken aller Behörden. Die Regierungsorgane im Mittelpunkte der Monarchie, so wie in den Provinzen, in der Ausübung ihrer amtlichen Obliegenheiten auf das nachdrücklichste zu kräftigen, wird seine vorzüglichste Sorge sein.
Beklagenswerthe Ereignisse haben stattgefunden. Die Gewalt der Waffen mußte zur Anwendung kommen gegen eine Fraction, welche die Haupt- und Residenzstadt in einen Schauplatz anarchischer Wirren verwandelt hatte. Tiefe Wunden sind geschlagen worden. Sie zu lindern und zu heilen, so weit dies möglich, Wien, das Herz des Reichs, seinem früheren Wohlstande zurückzugeben und dafür zu sorgen, daß dem durch das Gebot der Nothwendigkeit herbeigeführten Ausnahmezustande, sobald es die Verhältnisse gestatten, ein Ende gemacht werde, wird unser eifriges Bestreben sein.
In Italien hat unser glorreiches Heer über Treubruch und Verrath gesiegt und die alten Tugenden der östreichischen Armee, die brüderliche Eintracht aller Stämme, die todesmuthige Hingebung für Oestreichs Ehre, Ruhm und Größe auf das glänzendste bewährt. Noch muß es dort gerüstet stehen, um die Integrität des Reichs zu wahren.
In der organischen Verbindung mit dem konstitutionellen Oestreich wird das lombardisch-venetianische Königreich nach Abschluß des Friedens die sicherste Bürgschaft finden für die Wahrung seiner Nationalität. Die verantwortlichen Räthe der Krone werden feststehen auf dem Boden der Verträge. Sie geben sich der Hoffnung hin, daß in nicht ferner Zukunft auch das italienische Volk die Wohlthaten einer Verfassung genießen werde, welche die verschiedenen Stämme in voller Gleichberechtigung umschließen soll.
Die Verletzung dieses ersten Rechtes der _ ationen entzündete den Bürgerkrieg in Ungarn. Gegen eine Partei, deren letztes Ziel der Umsturz und die Lossagung von Oesterreich ist, erhoben sich dort die in ihren unveräußerlichen Rechten gekränkten Völker. Nicht der Freiheit gilt der Krieg, sondern denjenigen, die sie der Freiheit berauben wollen. Aufrechthaltung der Gesammt-Monarchie, ein engerer Verband mit uns, Anerkennung und Gewährleistung ihrer Nationalität sind der Gegenstand ihrer Bestrebungen. Das Ministerium wird sie unterstützen mit allen ihm zu Gebote stehenden Mitteln. Mit Gewalt der Waffen wird, da leider alle Wege der Versöhnung fruchtlos eingeschlagen worden, die Schreckensherrschaft einer verbrecherischen Partei bekämpft und der innere Friede wieder hergestellt werden.
Meine Herren! Das große Werk, welches uns im Einverständniß mit den Völkern obliegt, ist die Begründung eines neuen Bandes, das alle Lande und Stämme der Monarchie zu Einem großen Staatskörper vereinigen soll.
Dieser Standpunkt zeigt zugleich den Weg, welchen das Ministerium in der deutschen Frage verfolgen wird. Nicht in dem Zerreißen der Monarchie liegt die Größe, nicht in ihrer Schwächung die Kräftigung Deutschlands. Oesterreichs Fortbestand in staatlicher Einheit ist ein deutsches, wie ein europäisches Bedürfniß. Von dieser Ueberzeugung durchdrungen, sehen wir der natürlichen Entwicklung des noch nicht vollendeten Ungestaltungs-Prozesses entgegen. Erst wenn das verjüngte Oestreich und das verjüngte Deutschland zu neuen und festen Formen gelangt sind, wird es möglich sein, ihre gegenseitigen Beziehungen staatlich zu bestimmen. Bis dahin wird Oestreich fortfahren, seine Bundespflichten zu treulich erfüllen.
In allen äußeren Beziehungen des Reichs werden wir die Interessen und die Würde Oesterreichs zu wahren wissen und keinerlei beirrenden Einfluß von außen auf die unabhängige Gestaltung unserer inneren Verhälnisse zulassen.
Dies sind die Hauptgrundzüge unserer Politik Wir haben sie mit unumwundener Offenheit dargelegt, weil ohne Wahrheit kein Vertrauen, und Vertrauen die erste Bedingung eines gedeihlichen Zusammenwirkens zwischen Regierung und Reichstag.
München, 29, Nov. Vorigen Monat Abends wurde der Buchdruckereibesitzer J. Deschler in der Au, in dessen Offizin die Blätter: Gradaus, das freie Wort, Rückwärts, Allerneueste Nachrichten, der reisende Teufel, der Revolutionsteufel und andere Blätter gedruckt werden, verhaftet, und seine ganze Druckerei mit Beschlag belegt. Ich höre daß die nächste Veranlassung zu dieser Maßregel ein noch nicht verbreitetes, aber bereits in vielen Exemplaren gedruktes Flugblatt gewesen sey, in welchem Majestätsbeleidigungen in kaum glaublicher Ausdehnung enthalten seyn sollen. Der Fall wird wohl vor den Assisen verhandelt werden.
(A. A. Zt.) Italien. Rom, 21. Nov. Die Deputirtenkammer ist gestern endlich doch zum Sitzen gekommen. Sie war eben nur knapp vollzählig. Marchese Potenziani machte den Vorschlag, eine Loyalitätsadresse an den Papst zu richten, wobei er bei dem Fürsten v. Canino auf heftigen Widerspruch stieß. Dieser dauerte auch fort, als er sich dahin erklärte, daß es keineswegs seine Meinung sei, dem Papst für die gemachten Konzessionen, die auch er als Errungenschaften der Revolution betrachte, zu danken, sondern nur zu erklären, daß man mit ihm und für ihn sei. Als es zum Abstimmen kam, schien der Vorschlag Unterstützung zu finden, bei der Gegenprobe aber, welche Canino verlangte, fiel er durch.
Der „Circolo popolare“ hat seine Permanenz für aufgelös't erklärt, Gallieno, der neue Befehlshaber der Civica, hat bereits einen Tagesbefehl erlassen. Rosmini ist mit einer geheimen Sendung von Rom abgereis't, wie man glaubt, nach Paris. Zucchi und Mamiani, welcher letztere in Livorno eine Zusammenkunft mit Guerrazzi hatte, werden in Rom erwartet.
Mailand. Nach einer Kundmachung in der Mailänder-Zeitung vom 20 Nov. wurde zu Como ein gewisser Jos. Maestrazzi, Posidente, 33 Jahr alt, gebürtig von Brescia wegen des Versuchs österreichische Soldaten zur Desertion und zum Uebertritt in fremde Kriegsdienste zu verleiten, standrechtlich erschossen. Seinem Mitschuldigen Peter Ronchetti, Wirth von Como, wurde im Gnadenwege die Todesstrafe in zweijährigen Festungsarrest umgewandelt. — Nach einer weitern Kundmachung der nämlichen Zeitung vom 21 d. wurde ebenfalls zu Como ein gewisser Crescieri Schmid, 49 Jahre alt, gebürtig von Argagno, auf Grund standrechtlichen Urtheils erschossen, weil er, während die k. k. Truppen zur Unterdrückung der Rebellen an jenem Orte wirkten, von einer Patrouille angehalten ward, wie er eben eine Pistole und ein Bajonnet in einem Sacke trug.
* Piacenza, 22. Novbr. Die Oestreicher sind fortwährend mit der immer stärkern Befestigung hiesiger Stadt beschäftigt. Sollte die piemontesische Armee wieder ins Feld rücken, so würde sie hier ein bedeutendes Hinderniß finden.
Die Desertionen bei den Oestreichern dauern fort. Es werden zu ihrer Verhinderung unglaubliche Vorsichtsmaßregeln getroffen, die aber doch ihren Zweck nicht erreichen. Es sind namentlich Ungarn, welche günstige Gelegenheit zum Entkommen benutzen. Die Bevölkerung hiesiger Stadt wartet mit Sehnsucht auf das Anrücken der Piemontesen. Die Gewaltmaßregeln der Oestreicher haben eine verbissene, ingrimmige Wuth erzeugt, die kaum zu beschreiben ist.
Schweiz. * Tessin. Ein italienischer Flüchtling schreibt aus Lugano an die Turiner Opinione: „So lange wir Geld hatten, hat man uns ungeschoren gelassen, mau profitirte von uns. Sowie wir keins mehr haben werden, wird man uns wegjagen. Ich sage nichts gegen die Tessiner und ihre Regierung, aber diese ist machtlos und die eidgenössische Repräsentanten benehmen sich sehr unehrenhaft. Die schweizerisch-deutschen Truppen hier sind fast lauter Sonderbündler, und unterscheiden sich nur durch die Uniform und den Namen von den Kroaten.“
** Zürich, 24. Nov. Daß in unserem industriellen Kanton die Civilisation rasch fortschreitet, dafür kann kein besserer Beweis geliefert werden, als folgende statistische Nachweise über Conzentration des Kapitals und Steigen des Pauperismus.
Auf eine Bevölkerung von 231,574 Köpfen kommen nur 42,841, welche überhaupt Vermögen besitzen, und zwar zusammen circa 206,741,900 frs. Von diesen Vermögenden besitzt etwa 1/3, nämlich 12,770 weniger als fünfhundert Frs. per Kopf. Etwas über die Hälfte der Gesammtzahl, nämlich 22,665, besitzen 500 und 5000 Frs. Jeder; etwa 1/7 der Besteuerten, oder 1_ 35 der Gesammtbevölkerung, nämlich 6555, besitzen zwischen 5000 und 40,000 Frs.; 744 Personen haben Vermögen zwischen 40,000 und 160,000 Frs., und 113 besitzen über 160,000 Frs. Nach einer mäßigen Durchschnittsberechnung (das durchschnittliche Vermögen der Letzteren zu 300,000 Frs., das der vorletzten Kategorie zu 80,000 Frs. gerechnet, was notorisch unter der Wirklichkeit bleibt) befindet sich fast die Hälfte des Gesammtvermögens (94 Mill. Frs.) in den Händen von 857 Personen, Weiber und Kinder eingerechnet, d. h. in den Händen von weniger als 200 Haushaltungen. Nach zehn Jahren werden diese nicht mehr die Hälfte, sondern 2/3 des Gesammtvermögens besitzen — wer da hat, dem wird gegeben!
Nun das Gegenstück. Wir haben also eine besitzlose Klasse von circa 190,000 Köpfen, theils arme Landpächter, theils Ackerknechte, theils Handwerker, theils Fabrikarbeiter. Von dieser besitzlosen Bevölkerung erhielten öffentliche Unterstützungen im Jahr
1836-9783 Personen, mit zusammen 155,865 Fr.
1846-11,756 Personen, mit zusammen 307,982 Fr.
1847-13,820 Personen, mit zusammen 374,730 Fr.
Der Zuwachs ist erfreulich, wie man sieht. Nun die Art und Weise des Uebergangs aus der besitzenden Klasse in die besitzlose: von 1831 bis 1847 sind 6457 Falliten, durchschnittlich 431 im Jahre, vorgekommen. Die Zahl der Falliten stieg von Jahr zu Jahr. In denselben 15 Jahren sind nur 378 Falliten rehabilitirt worden.
Und nun sage man noch, daß die Schweiz in der Civilisation zurückbleibt!
** Bern, 29. Nov. _ Französische Republik. 12 Paris, den 30. Nov. „Die Philosophen bringen mich noch so weit, daß ich am Ende in die Messe gehe.“ Setzen wir an die Stelle der Philosophen die Republikaner, und die Sache bleibt immer noch richtig. Was nicht in Frankreich Alles möglich ist! Cavaignac eilt dem Papste, der Kirche, der christlichen Religion zu Hülfe: die republikanische Regierung, die ruhig Messina in Flammen hat aufgehen lassen, und Oestreich den Kroaten Preis gegeben hat, diese republikanische Regierung eilt dem Papste zu Hülfe, um dem Stellvertreter Christi, dem Nachfolger Petri zu seinem rechtmäßigen Throne, dem rechtmäßigen aller Throne von Gottes Gnaden zu verhelfen, um den geistigen Reichsverweser wieder in das Reich des Geistes einzusetzen. Und alles dieses weiter nichts als eine ultramontane Reklame, von Seiten Cavaignac's um Präsident zu werden! Wahrhaftig, aus lauter Verzweiflung möchte man in die Messe gehen.
In der Person Pius IX. sind bekanntlich 2 Personen vereinigt, der geistige und der weltliche Herr, der Scepter und die Tiare. Die Franzosen sagen: Nicht den Scepter wollen wir retten, sondern die Tiare: Nicht in die Politik wollen wir interveniren, sondern in die Religion. Der Gott ist in Gefahr. Es handelt sich um den Papst als Oberhaupt der Kirche, und nicht um den Fürsten. Die Römer sagen grade umgekehrt: Nicht mit dem Papste haben wir zu thun, sondern mit dem Fürsten. Dem geistigen Herrn wollen wir kein Haar auf dem Haupte krümmen; er soll ungeschoren bleiben. Wir wollen den politischen Herrscher stürzen. Die Politik ist im Spiel und nicht das Dogma, und ihr Franzosen mit Cavaignac an der Spitze, die Ihr mit Eurem Systeme der Nicht-Intervention Italien gemordet habt, Ihr bekommt auf einmal eine so zarte Sorgfalt für die Rettung Gottes! Dahinter muß etwas anderes stecken! Und die Italiener haben Recht. Hinter dem Gotte steckt etwas anderes, und dieses Andere ist die Präsidentschaft Cavaignac's. Was hat nun aber die Präsidentschaft Cavaignac's mit dem Papste und incl. mit dem Gotte zu thun?
So weit ist's nunmehr gekommen mit den Franzosen, seit dem unglücklichen Siege über die Juni-Insurgenten, daß sie nur noch zu wählen haben zwischen einem Ochsen und einem Schurken, zwischen Cavaignac und Napoleon. Die Wahl der hohen Finance der großen Bourgeois ist nicht zweifelhaft. Wir lieben keinen von beiden, gesteht das „Journal des Debats“ offen ein. Keiner von beiden hat unsere Sympathien. Aber da uns keine andere Wahl übrig bleibt, da wir in die traurigen Alternative gestellt sind, zwischen dem Ochsen und dem Schurken zu wählen, so stimmen wir ehrliche Banquiers für den Schurken. Er hat die Ordnung des Papiergeldes und die Ruhe der Curse gerettet: Ein Schurke ist immer besser als ein Ochs, zumal wenn dieser Ochs Tausend von Treibern hinter sich hat. Der Ochs hat alle Bauern hinter sich und Tausende von unzufriedenen Arbeitern, denen in der Unmöglichkeit ihren Candidaten Raspail für den Augenblick durchzubringen, ebenfalls keine andere Wahl übrig bleibt, als zwischen dem Schurken und dem Ochsen. Ihre Wahl ist nicht zweifelhaft. Sie stimmen für den Ochsen, dem sie jede mögliche Richtung geben zu können hoffen.
Da also hinter dem Ochsen die Bauern, hinter den Bauern der Pfaffe, hinter dem Pfaffen der Pabst nnd hinter dem Pabst der Gott steht, so geht der Schurke ein Bündniß ein mit dem Gott, um die Bauern dem Ochsen abtrünnig zu machen. Der Gott ist das Gutheißen der schlechten Umstände, die Resignation unter dem Drucke der Steúern. Und da Cavaignac unter dem Vorwande Gott zu retten, den Pabst und mit dem Pabste die Pfaffen rettet, so verlangt er von den letztern, daß sie die Bauern bewegen, die 45 Centimes sich gefallen zu lassen, den Gott gutzuheißen und den Cavaignac als Oberhaupt anzuerkennen.
Es gibt Republikaner vom Vorabend und vom andern Tage. Bonapartisten vom Vorabend gab es eigentlich nie; wenigstens waren die reinen Bonapartisten, die Bonapartisten von Geburt in sehr geringer Anzahl. Bonapartist ist man über Nacht geworden. Der Ochse interessirte die Leute auf der Stelle für sich, aus Haß gegen den Cavaignac, den Republikaner vom Vorabend,
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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