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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 152. Köln, 25. November 1848.

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Anarchie von Unten; eine von Oben läugnet es. Es fürchtet die Gewaltigen, und ist nur da kräftig, wo der Ingrimm des getäuschten Volkes endlich durchbricht, es hat sich durch seine Handlungen längst selbst gerichtet!

Auf Euch deutschen Männern lastet die Pflicht, ein so unheilvolles Ministerium zu verdrängen, Ihr habt die Macht dazu, indem Ihr ihm Euer Vertrauen entzieht, und es ist Volkswille, daß Ihr dieses jetzt thut.

(Folgen die Unterschriften).

X Trier, 22. Novbr.

Der Triersche Gemeinderath huldigte der Nationalversammlung und versprach ihr in einer Adresse, für sie zu stehen und zu fallen; der Triersche Gemeinderath ist heute zu erbärmlich, um das bischen Konsequenz zu haben, daß er die Steuerverweigerung an den Thoren durchzuführen den Versuch macht. Er lehnte einen dahinzielenden Antrag des hier bestehenden Bürgerausschusses ab. Dem Bürgerausschuß sind Hände und Füße gebunden, theils weil er sich nur auf ein unbewaffnetes Volk stützen kann, theils weil die Bourgeoiselemente unter ihm jeden entschiedenen Beschluß unmöglich machen. Bei der einfachsten Sache, bei einer unschuldigen Proklamation an das Volk, verweigerten reiche Leute ihre Namensunterschriften, dennoch verbleiben sie in dem Ausschuß. Die Illusion über Vereinbarung ist zerstört; es ist Zeit, daß diese Zerstörung faktisch anerkannt werde, sonst gehen wir durch diese Illusion gleich Wien unter. Der Scheineifer der Bourgeois für die Revolution wird sich im entscheidenden Augenblicke in Verrath wandeln.

Unser Regierungspräsident Seboldt ist entschieden brandenburg-manteufflisch; die Plakate des Bürgerausschusses läßt er abreißen, um an deren Stelle seine eigene zu heften, die er mit Militär bewachen läßt und worin er in maßloser Weise auf die Bewohner Triers schimpft.

In Folge des Plakatenabreißens entwickelte sich am Sonntag ein kleiner Straßenkrawall. Die Wachmannschaft in Gemeinschaft vieler heimlich zu solchem Zwecke beorderter Soldaten, alle übermäßig berauscht, provocirten auf die empörendste Art diesen Krawall. Ohne jede Veranlassung machte das Militär häufige taktische Evolutionen über den Markt und durch die angrenzenden Straßen, hieb mit Säbeln und stieß mit Kolben blindlings und wüthend um sich auf jedem, der ihnen in den Weg kam. Es sind dabei wenigstens 15-20 Personen mehr oder weniger verwundet worden. Der Hr. Oberbürgermrister Haw erhielt einen Bajonettstich in den Hals. Einige Freunde und Gleichgesinnte der Leute aus Köln, welche Vergnügen am Belagerungszustande finden, behaupten, Haw sei von einen Proletarier, der auf das Militär feuerte, geschossen worden. Seboldt schimpft in einem Plakat die Leute; welche sich von dem besoffenen Militär mißhandeln ließen, Betrunkene, Lumpen und Jungen. Eine größere Frechheit hat nie in einem Menschen gewohnt. -- Der Bürgerausschuß hat ihn beim Oberprokurator verklagt. Eine Krähe hackt der andern die Augen nicht aus. Der Oberprokurator ist, glaube ich, selbst brandenburg-manteufflisch. Die Umgegend Triers ist stark von Militär besetzt; man hat Luxemburg ziemlich entblößt, um die Städtchen Wittlich, Bitburg etc. zu belagern.

* Trier, 22. November.

Der hiesige Bürgerausschuß hat folgende Adresse nach Berlin abgesandt:

Hohe National-Versammlung!

Der unterzeichnete Bürgerausschuß von Trier sieht auf dem Wege, auf welchem unsere gemeinsame Sache voranschreiten soll, in der Militärmacht das unbeweglichste und gefährlichste aller Hindernisse, wenn dieselbe ungestort einer Regierung zur Verfügung bleibt deren Räthe sich bereits des Hochverraths schuldig gemacht haben Wir erkennen es dankbar an, daß die National-Versammlung eine der Hauptstützen dieser volksfeindlichen Regierung durch das Dekret über die Steuerverweigerung umgestürzt hat; aber wir würden uns der National-Versammlung zu noch hoherem Danke verpflichtet halten, wenn dieselbe mit der nämlichen Konsequenz auch die andere Stütze entfernt hätte auf welcher die despotische Willkür sich bisher so sicher geglaubt hat.

Noch ist es nicht zu spät, noch haben unsere Soldaten kein Bürgerblut vergossen; Hohe National-Versammlung, verhüte solche Gräuelthaten durch die Macht, welche das Land dir anvertraut hat: entbinde das Militär von allen Verpflichtungen gegen eine Regierung, welche durch den Hochverrath ihrer ersten Organe sich außerhalb der Gesetze begeben hat. Wir hoffen, daß der Blick unserer Soldaten nicht so zu ihrem Verderben geblendet sein wird, daß sie ungehorsam gegen die National-Versammlung sein könnten; wir hoffen, daß unsere Brüder im Heere auf einen Beschluß der National-Versammlung zu uns zurückkehren und die Stütze des Volkes bilden werden.

Trier, den 20. November 1848.

Der Bürgerausschuß.

* Schönecken, 21. Nov.

Aus der ganzen Eifel sind Zustimmungsadressen, von den Landräthen, Bürgermeistern, Gemeinderäthen und Einwohnern unterzeichnet, an die hohe Nationalversammlung in Berlin abgegangen. Es ist darin nicht allein die vollste Zustimmung zu den unterm 9. November gefaßten Beschlüssen ausgesprochen, sondern auch die Versicherung, daß man jeden Augenblick bereit stehe, um deren Ausführung zu unterstützen. Aus dem Kreise Prümm sind allein sieben derartige Adressen abgesandt worden und zwar aus den Orten Prüm, Schönecken, Waxweiler, Stadtkill, Leidenborn, Bleialf und Birresborn.

* Kettwig, 19. Nov.

Da der hiesige sogenannte konstitutionelle Verein sich veranlaßt sah, seine Unterthänigkeitsadresse an das Ministerium mit den Worten zu schließen: "Folgen die Unterschriften fast sämmtlicher Eingesessenen" und dies zu der irrthümlichen Meinung verleiten dürfte, als repräsentire diese Verein mit seinen 40 Mitgliedern ganz Kettwig, so theilen wir Ihnen hierdurch mit, daß außer einer Heuleradresse, schon am 11. November eine zahlreich unterschriebene Adresse hiesiger Bürger an die Berliner Nationalversammlung abging, in der sich die Majorität der Bevölkerung sehr entschieden für die Sache der Freiheit ausspricht und der Nationalversammlung ihren wärmsten Dank zu erkennen giebt.

* Sprockhövel, Grafschaft Mark, 22. Nov.

In einer gestern hier abgehaltenen Volksversammlung wurde die Steuerverweigerung einstimmig beschlossen und eine von zahlreichen Unterschriften bedeckte Adresse zu Gunsten der Nationalversammlung angenommen und sofort nach Berlin gesandt.

Als Beweis, wie die Loyalitätsadressen hin und wieder zu Stande gebracht werden, diene folgendes Beispiel. In einigen Aemtern des Kreises Hagen trägt die Polizei Adressen für den König von Haus zu Haus, und sucht durch allerlei Mittel Unterschriften zu erlangen. Bei der natürlichen Scheu des Landmannes vor diesen kleinen Despoten ist es nicht zu verwunden, daß Viele gegen ihre Ueberzeugung unterzeichnen. Trotzdem fallen diese Unterschriften sehr spärlich aus, während die Adressen für die Nationalversammlung, welche aus den meisten Landgemeinden abgehen, mit zahllosen Unterschriften bedeckt sind. Ueberhaupt ist das Landvolk in diesen Theilen der Grafschaft Mark entschieden demokratisch.

* Geilenkirchen, 20. November.

Der Bürgerverein hat in seinen Sitzungen vom 18. und 19. Novbr. c. über die Steuer-Verweigerungsfrage berathen und in dieser Beziehung folgende Beschlüsse gefaßt, die er hiermit zur Kenntniß der Bewohner des Kreises bringt:

"Der Bürgerverein von Geilenkirchen erklärt sich vollkommen einverstanden mit dem Beschlusse der National-Versammlung. (Einstimmig angenommen.)
"Er hält Jeden für verpflichtet, nach Kräften durch passiven Widerstand und moralische Einwirkung darauf hinzuarbeiten, daß keine Steuern in die Hände des Ministeriums Brandenburg gelangen." (Einstimmig angenommen.)
Als Mittel zu diesem Zwecke schlägt der Bürgerverein vor:
1) Die direkten Steuern (Grund-, Klassen- und Gewerbsteuer) nicht zu zahlen. (Einstimmig beschlossen.)
2) Ebenso die indirekten Steuern zu verweigern. (Mit mehr als 2/3 der Stimmen angenommen.)
3) Die Gemeindebeischläge nur da zu zahlen, wo ein besonderer Gemeinde-Empfänger dafür angestellt ist. (Mit allen gegen 6 Stimmen angenommen.)

Denen, die indirekte Steuern zu zahlen haben, wird anempfohlen, der Steuerbehörde schriftlich anzuzeigen, daß sie den Betrag der Steuer deponirt haben und sie zu jedem Augenblick bereit sind, denselben der von der National-Versammlung als dazu berechtigt erklärten Behörde auszuliefern.

Es wird nicht erwartet, daß irgend ein Empfänger es wagen wird, jetzt die Steuer durch Execution beizutreiben. Für den Fall, daß es dennoch geschähe, wird von gewaltsamer Widersetzlichkeit abgerathen und dem Eigenthümer empfohlen die zum Verkauf ausgestellten Sachen zu einem Pfennig pr. Stück zurückzukaufen.

Durch einstimmigen Beschluß erklärt der Bürgerverein

"Daß er Jeden, der außer dem Eigenthümer oder dessen Bevollmächtigten unter den jetzigen Umständen bei öffentlichen Steuer-Executionen bietet, als Verräther des Volkes betrachtet!"

* Arnsberg, 20. November.

Am Sonnabend, den 18. d. Mts., hatte sich hier auf Grund des Beschlusses der Steuerverweigerung eine Bürgerversammlung mit dem Vorhaben konstituirt ihre Zusammenkünfte auf dem hiesigen Rathhaussaale abzuhalten, wovon der Magistrat in Kenntniß gesetzt wurde. -- Es kam hierauf eine sehr ungenügende Resolution, und die Bürgerversammlung beschloß den Rathhaussaal mit Gewalt zu nehmen. Indeß wurde bei der Ankunft der Massen dem Vorsitzer Cl. v. Orsbach der Schlüssel des Saales überreicht und die Versammlung fand Statt.

Dem früheren Abgeordneten Sommer wurde dieser Tage zum Lohne für seine reaktionären Bestrebungen, das Haus demolirt.

20 Berlin, 22. Nov.

Es ist von hier wenig Neues zu berichten, da seit Wrangels Regiment die Ereignisse immer spärlicher und Alles zugleich so einförmig und eintönig geworden ist, daß man nicht in Berlin, sondern in einer öden Wachtstube zu leben glaubt. -- Militärische Brutalitäten, polizeiliche Verfolgungen häufen sich von Tage zu Tage. Besonders richten sich die Letzteren gegen das Proletariat. Der Arbeiter, welcher im Augenblicke ohne Arbeit ist, wird, auch wenn er nachweisen kann, daß er in 8 Tagen wieder beschäftigt sein wird, ohne Gnade und Erbarmen "gewrangelt," d. h. mit Zwangspaß und unter Androhung mehrwöchentlicher Arbeitshausstrafe aus Berlin in seine Heimath gewiesen. Und so geht es Jedem, der nicht einen bestimmten Bourgois-Zweck seines hiesigen Aufenthalts nachweisen kann. Es ist in unsere Polizei ein wahrer Ausweisungsteufel gefahren; heut wurde zum Zweck der Ausweisung eine eigne Fremdenkommission konstituirt. An ihrer Spitze steht ein bekannter Polizist, Assessor Seeger. Sie versieht ihr Henkersamt mit so großer Dienstbeflissenheit gegen Herrn Wrangel, daß, wie man versichert, bis heut bereits über 2000, im Polizeisinne meist "unverdächtige" Leute aus Berlin spedirt worden sind. Einer eben so genauen Kontrolle unterliegen auch die hier ankommenden Fremden, von denen Mancher je nach der Laune eines milchbärtigen Gardelieutenants oft wenn er des Abends hier ankömmt, die Nacht hindurch auf dem Eisenbahnhofe zubringen und dann noch durch allerlei Unannehmlichkeiten sich hindurchschlagen muß, um in die Stadt zu kommen. Die Chicane in dieser Beziehung ist fast unglaublich. Berliner, die zum Vergnügen nach Köpnick fahren wollen, müssen einen Paß lösen, um ungehindert wieder nach Hause kommen zu können. -- Der Verkehr ist, wie man sieht, nicht im Mindesten gestört. Handel und Wandel sind wieder in alter Blüthe; das zeigen die leeren Kaufläden, das leere Intelligenz-Blatt und das Fremdenblatt, welches jetzt als Oktavblättchen erscheint, während es vor Wrangel acht Bogen stark war. -- Aber für "Ordnung und Ruhe" bringt der "gute Bürger" jedes Opfer.

Es ist heut wiederum neues Militär in die Stadt gerückt. Auch noch jetzt nach der Entwaffnung diese Furcht? Welch' böses Gewissen! -- Die Wachen werden mit eisernen Gittern umgeben, "um (wie sich die Herrscher Zeitung geistreich ausdrückt), den Andrang des Volks zu hindern." Dazu noch Patrouillen ganzer Bataillone. Welch' lächerliche Rüstung gegenüber der tiefen Ruhe Berlins!

* Berlin, 22. Novbr.

Folgendes ist die Adresse, welche der Bernburger Landtag hieher gesandt:

"Hohe Nationalversammlung.

Wo ein Herz schlägt, das den Begriff "Volk" lebenswarm fassen kann, nicht im Schlamme des Kastengeistes todeskalt geworden ist, da hat auch sicherlich einige Theilnahme an den dortigen Ereignissen stattgefunden. Emport über die rohe Gewalt bisher Privilegirter, sind heiße Wünsche zur Weltregierung gesandt, daß sich auch in diesem entsetzlichen Falle das böse Prinzip selbst vernichten möge! An der fernern weisen Standhaftigkeit Einer Hohen Nationalversammlung und an der treuen Ergebenheit des preußischen Volkes gegen seine Vertreter zweifeln gewiß nur Wenige.

Innerhalb der deutschen Grenzen muß aber diese Theilnahme noch inniger sein: Jeder fühlt, daß Deutschlands Schicksal in Berlin entschieden werden wird In dieser heiligen Angelegenheit gibt es nur Deutsche, und auch unsere Herzen schlagen Einer Hohen Nationalversammlung freudig entgegen. Wir vermeiden eine Schilderung unseres Gefühles, "denn der innere Mensch hat keine Zunge;" Hohe Nationalversammlung gestatte uns aber zu versichern, daß die Bürger Anhalt-Bernburgs den Preußen selber hierbei nicht nachstehen werden.

Bernburg, am 16. November 1848.

Die Abgeordneten des Bernburger Landtages."

Heimbörger. Zeising. Glaß. Amelang. Schiele. Ludewig. Barnbeck. C. Wirth. Fr. Voigt. G. O. Piper. Eduard Große. Fr. Stötzer. Günther. Dannenberg. Campen Pfannschmidt.

-- Die aus Marburg an die hiesige Nationalversammlung eingegangene Adresse schließt mit den Worten:

"Wir fordern Euch auf, hochherzige Mitglieder der preußischen National-Versammlung, mit aller Entschlossenheit und unerbittlicher Konsequenz, den Widerstand gegen eine hochverrätherische Regierung und die gründliche Vernichtung derselben fortzusetzen. Der Aufschwung und die Größe des Deutschen Vaterlandes wird der sichere Lohn sein, und auf den Trümmern der brutalen Soldatenherrschaft wird die friedliche Entwickelung des demokratischen Deutschlands beginnen."

Marburg, am 15. November 1848.

Der Volksrath.

Eberhard, Präsident. Dr. med. Eichelberg, Sekretär.

X Berlin, 22. Nov.

Bis jetzt sind über 7000 Dankadressen mit circa einer halben Million Unterschriften eingegangen. Außerdem Zustimmungsadressen der Nationalversammlungen von Mecklenburg, Oldenburg, Bernburg und Dessau.

103 Berlin, 22. Nov.

Die Contre-Revolution ist schon seit langer Zeit vorbereitet. Radowitz ist die Seele der ganzen Intrigue. Gleich nach der Unterdrückung des Pariser Juli-Aufstandes wurde von der Kamarilla der Plan zur Contrerevolution entworfen. Die Königin trat mit der Erzherzogin Sophie von Oestreich in Verbindung und in Pillnitz wurden im Juli während der Anwesenheit der Königin und des General Radowitz alle Rollen ausgetheilt. Radowitz setzte den Ausbruch der Contrerevolution für den Augenblick fest, wo Wrangel mit seinen siegreichen Truppen aus Schleswig-Holstein zurückkehren würde. Es hatten sich aber im Laufe des Sommers noch zwei andere Parteien am Hofe gebildet, welche der ersten, der eigentlichen Kamarilla größtentheils entgegenwirkte. Die eine Partei ist die des Prinzen von Preußen, an deren Spitze die Prinzessin von Preußen steht und deren Organ die "Neue Preußische Zeitung" ist. Diese Partei liebäugelte mit dem Proletariat, welches sie dazu benutzen wollte, vermittelst Putsche und Emeuten, die man selbst anregte, den König zur Abdankung zu Gunsten des Prinzen von Preußen zu bewegen. Von dieser Partei gehen die bekannten Vorfälle vom 14. Juli und die späteren Arbeiteraufläufe aus. Im Auftrage dieser Partei unterhandelte auch Hr. v. Katte mit dem zur damaligen Zeit bei den Maschinenbauern und andern Arbeitern im besten Ansehen stehenden Held. Held hat das selbst in dem Plakate: "Meine Idee" veröffentlicht. Die dritte Hofpartei ist die des Prinzen Karl, welche für den Sohn des Prinzen, der eine liberale Färbung zur Schau trägt, einen Staatsstreich wie den Pariser von 1830 herbeiwünschte; sie wollten die Orleans spielen. Doch kehren wir zur Kamarilla zurück. Der von ihr entworfene Plan zur Contre-Revolution fällt zur Zeit des Ministeriums Hansemann. Dieser erfuhr den ganzen Plan und so sind auch seine Worte vom 7. Sept. bei Gelegenheit des Stein'schen Antrags am besten zu deuten, wo er durch die Annahme des Stein'schen Antrags Preußens Stern sinken sieht. Der Stein'sche Antrag wurde aber dennoch angenommen und das wollte die Kamarilla zur Ausführung ihres Coups benutzen. Die Ministerkrisis wurde damals nur deshalb 14 Tage lang ausgedehnt, um alle Truppen aus Holstein heranzuziehen. Wrangel wurde zum Oberbefehlshaber der Marken ernannt, man glaubte in Pfuel den Mann gefunden zu haben, welcher den Muth besitzt, die Contrerevolution auszuführen. Aber Pfuel war zu rechtlich dazu. Als er zum ersten Mal in der Nationalversammlung erschien und wegen der Ausführung des Stein'schen Antrages interpellirt wurde, verschob er die Antwort bis nächsten Montag und wurde von der allgemeinen Stimmung der Bevölkerung Berlins, die sich damals auf einen Kampf vorbereitete, so imponirt, daß er dem Könige erklärte, er könne die Contrerevolution nicht ausführen. Die Kamarilla wüthete, aber man hatte augenblicklich keinen Andern, um Pfuel zu ersetzen, und man gab einstweilen nach. Man benutzte aber die Zeit, um die Nationalversammlung im ganzen Lande so viel wie möglich zu diskreditiren. Man verbreitete die Ansicht, daß es der Versammlung mit der Verfassung gar nicht Ernst wäre, sie verzögere absichtlich deren Berathung durch dringende Anträge und Interpellationen u. s. w. Sogar Kühlwetter und Hansemann wurden nach ihrem Austritt aus dem Ministerium dazu benutzt, um in Aachen und der Rheinprovinz derartige Adressen zu Stande zu bringen. Durch Meusebach und Konsorten ließ man die Anträge auf ausschließliche Berathung der Verfassung stellen; man wußte, daß die Linke dagegen stimmen würde und wollte sie dadurch ihres Einflusses berauben. Die Vorfälle vom 31. Okt. wurden erwiesenermaßen von der Reaktion durch agents provocateurs angestiftet, um Gelegenheit zu den beabsichtigten Gewaltmaßregeln zu haben. Da kam die Nachricht vom Siege der Contrerevolution in Wien. Jetzt oder nie; der Zeitpunkt konnte nicht passender sein. Aber Pfuel verweigerte seine Zustimmung; er erhielt die schon dreimal geforderte Entlassung, und Brandenburg, dieses Spielwerk der Kamarilla, mußte den Namen zum Kamarilla-Ministerium hergeben. Alles was nun folgte ist wohlbekannt. Daß der Plan, wie er ausgeführt wurde, mit Entwaffnung der Bürgerwehr, Erklärung des Belagerungszustandes u. s. w. schon seit geraumer Zeit entworfen war, das beweist, mit welcher Zähigkeit man im Bürgerwehrgesetz die Rückgabe der Waffen an den Staat und die Auflösung der fliegenden Korps festhielt; dann die Weigerung, das Gesetz wegen Abschaffung der Todesstrafe zu genehmigen, weil ihnen dadurch die Möglichkeit genommen war, a la Windischgrätz zu füsiliren, was ihnen zu ihrem größten Leidwesen durch den passiven Widerstand unmöglich gemacht worden ist.

Obgleich nun die Contrerevolution augenblicklich im Besitze der Gewalt ist, so herrscht bei uns doch kein Zweifel darüber, daß die eben ausgeführten Gewaltstreiche uns nur schneller zum Ziele führen müssen. Wem jetzt die Augen nicht aufgegangen sind, dem werden sir auf immer verschlossen bleiben und für ihn ist die Zukunft verloren; diese Partei muß auf jede Art und Weise später unschädlich gemacht werden.

Man sucht hier das Gerücht zu verbreiten, als ob die hier anwesenden 279 Abgeordneten (nach dem neuesten heute ausgegebenen Verzeichnisse hat sich die Zahl so weit vermehrt) sich bereit erklärt hätten, zum 27. d. M, nach Brandenburg zu gehen. Wir können jedoch aufs Bestimmteste das Gegentheil versichern. Keine einzige Partei denkt daran, nach Brandenburg zu gehen.

Von den Vermittlungsversuchen der Reichskommissäre ist noch kein Resultat zu Tage gefördert. Sie haben Konferenzen mit den Ministern und mit den Abgeordneten der Nationalversammlung abgehalten, aber ohne das Geringste zu erreichen. Keinerseits will man nachgeben.

* Berlin, 22. Nov.

Der Abgeordnete Kirchmann stellt die Lüge der "N. Preuß. Ztg." über ihn, wie folgt, ins Licht:

"Die neue preußische Zeitung hat vor einigen Tagen ein Gespräch mitgetheilt, was zwischen dem Unterstaats-Secretair Bassermann aus Frankfurt und mir statt gehabt haben soll. Bei dem bekannten Charakter dieser Zeitung hielt ich trotz der vielen Unrichtigkeiten dieser Mittheilung eine Berichtigung nicht für nöthig. Diese Mittheilung ist indeß nicht blos in andere Zeitungen übergegangen, sondern auch in einer etwas veränderten Fassung als besonderer Abdruck in vielen tausend Exemplaren im Publicum verbreitet worden, und hat mehr Aufmerksamkeit erregt, als ich voraussetztn konnte; auch im Frankfurter Parlament ist der Gegenstand zur Sprache gekommen. Im Interesse der Sache halte ich mich daher jetzt zu der nachstehenden Berichtigung für verpflichtet.

Am 14. d. Mts. besuchte ich den mir befreundeten und durch Unwohlsein an sein Zimmer gefesselten Abgeordneten Grabow. Ich kam völlig unerwartet und traf bei demselben den Unterstaats-Secretair Bassermann aus Frankfurt und Abgeordneten Geßler. Die Unterhaltung führte auf den jetzigen Conflikt, und Grabow in seinem regen Eifer für Vermittelung, verlangte von mir eine Aeußerung über die möglichen Bedingungen einer solchen Vermittelung. Ich erwiederte darauf, daß ich für meine Person die bloße Bildung eines sogenannten Kammer-Ministerii für völlig unzureichend hielte. Es käme jetzt wesentlich darauf an, den Schein-Constitutionalismus, der seit 6 Monaten in Preußen geherrscht habe, zu vernichten und die Hindernisse, welche alle Ministerien seit dieser Zeit gelähmt hatten, von Grund aus zu beseitigen. Es müssen deshalb besondere Garantien dafür gegeben werden, daß es mit der constitutionellen Staatsform voller Ernst sei. Als solche Garantien nannte ich insbesondere die Verhaftung der jetzigen Minister und des General v. Wrangel und die Ueberweisung derselben an die Gerichte zur Criminal-Untersuchung; die Auflösung des Garde-Corps; die sofortige Entfernung aller seit dem 9. d. Mts. in Berlin eingerückten Truppen; eine unmittelbare und tägliche Verbindung zwischen den Ministern und der Krone, so wie die Verlegung des Wohnsitzes Sr. Majestät des Königs nach Charlottenburg oder Berlin, damit der König täglich den Berathungen des Staats-Ministeriums beiwohnen könne. In Bezug auf die Bildung des Ministerii äußerte ich, daß vor dem 9. November die Bildung eines Ministerii aus den Centren wahrscheinlich eine compacte Majorität erlangt haben würde; jetzt nach den unglückseligen Maaßregeln der Regierung seit dem 9 sei die linke Seite der Versammlung so erstarkt, daß ich glaubte diese Fraction könne nun bei der Bildung eines Ministerii nicht mehr ganz übergangen werden. Ich fügte hinzu, daß diese meine persönlichen Ansichten wahrscheinlich von vielen meiner politischen Freunde in der Versammlung getheilt würden. Dies war der wesentliche Inhalt der Unterhaltung. Die Angaben in dem oben erwähnten Placate, so weit sie hiervon abweichen, insbesondere die von mir angeblich verlangte Entfernung aller Prinzen, Entfernung aller Truppen aus Berlin, und der schriftliche Revers oder die feierliche Erklärung des Königs sind Unwahrheiten. Die Unterhaltung war durchaus discursiver Natur und fern von aller Tendenz, den Anfang einer wirklichen Vermittelung zu bilden. Es waren zwar, wie erwähnt der Unterstaats-Secretair Bassermann und Abg. Geßler zufällig dabei gegenwärtig. Da indessen Grabow das Gespräch in deren Gegenwart eröffnete, so mußte ich voraussetzen, daß er sich deren Discretion versichert habe und daß diese Herren diesen Charakter der Unterhaltung festzuhalten nicht unterlassen würden.

Berlin, den 21. Novbr. 1848.

v. Kirchmann, Abgeordneter."

** Halle, 22. Nov.

Seit sich vorgestern ein Theil der Bürgerwehr zu einem Versuch, das Lanzierkorps zu entwaffnen, mißbrauchen ließ: herrscht große Erbitterung gegen dieselbe. Zugleich hat aber die hiesige reaktionäre Partei aus dem, wenigstens theilweisen, Gelingen ihres vorgestrigen Manövers so viel Muth geschöpft, um gestern unsern Mitbürger Rawald, Geranten der "hall. demokrat. Zeit." durch Militär, Bürgerwehr und Polizei verhaften zu lassen. Der Redakteur des gedachten Journals (Ehrlich) ist verschwunden, noch ehe man ihn verhaften konnte. Ferner wurden verhaftet: Weißgerber und Bürgerwehrhauptmann

Anarchie von Unten; eine von Oben läugnet es. Es fürchtet die Gewaltigen, und ist nur da kräftig, wo der Ingrimm des getäuschten Volkes endlich durchbricht, es hat sich durch seine Handlungen längst selbst gerichtet!

Auf Euch deutschen Männern lastet die Pflicht, ein so unheilvolles Ministerium zu verdrängen, Ihr habt die Macht dazu, indem Ihr ihm Euer Vertrauen entzieht, und es ist Volkswille, daß Ihr dieses jetzt thut.

(Folgen die Unterschriften).

X Trier, 22. Novbr.

Der Triersche Gemeinderath huldigte der Nationalversammlung und versprach ihr in einer Adresse, für sie zu stehen und zu fallen; der Triersche Gemeinderath ist heute zu erbärmlich, um das bischen Konsequenz zu haben, daß er die Steuerverweigerung an den Thoren durchzuführen den Versuch macht. Er lehnte einen dahinzielenden Antrag des hier bestehenden Bürgerausschusses ab. Dem Bürgerausschuß sind Hände und Füße gebunden, theils weil er sich nur auf ein unbewaffnetes Volk stützen kann, theils weil die Bourgeoiselemente unter ihm jeden entschiedenen Beschluß unmöglich machen. Bei der einfachsten Sache, bei einer unschuldigen Proklamation an das Volk, verweigerten reiche Leute ihre Namensunterschriften, dennoch verbleiben sie in dem Ausschuß. Die Illusion über Vereinbarung ist zerstört; es ist Zeit, daß diese Zerstörung faktisch anerkannt werde, sonst gehen wir durch diese Illusion gleich Wien unter. Der Scheineifer der Bourgeois für die Revolution wird sich im entscheidenden Augenblicke in Verrath wandeln.

Unser Regierungspräsident Seboldt ist entschieden brandenburg-manteufflisch; die Plakate des Bürgerausschusses läßt er abreißen, um an deren Stelle seine eigene zu heften, die er mit Militär bewachen läßt und worin er in maßloser Weise auf die Bewohner Triers schimpft.

In Folge des Plakatenabreißens entwickelte sich am Sonntag ein kleiner Straßenkrawall. Die Wachmannschaft in Gemeinschaft vieler heimlich zu solchem Zwecke beorderter Soldaten, alle übermäßig berauscht, provocirten auf die empörendste Art diesen Krawall. Ohne jede Veranlassung machte das Militär häufige taktische Evolutionen über den Markt und durch die angrenzenden Straßen, hieb mit Säbeln und stieß mit Kolben blindlings und wüthend um sich auf jedem, der ihnen in den Weg kam. Es sind dabei wenigstens 15-20 Personen mehr oder weniger verwundet worden. Der Hr. Oberbürgermrister Haw erhielt einen Bajonettstich in den Hals. Einige Freunde und Gleichgesinnte der Leute aus Köln, welche Vergnügen am Belagerungszustande finden, behaupten, Haw sei von einen Proletarier, der auf das Militär feuerte, geschossen worden. Seboldt schimpft in einem Plakat die Leute; welche sich von dem besoffenen Militär mißhandeln ließen, Betrunkene, Lumpen und Jungen. Eine größere Frechheit hat nie in einem Menschen gewohnt. — Der Bürgerausschuß hat ihn beim Oberprokurator verklagt. Eine Krähe hackt der andern die Augen nicht aus. Der Oberprokurator ist, glaube ich, selbst brandenburg-manteufflisch. Die Umgegend Triers ist stark von Militär besetzt; man hat Luxemburg ziemlich entblößt, um die Städtchen Wittlich, Bitburg etc. zu belagern.

* Trier, 22. November.

Der hiesige Bürgerausschuß hat folgende Adresse nach Berlin abgesandt:

Hohe National-Versammlung!

Der unterzeichnete Bürgerausschuß von Trier sieht auf dem Wege, auf welchem unsere gemeinsame Sache voranschreiten soll, in der Militärmacht das unbeweglichste und gefährlichste aller Hindernisse, wenn dieselbe ungestort einer Regierung zur Verfügung bleibt deren Räthe sich bereits des Hochverraths schuldig gemacht haben Wir erkennen es dankbar an, daß die National-Versammlung eine der Hauptstützen dieser volksfeindlichen Regierung durch das Dekret über die Steuerverweigerung umgestürzt hat; aber wir würden uns der National-Versammlung zu noch hoherem Danke verpflichtet halten, wenn dieselbe mit der nämlichen Konsequenz auch die andere Stütze entfernt hätte auf welcher die despotische Willkür sich bisher so sicher geglaubt hat.

Noch ist es nicht zu spät, noch haben unsere Soldaten kein Bürgerblut vergossen; Hohe National-Versammlung, verhüte solche Gräuelthaten durch die Macht, welche das Land dir anvertraut hat: entbinde das Militär von allen Verpflichtungen gegen eine Regierung, welche durch den Hochverrath ihrer ersten Organe sich außerhalb der Gesetze begeben hat. Wir hoffen, daß der Blick unserer Soldaten nicht so zu ihrem Verderben geblendet sein wird, daß sie ungehorsam gegen die National-Versammlung sein könnten; wir hoffen, daß unsere Brüder im Heere auf einen Beschluß der National-Versammlung zu uns zurückkehren und die Stütze des Volkes bilden werden.

Trier, den 20. November 1848.

Der Bürgerausschuß.

* Schönecken, 21. Nov.

Aus der ganzen Eifel sind Zustimmungsadressen, von den Landräthen, Bürgermeistern, Gemeinderäthen und Einwohnern unterzeichnet, an die hohe Nationalversammlung in Berlin abgegangen. Es ist darin nicht allein die vollste Zustimmung zu den unterm 9. November gefaßten Beschlüssen ausgesprochen, sondern auch die Versicherung, daß man jeden Augenblick bereit stehe, um deren Ausführung zu unterstützen. Aus dem Kreise Prümm sind allein sieben derartige Adressen abgesandt worden und zwar aus den Orten Prüm, Schönecken, Waxweiler, Stadtkill, Leidenborn, Bleialf und Birresborn.

* Kettwig, 19. Nov.

Da der hiesige sogenannte konstitutionelle Verein sich veranlaßt sah, seine Unterthänigkeitsadresse an das Ministerium mit den Worten zu schließen: „Folgen die Unterschriften fast sämmtlicher Eingesessenen“ und dies zu der irrthümlichen Meinung verleiten dürfte, als repräsentire diese Verein mit seinen 40 Mitgliedern ganz Kettwig, so theilen wir Ihnen hierdurch mit, daß außer einer Heuleradresse, schon am 11. November eine zahlreich unterschriebene Adresse hiesiger Bürger an die Berliner Nationalversammlung abging, in der sich die Majorität der Bevölkerung sehr entschieden für die Sache der Freiheit ausspricht und der Nationalversammlung ihren wärmsten Dank zu erkennen giebt.

* Sprockhövel, Grafschaft Mark, 22. Nov.

In einer gestern hier abgehaltenen Volksversammlung wurde die Steuerverweigerung einstimmig beschlossen und eine von zahlreichen Unterschriften bedeckte Adresse zu Gunsten der Nationalversammlung angenommen und sofort nach Berlin gesandt.

Als Beweis, wie die Loyalitätsadressen hin und wieder zu Stande gebracht werden, diene folgendes Beispiel. In einigen Aemtern des Kreises Hagen trägt die Polizei Adressen für den König von Haus zu Haus, und sucht durch allerlei Mittel Unterschriften zu erlangen. Bei der natürlichen Scheu des Landmannes vor diesen kleinen Despoten ist es nicht zu verwunden, daß Viele gegen ihre Ueberzeugung unterzeichnen. Trotzdem fallen diese Unterschriften sehr spärlich aus, während die Adressen für die Nationalversammlung, welche aus den meisten Landgemeinden abgehen, mit zahllosen Unterschriften bedeckt sind. Ueberhaupt ist das Landvolk in diesen Theilen der Grafschaft Mark entschieden demokratisch.

* Geilenkirchen, 20. November.

Der Bürgerverein hat in seinen Sitzungen vom 18. und 19. Novbr. c. über die Steuer-Verweigerungsfrage berathen und in dieser Beziehung folgende Beschlüsse gefaßt, die er hiermit zur Kenntniß der Bewohner des Kreises bringt:

„Der Bürgerverein von Geilenkirchen erklärt sich vollkommen einverstanden mit dem Beschlusse der National-Versammlung. (Einstimmig angenommen.)
„Er hält Jeden für verpflichtet, nach Kräften durch passiven Widerstand und moralische Einwirkung darauf hinzuarbeiten, daß keine Steuern in die Hände des Ministeriums Brandenburg gelangen.“ (Einstimmig angenommen.)
Als Mittel zu diesem Zwecke schlägt der Bürgerverein vor:
1) Die direkten Steuern (Grund-, Klassen- und Gewerbsteuer) nicht zu zahlen. (Einstimmig beschlossen.)
2) Ebenso die indirekten Steuern zu verweigern. (Mit mehr als 2/3 der Stimmen angenommen.)
3) Die Gemeindebeischläge nur da zu zahlen, wo ein besonderer Gemeinde-Empfänger dafür angestellt ist. (Mit allen gegen 6 Stimmen angenommen.)

Denen, die indirekte Steuern zu zahlen haben, wird anempfohlen, der Steuerbehörde schriftlich anzuzeigen, daß sie den Betrag der Steuer deponirt haben und sie zu jedem Augenblick bereit sind, denselben der von der National-Versammlung als dazu berechtigt erklärten Behörde auszuliefern.

Es wird nicht erwartet, daß irgend ein Empfänger es wagen wird, jetzt die Steuer durch Execution beizutreiben. Für den Fall, daß es dennoch geschähe, wird von gewaltsamer Widersetzlichkeit abgerathen und dem Eigenthümer empfohlen die zum Verkauf ausgestellten Sachen zu einem Pfennig pr. Stück zurückzukaufen.

Durch einstimmigen Beschluß erklärt der Bürgerverein

„Daß er Jeden, der außer dem Eigenthümer oder dessen Bevollmächtigten unter den jetzigen Umständen bei öffentlichen Steuer-Executionen bietet, als Verräther des Volkes betrachtet!“

* Arnsberg, 20. November.

Am Sonnabend, den 18. d. Mts., hatte sich hier auf Grund des Beschlusses der Steuerverweigerung eine Bürgerversammlung mit dem Vorhaben konstituirt ihre Zusammenkünfte auf dem hiesigen Rathhaussaale abzuhalten, wovon der Magistrat in Kenntniß gesetzt wurde. — Es kam hierauf eine sehr ungenügende Resolution, und die Bürgerversammlung beschloß den Rathhaussaal mit Gewalt zu nehmen. Indeß wurde bei der Ankunft der Massen dem Vorsitzer Cl. v. Orsbach der Schlüssel des Saales überreicht und die Versammlung fand Statt.

Dem früheren Abgeordneten Sommer wurde dieser Tage zum Lohne für seine reaktionären Bestrebungen, das Haus demolirt.

20 Berlin, 22. Nov.

Es ist von hier wenig Neues zu berichten, da seit Wrangels Regiment die Ereignisse immer spärlicher und Alles zugleich so einförmig und eintönig geworden ist, daß man nicht in Berlin, sondern in einer öden Wachtstube zu leben glaubt. — Militärische Brutalitäten, polizeiliche Verfolgungen häufen sich von Tage zu Tage. Besonders richten sich die Letzteren gegen das Proletariat. Der Arbeiter, welcher im Augenblicke ohne Arbeit ist, wird, auch wenn er nachweisen kann, daß er in 8 Tagen wieder beschäftigt sein wird, ohne Gnade und Erbarmen „gewrangelt,“ d. h. mit Zwangspaß und unter Androhung mehrwöchentlicher Arbeitshausstrafe aus Berlin in seine Heimath gewiesen. Und so geht es Jedem, der nicht einen bestimmten Bourgois-Zweck seines hiesigen Aufenthalts nachweisen kann. Es ist in unsere Polizei ein wahrer Ausweisungsteufel gefahren; heut wurde zum Zweck der Ausweisung eine eigne Fremdenkommission konstituirt. An ihrer Spitze steht ein bekannter Polizist, Assessor Seeger. Sie versieht ihr Henkersamt mit so großer Dienstbeflissenheit gegen Herrn Wrangel, daß, wie man versichert, bis heut bereits über 2000, im Polizeisinne meist „unverdächtige“ Leute aus Berlin spedirt worden sind. Einer eben so genauen Kontrolle unterliegen auch die hier ankommenden Fremden, von denen Mancher je nach der Laune eines milchbärtigen Gardelieutenants oft wenn er des Abends hier ankömmt, die Nacht hindurch auf dem Eisenbahnhofe zubringen und dann noch durch allerlei Unannehmlichkeiten sich hindurchschlagen muß, um in die Stadt zu kommen. Die Chicane in dieser Beziehung ist fast unglaublich. Berliner, die zum Vergnügen nach Köpnick fahren wollen, müssen einen Paß lösen, um ungehindert wieder nach Hause kommen zu können. — Der Verkehr ist, wie man sieht, nicht im Mindesten gestört. Handel und Wandel sind wieder in alter Blüthe; das zeigen die leeren Kaufläden, das leere Intelligenz-Blatt und das Fremdenblatt, welches jetzt als Oktavblättchen erscheint, während es vor Wrangel acht Bogen stark war. — Aber für „Ordnung und Ruhe“ bringt der „gute Bürger“ jedes Opfer.

Es ist heut wiederum neues Militär in die Stadt gerückt. Auch noch jetzt nach der Entwaffnung diese Furcht? Welch' böses Gewissen! — Die Wachen werden mit eisernen Gittern umgeben, „um (wie sich die Herrscher Zeitung geistreich ausdrückt), den Andrang des Volks zu hindern.“ Dazu noch Patrouillen ganzer Bataillone. Welch' lächerliche Rüstung gegenüber der tiefen Ruhe Berlins!

* Berlin, 22. Novbr.

Folgendes ist die Adresse, welche der Bernburger Landtag hieher gesandt:

„Hohe Nationalversammlung.

Wo ein Herz schlägt, das den Begriff „Volk“ lebenswarm fassen kann, nicht im Schlamme des Kastengeistes todeskalt geworden ist, da hat auch sicherlich einige Theilnahme an den dortigen Ereignissen stattgefunden. Emport über die rohe Gewalt bisher Privilegirter, sind heiße Wünsche zur Weltregierung gesandt, daß sich auch in diesem entsetzlichen Falle das böse Prinzip selbst vernichten möge! An der fernern weisen Standhaftigkeit Einer Hohen Nationalversammlung und an der treuen Ergebenheit des preußischen Volkes gegen seine Vertreter zweifeln gewiß nur Wenige.

Innerhalb der deutschen Grenzen muß aber diese Theilnahme noch inniger sein: Jeder fühlt, daß Deutschlands Schicksal in Berlin entschieden werden wird In dieser heiligen Angelegenheit gibt es nur Deutsche, und auch unsere Herzen schlagen Einer Hohen Nationalversammlung freudig entgegen. Wir vermeiden eine Schilderung unseres Gefühles, „denn der innere Mensch hat keine Zunge;“ Hohe Nationalversammlung gestatte uns aber zu versichern, daß die Bürger Anhalt-Bernburgs den Preußen selber hierbei nicht nachstehen werden.

Bernburg, am 16. November 1848.

Die Abgeordneten des Bernburger Landtages.“

Heimbörger. Zeising. Glaß. Amelang. Schiele. Ludewig. Barnbeck. C. Wirth. Fr. Voigt. G. O. Piper. Eduard Große. Fr. Stötzer. Günther. Dannenberg. Campen Pfannschmidt.

— Die aus Marburg an die hiesige Nationalversammlung eingegangene Adresse schließt mit den Worten:

„Wir fordern Euch auf, hochherzige Mitglieder der preußischen National-Versammlung, mit aller Entschlossenheit und unerbittlicher Konsequenz, den Widerstand gegen eine hochverrätherische Regierung und die gründliche Vernichtung derselben fortzusetzen. Der Aufschwung und die Größe des Deutschen Vaterlandes wird der sichere Lohn sein, und auf den Trümmern der brutalen Soldatenherrschaft wird die friedliche Entwickelung des demokratischen Deutschlands beginnen.“

Marburg, am 15. November 1848.

Der Volksrath.

Eberhard, Präsident. Dr. med. Eichelberg, Sekretär.

X Berlin, 22. Nov.

Bis jetzt sind über 7000 Dankadressen mit circa einer halben Million Unterschriften eingegangen. Außerdem Zustimmungsadressen der Nationalversammlungen von Mecklenburg, Oldenburg, Bernburg und Dessau.

103 Berlin, 22. Nov.

Die Contre-Revolution ist schon seit langer Zeit vorbereitet. Radowitz ist die Seele der ganzen Intrigue. Gleich nach der Unterdrückung des Pariser Juli-Aufstandes wurde von der Kamarilla der Plan zur Contrerevolution entworfen. Die Königin trat mit der Erzherzogin Sophie von Oestreich in Verbindung und in Pillnitz wurden im Juli während der Anwesenheit der Königin und des General Radowitz alle Rollen ausgetheilt. Radowitz setzte den Ausbruch der Contrerevolution für den Augenblick fest, wo Wrangel mit seinen siegreichen Truppen aus Schleswig-Holstein zurückkehren würde. Es hatten sich aber im Laufe des Sommers noch zwei andere Parteien am Hofe gebildet, welche der ersten, der eigentlichen Kamarilla größtentheils entgegenwirkte. Die eine Partei ist die des Prinzen von Preußen, an deren Spitze die Prinzessin von Preußen steht und deren Organ die „Neue Preußische Zeitung“ ist. Diese Partei liebäugelte mit dem Proletariat, welches sie dazu benutzen wollte, vermittelst Putsche und Emeuten, die man selbst anregte, den König zur Abdankung zu Gunsten des Prinzen von Preußen zu bewegen. Von dieser Partei gehen die bekannten Vorfälle vom 14. Juli und die späteren Arbeiteraufläufe aus. Im Auftrage dieser Partei unterhandelte auch Hr. v. Katte mit dem zur damaligen Zeit bei den Maschinenbauern und andern Arbeitern im besten Ansehen stehenden Held. Held hat das selbst in dem Plakate: „Meine Idee“ veröffentlicht. Die dritte Hofpartei ist die des Prinzen Karl, welche für den Sohn des Prinzen, der eine liberale Färbung zur Schau trägt, einen Staatsstreich wie den Pariser von 1830 herbeiwünschte; sie wollten die Orleans spielen. Doch kehren wir zur Kamarilla zurück. Der von ihr entworfene Plan zur Contre-Revolution fällt zur Zeit des Ministeriums Hansemann. Dieser erfuhr den ganzen Plan und so sind auch seine Worte vom 7. Sept. bei Gelegenheit des Stein'schen Antrags am besten zu deuten, wo er durch die Annahme des Stein'schen Antrags Preußens Stern sinken sieht. Der Stein'sche Antrag wurde aber dennoch angenommen und das wollte die Kamarilla zur Ausführung ihres Coups benutzen. Die Ministerkrisis wurde damals nur deshalb 14 Tage lang ausgedehnt, um alle Truppen aus Holstein heranzuziehen. Wrangel wurde zum Oberbefehlshaber der Marken ernannt, man glaubte in Pfuel den Mann gefunden zu haben, welcher den Muth besitzt, die Contrerevolution auszuführen. Aber Pfuel war zu rechtlich dazu. Als er zum ersten Mal in der Nationalversammlung erschien und wegen der Ausführung des Stein'schen Antrages interpellirt wurde, verschob er die Antwort bis nächsten Montag und wurde von der allgemeinen Stimmung der Bevölkerung Berlins, die sich damals auf einen Kampf vorbereitete, so imponirt, daß er dem Könige erklärte, er könne die Contrerevolution nicht ausführen. Die Kamarilla wüthete, aber man hatte augenblicklich keinen Andern, um Pfuel zu ersetzen, und man gab einstweilen nach. Man benutzte aber die Zeit, um die Nationalversammlung im ganzen Lande so viel wie möglich zu diskreditiren. Man verbreitete die Ansicht, daß es der Versammlung mit der Verfassung gar nicht Ernst wäre, sie verzögere absichtlich deren Berathung durch dringende Anträge und Interpellationen u. s. w. Sogar Kühlwetter und Hansemann wurden nach ihrem Austritt aus dem Ministerium dazu benutzt, um in Aachen und der Rheinprovinz derartige Adressen zu Stande zu bringen. Durch Meusebach und Konsorten ließ man die Anträge auf ausschließliche Berathung der Verfassung stellen; man wußte, daß die Linke dagegen stimmen würde und wollte sie dadurch ihres Einflusses berauben. Die Vorfälle vom 31. Okt. wurden erwiesenermaßen von der Reaktion durch agents provocateurs angestiftet, um Gelegenheit zu den beabsichtigten Gewaltmaßregeln zu haben. Da kam die Nachricht vom Siege der Contrerevolution in Wien. Jetzt oder nie; der Zeitpunkt konnte nicht passender sein. Aber Pfuel verweigerte seine Zustimmung; er erhielt die schon dreimal geforderte Entlassung, und Brandenburg, dieses Spielwerk der Kamarilla, mußte den Namen zum Kamarilla-Ministerium hergeben. Alles was nun folgte ist wohlbekannt. Daß der Plan, wie er ausgeführt wurde, mit Entwaffnung der Bürgerwehr, Erklärung des Belagerungszustandes u. s. w. schon seit geraumer Zeit entworfen war, das beweist, mit welcher Zähigkeit man im Bürgerwehrgesetz die Rückgabe der Waffen an den Staat und die Auflösung der fliegenden Korps festhielt; dann die Weigerung, das Gesetz wegen Abschaffung der Todesstrafe zu genehmigen, weil ihnen dadurch die Möglichkeit genommen war, à la Windischgrätz zu füsiliren, was ihnen zu ihrem größten Leidwesen durch den passiven Widerstand unmöglich gemacht worden ist.

Obgleich nun die Contrerevolution augenblicklich im Besitze der Gewalt ist, so herrscht bei uns doch kein Zweifel darüber, daß die eben ausgeführten Gewaltstreiche uns nur schneller zum Ziele führen müssen. Wem jetzt die Augen nicht aufgegangen sind, dem werden sir auf immer verschlossen bleiben und für ihn ist die Zukunft verloren; diese Partei muß auf jede Art und Weise später unschädlich gemacht werden.

Man sucht hier das Gerücht zu verbreiten, als ob die hier anwesenden 279 Abgeordneten (nach dem neuesten heute ausgegebenen Verzeichnisse hat sich die Zahl so weit vermehrt) sich bereit erklärt hätten, zum 27. d. M, nach Brandenburg zu gehen. Wir können jedoch aufs Bestimmteste das Gegentheil versichern. Keine einzige Partei denkt daran, nach Brandenburg zu gehen.

Von den Vermittlungsversuchen der Reichskommissäre ist noch kein Resultat zu Tage gefördert. Sie haben Konferenzen mit den Ministern und mit den Abgeordneten der Nationalversammlung abgehalten, aber ohne das Geringste zu erreichen. Keinerseits will man nachgeben.

* Berlin, 22. Nov.

Der Abgeordnete Kirchmann stellt die Lüge der „N. Preuß. Ztg.“ über ihn, wie folgt, ins Licht:

„Die neue preußische Zeitung hat vor einigen Tagen ein Gespräch mitgetheilt, was zwischen dem Unterstaats-Secretair Bassermann aus Frankfurt und mir statt gehabt haben soll. Bei dem bekannten Charakter dieser Zeitung hielt ich trotz der vielen Unrichtigkeiten dieser Mittheilung eine Berichtigung nicht für nöthig. Diese Mittheilung ist indeß nicht blos in andere Zeitungen übergegangen, sondern auch in einer etwas veränderten Fassung als besonderer Abdruck in vielen tausend Exemplaren im Publicum verbreitet worden, und hat mehr Aufmerksamkeit erregt, als ich voraussetztn konnte; auch im Frankfurter Parlament ist der Gegenstand zur Sprache gekommen. Im Interesse der Sache halte ich mich daher jetzt zu der nachstehenden Berichtigung für verpflichtet.

Am 14. d. Mts. besuchte ich den mir befreundeten und durch Unwohlsein an sein Zimmer gefesselten Abgeordneten Grabow. Ich kam völlig unerwartet und traf bei demselben den Unterstaats-Secretair Bassermann aus Frankfurt und Abgeordneten Geßler. Die Unterhaltung führte auf den jetzigen Conflikt, und Grabow in seinem regen Eifer für Vermittelung, verlangte von mir eine Aeußerung über die möglichen Bedingungen einer solchen Vermittelung. Ich erwiederte darauf, daß ich für meine Person die bloße Bildung eines sogenannten Kammer-Ministerii für völlig unzureichend hielte. Es käme jetzt wesentlich darauf an, den Schein-Constitutionalismus, der seit 6 Monaten in Preußen geherrscht habe, zu vernichten und die Hindernisse, welche alle Ministerien seit dieser Zeit gelähmt hatten, von Grund aus zu beseitigen. Es müssen deshalb besondere Garantien dafür gegeben werden, daß es mit der constitutionellen Staatsform voller Ernst sei. Als solche Garantien nannte ich insbesondere die Verhaftung der jetzigen Minister und des General v. Wrangel und die Ueberweisung derselben an die Gerichte zur Criminal-Untersuchung; die Auflösung des Garde-Corps; die sofortige Entfernung aller seit dem 9. d. Mts. in Berlin eingerückten Truppen; eine unmittelbare und tägliche Verbindung zwischen den Ministern und der Krone, so wie die Verlegung des Wohnsitzes Sr. Majestät des Königs nach Charlottenburg oder Berlin, damit der König täglich den Berathungen des Staats-Ministeriums beiwohnen könne. In Bezug auf die Bildung des Ministerii äußerte ich, daß vor dem 9. November die Bildung eines Ministerii aus den Centren wahrscheinlich eine compacte Majorität erlangt haben würde; jetzt nach den unglückseligen Maaßregeln der Regierung seit dem 9 sei die linke Seite der Versammlung so erstarkt, daß ich glaubte diese Fraction könne nun bei der Bildung eines Ministerii nicht mehr ganz übergangen werden. Ich fügte hinzu, daß diese meine persönlichen Ansichten wahrscheinlich von vielen meiner politischen Freunde in der Versammlung getheilt würden. Dies war der wesentliche Inhalt der Unterhaltung. Die Angaben in dem oben erwähnten Placate, so weit sie hiervon abweichen, insbesondere die von mir angeblich verlangte Entfernung aller Prinzen, Entfernung aller Truppen aus Berlin, und der schriftliche Revers oder die feierliche Erklärung des Königs sind Unwahrheiten. Die Unterhaltung war durchaus discursiver Natur und fern von aller Tendenz, den Anfang einer wirklichen Vermittelung zu bilden. Es waren zwar, wie erwähnt der Unterstaats-Secretair Bassermann und Abg. Geßler zufällig dabei gegenwärtig. Da indessen Grabow das Gespräch in deren Gegenwart eröffnete, so mußte ich voraussetzen, daß er sich deren Discretion versichert habe und daß diese Herren diesen Charakter der Unterhaltung festzuhalten nicht unterlassen würden.

Berlin, den 21. Novbr. 1848.

v. Kirchmann, Abgeordneter.“

** Halle, 22. Nov.

Seit sich vorgestern ein Theil der Bürgerwehr zu einem Versuch, das Lanzierkorps zu entwaffnen, mißbrauchen ließ: herrscht große Erbitterung gegen dieselbe. Zugleich hat aber die hiesige reaktionäre Partei aus dem, wenigstens theilweisen, Gelingen ihres vorgestrigen Manövers so viel Muth geschöpft, um gestern unsern Mitbürger Rawald, Geranten der „hall. demokrat. Zeit.“ durch Militär, Bürgerwehr und Polizei verhaften zu lassen. Der Redakteur des gedachten Journals (Ehrlich) ist verschwunden, noch ehe man ihn verhaften konnte. Ferner wurden verhaftet: Weißgerber und Bürgerwehrhauptmann

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Anarchie von Unten; eine von Oben läugnet es. Es fürchtet die Gewaltigen, und ist nur da kräftig, wo der Ingrimm des getäuschten Volkes endlich durchbricht, es hat sich durch seine Handlungen längst selbst gerichtet!</p>
          <p>Auf Euch deutschen Männern lastet die Pflicht, ein so unheilvolles Ministerium zu verdrängen, Ihr habt die Macht dazu, indem Ihr ihm Euer Vertrauen entzieht, und es ist Volkswille, daß Ihr dieses jetzt thut.</p>
          <p>(Folgen die Unterschriften).</p>
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          <head><bibl><author>X</author></bibl> Trier, 22. Novbr.</head>
          <p>Der Triersche Gemeinderath huldigte der Nationalversammlung und versprach ihr in einer Adresse, für sie zu stehen und zu fallen; der Triersche Gemeinderath ist heute zu erbärmlich, um das bischen Konsequenz zu haben, daß er die Steuerverweigerung an den Thoren durchzuführen den Versuch macht. Er lehnte einen dahinzielenden Antrag des hier bestehenden Bürgerausschusses ab. Dem Bürgerausschuß sind Hände und Füße gebunden, theils weil er sich nur auf ein unbewaffnetes Volk stützen kann, theils weil die Bourgeoiselemente unter ihm jeden entschiedenen Beschluß unmöglich machen. Bei der einfachsten Sache, bei einer unschuldigen Proklamation an das Volk, verweigerten reiche Leute ihre Namensunterschriften, dennoch verbleiben sie in dem Ausschuß. Die Illusion über Vereinbarung ist zerstört; es ist Zeit, daß diese Zerstörung faktisch anerkannt werde, sonst gehen wir durch diese Illusion gleich Wien unter. Der Scheineifer der Bourgeois für die Revolution wird sich im entscheidenden Augenblicke in Verrath wandeln.</p>
          <p>Unser Regierungspräsident <hi rendition="#g">Seboldt</hi> ist entschieden brandenburg-manteufflisch; die Plakate des Bürgerausschusses läßt er abreißen, um an deren Stelle seine eigene zu heften, die er mit Militär bewachen läßt und worin er in maßloser Weise auf die Bewohner Triers schimpft.</p>
          <p>In Folge des Plakatenabreißens entwickelte sich am Sonntag ein kleiner Straßenkrawall. Die Wachmannschaft in Gemeinschaft vieler heimlich zu solchem Zwecke beorderter Soldaten, alle übermäßig berauscht, provocirten auf die empörendste Art diesen Krawall. Ohne jede Veranlassung machte das Militär häufige taktische Evolutionen über den Markt und durch die angrenzenden Straßen, hieb mit Säbeln und stieß mit Kolben blindlings und wüthend um sich auf jedem, der ihnen in den Weg kam. Es sind dabei wenigstens 15-20 Personen mehr oder weniger verwundet worden. Der Hr. Oberbürgermrister Haw erhielt einen Bajonettstich in den Hals. Einige Freunde und Gleichgesinnte der Leute aus Köln, welche Vergnügen am Belagerungszustande finden, behaupten, Haw sei von einen Proletarier, der auf das Militär feuerte, geschossen worden. Seboldt schimpft in einem Plakat die Leute; welche sich von dem besoffenen Militär mißhandeln ließen, Betrunkene, Lumpen und Jungen. Eine größere Frechheit hat nie in einem Menschen gewohnt. &#x2014; Der Bürgerausschuß hat ihn beim Oberprokurator verklagt. Eine Krähe hackt der andern die Augen nicht aus. Der Oberprokurator ist, glaube ich, selbst brandenburg-manteufflisch. Die Umgegend Triers ist stark von Militär besetzt; man hat Luxemburg ziemlich entblößt, um die Städtchen Wittlich, Bitburg etc. zu belagern.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Trier, 22. November.</head>
          <p>Der hiesige Bürgerausschuß hat folgende Adresse nach Berlin abgesandt:</p>
          <p> <hi rendition="#g">Hohe National-Versammlung!</hi> </p>
          <p>Der unterzeichnete Bürgerausschuß von Trier sieht auf dem Wege, auf welchem unsere gemeinsame Sache voranschreiten soll, in der Militärmacht das unbeweglichste und gefährlichste aller Hindernisse, wenn dieselbe ungestort einer Regierung zur Verfügung bleibt deren Räthe sich bereits des Hochverraths schuldig gemacht haben Wir erkennen es dankbar an, daß die National-Versammlung eine der Hauptstützen dieser volksfeindlichen Regierung durch das Dekret über die Steuerverweigerung umgestürzt hat; aber wir würden uns der National-Versammlung zu noch hoherem Danke verpflichtet halten, wenn dieselbe mit der nämlichen Konsequenz auch die andere Stütze entfernt hätte auf welcher die despotische Willkür sich bisher so sicher geglaubt hat.</p>
          <p>Noch ist es nicht zu spät, noch haben unsere Soldaten kein Bürgerblut vergossen; Hohe National-Versammlung, verhüte solche Gräuelthaten durch die Macht, welche das Land dir anvertraut hat: entbinde das Militär von allen Verpflichtungen gegen eine Regierung, welche durch den Hochverrath ihrer ersten Organe sich außerhalb der Gesetze begeben hat. Wir hoffen, daß der Blick unserer Soldaten nicht so zu ihrem Verderben geblendet sein wird, daß sie ungehorsam gegen die National-Versammlung sein könnten; wir hoffen, daß unsere Brüder im Heere auf einen Beschluß der National-Versammlung zu uns zurückkehren und die Stütze des Volkes bilden werden.</p>
          <p>Trier, den 20. November 1848.</p>
          <p><hi rendition="#g">Der Bürgerausschuß</hi>.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Schönecken, 21. Nov.</head>
          <p>Aus der ganzen Eifel sind Zustimmungsadressen, von den Landräthen, Bürgermeistern, Gemeinderäthen und Einwohnern unterzeichnet, an die hohe Nationalversammlung in Berlin abgegangen. Es ist darin nicht allein die vollste Zustimmung zu den unterm 9. November gefaßten Beschlüssen ausgesprochen, sondern auch die Versicherung, daß man jeden Augenblick bereit stehe, um deren Ausführung zu unterstützen. Aus dem Kreise Prümm sind allein sieben derartige Adressen abgesandt worden und zwar aus den Orten Prüm, Schönecken, Waxweiler, Stadtkill, Leidenborn, Bleialf und Birresborn.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Kettwig, 19. Nov.</head>
          <p>Da der hiesige sogenannte konstitutionelle Verein sich veranlaßt sah, seine Unterthänigkeitsadresse an das Ministerium mit den Worten zu schließen: &#x201E;Folgen die Unterschriften fast sämmtlicher Eingesessenen&#x201C; und dies zu der irrthümlichen Meinung verleiten dürfte, als repräsentire diese Verein mit seinen 40 Mitgliedern ganz Kettwig, so theilen wir Ihnen hierdurch mit, daß außer einer Heuleradresse, schon am 11. November eine zahlreich unterschriebene Adresse hiesiger Bürger an die Berliner Nationalversammlung abging, in der sich die Majorität der Bevölkerung sehr entschieden für die Sache der Freiheit ausspricht und der Nationalversammlung ihren wärmsten Dank zu erkennen giebt.</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Sprockhövel, Grafschaft Mark, 22. Nov.</head>
          <p>In einer gestern hier abgehaltenen Volksversammlung wurde die Steuerverweigerung einstimmig beschlossen und eine von zahlreichen Unterschriften bedeckte Adresse zu Gunsten der Nationalversammlung angenommen und sofort nach Berlin gesandt.</p>
          <p>Als Beweis, wie die Loyalitätsadressen hin und wieder zu Stande gebracht werden, diene folgendes Beispiel. In einigen Aemtern des Kreises Hagen trägt die Polizei Adressen für den König von Haus zu Haus, und sucht durch allerlei Mittel Unterschriften zu erlangen. Bei der natürlichen Scheu des Landmannes vor diesen kleinen Despoten ist es nicht zu verwunden, daß Viele gegen ihre Ueberzeugung unterzeichnen. Trotzdem fallen diese Unterschriften sehr spärlich aus, während die Adressen für die Nationalversammlung, welche aus den meisten Landgemeinden abgehen, mit zahllosen Unterschriften bedeckt sind. Ueberhaupt ist das Landvolk in diesen Theilen der Grafschaft Mark entschieden demokratisch.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Geilenkirchen, 20. November.</head>
          <p>Der Bürgerverein hat in seinen Sitzungen vom 18. und 19. Novbr. c. über die Steuer-Verweigerungsfrage berathen und in dieser Beziehung folgende Beschlüsse gefaßt, die er hiermit zur Kenntniß der Bewohner des Kreises bringt:</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Der Bürgerverein von Geilenkirchen erklärt sich vollkommen einverstanden mit dem Beschlusse der National-Versammlung. (Einstimmig angenommen.)<lb/>
&#x201E;Er hält Jeden für verpflichtet, nach Kräften durch passiven Widerstand und moralische Einwirkung darauf hinzuarbeiten, daß keine Steuern in die Hände des Ministeriums Brandenburg gelangen.&#x201C; (Einstimmig angenommen.)<lb/>
Als Mittel zu diesem Zwecke schlägt der Bürgerverein vor:<lb/>
1) Die direkten Steuern (Grund-, Klassen- und Gewerbsteuer) nicht zu zahlen. (Einstimmig beschlossen.)<lb/>
2) Ebenso die indirekten Steuern zu verweigern. (Mit mehr als 2/3 der Stimmen angenommen.)<lb/>
3) Die Gemeindebeischläge nur da zu zahlen, wo ein besonderer Gemeinde-Empfänger dafür angestellt ist. (Mit allen gegen 6 Stimmen angenommen.)</p>
          <p>Denen, die indirekte Steuern zu zahlen haben, wird anempfohlen, der Steuerbehörde schriftlich anzuzeigen, daß sie den Betrag der Steuer deponirt haben und sie zu jedem Augenblick bereit sind, denselben der von der National-Versammlung als dazu berechtigt erklärten Behörde auszuliefern.</p>
          <p>Es wird nicht erwartet, daß irgend ein Empfänger es wagen wird, jetzt die Steuer durch Execution beizutreiben. Für den Fall, daß es dennoch geschähe, wird von gewaltsamer Widersetzlichkeit abgerathen und dem Eigenthümer empfohlen die zum Verkauf ausgestellten Sachen zu einem Pfennig pr. Stück zurückzukaufen.</p>
          <p>Durch einstimmigen Beschluß erklärt der Bürgerverein</p>
          <p rendition="#et">&#x201E;Daß er Jeden, der außer dem Eigenthümer oder dessen Bevollmächtigten unter den jetzigen Umständen bei öffentlichen Steuer-Executionen bietet, als Verräther des Volkes betrachtet!&#x201C;</p>
        </div>
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          <head><bibl><author>*</author></bibl> Arnsberg, 20. November.</head>
          <p>Am Sonnabend, den 18. d. Mts., hatte sich hier auf Grund des Beschlusses der Steuerverweigerung eine Bürgerversammlung mit dem Vorhaben konstituirt ihre Zusammenkünfte auf dem hiesigen Rathhaussaale abzuhalten, wovon der Magistrat in Kenntniß gesetzt wurde. &#x2014; Es kam hierauf eine sehr ungenügende Resolution, und die Bürgerversammlung beschloß den Rathhaussaal mit Gewalt zu nehmen. Indeß wurde bei der Ankunft der Massen dem Vorsitzer Cl. v. Orsbach der Schlüssel des Saales überreicht und die Versammlung fand Statt.</p>
          <p>Dem früheren Abgeordneten Sommer wurde dieser Tage zum Lohne für seine reaktionären Bestrebungen, das Haus demolirt.</p>
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          <head><bibl><author>20</author></bibl> Berlin, 22. Nov.</head>
          <p>Es ist von hier wenig Neues zu berichten, da seit Wrangels Regiment die Ereignisse immer spärlicher und Alles zugleich so einförmig und eintönig geworden ist, daß man nicht in Berlin, sondern in einer öden Wachtstube zu leben glaubt. &#x2014; Militärische Brutalitäten, polizeiliche Verfolgungen häufen sich von Tage zu Tage. Besonders richten sich die Letzteren gegen das Proletariat. Der Arbeiter, welcher im Augenblicke ohne Arbeit ist, wird, auch wenn er nachweisen kann, daß er in 8 Tagen wieder beschäftigt sein wird, ohne Gnade und Erbarmen &#x201E;gewrangelt,&#x201C; d. h. mit Zwangspaß und unter Androhung mehrwöchentlicher Arbeitshausstrafe aus Berlin in seine Heimath gewiesen. Und so geht es Jedem, der nicht einen bestimmten Bourgois-Zweck seines hiesigen Aufenthalts nachweisen kann. Es ist in unsere Polizei ein wahrer Ausweisungsteufel gefahren; heut wurde zum Zweck der Ausweisung eine eigne Fremdenkommission konstituirt. An ihrer Spitze steht ein bekannter Polizist, Assessor Seeger. Sie versieht ihr Henkersamt mit so großer Dienstbeflissenheit gegen Herrn Wrangel, daß, wie man versichert, bis heut bereits über 2000, im Polizeisinne meist &#x201E;unverdächtige&#x201C; Leute aus Berlin spedirt worden sind. Einer eben so genauen Kontrolle unterliegen auch die hier ankommenden Fremden, von denen Mancher je nach der Laune eines milchbärtigen Gardelieutenants oft wenn er des Abends hier ankömmt, die Nacht hindurch auf dem Eisenbahnhofe zubringen und dann noch durch allerlei Unannehmlichkeiten sich hindurchschlagen muß, um in die Stadt zu kommen. Die Chicane in dieser Beziehung ist fast unglaublich. Berliner, die zum Vergnügen nach Köpnick fahren wollen, müssen einen Paß lösen, um ungehindert wieder nach Hause kommen zu können. &#x2014; Der Verkehr ist, wie man sieht, nicht im Mindesten gestört. Handel und Wandel sind wieder in alter Blüthe; das zeigen die leeren Kaufläden, das leere Intelligenz-Blatt und das Fremdenblatt, welches jetzt als Oktavblättchen erscheint, während es vor Wrangel acht Bogen stark war. &#x2014; Aber für &#x201E;Ordnung und Ruhe&#x201C; bringt der &#x201E;gute Bürger&#x201C; jedes Opfer.</p>
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          <p>Innerhalb der deutschen Grenzen muß aber diese Theilnahme noch inniger sein: Jeder fühlt, daß Deutschlands Schicksal in Berlin entschieden werden wird In dieser heiligen Angelegenheit gibt es nur Deutsche, und auch unsere Herzen schlagen Einer Hohen Nationalversammlung freudig entgegen. Wir vermeiden eine Schilderung unseres Gefühles, &#x201E;denn der innere Mensch hat keine Zunge;&#x201C; Hohe Nationalversammlung gestatte uns aber zu versichern, daß die Bürger Anhalt-Bernburgs den Preußen selber hierbei nicht nachstehen werden.</p>
          <p>Bernburg, am 16. November 1848.</p>
          <p>Die Abgeordneten des Bernburger Landtages.&#x201C;</p>
          <p rendition="#et">Heimbörger. Zeising. Glaß. Amelang. Schiele. Ludewig. Barnbeck. C. Wirth. Fr. Voigt. G. O. Piper. Eduard Große. Fr. Stötzer. Günther. Dannenberg. Campen Pfannschmidt.</p>
          <p>&#x2014; Die aus Marburg an die hiesige Nationalversammlung eingegangene Adresse schließt mit den Worten:</p>
          <p>&#x201E;Wir fordern Euch auf, hochherzige Mitglieder der preußischen National-Versammlung, mit aller Entschlossenheit und unerbittlicher Konsequenz, den Widerstand gegen eine hochverrätherische Regierung und die gründliche Vernichtung derselben fortzusetzen. Der Aufschwung und die Größe des Deutschen Vaterlandes wird der sichere Lohn sein, und auf den Trümmern der brutalen Soldatenherrschaft wird die friedliche Entwickelung des demokratischen Deutschlands beginnen.&#x201C;</p>
          <p>Marburg, am 15. November 1848.</p>
          <p><hi rendition="#g">Der Volksrath</hi>.</p>
          <p>Eberhard, Präsident. Dr. med. Eichelberg, Sekretär.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_015" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 22. Nov.</head>
          <p>Bis jetzt sind über 7000 Dankadressen mit circa einer <hi rendition="#g">halben Million</hi> Unterschriften eingegangen. Außerdem Zustimmungsadressen der Nationalversammlungen von Mecklenburg, Oldenburg, Bernburg und Dessau.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_016" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 22. Nov.</head>
          <p>Die Contre-Revolution ist schon seit langer Zeit vorbereitet. Radowitz ist die Seele der ganzen Intrigue. Gleich nach der Unterdrückung des Pariser Juli-Aufstandes wurde von der Kamarilla der Plan zur Contrerevolution entworfen. Die Königin trat mit der Erzherzogin Sophie von Oestreich in Verbindung und in Pillnitz wurden im Juli während der Anwesenheit der Königin und des General Radowitz alle Rollen ausgetheilt. Radowitz setzte den Ausbruch der Contrerevolution für den Augenblick fest, wo Wrangel mit seinen siegreichen Truppen aus Schleswig-Holstein zurückkehren würde. Es hatten sich aber im Laufe des Sommers noch zwei andere Parteien am Hofe gebildet, welche der ersten, der eigentlichen Kamarilla größtentheils entgegenwirkte. Die eine Partei ist die des Prinzen von Preußen, an deren Spitze die Prinzessin von Preußen steht und deren Organ die &#x201E;Neue Preußische Zeitung&#x201C; ist. Diese Partei liebäugelte mit dem Proletariat, welches sie dazu benutzen wollte, vermittelst Putsche und Emeuten, die man selbst anregte, den König zur Abdankung zu Gunsten des Prinzen von Preußen zu bewegen. Von dieser Partei gehen die bekannten Vorfälle vom 14. Juli und die späteren Arbeiteraufläufe aus. Im Auftrage dieser Partei unterhandelte auch Hr. v. Katte mit dem zur damaligen Zeit bei den Maschinenbauern und andern Arbeitern im besten Ansehen stehenden Held. Held hat das selbst in dem Plakate: &#x201E;Meine Idee&#x201C; veröffentlicht. Die dritte Hofpartei ist die des Prinzen Karl, welche für den Sohn des Prinzen, der eine liberale Färbung zur Schau trägt, einen Staatsstreich wie den Pariser von 1830 herbeiwünschte; sie wollten die Orleans spielen. Doch kehren wir zur Kamarilla zurück. Der von ihr entworfene Plan zur Contre-Revolution fällt zur Zeit des Ministeriums Hansemann. Dieser erfuhr den ganzen Plan und so sind auch seine Worte vom 7. Sept. bei Gelegenheit des Stein'schen Antrags am besten zu deuten, wo er durch die Annahme des Stein'schen Antrags Preußens Stern sinken sieht. Der Stein'sche Antrag wurde aber dennoch angenommen und das wollte die Kamarilla zur Ausführung ihres Coups benutzen. Die Ministerkrisis wurde damals nur deshalb 14 Tage lang ausgedehnt, um alle Truppen aus Holstein heranzuziehen. Wrangel wurde zum Oberbefehlshaber der Marken ernannt, man glaubte in Pfuel den Mann gefunden zu haben, welcher den Muth besitzt, die Contrerevolution auszuführen. Aber Pfuel war zu rechtlich dazu. Als er zum ersten Mal in der Nationalversammlung erschien und wegen der Ausführung des Stein'schen Antrages interpellirt wurde, verschob er die Antwort bis nächsten Montag und wurde von der allgemeinen Stimmung der Bevölkerung Berlins, die sich damals auf einen Kampf vorbereitete, so imponirt, daß er dem Könige erklärte, er könne die Contrerevolution nicht ausführen. Die Kamarilla wüthete, aber man hatte augenblicklich keinen Andern, um Pfuel zu ersetzen, und man gab einstweilen nach. Man benutzte aber die Zeit, um die Nationalversammlung im ganzen Lande so viel wie möglich zu diskreditiren. Man verbreitete die Ansicht, daß es der Versammlung mit der Verfassung gar nicht Ernst wäre, sie verzögere absichtlich deren Berathung durch dringende Anträge und Interpellationen u. s. w. Sogar Kühlwetter und Hansemann wurden nach ihrem Austritt aus dem Ministerium dazu benutzt, um in Aachen und der Rheinprovinz derartige Adressen zu Stande zu bringen. Durch Meusebach und Konsorten ließ man die Anträge auf ausschließliche Berathung der Verfassung stellen; man wußte, daß die Linke dagegen stimmen würde und wollte sie dadurch ihres Einflusses berauben. Die Vorfälle vom 31. Okt. wurden erwiesenermaßen von der Reaktion durch agents provocateurs angestiftet, um Gelegenheit zu den beabsichtigten Gewaltmaßregeln zu haben. Da kam die Nachricht vom Siege der Contrerevolution in Wien. Jetzt oder nie; der Zeitpunkt konnte nicht passender sein. Aber Pfuel verweigerte seine Zustimmung; er erhielt die schon dreimal geforderte Entlassung, und Brandenburg, dieses Spielwerk der Kamarilla, mußte den Namen zum Kamarilla-Ministerium hergeben. Alles was nun folgte ist wohlbekannt. Daß der Plan, wie er ausgeführt wurde, mit Entwaffnung der Bürgerwehr, Erklärung des Belagerungszustandes u. s. w. schon seit geraumer Zeit entworfen war, das beweist, mit welcher Zähigkeit man im Bürgerwehrgesetz die Rückgabe der Waffen an den Staat und die Auflösung der fliegenden Korps festhielt; dann die Weigerung, das Gesetz wegen Abschaffung der Todesstrafe zu genehmigen, weil ihnen dadurch die Möglichkeit genommen war, à la Windischgrätz zu füsiliren, was ihnen zu ihrem größten Leidwesen durch den passiven Widerstand unmöglich gemacht worden ist.</p>
          <p>Obgleich nun die Contrerevolution augenblicklich im Besitze der Gewalt ist, so herrscht bei uns doch kein Zweifel darüber, daß die eben ausgeführten Gewaltstreiche uns nur schneller zum Ziele führen müssen. Wem jetzt die Augen nicht aufgegangen sind, dem werden sir auf immer verschlossen bleiben und für ihn ist die Zukunft verloren; diese Partei muß auf jede Art und Weise später unschädlich gemacht werden.</p>
          <p>Man sucht hier das Gerücht zu verbreiten, als ob die hier anwesenden 279 Abgeordneten (nach dem neuesten heute ausgegebenen Verzeichnisse hat sich die Zahl so weit vermehrt) sich bereit erklärt hätten, zum 27. d. M, nach Brandenburg zu gehen. Wir können jedoch aufs Bestimmteste das Gegentheil versichern. Keine einzige Partei denkt daran, nach Brandenburg zu gehen.</p>
          <p>Von den Vermittlungsversuchen der Reichskommissäre ist noch kein Resultat zu Tage gefördert. Sie haben Konferenzen mit den Ministern und mit den Abgeordneten der Nationalversammlung abgehalten, aber ohne das Geringste zu erreichen. Keinerseits will man nachgeben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_017" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 22. Nov.</head>
          <p>Der Abgeordnete Kirchmann stellt die Lüge der &#x201E;N. Preuß. Ztg.&#x201C; über ihn, wie folgt, ins Licht:</p>
          <p>&#x201E;Die neue preußische Zeitung hat vor einigen Tagen ein Gespräch mitgetheilt, was zwischen dem Unterstaats-Secretair Bassermann aus Frankfurt und mir statt gehabt haben soll. Bei dem bekannten Charakter dieser Zeitung hielt ich trotz der vielen Unrichtigkeiten dieser Mittheilung eine Berichtigung nicht für nöthig. Diese Mittheilung ist indeß nicht blos in andere Zeitungen übergegangen, sondern auch in einer etwas veränderten Fassung als besonderer Abdruck in vielen tausend Exemplaren im Publicum verbreitet worden, und hat mehr Aufmerksamkeit erregt, als ich voraussetztn konnte; auch im Frankfurter Parlament ist der Gegenstand zur Sprache gekommen. Im Interesse der Sache halte ich mich daher jetzt zu der nachstehenden Berichtigung für verpflichtet.</p>
          <p>Am 14. d. Mts. besuchte ich den mir befreundeten und durch Unwohlsein an sein Zimmer gefesselten Abgeordneten Grabow. Ich kam völlig unerwartet und traf bei demselben den Unterstaats-Secretair Bassermann aus Frankfurt und Abgeordneten Geßler. Die Unterhaltung führte auf den jetzigen Conflikt, und Grabow in seinem regen Eifer für Vermittelung, verlangte von mir eine Aeußerung über die möglichen Bedingungen einer solchen Vermittelung. Ich erwiederte darauf, daß ich für meine Person die bloße Bildung eines sogenannten Kammer-Ministerii für völlig unzureichend hielte. Es käme jetzt wesentlich darauf an, den Schein-Constitutionalismus, der seit 6 Monaten in Preußen geherrscht habe, zu vernichten und die Hindernisse, welche alle Ministerien seit dieser Zeit gelähmt hatten, von Grund aus zu beseitigen. Es müssen deshalb besondere Garantien dafür gegeben werden, daß es mit der constitutionellen Staatsform voller Ernst sei. Als solche Garantien nannte ich insbesondere die Verhaftung der jetzigen Minister und des General v. Wrangel und die Ueberweisung derselben an die Gerichte zur Criminal-Untersuchung; die Auflösung des Garde-Corps; die sofortige Entfernung aller seit dem 9. d. Mts. in Berlin eingerückten Truppen; eine unmittelbare und tägliche Verbindung zwischen den Ministern und der Krone, so wie die Verlegung des Wohnsitzes Sr. Majestät des Königs nach Charlottenburg oder Berlin, damit der König täglich den Berathungen des Staats-Ministeriums beiwohnen könne. In Bezug auf die Bildung des Ministerii äußerte ich, daß vor dem 9. November die Bildung eines Ministerii aus den Centren wahrscheinlich eine compacte Majorität erlangt haben würde; jetzt nach den unglückseligen Maaßregeln der Regierung seit dem 9 sei die linke Seite der Versammlung so erstarkt, daß ich glaubte diese Fraction könne nun bei der Bildung eines Ministerii nicht mehr ganz übergangen werden. Ich fügte hinzu, daß diese meine persönlichen Ansichten wahrscheinlich von vielen meiner politischen Freunde in der Versammlung getheilt würden. Dies war der wesentliche Inhalt der Unterhaltung. Die Angaben in dem oben erwähnten Placate, so weit sie hiervon abweichen, insbesondere die von mir angeblich verlangte Entfernung aller Prinzen, Entfernung aller Truppen aus Berlin, und der schriftliche Revers oder die feierliche Erklärung des Königs sind Unwahrheiten. Die Unterhaltung war durchaus discursiver Natur und fern von aller Tendenz, den Anfang einer wirklichen Vermittelung zu bilden. Es waren zwar, wie erwähnt der Unterstaats-Secretair Bassermann und Abg. Geßler zufällig dabei gegenwärtig. Da indessen Grabow das Gespräch in deren Gegenwart eröffnete, so mußte ich voraussetzen, daß er sich deren Discretion versichert habe und daß diese Herren diesen Charakter der Unterhaltung festzuhalten nicht unterlassen würden.</p>
          <p>Berlin, den 21. Novbr. 1848.</p>
          <p>v. <hi rendition="#g">Kirchmann,</hi> Abgeordneter.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar152_018" type="jArticle">
          <head><bibl><author>**</author></bibl> Halle, 22. Nov.</head>
          <p>Seit sich vorgestern ein Theil der Bürgerwehr zu einem Versuch, das Lanzierkorps zu entwaffnen, mißbrauchen ließ: herrscht große Erbitterung gegen dieselbe. Zugleich hat aber die hiesige reaktionäre Partei aus dem, wenigstens theilweisen, Gelingen ihres vorgestrigen Manövers so viel Muth geschöpft, um gestern unsern Mitbürger Rawald, Geranten der &#x201E;hall. demokrat. Zeit.&#x201C; durch Militär, Bürgerwehr und Polizei verhaften zu lassen. Der Redakteur des gedachten Journals (Ehrlich) ist verschwunden, noch ehe man ihn verhaften konnte. Ferner wurden verhaftet: Weißgerber und Bürgerwehrhauptmann
</p>
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</TEI>
[0798/0002] Anarchie von Unten; eine von Oben läugnet es. Es fürchtet die Gewaltigen, und ist nur da kräftig, wo der Ingrimm des getäuschten Volkes endlich durchbricht, es hat sich durch seine Handlungen längst selbst gerichtet! Auf Euch deutschen Männern lastet die Pflicht, ein so unheilvolles Ministerium zu verdrängen, Ihr habt die Macht dazu, indem Ihr ihm Euer Vertrauen entzieht, und es ist Volkswille, daß Ihr dieses jetzt thut. (Folgen die Unterschriften). X Trier, 22. Novbr. Der Triersche Gemeinderath huldigte der Nationalversammlung und versprach ihr in einer Adresse, für sie zu stehen und zu fallen; der Triersche Gemeinderath ist heute zu erbärmlich, um das bischen Konsequenz zu haben, daß er die Steuerverweigerung an den Thoren durchzuführen den Versuch macht. Er lehnte einen dahinzielenden Antrag des hier bestehenden Bürgerausschusses ab. Dem Bürgerausschuß sind Hände und Füße gebunden, theils weil er sich nur auf ein unbewaffnetes Volk stützen kann, theils weil die Bourgeoiselemente unter ihm jeden entschiedenen Beschluß unmöglich machen. Bei der einfachsten Sache, bei einer unschuldigen Proklamation an das Volk, verweigerten reiche Leute ihre Namensunterschriften, dennoch verbleiben sie in dem Ausschuß. Die Illusion über Vereinbarung ist zerstört; es ist Zeit, daß diese Zerstörung faktisch anerkannt werde, sonst gehen wir durch diese Illusion gleich Wien unter. Der Scheineifer der Bourgeois für die Revolution wird sich im entscheidenden Augenblicke in Verrath wandeln. Unser Regierungspräsident Seboldt ist entschieden brandenburg-manteufflisch; die Plakate des Bürgerausschusses läßt er abreißen, um an deren Stelle seine eigene zu heften, die er mit Militär bewachen läßt und worin er in maßloser Weise auf die Bewohner Triers schimpft. In Folge des Plakatenabreißens entwickelte sich am Sonntag ein kleiner Straßenkrawall. Die Wachmannschaft in Gemeinschaft vieler heimlich zu solchem Zwecke beorderter Soldaten, alle übermäßig berauscht, provocirten auf die empörendste Art diesen Krawall. Ohne jede Veranlassung machte das Militär häufige taktische Evolutionen über den Markt und durch die angrenzenden Straßen, hieb mit Säbeln und stieß mit Kolben blindlings und wüthend um sich auf jedem, der ihnen in den Weg kam. Es sind dabei wenigstens 15-20 Personen mehr oder weniger verwundet worden. Der Hr. Oberbürgermrister Haw erhielt einen Bajonettstich in den Hals. Einige Freunde und Gleichgesinnte der Leute aus Köln, welche Vergnügen am Belagerungszustande finden, behaupten, Haw sei von einen Proletarier, der auf das Militär feuerte, geschossen worden. Seboldt schimpft in einem Plakat die Leute; welche sich von dem besoffenen Militär mißhandeln ließen, Betrunkene, Lumpen und Jungen. Eine größere Frechheit hat nie in einem Menschen gewohnt. — Der Bürgerausschuß hat ihn beim Oberprokurator verklagt. Eine Krähe hackt der andern die Augen nicht aus. Der Oberprokurator ist, glaube ich, selbst brandenburg-manteufflisch. Die Umgegend Triers ist stark von Militär besetzt; man hat Luxemburg ziemlich entblößt, um die Städtchen Wittlich, Bitburg etc. zu belagern. * Trier, 22. November. Der hiesige Bürgerausschuß hat folgende Adresse nach Berlin abgesandt: Hohe National-Versammlung! Der unterzeichnete Bürgerausschuß von Trier sieht auf dem Wege, auf welchem unsere gemeinsame Sache voranschreiten soll, in der Militärmacht das unbeweglichste und gefährlichste aller Hindernisse, wenn dieselbe ungestort einer Regierung zur Verfügung bleibt deren Räthe sich bereits des Hochverraths schuldig gemacht haben Wir erkennen es dankbar an, daß die National-Versammlung eine der Hauptstützen dieser volksfeindlichen Regierung durch das Dekret über die Steuerverweigerung umgestürzt hat; aber wir würden uns der National-Versammlung zu noch hoherem Danke verpflichtet halten, wenn dieselbe mit der nämlichen Konsequenz auch die andere Stütze entfernt hätte auf welcher die despotische Willkür sich bisher so sicher geglaubt hat. Noch ist es nicht zu spät, noch haben unsere Soldaten kein Bürgerblut vergossen; Hohe National-Versammlung, verhüte solche Gräuelthaten durch die Macht, welche das Land dir anvertraut hat: entbinde das Militär von allen Verpflichtungen gegen eine Regierung, welche durch den Hochverrath ihrer ersten Organe sich außerhalb der Gesetze begeben hat. Wir hoffen, daß der Blick unserer Soldaten nicht so zu ihrem Verderben geblendet sein wird, daß sie ungehorsam gegen die National-Versammlung sein könnten; wir hoffen, daß unsere Brüder im Heere auf einen Beschluß der National-Versammlung zu uns zurückkehren und die Stütze des Volkes bilden werden. Trier, den 20. November 1848. Der Bürgerausschuß. * Schönecken, 21. Nov. Aus der ganzen Eifel sind Zustimmungsadressen, von den Landräthen, Bürgermeistern, Gemeinderäthen und Einwohnern unterzeichnet, an die hohe Nationalversammlung in Berlin abgegangen. Es ist darin nicht allein die vollste Zustimmung zu den unterm 9. November gefaßten Beschlüssen ausgesprochen, sondern auch die Versicherung, daß man jeden Augenblick bereit stehe, um deren Ausführung zu unterstützen. Aus dem Kreise Prümm sind allein sieben derartige Adressen abgesandt worden und zwar aus den Orten Prüm, Schönecken, Waxweiler, Stadtkill, Leidenborn, Bleialf und Birresborn. * Kettwig, 19. Nov. Da der hiesige sogenannte konstitutionelle Verein sich veranlaßt sah, seine Unterthänigkeitsadresse an das Ministerium mit den Worten zu schließen: „Folgen die Unterschriften fast sämmtlicher Eingesessenen“ und dies zu der irrthümlichen Meinung verleiten dürfte, als repräsentire diese Verein mit seinen 40 Mitgliedern ganz Kettwig, so theilen wir Ihnen hierdurch mit, daß außer einer Heuleradresse, schon am 11. November eine zahlreich unterschriebene Adresse hiesiger Bürger an die Berliner Nationalversammlung abging, in der sich die Majorität der Bevölkerung sehr entschieden für die Sache der Freiheit ausspricht und der Nationalversammlung ihren wärmsten Dank zu erkennen giebt. * Sprockhövel, Grafschaft Mark, 22. Nov. In einer gestern hier abgehaltenen Volksversammlung wurde die Steuerverweigerung einstimmig beschlossen und eine von zahlreichen Unterschriften bedeckte Adresse zu Gunsten der Nationalversammlung angenommen und sofort nach Berlin gesandt. Als Beweis, wie die Loyalitätsadressen hin und wieder zu Stande gebracht werden, diene folgendes Beispiel. In einigen Aemtern des Kreises Hagen trägt die Polizei Adressen für den König von Haus zu Haus, und sucht durch allerlei Mittel Unterschriften zu erlangen. Bei der natürlichen Scheu des Landmannes vor diesen kleinen Despoten ist es nicht zu verwunden, daß Viele gegen ihre Ueberzeugung unterzeichnen. Trotzdem fallen diese Unterschriften sehr spärlich aus, während die Adressen für die Nationalversammlung, welche aus den meisten Landgemeinden abgehen, mit zahllosen Unterschriften bedeckt sind. Ueberhaupt ist das Landvolk in diesen Theilen der Grafschaft Mark entschieden demokratisch. * Geilenkirchen, 20. November. Der Bürgerverein hat in seinen Sitzungen vom 18. und 19. Novbr. c. über die Steuer-Verweigerungsfrage berathen und in dieser Beziehung folgende Beschlüsse gefaßt, die er hiermit zur Kenntniß der Bewohner des Kreises bringt: „Der Bürgerverein von Geilenkirchen erklärt sich vollkommen einverstanden mit dem Beschlusse der National-Versammlung. (Einstimmig angenommen.) „Er hält Jeden für verpflichtet, nach Kräften durch passiven Widerstand und moralische Einwirkung darauf hinzuarbeiten, daß keine Steuern in die Hände des Ministeriums Brandenburg gelangen.“ (Einstimmig angenommen.) Als Mittel zu diesem Zwecke schlägt der Bürgerverein vor: 1) Die direkten Steuern (Grund-, Klassen- und Gewerbsteuer) nicht zu zahlen. (Einstimmig beschlossen.) 2) Ebenso die indirekten Steuern zu verweigern. (Mit mehr als 2/3 der Stimmen angenommen.) 3) Die Gemeindebeischläge nur da zu zahlen, wo ein besonderer Gemeinde-Empfänger dafür angestellt ist. (Mit allen gegen 6 Stimmen angenommen.) Denen, die indirekte Steuern zu zahlen haben, wird anempfohlen, der Steuerbehörde schriftlich anzuzeigen, daß sie den Betrag der Steuer deponirt haben und sie zu jedem Augenblick bereit sind, denselben der von der National-Versammlung als dazu berechtigt erklärten Behörde auszuliefern. Es wird nicht erwartet, daß irgend ein Empfänger es wagen wird, jetzt die Steuer durch Execution beizutreiben. Für den Fall, daß es dennoch geschähe, wird von gewaltsamer Widersetzlichkeit abgerathen und dem Eigenthümer empfohlen die zum Verkauf ausgestellten Sachen zu einem Pfennig pr. Stück zurückzukaufen. Durch einstimmigen Beschluß erklärt der Bürgerverein „Daß er Jeden, der außer dem Eigenthümer oder dessen Bevollmächtigten unter den jetzigen Umständen bei öffentlichen Steuer-Executionen bietet, als Verräther des Volkes betrachtet!“ * Arnsberg, 20. November. Am Sonnabend, den 18. d. Mts., hatte sich hier auf Grund des Beschlusses der Steuerverweigerung eine Bürgerversammlung mit dem Vorhaben konstituirt ihre Zusammenkünfte auf dem hiesigen Rathhaussaale abzuhalten, wovon der Magistrat in Kenntniß gesetzt wurde. — Es kam hierauf eine sehr ungenügende Resolution, und die Bürgerversammlung beschloß den Rathhaussaal mit Gewalt zu nehmen. Indeß wurde bei der Ankunft der Massen dem Vorsitzer Cl. v. Orsbach der Schlüssel des Saales überreicht und die Versammlung fand Statt. Dem früheren Abgeordneten Sommer wurde dieser Tage zum Lohne für seine reaktionären Bestrebungen, das Haus demolirt. 20 Berlin, 22. Nov. Es ist von hier wenig Neues zu berichten, da seit Wrangels Regiment die Ereignisse immer spärlicher und Alles zugleich so einförmig und eintönig geworden ist, daß man nicht in Berlin, sondern in einer öden Wachtstube zu leben glaubt. — Militärische Brutalitäten, polizeiliche Verfolgungen häufen sich von Tage zu Tage. Besonders richten sich die Letzteren gegen das Proletariat. Der Arbeiter, welcher im Augenblicke ohne Arbeit ist, wird, auch wenn er nachweisen kann, daß er in 8 Tagen wieder beschäftigt sein wird, ohne Gnade und Erbarmen „gewrangelt,“ d. h. mit Zwangspaß und unter Androhung mehrwöchentlicher Arbeitshausstrafe aus Berlin in seine Heimath gewiesen. Und so geht es Jedem, der nicht einen bestimmten Bourgois-Zweck seines hiesigen Aufenthalts nachweisen kann. Es ist in unsere Polizei ein wahrer Ausweisungsteufel gefahren; heut wurde zum Zweck der Ausweisung eine eigne Fremdenkommission konstituirt. An ihrer Spitze steht ein bekannter Polizist, Assessor Seeger. Sie versieht ihr Henkersamt mit so großer Dienstbeflissenheit gegen Herrn Wrangel, daß, wie man versichert, bis heut bereits über 2000, im Polizeisinne meist „unverdächtige“ Leute aus Berlin spedirt worden sind. Einer eben so genauen Kontrolle unterliegen auch die hier ankommenden Fremden, von denen Mancher je nach der Laune eines milchbärtigen Gardelieutenants oft wenn er des Abends hier ankömmt, die Nacht hindurch auf dem Eisenbahnhofe zubringen und dann noch durch allerlei Unannehmlichkeiten sich hindurchschlagen muß, um in die Stadt zu kommen. Die Chicane in dieser Beziehung ist fast unglaublich. Berliner, die zum Vergnügen nach Köpnick fahren wollen, müssen einen Paß lösen, um ungehindert wieder nach Hause kommen zu können. — Der Verkehr ist, wie man sieht, nicht im Mindesten gestört. Handel und Wandel sind wieder in alter Blüthe; das zeigen die leeren Kaufläden, das leere Intelligenz-Blatt und das Fremdenblatt, welches jetzt als Oktavblättchen erscheint, während es vor Wrangel acht Bogen stark war. — Aber für „Ordnung und Ruhe“ bringt der „gute Bürger“ jedes Opfer. Es ist heut wiederum neues Militär in die Stadt gerückt. Auch noch jetzt nach der Entwaffnung diese Furcht? Welch' böses Gewissen! — Die Wachen werden mit eisernen Gittern umgeben, „um (wie sich die Herrscher Zeitung geistreich ausdrückt), den Andrang des Volks zu hindern.“ Dazu noch Patrouillen ganzer Bataillone. Welch' lächerliche Rüstung gegenüber der tiefen Ruhe Berlins! * Berlin, 22. Novbr. Folgendes ist die Adresse, welche der Bernburger Landtag hieher gesandt: „Hohe Nationalversammlung. Wo ein Herz schlägt, das den Begriff „Volk“ lebenswarm fassen kann, nicht im Schlamme des Kastengeistes todeskalt geworden ist, da hat auch sicherlich einige Theilnahme an den dortigen Ereignissen stattgefunden. Emport über die rohe Gewalt bisher Privilegirter, sind heiße Wünsche zur Weltregierung gesandt, daß sich auch in diesem entsetzlichen Falle das böse Prinzip selbst vernichten möge! An der fernern weisen Standhaftigkeit Einer Hohen Nationalversammlung und an der treuen Ergebenheit des preußischen Volkes gegen seine Vertreter zweifeln gewiß nur Wenige. Innerhalb der deutschen Grenzen muß aber diese Theilnahme noch inniger sein: Jeder fühlt, daß Deutschlands Schicksal in Berlin entschieden werden wird In dieser heiligen Angelegenheit gibt es nur Deutsche, und auch unsere Herzen schlagen Einer Hohen Nationalversammlung freudig entgegen. Wir vermeiden eine Schilderung unseres Gefühles, „denn der innere Mensch hat keine Zunge;“ Hohe Nationalversammlung gestatte uns aber zu versichern, daß die Bürger Anhalt-Bernburgs den Preußen selber hierbei nicht nachstehen werden. Bernburg, am 16. November 1848. Die Abgeordneten des Bernburger Landtages.“ Heimbörger. Zeising. Glaß. Amelang. Schiele. Ludewig. Barnbeck. C. Wirth. Fr. Voigt. G. O. Piper. Eduard Große. Fr. Stötzer. Günther. Dannenberg. Campen Pfannschmidt. — Die aus Marburg an die hiesige Nationalversammlung eingegangene Adresse schließt mit den Worten: „Wir fordern Euch auf, hochherzige Mitglieder der preußischen National-Versammlung, mit aller Entschlossenheit und unerbittlicher Konsequenz, den Widerstand gegen eine hochverrätherische Regierung und die gründliche Vernichtung derselben fortzusetzen. Der Aufschwung und die Größe des Deutschen Vaterlandes wird der sichere Lohn sein, und auf den Trümmern der brutalen Soldatenherrschaft wird die friedliche Entwickelung des demokratischen Deutschlands beginnen.“ Marburg, am 15. November 1848. Der Volksrath. Eberhard, Präsident. Dr. med. Eichelberg, Sekretär. X Berlin, 22. Nov. Bis jetzt sind über 7000 Dankadressen mit circa einer halben Million Unterschriften eingegangen. Außerdem Zustimmungsadressen der Nationalversammlungen von Mecklenburg, Oldenburg, Bernburg und Dessau. 103 Berlin, 22. Nov. Die Contre-Revolution ist schon seit langer Zeit vorbereitet. Radowitz ist die Seele der ganzen Intrigue. Gleich nach der Unterdrückung des Pariser Juli-Aufstandes wurde von der Kamarilla der Plan zur Contrerevolution entworfen. Die Königin trat mit der Erzherzogin Sophie von Oestreich in Verbindung und in Pillnitz wurden im Juli während der Anwesenheit der Königin und des General Radowitz alle Rollen ausgetheilt. Radowitz setzte den Ausbruch der Contrerevolution für den Augenblick fest, wo Wrangel mit seinen siegreichen Truppen aus Schleswig-Holstein zurückkehren würde. Es hatten sich aber im Laufe des Sommers noch zwei andere Parteien am Hofe gebildet, welche der ersten, der eigentlichen Kamarilla größtentheils entgegenwirkte. Die eine Partei ist die des Prinzen von Preußen, an deren Spitze die Prinzessin von Preußen steht und deren Organ die „Neue Preußische Zeitung“ ist. Diese Partei liebäugelte mit dem Proletariat, welches sie dazu benutzen wollte, vermittelst Putsche und Emeuten, die man selbst anregte, den König zur Abdankung zu Gunsten des Prinzen von Preußen zu bewegen. Von dieser Partei gehen die bekannten Vorfälle vom 14. Juli und die späteren Arbeiteraufläufe aus. Im Auftrage dieser Partei unterhandelte auch Hr. v. Katte mit dem zur damaligen Zeit bei den Maschinenbauern und andern Arbeitern im besten Ansehen stehenden Held. Held hat das selbst in dem Plakate: „Meine Idee“ veröffentlicht. Die dritte Hofpartei ist die des Prinzen Karl, welche für den Sohn des Prinzen, der eine liberale Färbung zur Schau trägt, einen Staatsstreich wie den Pariser von 1830 herbeiwünschte; sie wollten die Orleans spielen. Doch kehren wir zur Kamarilla zurück. Der von ihr entworfene Plan zur Contre-Revolution fällt zur Zeit des Ministeriums Hansemann. Dieser erfuhr den ganzen Plan und so sind auch seine Worte vom 7. Sept. bei Gelegenheit des Stein'schen Antrags am besten zu deuten, wo er durch die Annahme des Stein'schen Antrags Preußens Stern sinken sieht. Der Stein'sche Antrag wurde aber dennoch angenommen und das wollte die Kamarilla zur Ausführung ihres Coups benutzen. Die Ministerkrisis wurde damals nur deshalb 14 Tage lang ausgedehnt, um alle Truppen aus Holstein heranzuziehen. Wrangel wurde zum Oberbefehlshaber der Marken ernannt, man glaubte in Pfuel den Mann gefunden zu haben, welcher den Muth besitzt, die Contrerevolution auszuführen. Aber Pfuel war zu rechtlich dazu. Als er zum ersten Mal in der Nationalversammlung erschien und wegen der Ausführung des Stein'schen Antrages interpellirt wurde, verschob er die Antwort bis nächsten Montag und wurde von der allgemeinen Stimmung der Bevölkerung Berlins, die sich damals auf einen Kampf vorbereitete, so imponirt, daß er dem Könige erklärte, er könne die Contrerevolution nicht ausführen. Die Kamarilla wüthete, aber man hatte augenblicklich keinen Andern, um Pfuel zu ersetzen, und man gab einstweilen nach. Man benutzte aber die Zeit, um die Nationalversammlung im ganzen Lande so viel wie möglich zu diskreditiren. Man verbreitete die Ansicht, daß es der Versammlung mit der Verfassung gar nicht Ernst wäre, sie verzögere absichtlich deren Berathung durch dringende Anträge und Interpellationen u. s. w. Sogar Kühlwetter und Hansemann wurden nach ihrem Austritt aus dem Ministerium dazu benutzt, um in Aachen und der Rheinprovinz derartige Adressen zu Stande zu bringen. Durch Meusebach und Konsorten ließ man die Anträge auf ausschließliche Berathung der Verfassung stellen; man wußte, daß die Linke dagegen stimmen würde und wollte sie dadurch ihres Einflusses berauben. Die Vorfälle vom 31. Okt. wurden erwiesenermaßen von der Reaktion durch agents provocateurs angestiftet, um Gelegenheit zu den beabsichtigten Gewaltmaßregeln zu haben. Da kam die Nachricht vom Siege der Contrerevolution in Wien. Jetzt oder nie; der Zeitpunkt konnte nicht passender sein. Aber Pfuel verweigerte seine Zustimmung; er erhielt die schon dreimal geforderte Entlassung, und Brandenburg, dieses Spielwerk der Kamarilla, mußte den Namen zum Kamarilla-Ministerium hergeben. Alles was nun folgte ist wohlbekannt. Daß der Plan, wie er ausgeführt wurde, mit Entwaffnung der Bürgerwehr, Erklärung des Belagerungszustandes u. s. w. schon seit geraumer Zeit entworfen war, das beweist, mit welcher Zähigkeit man im Bürgerwehrgesetz die Rückgabe der Waffen an den Staat und die Auflösung der fliegenden Korps festhielt; dann die Weigerung, das Gesetz wegen Abschaffung der Todesstrafe zu genehmigen, weil ihnen dadurch die Möglichkeit genommen war, à la Windischgrätz zu füsiliren, was ihnen zu ihrem größten Leidwesen durch den passiven Widerstand unmöglich gemacht worden ist. Obgleich nun die Contrerevolution augenblicklich im Besitze der Gewalt ist, so herrscht bei uns doch kein Zweifel darüber, daß die eben ausgeführten Gewaltstreiche uns nur schneller zum Ziele führen müssen. Wem jetzt die Augen nicht aufgegangen sind, dem werden sir auf immer verschlossen bleiben und für ihn ist die Zukunft verloren; diese Partei muß auf jede Art und Weise später unschädlich gemacht werden. Man sucht hier das Gerücht zu verbreiten, als ob die hier anwesenden 279 Abgeordneten (nach dem neuesten heute ausgegebenen Verzeichnisse hat sich die Zahl so weit vermehrt) sich bereit erklärt hätten, zum 27. d. M, nach Brandenburg zu gehen. Wir können jedoch aufs Bestimmteste das Gegentheil versichern. Keine einzige Partei denkt daran, nach Brandenburg zu gehen. Von den Vermittlungsversuchen der Reichskommissäre ist noch kein Resultat zu Tage gefördert. Sie haben Konferenzen mit den Ministern und mit den Abgeordneten der Nationalversammlung abgehalten, aber ohne das Geringste zu erreichen. Keinerseits will man nachgeben. * Berlin, 22. Nov. Der Abgeordnete Kirchmann stellt die Lüge der „N. Preuß. Ztg.“ über ihn, wie folgt, ins Licht: „Die neue preußische Zeitung hat vor einigen Tagen ein Gespräch mitgetheilt, was zwischen dem Unterstaats-Secretair Bassermann aus Frankfurt und mir statt gehabt haben soll. Bei dem bekannten Charakter dieser Zeitung hielt ich trotz der vielen Unrichtigkeiten dieser Mittheilung eine Berichtigung nicht für nöthig. Diese Mittheilung ist indeß nicht blos in andere Zeitungen übergegangen, sondern auch in einer etwas veränderten Fassung als besonderer Abdruck in vielen tausend Exemplaren im Publicum verbreitet worden, und hat mehr Aufmerksamkeit erregt, als ich voraussetztn konnte; auch im Frankfurter Parlament ist der Gegenstand zur Sprache gekommen. Im Interesse der Sache halte ich mich daher jetzt zu der nachstehenden Berichtigung für verpflichtet. Am 14. d. Mts. besuchte ich den mir befreundeten und durch Unwohlsein an sein Zimmer gefesselten Abgeordneten Grabow. Ich kam völlig unerwartet und traf bei demselben den Unterstaats-Secretair Bassermann aus Frankfurt und Abgeordneten Geßler. Die Unterhaltung führte auf den jetzigen Conflikt, und Grabow in seinem regen Eifer für Vermittelung, verlangte von mir eine Aeußerung über die möglichen Bedingungen einer solchen Vermittelung. Ich erwiederte darauf, daß ich für meine Person die bloße Bildung eines sogenannten Kammer-Ministerii für völlig unzureichend hielte. Es käme jetzt wesentlich darauf an, den Schein-Constitutionalismus, der seit 6 Monaten in Preußen geherrscht habe, zu vernichten und die Hindernisse, welche alle Ministerien seit dieser Zeit gelähmt hatten, von Grund aus zu beseitigen. Es müssen deshalb besondere Garantien dafür gegeben werden, daß es mit der constitutionellen Staatsform voller Ernst sei. Als solche Garantien nannte ich insbesondere die Verhaftung der jetzigen Minister und des General v. Wrangel und die Ueberweisung derselben an die Gerichte zur Criminal-Untersuchung; die Auflösung des Garde-Corps; die sofortige Entfernung aller seit dem 9. d. Mts. in Berlin eingerückten Truppen; eine unmittelbare und tägliche Verbindung zwischen den Ministern und der Krone, so wie die Verlegung des Wohnsitzes Sr. Majestät des Königs nach Charlottenburg oder Berlin, damit der König täglich den Berathungen des Staats-Ministeriums beiwohnen könne. In Bezug auf die Bildung des Ministerii äußerte ich, daß vor dem 9. November die Bildung eines Ministerii aus den Centren wahrscheinlich eine compacte Majorität erlangt haben würde; jetzt nach den unglückseligen Maaßregeln der Regierung seit dem 9 sei die linke Seite der Versammlung so erstarkt, daß ich glaubte diese Fraction könne nun bei der Bildung eines Ministerii nicht mehr ganz übergangen werden. Ich fügte hinzu, daß diese meine persönlichen Ansichten wahrscheinlich von vielen meiner politischen Freunde in der Versammlung getheilt würden. Dies war der wesentliche Inhalt der Unterhaltung. Die Angaben in dem oben erwähnten Placate, so weit sie hiervon abweichen, insbesondere die von mir angeblich verlangte Entfernung aller Prinzen, Entfernung aller Truppen aus Berlin, und der schriftliche Revers oder die feierliche Erklärung des Königs sind Unwahrheiten. Die Unterhaltung war durchaus discursiver Natur und fern von aller Tendenz, den Anfang einer wirklichen Vermittelung zu bilden. Es waren zwar, wie erwähnt der Unterstaats-Secretair Bassermann und Abg. Geßler zufällig dabei gegenwärtig. Da indessen Grabow das Gespräch in deren Gegenwart eröffnete, so mußte ich voraussetzen, daß er sich deren Discretion versichert habe und daß diese Herren diesen Charakter der Unterhaltung festzuhalten nicht unterlassen würden. Berlin, den 21. Novbr. 1848. v. Kirchmann, Abgeordneter.“ ** Halle, 22. Nov. Seit sich vorgestern ein Theil der Bürgerwehr zu einem Versuch, das Lanzierkorps zu entwaffnen, mißbrauchen ließ: herrscht große Erbitterung gegen dieselbe. Zugleich hat aber die hiesige reaktionäre Partei aus dem, wenigstens theilweisen, Gelingen ihres vorgestrigen Manövers so viel Muth geschöpft, um gestern unsern Mitbürger Rawald, Geranten der „hall. demokrat. Zeit.“ durch Militär, Bürgerwehr und Polizei verhaften zu lassen. Der Redakteur des gedachten Journals (Ehrlich) ist verschwunden, noch ehe man ihn verhaften konnte. Ferner wurden verhaftet: Weißgerber und Bürgerwehrhauptmann

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 152. Köln, 25. November 1848, S. 0798. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz152_1848/2>, abgerufen am 27.04.2024.