Neue Rheinische Zeitung. Nr. 147. Köln, 19. November 1848. Zweite Ausgabe.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 147. Köln, Sonntag 19. November. 1848. Den auswärtigen Freunden der "Neuen Rheinischen Zeitung" zeigen wir hiermit an, daß uns von dem hiesigen Ober-Postamte die Genehmigung ertheilt worden ist, vom heutigen Tage bis Ende Quartals Abonnements zum Preise von 1 Thlr. incl. des Postaufschlags entgegenzunehmen. Wir fordern demnach das auswärtige Publikum zur regen Theilnahme auf. Köln, 16. November 1848. Die Expedition der "N. Rh. Ztg."
Zweite Ausgabe. Deutschland. Aufruf. Köln, 18. Nov. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 18. November. Unser Raum gestattet heute nicht, die zahlreichen neuen Zustimmungs-Adressen an die Nationalversammlung in Berlin zu veröffentlichen, Die Veröffentlichung wird in einer der nächsten Nummern erfolgen. In Wittlich (Regierungsbezirk Trier) erzählt man, sollen Barrikaden errichtet worden sein, um das Einrücken der Siebenundzwanziger zu verhindern. In Bernkastel, berichtet uns ein Augenzeuge, werden alte Lanzen geschliffen und Sensen fabricirt, womit die Bernkastler nach Wittlich eilen wollen. In Bonn sollen mit Gewalt an den Thoren Mehl und Vieh steuerfrei eingeführt und ein Konflikt dadurch hervorgerufen worden sein. Der neue kommissarische Oberbürgermeister der hiesigen Stadt, Hr. Appellationsgerichtsrath Gräff, hat heute unter dem Schutze der bewaffneten Macht, welche die Zugänge des Stadthauses besetzt hielt, zuerst einer Sitzung des Gemeinderathes beigewohnt. Um mögliche Konflikte bei der Schlachtsteuerverweigerung der in den nächsten Tagen durch die Viehhändler hier einzuführenden Ochsen zu verhindern, soll der Gemeinderath beschlossen haben, denselben am Thore eine Deputation entgegenzuschicken, um sich mit denselben zu vereinbaren. Aus Westphalen berichtet man uns: "Die Neue Rheinische Zeitung hat hier schon bewirkt, daß der vorgestern nach Neheim von Arnsberg gesandte Steuerempfänger fast ganz unverrichteter Sache abziehen mußte, da die Bauern jede Steuereinzahlung verweigerten. Aehnliche Berichte sind uns aus verschiedenen Landorten der Rheinprovinz zugegangen. Berlin kann nur durch die revolutionäre Energie der Provinzen, die größern Provinzialstädte und namentlich die Provinzialhauptstädte können nur durch die revolutionäre Energie des flachen Landes sichergestellt werden. Die Steuerverweigerung, (sei es der direkten, sei es der indirekten Steuern) giebt dem flachen Lande die beste Gelegenheit, sich um die Revolution verdient zu machen. * Köln, 18. Nov. Hr. Raveaux hat seinen Reichsgesandtschaftsposten niedergelegt, da er es mit seiner Ehre unverträglich findet, länger Repräsentant der Centralgewalt zu sein. Indem wir unsere Genugthuung über den Schritt des Hrn. Raveaux aussprechen, hoffen wir, daß die Centralgewalt selbst ihre Gewalt niederlegen wird, um nicht länger die vorgesetzte Behörde des Hrn. Brutus Bassermann zu sein. 103 Berlin, 17. November. Seit einigen Tagen nichts als Regen oder Schnee. Man sieht keine Attrouppements mehr auf den Straßen und Alles bewegt sich ganz ruhig, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Wenn man nicht durch die auf den Straßen marschirenden Soldaten, durch die Exekutions-Detachements, welche die Waffen aus den Häusern abholen, und durch die erscheinenden servilen und nicht erscheinenden radikalen Zeitungen daran erinnert würde, daß wir uns im Belagerungszustand und mitten in der Contre-Revolution befinden, so würde man es kaum merken, denn überall herrscht "Ruhe und Ordnung." Von Pommern sind uns Heute die besten Berichte zugegangen. In Greifswald, in Demmin und der ganzen Umgegend dieser Städte soll schon ein Landsturm von 30,000 Mann organisirt sein, der Berlin zu Hülfe eilen will. In Sachsen und Thüringen geschieht ein Gleiches, wie wir schon gestern berichteten. Thun alle Provinzen ihre Schuldigkeit, bringen sie eine Organisation in diesen Aufstand, setzen sie sich gegenseitig mit einander in Verbindung, so muß die Contre-Revolution unterliegen. Der Beschluß der Nationalversammlung, die Steuerverweigerung betreffend, muß in jeder Hinsicht durchgeführt und so der Contre-Revolution jeder Zufluß abgeschnitten werden. Die Nationalversammlung hält auch heute keine öffentliche Sitzung. In den Partei-Zusammkunften wird eine Proklamation an die Soldaten, daß sie nur dem konstitutionellen Könige Gehorsam schuldig wären, und ein Aufruf an das Volk und die Landwehr, daß sie sich zum Schutze der Nationalversammlung zusammenschaaren sollen, berathen. Wenn sich die verschiedenen Partheien über die Fassung dieser Proklamationen geeinigt haben werden, wird vom Präsidenten Unruh eine öffentliche Sitzung anberaumt werden. Man spricht hier seit gestern Abend vielfach von der Absicht der Krone, die Nationalversammlung aufzulösen. Uns wäre dieser Schritt viel lieber, als ein Vermittlungsversuch. Professor Leo aus Halle ist seit einiger Zeit der Vertraute des Königs. Beide studiren gemeinschaftlich die Geschichte der französischen Revolution und haben einen Plan entworfen, damit dem Könige nicht das Schicksal Ludwig XVI, widerfährt. Leo hat dem Könige in den Kopf gesetzt, daß wenn er den Klubs und der Nationalversammlung noch länger ihren Willen läßt, wie dies im Laufe der vergangenen 6 Monate geschehen, so würde unfehlbar das Schicksal Ludwig XVI. ihn ereilen. Der große Professor Leo hat daher den König bestimmt, sich der Nationalversammlung vermittelst der gegenwärtigen Gewaltstreiche zu entledigen und mit diesen Gewaltstreichen dem Lande und der Welt zu zeigen, wie groß die Macht des Königs noch sei, daß er allein die Souverainetät besitzt, und daß das preußische Volk demüthigst und dankbar diejenige Verfassung annehme, die dem Volke vom Könige geschenkt werden wird. -- Die octroyirte Verfassung, welche eine Uebersetzung der belgischen sein soll und sich in der Geheimen Decker'schen Ober-Hof-Buchdruckerei schon unter der Presse befindet, -- sie wird das Ziel sein, wo der Professor Leo das preußische Volk und die Dynastie Hohenzollern ein Jahrhundert lang ausruhen lassen will von den Stürmen des Jahres 1848. -- Der Abgeordnete Reichensperger und Genossen, der große Hauptredakteur der Köln. Zeitung und die ganze Bourgeoisie werden freudig einstimmen in die glückliche Lösung der Frage. Hr. Brüggemann hat sich aber diesmal ebenso geirrt, wie er dies schon so oft im Laufe des Jahres 1843 gethan hat. Der erste Staatsanwalt Sethe und der Polizeipräsident von Bardeleben sollen beide, wie wir aus sicherer Quelle erfahren haben, ihre Aemter niedergelegt haben. Wrangel soll diesen Männern, die doch sonst nicht sehr scrupelhaft sich benahmen, Dinge zugemuthet haben, die jeden Ehrenmann erröthen machen mußten und die sich gegen alles Recht und Gesetz auflehnen. Die Executions-Detachements, welche die Waffen aus den Häusern abholen, benehmen sich sehr höflich; der Unteroffizier geht ins Haus und nimmt wenn er etwas bekommt; wo man vorgiebt keine Waffen zu besitzen entfernt man sich ruhig. Nur diejenigen, welche sich ungestüm betragen, werden, dann und wann verhaftet. Auf diese Art sollen die bekannten Demokraten Bisky, Oschatz, Lipke u. A. verhaftet sein. Kladderadatsch, unser bestes Witzblatt, ebenfalls verboten, ist in Dessau heute gedruckt worden, und wird morgen, wie allwöchentlich, hier ausgegeben werden. Der Verleger hatte Ursache, diesen Weg einzuschlagen, denn er verkauft 7000 Exemplare, und hat unter den gegenwärtigen Verhältnissen Aussicht, von der morgen erscheinenden Nummer noch mehr zu verkaufen, weil alle Welt darauf gespannt ist, und verbotene Früchte viel süßer schmecken als erlaubte. Den Beweis liefert ein anderes Witzblatt, "die ewige Lampe," welche vorgestern trotz des Verbots erschien, und statt des gewöhnlichen Preises von 1 Sgr. für 2 einen halben Sgr. verkauft wurde. Allen hiesigen Druckereien ist bei strenger Ahndung untersagt worden, verbotene Zeitungen zu drucken. Alle Plakate, welche nicht Wrangel's Erlaubniß zum Druck vorher eingeholt haben, dürfen gleichfalls nicht gedruckt werden. Dennoch sagte Wrangel einem Zeitungs-Redakteur, der sich über diese Maßregeln beschwerte: "Sie haben ja Preßfreiheit, ich habe keinen . . . . wie heißt doch das Ding . . . . keinen Censor eingesetzt, drucken Sie nur im Namen der Regierung Alles, was Sie wollen, Sie sollen nicht gestört werden. -- Wer hätte so etwas im Herbste des Jahres 1848 in Berlin erwartet. Frankfurt, 18. November. So eben geht uns folgender mit Trauerrand versehener Aufruf zu: An das deutsche Volk! Robert Blum ist gefallen, ein Opfer feigen Mordes! Deutsches Volk! Bis in die entferntesten Gauen deines Landes ist der Name des Mannes gedrungen, der aus dem Arbeiterstande durch die Kraft seines Geistes sich emporgeschwungen hatte zu einem der vordersten Kämpfer für die heilige Sache der Freiheit. Der beredte Mund, dessen Worte tief ergriffen, weil sie aus dem Herzen kamen, hat sich geschlossen; geschlossen durch eine Gewaltthat, einen Mord, begangen mit kaltem Blute, mit Beobachtung sogenannter gesetzlicher Formen. Du weißt, deutsches Volk, was dieser gemeuchelte Held deiner jungen Freiheit für diese Freiheit gethan. Klar in Gedanken, entschieden im Wollen, entschlossen im Handeln, trug er das Banner voran in dem Kampfe, in welchem er glorreich gefallen ist. Was er gethan während des Zeitraumes eines langen Druckes, was er gewirkt seit der Märzrevolution in dem Vorparlamente, in dem Fünfziger-Ausschusse, in der Nationalversammlung mit unauslöschlicher Schrift, ist es in Aller Herzen eingetragen. Die Begeisterung für die Sache der deutschen Freiheit und der Auftrag seiner politischen Freunde führte ihn nach Wien. Er focht an der Spitze des Elite-Corps, dessen Führung ihm von dem Oberbefehlshaber anvertraut wurde. Als die Kapitulation Wiens abgeschlossen war, legte er die Waffen, die er mit Heldenmuth geführt hatte, nieder. Vier Tage nach Beendigung des letzten Verzweiflungskampfes, an welchem er, dem gegebenen Worte treu, keinen Antheil mehr nahm, wurde er verhaftet. Man übertrat mit frechem Hohne das Gesetz, welches die Vertreter der deutschen Nation vor jeder von der Nationalversammlung nicht genehmigten Verhaftung schützen sollte; und achtete der Berufung nicht, welche er, gestützt auf dieses Gesetz, gegen seine Verhaftung einlegte. Deutsches Volk! Deine Ehre, dein Recht trat man mit Füßen, als man deinen Vertreter gegen das Gesetz verhaftete! Deiner Freiheit hat man eine tödtliche Wunde geschlagen, als man einen deiner würdigsten Söhne mordete! Am vierten Tage seiner Verhaftung, acht Tage nach der völligen Einnahme Wiens, am 9. November, wurde Robert Blum standrechtlich in der Brigittenau erschossen! Nicht in der Aufwallung tobender Leidenschaft, nicht in dem Getümmel des Kampfes wurde der Mord verübt; nein! er wurde verübt von Denjenigen, welche sich Werkzeuge des Gesetzes, Hersteller der Ordnung, Begründer gesetzlicher Freiheit nennen! Deutsches Volk! Trauern wirst du über den unersetzlichen Verlust, den du erlitten! Vergiß des Todten nicht und erinnere dich, wie er starb, für welche Sache er starb und durch wen er gemordet wurde! Frankfurt, 16. November 1848. Die Abgeordneten zur deutschen Reichsversammlung: Archer aus Rein. Bauernschmid aus Wien. Berger aus Wien. Blumröder aus Kirchlamitz. Boczek aus Mähren. Bogen aus Michelstadt. Brentano aus Bruchsal. Caspers aus Koblenz. Christmann aus Dürkheim. Claussen aus Kiel. Damm aus Tauberbischofsheim. Demel aus Teschen. Dewes a. Losheim. Dham a. Schmalenberg. v. Dieskau a. Plauen. Dietsch a. Annaberg. Drechsler a. Rostock. Eisenmann a. Nürnberg. Eisenstuck a. Chemnitz. Engel a. Pinneberg. Esterle a. Cavalese. Fallmerayer a. München. Fehrenbach aus Säckingen. Fetzer a. Stuttgart. Förster a. Hünfeld. Freese a. Stargurd. Frisch a. Stuttgart. Geigel a. München. Grubert a. Breslau. Günther aus Leipzig. Gulden a. Zweibrücken. Hagen, K., a. Heidelberg. Haggenmüller a. Kempten. Hartmann a. Leitmeritz. Hedrich a. Prag. Hehner a. Wiesbaden. Heisterbergk a. Rochlitz. Hensel a. Camenz. Hentges a. Heilbronn, Heubner a. Freiberg. Heubner a. Zwickau. Hildebrand a. Marburg. Hönniger a. Rudolstadt. Hoffbauer a. Nordhausen. Hofmann a. Seifhennersdorf (Sachsen). Joppa. Enzersdorf. Joseph a. Lindenau. v. Itzstein a. Mannheim. Junghans a. Mosbach. Köhler a. Seehausen. Kolb a. Speyer. Kollaczek a. östreich. Schlesien. Kuenzer a. Konstanz. Lang- Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 147. Köln, Sonntag 19. November. 1848. Den auswärtigen Freunden der „Neuen Rheinischen Zeitung“ zeigen wir hiermit an, daß uns von dem hiesigen Ober-Postamte die Genehmigung ertheilt worden ist, vom heutigen Tage bis Ende Quartals Abonnements zum Preise von 1 Thlr. incl. des Postaufschlags entgegenzunehmen. Wir fordern demnach das auswärtige Publikum zur regen Theilnahme auf. Köln, 16. November 1848. Die Expedition der „N. Rh. Ztg.“
Zweite Ausgabe. Deutschland. Aufruf. Köln, 18. Nov. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 18. November. Unser Raum gestattet heute nicht, die zahlreichen neuen Zustimmungs-Adressen an die Nationalversammlung in Berlin zu veröffentlichen, Die Veröffentlichung wird in einer der nächsten Nummern erfolgen. In Wittlich (Regierungsbezirk Trier) erzählt man, sollen Barrikaden errichtet worden sein, um das Einrücken der Siebenundzwanziger zu verhindern. In Bernkastel, berichtet uns ein Augenzeuge, werden alte Lanzen geschliffen und Sensen fabricirt, womit die Bernkastler nach Wittlich eilen wollen. In Bonn sollen mit Gewalt an den Thoren Mehl und Vieh steuerfrei eingeführt und ein Konflikt dadurch hervorgerufen worden sein. Der neue kommissarische Oberbürgermeister der hiesigen Stadt, Hr. Appellationsgerichtsrath Gräff, hat heute unter dem Schutze der bewaffneten Macht, welche die Zugänge des Stadthauses besetzt hielt, zuerst einer Sitzung des Gemeinderathes beigewohnt. Um mögliche Konflikte bei der Schlachtsteuerverweigerung der in den nächsten Tagen durch die Viehhändler hier einzuführenden Ochsen zu verhindern, soll der Gemeinderath beschlossen haben, denselben am Thore eine Deputation entgegenzuschicken, um sich mit denselben zu vereinbaren. Aus Westphalen berichtet man uns: „Die Neue Rheinische Zeitung hat hier schon bewirkt, daß der vorgestern nach Neheim von Arnsberg gesandte Steuerempfänger fast ganz unverrichteter Sache abziehen mußte, da die Bauern jede Steuereinzahlung verweigerten. Aehnliche Berichte sind uns aus verschiedenen Landorten der Rheinprovinz zugegangen. Berlin kann nur durch die revolutionäre Energie der Provinzen, die größern Provinzialstädte und namentlich die Provinzialhauptstädte können nur durch die revolutionäre Energie des flachen Landes sichergestellt werden. Die Steuerverweigerung, (sei es der direkten, sei es der indirekten Steuern) giebt dem flachen Lande die beste Gelegenheit, sich um die Revolution verdient zu machen. * Köln, 18. Nov. Hr. Raveaux hat seinen Reichsgesandtschaftsposten niedergelegt, da er es mit seiner Ehre unverträglich findet, länger Repräsentant der Centralgewalt zu sein. Indem wir unsere Genugthuung über den Schritt des Hrn. Raveaux aussprechen, hoffen wir, daß die Centralgewalt selbst ihre Gewalt niederlegen wird, um nicht länger die vorgesetzte Behörde des Hrn. Brutus Bassermann zu sein. 103 Berlin, 17. November. Seit einigen Tagen nichts als Regen oder Schnee. Man sieht keine Attrouppements mehr auf den Straßen und Alles bewegt sich ganz ruhig, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Wenn man nicht durch die auf den Straßen marschirenden Soldaten, durch die Exekutions-Detachements, welche die Waffen aus den Häusern abholen, und durch die erscheinenden servilen und nicht erscheinenden radikalen Zeitungen daran erinnert würde, daß wir uns im Belagerungszustand und mitten in der Contre-Revolution befinden, so würde man es kaum merken, denn überall herrscht „Ruhe und Ordnung.“ Von Pommern sind uns Heute die besten Berichte zugegangen. In Greifswald, in Demmin und der ganzen Umgegend dieser Städte soll schon ein Landsturm von 30,000 Mann organisirt sein, der Berlin zu Hülfe eilen will. In Sachsen und Thüringen geschieht ein Gleiches, wie wir schon gestern berichteten. Thun alle Provinzen ihre Schuldigkeit, bringen sie eine Organisation in diesen Aufstand, setzen sie sich gegenseitig mit einander in Verbindung, so muß die Contre-Revolution unterliegen. Der Beschluß der Nationalversammlung, die Steuerverweigerung betreffend, muß in jeder Hinsicht durchgeführt und so der Contre-Revolution jeder Zufluß abgeschnitten werden. Die Nationalversammlung hält auch heute keine öffentliche Sitzung. In den Partei-Zusammkunften wird eine Proklamation an die Soldaten, daß sie nur dem konstitutionellen Könige Gehorsam schuldig wären, und ein Aufruf an das Volk und die Landwehr, daß sie sich zum Schutze der Nationalversammlung zusammenschaaren sollen, berathen. Wenn sich die verschiedenen Partheien über die Fassung dieser Proklamationen geeinigt haben werden, wird vom Präsidenten Unruh eine öffentliche Sitzung anberaumt werden. Man spricht hier seit gestern Abend vielfach von der Absicht der Krone, die Nationalversammlung aufzulösen. Uns wäre dieser Schritt viel lieber, als ein Vermittlungsversuch. Professor Leo aus Halle ist seit einiger Zeit der Vertraute des Königs. Beide studiren gemeinschaftlich die Geschichte der französischen Revolution und haben einen Plan entworfen, damit dem Könige nicht das Schicksal Ludwig XVI, widerfährt. Leo hat dem Könige in den Kopf gesetzt, daß wenn er den Klubs und der Nationalversammlung noch länger ihren Willen läßt, wie dies im Laufe der vergangenen 6 Monate geschehen, so würde unfehlbar das Schicksal Ludwig XVI. ihn ereilen. Der große Professor Leo hat daher den König bestimmt, sich der Nationalversammlung vermittelst der gegenwärtigen Gewaltstreiche zu entledigen und mit diesen Gewaltstreichen dem Lande und der Welt zu zeigen, wie groß die Macht des Königs noch sei, daß er allein die Souverainetät besitzt, und daß das preußische Volk demüthigst und dankbar diejenige Verfassung annehme, die dem Volke vom Könige geschenkt werden wird. — Die octroyirte Verfassung, welche eine Uebersetzung der belgischen sein soll und sich in der Geheimen Decker'schen Ober-Hof-Buchdruckerei schon unter der Presse befindet, — sie wird das Ziel sein, wo der Professor Leo das preußische Volk und die Dynastie Hohenzollern ein Jahrhundert lang ausruhen lassen will von den Stürmen des Jahres 1848. — Der Abgeordnete Reichensperger und Genossen, der große Hauptredakteur der Köln. Zeitung und die ganze Bourgeoisie werden freudig einstimmen in die glückliche Lösung der Frage. Hr. Brüggemann hat sich aber diesmal ebenso geirrt, wie er dies schon so oft im Laufe des Jahres 1843 gethan hat. Der erste Staatsanwalt Sethe und der Polizeipräsident von Bardeleben sollen beide, wie wir aus sicherer Quelle erfahren haben, ihre Aemter niedergelegt haben. Wrangel soll diesen Männern, die doch sonst nicht sehr scrupelhaft sich benahmen, Dinge zugemuthet haben, die jeden Ehrenmann erröthen machen mußten und die sich gegen alles Recht und Gesetz auflehnen. Die Executions-Detachements, welche die Waffen aus den Häusern abholen, benehmen sich sehr höflich; der Unteroffizier geht ins Haus und nimmt wenn er etwas bekommt; wo man vorgiebt keine Waffen zu besitzen entfernt man sich ruhig. Nur diejenigen, welche sich ungestüm betragen, werden, dann und wann verhaftet. Auf diese Art sollen die bekannten Demokraten Bisky, Oschatz, Lipke u. A. verhaftet sein. Kladderadatsch, unser bestes Witzblatt, ebenfalls verboten, ist in Dessau heute gedruckt worden, und wird morgen, wie allwöchentlich, hier ausgegeben werden. Der Verleger hatte Ursache, diesen Weg einzuschlagen, denn er verkauft 7000 Exemplare, und hat unter den gegenwärtigen Verhältnissen Aussicht, von der morgen erscheinenden Nummer noch mehr zu verkaufen, weil alle Welt darauf gespannt ist, und verbotene Früchte viel süßer schmecken als erlaubte. Den Beweis liefert ein anderes Witzblatt, „die ewige Lampe,“ welche vorgestern trotz des Verbots erschien, und statt des gewöhnlichen Preises von 1 Sgr. für 2 einen halben Sgr. verkauft wurde. Allen hiesigen Druckereien ist bei strenger Ahndung untersagt worden, verbotene Zeitungen zu drucken. Alle Plakate, welche nicht Wrangel's Erlaubniß zum Druck vorher eingeholt haben, dürfen gleichfalls nicht gedruckt werden. Dennoch sagte Wrangel einem Zeitungs-Redakteur, der sich über diese Maßregeln beschwerte: „Sie haben ja Preßfreiheit, ich habe keinen . . . . wie heißt doch das Ding . . . . keinen Censor eingesetzt, drucken Sie nur im Namen der Regierung Alles, was Sie wollen, Sie sollen nicht gestört werden. — Wer hätte so etwas im Herbste des Jahres 1848 in Berlin erwartet. Frankfurt, 18. November. So eben geht uns folgender mit Trauerrand versehener Aufruf zu: An das deutsche Volk! Robert Blum ist gefallen, ein Opfer feigen Mordes! Deutsches Volk! Bis in die entferntesten Gauen deines Landes ist der Name des Mannes gedrungen, der aus dem Arbeiterstande durch die Kraft seines Geistes sich emporgeschwungen hatte zu einem der vordersten Kämpfer für die heilige Sache der Freiheit. Der beredte Mund, dessen Worte tief ergriffen, weil sie aus dem Herzen kamen, hat sich geschlossen; geschlossen durch eine Gewaltthat, einen Mord, begangen mit kaltem Blute, mit Beobachtung sogenannter gesetzlicher Formen. Du weißt, deutsches Volk, was dieser gemeuchelte Held deiner jungen Freiheit für diese Freiheit gethan. Klar in Gedanken, entschieden im Wollen, entschlossen im Handeln, trug er das Banner voran in dem Kampfe, in welchem er glorreich gefallen ist. Was er gethan während des Zeitraumes eines langen Druckes, was er gewirkt seit der Märzrevolution in dem Vorparlamente, in dem Fünfziger-Ausschusse, in der Nationalversammlung mit unauslöschlicher Schrift, ist es in Aller Herzen eingetragen. Die Begeisterung für die Sache der deutschen Freiheit und der Auftrag seiner politischen Freunde führte ihn nach Wien. Er focht an der Spitze des Elite-Corps, dessen Führung ihm von dem Oberbefehlshaber anvertraut wurde. Als die Kapitulation Wiens abgeschlossen war, legte er die Waffen, die er mit Heldenmuth geführt hatte, nieder. Vier Tage nach Beendigung des letzten Verzweiflungskampfes, an welchem er, dem gegebenen Worte treu, keinen Antheil mehr nahm, wurde er verhaftet. Man übertrat mit frechem Hohne das Gesetz, welches die Vertreter der deutschen Nation vor jeder von der Nationalversammlung nicht genehmigten Verhaftung schützen sollte; und achtete der Berufung nicht, welche er, gestützt auf dieses Gesetz, gegen seine Verhaftung einlegte. Deutsches Volk! Deine Ehre, dein Recht trat man mit Füßen, als man deinen Vertreter gegen das Gesetz verhaftete! Deiner Freiheit hat man eine tödtliche Wunde geschlagen, als man einen deiner würdigsten Söhne mordete! Am vierten Tage seiner Verhaftung, acht Tage nach der völligen Einnahme Wiens, am 9. November, wurde Robert Blum standrechtlich in der Brigittenau erschossen! Nicht in der Aufwallung tobender Leidenschaft, nicht in dem Getümmel des Kampfes wurde der Mord verübt; nein! er wurde verübt von Denjenigen, welche sich Werkzeuge des Gesetzes, Hersteller der Ordnung, Begründer gesetzlicher Freiheit nennen! Deutsches Volk! Trauern wirst du über den unersetzlichen Verlust, den du erlitten! Vergiß des Todten nicht und erinnere dich, wie er starb, für welche Sache er starb und durch wen er gemordet wurde! Frankfurt, 16. November 1848. Die Abgeordneten zur deutschen Reichsversammlung: Archer aus Rein. Bauernschmid aus Wien. Berger aus Wien. Blumröder aus Kirchlamitz. Boczek aus Mähren. Bogen aus Michelstadt. Brentano aus Bruchsal. Caspers aus Koblenz. Christmann aus Dürkheim. Claussen aus Kiel. Damm aus Tauberbischofsheim. Demel aus Teschen. Dewes a. Losheim. Dham a. Schmalenberg. v. Dieskau a. Plauen. Dietsch a. Annaberg. Drechsler a. Rostock. Eisenmann a. Nürnberg. Eisenstuck a. Chemnitz. Engel a. Pinneberg. Esterle a. Cavalese. Fallmerayer a. München. Fehrenbach aus Säckingen. Fetzer a. Stuttgart. Förster a. Hünfeld. Freese a. Stargurd. Frisch a. Stuttgart. Geigel a. München. Grubert a. Breslau. Günther aus Leipzig. Gulden a. Zweibrücken. Hagen, K., a. Heidelberg. Haggenmüller a. Kempten. Hartmann a. Leitmeritz. Hedrich a. Prag. Hehner a. Wiesbaden. Heisterbergk a. Rochlitz. Hensel a. Camenz. Hentges a. Heilbronn, Heubner a. Freiberg. Heubner a. Zwickau. Hildebrand a. Marburg. Hönniger a. Rudolstadt. Hoffbauer a. Nordhausen. Hofmann a. Seifhennersdorf (Sachsen). Joppa. Enzersdorf. Joseph a. Lindenau. v. Itzstein a. Mannheim. Junghans a. Mosbach. Köhler a. Seehausen. Kolb a. Speyer. Kollaczek a. östreich. Schlesien. Kuenzer a. Konstanz. Lang- <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0769"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 147. Köln, Sonntag 19. 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Wenn sich die verschiedenen Partheien über die Fassung dieser Proklamationen geeinigt haben werden, wird vom Präsidenten Unruh eine öffentliche Sitzung anberaumt werden.</p> <p>Man spricht hier seit gestern Abend vielfach von der Absicht der Krone, die Nationalversammlung aufzulösen. Uns wäre dieser Schritt viel lieber, als ein Vermittlungsversuch.</p> <p>Professor <hi rendition="#g">Leo</hi> aus Halle ist seit einiger Zeit der Vertraute des Königs. Beide studiren gemeinschaftlich die Geschichte der französischen Revolution und haben einen Plan entworfen, damit dem Könige nicht das Schicksal Ludwig XVI, widerfährt. <hi rendition="#g">Leo</hi> hat dem Könige in den Kopf gesetzt, daß wenn er den Klubs und der Nationalversammlung noch länger ihren Willen läßt, wie dies im Laufe der vergangenen 6 Monate geschehen, so würde unfehlbar das Schicksal Ludwig XVI. ihn ereilen. Der große Professor <hi rendition="#g">Leo</hi> hat daher den König bestimmt, sich der Nationalversammlung vermittelst der gegenwärtigen Gewaltstreiche zu entledigen und mit diesen Gewaltstreichen dem Lande und der Welt zu zeigen, wie groß die Macht des Königs noch sei, daß er allein die Souverainetät besitzt, und daß das preußische Volk demüthigst und dankbar diejenige Verfassung annehme, die dem Volke vom Könige geschenkt werden wird. — Die octroyirte Verfassung, welche eine Uebersetzung der belgischen sein soll und sich in der Geheimen Decker'schen Ober-Hof-Buchdruckerei schon unter der Presse befindet, — sie wird das Ziel sein, wo der Professor Leo das preußische Volk und die Dynastie Hohenzollern ein Jahrhundert lang ausruhen lassen will von den Stürmen des Jahres 1848. — Der Abgeordnete Reichensperger und Genossen, der große Hauptredakteur der Köln. Zeitung und die ganze Bourgeoisie werden freudig einstimmen in die glückliche Lösung der Frage. Hr. Brüggemann hat sich aber diesmal ebenso geirrt, wie er dies schon so oft im Laufe des Jahres 1843 gethan hat.</p> <p>Der erste Staatsanwalt <hi rendition="#g">Sethe</hi> und der Polizeipräsident von <hi rendition="#g">Bardeleben</hi> sollen beide, wie wir aus sicherer Quelle erfahren haben, ihre Aemter niedergelegt haben. <hi rendition="#g">Wrangel</hi> soll diesen Männern, die doch sonst nicht sehr scrupelhaft sich benahmen, Dinge zugemuthet haben, die jeden Ehrenmann erröthen machen mußten und die sich gegen alles Recht und Gesetz auflehnen.</p> <p>Die Executions-Detachements, welche die Waffen aus den Häusern abholen, benehmen sich sehr höflich; der Unteroffizier geht ins Haus und nimmt wenn er etwas bekommt; wo man vorgiebt keine Waffen zu besitzen entfernt man sich ruhig. Nur diejenigen, welche sich ungestüm betragen, werden, dann und wann verhaftet. Auf diese Art sollen die bekannten Demokraten <hi rendition="#g">Bisky, Oschatz, Lipke u. A.</hi> verhaftet sein.</p> </div> <div xml:id="ar147-2_005" type="jArticle"> <head>Kladderadatsch,</head> <p>unser bestes Witzblatt, ebenfalls verboten, ist in Dessau heute gedruckt worden, und wird morgen, wie allwöchentlich, hier ausgegeben werden. Der Verleger hatte Ursache, diesen Weg einzuschlagen, denn er verkauft 7000 Exemplare, und hat unter den gegenwärtigen Verhältnissen Aussicht, von der morgen erscheinenden Nummer noch mehr zu verkaufen, weil alle Welt darauf gespannt ist, und verbotene Früchte viel süßer schmecken als erlaubte. Den Beweis liefert ein anderes Witzblatt, „die ewige Lampe,“ welche vorgestern trotz des Verbots erschien, und statt des gewöhnlichen Preises von 1 Sgr. für 2 einen halben Sgr. verkauft wurde.</p> <p>Allen hiesigen Druckereien ist bei strenger Ahndung untersagt worden, verbotene Zeitungen zu drucken. Alle Plakate, welche nicht Wrangel's Erlaubniß zum Druck vorher eingeholt haben, dürfen gleichfalls nicht gedruckt werden. Dennoch sagte Wrangel einem Zeitungs-Redakteur, der sich über diese Maßregeln beschwerte: „Sie haben ja Preßfreiheit, ich habe keinen . . . . wie heißt doch das Ding . . . . keinen Censor eingesetzt, drucken Sie nur im Namen der Regierung Alles, was Sie wollen, Sie sollen nicht gestört werden. — Wer hätte so etwas im Herbste des Jahres 1848 in Berlin erwartet.</p> </div> <div xml:id="ar147-2_006" type="jArticle"> <head>Frankfurt, 18. November.</head> <p>So eben geht uns folgender mit Trauerrand versehener Aufruf zu:</p> <p> <hi rendition="#b">An das deutsche Volk!</hi> </p> <p><hi rendition="#g">Robert Blum</hi> ist gefallen, ein Opfer feigen Mordes!</p> <p>Deutsches Volk! Bis in die entferntesten Gauen deines Landes ist der Name des Mannes gedrungen, der aus dem Arbeiterstande durch die Kraft seines Geistes sich emporgeschwungen hatte zu einem der vordersten Kämpfer für die heilige Sache der Freiheit.</p> <p>Der beredte Mund, dessen Worte tief ergriffen, weil sie aus dem Herzen kamen, hat sich geschlossen; geschlossen durch eine Gewaltthat, einen Mord, begangen mit kaltem Blute, mit Beobachtung sogenannter gesetzlicher Formen.</p> <p>Du weißt, deutsches Volk, was dieser gemeuchelte Held deiner jungen Freiheit für diese Freiheit gethan. Klar in Gedanken, entschieden im Wollen, entschlossen im Handeln, trug er das Banner voran in dem Kampfe, in welchem er glorreich gefallen ist.</p> <p>Was er gethan während des Zeitraumes eines langen Druckes, was er gewirkt seit der Märzrevolution in dem Vorparlamente, in dem Fünfziger-Ausschusse, in der Nationalversammlung mit unauslöschlicher Schrift, ist es in Aller Herzen eingetragen.</p> <p>Die Begeisterung für die Sache der deutschen Freiheit und der Auftrag seiner politischen Freunde führte ihn nach Wien. Er focht an der Spitze des Elite-Corps, dessen Führung ihm von dem Oberbefehlshaber anvertraut wurde. Als die Kapitulation Wiens abgeschlossen war, legte er die Waffen, die er mit Heldenmuth geführt hatte, nieder. Vier Tage nach Beendigung des letzten Verzweiflungskampfes, an welchem er, dem gegebenen Worte treu, keinen Antheil mehr nahm, wurde er verhaftet. Man übertrat mit frechem Hohne das Gesetz, welches die Vertreter der deutschen Nation vor jeder von der Nationalversammlung nicht genehmigten Verhaftung schützen sollte; und achtete der Berufung nicht, welche er, gestützt auf dieses Gesetz, gegen seine Verhaftung einlegte.</p> <p>Deutsches Volk! Deine Ehre, dein Recht trat man mit Füßen, als man deinen Vertreter gegen das Gesetz verhaftete! Deiner Freiheit hat man eine tödtliche Wunde geschlagen, als man einen deiner würdigsten Söhne mordete!</p> <p>Am vierten Tage seiner Verhaftung, acht Tage nach der völligen Einnahme Wiens, am 9. November, wurde <hi rendition="#g">Robert Blum</hi> standrechtlich in der Brigittenau erschossen!</p> <p>Nicht in der Aufwallung tobender Leidenschaft, nicht in dem Getümmel des Kampfes wurde der Mord verübt; nein! er wurde verübt von Denjenigen, welche sich Werkzeuge des Gesetzes, Hersteller der Ordnung, Begründer gesetzlicher Freiheit nennen!</p> <p>Deutsches Volk! Trauern wirst du über den unersetzlichen Verlust, den du erlitten! Vergiß des Todten nicht und erinnere dich, wie er starb, für welche Sache er starb und durch wen er gemordet wurde!</p> <p>Frankfurt, 16. November 1848.</p> <p rendition="#et">Die Abgeordneten zur deutschen Reichsversammlung: Archer aus Rein. Bauernschmid aus Wien. Berger aus Wien. Blumröder aus Kirchlamitz. Boczek aus Mähren. Bogen aus Michelstadt. Brentano aus Bruchsal. Caspers aus Koblenz. Christmann aus Dürkheim. Claussen aus Kiel. Damm aus Tauberbischofsheim. Demel aus Teschen. Dewes a. Losheim. Dham a. Schmalenberg. v. Dieskau a. Plauen. Dietsch a. Annaberg. Drechsler a. Rostock. Eisenmann a. Nürnberg. Eisenstuck a. Chemnitz. Engel a. Pinneberg. Esterle a. Cavalese. Fallmerayer a. München. Fehrenbach aus Säckingen. Fetzer a. Stuttgart. Förster a. Hünfeld. Freese a. Stargurd. Frisch a. Stuttgart. Geigel a. München. Grubert a. Breslau. Günther aus Leipzig. Gulden a. Zweibrücken. Hagen, K., a. Heidelberg. Haggenmüller a. Kempten. Hartmann a. Leitmeritz. Hedrich a. Prag. Hehner a. Wiesbaden. Heisterbergk a. Rochlitz. Hensel a. Camenz. Hentges a. Heilbronn, Heubner a. Freiberg. Heubner a. Zwickau. Hildebrand a. Marburg. Hönniger a. Rudolstadt. Hoffbauer a. Nordhausen. Hofmann a. Seifhennersdorf (Sachsen). Joppa. Enzersdorf. Joseph a. Lindenau. v. Itzstein a. Mannheim. Junghans a. Mosbach. Köhler a. Seehausen. Kolb a. Speyer. Kollaczek a. östreich. Schlesien. Kuenzer a. Konstanz. Lang- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0769/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 147. Köln, Sonntag 19. November. 1848. Den auswärtigen Freunden der „Neuen Rheinischen Zeitung“ zeigen wir hiermit an, daß uns von dem hiesigen Ober-Postamte die Genehmigung ertheilt worden ist, vom heutigen Tage bis Ende Quartals Abonnements zum Preise von 1 Thlr. incl. des Postaufschlags entgegenzunehmen. Wir fordern demnach das auswärtige Publikum zur regen Theilnahme auf.
Köln, 16. November 1848. Die Expedition der „N. Rh. Ztg.“
Keine Steuern mehr!!!
Zweite Ausgabe.
Deutschland. Aufruf.
Köln, 18. Nov. _ * Köln, 18. November. Unser Raum gestattet heute nicht, die zahlreichen neuen Zustimmungs-Adressen an die Nationalversammlung in Berlin zu veröffentlichen, Die Veröffentlichung wird in einer der nächsten Nummern erfolgen.
In Wittlich (Regierungsbezirk Trier) erzählt man, sollen Barrikaden errichtet worden sein, um das Einrücken der Siebenundzwanziger zu verhindern. In Bernkastel, berichtet uns ein Augenzeuge, werden alte Lanzen geschliffen und Sensen fabricirt, womit die Bernkastler nach Wittlich eilen wollen.
In Bonn sollen mit Gewalt an den Thoren Mehl und Vieh steuerfrei eingeführt und ein Konflikt dadurch hervorgerufen worden sein.
Der neue kommissarische Oberbürgermeister der hiesigen Stadt, Hr. Appellationsgerichtsrath Gräff, hat heute unter dem Schutze der bewaffneten Macht, welche die Zugänge des Stadthauses besetzt hielt, zuerst einer Sitzung des Gemeinderathes beigewohnt. Um mögliche Konflikte bei der Schlachtsteuerverweigerung der in den nächsten Tagen durch die Viehhändler hier einzuführenden Ochsen zu verhindern, soll der Gemeinderath beschlossen haben, denselben am Thore eine Deputation entgegenzuschicken, um sich mit denselben zu vereinbaren.
Aus Westphalen berichtet man uns: „Die Neue Rheinische Zeitung hat hier schon bewirkt, daß der vorgestern nach Neheim von Arnsberg gesandte Steuerempfänger fast ganz unverrichteter Sache abziehen mußte, da die Bauern jede Steuereinzahlung verweigerten. Aehnliche Berichte sind uns aus verschiedenen Landorten der Rheinprovinz zugegangen.
Berlin kann nur durch die revolutionäre Energie der Provinzen, die größern Provinzialstädte und namentlich die Provinzialhauptstädte können nur durch die revolutionäre Energie des flachen Landes sichergestellt werden. Die Steuerverweigerung, (sei es der direkten, sei es der indirekten Steuern) giebt dem flachen Lande die beste Gelegenheit, sich um die Revolution verdient zu machen.
* Köln, 18. Nov. Hr. Raveaux hat seinen Reichsgesandtschaftsposten niedergelegt, da er es mit seiner Ehre unverträglich findet, länger Repräsentant der Centralgewalt zu sein. Indem wir unsere Genugthuung über den Schritt des Hrn. Raveaux aussprechen, hoffen wir, daß die Centralgewalt selbst ihre Gewalt niederlegen wird, um nicht länger die vorgesetzte Behörde des Hrn. Brutus Bassermann zu sein.
103 Berlin, 17. November. Seit einigen Tagen nichts als Regen oder Schnee. Man sieht keine Attrouppements mehr auf den Straßen und Alles bewegt sich ganz ruhig, als ob gar nichts vorgefallen wäre. Wenn man nicht durch die auf den Straßen marschirenden Soldaten, durch die Exekutions-Detachements, welche die Waffen aus den Häusern abholen, und durch die erscheinenden servilen und nicht erscheinenden radikalen Zeitungen daran erinnert würde, daß wir uns im Belagerungszustand und mitten in der Contre-Revolution befinden, so würde man es kaum merken, denn überall herrscht „Ruhe und Ordnung.“
Von Pommern sind uns Heute die besten Berichte zugegangen. In Greifswald, in Demmin und der ganzen Umgegend dieser Städte soll schon ein Landsturm von 30,000 Mann organisirt sein, der Berlin zu Hülfe eilen will. In Sachsen und Thüringen geschieht ein Gleiches, wie wir schon gestern berichteten. Thun alle Provinzen ihre Schuldigkeit, bringen sie eine Organisation in diesen Aufstand, setzen sie sich gegenseitig mit einander in Verbindung, so muß die Contre-Revolution unterliegen.
Der Beschluß der Nationalversammlung, die Steuerverweigerung betreffend, muß in jeder Hinsicht durchgeführt und so der Contre-Revolution jeder Zufluß abgeschnitten werden.
Die Nationalversammlung hält auch heute keine öffentliche Sitzung. In den Partei-Zusammkunften wird eine Proklamation an die Soldaten, daß sie nur dem konstitutionellen Könige Gehorsam schuldig wären, und ein Aufruf an das Volk und die Landwehr, daß sie sich zum Schutze der Nationalversammlung zusammenschaaren sollen, berathen. Wenn sich die verschiedenen Partheien über die Fassung dieser Proklamationen geeinigt haben werden, wird vom Präsidenten Unruh eine öffentliche Sitzung anberaumt werden.
Man spricht hier seit gestern Abend vielfach von der Absicht der Krone, die Nationalversammlung aufzulösen. Uns wäre dieser Schritt viel lieber, als ein Vermittlungsversuch.
Professor Leo aus Halle ist seit einiger Zeit der Vertraute des Königs. Beide studiren gemeinschaftlich die Geschichte der französischen Revolution und haben einen Plan entworfen, damit dem Könige nicht das Schicksal Ludwig XVI, widerfährt. Leo hat dem Könige in den Kopf gesetzt, daß wenn er den Klubs und der Nationalversammlung noch länger ihren Willen läßt, wie dies im Laufe der vergangenen 6 Monate geschehen, so würde unfehlbar das Schicksal Ludwig XVI. ihn ereilen. Der große Professor Leo hat daher den König bestimmt, sich der Nationalversammlung vermittelst der gegenwärtigen Gewaltstreiche zu entledigen und mit diesen Gewaltstreichen dem Lande und der Welt zu zeigen, wie groß die Macht des Königs noch sei, daß er allein die Souverainetät besitzt, und daß das preußische Volk demüthigst und dankbar diejenige Verfassung annehme, die dem Volke vom Könige geschenkt werden wird. — Die octroyirte Verfassung, welche eine Uebersetzung der belgischen sein soll und sich in der Geheimen Decker'schen Ober-Hof-Buchdruckerei schon unter der Presse befindet, — sie wird das Ziel sein, wo der Professor Leo das preußische Volk und die Dynastie Hohenzollern ein Jahrhundert lang ausruhen lassen will von den Stürmen des Jahres 1848. — Der Abgeordnete Reichensperger und Genossen, der große Hauptredakteur der Köln. Zeitung und die ganze Bourgeoisie werden freudig einstimmen in die glückliche Lösung der Frage. Hr. Brüggemann hat sich aber diesmal ebenso geirrt, wie er dies schon so oft im Laufe des Jahres 1843 gethan hat.
Der erste Staatsanwalt Sethe und der Polizeipräsident von Bardeleben sollen beide, wie wir aus sicherer Quelle erfahren haben, ihre Aemter niedergelegt haben. Wrangel soll diesen Männern, die doch sonst nicht sehr scrupelhaft sich benahmen, Dinge zugemuthet haben, die jeden Ehrenmann erröthen machen mußten und die sich gegen alles Recht und Gesetz auflehnen.
Die Executions-Detachements, welche die Waffen aus den Häusern abholen, benehmen sich sehr höflich; der Unteroffizier geht ins Haus und nimmt wenn er etwas bekommt; wo man vorgiebt keine Waffen zu besitzen entfernt man sich ruhig. Nur diejenigen, welche sich ungestüm betragen, werden, dann und wann verhaftet. Auf diese Art sollen die bekannten Demokraten Bisky, Oschatz, Lipke u. A. verhaftet sein.
Kladderadatsch, unser bestes Witzblatt, ebenfalls verboten, ist in Dessau heute gedruckt worden, und wird morgen, wie allwöchentlich, hier ausgegeben werden. Der Verleger hatte Ursache, diesen Weg einzuschlagen, denn er verkauft 7000 Exemplare, und hat unter den gegenwärtigen Verhältnissen Aussicht, von der morgen erscheinenden Nummer noch mehr zu verkaufen, weil alle Welt darauf gespannt ist, und verbotene Früchte viel süßer schmecken als erlaubte. Den Beweis liefert ein anderes Witzblatt, „die ewige Lampe,“ welche vorgestern trotz des Verbots erschien, und statt des gewöhnlichen Preises von 1 Sgr. für 2 einen halben Sgr. verkauft wurde.
Allen hiesigen Druckereien ist bei strenger Ahndung untersagt worden, verbotene Zeitungen zu drucken. Alle Plakate, welche nicht Wrangel's Erlaubniß zum Druck vorher eingeholt haben, dürfen gleichfalls nicht gedruckt werden. Dennoch sagte Wrangel einem Zeitungs-Redakteur, der sich über diese Maßregeln beschwerte: „Sie haben ja Preßfreiheit, ich habe keinen . . . . wie heißt doch das Ding . . . . keinen Censor eingesetzt, drucken Sie nur im Namen der Regierung Alles, was Sie wollen, Sie sollen nicht gestört werden. — Wer hätte so etwas im Herbste des Jahres 1848 in Berlin erwartet.
Frankfurt, 18. November. So eben geht uns folgender mit Trauerrand versehener Aufruf zu:
An das deutsche Volk!
Robert Blum ist gefallen, ein Opfer feigen Mordes!
Deutsches Volk! Bis in die entferntesten Gauen deines Landes ist der Name des Mannes gedrungen, der aus dem Arbeiterstande durch die Kraft seines Geistes sich emporgeschwungen hatte zu einem der vordersten Kämpfer für die heilige Sache der Freiheit.
Der beredte Mund, dessen Worte tief ergriffen, weil sie aus dem Herzen kamen, hat sich geschlossen; geschlossen durch eine Gewaltthat, einen Mord, begangen mit kaltem Blute, mit Beobachtung sogenannter gesetzlicher Formen.
Du weißt, deutsches Volk, was dieser gemeuchelte Held deiner jungen Freiheit für diese Freiheit gethan. Klar in Gedanken, entschieden im Wollen, entschlossen im Handeln, trug er das Banner voran in dem Kampfe, in welchem er glorreich gefallen ist.
Was er gethan während des Zeitraumes eines langen Druckes, was er gewirkt seit der Märzrevolution in dem Vorparlamente, in dem Fünfziger-Ausschusse, in der Nationalversammlung mit unauslöschlicher Schrift, ist es in Aller Herzen eingetragen.
Die Begeisterung für die Sache der deutschen Freiheit und der Auftrag seiner politischen Freunde führte ihn nach Wien. Er focht an der Spitze des Elite-Corps, dessen Führung ihm von dem Oberbefehlshaber anvertraut wurde. Als die Kapitulation Wiens abgeschlossen war, legte er die Waffen, die er mit Heldenmuth geführt hatte, nieder. Vier Tage nach Beendigung des letzten Verzweiflungskampfes, an welchem er, dem gegebenen Worte treu, keinen Antheil mehr nahm, wurde er verhaftet. Man übertrat mit frechem Hohne das Gesetz, welches die Vertreter der deutschen Nation vor jeder von der Nationalversammlung nicht genehmigten Verhaftung schützen sollte; und achtete der Berufung nicht, welche er, gestützt auf dieses Gesetz, gegen seine Verhaftung einlegte.
Deutsches Volk! Deine Ehre, dein Recht trat man mit Füßen, als man deinen Vertreter gegen das Gesetz verhaftete! Deiner Freiheit hat man eine tödtliche Wunde geschlagen, als man einen deiner würdigsten Söhne mordete!
Am vierten Tage seiner Verhaftung, acht Tage nach der völligen Einnahme Wiens, am 9. November, wurde Robert Blum standrechtlich in der Brigittenau erschossen!
Nicht in der Aufwallung tobender Leidenschaft, nicht in dem Getümmel des Kampfes wurde der Mord verübt; nein! er wurde verübt von Denjenigen, welche sich Werkzeuge des Gesetzes, Hersteller der Ordnung, Begründer gesetzlicher Freiheit nennen!
Deutsches Volk! Trauern wirst du über den unersetzlichen Verlust, den du erlitten! Vergiß des Todten nicht und erinnere dich, wie er starb, für welche Sache er starb und durch wen er gemordet wurde!
Frankfurt, 16. November 1848.
Die Abgeordneten zur deutschen Reichsversammlung: Archer aus Rein. Bauernschmid aus Wien. Berger aus Wien. Blumröder aus Kirchlamitz. Boczek aus Mähren. Bogen aus Michelstadt. Brentano aus Bruchsal. Caspers aus Koblenz. Christmann aus Dürkheim. Claussen aus Kiel. Damm aus Tauberbischofsheim. Demel aus Teschen. Dewes a. Losheim. Dham a. Schmalenberg. v. Dieskau a. Plauen. Dietsch a. Annaberg. Drechsler a. Rostock. Eisenmann a. Nürnberg. Eisenstuck a. Chemnitz. Engel a. Pinneberg. Esterle a. Cavalese. Fallmerayer a. München. Fehrenbach aus Säckingen. Fetzer a. Stuttgart. Förster a. Hünfeld. Freese a. Stargurd. Frisch a. Stuttgart. Geigel a. München. Grubert a. Breslau. Günther aus Leipzig. Gulden a. Zweibrücken. Hagen, K., a. Heidelberg. Haggenmüller a. Kempten. Hartmann a. Leitmeritz. Hedrich a. Prag. Hehner a. Wiesbaden. Heisterbergk a. Rochlitz. Hensel a. Camenz. Hentges a. Heilbronn, Heubner a. Freiberg. Heubner a. Zwickau. Hildebrand a. Marburg. Hönniger a. Rudolstadt. Hoffbauer a. Nordhausen. Hofmann a. Seifhennersdorf (Sachsen). Joppa. Enzersdorf. Joseph a. Lindenau. v. Itzstein a. Mannheim. Junghans a. Mosbach. Köhler a. Seehausen. Kolb a. Speyer. Kollaczek a. östreich. Schlesien. Kuenzer a. Konstanz. Lang-
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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