Neue Rheinische Zeitung. Nr. 135. Köln, 5. November 1848.Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 135. Köln, Sonntag den 5. November. 1848. Heute Morgen ist ein Extrablatt zu Nro. 134 der N. Rh. Ztg. Ausgegeben worden. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die neuesten Nachrichten aus Wien, Berlin und Paris. - Unsere Bourgeoisie und Dr. Nückel. - Die "Breslauer Ztg." und die "Kölnische Zeitung". - Fackelzug für Kyll) Wien. (Breslau. Bericht der "A. D. Z." - Der "Pr. St. A." Bekanntmachung von Windischgrätz. - Ratibor. Bericht über den Wiener Kampf. Brünn. Handbillet des Kaisers.) Bielitz. (Adresse an den Kaiser.) Ollmütz. (Traueramt für Latour.) Prag. (Eindruck der Proklamationen von Windischgrätz.) Berlin. (Morgensitzung der National-Versammlung. - Mittagssitzung der National-Versammlung. - Erklärung Rümpler's. - Die Ministerkrisis. - Bewegung in der Stadt. - Haltung der Bürgerwehr und des Volkes. - Noch ein Bericht über den Demokratencongreß. Dicta der "N. Pr. Z." - Bekanntmachungen Eichmann's. - Kriminalistisches.) Frankfurt. (National-Versammlung. - Gagern abermals Präsident). Ungarn. Pesth. (Das Repräsentantenhaus. - Die ungarische Armee. - Arab). Polen. Krakau. (Drohende Nachrichten). Französische Republik. Paris (Börse. - Cavaignac. - "Presse." - Klubs. - Wahlunionen. - Blutiger Konflikt zwischen Linie und Garde mobile). Deutschland. * Köln, 4. Nov. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 4. Nov. Die Siegesnachricht der Kroaten und Wenden in Wien hatte unsere Kölnische Bourgeoisie so exaltirt, daß sie Champagnerflaschen springen ließ und durch Hrn. Dr. Nückel, in der Abendsitzung des Gemeinderaths vom 3. Nov. folgenden prinzipiellen Antrag stellte: "Der Gemeinderath sei nicht verpflichtet, den Arbeitern Arbeit zu geben. Es sei dies bloße Unterstützung und deshalb der Taglohn der von der Stadt beschäftigten Arbeiter geringer zu setzen, als der Taglohn der von Privatmeistern beschäftigten Arbeiter." Als Nebengrund gab Dr. Nückel an, man müsse durch diese Differenz den Andrang der Arbeiter zu städtischen Arbeiten abwehren. Mit Mühe gelang es Hrn. Böker, Vertagung dieser Frage zu bewirken. Dr. Nückel hat das Dogma der hiesigen Bourgeoisie proklamirt. Die Arbeiter sind dem Dr. Nückel dafür zum höchsten Danke verpflichtet. Unsere Geldmänner, die den Belagerungszustand von Köln freudig begrüßten, mußten konsequent das Bombardement von Wien und die Herstellung der kroatischen Freiheit als einen Sieg bejubeln, wie sie die raffinirte Grausamkeit der Junisieger bejubelten. * Köln. Das Evangelium der "Kölnischen Zeitung," das Organ der Weinreisenden und der kein Deutsch verstehenden Engländer, die Breslauer Zeitung, berichtet unterm 1. November wie folgt: Die Katastrophe ist beendet, Wien hat sich auf Gnade und Ungnade ergeben. In derselben Weise berichtete die "Kölnische Zeitung" am Vorabend der Berliner Katastrophe: Die Ruhe ist in Berlin wiederhergestellt. * Köln, 4, Nov. Der finstre regenschwere Abend unserer alten Stadt wurde gestern auf eine sehr heitere Weise durch einen Fackelzug erhellt, den man dem Abgeordneten Kyll brachte. Etwa 1500 Fackel- und Laternenträger, unter denen man Mitglieder der verschiedensten politischen Gesellschaften bemerkte, sammelten sich nämlich zwischen 8 und 9 Uhr auf dem Frankenplatze und zogen mit zwei Musikchören in die Trankgasse, wo sie den Ex-Präsidenten von Wittgenstein en passant mit einer höchst solennen Katzenmusik erfreuten. Von dort bewegte sich der Zug über die Hochstraße, (wo beiläufig Hrn. Du Monts Buchladen eine ähnliche Begrüßung erfuhr, wie das Hotel Wittgenstein). Dann in die Glockengasse einziehend, postirte sich die jubelnde Menge vor die Wohnung des Herrn Kyll. Herr Raveaux, der sich mehr in Köln als auf seinem Gesandtschaftsposten in der Schweiz aufzuhalten scheint, und keine Gelegenheit vorübergehen läßt, um seine Beredsamkeit an den Mann zu bringen, hatte sich auch dieses Mal das Wort zu verschaffen gewußt und brachte dem Gefeierten den Dank der Stadt Köln in einigen Worten dar. Herr Kyll erwiderte diese Worte in ebenso einfacher als schöner Weise. Unendlicher Jubel folgte seinen Worten und der Zug bewegte sich dann in die Richmondstraße, wo man den Abg Stupp, als Antwort auf seine jüngste Heuler-Adresse, in derselben Art wie den Ex-Präsidenten von Wittgenstein, traktirte. Herr Du Mont, der bereits ein Aehnliches vor seinem Buchladen erfahren hatte, und der sich jüngst darüber beklagte, daß eine frühere Abendunterhaltung nicht rauschend genug gewesen sei, erhielt zum Schluß noch die Satisfaktion eines Charivari's, das nach dem Urtheile von Kennern, auch nicht im geringsten etwas zu wünschen übrig ließ. Unter heitern Scherzen endete das hübsche Fest. Indem man Herrn Kyll die wärmste Sympathie zu erkennen gab, hatte man den untergeordneten Größen zu gleicher Zeit eine nicht weniger passende Anerkennung zu Theil werden lassen. Der Herrn Kyll dargebrachte Fackelzug war der größte, der je in Köln statt hatte. Er bildete die beste Antwort auf die jüngst gegen Kyll und D'Ester gerichteten Manifestationen der Freunde des Belagerungszustandes. Breslau, 31. Oktober. Man berichtet uns: Durch den Aufstand der Arbeiter in Brünn fand sich der Magistrat von Brünn veranlaßt, eine Deputation von 5 Personen an den Kaiser zu senden, um eine gütliche Ausgleichung der Wiener Ereignisse zu vermitteln. Der Kaiser wies sie ab, trotzdem haben sie noch eine Audienz nachgesucht und erhalten, worin ihnen der Kaiser ein Handbillet an den Fürsten Windischgrätz übergab, durch welches er denselben auffordert, sich der Brünner Deputation als Vermittler zu bedienen. Montag den 30. um 11 Uhr Vormittags, langte die Deputation mittels eines Extrazuges in Wien an. Auf der Jägerzeile am Nadasty'schen Hause, gegenüber dem St. Genois'schen Palais (927), waren in zwei Linien 80 Mann Grenadiere aufgestellt. Unter ihrem Schutze gleichsam unterhandelte Windischgrätz mit den Brünner Deputirten, welche den Schein annahmen, als wären sie von der Stadt Wien bevollmächtigt. Sie machten dem Fürsten im Namen der Wiener bereits das Zugeständniß der völligen Entwaffnung Wiens. Um 12 1/2 Uhr ließ daher Windischgrätz nach allen Richtungen folgende Depesche telegraphiren: "Wien ergiebt sich noch heute unbedingt, meine Truppen ziehen noch heute in die Stadt." Diese Depesche wurde durch Couriere von Prerau aus sofort nach allen Richtungen, Lemberg, Krakau etc. gesandt, da man sich dort von Unruhen in Lemberg erzählte. Da fiel um 1 Uhr von der aus den Billards des Stierbock's Kaffeehaus errichteten Barrikade ein Schuß, dem vom rothen Thurmthore her ein so heftiges Feuer folgte, daß alle aufgestellten Grenadiere, 80 an der Zahl, gefallen sein sollen. Da mit den Wienern eine Waffenruhe bis 2 Uhr verabredet worden war, so sah Windischgrätz dies als einen Bruch des Waffenstillstandes an und erbittert darüber, ließ er um 1 Uhr von der Anhöhe, auf welcher er das schwere Belagerungsgeschütz postirt hatte, das Bombardement anfangen. In Wien war von einer Brünner Deputation nichts bekannt. Das Bombardement dauerte unaufhörlich bis 2 1/2 Uhr, dann ließ es nach, und [Fortsetzung] Wien. "Hoffen wir trotz dem "Aufruf des demokratischen Kongresses," daß das Volk aus seiner Lethargie erwachen und die einzige Hülfe den Wienern bringen wird, die es ihnen in diesem Augenblicke noch bringen kann, die Besiegung der Contre-Revolution im eignen Hause." "N. Rh. Ztg." vom 3. Nov.Wenn wir noch knieen könnten, wir lägen auf den Knien; Wenn wir noch beten könnten, wir beteten für Wien! Doch lange schon verlernten wir Kniefall und Gebet - Der Mann ist uns der beste, der grad und aufrecht steht! Die Hand ist uns die liebste, die Schwert und Lanze schwingt! Der Mund ist uns der frommste, der Schlachtgesänge singt! Wozu noch bittend winseln? Ihr Männer, in's Gewehr - Heut ballt man nur die Hände, man faltet sie nicht mehr! Es ist das Händefalten ein abgenutzt Geschäft - Die linke an die Scheide, die rechte Hand an's Heft! Die Linke an die Gurgel dem Sclaven und dem Schuft, Die Rechte mit der Klinge ausholend in der Luft! Ein riesig Schilderheben, ein Ringen wild und kühn - Das ist zur Weltgeschichte das rechte Flehn für Wien! Ja, Deutschland, ein Erheben! ja, Deutschland, eine That! Nicht, wo im rothen Dolman einhersprengt der Kroat, Nicht, wo vom Huf der Rosse das Donauufer bebt, Nicht, wo vom Stephansthurme der weiße Rauch sich hebt, Nicht, wo aus Slavenmörsern die Brandraketen sprühn - Nicht dorthin, ernster Norden, gewaffnet sollst du ziehn! Nicht dorthin sollst du pilgern zur Hülfe, zum Entsatz - Allwärts, um Wien zu retten, stehst du an deinem Platz! Räum' auf im eignen Hause! Räum' auf und halte Stich - Den Jellachich zu jagen, wirf deinen Jellachich! Ein dreister Schlag im Norden ist auch im Süd ein Schlag; Mach' fallen unser Olmütz, und Olmütz rasselt nach! Der Herbst ist angebrochen, der kalte Winter naht - O Deutschland, ein Erheben! o Deutschland, eine That! Die Eisenbahnen pfeifen, es zuckt der Telegraph - Du aber bleibst gelassen, du aber bleibst im Schlaf! Bei'm Todeskampf der Riesin dastehst du wie von Stein - Alles, wozu du dich ermannst, ein kläglich Bravoschrein! An eine hohe Nationalversammlung in Berlin.
Sintemal und alldieweilen Wir Hirsche, Rehe, Hasen, Enten, Schnepfen, Hühner und anderweitiges Geflügel in den privilegirten Jägern unsre einzigen natürlichen Feinde sehen - Sintemal und alldieweilen Wir der festen Ueberzeugung sind, daß nicht-privilegirte Jäger sich nie in den naturgemäßen Gränzen der Jagd halten werden. - Sintemal und alldieweilen Wir ebenfalls davon durchdrungen sind, daß nur durch naturgemäßes und nicht durch naturwidriges Jagen die Produktion mit der Consumption in dem richtigen ökonomischen Verhältniß bleiben wird - wenden wir Uns sintemal und alldieweilen mit dieser Eingabe an eine hohe National-Versammlung in Berlin und protestiren gegen die dem Thier- wie dem Menschen-Reiche gleich nachtheilige Aufhebung der Jagdgesetze aufs feierlichste! So gegeben in Wäldern und Feldern am 1. November, im Jahre der Pein 1848. (gez.) Hirsch als Präsident und Senior der Böcke. Ente, Sekretär. Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 135. Köln, Sonntag den 5. November. 1848. Heute Morgen ist ein Extrablatt zu Nro. 134 der N. Rh. Ztg. Ausgegeben worden. Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die neuesten Nachrichten aus Wien, Berlin und Paris. ‒ Unsere Bourgeoisie und Dr. Nückel. ‒ Die „Breslauer Ztg.“ und die „Kölnische Zeitung“. ‒ Fackelzug für Kyll) Wien. (Breslau. Bericht der „A. D. Z.“ ‒ Der „Pr. St. A.“ Bekanntmachung von Windischgrätz. ‒ Ratibor. Bericht über den Wiener Kampf. Brünn. Handbillet des Kaisers.) Bielitz. (Adresse an den Kaiser.) Ollmütz. (Traueramt für Latour.) Prag. (Eindruck der Proklamationen von Windischgrätz.) Berlin. (Morgensitzung der National-Versammlung. ‒ Mittagssitzung der National-Versammlung. ‒ Erklärung Rümpler's. ‒ Die Ministerkrisis. ‒ Bewegung in der Stadt. ‒ Haltung der Bürgerwehr und des Volkes. ‒ Noch ein Bericht über den Demokratencongreß. Dicta der „N. Pr. Z.“ ‒ Bekanntmachungen Eichmann's. ‒ Kriminalistisches.) Frankfurt. (National-Versammlung. ‒ Gagern abermals Präsident). Ungarn. Pesth. (Das Repräsentantenhaus. ‒ Die ungarische Armee. ‒ Arab). Polen. Krakau. (Drohende Nachrichten). Französische Republik. Paris (Börse. ‒ Cavaignac. ‒ „Presse.“ ‒ Klubs. ‒ Wahlunionen. ‒ Blutiger Konflikt zwischen Linie und Garde mobile). Deutschland. * Köln, 4. Nov. Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. * Köln, 4. Nov. Die Siegesnachricht der Kroaten und Wenden in Wien hatte unsere Kölnische Bourgeoisie so exaltirt, daß sie Champagnerflaschen springen ließ und durch Hrn. Dr. Nückel, in der Abendsitzung des Gemeinderaths vom 3. Nov. folgenden prinzipiellen Antrag stellte: „Der Gemeinderath sei nicht verpflichtet, den Arbeitern Arbeit zu geben. Es sei dies bloße Unterstützung und deshalb der Taglohn der von der Stadt beschäftigten Arbeiter geringer zu setzen, als der Taglohn der von Privatmeistern beschäftigten Arbeiter.“ Als Nebengrund gab Dr. Nückel an, man müsse durch diese Differenz den Andrang der Arbeiter zu städtischen Arbeiten abwehren. Mit Mühe gelang es Hrn. Böker, Vertagung dieser Frage zu bewirken. Dr. Nückel hat das Dogma der hiesigen Bourgeoisie proklamirt. Die Arbeiter sind dem Dr. Nückel dafür zum höchsten Danke verpflichtet. Unsere Geldmänner, die den Belagerungszustand von Köln freudig begrüßten, mußten konsequent das Bombardement von Wien und die Herstellung der kroatischen Freiheit als einen Sieg bejubeln, wie sie die raffinirte Grausamkeit der Junisieger bejubelten. * Köln. Das Evangelium der „Kölnischen Zeitung,“ das Organ der Weinreisenden und der kein Deutsch verstehenden Engländer, die Breslauer Zeitung, berichtet unterm 1. November wie folgt: Die Katastrophe ist beendet, Wien hat sich auf Gnade und Ungnade ergeben. In derselben Weise berichtete die „Kölnische Zeitung“ am Vorabend der Berliner Katastrophe: Die Ruhe ist in Berlin wiederhergestellt. * Köln, 4, Nov. Der finstre regenschwere Abend unserer alten Stadt wurde gestern auf eine sehr heitere Weise durch einen Fackelzug erhellt, den man dem Abgeordneten Kyll brachte. Etwa 1500 Fackel- und Laternenträger, unter denen man Mitglieder der verschiedensten politischen Gesellschaften bemerkte, sammelten sich nämlich zwischen 8 und 9 Uhr auf dem Frankenplatze und zogen mit zwei Musikchören in die Trankgasse, wo sie den Ex-Präsidenten von Wittgenstein en passant mit einer höchst solennen Katzenmusik erfreuten. Von dort bewegte sich der Zug über die Hochstraße, (wo beiläufig Hrn. Du Monts Buchladen eine ähnliche Begrüßung erfuhr, wie das Hotel Wittgenstein). Dann in die Glockengasse einziehend, postirte sich die jubelnde Menge vor die Wohnung des Herrn Kyll. Herr Raveaux, der sich mehr in Köln als auf seinem Gesandtschaftsposten in der Schweiz aufzuhalten scheint, und keine Gelegenheit vorübergehen läßt, um seine Beredsamkeit an den Mann zu bringen, hatte sich auch dieses Mal das Wort zu verschaffen gewußt und brachte dem Gefeierten den Dank der Stadt Köln in einigen Worten dar. Herr Kyll erwiderte diese Worte in ebenso einfacher als schöner Weise. Unendlicher Jubel folgte seinen Worten und der Zug bewegte sich dann in die Richmondstraße, wo man den Abg Stupp, als Antwort auf seine jüngste Heuler-Adresse, in derselben Art wie den Ex-Präsidenten von Wittgenstein, traktirte. Herr Du Mont, der bereits ein Aehnliches vor seinem Buchladen erfahren hatte, und der sich jüngst darüber beklagte, daß eine frühere Abendunterhaltung nicht rauschend genug gewesen sei, erhielt zum Schluß noch die Satisfaktion eines Charivari's, das nach dem Urtheile von Kennern, auch nicht im geringsten etwas zu wünschen übrig ließ. Unter heitern Scherzen endete das hübsche Fest. Indem man Herrn Kyll die wärmste Sympathie zu erkennen gab, hatte man den untergeordneten Größen zu gleicher Zeit eine nicht weniger passende Anerkennung zu Theil werden lassen. Der Herrn Kyll dargebrachte Fackelzug war der größte, der je in Köln statt hatte. Er bildete die beste Antwort auf die jüngst gegen Kyll und D'Ester gerichteten Manifestationen der Freunde des Belagerungszustandes. Breslau, 31. Oktober. Man berichtet uns: Durch den Aufstand der Arbeiter in Brünn fand sich der Magistrat von Brünn veranlaßt, eine Deputation von 5 Personen an den Kaiser zu senden, um eine gütliche Ausgleichung der Wiener Ereignisse zu vermitteln. Der Kaiser wies sie ab, trotzdem haben sie noch eine Audienz nachgesucht und erhalten, worin ihnen der Kaiser ein Handbillet an den Fürsten Windischgrätz übergab, durch welches er denselben auffordert, sich der Brünner Deputation als Vermittler zu bedienen. Montag den 30. um 11 Uhr Vormittags, langte die Deputation mittels eines Extrazuges in Wien an. Auf der Jägerzeile am Nadasty'schen Hause, gegenüber dem St. Genois'schen Palais (927), waren in zwei Linien 80 Mann Grenadiere aufgestellt. Unter ihrem Schutze gleichsam unterhandelte Windischgrätz mit den Brünner Deputirten, welche den Schein annahmen, als wären sie von der Stadt Wien bevollmächtigt. Sie machten dem Fürsten im Namen der Wiener bereits das Zugeständniß der völligen Entwaffnung Wiens. Um 12 1/2 Uhr ließ daher Windischgrätz nach allen Richtungen folgende Depesche telegraphiren: „Wien ergiebt sich noch heute unbedingt, meine Truppen ziehen noch heute in die Stadt.“ Diese Depesche wurde durch Couriere von Prerau aus sofort nach allen Richtungen, Lemberg, Krakau etc. gesandt, da man sich dort von Unruhen in Lemberg erzählte. Da fiel um 1 Uhr von der aus den Billards des Stierbock's Kaffeehaus errichteten Barrikade ein Schuß, dem vom rothen Thurmthore her ein so heftiges Feuer folgte, daß alle aufgestellten Grenadiere, 80 an der Zahl, gefallen sein sollen. Da mit den Wienern eine Waffenruhe bis 2 Uhr verabredet worden war, so sah Windischgrätz dies als einen Bruch des Waffenstillstandes an und erbittert darüber, ließ er um 1 Uhr von der Anhöhe, auf welcher er das schwere Belagerungsgeschütz postirt hatte, das Bombardement anfangen. In Wien war von einer Brünner Deputation nichts bekannt. Das Bombardement dauerte unaufhörlich bis 2 1/2 Uhr, dann ließ es nach, und [Fortsetzung] Wien. „Hoffen wir trotz dem „Aufruf des demokratischen Kongresses,“ daß das Volk aus seiner Lethargie erwachen und die einzige Hülfe den Wienern bringen wird, die es ihnen in diesem Augenblicke noch bringen kann, die Besiegung der Contre-Revolution im eignen Hause.“ „N. Rh. Ztg.“ vom 3. Nov.Wenn wir noch knieen könnten, wir lägen auf den Knien; Wenn wir noch beten könnten, wir beteten für Wien! Doch lange schon verlernten wir Kniefall und Gebet ‒ Der Mann ist uns der beste, der grad und aufrecht steht! Die Hand ist uns die liebste, die Schwert und Lanze schwingt! Der Mund ist uns der frommste, der Schlachtgesänge singt! Wozu noch bittend winseln? Ihr Männer, in's Gewehr ‒ Heut ballt man nur die Hände, man faltet sie nicht mehr! Es ist das Händefalten ein abgenutzt Geschäft ‒ Die linke an die Scheide, die rechte Hand an's Heft! Die Linke an die Gurgel dem Sclaven und dem Schuft, Die Rechte mit der Klinge ausholend in der Luft! Ein riesig Schilderheben, ein Ringen wild und kühn ‒ Das ist zur Weltgeschichte das rechte Flehn für Wien! Ja, Deutschland, ein Erheben! ja, Deutschland, eine That! Nicht, wo im rothen Dolman einhersprengt der Kroat, Nicht, wo vom Huf der Rosse das Donauufer bebt, Nicht, wo vom Stephansthurme der weiße Rauch sich hebt, Nicht, wo aus Slavenmörsern die Brandraketen sprühn ‒ Nicht dorthin, ernster Norden, gewaffnet sollst du ziehn! Nicht dorthin sollst du pilgern zur Hülfe, zum Entsatz ‒ Allwärts, um Wien zu retten, stehst du an deinem Platz! Räum' auf im eignen Hause! Räum' auf und halte Stich ‒ Den Jellachich zu jagen, wirf deinen Jellachich! Ein dreister Schlag im Norden ist auch im Süd ein Schlag; Mach' fallen unser Olmütz, und Olmütz rasselt nach! Der Herbst ist angebrochen, der kalte Winter naht ‒ O Deutschland, ein Erheben! o Deutschland, eine That! Die Eisenbahnen pfeifen, es zuckt der Telegraph ‒ Du aber bleibst gelassen, du aber bleibst im Schlaf! Bei'm Todeskampf der Riesin dastehst du wie von Stein ‒ Alles, wozu du dich ermannst, ein kläglich Bravoschrein! An eine hohe Nationalversammlung in Berlin.
Sintemal und alldieweilen Wir Hirsche, Rehe, Hasen, Enten, Schnepfen, Hühner und anderweitiges Geflügel in den privilegirten Jägern unsre einzigen natürlichen Feinde sehen ‒ Sintemal und alldieweilen Wir der festen Ueberzeugung sind, daß nicht-privilegirte Jäger sich nie in den naturgemäßen Gränzen der Jagd halten werden. ‒ Sintemal und alldieweilen Wir ebenfalls davon durchdrungen sind, daß nur durch naturgemäßes und nicht durch naturwidriges Jagen die Produktion mit der Consumption in dem richtigen ökonomischen Verhältniß bleiben wird ‒ wenden wir Uns sintemal und alldieweilen mit dieser Eingabe an eine hohe National-Versammlung in Berlin und protestiren gegen die dem Thier- wie dem Menschen-Reiche gleich nachtheilige Aufhebung der Jagdgesetze aufs feierlichste! So gegeben in Wäldern und Feldern am 1. November, im Jahre der Pein 1848. (gez.) Hirsch als Präsident und Senior der Böcke. 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Freiligrath.</bibl> </div> <div xml:id="ar135_007" type="jArticle"> <head>An eine hohe Nationalversammlung in Berlin.</head> <p>Sintemal und alldieweilen Wir Hirsche, Rehe, Hasen, Enten, Schnepfen, Hühner und anderweitiges Geflügel in den privilegirten Jägern unsre einzigen natürlichen Feinde sehen ‒</p> <p>Sintemal und alldieweilen Wir der festen Ueberzeugung sind, daß nicht-privilegirte Jäger sich nie in den naturgemäßen Gränzen der Jagd halten werden. ‒</p> <p>Sintemal und alldieweilen Wir ebenfalls davon durchdrungen sind, daß nur durch naturgemäßes und nicht durch naturwidriges Jagen die Produktion mit der Consumption in dem richtigen ökonomischen Verhältniß bleiben wird ‒</p> <p>wenden wir Uns</p> <p>sintemal und alldieweilen mit dieser Eingabe an eine hohe National-Versammlung in Berlin und protestiren gegen die dem Thier- wie dem Menschen-Reiche gleich nachtheilige Aufhebung der Jagdgesetze aufs feierlichste!</p> <p>So gegeben in Wäldern und Feldern am 1. November, im Jahre der Pein 1848.</p> <p>(gez.) <hi rendition="#g">Hirsch</hi> als Präsident und Senior der Böcke.</p> <p>Ente, Sekretär.</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0683/0001]
Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 135. Köln, Sonntag den 5. November. 1848. Heute Morgen ist ein Extrablatt zu Nro. 134 der N. Rh. Ztg. Ausgegeben worden.
Uebersicht. Deutschland. Köln. (Die neuesten Nachrichten aus Wien, Berlin und Paris. ‒ Unsere Bourgeoisie und Dr. Nückel. ‒ Die „Breslauer Ztg.“ und die „Kölnische Zeitung“. ‒ Fackelzug für Kyll) Wien. (Breslau. Bericht der „A. D. Z.“ ‒ Der „Pr. St. A.“ Bekanntmachung von Windischgrätz. ‒ Ratibor. Bericht über den Wiener Kampf. Brünn. Handbillet des Kaisers.) Bielitz. (Adresse an den Kaiser.) Ollmütz. (Traueramt für Latour.) Prag. (Eindruck der Proklamationen von Windischgrätz.) Berlin. (Morgensitzung der National-Versammlung. ‒ Mittagssitzung der National-Versammlung. ‒ Erklärung Rümpler's. ‒ Die Ministerkrisis. ‒ Bewegung in der Stadt. ‒ Haltung der Bürgerwehr und des Volkes. ‒ Noch ein Bericht über den Demokratencongreß. Dicta der „N. Pr. Z.“ ‒ Bekanntmachungen Eichmann's. ‒ Kriminalistisches.) Frankfurt. (National-Versammlung. ‒ Gagern abermals Präsident).
Ungarn. Pesth. (Das Repräsentantenhaus. ‒ Die ungarische Armee. ‒ Arab).
Polen. Krakau. (Drohende Nachrichten).
Französische Republik. Paris (Börse. ‒ Cavaignac. ‒ „Presse.“ ‒ Klubs. ‒ Wahlunionen. ‒ Blutiger Konflikt zwischen Linie und Garde mobile).
Deutschland. * Köln, 4. Nov. _ * Köln, 4. Nov. Die Siegesnachricht der Kroaten und Wenden in Wien hatte unsere Kölnische Bourgeoisie so exaltirt, daß sie Champagnerflaschen springen ließ und durch Hrn. Dr. Nückel, in der Abendsitzung des Gemeinderaths vom 3. Nov. folgenden prinzipiellen Antrag stellte:
„Der Gemeinderath sei nicht verpflichtet, den Arbeitern Arbeit zu geben. Es sei dies bloße Unterstützung und deshalb der Taglohn der von der Stadt beschäftigten Arbeiter geringer zu setzen, als der Taglohn der von Privatmeistern beschäftigten Arbeiter.“
Als Nebengrund gab Dr. Nückel an, man müsse durch diese Differenz den Andrang der Arbeiter zu städtischen Arbeiten abwehren.
Mit Mühe gelang es Hrn. Böker, Vertagung dieser Frage zu bewirken.
Dr. Nückel hat das Dogma der hiesigen Bourgeoisie proklamirt. Die Arbeiter sind dem Dr. Nückel dafür zum höchsten Danke verpflichtet.
Unsere Geldmänner, die den Belagerungszustand von Köln freudig begrüßten, mußten konsequent das Bombardement von Wien und die Herstellung der kroatischen Freiheit als einen Sieg bejubeln, wie sie die raffinirte Grausamkeit der Junisieger bejubelten.
* Köln. Das Evangelium der „Kölnischen Zeitung,“ das Organ der Weinreisenden und der kein Deutsch verstehenden Engländer, die Breslauer Zeitung, berichtet unterm 1. November wie folgt:
Die Katastrophe ist beendet, Wien hat sich auf Gnade und Ungnade ergeben.
In derselben Weise berichtete die „Kölnische Zeitung“ am Vorabend der Berliner Katastrophe: Die Ruhe ist in Berlin wiederhergestellt.
* Köln, 4, Nov. Der finstre regenschwere Abend unserer alten Stadt wurde gestern auf eine sehr heitere Weise durch einen Fackelzug erhellt, den man dem Abgeordneten Kyll brachte. Etwa 1500 Fackel- und Laternenträger, unter denen man Mitglieder der verschiedensten politischen Gesellschaften bemerkte, sammelten sich nämlich zwischen 8 und 9 Uhr auf dem Frankenplatze und zogen mit zwei Musikchören in die Trankgasse, wo sie den Ex-Präsidenten von Wittgenstein en passant mit einer höchst solennen Katzenmusik erfreuten.
Von dort bewegte sich der Zug über die Hochstraße, (wo beiläufig Hrn. Du Monts Buchladen eine ähnliche Begrüßung erfuhr, wie das Hotel Wittgenstein). Dann in die Glockengasse einziehend, postirte sich die jubelnde Menge vor die Wohnung des Herrn Kyll. Herr Raveaux, der sich mehr in Köln als auf seinem Gesandtschaftsposten in der Schweiz aufzuhalten scheint, und keine Gelegenheit vorübergehen läßt, um seine Beredsamkeit an den Mann zu bringen, hatte sich auch dieses Mal das Wort zu verschaffen gewußt und brachte dem Gefeierten den Dank der Stadt Köln in einigen Worten dar.
Herr Kyll erwiderte diese Worte in ebenso einfacher als schöner Weise.
Unendlicher Jubel folgte seinen Worten und der Zug bewegte sich dann in die Richmondstraße, wo man den Abg Stupp, als Antwort auf seine jüngste Heuler-Adresse, in derselben Art wie den Ex-Präsidenten von Wittgenstein, traktirte. Herr Du Mont, der bereits ein Aehnliches vor seinem Buchladen erfahren hatte, und der sich jüngst darüber beklagte, daß eine frühere Abendunterhaltung nicht rauschend genug gewesen sei, erhielt zum Schluß noch die Satisfaktion eines Charivari's, das nach dem Urtheile von Kennern, auch nicht im geringsten etwas zu wünschen übrig ließ.
Unter heitern Scherzen endete das hübsche Fest. Indem man Herrn Kyll die wärmste Sympathie zu erkennen gab, hatte man den untergeordneten Größen zu gleicher Zeit eine nicht weniger passende Anerkennung zu Theil werden lassen. Der Herrn Kyll dargebrachte Fackelzug war der größte, der je in Köln statt hatte.
Er bildete die beste Antwort auf die jüngst gegen Kyll und D'Ester gerichteten Manifestationen der Freunde des Belagerungszustandes.
Breslau, 31. Oktober. Man berichtet uns: Durch den Aufstand der Arbeiter in Brünn fand sich der Magistrat von Brünn veranlaßt, eine Deputation von 5 Personen an den Kaiser zu senden, um eine gütliche Ausgleichung der Wiener Ereignisse zu vermitteln. Der Kaiser wies sie ab, trotzdem haben sie noch eine Audienz nachgesucht und erhalten, worin ihnen der Kaiser ein Handbillet an den Fürsten Windischgrätz übergab, durch welches er denselben auffordert, sich der Brünner Deputation als Vermittler zu bedienen.
Montag den 30. um 11 Uhr Vormittags, langte die Deputation mittels eines Extrazuges in Wien an. Auf der Jägerzeile am Nadasty'schen Hause, gegenüber dem St. Genois'schen Palais (927), waren in zwei Linien 80 Mann Grenadiere aufgestellt. Unter ihrem Schutze gleichsam unterhandelte Windischgrätz mit den Brünner Deputirten, welche den Schein annahmen, als wären sie von der Stadt Wien bevollmächtigt. Sie machten dem Fürsten im Namen der Wiener bereits das Zugeständniß der völligen Entwaffnung Wiens. Um 12 1/2 Uhr ließ daher Windischgrätz nach allen Richtungen folgende Depesche telegraphiren:
„Wien ergiebt sich noch heute unbedingt, meine Truppen ziehen noch heute in die Stadt.“
Diese Depesche wurde durch Couriere von Prerau aus sofort nach allen Richtungen, Lemberg, Krakau etc. gesandt, da man sich dort von Unruhen in Lemberg erzählte. Da fiel um 1 Uhr von der aus den Billards des Stierbock's Kaffeehaus errichteten Barrikade ein Schuß, dem vom rothen Thurmthore her ein so heftiges Feuer folgte, daß alle aufgestellten Grenadiere, 80 an der Zahl, gefallen sein sollen. Da mit den Wienern eine Waffenruhe bis 2 Uhr verabredet worden war, so sah Windischgrätz dies als einen Bruch des Waffenstillstandes an und erbittert darüber, ließ er um 1 Uhr von der Anhöhe, auf welcher er das schwere Belagerungsgeschütz postirt hatte, das Bombardement anfangen. In Wien war von einer Brünner Deputation nichts bekannt. Das Bombardement dauerte unaufhörlich bis 2 1/2 Uhr, dann ließ es nach, und [Fortsetzung]
Wien. „Hoffen wir trotz dem „Aufruf des demokratischen Kongresses,“ daß das Volk aus seiner Lethargie erwachen und die einzige Hülfe den Wienern bringen wird, die es ihnen in diesem Augenblicke noch bringen kann, die Besiegung der Contre-Revolution im eignen Hause.“
„N. Rh. Ztg.“ vom 3. Nov. Wenn wir noch knieen könnten, wir lägen auf den Knien;
Wenn wir noch beten könnten, wir beteten für Wien!
Doch lange schon verlernten wir Kniefall und Gebet ‒
Der Mann ist uns der beste, der grad und aufrecht steht!
Die Hand ist uns die liebste, die Schwert und Lanze schwingt!
Der Mund ist uns der frommste, der Schlachtgesänge singt!
Wozu noch bittend winseln? Ihr Männer, in's Gewehr ‒
Heut ballt man nur die Hände, man faltet sie nicht mehr!
Es ist das Händefalten ein abgenutzt Geschäft ‒
Die linke an die Scheide, die rechte Hand an's Heft!
Die Linke an die Gurgel dem Sclaven und dem Schuft,
Die Rechte mit der Klinge ausholend in der Luft!
Ein riesig Schilderheben, ein Ringen wild und kühn ‒
Das ist zur Weltgeschichte das rechte Flehn für Wien!
Ja, Deutschland, ein Erheben! ja, Deutschland, eine That!
Nicht, wo im rothen Dolman einhersprengt der Kroat,
Nicht, wo vom Huf der Rosse das Donauufer bebt,
Nicht, wo vom Stephansthurme der weiße Rauch sich hebt,
Nicht, wo aus Slavenmörsern die Brandraketen sprühn ‒
Nicht dorthin, ernster Norden, gewaffnet sollst du ziehn!
Nicht dorthin sollst du pilgern zur Hülfe, zum Entsatz ‒
Allwärts, um Wien zu retten, stehst du an deinem Platz!
Räum' auf im eignen Hause! Räum' auf und halte Stich ‒
Den Jellachich zu jagen, wirf deinen Jellachich!
Ein dreister Schlag im Norden ist auch im Süd ein Schlag;
Mach' fallen unser Olmütz, und Olmütz rasselt nach!
Der Herbst ist angebrochen, der kalte Winter naht ‒
O Deutschland, ein Erheben! o Deutschland, eine That!
Die Eisenbahnen pfeifen, es zuckt der Telegraph ‒
Du aber bleibst gelassen, du aber bleibst im Schlaf!
Bei'm Todeskampf der Riesin dastehst du wie von Stein ‒
Alles, wozu du dich ermannst, ein kläglich Bravoschrein!
3. November, Nachmittags. F. Freiligrath. An eine hohe Nationalversammlung in Berlin.Sintemal und alldieweilen Wir Hirsche, Rehe, Hasen, Enten, Schnepfen, Hühner und anderweitiges Geflügel in den privilegirten Jägern unsre einzigen natürlichen Feinde sehen ‒
Sintemal und alldieweilen Wir der festen Ueberzeugung sind, daß nicht-privilegirte Jäger sich nie in den naturgemäßen Gränzen der Jagd halten werden. ‒
Sintemal und alldieweilen Wir ebenfalls davon durchdrungen sind, daß nur durch naturgemäßes und nicht durch naturwidriges Jagen die Produktion mit der Consumption in dem richtigen ökonomischen Verhältniß bleiben wird ‒
wenden wir Uns
sintemal und alldieweilen mit dieser Eingabe an eine hohe National-Versammlung in Berlin und protestiren gegen die dem Thier- wie dem Menschen-Reiche gleich nachtheilige Aufhebung der Jagdgesetze aufs feierlichste!
So gegeben in Wäldern und Feldern am 1. November, im Jahre der Pein 1848.
(gez.) Hirsch als Präsident und Senior der Böcke.
Ente, Sekretär.
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(2017-03-20T13:08:10Z)
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Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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