Neue Rheinische Zeitung. Nr. 127. Köln, 27. Oktober 1848. Beilage.Beilage zu Nr. 127 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag, 27. Oktober 1848. [Französische Republik] [Fortsetzung] das zweite demokratisch-socialistische Bankett in den Sälen des Restaurateurs Dourlans statt. Eingeschrieben waren 2500 Gäste zu 2 Fr., von denen etwa ein Dritttheil der Unterstützung der Junifamilien zugewandt wurde. Die Ausstattung des großen Tanzsaales war sehr bezeichnend. Um die Säulen schlangen sich Kränze und passende Inschriften. Die Namen der Gefangenen in Vincennes und der Exilirten in London (vorzüglich Barbes, Louis Blanc u. s. w.) prangten in kolossalen Lettern zwischen diesen Kränzen. Der gefürchtete Proudhon, der pathetische Pierre Leroux, der bedächtige Cabet und die geharnischten Klubisten Bernard und Madier Montjau hielten Reden, an denen die königl. Journale wieder volle acht Tage lang kauen werden. (Die "Debats" und Comp. bringen bereits Bruchstücke). Das bemerkenswertheste Ereigniß bei diesem Bankett ist jedoch die Aussöhnung des sogenannten Chefs der absoluten Demokraten der Bergpartei mit den Sozialisten. Man entsinnt sich, daß sich der Berg seit dem Bankett der Barriere Poissoniere in zwei Hälften a 30 und 40 Köpfe gespalten, von denen die Letztere unter Ledru Rollin und Bac dem Sozialismus (der jetzt mit Kommunismus ganz gleichbedeutend), Proudhon's, Cabet's, Leroux's u. s. w. nicht ganz wohl wollten. Bac, Buvignier, Martin Bernard, James de Montry etc., die Wichtigkeit dieser Volksbankette einsehend, begaben sich daher gestern an die Barriere du Roule und wurden mit stürmischem Beifall empfangen. Bac ist bekanntlich Präsident der Rue Taitbout, wo die Bergpartei ihre Sitzungen hält. Somit hätte denn der Jubel der königlich gesinnten Presse über die vermeintliche Spaltung des Berges ein sehr frühzeitiges Ende erreicht. Im 2ten Arrondissement wird von der Bürgerschaft ein ähnliches Bankett vorbereitet, dessen Vorsitz sie den Kommunisten Kersausie, Cabet und Francois Vidal angeboten hat. - Morgen und übermorgen werden die bekannten Preßprocesse gegen den "Repräsentant du peuple", "Peuple Constituant", "Lampion" etc. vor den Assisen beginnen. - Cabet, bei dem man in der Rue J. J. Roussean am 15. Mai einige Gewehre und Pulvervorräthe fand, hat sich dieser Tage vor dem Zuchtgerichte wegen dieser Entdeckung zu verantworten. - In der Rue Amelot 64 und anderen Vierteln befinden sich bereits Werkstätten, die auf das Prinzip der freien Association der Arbeiter unter einander errichtet sind und ihre Waaren auffallend wohlfeil bieten. - Die hiesige "Deutsche demokratische Gesellschaft" hat in ihrer gestrigen Sitzung ihren derzeitigen Sekretair, Dr. Iwerbeck, zu ihrem Vertreter auf dem demokratischen Kongresse in Berlin ernannt. 12 Perpignan, 19. October. Die auswärtige Politik der französischen Bourgeoisrepublikaner tritt am unverhülltesten Spanien gegenüber hervor. Die "honnetten" Republikaner von Paris arbeiten im Dienste von Narvaez und stellen ihm direkt die französische Polizei zur Verfügung gegen die spanischen Republikaner. Sie überbieten in ihrem Diensteifer alle Leistungen Guizot's. Herr Ballan ist Präfekt des Departements der Ost-Pyrenäen; er war Unterpräfekt unter Louis Philipp; er thront zu Perpignan. Seine direkten Vorgesetzten, deren Befehle er unbedingt ausführt, sind der spanische Consul zu Perpignan und Herr Labrie, der sich als Spezialkommissar zu Perpignan aufhält, mit dem Berufe, die spanischen Patrioten auszuspüren, zu verfolgen und einzusperren. Der brave Mann war 1840 in demselben Sinne thätig. Er ist der Lieblingsspion von Narvaez und eigens von diesem Gönner der französischen Republik nach Perpignan beordert. 1840 beobachtete man wenigstens die Formen. Jeder Spanier, der mit geordneten Papieren nach Frankreich kam, konnte, nachdem er durch die Polizeifiltrirmaschine der spanischen Consuls durchpassirt war, zu Perpignan verweilen oder in Frankreich reisen. Heutzutage ist das anders geworden. Gensdarmen sind an allen Stadtthoren aufgestellt, verstärkt durch mehre Polizeiagenten, und jeder Spanier, der in ihre Hände fällt, mag er auch mit regelmäßigen Papieren versehen sein, mag er alle mögliche Caution stellen wollen, wird nichtsdestoweniger eingekerkert, ohne weitern Prozeß. Die Citadelle von Perpignan schließt mehre Chefs der republikanischen Bewegung in Spanien ein, so z. B. den Exminister Escosura, Murana de las Pemas, den General Lloberas (letztern seit dem 14. October). Ihre Papiere, ihre Correspondenzen wurden saisirt und dem spanischen Consul ausgeliefert, um hn in die Pläne der spanischen Demokraten einzuweihen und neue Opfer den Kugeln der Segiden des Königthums zu denunciren. Ein Beispiel mag genügen, um die Aengstlichkeit der französischen Bourgeoisie in Ausführung der Befehle von Narvaez zu charakterisiren. Den 20. Sept. schrieb die Administration der Messagerien der Rue Notre-Dame-des-Victoires einem Bürger von Perpignan, sie habe 3000 Gewehre in Kisten nach Portvendres zu expediren, die für die italienischen Patrioten bestimmt seien und sie bitte ihn, ihr den Namen des Hauses anzugeben, worauf er sie consigniren würde. Den 10. October kamen 21 Kisten mit 500 Gewehren zu Perpignan an. Der besagte Bürger, in Erwartung eines Fuhrmanns, um sie nach Port-Bendres zu expediren, ließ sie in seinem Magazin niederlegen. Den andern Morgen fand sich auf höhern Befehl ein Polizeikommissär bei ihm ein. Er erklärte ihm, er sei von der Ankunft der Kisten mit Flinten unterrichtet, er wolle wissen, unter welchem Titel man sie empfangen hätte. Sei nicht alles regelrecht, so werde er sie sofort saisiren. Der Bürger legte ihm das Certifikat vor, welches die Sendung begleitete, ein Certifikat, das zu Havre durch den Oberst der Artillerie, gemäß der Ordonanz des Kriegsministers, ausgefertigt war und wörtlich besagte, diese Waffen seien für Italien bestimmt, der Handel damit folglich nicht verboten. Der Polizeikommissär gestand, daß sein Auftrag erfüllt sei und bat ihm das Certifikat anzuvertrauen, damit er es seinen Vorgesetzten vorlegen könne. Man erhob nicht die geringste Schwierigkeit und bestand nur auf Rückgabe desselben in möglichst kürzester Frist. Dieß Certifikat nun wurde Herrn Ballan ausgeliefert, der sich mit demselben in sein Kabinet einschloß, wo ihn der spanische Consul und der berüchtigte Spezialkommissär erwarteten. Zwei Tage vergingen; der Präfekt gab das Certifikat niche zurück. Der Bürger, der es ausgeliefert hatte, begab sich zu Ballan, den er in traulichem Zwiegespräche mit dem Spezialkommissär antraf. Er stellte den Ballan zur Rede. Der Präfekt stotterte Entschuldigungen, er sei gebunden, gewissen Anforderungen nachzugeben. Der Bürger antwortete, es geschehe dieß sicher auf Befehl des spanischen Consuls. Der Präfekt bemerkte statt aller Antwort, daß die Flinten nicht länger bei einem Privatmanne bleiben könnten und daß er sie wegholen lassen würde, um sie in die Staatsmagazine zu deponiren. Unser Bürger erwiderte in gerechter Entrüstung, er habe das Mandat, die Flinten nach Port-Bendres zu schicken und er werde mit oder wider Willen des Präfekten seinem Auftrage nachkommen. Wirklich ließ er die Flinten auf einen Wagen aufpacken und nach Port-Bendres fahren; aber der Präfekt, treu dem Befehle des spanischen Consuls, ließ die Gendarmerie aufsitzen, welche den Wagen bis Port-Bendres eskortirte, sie dort in Beschlag nahm, und statt an ihren Bestimmungsort, in dem Staatsmagazine deponirten. Also, die Präfekte der "honnetten" Republik sind nicht nur die Polizeiagenten spanischer Spione gegen spanische Demokraten; auch die Rancünen des großen Narvaez gegen die italienischen Patrioten besitzen Gesetzeskraft für sie. Es lebe die "honnette" Republik! - National-Versammlung. Sitzung vom 24. Oktober. Anfang 1 Uhr. Vizepräsident de Malleville führt den Vorsitz. Glais Bizoin protestirt gegen eine Lücke im Protokoll rücksichtlich der Abstimmung der organischen Gesetze durch die Nationalversammlung. Malleville: Soll ausgefüllt werden. Grandin, ein Konservativer, besteigt die Bühne. Ich habe die Absicht, sagt er, den Minister des Innern wegen eines Bankets zur Rede zu stellen, das vorgestern an der Barriere du Roule stattfand und bei welchem mehrere Reden gehalten wurden, welche unsere Aufmerksamkeit verdienen. (Ah, ab vom Berge.) Diesem Bankette wohnten mehrere Repräsentanten bei, namentlich eines der einflußreichsten Glieder der Bergpartei, Bürger Theodor Bac u. s. w. Ich bitte um die Erlaubniß, diese Interpellationen morgen an den Minister stellen zu dürfen. Dem Antrage wird willfahrt und die Interpellation auf morgen anberaumt. Wir können uns auf einen zweiten Denjoytumult gefaßt machen. Die Versammlung geht nun zur Tagesordnung über. In erster Reihe befindet sich das Projekt, den Moniteur in das Sitzungsgebäude der Nationalversammlung zu verlegen. Bisher wurde derselbe eine halbe Meile entfernt, in der Privatdruckerei des Hrn. Panckoucke, Rue des Poitevins Nro. 6, gedruckt, die stenographischen Berichte mußten zu Roß oder Wagen hinabgeschafft werden und in den Junitagen kam es sogar vor, daß die Druckerei ganz unzugänglich wurde. Dieser Absperrung müsse vorgebeugt werden, außerdem sollen die Probebogen von 30 zu 30 Minuten ausgegeben und von den betreffenden Rednern binnen 50 Minuten korrigirt sein. Ducos ist Berichterstatter und verlangt einen Kredit von 30,000 Franken zu dieser Uebersiedelung. Degousse, Quästor, meldet, daß alle Räume des Sitzungsgebäudes mit Infanterie und Artillerie vollgepfropft wären, mithin es unmöglich sei, den Moniteur aufzunehmen. Indessen könne man ja ein Lokal in der Nähe miethen. Diese Erklärung ruft einige Ueberraschung im Saale hervor. Clement Thomas fürchtet, daß, wenn die stenographischen Berichte im Sitzungsgebäude selbst gedruckt würden, die Redner sich noch viel größere Verstümmelungen des Textes erlauben werden, als bisher. Es sei jetzt manchmal schon gar nicht möglich, eine Rede im Moniteur für den wirklichen Vortrag auf der Bühne anzuerkennen. Dieser Einwendungen ungeachtet wird die Verlegung des Moniteur in oder dicht bei dem Sitzungssaal entschieden und der verlangte Kredit bewilligt. Somit werden die sämmtlichen Pariser Blätter drei bis vier Stunden nach Sitzungsschluß im Besitz der vollen Reden der Nationalbühne sein und es wird eine größere Harmonie in den Berichten der Presse herrschen. Für das Ausland verspricht diese Neuerung leider keine Besserung. Dasselbe muß sich nach wie vor mit handschriftlichen Berichten benügen. Die Versammlung schreitet nun zur Berathung über eine Gehaltszulage für ihren Präsidenten, von monatlich 6000 Frcs., nämlich statt 4000 Frcs. wünscht Marrast 10,000 Frcs. (Aha, Oho! von vielen Bänken begrüßt den Entwurf.) Taschereau unterstützt natürlich das Geldverlangen; aber Manuel und Deslongrais bekämpfen denselben mit Heftigkeit. Man ruft nach der berüchtigten question prealable!! Malleville läßt abstimmen und, siehe da! der Antrag fällt durch. Es wird ihm nicht einmal die Ehre zu Theil, diskutirt zu werden. (Agitation und Gelächter.) Die Versammlung schreitet zur Prüfung der Ausgaben der provisorischen Regierung vom 24. Febr. bis 1. Juni. Die Ausgaben der provisorischen Regierung und der Exekutiv-Kommission vom 24. Februar bis 1. Juni belaufen sich auf etwa 114 Millionen Franken. Davon sind 9 Millionen Frs. für den Ankauf von Pferden, 34 Millionen für Montirungs- und Equipirungskosten, 3 Millionen für die Mobilgarde, 6 Millionen für die Nationalwerkstätten, 3 Millionen für Staatsbauten, über 50 Millionen für die Arme und der Rest für geheime Polizeigelder. Pagnerre, dessen Bericht wir diese Zahlen entnehmen, schließt mit der Erklärung, daß alle Beläge dem Finanzausschusse zur Verfügung ständen. Gouin im Namen des Finanzausschusses erklärt, die Prüfung dieser Beläge sei Sache des früher speziell ernannten Finanzausschusses. Den Versammlungsausschuß gehe dies nichts an. Garnier Pages hält eine lange rede zu Gunsten seines ehemaligen Finanzministeriums und wälzt die Verantwortlichkeit der Hauptposten auf die Achseln des damaligen Ministers des Innern, Ledru-Rollin. Goudchaux, Finanzminister, bekämpft den Antrag und sieht in dem Cre tonschen Eifer neue Nahrung für Finanzkrisen. Mortimer Ternaux, Pariser Stadtrath, dringt auf genaue Prüfung des Antrags, besonders die 950,000 Frcs. für das bekannte Concordiafest auf dem Marsfelde findet er unerhört. Duclerc und Ledru Rollin in kurzer Anrede wiedersetzen sich durchaus nicht der Prüfung. Alle Quittungen liegen bereit. Die Versammlung schreitet zur Abstimmung und genehmigt den Antrag auf genaue Prüfung innerhalb der nächsten zwei Monate. Kurz vorher besteigt Marrast die Bühne und liest im Namen des Verfassungsausschusses einen Dekretsentwurf, welcher die Präsidentenwahl auf den 10. Dezember festsetzt. Dieser Antrag soll übermorgen diskutirt werden. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Goudchaux und Leonfaucher gerathen vor dem Hinausgehen in einen heftigen Wortstreit vor den Bänken. Doch hat er keine Folgen. Spanien. Madrid, 18. Okt. Der Prinze von Capua, dem gestern noch Don Francisko, der Schattenkönig einen Besuch machte und den derselbe mit seiner Schönen Pamella im Schlosse erwiederte, hat plötzlich den Befehl erhalten, Madrid binnen 24 Stunden zu verlassen, das für ihn um so härter, als die Börse des Prinzen von Capua sich in schrecklich leerem Zustande befindet. Aus den Provinzen nicht viel Erfreuliches. Gonzales Bravo wird morgen hier erwartet, "um in das Ministerium zu treten", sagt Clamor public. Großbritannien. * London. Der "Standard" vom 21. Okt. eröffnet dem Hause Rothschild die glänzendste Perspektive, die sich sein Ehrgeiz jemals träumen konnte. Am 1. d. M. trat bekanntlich der Beschluß für die vollständige Emancipation der Juden in den römischen Staaten in Kraft, wodurch ihnen die Ausübung aller bürgerlichen Rechte gesichert ist, und da die römische Regierung vorher entschieden hatte, daß die oberste Magistratur von Rom, oder das Papstthum, ein rein bürgerliches Amt ist, so argumentirt der Standard, daß ein Jude auf dem Stuhle St. Peters durchaus keine Unmöglichkeit sei, und empfiehlt die Sache Herrn von Rothschild zu ernstlicher Ueberlegung. Herr von Rothschild sei ehrgeizig, dem Vernehmen nach sei er trotz alledem auch noch reich, das Konklave aber sei käuflich - eh bien, Herr von Rothschild, versuchen Sie ihr Heil bei den Kardinälen! Der Parlamentssitz für die City von London, den Sie (glücklicherweise, sagt der Standard) nicht einnehmen können, obgleich Sie schon ganz hübsche Summen daran gewandt haben, würde Sie wahrscheinlich nicht mehr kosten, als der Stuhl des heiligen Vaters. Also Rothschild I. auf Pius IX.! Welche historischen Verwickelungen werden aus diesem Faktum hervorgehen! Der künftige deutsche Kaiser, immer in Geldnoth natürlich, wird durch Herrn von Beckerath Seine hebräische Heiligkeit um Geld bitten lassen. Der Exbanquier von Krefeld küßt dem Exbanquier von Frankfurt mit aller Inbrunst, welche die Finanznoth erzeugt, demüthig den Pantoffel. Aber der Pantoffel wird sich nicht erbitten lassen. Oder, wenn er sich erbitten läßt und die deutsche Majestät bleibt, wie vorauszusehen, mit Zinsen und Kapital im Rückstande, so wird sie wiederum, wie damals im Schloßhofe zu Canossa, im härenen Hemde Buße thun mussen. Also wird der moderne Kampf zwischen Kaiser und Papst beschaffen sein. - Armes Papstthum, wohin ist es mit dir gekommen! Der Papst braucht nicht mehr ein Christ, er kann ein Jude sein! Ist dies nicht in der That und Wahrheit der Sturz des Papstthums, wie Robert Fleming ihn vor 147 Jahren mit sonderbarer Sagacität auf das Jahr 1848 vorausgesagt hat? Amerika. * Der Economist bemerkt, daß das Brasilianische Packet, welches effektiv die Verbindung mit den La Plata-Staaten unterhält, durch andere Schiffe auf indirektem Wege geschlagen wird. Den Tag nach seiner letzten Ankunft mit Nachrichten vom La Plata bis zum 20. Juli, brachte das Packet von Boston ebendaher Neuigkeiten bis zum 20. August, ein Verhältniß, das sich vielleicht noch günstiger für die indirekte Route gestalten dürfte, wenn man die Eisenbahnen durch die Vereinigten Staaten von Boston bis New-Orleans zu Hülfe nähme und sich von letzterem Orte bis zur Havana und Chagres der Dämpfer bediente, welche zwischen New-Orleans und Central-Amerika fahren oder fahren sollen. Die Nachrichten vom August in New-Yorker Blättern waren ziemlich dürftig. In Montevideo war eine Insurrektion versucht, aber durch Gefangennehmung des Anführers, eines Negers, unterdrückt worden. Die Regierung von Montevideo hatte im Juli mit Rosas Unterhandlungen angeknüpft, von denen man sich anfangs viel versprach, die aber nach den letzten Mittheilungen erfolglos abgebrochen wurden, so daß man, da weder Engländer noch Franzosen etwas zum Schutze von Montevideo unternahmen, Alles für die bereits sehr reducirte und an Nahrungsmitteln Mangel leidende Stadt fürchtete. Der englische Bevollmächtigte und Sir Thomas Herbert, der englische Commodore, werden in Briefen aus Montevideo aufs Heftigste getadelt. Der Royal Mail Steamer Tay, welcher Southampton am 17. Okt. mit der westindischen Post verließ, hatte eine starke Ladung an Bord, wovon ein Theil, meist aus französischen und Manchester Fabrikaten bestehend, für die südamerikanische Westküste bestimmt ist, zu Chagres gelandet und über die Landenge von Panama zur Weiterbeförderung im stillen Meere spedirt werden soll. Es ist dies das erste Mal, daß ein Waarentransport den Isthmus überschreitet, und erwartet man von der Eröffnung dieser Route eine bedeutende Hebung des Verkehrs mit Peru und Chili. * Das Dampfschiff Amerika ist am Montag in Liverpool eingetroffen. Es hatte New-York am 11. und Halifax am 14. Oktbr. verlassen. Der Dämpfer Hermann von Bremen war am 4. Okt. in New-York angelangt, und hatte unsern Freund Hecker (nicht den Staatsprokurator, sondern den badischen Republikaner) glücklich auf amerikanischem Boden abgesetzt. Ein großes deutsches Massen-Meeting wurde sofort zur Feier von Heckers Ankunft in Tammany-Hall zusammenberufen, um, wie der New-Yorker Herald sagt, "von den Lippen des Ankömmlings, des eben der Tyranei Entflohenen, einen Bericht über die Bestrebungen, die Thaten, die Hoffnungen und die Aussichten der republikanischen Partei in Europa, vorzüglich aber in Deutschland, zu vernehmen." Türkei. Konstantinopel, 4. Okt. Die Cholera hat in mehreren Provinzen der Türkei in diesem Sommer fürchterliche Verheerungen angerichtet. In manchen Gegenden sind ganze Dörfer ausgestorben. In Tokat, wo die Seuche den August hindurch herrschte, starben von 25 000 Einwohnern, von denen natürlich ein großer Theil geflüchtet war, an 4000. In Diarbekir war fast die Hälfte der Bevölkerung ausgewandert, doch starben täglich gegen 170. In Damaskus raffte die Seuche im August und September gleichfalls viele hinweg; von dem dort liegenden Militär starben allein 728 Mann. Und nach dem Aufhören der Cholera zeigte sich ein sehr verderblicher Typhus. In Rodosto, wo die Seuche schon im Frühjahr einige Wochen herrschte, brach sie kürzlich von neuem sehr heftig aus. Täglich sterben dort 30 bis 40. Von einer aus sechs Personen bestehenden armenischen Familie starben alle in einer Nacht. Leider sind die Nachrichten, die man meistens nur durch Privatmittheilungen über die Verbreitung der Seuche erhält, so unvollständig und auch so ungenau, daß es fast unmöglich sein wird, von der Verbreitung der Seuche in der Türkei, sowie von ihrem Verlauf in den einzelnen Orten eine auch nur einigermaßen richtige Skizze zu entwerfen. Daß man darüber so wenig zuverlässige Nachrichten erhalten kann, verursacht hauptsächlich der Mangel an Aerzten im Innern der türkischen Provinzen. Ich bitte die unbeschäftigten Jünger Aeskulaps in jenen Ländern Europa's, wo Statt Mangel, Ueberfülle an Aerzten ist, deshalb aber ja nicht sofort den Orient als das gelobte Land anzusehen und einem Heuschreckenschwarm gleich darüber herzufallen, sie könnten sich in ihren Erwartungen bitter getäuscht finden. Die ohnehin dünne Bevölkerung des Orients ist großentheils so verarmt und häufig auch noch so einfach in Sitte und Lebensweise, daß sehr selten Jemand beim Arzt Hülfe sucht, zumal auf dem Lande. Aber selbst in größeren Städten hat oft der Arzt wenig zu thun. So sind in Brussa, das eine Bevölkerung von etwa 80,000 oder mehr Einwohnern hat und dazu berühmte warme Bäder, nicht mehr als drei oder vier Aerzte, und diese sind oft wenig beschäftigt; die paar dortigen Apotheken aber sind in der Regel nur zwei oder drei Stunden um Mittag offen. In Tokat, einer Stadt von 26,000 Einwohnern, haben schon mehrmals Aerzte versucht, sich niederzulassen, sind aber stets wieder weggegangen, weil sie kein hinreichendes Auskommen fanden. - Herr Mussurus soll von Athen abberufen werden und zum türkischen Gesandten in Wien bestimmt sein, Herr Kallimiaki, bisher in London, soll Hrn. Mussurus in Athen ersetzen. - Man hat nun schon mehrere Individuen, die wieder Feuer hier legen wollten, auf der That ertappt. (A. A. Z.)Neueste Nachrichten. Die belgische "Nation" bringt folgende Nachricht, welche wir nicht verbürgen: "Alexandria, 19. Oktober. Wir erhalten in diesem Augenblicke auf außerordentlichem Wege die Nachricht einer vollständigen Erhebung zu Mailand." Beilage zu Nr. 127 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag, 27. Oktober 1848. [Französische Republik] [Fortsetzung] das zweite demokratisch-socialistische Bankett in den Sälen des Restaurateurs Dourlans statt. Eingeschrieben waren 2500 Gäste zu 2 Fr., von denen etwa ein Dritttheil der Unterstützung der Junifamilien zugewandt wurde. Die Ausstattung des großen Tanzsaales war sehr bezeichnend. Um die Säulen schlangen sich Kränze und passende Inschriften. Die Namen der Gefangenen in Vincennes und der Exilirten in London (vorzüglich Barbes, Louis Blanc u. s. w.) prangten in kolossalen Lettern zwischen diesen Kränzen. Der gefürchtete Proudhon, der pathetische Pierre Leroux, der bedächtige Cabet und die geharnischten Klubisten Bernard und Madier Montjau hielten Reden, an denen die königl. Journale wieder volle acht Tage lang kauen werden. (Die „Debats“ und Comp. bringen bereits Bruchstücke). Das bemerkenswertheste Ereigniß bei diesem Bankett ist jedoch die Aussöhnung des sogenannten Chefs der absoluten Demokraten der Bergpartei mit den Sozialisten. Man entsinnt sich, daß sich der Berg seit dem Bankett der Barriere Poissoniere in zwei Hälften á 30 und 40 Köpfe gespalten, von denen die Letztere unter Ledru Rollin und Bac dem Sozialismus (der jetzt mit Kommunismus ganz gleichbedeutend), Proudhon's, Cabet's, Leroux's u. s. w. nicht ganz wohl wollten. Bac, Buvignier, Martin Bernard, James de Montry etc., die Wichtigkeit dieser Volksbankette einsehend, begaben sich daher gestern an die Barriere du Roule und wurden mit stürmischem Beifall empfangen. Bac ist bekanntlich Präsident der Rue Taitbout, wo die Bergpartei ihre Sitzungen hält. Somit hätte denn der Jubel der königlich gesinnten Presse über die vermeintliche Spaltung des Berges ein sehr frühzeitiges Ende erreicht. Im 2ten Arrondissement wird von der Bürgerschaft ein ähnliches Bankett vorbereitet, dessen Vorsitz sie den Kommunisten Kersausie, Cabet und Francois Vidal angeboten hat. ‒ Morgen und übermorgen werden die bekannten Preßprocesse gegen den „Repräsentant du peuple“, „Peuple Constituant“, „Lampion“ etc. vor den Assisen beginnen. ‒ Cabet, bei dem man in der Rue J. J. Roussean am 15. Mai einige Gewehre und Pulvervorräthe fand, hat sich dieser Tage vor dem Zuchtgerichte wegen dieser Entdeckung zu verantworten. ‒ In der Rue Amelot 64 und anderen Vierteln befinden sich bereits Werkstätten, die auf das Prinzip der freien Association der Arbeiter unter einander errichtet sind und ihre Waaren auffallend wohlfeil bieten. ‒ Die hiesige „Deutsche demokratische Gesellschaft“ hat in ihrer gestrigen Sitzung ihren derzeitigen Sekretair, Dr. Iwerbeck, zu ihrem Vertreter auf dem demokratischen Kongresse in Berlin ernannt. 12 Perpignan, 19. October. Die auswärtige Politik der französischen Bourgeoisrepublikaner tritt am unverhülltesten Spanien gegenüber hervor. Die „honnetten“ Republikaner von Paris arbeiten im Dienste von Narvaez und stellen ihm direkt die französische Polizei zur Verfügung gegen die spanischen Republikaner. Sie überbieten in ihrem Diensteifer alle Leistungen Guizot's. Herr Ballan ist Präfekt des Departements der Ost-Pyrenäen; er war Unterpräfekt unter Louis Philipp; er thront zu Perpignan. Seine direkten Vorgesetzten, deren Befehle er unbedingt ausführt, sind der spanische Consul zu Perpignan und Herr Labriè, der sich als Spezialkommissar zu Perpignan aufhält, mit dem Berufe, die spanischen Patrioten auszuspüren, zu verfolgen und einzusperren. Der brave Mann war 1840 in demselben Sinne thätig. Er ist der Lieblingsspion von Narvaez und eigens von diesem Gönner der französischen Republik nach Perpignan beordert. 1840 beobachtete man wenigstens die Formen. Jeder Spanier, der mit geordneten Papieren nach Frankreich kam, konnte, nachdem er durch die Polizeifiltrirmaschine der spanischen Consuls durchpassirt war, zu Perpignan verweilen oder in Frankreich reisen. Heutzutage ist das anders geworden. Gensdarmen sind an allen Stadtthoren aufgestellt, verstärkt durch mehre Polizeiagenten, und jeder Spanier, der in ihre Hände fällt, mag er auch mit regelmäßigen Papieren versehen sein, mag er alle mögliche Caution stellen wollen, wird nichtsdestoweniger eingekerkert, ohne weitern Prozeß. Die Citadelle von Perpignan schließt mehre Chefs der republikanischen Bewegung in Spanien ein, so z. B. den Exminister Escosura, Murana de las Pemas, den General Lloberas (letztern seit dem 14. October). Ihre Papiere, ihre Correspondenzen wurden saisirt und dem spanischen Consul ausgeliefert, um hn in die Pläne der spanischen Demokraten einzuweihen und neue Opfer den Kugeln der Segiden des Königthums zu denunciren. Ein Beispiel mag genügen, um die Aengstlichkeit der französischen Bourgeoisie in Ausführung der Befehle von Narvaez zu charakterisiren. Den 20. Sept. schrieb die Administration der Messagerien der Rue Notre-Dame-des-Victoires einem Bürger von Perpignan, sie habe 3000 Gewehre in Kisten nach Portvendres zu expediren, die für die italienischen Patrioten bestimmt seien und sie bitte ihn, ihr den Namen des Hauses anzugeben, worauf er sie consigniren würde. Den 10. October kamen 21 Kisten mit 500 Gewehren zu Perpignan an. Der besagte Bürger, in Erwartung eines Fuhrmanns, um sie nach Port-Bendres zu expediren, ließ sie in seinem Magazin niederlegen. Den andern Morgen fand sich auf höhern Befehl ein Polizeikommissär bei ihm ein. Er erklärte ihm, er sei von der Ankunft der Kisten mit Flinten unterrichtet, er wolle wissen, unter welchem Titel man sie empfangen hätte. Sei nicht alles regelrecht, so werde er sie sofort saisiren. Der Bürger legte ihm das Certifikat vor, welches die Sendung begleitete, ein Certifikat, das zu Havre durch den Oberst der Artillerie, gemäß der Ordonanz des Kriegsministers, ausgefertigt war und wörtlich besagte, diese Waffen seien für Italien bestimmt, der Handel damit folglich nicht verboten. Der Polizeikommissär gestand, daß sein Auftrag erfüllt sei und bat ihm das Certifikat anzuvertrauen, damit er es seinen Vorgesetzten vorlegen könne. Man erhob nicht die geringste Schwierigkeit und bestand nur auf Rückgabe desselben in möglichst kürzester Frist. Dieß Certifikat nun wurde Herrn Ballan ausgeliefert, der sich mit demselben in sein Kabinet einschloß, wo ihn der spanische Consul und der berüchtigte Spezialkommissär erwarteten. Zwei Tage vergingen; der Präfekt gab das Certifikat niche zurück. Der Bürger, der es ausgeliefert hatte, begab sich zu Ballan, den er in traulichem Zwiegespräche mit dem Spezialkommissär antraf. Er stellte den Ballan zur Rede. Der Präfekt stotterte Entschuldigungen, er sei gebunden, gewissen Anforderungen nachzugeben. Der Bürger antwortete, es geschehe dieß sicher auf Befehl des spanischen Consuls. Der Präfekt bemerkte statt aller Antwort, daß die Flinten nicht länger bei einem Privatmanne bleiben könnten und daß er sie wegholen lassen würde, um sie in die Staatsmagazine zu deponiren. Unser Bürger erwiderte in gerechter Entrüstung, er habe das Mandat, die Flinten nach Port-Bendres zu schicken und er werde mit oder wider Willen des Präfekten seinem Auftrage nachkommen. Wirklich ließ er die Flinten auf einen Wagen aufpacken und nach Port-Bendres fahren; aber der Präfekt, treu dem Befehle des spanischen Consuls, ließ die Gendarmerie aufsitzen, welche den Wagen bis Port-Bendres eskortirte, sie dort in Beschlag nahm, und statt an ihren Bestimmungsort, in dem Staatsmagazine deponirten. Also, die Präfekte der „honnetten“ Republik sind nicht nur die Polizeiagenten spanischer Spione gegen spanische Demokraten; auch die Rancünen des großen Narvaez gegen die italienischen Patrioten besitzen Gesetzeskraft für sie. Es lebe die „honnette“ Republik! ‒ National-Versammlung. Sitzung vom 24. Oktober. Anfang 1 Uhr. Vizepräsident de Malleville führt den Vorsitz. Glais Bizoin protestirt gegen eine Lücke im Protokoll rücksichtlich der Abstimmung der organischen Gesetze durch die Nationalversammlung. Malleville: Soll ausgefüllt werden. Grandin, ein Konservativer, besteigt die Bühne. Ich habe die Absicht, sagt er, den Minister des Innern wegen eines Bankets zur Rede zu stellen, das vorgestern an der Barriere du Roule stattfand und bei welchem mehrere Reden gehalten wurden, welche unsere Aufmerksamkeit verdienen. (Ah, ab vom Berge.) Diesem Bankette wohnten mehrere Repräsentanten bei, namentlich eines der einflußreichsten Glieder der Bergpartei, Bürger Theodor Bac u. s. w. Ich bitte um die Erlaubniß, diese Interpellationen morgen an den Minister stellen zu dürfen. Dem Antrage wird willfahrt und die Interpellation auf morgen anberaumt. Wir können uns auf einen zweiten Denjoytumult gefaßt machen. Die Versammlung geht nun zur Tagesordnung über. In erster Reihe befindet sich das Projekt, den Moniteur in das Sitzungsgebäude der Nationalversammlung zu verlegen. Bisher wurde derselbe eine halbe Meile entfernt, in der Privatdruckerei des Hrn. Panckoucke, Rue des Poitevins Nro. 6, gedruckt, die stenographischen Berichte mußten zu Roß oder Wagen hinabgeschafft werden und in den Junitagen kam es sogar vor, daß die Druckerei ganz unzugänglich wurde. Dieser Absperrung müsse vorgebeugt werden, außerdem sollen die Probebogen von 30 zu 30 Minuten ausgegeben und von den betreffenden Rednern binnen 50 Minuten korrigirt sein. Ducos ist Berichterstatter und verlangt einen Kredit von 30,000 Franken zu dieser Uebersiedelung. Degoussé, Quästor, meldet, daß alle Räume des Sitzungsgebäudes mit Infanterie und Artillerie vollgepfropft wären, mithin es unmöglich sei, den Moniteur aufzunehmen. Indessen könne man ja ein Lokal in der Nähe miethen. Diese Erklärung ruft einige Ueberraschung im Saale hervor. Clement Thomas fürchtet, daß, wenn die stenographischen Berichte im Sitzungsgebäude selbst gedruckt würden, die Redner sich noch viel größere Verstümmelungen des Textes erlauben werden, als bisher. Es sei jetzt manchmal schon gar nicht möglich, eine Rede im Moniteur für den wirklichen Vortrag auf der Bühne anzuerkennen. Dieser Einwendungen ungeachtet wird die Verlegung des Moniteur in oder dicht bei dem Sitzungssaal entschieden und der verlangte Kredit bewilligt. Somit werden die sämmtlichen Pariser Blätter drei bis vier Stunden nach Sitzungsschluß im Besitz der vollen Reden der Nationalbühne sein und es wird eine größere Harmonie in den Berichten der Presse herrschen. Für das Ausland verspricht diese Neuerung leider keine Besserung. Dasselbe muß sich nach wie vor mit handschriftlichen Berichten benügen. Die Versammlung schreitet nun zur Berathung über eine Gehaltszulage für ihren Präsidenten, von monatlich 6000 Frcs., nämlich statt 4000 Frcs. wünscht Marrast 10,000 Frcs. (Aha, Oho! von vielen Bänken begrüßt den Entwurf.) Taschereau unterstützt natürlich das Geldverlangen; aber Manuel und Deslongrais bekämpfen denselben mit Heftigkeit. Man ruft nach der berüchtigten question préalable!! Malleville läßt abstimmen und, siehe da! der Antrag fällt durch. Es wird ihm nicht einmal die Ehre zu Theil, diskutirt zu werden. (Agitation und Gelächter.) Die Versammlung schreitet zur Prüfung der Ausgaben der provisorischen Regierung vom 24. Febr. bis 1. Juni. Die Ausgaben der provisorischen Regierung und der Exekutiv-Kommission vom 24. Februar bis 1. Juni belaufen sich auf etwa 114 Millionen Franken. Davon sind 9 Millionen Frs. für den Ankauf von Pferden, 34 Millionen für Montirungs- und Equipirungskosten, 3 Millionen für die Mobilgarde, 6 Millionen für die Nationalwerkstätten, 3 Millionen für Staatsbauten, über 50 Millionen für die Arme und der Rest für geheime Polizeigelder. Pagnerre, dessen Bericht wir diese Zahlen entnehmen, schließt mit der Erklärung, daß alle Beläge dem Finanzausschusse zur Verfügung ständen. Gouin im Namen des Finanzausschusses erklärt, die Prüfung dieser Beläge sei Sache des früher speziell ernannten Finanzausschusses. Den Versammlungsausschuß gehe dies nichts an. Garnier Pages hält eine lange rede zu Gunsten seines ehemaligen Finanzministeriums und wälzt die Verantwortlichkeit der Hauptposten auf die Achseln des damaligen Ministers des Innern, Ledru-Rollin. Goudchaux, Finanzminister, bekämpft den Antrag und sieht in dem Cre tonschen Eifer neue Nahrung für Finanzkrisen. Mortimer Ternaux, Pariser Stadtrath, dringt auf genaue Prüfung des Antrags, besonders die 950,000 Frcs. für das bekannte Concordiafest auf dem Marsfelde findet er unerhört. Duclerc und Ledru Rollin in kurzer Anrede wiedersetzen sich durchaus nicht der Prüfung. Alle Quittungen liegen bereit. Die Versammlung schreitet zur Abstimmung und genehmigt den Antrag auf genaue Prüfung innerhalb der nächsten zwei Monate. Kurz vorher besteigt Marrast die Bühne und liest im Namen des Verfassungsausschusses einen Dekretsentwurf, welcher die Präsidentenwahl auf den 10. Dezember festsetzt. Dieser Antrag soll übermorgen diskutirt werden. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Goudchaux und Leonfaucher gerathen vor dem Hinausgehen in einen heftigen Wortstreit vor den Bänken. Doch hat er keine Folgen. Spanien. Madrid, 18. Okt. Der Prinze von Capua, dem gestern noch Don Francisko, der Schattenkönig einen Besuch machte und den derselbe mit seiner Schönen Pamella im Schlosse erwiederte, hat plötzlich den Befehl erhalten, Madrid binnen 24 Stunden zu verlassen, das für ihn um so härter, als die Börse des Prinzen von Capua sich in schrecklich leerem Zustande befindet. Aus den Provinzen nicht viel Erfreuliches. Gonzales Bravo wird morgen hier erwartet, „um in das Ministerium zu treten“, sagt Clamor public. Großbritannien. * London. Der „Standard“ vom 21. Okt. eröffnet dem Hause Rothschild die glänzendste Perspektive, die sich sein Ehrgeiz jemals träumen konnte. Am 1. d. M. trat bekanntlich der Beschluß für die vollständige Emancipation der Juden in den römischen Staaten in Kraft, wodurch ihnen die Ausübung aller bürgerlichen Rechte gesichert ist, und da die römische Regierung vorher entschieden hatte, daß die oberste Magistratur von Rom, oder das Papstthum, ein rein bürgerliches Amt ist, so argumentirt der Standard, daß ein Jude auf dem Stuhle St. Peters durchaus keine Unmöglichkeit sei, und empfiehlt die Sache Herrn von Rothschild zu ernstlicher Ueberlegung. Herr von Rothschild sei ehrgeizig, dem Vernehmen nach sei er trotz alledem auch noch reich, das Konklave aber sei käuflich ‒ eh bien, Herr von Rothschild, versuchen Sie ihr Heil bei den Kardinälen! Der Parlamentssitz für die City von London, den Sie (glücklicherweise, sagt der Standard) nicht einnehmen können, obgleich Sie schon ganz hübsche Summen daran gewandt haben, würde Sie wahrscheinlich nicht mehr kosten, als der Stuhl des heiligen Vaters. Also Rothschild I. auf Pius IX.! Welche historischen Verwickelungen werden aus diesem Faktum hervorgehen! Der künftige deutsche Kaiser, immer in Geldnoth natürlich, wird durch Herrn von Beckerath Seine hebräische Heiligkeit um Geld bitten lassen. Der Exbanquier von Krefeld küßt dem Exbanquier von Frankfurt mit aller Inbrunst, welche die Finanznoth erzeugt, demüthig den Pantoffel. Aber der Pantoffel wird sich nicht erbitten lassen. Oder, wenn er sich erbitten läßt und die deutsche Majestät bleibt, wie vorauszusehen, mit Zinsen und Kapital im Rückstande, so wird sie wiederum, wie damals im Schloßhofe zu Canossa, im härenen Hemde Buße thun mussen. Also wird der moderne Kampf zwischen Kaiser und Papst beschaffen sein. ‒ Armes Papstthum, wohin ist es mit dir gekommen! Der Papst braucht nicht mehr ein Christ, er kann ein Jude sein! Ist dies nicht in der That und Wahrheit der Sturz des Papstthums, wie Robert Fleming ihn vor 147 Jahren mit sonderbarer Sagacität auf das Jahr 1848 vorausgesagt hat? Amerika. * Der Economist bemerkt, daß das Brasilianische Packet, welches effektiv die Verbindung mit den La Plata-Staaten unterhält, durch andere Schiffe auf indirektem Wege geschlagen wird. Den Tag nach seiner letzten Ankunft mit Nachrichten vom La Plata bis zum 20. Juli, brachte das Packet von Boston ebendaher Neuigkeiten bis zum 20. August, ein Verhältniß, das sich vielleicht noch günstiger für die indirekte Route gestalten dürfte, wenn man die Eisenbahnen durch die Vereinigten Staaten von Boston bis New-Orleans zu Hülfe nähme und sich von letzterem Orte bis zur Havana und Chagres der Dämpfer bediente, welche zwischen New-Orleans und Central-Amerika fahren oder fahren sollen. Die Nachrichten vom August in New-Yorker Blättern waren ziemlich dürftig. In Montevideo war eine Insurrektion versucht, aber durch Gefangennehmung des Anführers, eines Negers, unterdrückt worden. Die Regierung von Montevideo hatte im Juli mit Rosas Unterhandlungen angeknüpft, von denen man sich anfangs viel versprach, die aber nach den letzten Mittheilungen erfolglos abgebrochen wurden, so daß man, da weder Engländer noch Franzosen etwas zum Schutze von Montevideo unternahmen, Alles für die bereits sehr reducirte und an Nahrungsmitteln Mangel leidende Stadt fürchtete. Der englische Bevollmächtigte und Sir Thomas Herbert, der englische Commodore, werden in Briefen aus Montevideo aufs Heftigste getadelt. Der Royal Mail Steamer Tay, welcher Southampton am 17. Okt. mit der westindischen Post verließ, hatte eine starke Ladung an Bord, wovon ein Theil, meist aus französischen und Manchester Fabrikaten bestehend, für die südamerikanische Westküste bestimmt ist, zu Chagres gelandet und über die Landenge von Panama zur Weiterbeförderung im stillen Meere spedirt werden soll. Es ist dies das erste Mal, daß ein Waarentransport den Isthmus überschreitet, und erwartet man von der Eröffnung dieser Route eine bedeutende Hebung des Verkehrs mit Peru und Chili. * Das Dampfschiff Amerika ist am Montag in Liverpool eingetroffen. Es hatte New-York am 11. und Halifax am 14. Oktbr. verlassen. Der Dämpfer Hermann von Bremen war am 4. Okt. in New-York angelangt, und hatte unsern Freund Hecker (nicht den Staatsprokurator, sondern den badischen Republikaner) glücklich auf amerikanischem Boden abgesetzt. Ein großes deutsches Massen-Meeting wurde sofort zur Feier von Heckers Ankunft in Tammany-Hall zusammenberufen, um, wie der New-Yorker Herald sagt, „von den Lippen des Ankömmlings, des eben der Tyranei Entflohenen, einen Bericht über die Bestrebungen, die Thaten, die Hoffnungen und die Aussichten der republikanischen Partei in Europa, vorzüglich aber in Deutschland, zu vernehmen.“ Türkei. Konstantinopel, 4. Okt. Die Cholera hat in mehreren Provinzen der Türkei in diesem Sommer fürchterliche Verheerungen angerichtet. In manchen Gegenden sind ganze Dörfer ausgestorben. In Tokat, wo die Seuche den August hindurch herrschte, starben von 25 000 Einwohnern, von denen natürlich ein großer Theil geflüchtet war, an 4000. In Diarbekir war fast die Hälfte der Bevölkerung ausgewandert, doch starben täglich gegen 170. In Damaskus raffte die Seuche im August und September gleichfalls viele hinweg; von dem dort liegenden Militär starben allein 728 Mann. Und nach dem Aufhören der Cholera zeigte sich ein sehr verderblicher Typhus. In Rodosto, wo die Seuche schon im Frühjahr einige Wochen herrschte, brach sie kürzlich von neuem sehr heftig aus. Täglich sterben dort 30 bis 40. Von einer aus sechs Personen bestehenden armenischen Familie starben alle in einer Nacht. Leider sind die Nachrichten, die man meistens nur durch Privatmittheilungen über die Verbreitung der Seuche erhält, so unvollständig und auch so ungenau, daß es fast unmöglich sein wird, von der Verbreitung der Seuche in der Türkei, sowie von ihrem Verlauf in den einzelnen Orten eine auch nur einigermaßen richtige Skizze zu entwerfen. Daß man darüber so wenig zuverlässige Nachrichten erhalten kann, verursacht hauptsächlich der Mangel an Aerzten im Innern der türkischen Provinzen. Ich bitte die unbeschäftigten Jünger Aeskulaps in jenen Ländern Europa's, wo Statt Mangel, Ueberfülle an Aerzten ist, deshalb aber ja nicht sofort den Orient als das gelobte Land anzusehen und einem Heuschreckenschwarm gleich darüber herzufallen, sie könnten sich in ihren Erwartungen bitter getäuscht finden. Die ohnehin dünne Bevölkerung des Orients ist großentheils so verarmt und häufig auch noch so einfach in Sitte und Lebensweise, daß sehr selten Jemand beim Arzt Hülfe sucht, zumal auf dem Lande. Aber selbst in größeren Städten hat oft der Arzt wenig zu thun. So sind in Brussa, das eine Bevölkerung von etwa 80,000 oder mehr Einwohnern hat und dazu berühmte warme Bäder, nicht mehr als drei oder vier Aerzte, und diese sind oft wenig beschäftigt; die paar dortigen Apotheken aber sind in der Regel nur zwei oder drei Stunden um Mittag offen. In Tokat, einer Stadt von 26,000 Einwohnern, haben schon mehrmals Aerzte versucht, sich niederzulassen, sind aber stets wieder weggegangen, weil sie kein hinreichendes Auskommen fanden. ‒ Herr Mussurus soll von Athen abberufen werden und zum türkischen Gesandten in Wien bestimmt sein, Herr Kallimiaki, bisher in London, soll Hrn. Mussurus in Athen ersetzen. ‒ Man hat nun schon mehrere Individuen, die wieder Feuer hier legen wollten, auf der That ertappt. (A. A. Z.)Neueste Nachrichten. Die belgische „Nation“ bringt folgende Nachricht, welche wir nicht verbürgen: „Alexandria, 19. Oktober. Wir erhalten in diesem Augenblicke auf außerordentlichem Wege die Nachricht einer vollständigen Erhebung zu Mailand.“ <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0641"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 127 der Neuen Rheinischen Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>Freitag, 27. Oktober 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div n="1"> <head>[Französische Republik]</head> <div xml:id="ar127b_001" type="jArticle"> <p><ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> das zweite demokratisch-socialistische Bankett in den Sälen des Restaurateurs Dourlans statt. Eingeschrieben waren 2500 Gäste zu 2 Fr., von denen etwa ein Dritttheil der Unterstützung der Junifamilien zugewandt wurde. Die Ausstattung des großen Tanzsaales war sehr bezeichnend. Um die Säulen schlangen sich Kränze und passende Inschriften. Die Namen der Gefangenen in Vincennes und der Exilirten in London (vorzüglich Barbes, Louis Blanc u. s. w.) prangten in kolossalen Lettern zwischen diesen Kränzen. Der gefürchtete Proudhon, der pathetische Pierre Leroux, der bedächtige Cabet und die geharnischten Klubisten Bernard und Madier Montjau hielten Reden, an denen die königl. Journale wieder volle acht Tage lang kauen werden. (Die „Debats“ und Comp. bringen bereits Bruchstücke).</p> <p>Das bemerkenswertheste Ereigniß bei diesem Bankett ist jedoch die Aussöhnung des sogenannten Chefs der absoluten Demokraten der Bergpartei mit den Sozialisten. Man entsinnt sich, daß sich der Berg seit dem Bankett der Barriere Poissoniere in zwei Hälften á 30 und 40 Köpfe gespalten, von denen die Letztere unter Ledru Rollin und Bac dem Sozialismus (der jetzt mit Kommunismus ganz gleichbedeutend), Proudhon's, Cabet's, Leroux's u. s. w. nicht ganz wohl wollten. Bac, Buvignier, Martin Bernard, James de Montry etc., die Wichtigkeit dieser Volksbankette einsehend, begaben sich daher gestern an die Barriere du Roule und wurden mit stürmischem Beifall empfangen. Bac ist bekanntlich Präsident der Rue Taitbout, wo die Bergpartei ihre Sitzungen hält. Somit hätte denn der Jubel der königlich gesinnten Presse über die vermeintliche Spaltung des Berges ein sehr frühzeitiges Ende erreicht.</p> <p>Im 2ten Arrondissement wird von der Bürgerschaft ein ähnliches Bankett vorbereitet, dessen Vorsitz sie den Kommunisten Kersausie, Cabet und Francois Vidal angeboten hat.</p> <p>‒ Morgen und übermorgen werden die bekannten Preßprocesse gegen den „Repräsentant du peuple“, „Peuple Constituant“, „Lampion“ etc. vor den Assisen beginnen.</p> <p>‒ Cabet, bei dem man in der Rue J. J. Roussean am 15. Mai einige Gewehre und Pulvervorräthe fand, hat sich dieser Tage vor dem Zuchtgerichte wegen dieser Entdeckung zu verantworten.</p> <p>‒ In der Rue Amelot 64 und anderen Vierteln befinden sich bereits Werkstätten, die auf das Prinzip der freien Association der Arbeiter unter einander errichtet sind und ihre Waaren auffallend wohlfeil bieten.</p> <p>‒ Die hiesige „Deutsche demokratische Gesellschaft“ hat in ihrer gestrigen Sitzung ihren derzeitigen Sekretair, Dr. Iwerbeck, zu ihrem Vertreter auf dem demokratischen Kongresse in Berlin ernannt.</p> </div> <div xml:id="ar127b_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>12</author></bibl> Perpignan, 19. October.</head> <p>Die auswärtige <hi rendition="#g">Politik</hi> der französischen Bourgeoisrepublikaner tritt am unverhülltesten <hi rendition="#g">Spanien</hi> gegenüber hervor. Die „honnetten“ Republikaner von Paris arbeiten im Dienste von Narvaez und stellen ihm direkt die französische Polizei zur Verfügung gegen die spanischen Republikaner. Sie überbieten in ihrem Diensteifer alle Leistungen Guizot's.</p> <p>Herr <hi rendition="#g">Ballan</hi> ist Präfekt des Departements der Ost-Pyrenäen; er war Unterpräfekt unter Louis Philipp; er thront zu Perpignan. Seine direkten Vorgesetzten, deren Befehle er unbedingt ausführt, sind der spanische Consul zu Perpignan und Herr <hi rendition="#g">Labriè,</hi> der sich als Spezialkommissar zu Perpignan aufhält, mit dem Berufe, die spanischen Patrioten auszuspüren, zu verfolgen und einzusperren. Der brave Mann war 1840 in demselben Sinne thätig. Er ist der Lieblingsspion von Narvaez und eigens von diesem Gönner der französischen Republik nach Perpignan beordert.</p> <p>1840 beobachtete man wenigstens die Formen. Jeder Spanier, der mit geordneten Papieren nach Frankreich kam, konnte, nachdem er durch die Polizeifiltrirmaschine der spanischen Consuls durchpassirt war, zu Perpignan verweilen oder in Frankreich reisen. Heutzutage ist das anders geworden. Gensdarmen sind an allen Stadtthoren aufgestellt, verstärkt durch mehre Polizeiagenten, und jeder Spanier, der in ihre Hände fällt, mag er auch mit regelmäßigen Papieren versehen sein, mag er alle mögliche Caution stellen wollen, wird nichtsdestoweniger eingekerkert, ohne weitern Prozeß. Die Citadelle von Perpignan schließt mehre Chefs der republikanischen Bewegung in Spanien ein, so z. B. den Exminister Escosura, Murana de las Pemas, den General Lloberas (letztern seit dem 14. October). Ihre Papiere, ihre Correspondenzen wurden saisirt und dem spanischen Consul ausgeliefert, um hn in die Pläne der spanischen Demokraten einzuweihen und neue Opfer den Kugeln der Segiden des Königthums zu denunciren.</p> <p>Ein Beispiel mag genügen, um die Aengstlichkeit der französischen Bourgeoisie in Ausführung der Befehle von Narvaez zu charakterisiren.</p> <p>Den 20. Sept. schrieb die Administration der Messagerien der Rue Notre-Dame-des-Victoires einem Bürger von Perpignan, sie habe 3000 Gewehre in Kisten nach <hi rendition="#g">Portvendres</hi> zu expediren, die für die italienischen Patrioten bestimmt seien und sie bitte ihn, ihr den Namen des Hauses anzugeben, worauf er sie consigniren würde.</p> <p>Den 10. October kamen 21 Kisten mit 500 Gewehren zu Perpignan an. Der besagte Bürger, in Erwartung eines Fuhrmanns, um sie nach Port-Bendres zu expediren, ließ sie in seinem Magazin niederlegen. Den andern Morgen fand sich auf <hi rendition="#g">höhern Befehl</hi> ein Polizeikommissär bei ihm ein. Er erklärte ihm, er sei von der Ankunft der Kisten mit Flinten unterrichtet, er wolle wissen, unter welchem Titel man sie empfangen hätte. Sei nicht alles regelrecht, so werde er sie sofort saisiren. Der Bürger legte ihm das Certifikat vor, welches die Sendung begleitete, ein Certifikat, das zu Havre durch den Oberst der Artillerie, gemäß der Ordonanz des Kriegsministers, ausgefertigt war und wörtlich besagte, diese Waffen seien für Italien bestimmt, der Handel damit folglich nicht verboten. Der Polizeikommissär gestand, daß sein Auftrag erfüllt sei und bat ihm das Certifikat anzuvertrauen, damit er es seinen Vorgesetzten vorlegen könne. Man erhob nicht die geringste Schwierigkeit und bestand nur auf Rückgabe desselben in möglichst kürzester Frist.</p> <p>Dieß Certifikat nun wurde Herrn Ballan ausgeliefert, der sich mit demselben in sein Kabinet einschloß, wo ihn der spanische Consul und der berüchtigte Spezialkommissär erwarteten.</p> <p>Zwei Tage vergingen; der Präfekt gab das Certifikat niche zurück. Der Bürger, der es ausgeliefert hatte, begab sich zu Ballan, den er in traulichem Zwiegespräche mit dem Spezialkommissär antraf. Er stellte den Ballan zur Rede. Der Präfekt stotterte Entschuldigungen, er sei gebunden, gewissen Anforderungen nachzugeben. Der Bürger antwortete, es geschehe dieß sicher auf <hi rendition="#g">Befehl</hi> des <hi rendition="#g">spanischen Consuls.</hi> Der Präfekt bemerkte statt aller Antwort, daß die Flinten nicht länger bei einem Privatmanne bleiben könnten und daß er sie wegholen lassen würde, um sie in die Staatsmagazine zu deponiren. Unser Bürger erwiderte in gerechter Entrüstung, er habe das Mandat, die Flinten nach Port-Bendres zu schicken und er werde mit oder wider Willen des Präfekten seinem Auftrage nachkommen. Wirklich ließ er die Flinten auf einen Wagen aufpacken und nach Port-Bendres fahren; aber der Präfekt, treu dem Befehle des spanischen Consuls, ließ die Gendarmerie aufsitzen, welche den Wagen bis Port-Bendres eskortirte, sie dort in Beschlag nahm, und statt an ihren Bestimmungsort, in dem Staatsmagazine deponirten.</p> <p>Also, die Präfekte der „honnetten“ Republik sind nicht nur die Polizeiagenten spanischer Spione gegen spanische Demokraten; auch die Rancünen des großen Narvaez gegen die italienischen Patrioten besitzen Gesetzeskraft für sie. Es lebe die „honnette“ Republik!</p> <p>‒ <hi rendition="#g">National-Versammlung.</hi> Sitzung vom 24. Oktober. Anfang 1 Uhr. Vizepräsident de Malleville führt den Vorsitz.</p> <p>Glais Bizoin protestirt gegen eine Lücke im Protokoll rücksichtlich der Abstimmung der organischen Gesetze durch die Nationalversammlung.</p> <p>Malleville: Soll ausgefüllt werden.</p> <p>Grandin, ein Konservativer, besteigt die Bühne. Ich habe die Absicht, sagt er, den Minister des Innern wegen eines Bankets zur Rede zu stellen, das vorgestern an der Barriere du Roule stattfand und bei welchem mehrere Reden gehalten wurden, welche unsere Aufmerksamkeit verdienen. (Ah, ab vom Berge.) Diesem Bankette wohnten mehrere Repräsentanten bei, namentlich eines der einflußreichsten Glieder der Bergpartei, Bürger Theodor Bac u. s. w. Ich bitte um die Erlaubniß, diese Interpellationen morgen an den Minister stellen zu dürfen.</p> <p>Dem Antrage wird willfahrt und die Interpellation auf morgen anberaumt. Wir können uns auf einen zweiten Denjoytumult gefaßt machen.</p> <p>Die Versammlung geht nun zur Tagesordnung über. In erster Reihe befindet sich das Projekt, den Moniteur in das Sitzungsgebäude der Nationalversammlung zu verlegen. Bisher wurde derselbe eine halbe Meile entfernt, in der Privatdruckerei des Hrn. Panckoucke, Rue des Poitevins Nro. 6, gedruckt, die stenographischen Berichte mußten zu Roß oder Wagen hinabgeschafft werden und in den Junitagen kam es sogar vor, daß die Druckerei ganz unzugänglich wurde. Dieser Absperrung müsse vorgebeugt werden, außerdem sollen die Probebogen von 30 zu 30 Minuten ausgegeben und von den betreffenden Rednern binnen 50 Minuten korrigirt sein. Ducos ist Berichterstatter und verlangt einen Kredit von 30,000 Franken zu dieser Uebersiedelung.</p> <p>Degoussé, Quästor, meldet, daß alle Räume des Sitzungsgebäudes mit Infanterie und Artillerie vollgepfropft wären, mithin es unmöglich sei, den Moniteur aufzunehmen. Indessen könne man ja ein Lokal in der Nähe miethen.</p> <p>Diese Erklärung ruft einige Ueberraschung im Saale hervor.</p> <p><hi rendition="#g">Clement Thomas</hi> fürchtet, daß, wenn die stenographischen Berichte im Sitzungsgebäude selbst gedruckt würden, die Redner sich noch viel größere Verstümmelungen des Textes erlauben werden, als bisher. Es sei jetzt manchmal schon gar nicht möglich, eine Rede im Moniteur für den wirklichen Vortrag auf der Bühne anzuerkennen.</p> <p>Dieser Einwendungen ungeachtet wird die Verlegung des Moniteur in oder dicht bei dem Sitzungssaal entschieden und der verlangte Kredit bewilligt.</p> <p>Somit werden die sämmtlichen Pariser Blätter drei bis vier Stunden nach Sitzungsschluß im Besitz der vollen Reden der Nationalbühne sein und es wird eine größere Harmonie in den Berichten der Presse herrschen.</p> <p>Für das Ausland verspricht diese Neuerung leider keine Besserung. Dasselbe muß sich nach wie vor mit handschriftlichen Berichten benügen.</p> <p>Die Versammlung schreitet nun zur Berathung über eine Gehaltszulage für ihren Präsidenten, von monatlich 6000 Frcs., nämlich statt 4000 Frcs. wünscht Marrast 10,000 Frcs. (Aha, Oho! von vielen Bänken begrüßt den Entwurf.)</p> <p>Taschereau unterstützt natürlich das Geldverlangen; aber Manuel und Deslongrais bekämpfen denselben mit Heftigkeit. Man ruft nach der berüchtigten question préalable!!</p> <p>Malleville läßt abstimmen und, siehe da! der Antrag fällt durch. Es wird ihm nicht einmal die Ehre zu Theil, diskutirt zu werden. (Agitation und Gelächter.)</p> <p>Die Versammlung schreitet zur Prüfung der Ausgaben der provisorischen Regierung vom 24. Febr. bis 1. Juni.</p> <p>Die Ausgaben der provisorischen Regierung und der Exekutiv-Kommission vom 24. Februar bis 1. Juni belaufen sich auf etwa 114 Millionen Franken. Davon sind 9 Millionen Frs. für den Ankauf von Pferden, 34 Millionen für Montirungs- und Equipirungskosten, 3 Millionen für die Mobilgarde, 6 Millionen für die Nationalwerkstätten, 3 Millionen für Staatsbauten, über 50 Millionen für die Arme und der Rest für geheime Polizeigelder. Pagnerre, dessen Bericht wir diese Zahlen entnehmen, schließt mit der Erklärung, daß alle Beläge dem Finanzausschusse zur Verfügung ständen.</p> <p>Gouin im Namen des Finanzausschusses erklärt, die Prüfung dieser Beläge sei Sache des früher speziell ernannten Finanzausschusses. Den Versammlungsausschuß gehe dies nichts an.</p> <p>Garnier Pages hält eine lange rede zu Gunsten seines ehemaligen Finanzministeriums und wälzt die Verantwortlichkeit der Hauptposten auf die Achseln des damaligen Ministers des Innern, Ledru-Rollin.</p> <p>Goudchaux, Finanzminister, bekämpft den Antrag und sieht in dem Cre tonschen Eifer neue Nahrung für Finanzkrisen.</p> <p>Mortimer Ternaux, Pariser Stadtrath, dringt auf genaue Prüfung des Antrags, besonders die 950,000 Frcs. für das bekannte Concordiafest auf dem Marsfelde findet er unerhört.</p> <p>Duclerc und Ledru Rollin in kurzer Anrede wiedersetzen sich durchaus nicht der Prüfung. Alle Quittungen liegen bereit.</p> <p>Die Versammlung schreitet zur Abstimmung und genehmigt den Antrag auf genaue Prüfung innerhalb der nächsten zwei Monate.</p> <p>Kurz vorher besteigt Marrast die Bühne und liest im Namen des Verfassungsausschusses einen Dekretsentwurf, welcher die Präsidentenwahl auf den 10. Dezember festsetzt.</p> <p>Dieser Antrag soll übermorgen diskutirt werden. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Goudchaux und Leonfaucher gerathen vor dem Hinausgehen in einen heftigen Wortstreit vor den Bänken. Doch hat er keine Folgen.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Spanien.</head> <div xml:id="ar127b_003" type="jArticle"> <head>Madrid, 18. Okt.</head> <p>Der Prinze von Capua, dem gestern noch Don Francisko, der Schattenkönig einen Besuch machte und den derselbe mit seiner Schönen Pamella im Schlosse erwiederte, hat plötzlich den Befehl erhalten, Madrid binnen 24 Stunden zu verlassen, das für ihn um so härter, als die Börse des Prinzen von Capua sich in schrecklich leerem Zustande befindet. Aus den Provinzen nicht viel Erfreuliches. <hi rendition="#g">Gonzales Bravo</hi> wird morgen hier erwartet, „um in das Ministerium zu treten“, sagt Clamor public.</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Großbritannien.</head> <div xml:id="ar127b_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>*</author></bibl> London.</head> <p>Der <hi rendition="#g">„Standard“</hi> vom 21. Okt. eröffnet dem Hause Rothschild die glänzendste Perspektive, die sich sein Ehrgeiz jemals träumen konnte. Am 1. d. M. trat bekanntlich der Beschluß für die vollständige Emancipation der Juden in den römischen Staaten in Kraft, wodurch ihnen die Ausübung aller bürgerlichen Rechte gesichert ist, und da die römische Regierung vorher entschieden hatte, daß die oberste Magistratur von Rom, oder das Papstthum, ein rein bürgerliches Amt ist, so argumentirt der Standard, daß ein Jude auf dem Stuhle St. Peters durchaus keine Unmöglichkeit sei, und empfiehlt die Sache Herrn von Rothschild zu ernstlicher Ueberlegung. Herr von Rothschild sei ehrgeizig, dem Vernehmen nach sei er trotz alledem auch noch reich, das Konklave aber sei käuflich ‒ eh bien, Herr von Rothschild, versuchen Sie ihr Heil bei den Kardinälen! Der Parlamentssitz für die City von London, den Sie (glücklicherweise, sagt der Standard) nicht einnehmen <hi rendition="#g">können,</hi> obgleich Sie schon ganz hübsche Summen daran gewandt haben, würde Sie wahrscheinlich nicht mehr kosten, als der Stuhl des heiligen Vaters. Also Rothschild I. auf Pius IX.! Welche historischen Verwickelungen werden aus diesem Faktum hervorgehen! Der künftige deutsche Kaiser, immer in Geldnoth natürlich, wird durch Herrn von Beckerath Seine hebräische Heiligkeit um Geld bitten lassen. Der Exbanquier von Krefeld küßt dem Exbanquier von Frankfurt mit aller Inbrunst, welche die Finanznoth erzeugt, demüthig den Pantoffel. Aber der Pantoffel wird sich nicht erbitten lassen. Oder, wenn er sich erbitten läßt und die deutsche Majestät bleibt, wie vorauszusehen, mit Zinsen und Kapital im Rückstande, so wird sie wiederum, wie damals im Schloßhofe zu Canossa, im härenen Hemde Buße thun mussen. Also wird der moderne Kampf zwischen Kaiser und Papst beschaffen sein. ‒ Armes Papstthum, wohin ist es mit dir gekommen! Der Papst braucht nicht mehr ein Christ, er kann ein Jude sein! Ist dies nicht in der That und Wahrheit der Sturz des Papstthums, wie Robert Fleming ihn vor 147 Jahren mit sonderbarer Sagacität auf das Jahr 1848 vorausgesagt hat?</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Amerika.</head> <div xml:id="ar127b_005" type="jArticle"> <head> <bibl> <author>*</author> </bibl> </head> <p>Der Economist bemerkt, daß das Brasilianische Packet, welches effektiv die Verbindung mit den La Plata-Staaten unterhält, durch andere Schiffe auf indirektem Wege geschlagen wird. Den Tag nach seiner <hi rendition="#g">letzten Ankunft</hi> mit <hi rendition="#g">Nachrichten</hi> vom La Plata bis zum 20. Juli, brachte das Packet von Boston ebendaher Neuigkeiten bis zum 20. August, ein Verhältniß, das sich vielleicht noch günstiger für die indirekte Route gestalten dürfte, wenn man die Eisenbahnen durch die Vereinigten Staaten von Boston bis New-Orleans zu Hülfe nähme und sich von letzterem Orte bis zur Havana und Chagres der Dämpfer bediente, welche zwischen New-Orleans und Central-Amerika fahren oder fahren sollen. Die Nachrichten vom August in New-Yorker Blättern waren ziemlich dürftig. In Montevideo war eine Insurrektion versucht, aber durch Gefangennehmung des Anführers, eines Negers, unterdrückt worden. Die Regierung von Montevideo hatte im Juli mit Rosas Unterhandlungen angeknüpft, von denen man sich anfangs viel versprach, die aber nach den letzten Mittheilungen erfolglos abgebrochen wurden, so daß man, da weder Engländer noch Franzosen etwas zum Schutze von Montevideo unternahmen, Alles für die bereits sehr reducirte und an Nahrungsmitteln Mangel leidende Stadt fürchtete. Der englische Bevollmächtigte und Sir Thomas Herbert, der englische Commodore, werden in Briefen aus Montevideo aufs Heftigste getadelt.</p> <p>Der Royal Mail Steamer Tay, welcher Southampton am 17. Okt. mit der westindischen Post verließ, hatte eine starke Ladung an Bord, wovon ein Theil, meist aus französischen und Manchester Fabrikaten bestehend, für die südamerikanische Westküste bestimmt ist, zu Chagres gelandet und über die Landenge von Panama zur Weiterbeförderung im stillen Meere spedirt werden soll. Es ist dies das erste Mal, daß ein Waarentransport den Isthmus überschreitet, und erwartet man von der Eröffnung dieser Route eine bedeutende Hebung des Verkehrs mit Peru und Chili.</p> </div> <div xml:id="ar127b_006" type="jArticle"> <p><bibl><author>*</author></bibl> Das Dampfschiff Amerika ist am Montag in Liverpool eingetroffen. Es hatte New-York am 11. und Halifax am 14. Oktbr. verlassen. Der Dämpfer Hermann von Bremen war am 4. Okt. in New-York angelangt, und hatte unsern Freund Hecker (nicht den Staatsprokurator, sondern den badischen Republikaner) glücklich auf amerikanischem Boden abgesetzt. Ein großes deutsches Massen-Meeting wurde sofort zur Feier von Heckers Ankunft in Tammany-Hall zusammenberufen, um, wie der New-Yorker Herald sagt, „von den Lippen des Ankömmlings, des eben der Tyranei Entflohenen, einen Bericht über die Bestrebungen, die Thaten, die Hoffnungen und die Aussichten der republikanischen Partei in Europa, vorzüglich aber in Deutschland, zu vernehmen.“</p> </div> </div> <div n="1"> <head>Türkei.</head> <div xml:id="ar127b_007" type="jArticle"> <head>Konstantinopel, 4. Okt.</head> <p>Die Cholera hat in mehreren Provinzen der Türkei in diesem Sommer fürchterliche Verheerungen angerichtet. In manchen Gegenden sind ganze Dörfer ausgestorben. In Tokat, wo die Seuche den August hindurch herrschte, starben von 25 000 Einwohnern, von denen natürlich ein großer Theil geflüchtet war, an 4000. In Diarbekir war fast die Hälfte der Bevölkerung ausgewandert, doch starben täglich gegen 170. In Damaskus raffte die Seuche im August und September gleichfalls viele hinweg; von dem dort liegenden Militär starben allein 728 Mann. Und nach dem Aufhören der Cholera zeigte sich ein sehr verderblicher Typhus. In Rodosto, wo die Seuche schon im Frühjahr einige Wochen herrschte, brach sie kürzlich von neuem sehr heftig aus. Täglich sterben dort 30 bis 40. Von einer aus sechs Personen bestehenden armenischen Familie starben alle in einer Nacht. Leider sind die Nachrichten, die man meistens nur durch Privatmittheilungen über die Verbreitung der Seuche erhält, so unvollständig und auch so ungenau, daß es fast unmöglich sein wird, von der Verbreitung der Seuche in der Türkei, sowie von ihrem Verlauf in den einzelnen Orten eine auch nur einigermaßen richtige Skizze zu entwerfen. Daß man darüber so wenig zuverlässige Nachrichten erhalten kann, verursacht hauptsächlich der Mangel an Aerzten im Innern der türkischen Provinzen. Ich bitte die unbeschäftigten Jünger Aeskulaps in jenen Ländern Europa's, wo Statt Mangel, Ueberfülle an Aerzten ist, deshalb aber ja nicht sofort den Orient als das gelobte Land anzusehen und einem Heuschreckenschwarm gleich darüber herzufallen, sie könnten sich in ihren Erwartungen bitter getäuscht finden. Die ohnehin dünne Bevölkerung des Orients ist großentheils so verarmt und häufig auch noch so einfach in Sitte und Lebensweise, daß sehr selten Jemand beim Arzt Hülfe sucht, zumal auf dem Lande. Aber selbst in größeren Städten hat oft der Arzt wenig zu thun. So sind in Brussa, das eine Bevölkerung von etwa 80,000 oder mehr Einwohnern hat und dazu berühmte warme Bäder, nicht mehr als drei oder vier Aerzte, und diese sind oft wenig beschäftigt; die paar dortigen Apotheken aber sind in der Regel nur zwei oder drei Stunden um Mittag offen. In Tokat, einer Stadt von 26,000 Einwohnern, haben schon mehrmals Aerzte versucht, sich niederzulassen, sind aber stets wieder weggegangen, weil sie kein hinreichendes Auskommen fanden. ‒ Herr Mussurus soll von Athen abberufen werden und zum türkischen Gesandten in Wien bestimmt sein, Herr Kallimiaki, bisher in London, soll Hrn. Mussurus in Athen ersetzen. ‒ Man hat nun schon mehrere Individuen, die wieder Feuer hier legen wollten, auf der That ertappt.</p> <bibl>(A. A. Z.)</bibl> </div> </div> <div n="1"> <head>Neueste Nachrichten.</head> <div xml:id="ar127b_008" type="jArticle"> <p>Die belgische „Nation“ bringt folgende Nachricht, welche wir nicht verbürgen:</p> <p>„Alexandria, 19. Oktober. Wir erhalten in diesem Augenblicke auf außerordentlichem Wege die Nachricht einer vollständigen Erhebung zu Mailand.“</p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0641/0001]
Beilage zu Nr. 127 der Neuen Rheinischen Zeitung. Organ der Demokratie. Freitag, 27. Oktober 1848. [Französische Republik] [Fortsetzung] das zweite demokratisch-socialistische Bankett in den Sälen des Restaurateurs Dourlans statt. Eingeschrieben waren 2500 Gäste zu 2 Fr., von denen etwa ein Dritttheil der Unterstützung der Junifamilien zugewandt wurde. Die Ausstattung des großen Tanzsaales war sehr bezeichnend. Um die Säulen schlangen sich Kränze und passende Inschriften. Die Namen der Gefangenen in Vincennes und der Exilirten in London (vorzüglich Barbes, Louis Blanc u. s. w.) prangten in kolossalen Lettern zwischen diesen Kränzen. Der gefürchtete Proudhon, der pathetische Pierre Leroux, der bedächtige Cabet und die geharnischten Klubisten Bernard und Madier Montjau hielten Reden, an denen die königl. Journale wieder volle acht Tage lang kauen werden. (Die „Debats“ und Comp. bringen bereits Bruchstücke).
Das bemerkenswertheste Ereigniß bei diesem Bankett ist jedoch die Aussöhnung des sogenannten Chefs der absoluten Demokraten der Bergpartei mit den Sozialisten. Man entsinnt sich, daß sich der Berg seit dem Bankett der Barriere Poissoniere in zwei Hälften á 30 und 40 Köpfe gespalten, von denen die Letztere unter Ledru Rollin und Bac dem Sozialismus (der jetzt mit Kommunismus ganz gleichbedeutend), Proudhon's, Cabet's, Leroux's u. s. w. nicht ganz wohl wollten. Bac, Buvignier, Martin Bernard, James de Montry etc., die Wichtigkeit dieser Volksbankette einsehend, begaben sich daher gestern an die Barriere du Roule und wurden mit stürmischem Beifall empfangen. Bac ist bekanntlich Präsident der Rue Taitbout, wo die Bergpartei ihre Sitzungen hält. Somit hätte denn der Jubel der königlich gesinnten Presse über die vermeintliche Spaltung des Berges ein sehr frühzeitiges Ende erreicht.
Im 2ten Arrondissement wird von der Bürgerschaft ein ähnliches Bankett vorbereitet, dessen Vorsitz sie den Kommunisten Kersausie, Cabet und Francois Vidal angeboten hat.
‒ Morgen und übermorgen werden die bekannten Preßprocesse gegen den „Repräsentant du peuple“, „Peuple Constituant“, „Lampion“ etc. vor den Assisen beginnen.
‒ Cabet, bei dem man in der Rue J. J. Roussean am 15. Mai einige Gewehre und Pulvervorräthe fand, hat sich dieser Tage vor dem Zuchtgerichte wegen dieser Entdeckung zu verantworten.
‒ In der Rue Amelot 64 und anderen Vierteln befinden sich bereits Werkstätten, die auf das Prinzip der freien Association der Arbeiter unter einander errichtet sind und ihre Waaren auffallend wohlfeil bieten.
‒ Die hiesige „Deutsche demokratische Gesellschaft“ hat in ihrer gestrigen Sitzung ihren derzeitigen Sekretair, Dr. Iwerbeck, zu ihrem Vertreter auf dem demokratischen Kongresse in Berlin ernannt.
12 Perpignan, 19. October. Die auswärtige Politik der französischen Bourgeoisrepublikaner tritt am unverhülltesten Spanien gegenüber hervor. Die „honnetten“ Republikaner von Paris arbeiten im Dienste von Narvaez und stellen ihm direkt die französische Polizei zur Verfügung gegen die spanischen Republikaner. Sie überbieten in ihrem Diensteifer alle Leistungen Guizot's.
Herr Ballan ist Präfekt des Departements der Ost-Pyrenäen; er war Unterpräfekt unter Louis Philipp; er thront zu Perpignan. Seine direkten Vorgesetzten, deren Befehle er unbedingt ausführt, sind der spanische Consul zu Perpignan und Herr Labriè, der sich als Spezialkommissar zu Perpignan aufhält, mit dem Berufe, die spanischen Patrioten auszuspüren, zu verfolgen und einzusperren. Der brave Mann war 1840 in demselben Sinne thätig. Er ist der Lieblingsspion von Narvaez und eigens von diesem Gönner der französischen Republik nach Perpignan beordert.
1840 beobachtete man wenigstens die Formen. Jeder Spanier, der mit geordneten Papieren nach Frankreich kam, konnte, nachdem er durch die Polizeifiltrirmaschine der spanischen Consuls durchpassirt war, zu Perpignan verweilen oder in Frankreich reisen. Heutzutage ist das anders geworden. Gensdarmen sind an allen Stadtthoren aufgestellt, verstärkt durch mehre Polizeiagenten, und jeder Spanier, der in ihre Hände fällt, mag er auch mit regelmäßigen Papieren versehen sein, mag er alle mögliche Caution stellen wollen, wird nichtsdestoweniger eingekerkert, ohne weitern Prozeß. Die Citadelle von Perpignan schließt mehre Chefs der republikanischen Bewegung in Spanien ein, so z. B. den Exminister Escosura, Murana de las Pemas, den General Lloberas (letztern seit dem 14. October). Ihre Papiere, ihre Correspondenzen wurden saisirt und dem spanischen Consul ausgeliefert, um hn in die Pläne der spanischen Demokraten einzuweihen und neue Opfer den Kugeln der Segiden des Königthums zu denunciren.
Ein Beispiel mag genügen, um die Aengstlichkeit der französischen Bourgeoisie in Ausführung der Befehle von Narvaez zu charakterisiren.
Den 20. Sept. schrieb die Administration der Messagerien der Rue Notre-Dame-des-Victoires einem Bürger von Perpignan, sie habe 3000 Gewehre in Kisten nach Portvendres zu expediren, die für die italienischen Patrioten bestimmt seien und sie bitte ihn, ihr den Namen des Hauses anzugeben, worauf er sie consigniren würde.
Den 10. October kamen 21 Kisten mit 500 Gewehren zu Perpignan an. Der besagte Bürger, in Erwartung eines Fuhrmanns, um sie nach Port-Bendres zu expediren, ließ sie in seinem Magazin niederlegen. Den andern Morgen fand sich auf höhern Befehl ein Polizeikommissär bei ihm ein. Er erklärte ihm, er sei von der Ankunft der Kisten mit Flinten unterrichtet, er wolle wissen, unter welchem Titel man sie empfangen hätte. Sei nicht alles regelrecht, so werde er sie sofort saisiren. Der Bürger legte ihm das Certifikat vor, welches die Sendung begleitete, ein Certifikat, das zu Havre durch den Oberst der Artillerie, gemäß der Ordonanz des Kriegsministers, ausgefertigt war und wörtlich besagte, diese Waffen seien für Italien bestimmt, der Handel damit folglich nicht verboten. Der Polizeikommissär gestand, daß sein Auftrag erfüllt sei und bat ihm das Certifikat anzuvertrauen, damit er es seinen Vorgesetzten vorlegen könne. Man erhob nicht die geringste Schwierigkeit und bestand nur auf Rückgabe desselben in möglichst kürzester Frist.
Dieß Certifikat nun wurde Herrn Ballan ausgeliefert, der sich mit demselben in sein Kabinet einschloß, wo ihn der spanische Consul und der berüchtigte Spezialkommissär erwarteten.
Zwei Tage vergingen; der Präfekt gab das Certifikat niche zurück. Der Bürger, der es ausgeliefert hatte, begab sich zu Ballan, den er in traulichem Zwiegespräche mit dem Spezialkommissär antraf. Er stellte den Ballan zur Rede. Der Präfekt stotterte Entschuldigungen, er sei gebunden, gewissen Anforderungen nachzugeben. Der Bürger antwortete, es geschehe dieß sicher auf Befehl des spanischen Consuls. Der Präfekt bemerkte statt aller Antwort, daß die Flinten nicht länger bei einem Privatmanne bleiben könnten und daß er sie wegholen lassen würde, um sie in die Staatsmagazine zu deponiren. Unser Bürger erwiderte in gerechter Entrüstung, er habe das Mandat, die Flinten nach Port-Bendres zu schicken und er werde mit oder wider Willen des Präfekten seinem Auftrage nachkommen. Wirklich ließ er die Flinten auf einen Wagen aufpacken und nach Port-Bendres fahren; aber der Präfekt, treu dem Befehle des spanischen Consuls, ließ die Gendarmerie aufsitzen, welche den Wagen bis Port-Bendres eskortirte, sie dort in Beschlag nahm, und statt an ihren Bestimmungsort, in dem Staatsmagazine deponirten.
Also, die Präfekte der „honnetten“ Republik sind nicht nur die Polizeiagenten spanischer Spione gegen spanische Demokraten; auch die Rancünen des großen Narvaez gegen die italienischen Patrioten besitzen Gesetzeskraft für sie. Es lebe die „honnette“ Republik!
‒ National-Versammlung. Sitzung vom 24. Oktober. Anfang 1 Uhr. Vizepräsident de Malleville führt den Vorsitz.
Glais Bizoin protestirt gegen eine Lücke im Protokoll rücksichtlich der Abstimmung der organischen Gesetze durch die Nationalversammlung.
Malleville: Soll ausgefüllt werden.
Grandin, ein Konservativer, besteigt die Bühne. Ich habe die Absicht, sagt er, den Minister des Innern wegen eines Bankets zur Rede zu stellen, das vorgestern an der Barriere du Roule stattfand und bei welchem mehrere Reden gehalten wurden, welche unsere Aufmerksamkeit verdienen. (Ah, ab vom Berge.) Diesem Bankette wohnten mehrere Repräsentanten bei, namentlich eines der einflußreichsten Glieder der Bergpartei, Bürger Theodor Bac u. s. w. Ich bitte um die Erlaubniß, diese Interpellationen morgen an den Minister stellen zu dürfen.
Dem Antrage wird willfahrt und die Interpellation auf morgen anberaumt. Wir können uns auf einen zweiten Denjoytumult gefaßt machen.
Die Versammlung geht nun zur Tagesordnung über. In erster Reihe befindet sich das Projekt, den Moniteur in das Sitzungsgebäude der Nationalversammlung zu verlegen. Bisher wurde derselbe eine halbe Meile entfernt, in der Privatdruckerei des Hrn. Panckoucke, Rue des Poitevins Nro. 6, gedruckt, die stenographischen Berichte mußten zu Roß oder Wagen hinabgeschafft werden und in den Junitagen kam es sogar vor, daß die Druckerei ganz unzugänglich wurde. Dieser Absperrung müsse vorgebeugt werden, außerdem sollen die Probebogen von 30 zu 30 Minuten ausgegeben und von den betreffenden Rednern binnen 50 Minuten korrigirt sein. Ducos ist Berichterstatter und verlangt einen Kredit von 30,000 Franken zu dieser Uebersiedelung.
Degoussé, Quästor, meldet, daß alle Räume des Sitzungsgebäudes mit Infanterie und Artillerie vollgepfropft wären, mithin es unmöglich sei, den Moniteur aufzunehmen. Indessen könne man ja ein Lokal in der Nähe miethen.
Diese Erklärung ruft einige Ueberraschung im Saale hervor.
Clement Thomas fürchtet, daß, wenn die stenographischen Berichte im Sitzungsgebäude selbst gedruckt würden, die Redner sich noch viel größere Verstümmelungen des Textes erlauben werden, als bisher. Es sei jetzt manchmal schon gar nicht möglich, eine Rede im Moniteur für den wirklichen Vortrag auf der Bühne anzuerkennen.
Dieser Einwendungen ungeachtet wird die Verlegung des Moniteur in oder dicht bei dem Sitzungssaal entschieden und der verlangte Kredit bewilligt.
Somit werden die sämmtlichen Pariser Blätter drei bis vier Stunden nach Sitzungsschluß im Besitz der vollen Reden der Nationalbühne sein und es wird eine größere Harmonie in den Berichten der Presse herrschen.
Für das Ausland verspricht diese Neuerung leider keine Besserung. Dasselbe muß sich nach wie vor mit handschriftlichen Berichten benügen.
Die Versammlung schreitet nun zur Berathung über eine Gehaltszulage für ihren Präsidenten, von monatlich 6000 Frcs., nämlich statt 4000 Frcs. wünscht Marrast 10,000 Frcs. (Aha, Oho! von vielen Bänken begrüßt den Entwurf.)
Taschereau unterstützt natürlich das Geldverlangen; aber Manuel und Deslongrais bekämpfen denselben mit Heftigkeit. Man ruft nach der berüchtigten question préalable!!
Malleville läßt abstimmen und, siehe da! der Antrag fällt durch. Es wird ihm nicht einmal die Ehre zu Theil, diskutirt zu werden. (Agitation und Gelächter.)
Die Versammlung schreitet zur Prüfung der Ausgaben der provisorischen Regierung vom 24. Febr. bis 1. Juni.
Die Ausgaben der provisorischen Regierung und der Exekutiv-Kommission vom 24. Februar bis 1. Juni belaufen sich auf etwa 114 Millionen Franken. Davon sind 9 Millionen Frs. für den Ankauf von Pferden, 34 Millionen für Montirungs- und Equipirungskosten, 3 Millionen für die Mobilgarde, 6 Millionen für die Nationalwerkstätten, 3 Millionen für Staatsbauten, über 50 Millionen für die Arme und der Rest für geheime Polizeigelder. Pagnerre, dessen Bericht wir diese Zahlen entnehmen, schließt mit der Erklärung, daß alle Beläge dem Finanzausschusse zur Verfügung ständen.
Gouin im Namen des Finanzausschusses erklärt, die Prüfung dieser Beläge sei Sache des früher speziell ernannten Finanzausschusses. Den Versammlungsausschuß gehe dies nichts an.
Garnier Pages hält eine lange rede zu Gunsten seines ehemaligen Finanzministeriums und wälzt die Verantwortlichkeit der Hauptposten auf die Achseln des damaligen Ministers des Innern, Ledru-Rollin.
Goudchaux, Finanzminister, bekämpft den Antrag und sieht in dem Cre tonschen Eifer neue Nahrung für Finanzkrisen.
Mortimer Ternaux, Pariser Stadtrath, dringt auf genaue Prüfung des Antrags, besonders die 950,000 Frcs. für das bekannte Concordiafest auf dem Marsfelde findet er unerhört.
Duclerc und Ledru Rollin in kurzer Anrede wiedersetzen sich durchaus nicht der Prüfung. Alle Quittungen liegen bereit.
Die Versammlung schreitet zur Abstimmung und genehmigt den Antrag auf genaue Prüfung innerhalb der nächsten zwei Monate.
Kurz vorher besteigt Marrast die Bühne und liest im Namen des Verfassungsausschusses einen Dekretsentwurf, welcher die Präsidentenwahl auf den 10. Dezember festsetzt.
Dieser Antrag soll übermorgen diskutirt werden. Die Sitzung wird um 6 Uhr geschlossen. Goudchaux und Leonfaucher gerathen vor dem Hinausgehen in einen heftigen Wortstreit vor den Bänken. Doch hat er keine Folgen.
Spanien. Madrid, 18. Okt. Der Prinze von Capua, dem gestern noch Don Francisko, der Schattenkönig einen Besuch machte und den derselbe mit seiner Schönen Pamella im Schlosse erwiederte, hat plötzlich den Befehl erhalten, Madrid binnen 24 Stunden zu verlassen, das für ihn um so härter, als die Börse des Prinzen von Capua sich in schrecklich leerem Zustande befindet. Aus den Provinzen nicht viel Erfreuliches. Gonzales Bravo wird morgen hier erwartet, „um in das Ministerium zu treten“, sagt Clamor public.
Großbritannien. * London. Der „Standard“ vom 21. Okt. eröffnet dem Hause Rothschild die glänzendste Perspektive, die sich sein Ehrgeiz jemals träumen konnte. Am 1. d. M. trat bekanntlich der Beschluß für die vollständige Emancipation der Juden in den römischen Staaten in Kraft, wodurch ihnen die Ausübung aller bürgerlichen Rechte gesichert ist, und da die römische Regierung vorher entschieden hatte, daß die oberste Magistratur von Rom, oder das Papstthum, ein rein bürgerliches Amt ist, so argumentirt der Standard, daß ein Jude auf dem Stuhle St. Peters durchaus keine Unmöglichkeit sei, und empfiehlt die Sache Herrn von Rothschild zu ernstlicher Ueberlegung. Herr von Rothschild sei ehrgeizig, dem Vernehmen nach sei er trotz alledem auch noch reich, das Konklave aber sei käuflich ‒ eh bien, Herr von Rothschild, versuchen Sie ihr Heil bei den Kardinälen! Der Parlamentssitz für die City von London, den Sie (glücklicherweise, sagt der Standard) nicht einnehmen können, obgleich Sie schon ganz hübsche Summen daran gewandt haben, würde Sie wahrscheinlich nicht mehr kosten, als der Stuhl des heiligen Vaters. Also Rothschild I. auf Pius IX.! Welche historischen Verwickelungen werden aus diesem Faktum hervorgehen! Der künftige deutsche Kaiser, immer in Geldnoth natürlich, wird durch Herrn von Beckerath Seine hebräische Heiligkeit um Geld bitten lassen. Der Exbanquier von Krefeld küßt dem Exbanquier von Frankfurt mit aller Inbrunst, welche die Finanznoth erzeugt, demüthig den Pantoffel. Aber der Pantoffel wird sich nicht erbitten lassen. Oder, wenn er sich erbitten läßt und die deutsche Majestät bleibt, wie vorauszusehen, mit Zinsen und Kapital im Rückstande, so wird sie wiederum, wie damals im Schloßhofe zu Canossa, im härenen Hemde Buße thun mussen. Also wird der moderne Kampf zwischen Kaiser und Papst beschaffen sein. ‒ Armes Papstthum, wohin ist es mit dir gekommen! Der Papst braucht nicht mehr ein Christ, er kann ein Jude sein! Ist dies nicht in der That und Wahrheit der Sturz des Papstthums, wie Robert Fleming ihn vor 147 Jahren mit sonderbarer Sagacität auf das Jahr 1848 vorausgesagt hat?
Amerika. * Der Economist bemerkt, daß das Brasilianische Packet, welches effektiv die Verbindung mit den La Plata-Staaten unterhält, durch andere Schiffe auf indirektem Wege geschlagen wird. Den Tag nach seiner letzten Ankunft mit Nachrichten vom La Plata bis zum 20. Juli, brachte das Packet von Boston ebendaher Neuigkeiten bis zum 20. August, ein Verhältniß, das sich vielleicht noch günstiger für die indirekte Route gestalten dürfte, wenn man die Eisenbahnen durch die Vereinigten Staaten von Boston bis New-Orleans zu Hülfe nähme und sich von letzterem Orte bis zur Havana und Chagres der Dämpfer bediente, welche zwischen New-Orleans und Central-Amerika fahren oder fahren sollen. Die Nachrichten vom August in New-Yorker Blättern waren ziemlich dürftig. In Montevideo war eine Insurrektion versucht, aber durch Gefangennehmung des Anführers, eines Negers, unterdrückt worden. Die Regierung von Montevideo hatte im Juli mit Rosas Unterhandlungen angeknüpft, von denen man sich anfangs viel versprach, die aber nach den letzten Mittheilungen erfolglos abgebrochen wurden, so daß man, da weder Engländer noch Franzosen etwas zum Schutze von Montevideo unternahmen, Alles für die bereits sehr reducirte und an Nahrungsmitteln Mangel leidende Stadt fürchtete. Der englische Bevollmächtigte und Sir Thomas Herbert, der englische Commodore, werden in Briefen aus Montevideo aufs Heftigste getadelt.
Der Royal Mail Steamer Tay, welcher Southampton am 17. Okt. mit der westindischen Post verließ, hatte eine starke Ladung an Bord, wovon ein Theil, meist aus französischen und Manchester Fabrikaten bestehend, für die südamerikanische Westküste bestimmt ist, zu Chagres gelandet und über die Landenge von Panama zur Weiterbeförderung im stillen Meere spedirt werden soll. Es ist dies das erste Mal, daß ein Waarentransport den Isthmus überschreitet, und erwartet man von der Eröffnung dieser Route eine bedeutende Hebung des Verkehrs mit Peru und Chili.
* Das Dampfschiff Amerika ist am Montag in Liverpool eingetroffen. Es hatte New-York am 11. und Halifax am 14. Oktbr. verlassen. Der Dämpfer Hermann von Bremen war am 4. Okt. in New-York angelangt, und hatte unsern Freund Hecker (nicht den Staatsprokurator, sondern den badischen Republikaner) glücklich auf amerikanischem Boden abgesetzt. Ein großes deutsches Massen-Meeting wurde sofort zur Feier von Heckers Ankunft in Tammany-Hall zusammenberufen, um, wie der New-Yorker Herald sagt, „von den Lippen des Ankömmlings, des eben der Tyranei Entflohenen, einen Bericht über die Bestrebungen, die Thaten, die Hoffnungen und die Aussichten der republikanischen Partei in Europa, vorzüglich aber in Deutschland, zu vernehmen.“
Türkei. Konstantinopel, 4. Okt. Die Cholera hat in mehreren Provinzen der Türkei in diesem Sommer fürchterliche Verheerungen angerichtet. In manchen Gegenden sind ganze Dörfer ausgestorben. In Tokat, wo die Seuche den August hindurch herrschte, starben von 25 000 Einwohnern, von denen natürlich ein großer Theil geflüchtet war, an 4000. In Diarbekir war fast die Hälfte der Bevölkerung ausgewandert, doch starben täglich gegen 170. In Damaskus raffte die Seuche im August und September gleichfalls viele hinweg; von dem dort liegenden Militär starben allein 728 Mann. Und nach dem Aufhören der Cholera zeigte sich ein sehr verderblicher Typhus. In Rodosto, wo die Seuche schon im Frühjahr einige Wochen herrschte, brach sie kürzlich von neuem sehr heftig aus. Täglich sterben dort 30 bis 40. Von einer aus sechs Personen bestehenden armenischen Familie starben alle in einer Nacht. Leider sind die Nachrichten, die man meistens nur durch Privatmittheilungen über die Verbreitung der Seuche erhält, so unvollständig und auch so ungenau, daß es fast unmöglich sein wird, von der Verbreitung der Seuche in der Türkei, sowie von ihrem Verlauf in den einzelnen Orten eine auch nur einigermaßen richtige Skizze zu entwerfen. Daß man darüber so wenig zuverlässige Nachrichten erhalten kann, verursacht hauptsächlich der Mangel an Aerzten im Innern der türkischen Provinzen. Ich bitte die unbeschäftigten Jünger Aeskulaps in jenen Ländern Europa's, wo Statt Mangel, Ueberfülle an Aerzten ist, deshalb aber ja nicht sofort den Orient als das gelobte Land anzusehen und einem Heuschreckenschwarm gleich darüber herzufallen, sie könnten sich in ihren Erwartungen bitter getäuscht finden. Die ohnehin dünne Bevölkerung des Orients ist großentheils so verarmt und häufig auch noch so einfach in Sitte und Lebensweise, daß sehr selten Jemand beim Arzt Hülfe sucht, zumal auf dem Lande. Aber selbst in größeren Städten hat oft der Arzt wenig zu thun. So sind in Brussa, das eine Bevölkerung von etwa 80,000 oder mehr Einwohnern hat und dazu berühmte warme Bäder, nicht mehr als drei oder vier Aerzte, und diese sind oft wenig beschäftigt; die paar dortigen Apotheken aber sind in der Regel nur zwei oder drei Stunden um Mittag offen. In Tokat, einer Stadt von 26,000 Einwohnern, haben schon mehrmals Aerzte versucht, sich niederzulassen, sind aber stets wieder weggegangen, weil sie kein hinreichendes Auskommen fanden. ‒ Herr Mussurus soll von Athen abberufen werden und zum türkischen Gesandten in Wien bestimmt sein, Herr Kallimiaki, bisher in London, soll Hrn. Mussurus in Athen ersetzen. ‒ Man hat nun schon mehrere Individuen, die wieder Feuer hier legen wollten, auf der That ertappt.
(A. A. Z.) Neueste Nachrichten. Die belgische „Nation“ bringt folgende Nachricht, welche wir nicht verbürgen:
„Alexandria, 19. Oktober. Wir erhalten in diesem Augenblicke auf außerordentlichem Wege die Nachricht einer vollständigen Erhebung zu Mailand.“
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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