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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 126. Köln, 26. Oktober 1848.

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Volkes fördere und wahre. Sie mußten aber leider die traurige Erfahrung machen, daß sie sich in der auf Sie, Herr Schlink, gefallenen Wabl völlig getäuscht haben. Statt die Errungenschaften des Märzes zum Besten des Volkes zu befestigen und ihm die lange vorenthaltenen, unveräußerlichen Rechte wiederzugeben, versuchten Sie, die junge Freiheit den Armen des Absolutismus zuzuführen, damit sie wieder erstickt werde. Nicht allein standen Sie auf der Seite der volksfeindlichen Partei, der äußersten Rechten, sondern Sie gingen sogar in Ihren Reden und Anträgen über deren Tendenzen hinaus. Wir erinnern nur an Ihr Amendement wegen Einberufung des Baldenaire, durch welches Sie den Eintritt dieses liberalen Deputirten unmöglich machen wollten; an Ihren Antrag auf Tagesordnung bei der Debatte über Abschaffung der Todesstrafe; an Ihre Reden für den ministeriellen Verfassungsentwurf und für den eximirten Gerichtsstand des Militärs. Doch wir wollen Ihre vollständige Wirksamkeit nicht aufzählen, da Sie wohl selbst zugestehen müssen, daß wir nicht zu viel behaupten, wenn wir sagen: Die äußerste Rechte war Ihnen noch zu freisinnig. Ihre Ansichten stehen im grellsten Widerspruche mit jenen Ihrer Kommittenten; Sie haben für den Absolutismus gehandelt, und wir verlangen größtmögliche Freiheit für das Volk. Dieser Widerspruch kann ihnen nicht unbekannt sein, da statt der von Ihnen vorausgesetzten Freude über das Bürgerwehrgesetz, von den hiesigen Bürgern Proteste gegen dasselbe erhoben wurden. Sie genießen nicht mehr das Vertrauen Ihrer Vollmachtgeber, und Ihr Bleiben in der Abgeordnetenversammlung ist eine Unmöglichkeit; denn welcher Mandatar kann mit Ehren noch die Geschäfte seines Mandanten besorgen, der ihm erklärt hat, daß er kein Vertrauen mehr zu ihm hege? Wir hoffen daher, daß Sie Ihr Mandat sofort niederlegen, damit die Stadt Koblenz in den Stand gesetzt werde, zu der wichtigsten Epoche der Versammlung, den bevorstehenden Debatten über die Verfassung, einen Abgeordneten zu wählen, der ihre Wünsche kennt und mit ihrer Gesinnung übereinstimmt. Koblenz,20. Oct. 1848."

!!! Frankfurt, 23. Oktober.

Sitzung der Nationalversammlung.

Tagesordnung:1) Berathung über den Bericht des Ausschusses für die österreichischen Angelegenheiten. - Berichterstatter Schubert.

2) Fortsetzung der Berathung übrr Art. II. (§§. 2, 3, 4) des Verfassungsentwurfs.

Vor der Tagesordnung

von Schmerling (Minister) beantwortet die von Reden und Franke gestellten Interpellationen über die Schleswig-Holsteinischen Verhältnisse. (S. vorletzte Sitzung.) - Von der provisorischen Regierung Schleswigs sind Beschwerden an das Reichsministerium gelangt. Hierüber sind Mittheilungen an den Reichsgesandten in Kopenhagen gemacht und er zur Protestation gegen jede Unbill seitens der Dänen aufgefordert.

Auf Möllings Interpellation wegen der Anerkennung des Gesetzes über die Rechte der provisorischen Centralgewalt Seitens aller Einzelstaaten Deutschlands, antwortet Schmerling mit außerordentlich vielen Worten.

Die formelle Anerkennung des Gesetzes von fast allen Staaten ist erfolgt. In materieller Beziehung: was Anordnungen zur Ruhe, Sicherheit und Ordnung von Deutschland betrifft, sind solche nirgends auf Widerstand gestoßen. (Das glaub' ich!). - Mit der Verfügung über alle Reichstruppen scheint noch nicht alles im Klaren zu sein, denn Herr von Schmerling wendet einen großen Aufwand von Worten an. - Preußen stellt durch Camphausen die ganze Heermacht (326,000 Mann) zur Verfügung der Reichsgewalt. (Bravo im Centrum und rechts.) Mit der österreichischen Heermacht sieht es etwas dunkel aus. - Was den völkerrechtlichen Verkehr anbelangt, fast alle Mächte Europa's u. s. w. sind oder werden noch mit Reichsgesandten bestens versehen. - Das Ministerium erkennt als nöthig, daß künftig alle Gesandtschaften der Einzelstaaten wegfallen.

Wo noch Auflehnungen gegen das Gesetz stattfinden, gehen dieselben nicht von Regierungen aus, sondern von den Fraktionen einzelner Kammern. (Bravo im Centrum.)

Auf Kerst's Interpellationen (S. oben): Offizielles ist dem Ministerium nicht bekannt, übrigens überläßt er es der Versammlung, zu beurtheilen, in wie fern die Ernennung eines polnischen Generals zum Commandanten der Nationalgarde, die Wiener Bevölkerung charaktirisirt. (Gelächter und Bewegung).

Dukwitz (Handelsminister) beantwortet eine Interpellation von Reden's über Abänderungen im deutschen Zollwesen. - Alle nöthigen Abänderungen werden (nicht jetzt im Einzelnen) sondern sobald dies angeht im Ganzen ihre Erledigung finden.

von Beckerath (Finanz) beantwortet eine Interpellation von Maifeld wegen der Badenschen Nichtbewilligung der Portofreiheit für die Abgeordneten. - In Baden kann dies nicht auf dem Verwaltungswege geschehen, sondern mußte auf verfassungsmäßigem Wege ein Ausnahmegesetz geschehen.

Folgt die Kostenvorlage des Aufwands für die Nationalversammlung und die provisorische Centralgewalt vom September d. J. bis zum Ende Dezember. -

Der gesammte Aufwand beträgt 10. Millionen und verschiedene 100,000 Gulden (Große Sensation). Folgen die einzelnen Posten.

Die Vorlage wird gedruckt. (Von der Linken mehrere Stimmen wehmüthig: 10 Millionen!)

Die Einnahmen und Bestände betragen im Ganzen 8 Millionen und mehrere 100,000. - Defizit etwas mehr als 1 Million, welche durch Umlage nach der Bundesmatrikel herbeizuschaffen. -

Zum Schluß versichert Beckerath, daß alle Ansätze möglichst billig (soweit es die Würde der Nation zuläßt) gemacht sind. - Folgen einige Worte zur Rechtfertigung der nothwendigen Repräsentation einer tüchtigen und würdigen Centralgewalt. (Bravo im Centrum.)

Jucho. Seine Interpellation (bezüglich der russischen Gesandtschaft. S. oben). sei vom Minister nicht beantwortet.

Schmerling. Er glaube, Jucho's Interpellation sei durch seine obigen Erklärungen, so weit als jetzt möglich, genügend beantwortet. (Gelächter.)

Sellmer beantragt dringlich Punkt 2 der Tagesordnung vorauszunehmen. - Der Antrag wird nicht als dringlich erkannt. Es bleibt bei der heutigen Tagesordnung.

Simson nimmt den Präsidentenstuhl ein, und verliest die Anträge des Ausschusses in den östreich'schen Angelegenheiten.

Die Majorität beantragt:

Die Nationalversammlung möge beschließen:

1) Die von der provisorischen Centralgewalt für Deutschland verfügte Abordnung von Kommissären nach Wien, - in welcher die Nationalversammlung sowohl ein Mittel zur Abwehr des Bürgerkrieges und zur Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung, als auch gleichzeitig eine Gewähr der Sicherung der Interessen Deutschland's wahrnimmt, - gutzuheißen;

2) Das Reichsministerium aufzufordern, nach Maaßgabe der von den Kommissären eingehenden Berichte, sogleich die weiter erforderlichen Schritte zu thun, insbesondere aber mit aller Entschiedenheit jede zum Schutze etwa in Frage gestellten Interessen Deutschland's nothwendige Maaßregel zu ergreifen, und über dieselben der Nationalversammlung Mittheilung zu machen.

v. Beisler. Schubert aus Königsberg. Loew aus Posen. Sommaruga aus Wien. Schrenk aus München. Franke aus Schleswig. Weiß aus Salzburg. Arneth aus Wien. v. Zenetti. Neumayr aus München.

Minoritäts-Frachten.

Die Reichsversammlung möge beschließen:

1) das Reichsministerium aufzufordern, bei den gegenwärtig eingetretenen Zuständen in Oesterreich alle hier in Frage gestellten Interessen Deutschland's in Schutz zu nehmen, und sie mit allen Kräften Deutschland's zu unterstützen;

2) das Reichsministerium aufzufordern, Sorge dafür zu tragen, daß alle in deutsch-österreichischen Landen befindlichen Truppen nur den verfassungsmäßigen und gesetzlich verantwortlichen Organen zur Verfügung stehen;

3) Das Reichsministerium aufzufordern, die Ausführung und Verwirklichung dieser Beschlüsse unmittelbar den von der Centralgewalt abgesandten Kommissären zu übertragen.

Benedey. Ignaz Kaiser aus Wien. Kirchgeßner aus Würzburg. Reitter aus Prag. Pattai aus Graz.

Hierzu Folgen 4 Verbesserungsanträge. Folgen später, wenn sie angenommen werden sollten, die von Berger (welcher u. a. Zurückberufung des Kaisers nach Wien, Stellung aller östreichischen Truppen unter den Reichstag etc. beantragt), werden vom Centrum mit Gelächter begrüßt. - Eine Menge Redner haben sich eingeschrieben. Zuerst spricht:

Reitter aus Prag (gegen die Ausschußanträge, die ihm natürlich viel zu schwach und hohl sind. Daß man die Ermordung Latours der Demokratie schuldgeben will, sei eine Ungerechtigkeit, ebensogut könne man den Mörder von Henri IV. einen Demokraten nennen, weil er einen Fürsten ermordete. - In dem Benehmen des Wiener Reichtages findet der Redner nicht die Spur von Demokratischem (Geht manchem andern ebenso!) Die Slaven säßen im Reichstage auf der rechten Seite, nicht weil sie das konservative Prinzip repräsentire sondern um dem deutschen Element auf der Linken entgegenzuwirken. Was man von der Anarchie der Wiener Bevölkerung spräche, sei unwahr. Das Benehmen des Ministerums gegenüber dem Jellachich sei Anarchie zu nennen. (Bravo links.) Die Vorwürfe die man der Aula macht seien ungerecht. Die Flucht vieler Wiener sei nicht der Furcht vor der Anarchie zuzuschreiben, sondern der Furcht vor den Räuberhorden des Jellachich. (Bravo links.) Der Redner erblickt nur eine nationale Bewegung in Wien, obschon mit etwas demokratische Färbung, welche leicht erklärlich; denn mit konservativen Prinzipien könne man keinen Umsturz bewerkstelligen. - Woher kommt denn auf einmal die Unterordnung der Swornost unter Windischgrätz, den man noch vor kurzem in Prag aufhängen wollte? - Links hört! hört! -

Die Kanonen welche aus Prag nach Wien geführt wurden, wurden von czechischen Studenten mit Blumen bekränzt. Geschah dies etwa in Folge der ultrakonservativen Grundsätze der Prager Studenten? (Links hört!)

Aus diesem Allem geht hervor, daß die Bewegung keine Demokratische sondern eine Nationale. - Den Bericht des Ausschusses erwähnt Reitter tadelnd. Es finden sich viele Ungerechtigkeiten darin. - Der Redner hat noch mehrere Data in petto, will aber die Versammlung nicht zusehr aufregen (im Centrum: Schluß!) Es ist in Oestreich so weit gekommen, daß die Slaven zu uns Deutschen sagen: "wenn ihr nicht nach unserer Peitsche tantzt, werden wir die Russen euch über den Hals bringen." - (Großes Murren der Centren - links: Ruhe! Der Präsident ermahnt den Redner keine Meinung auszusprechen, die auf nichts fußt.) (Bravo links.)

Meifeld aus Oestreich. Für die Antrage des Ausschusses. -

Berger aus Wien. Die Ereignisse in Wien haben gezeigt, daß es mit der Prophezeiung des Ministeriums auf meine Interpellation vor etwa drei Wochen: "Daß Ministerium werde der Anarchie von unten ebensosehr entgegenwirken wie der Reaktion von oben" nicht so ernst zu nehmen sei. (Heiterkeit.) - Der Anarchie sei man kräftig (mit Kartätschen) entgegengetreten, die Reaktion habe man mit Reichstruppen unterstützt. Der Redner greift das Ministerium mit heftigem Sarkasmus an. - Mann hat die Anarchie in Wien hervorzurufen gesucht, um die Herrschaft der Reaktion darauf zu bauen. (Bravo.( Die Russen würden durch Gallizien nach Ungarn hereingezogen. (Links sehr laut: hört!) - Man habe den Muth der Reichskommissäre gerühmt, die sich bereitwillig in die Gefahren stürzen wollten.

Diese Kommissaire seien zuvörderst nach München gereist, um dort ihre österreichischen Studien zu machen, in der Art würden sie fortfahren. (Gelächter.) Das Reichsministerium habe das System organisirter Langweile zu dem seinigen gemacht. (Centrum: Oh! Links: Ja!) Allerdings seien die Deutschen in Oesterreich Demokraten und dies sei keine Schande; er (Berger) würde, wenn die Deutschen in Oesterreich nicht das demokratische Element wären, sondern die Slaven, sich gar nicht bedenken, zu dieser Partei überzutreten. (Links: Bravo! Centrum: Mißbilligung).

Sommaruga wird diese Angelegenheit würdig besprechen. (Soll heißen, nicht so wie Berger, sondern wie die Majorität des Ausschusses). Herr Sommaruga beweist, daß im ungarischen Reichstag nur Phrasenhelden und politische Monopolisten sitzen (Centrum: Hört! Hort!) und verbreitet sich weitläufig über die Ungarn. Herrn Jellachich sucht der Redner zu rechtfertigen. Er glaubt nicht, daß derselbe das Werkzeug der Camarilla. (Gelächter links).

Schmidt aus Löwenberg. (Centrum: Schluß! links: Reden) Die Centren verlassen massenweise das Haus. Die Mittagsessenzeit ist da. - Bergers Anträge sprechen am besten die Wünsche des Redners aus.

Schmidt spricht seine Bewunderung über den Muth und Edelsinn der Ungarn und des Wiener Volkes aus, und wünscht ihnen Sieg über die Camarilla! - So wie man von der Wahrung der deutschen Ehre vor dem Malmöer Waffenstillstande gesprochen, so spreche man jetzt von der Wahrung der österreichischen Ehre, bis sie verloren sein wird.

Er beantragt: daß das Ministerium nur immerhin wieder ruhig zusehn möge bei den österreichischen Verhältnissen. (Bravo links.)

v. Vincke spricht für die Ausschußanträge und macht seine gewöhnlichen persönlichen Ausfälle, von den Centren und der Rechten beklatscht, von der Linken verlacht und gemißbilligt. (Simson zur Linken: lassen Sie den Redner ruhig sprechen, ihre Redner werden ihn widerlegen.) von Vincke tobt gegen die Aula. Ein Redner von Links (sagt Vincke) habe einen österreichischen Minister getadelt, welcher schon konstitutionell gesinnt gewesen, als der geehrte Redner noch in den Windeln lag. (Links hönisch: Bravo.) Vincke ärgert sich. Links schwärme man der Reihe nach für alle möglichen Nationalitäten, jetzt für die Magyaren. (Links: Bravo.) Er Vincke, will dem Ministerium durchaus in dieser Angelegenheit ein Vertrauensvotum geben. (Links hönisch: Bravo!)

Vogt (links: Reden! Centrum: Schluß! Die Gallerie klatscht.) Ich will nicht, wie der vorige Redner, in dem Augenblicke Witze reißen, wo es sich um die Exsistenz eines edlen Volkes handelt; deshalb werde ich auch den vorigen Redner nicht widerlegen. (Heftiger Beifall.) Vogt untersucht, ob das Reichsministerium ein Vertrauensvotum verdient, ob es der Träger der deutschen Freiheit? Das Resultat können Sie sich denken. 4 Gesetze befinden sich im Gesetzbuch, welches bis jetzt die Centralgewalt edirt: 1) Ueber die Centralgewalt. 2) Ueber Verhaftung von Abgeordneten. 3) Das Gesetz zum Schutz der Versammlung. 4) Neue Steuerausschreibungen. (Großes Gelächter!) Das Reichsministerium war bis jetzt keine Regierung, nur eine Polizei. (Links: Sehr gut!) Vogt verfolgt die bisherige Wirksamkeit des Ministeriums mit viel Ironie zum großen Vergnügen des Hauses. Auf die Wiener Erhebung kommend: " Als alle Hoffnung schwand, daß die schändlichen Bestrebungen der österreichischen Comarilla und Reaktion von andrer Seite her niedergedrückt werden könnten, da erhob sich das edle Volk, und seiner kurzen Anarchie haben wir den jetzigen Zustand zu danken, wie Sie der kurzen Anarchie des März es zu verdanken haben, daß Sie jetzt hier sitzen. (Heftiger Beifall.)

Für Latours Tod beschwört man die Rache, aber nicht für die niederträchtige Verstümmelung der 4 Studenten durch Auerspergsche geregelte Truppen, die zur Zeit der hergestellten Ruhe verübt, während jener Mord zur Zeit der höchsten Wuth.

Wo ist den die unpartheische Bekämpfung der Anarchie? (Bravo.) Die verrätherischen Czechischen Deputirten verlassen den Reichstag, gehen nach Brünn, fordern die andern Deputirten zu offnem Verrath, zu einem 2ten Reichstag auf - was thut das Ministerium? Nichts! Was würde das Ministerium thun, wenn eine Fraktion unserer Linken austreten möchte, und etwa in Berlin ein neues deutsches Parlament zu gründen versuchen würde? Es würde schreien: "Verrath! Verrath!"Nach dem Allen - also diesem Ministerium wollen wir ein Vertrauensvotum geben? (Gelächter und lautes Bravo!) Die Herren (aus dem Centrum) möchten sich doch freuen, daß die Bewegung in Wien eine demokratische sei, da würde ihnen ja endlich von daher die demokratische Grundlage gegeben werden für ihre konstitutionellen Monarchien! (Bravo!) Die Bewegung, jetzt unterdrückt, wird wiederkehren und dann nicht vor der konstitutionellen Monarchie stehen bleiben, sondern -! Vogt verliest eine Ansprache der Wiener Studenten an das deutsche Parlament. (Rechts lacht man! Vogt meint, es sei nicht zu lachen über die Aula, die das herrlichste Corps, was für die deutsche Freiheit einsteht. (Warmer Beifall links und Gallerien.) Vogt behauptet, die österreichische Camarilla beabsichtigt den Bund mit der russigen Knute. (Pfui!) Vogt droht schlüßlich: "man möchte nicht auch Oesterreich zu einem Freiheitsgrabe machen, wie man schon Deutschland dazu gemacht." (Stürmischer langanhaltender Beifall. Schluß! Schluß!) Bassermann will noch das Wort haben. (Schluß!) Der Schluß der Debatte wird abgelehnt.

Eisenmannfür die Ausschußanträge mit geringen Modifikationen.

Benedeyfür das Gutachten der Minorität.

Bassecmannfür die Anträge der Majorität Die Croaten seien nicht als Freiheitsmörder anzuklagen. Sie hätten gewissermaßen Recht. (Unterbrechung links!) Bassermann: es wäre doch anständig, wenn Sie mich nicht unterbrächen. Links: Wir brauchen ihre Anstandsregeln nicht. Simson (Präs.) ruft die Unterbrecher zur Ordnung.) Bassermann meint im Reichstage von Wien säßen Männer die seiner Ansichten wären, z. B. Löhner und Schuselka, welchen man doch wahrhaftig nicht einen "Schwarzgelben" nennen würde. (?) Der Kampf Oesterreichs gegen die Ungarn sei ein Kampf der Freiheit gegen die Tyranen. Die Magyaren unterstützen den Bürgerkrieg. Der Kommandant Messenhauser in Wien gäbe die Erlaubniß zu Erpressungen. Der Reichstag sei von Leuten aus dem Volke bedroht - in seinen Entschlüssen beschrankt. (Widerspruch links!) Nach Bassermann ist die ganze Wiener Freiheits-Erhebung eine verrätherische Emeute. Wir müssen darüber trauern. (Bravo rechts und Centren - Zischen und fortgesetztes pfui! links und Gallerie.) Die Debatte wird geschlossen.

Schilling erhält das Wort zu einer persönlichen Bemerkung. Er weist eine Verdächtigung Sommarugas, welche ihn beschuldigt in das kaiserliche Hoflager um dort zu horchen gegangen zu sein, mit Verachtung zurück. Er sei dahin gegangen im Auftrage des verantwortlichen Minister Hornbostl. (Bravo.)

Sommaruga: Es ist ihm nicht eingefallen mit seiner Bemerkung irgend eine Person bezeichnen zu wollen. Also man hat den Herrn von Sommaruga gemeint? Vielleicht einen Geist?

Schubert,Berichterstatter der Majorität empfiehlt die Anträge derselben.

Folgt die namentliche Abstimmung über den Antrag der Majorität des Ausschusses. (S, oben.) Derselbe wird mit 250 Stimmen gegen 216 Stimmen angenommen. Alle andere Zusatz-Anträge werden verworfen. Das Ministerium hat also eine Majorität von 84 Stimmen.

Die Sitzung wird um 1/2 4 geschlossen.

* Aus dem deutschen Reiche.

Wie in Alzei, sind auch in Worms wegen Steuerverweigerung Unruhen ausgebrochen. Wie nach Alzei, so sind nach Worms Reichstruppen beordert worden.

Der Fürst von Anhalt-Bernburghat eine patriarchalische Proklamation an seine Unterthanen erlassen, worin er ihnen Reichstruppen verschreibt.

Wenn baierische Truppen nach Hessen geschickt werden, so sind sie Reichstruppen. Werden dagegen die hessischen Truppen nach Baiern geschickt, so sind die hessischen Truppen Reichstruppen. Wenn also ein deutscher Landesvater dem andern seine Truppen leiht, so verwandeln sich dieselbigen Truppen in Reichstruppen.

Ungarn.
Pesth, 17. Oktbr.

Nicht mehr mit Jellachich und den serbischen Insurgenten, nein, mit der k. k. östreichischen Armee, die von West, Ost und Nord in Ungarn einbricht, haben wir zu kämpfen, und sollten wir auch diese besiegen, so steht uns der Hauptkampf mit den Russen bevor. General Simonich ist mit drei Bataillonen von Galizien aus in dem Saroser Komitat eingebrochen. Der Landesvertheidigungs-Ausschuß hat auf den Kopf dieses "Räubers" 100 Fl., auf den Kopf jedes Soldaten 20 Fl. als Preis gesetzt und den Landsturm gegen die Eindringlinge aufgeboten. Der Einfall Simonich's ist keine vereinzelte That, sie steht in Beziehung zu dem Marsche des Generals Puchner aus Siebenbürgen, der bereits die Festungen Karlsstadt und Marosvasarhely mit polnischen Regimentern besetzte, und zu der drohenden Stellung der deutschen Armee in Mähren. Von allen Seiten sollen wir eingeschlossen und so erdrückt werden. Machen wir uns auf einen Vernichtungskampf bereit, der Ungarns Ströme mit Blut färben, Ungarns Boden mit Leichen düngen wird. Unsere Leitha-Armee wird zurückgezogen, angeblich um die Winterquartiere zu beziehen, eigentlich aber, um den nahen Einbruch östreichischer Truppen auf ungarischem Boden abzuwehren. - Flüchtlinge aus der Molda bringen uns die sichere Nachricht, daß die Russen sich zum Einmarsch in die ungarischen Länder rüsten, um im Verein mit dem Fürsten Windischgrätz die ungarische und weiter die europäische Freiheit zu zertrümmern.

(C. Bl. v. B)
Pesth, 17. Okt.

Ein aus Saros hier eingetroffener Kurier meldet die wilde Flucht des Generals Simonich, welcher aus Galizien hereingebrochen war. Er wartete nicht einmal die Ankunft der ungarischen Truppen ab. Mehr als die Hälfte seiner Soldaten wurden auf der Flucht von den Bauern erschlagen. Dagegen lauten die Nachrichten von dem banater Kriegsschauplatz ungünstig. Die Raizen haben Török-Becse genommen und verwüsten den groß-kikindaer Kreis. Die ungarische Kriegsführung im Banat war bisher von Verrath bezeichnet. Unsere jetzige energische Regierung hat nun Maßregeln getroffen, welche der raizischen Insurrektion ein baldiges Ende machen werden. - Dr. Tausenau aus Wien hat gestern hier in einer großen Volksversammlung eine mit allgemeinem Beifall aufgenommene republikanische Rede gehalten. Seit einigen Tagen erscheinen hier auch "Republikanische Blätter."

Nachschrift. Eben eingegangenen authentischen Berichten zufolge sind die beiden Festungen Leopoldstadt und Munkacs in ungarische Hände gekommen. Die schwarzgelben Festungs-Kommandanten von Temeswar und Arad, sind für vogelfrei erklärt worden. Der walachische Aufstand in Siebenbürgen ist durch die tapfern Szekler fast gänzlich unterdrückt, der Haupträdelsführer Urban geflüchtet, drei hochgestellte Magnaten, auch ein Bischof sind gehenkt. Auch die aufständischen Raizen wurden bei Neu-Besce geschlagen.

(Bresl. Z.)
Französische Republik.
Paris, 23. Oktbr.

Im Moniteur eine Menge von Personaländerungen im Seewesen und außerdem abermals 43 neue Maires und Adjoinis für eben so viele Departementsstädte.

- Im Kriegsministerium wird Tag und Nacht an der Organisation jener dreihundert Bataillone mobiler Bürgerwehr für den Umfang der ganzen Republik gearbeitet, wie sie die provisorische Regierung beabsichtigte. Fast alle Bürger der ersten Kategorien haben bereits Vorladungen erhalten, sich in den Mairieämtern zu stellen und etwaige Reklamationen vorzubringen. Lamoriciere scheint entschlossen, diesen großartigen Plan einer allgemeinen Bürgerbewaffnung (wie ihn Napoleon kaum auszuführen vermochte) bis spätestens den 1. Jan. 1849 ins Leben zu rufen. Cavaignac unterstützt ihn darin aufs Wärmste und es scheint wirklich, als sollte die gesammte Organisation bis zum Neujahr bereits vollendet sein. Diesem allgemeinen Landsturme sollen zunächst seine Generäle, Obersten und Offiziere aus den in Paris kasernirten sechs Veteranenkompagnieen zugetheilt werden. Man sieht, unsere afrikanischen Generale wetteifern darin, uns unüberwindlich zu machen.

- Der einmonatlichen Ferienfrist (November) der National-Versammlung, während welcher die Präsidentenwahl stattfinden sollte, sind wir noch nicht ganz sicher. Gestern diskutirte die Rue de Poitiers mehrere Stunden lang über die Frage, ob sie sich überhaupt eine Vakanz gönnen solle?

Thiers, der Zeus jener Klubs, hat eine ganze Stunde lang über die Nothwendigkeit der Permanenz geschwätzt und da wir nun einmal unter dem Pantoffel der Rue de Poitiers stehrn, so wäre es leicht möglich, daß wir um unsere süße Hoffnung einer einmonatlichen Ferienfrist geprellt würden.

- Das Journal "La Republique" schreibt: Der Polizeipräfekt ergreift strenge Maßregeln gegen die Prostitution, die, wie er in öffentlichen Dokumenten sagt, täglich in erschreckenden Proportionen wächst. Trostloses Zeichen des Elendes mehr als des Lasters! Ist das eine wohlorganisirte Gesellschaft, die so viele unglückliche Kreaturen sich der Schande in die Arme werfen sieht, um dem Hunger zu entrinnen? Das ist die Gesellschaft, die dem Hrn. Thiers so sehr gefällt! Es ist wahr, daß im Ersatz Herr Thiers persönlich die größte Hochachtung vor dem Institute der Familie hat.

Man theilt uns, sagt ebenfalls "La Republique," folgende Thatsache mit, die abermals beweist, daß die Gesellschaft sehr glücklich ist.

Ein junger Mensch, kürzlich von der afrikanischen Armee verabschiedet, fiel vor Entkräftung um in der Passage St. Charles. Aufgerichtet durch einige Personen, erklärte der Unglückliche seiner Umgebung, er habe seine schwachen Hülfsmittel erschöpft, um seine Familie wiederzusehen. Bei seiner Ankunft habe er nur seine alte Mutter gefunden. Seine zwei Brüder seien als Juni-Insurgenten deportirt gewesen. Er habe seit 40 Stunden gar nichts gegessen, die vorigen Tage sehr wenig und irre nun auf den Zufall hin umher. Man gab ihm einige Nahrung, die er zu gierig verschlang, was ihm eine neue Indisposition verursachte. Eine rasch unter den Anwesenden zusammengebrachte Kollekte ergab eine kleine Summe, die er nur mit vielem Sträuben annahm. Er sagte, wenn er nicht seine arme 70jährige Mutter so sehr liebe, würde er rasch mit seinem Leben ein Ende gemacht haben.

Nun wohl! Was sagen hierzu die ehrenwerthen Vertheidiger

Volkes fördere und wahre. Sie mußten aber leider die traurige Erfahrung machen, daß sie sich in der auf Sie, Herr Schlink, gefallenen Wabl völlig getäuscht haben. Statt die Errungenschaften des Märzes zum Besten des Volkes zu befestigen und ihm die lange vorenthaltenen, unveräußerlichen Rechte wiederzugeben, versuchten Sie, die junge Freiheit den Armen des Absolutismus zuzuführen, damit sie wieder erstickt werde. Nicht allein standen Sie auf der Seite der volksfeindlichen Partei, der äußersten Rechten, sondern Sie gingen sogar in Ihren Reden und Anträgen über deren Tendenzen hinaus. Wir erinnern nur an Ihr Amendement wegen Einberufung des Baldenaire, durch welches Sie den Eintritt dieses liberalen Deputirten unmöglich machen wollten; an Ihren Antrag auf Tagesordnung bei der Debatte über Abschaffung der Todesstrafe; an Ihre Reden für den ministeriellen Verfassungsentwurf und für den eximirten Gerichtsstand des Militärs. Doch wir wollen Ihre vollständige Wirksamkeit nicht aufzählen, da Sie wohl selbst zugestehen müssen, daß wir nicht zu viel behaupten, wenn wir sagen: Die äußerste Rechte war Ihnen noch zu freisinnig. Ihre Ansichten stehen im grellsten Widerspruche mit jenen Ihrer Kommittenten; Sie haben für den Absolutismus gehandelt, und wir verlangen größtmögliche Freiheit für das Volk. Dieser Widerspruch kann ihnen nicht unbekannt sein, da statt der von Ihnen vorausgesetzten Freude über das Bürgerwehrgesetz, von den hiesigen Bürgern Proteste gegen dasselbe erhoben wurden. Sie genießen nicht mehr das Vertrauen Ihrer Vollmachtgeber, und Ihr Bleiben in der Abgeordnetenversammlung ist eine Unmöglichkeit; denn welcher Mandatar kann mit Ehren noch die Geschäfte seines Mandanten besorgen, der ihm erklärt hat, daß er kein Vertrauen mehr zu ihm hege? Wir hoffen daher, daß Sie Ihr Mandat sofort niederlegen, damit die Stadt Koblenz in den Stand gesetzt werde, zu der wichtigsten Epoche der Versammlung, den bevorstehenden Debatten über die Verfassung, einen Abgeordneten zu wählen, der ihre Wünsche kennt und mit ihrer Gesinnung übereinstimmt. Koblenz,20. Oct. 1848.“

!!! Frankfurt, 23. Oktober.

Sitzung der Nationalversammlung.

Tagesordnung:1) Berathung über den Bericht des Ausschusses für die österreichischen Angelegenheiten. ‒ Berichterstatter Schubert.

2) Fortsetzung der Berathung übrr Art. II. (§§. 2, 3, 4) des Verfassungsentwurfs.

Vor der Tagesordnung

von Schmerling (Minister) beantwortet die von Reden und Franke gestellten Interpellationen über die Schleswig-Holsteinischen Verhältnisse. (S. vorletzte Sitzung.) ‒ Von der provisorischen Regierung Schleswigs sind Beschwerden an das Reichsministerium gelangt. Hierüber sind Mittheilungen an den Reichsgesandten in Kopenhagen gemacht und er zur Protestation gegen jede Unbill seitens der Dänen aufgefordert.

Auf Möllings Interpellation wegen der Anerkennung des Gesetzes über die Rechte der provisorischen Centralgewalt Seitens aller Einzelstaaten Deutschlands, antwortet Schmerling mit außerordentlich vielen Worten.

Die formelle Anerkennung des Gesetzes von fast allen Staaten ist erfolgt. In materieller Beziehung: was Anordnungen zur Ruhe, Sicherheit und Ordnung von Deutschland betrifft, sind solche nirgends auf Widerstand gestoßen. (Das glaub' ich!). ‒ Mit der Verfügung über alle Reichstruppen scheint noch nicht alles im Klaren zu sein, denn Herr von Schmerling wendet einen großen Aufwand von Worten an. ‒ Preußen stellt durch Camphausen die ganze Heermacht (326,000 Mann) zur Verfügung der Reichsgewalt. (Bravo im Centrum und rechts.) Mit der österreichischen Heermacht sieht es etwas dunkel aus. ‒ Was den völkerrechtlichen Verkehr anbelangt, fast alle Mächte Europa's u. s. w. sind oder werden noch mit Reichsgesandten bestens versehen. ‒ Das Ministerium erkennt als nöthig, daß künftig alle Gesandtschaften der Einzelstaaten wegfallen.

Wo noch Auflehnungen gegen das Gesetz stattfinden, gehen dieselben nicht von Regierungen aus, sondern von den Fraktionen einzelner Kammern. (Bravo im Centrum.)

Auf Kerst's Interpellationen (S. oben): Offizielles ist dem Ministerium nicht bekannt, übrigens überläßt er es der Versammlung, zu beurtheilen, in wie fern die Ernennung eines polnischen Generals zum Commandanten der Nationalgarde, die Wiener Bevölkerung charaktirisirt. (Gelächter und Bewegung).

Dukwitz (Handelsminister) beantwortet eine Interpellation von Reden's über Abänderungen im deutschen Zollwesen. ‒ Alle nöthigen Abänderungen werden (nicht jetzt im Einzelnen) sondern sobald dies angeht im Ganzen ihre Erledigung finden.

von Beckerath (Finanz) beantwortet eine Interpellation von Maifeld wegen der Badenschen Nichtbewilligung der Portofreiheit für die Abgeordneten. ‒ In Baden kann dies nicht auf dem Verwaltungswege geschehen, sondern mußte auf verfassungsmäßigem Wege ein Ausnahmegesetz geschehen.

Folgt die Kostenvorlage des Aufwands für die Nationalversammlung und die provisorische Centralgewalt vom September d. J. bis zum Ende Dezember. ‒

Der gesammte Aufwand beträgt 10. Millionen und verschiedene 100,000 Gulden (Große Sensation). Folgen die einzelnen Posten.

Die Vorlage wird gedruckt. (Von der Linken mehrere Stimmen wehmüthig: 10 Millionen!)

Die Einnahmen und Bestände betragen im Ganzen 8 Millionen und mehrere 100,000. ‒ Defizit etwas mehr als 1 Million, welche durch Umlage nach der Bundesmatrikel herbeizuschaffen. ‒

Zum Schluß versichert Beckerath, daß alle Ansätze möglichst billig (soweit es die Würde der Nation zuläßt) gemacht sind. ‒ Folgen einige Worte zur Rechtfertigung der nothwendigen Repräsentation einer tüchtigen und würdigen Centralgewalt. (Bravo im Centrum.)

Jucho. Seine Interpellation (bezüglich der russischen Gesandtschaft. S. oben). sei vom Minister nicht beantwortet.

Schmerling. Er glaube, Jucho's Interpellation sei durch seine obigen Erklärungen, so weit als jetzt möglich, genügend beantwortet. (Gelächter.)

Sellmer beantragt dringlich Punkt 2 der Tagesordnung vorauszunehmen. ‒ Der Antrag wird nicht als dringlich erkannt. Es bleibt bei der heutigen Tagesordnung.

Simson nimmt den Präsidentenstuhl ein, und verliest die Anträge des Ausschusses in den östreich'schen Angelegenheiten.

Die Majorität beantragt:

Die Nationalversammlung möge beschließen:

1) Die von der provisorischen Centralgewalt für Deutschland verfügte Abordnung von Kommissären nach Wien, ‒ in welcher die Nationalversammlung sowohl ein Mittel zur Abwehr des Bürgerkrieges und zur Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung, als auch gleichzeitig eine Gewähr der Sicherung der Interessen Deutschland's wahrnimmt, ‒ gutzuheißen;

2) Das Reichsministerium aufzufordern, nach Maaßgabe der von den Kommissären eingehenden Berichte, sogleich die weiter erforderlichen Schritte zu thun, insbesondere aber mit aller Entschiedenheit jede zum Schutze etwa in Frage gestellten Interessen Deutschland's nothwendige Maaßregel zu ergreifen, und über dieselben der Nationalversammlung Mittheilung zu machen.

v. Beisler. Schubert aus Königsberg. Loew aus Posen. Sommaruga aus Wien. Schrenk aus München. Franke aus Schleswig. Weiß aus Salzburg. Arneth aus Wien. v. Zenetti. Neumayr aus München.

Minoritäts-Frachten.

Die Reichsversammlung möge beschließen:

1) das Reichsministerium aufzufordern, bei den gegenwärtig eingetretenen Zuständen in Oesterreich alle hier in Frage gestellten Interessen Deutschland's in Schutz zu nehmen, und sie mit allen Kräften Deutschland's zu unterstützen;

2) das Reichsministerium aufzufordern, Sorge dafür zu tragen, daß alle in deutsch-österreichischen Landen befindlichen Truppen nur den verfassungsmäßigen und gesetzlich verantwortlichen Organen zur Verfügung stehen;

3) Das Reichsministerium aufzufordern, die Ausführung und Verwirklichung dieser Beschlüsse unmittelbar den von der Centralgewalt abgesandten Kommissären zu übertragen.

Benedey. Ignaz Kaiser aus Wien. Kirchgeßner aus Würzburg. Reitter aus Prag. Pattai aus Graz.

Hierzu Folgen 4 Verbesserungsanträge. Folgen später, wenn sie angenommen werden sollten, die von Berger (welcher u. a. Zurückberufung des Kaisers nach Wien, Stellung aller östreichischen Truppen unter den Reichstag etc. beantragt), werden vom Centrum mit Gelächter begrüßt. ‒ Eine Menge Redner haben sich eingeschrieben. Zuerst spricht:

Reitter aus Prag (gegen die Ausschußanträge, die ihm natürlich viel zu schwach und hohl sind. Daß man die Ermordung Latours der Demokratie schuldgeben will, sei eine Ungerechtigkeit, ebensogut könne man den Mörder von Henri IV. einen Demokraten nennen, weil er einen Fürsten ermordete. ‒ In dem Benehmen des Wiener Reichtages findet der Redner nicht die Spur von Demokratischem (Geht manchem andern ebenso!) Die Slaven säßen im Reichstage auf der rechten Seite, nicht weil sie das konservative Prinzip repräsentire sondern um dem deutschen Element auf der Linken entgegenzuwirken. Was man von der Anarchie der Wiener Bevölkerung spräche, sei unwahr. Das Benehmen des Ministerums gegenüber dem Jellachich sei Anarchie zu nennen. (Bravo links.) Die Vorwürfe die man der Aula macht seien ungerecht. Die Flucht vieler Wiener sei nicht der Furcht vor der Anarchie zuzuschreiben, sondern der Furcht vor den Räuberhorden des Jellachich. (Bravo links.) Der Redner erblickt nur eine nationale Bewegung in Wien, obschon mit etwas demokratische Färbung, welche leicht erklärlich; denn mit konservativen Prinzipien könne man keinen Umsturz bewerkstelligen. ‒ Woher kommt denn auf einmal die Unterordnung der Swornost unter Windischgrätz, den man noch vor kurzem in Prag aufhängen wollte? ‒ Links hört! hört! ‒

Die Kanonen welche aus Prag nach Wien geführt wurden, wurden von czechischen Studenten mit Blumen bekränzt. Geschah dies etwa in Folge der ultrakonservativen Grundsätze der Prager Studenten? (Links hört!)

Aus diesem Allem geht hervor, daß die Bewegung keine Demokratische sondern eine Nationale. ‒ Den Bericht des Ausschusses erwähnt Reitter tadelnd. Es finden sich viele Ungerechtigkeiten darin. ‒ Der Redner hat noch mehrere Data in petto, will aber die Versammlung nicht zusehr aufregen (im Centrum: Schluß!) Es ist in Oestreich so weit gekommen, daß die Slaven zu uns Deutschen sagen: „wenn ihr nicht nach unserer Peitsche tantzt, werden wir die Russen euch über den Hals bringen.“ ‒ (Großes Murren der Centren ‒ links: Ruhe! Der Präsident ermahnt den Redner keine Meinung auszusprechen, die auf nichts fußt.) (Bravo links.)

Meifeld aus Oestreich. Für die Antrage des Ausschusses. ‒

Berger aus Wien. Die Ereignisse in Wien haben gezeigt, daß es mit der Prophezeiung des Ministeriums auf meine Interpellation vor etwa drei Wochen: „Daß Ministerium werde der Anarchie von unten ebensosehr entgegenwirken wie der Reaktion von oben“ nicht so ernst zu nehmen sei. (Heiterkeit.) ‒ Der Anarchie sei man kräftig (mit Kartätschen) entgegengetreten, die Reaktion habe man mit Reichstruppen unterstützt. Der Redner greift das Ministerium mit heftigem Sarkasmus an. ‒ Mann hat die Anarchie in Wien hervorzurufen gesucht, um die Herrschaft der Reaktion darauf zu bauen. (Bravo.( Die Russen würden durch Gallizien nach Ungarn hereingezogen. (Links sehr laut: hört!) ‒ Man habe den Muth der Reichskommissäre gerühmt, die sich bereitwillig in die Gefahren stürzen wollten.

Diese Kommissaire seien zuvörderst nach München gereist, um dort ihre österreichischen Studien zu machen, in der Art würden sie fortfahren. (Gelächter.) Das Reichsministerium habe das System organisirter Langweile zu dem seinigen gemacht. (Centrum: Oh! Links: Ja!) Allerdings seien die Deutschen in Oesterreich Demokraten und dies sei keine Schande; er (Berger) würde, wenn die Deutschen in Oesterreich nicht das demokratische Element wären, sondern die Slaven, sich gar nicht bedenken, zu dieser Partei überzutreten. (Links: Bravo! Centrum: Mißbilligung).

Sommaruga wird diese Angelegenheit würdig besprechen. (Soll heißen, nicht so wie Berger, sondern wie die Majorität des Ausschusses). Herr Sommaruga beweist, daß im ungarischen Reichstag nur Phrasenhelden und politische Monopolisten sitzen (Centrum: Hört! Hort!) und verbreitet sich weitläufig über die Ungarn. Herrn Jellachich sucht der Redner zu rechtfertigen. Er glaubt nicht, daß derselbe das Werkzeug der Camarilla. (Gelächter links).

Schmidt aus Löwenberg. (Centrum: Schluß! links: Reden) Die Centren verlassen massenweise das Haus. Die Mittagsessenzeit ist da. ‒ Bergers Anträge sprechen am besten die Wünsche des Redners aus.

Schmidt spricht seine Bewunderung über den Muth und Edelsinn der Ungarn und des Wiener Volkes aus, und wünscht ihnen Sieg über die Camarilla! ‒ So wie man von der Wahrung der deutschen Ehre vor dem Malmöer Waffenstillstande gesprochen, so spreche man jetzt von der Wahrung der österreichischen Ehre, bis sie verloren sein wird.

Er beantragt: daß das Ministerium nur immerhin wieder ruhig zusehn möge bei den österreichischen Verhältnissen. (Bravo links.)

v. Vincke spricht für die Ausschußanträge und macht seine gewöhnlichen persönlichen Ausfälle, von den Centren und der Rechten beklatscht, von der Linken verlacht und gemißbilligt. (Simson zur Linken: lassen Sie den Redner ruhig sprechen, ihre Redner werden ihn widerlegen.) von Vincke tobt gegen die Aula. Ein Redner von Links (sagt Vincke) habe einen österreichischen Minister getadelt, welcher schon konstitutionell gesinnt gewesen, als der geehrte Redner noch in den Windeln lag. (Links hönisch: Bravo.) Vincke ärgert sich. Links schwärme man der Reihe nach für alle möglichen Nationalitäten, jetzt für die Magyaren. (Links: Bravo.) Er Vincke, will dem Ministerium durchaus in dieser Angelegenheit ein Vertrauensvotum geben. (Links hönisch: Bravo!)

Vogt (links: Reden! Centrum: Schluß! Die Gallerie klatscht.) Ich will nicht, wie der vorige Redner, in dem Augenblicke Witze reißen, wo es sich um die Exsistenz eines edlen Volkes handelt; deshalb werde ich auch den vorigen Redner nicht widerlegen. (Heftiger Beifall.) Vogt untersucht, ob das Reichsministerium ein Vertrauensvotum verdient, ob es der Träger der deutschen Freiheit? Das Resultat können Sie sich denken. 4 Gesetze befinden sich im Gesetzbuch, welches bis jetzt die Centralgewalt edirt: 1) Ueber die Centralgewalt. 2) Ueber Verhaftung von Abgeordneten. 3) Das Gesetz zum Schutz der Versammlung. 4) Neue Steuerausschreibungen. (Großes Gelächter!) Das Reichsministerium war bis jetzt keine Regierung, nur eine Polizei. (Links: Sehr gut!) Vogt verfolgt die bisherige Wirksamkeit des Ministeriums mit viel Ironie zum großen Vergnügen des Hauses. Auf die Wiener Erhebung kommend: „ Als alle Hoffnung schwand, daß die schändlichen Bestrebungen der österreichischen Comarilla und Reaktion von andrer Seite her niedergedrückt werden könnten, da erhob sich das edle Volk, und seiner kurzen Anarchie haben wir den jetzigen Zustand zu danken, wie Sie der kurzen Anarchie des März es zu verdanken haben, daß Sie jetzt hier sitzen. (Heftiger Beifall.)

Für Latours Tod beschwört man die Rache, aber nicht für die niederträchtige Verstümmelung der 4 Studenten durch Auerspergsche geregelte Truppen, die zur Zeit der hergestellten Ruhe verübt, während jener Mord zur Zeit der höchsten Wuth.

Wo ist den die unpartheische Bekämpfung der Anarchie? (Bravo.) Die verrätherischen Czechischen Deputirten verlassen den Reichstag, gehen nach Brünn, fordern die andern Deputirten zu offnem Verrath, zu einem 2ten Reichstag auf ‒ was thut das Ministerium? Nichts! Was würde das Ministerium thun, wenn eine Fraktion unserer Linken austreten möchte, und etwa in Berlin ein neues deutsches Parlament zu gründen versuchen würde? Es würde schreien: „Verrath! Verrath!“Nach dem Allen ‒ also diesem Ministerium wollen wir ein Vertrauensvotum geben? (Gelächter und lautes Bravo!) Die Herren (aus dem Centrum) möchten sich doch freuen, daß die Bewegung in Wien eine demokratische sei, da würde ihnen ja endlich von daher die demokratische Grundlage gegeben werden für ihre konstitutionellen Monarchien! (Bravo!) Die Bewegung, jetzt unterdrückt, wird wiederkehren und dann nicht vor der konstitutionellen Monarchie stehen bleiben, sondern ‒! Vogt verliest eine Ansprache der Wiener Studenten an das deutsche Parlament. (Rechts lacht man! Vogt meint, es sei nicht zu lachen über die Aula, die das herrlichste Corps, was für die deutsche Freiheit einsteht. (Warmer Beifall links und Gallerien.) Vogt behauptet, die österreichische Camarilla beabsichtigt den Bund mit der russigen Knute. (Pfui!) Vogt droht schlüßlich: „man möchte nicht auch Oesterreich zu einem Freiheitsgrabe machen, wie man schon Deutschland dazu gemacht.“ (Stürmischer langanhaltender Beifall. Schluß! Schluß!) Bassermann will noch das Wort haben. (Schluß!) Der Schluß der Debatte wird abgelehnt.

Eisenmannfür die Ausschußanträge mit geringen Modifikationen.

Benedeyfür das Gutachten der Minorität.

Bassecmannfür die Anträge der Majorität Die Croaten seien nicht als Freiheitsmörder anzuklagen. Sie hätten gewissermaßen Recht. (Unterbrechung links!) Bassermann: es wäre doch anständig, wenn Sie mich nicht unterbrächen. Links: Wir brauchen ihre Anstandsregeln nicht. Simson (Präs.) ruft die Unterbrecher zur Ordnung.) Bassermann meint im Reichstage von Wien säßen Männer die seiner Ansichten wären, z. B. Löhner und Schuselka, welchen man doch wahrhaftig nicht einen „Schwarzgelben“ nennen würde. (?) Der Kampf Oesterreichs gegen die Ungarn sei ein Kampf der Freiheit gegen die Tyranen. Die Magyaren unterstützen den Bürgerkrieg. Der Kommandant Messenhauser in Wien gäbe die Erlaubniß zu Erpressungen. Der Reichstag sei von Leuten aus dem Volke bedroht ‒ in seinen Entschlüssen beschrankt. (Widerspruch links!) Nach Bassermann ist die ganze Wiener Freiheits-Erhebung eine verrätherische Emeute. Wir müssen darüber trauern. (Bravo rechts und Centren ‒ Zischen und fortgesetztes pfui! links und Gallerie.) Die Debatte wird geschlossen.

Schilling erhält das Wort zu einer persönlichen Bemerkung. Er weist eine Verdächtigung Sommarugas, welche ihn beschuldigt in das kaiserliche Hoflager um dort zu horchen gegangen zu sein, mit Verachtung zurück. Er sei dahin gegangen im Auftrage des verantwortlichen Minister Hornbostl. (Bravo.)

Sommaruga: Es ist ihm nicht eingefallen mit seiner Bemerkung irgend eine Person bezeichnen zu wollen. Also man hat den Herrn von Sommaruga gemeint? Vielleicht einen Geist?

Schubert,Berichterstatter der Majorität empfiehlt die Anträge derselben.

Folgt die namentliche Abstimmung über den Antrag der Majorität des Ausschusses. (S, oben.) Derselbe wird mit 250 Stimmen gegen 216 Stimmen angenommen. Alle andere Zusatz-Anträge werden verworfen. Das Ministerium hat also eine Majorität von 84 Stimmen.

Die Sitzung wird um 1/2 4 geschlossen.

* Aus dem deutschen Reiche.

Wie in Alzei, sind auch in Worms wegen Steuerverweigerung Unruhen ausgebrochen. Wie nach Alzei, so sind nach Worms Reichstruppen beordert worden.

Der Fürst von Anhalt-Bernburghat eine patriarchalische Proklamation an seine Unterthanen erlassen, worin er ihnen Reichstruppen verschreibt.

Wenn baierische Truppen nach Hessen geschickt werden, so sind sie Reichstruppen. Werden dagegen die hessischen Truppen nach Baiern geschickt, so sind die hessischen Truppen Reichstruppen. Wenn also ein deutscher Landesvater dem andern seine Truppen leiht, so verwandeln sich dieselbigen Truppen in Reichstruppen.

Ungarn.
Pesth, 17. Oktbr.

Nicht mehr mit Jellachich und den serbischen Insurgenten, nein, mit der k. k. östreichischen Armee, die von West, Ost und Nord in Ungarn einbricht, haben wir zu kämpfen, und sollten wir auch diese besiegen, so steht uns der Hauptkampf mit den Russen bevor. General Simonich ist mit drei Bataillonen von Galizien aus in dem Saroser Komitat eingebrochen. Der Landesvertheidigungs-Ausschuß hat auf den Kopf dieses „Räubers“ 100 Fl., auf den Kopf jedes Soldaten 20 Fl. als Preis gesetzt und den Landsturm gegen die Eindringlinge aufgeboten. Der Einfall Simonich's ist keine vereinzelte That, sie steht in Beziehung zu dem Marsche des Generals Puchner aus Siebenbürgen, der bereits die Festungen Karlsstadt und Marosvasarhely mit polnischen Regimentern besetzte, und zu der drohenden Stellung der deutschen Armee in Mähren. Von allen Seiten sollen wir eingeschlossen und so erdrückt werden. Machen wir uns auf einen Vernichtungskampf bereit, der Ungarns Ströme mit Blut färben, Ungarns Boden mit Leichen düngen wird. Unsere Leitha-Armee wird zurückgezogen, angeblich um die Winterquartiere zu beziehen, eigentlich aber, um den nahen Einbruch östreichischer Truppen auf ungarischem Boden abzuwehren. ‒ Flüchtlinge aus der Molda bringen uns die sichere Nachricht, daß die Russen sich zum Einmarsch in die ungarischen Länder rüsten, um im Verein mit dem Fürsten Windischgrätz die ungarische und weiter die europäische Freiheit zu zertrümmern.

(C. Bl. v. B)
Pesth, 17. Okt.

Ein aus Saros hier eingetroffener Kurier meldet die wilde Flucht des Generals Simonich, welcher aus Galizien hereingebrochen war. Er wartete nicht einmal die Ankunft der ungarischen Truppen ab. Mehr als die Hälfte seiner Soldaten wurden auf der Flucht von den Bauern erschlagen. Dagegen lauten die Nachrichten von dem banater Kriegsschauplatz ungünstig. Die Raizen haben Török-Becse genommen und verwüsten den groß-kikindaer Kreis. Die ungarische Kriegsführung im Banat war bisher von Verrath bezeichnet. Unsere jetzige energische Regierung hat nun Maßregeln getroffen, welche der raizischen Insurrektion ein baldiges Ende machen werden. ‒ Dr. Tausenau aus Wien hat gestern hier in einer großen Volksversammlung eine mit allgemeinem Beifall aufgenommene republikanische Rede gehalten. Seit einigen Tagen erscheinen hier auch „Republikanische Blätter.“

Nachschrift. Eben eingegangenen authentischen Berichten zufolge sind die beiden Festungen Leopoldstadt und Munkacs in ungarische Hände gekommen. Die schwarzgelben Festungs-Kommandanten von Temeswar und Arad, sind für vogelfrei erklärt worden. Der walachische Aufstand in Siebenbürgen ist durch die tapfern Szekler fast gänzlich unterdrückt, der Haupträdelsführer Urban geflüchtet, drei hochgestellte Magnaten, auch ein Bischof sind gehenkt. Auch die aufständischen Raizen wurden bei Neu-Besce geschlagen.

(Bresl. Z.)
Französische Republik.
Paris, 23. Oktbr.

Im Moniteur eine Menge von Personaländerungen im Seewesen und außerdem abermals 43 neue Maires und Adjoinis für eben so viele Departementsstädte.

‒ Im Kriegsministerium wird Tag und Nacht an der Organisation jener dreihundert Bataillone mobiler Bürgerwehr für den Umfang der ganzen Republik gearbeitet, wie sie die provisorische Regierung beabsichtigte. Fast alle Bürger der ersten Kategorien haben bereits Vorladungen erhalten, sich in den Mairieämtern zu stellen und etwaige Reklamationen vorzubringen. Lamoriciere scheint entschlossen, diesen großartigen Plan einer allgemeinen Bürgerbewaffnung (wie ihn Napoleon kaum auszuführen vermochte) bis spätestens den 1. Jan. 1849 ins Leben zu rufen. Cavaignac unterstützt ihn darin aufs Wärmste und es scheint wirklich, als sollte die gesammte Organisation bis zum Neujahr bereits vollendet sein. Diesem allgemeinen Landsturme sollen zunächst seine Generäle, Obersten und Offiziere aus den in Paris kasernirten sechs Veteranenkompagnieen zugetheilt werden. Man sieht, unsere afrikanischen Generale wetteifern darin, uns unüberwindlich zu machen.

‒ Der einmonatlichen Ferienfrist (November) der National-Versammlung, während welcher die Präsidentenwahl stattfinden sollte, sind wir noch nicht ganz sicher. Gestern diskutirte die Rue de Poitiers mehrere Stunden lang über die Frage, ob sie sich überhaupt eine Vakanz gönnen solle?

Thiers, der Zeus jener Klubs, hat eine ganze Stunde lang über die Nothwendigkeit der Permanenz geschwätzt und da wir nun einmal unter dem Pantoffel der Rue de Poitiers stehrn, so wäre es leicht möglich, daß wir um unsere süße Hoffnung einer einmonatlichen Ferienfrist geprellt würden.

‒ Das Journal „La Republique“ schreibt: Der Polizeipräfekt ergreift strenge Maßregeln gegen die Prostitution, die, wie er in öffentlichen Dokumenten sagt, täglich in erschreckenden Proportionen wächst. Trostloses Zeichen des Elendes mehr als des Lasters! Ist das eine wohlorganisirte Gesellschaft, die so viele unglückliche Kreaturen sich der Schande in die Arme werfen sieht, um dem Hunger zu entrinnen? Das ist die Gesellschaft, die dem Hrn. Thiers so sehr gefällt! Es ist wahr, daß im Ersatz Herr Thiers persönlich die größte Hochachtung vor dem Institute der Familie hat.

Man theilt uns, sagt ebenfalls „La Republique,“ folgende Thatsache mit, die abermals beweist, daß die Gesellschaft sehr glücklich ist.

Ein junger Mensch, kürzlich von der afrikanischen Armee verabschiedet, fiel vor Entkräftung um in der Passage St. Charles. Aufgerichtet durch einige Personen, erklärte der Unglückliche seiner Umgebung, er habe seine schwachen Hülfsmittel erschöpft, um seine Familie wiederzusehen. Bei seiner Ankunft habe er nur seine alte Mutter gefunden. Seine zwei Brüder seien als Juni-Insurgenten deportirt gewesen. Er habe seit 40 Stunden gar nichts gegessen, die vorigen Tage sehr wenig und irre nun auf den Zufall hin umher. Man gab ihm einige Nahrung, die er zu gierig verschlang, was ihm eine neue Indisposition verursachte. Eine rasch unter den Anwesenden zusammengebrachte Kollekte ergab eine kleine Summe, die er nur mit vielem Sträuben annahm. Er sagte, wenn er nicht seine arme 70jährige Mutter so sehr liebe, würde er rasch mit seinem Leben ein Ende gemacht haben.

Nun wohl! Was sagen hierzu die ehrenwerthen Vertheidiger

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Volkes fördere und wahre. Sie mußten aber leider die traurige Erfahrung machen, daß sie sich in der auf Sie, Herr Schlink, gefallenen Wabl völlig getäuscht haben. Statt die Errungenschaften des Märzes zum Besten des Volkes zu befestigen und ihm die lange vorenthaltenen, unveräußerlichen Rechte wiederzugeben, versuchten Sie, die junge Freiheit den Armen des Absolutismus zuzuführen, damit sie wieder erstickt werde. Nicht allein standen Sie auf der Seite der volksfeindlichen Partei, der äußersten Rechten, sondern Sie gingen sogar in Ihren Reden und Anträgen über deren Tendenzen hinaus. Wir erinnern nur an Ihr Amendement wegen Einberufung des Baldenaire, durch welches Sie den Eintritt dieses liberalen Deputirten unmöglich machen wollten; an Ihren Antrag auf Tagesordnung bei der Debatte über Abschaffung der Todesstrafe; an Ihre Reden für den ministeriellen Verfassungsentwurf und für den eximirten Gerichtsstand des Militärs. Doch wir wollen Ihre vollständige Wirksamkeit nicht aufzählen, da Sie wohl selbst zugestehen müssen, daß wir nicht zu viel behaupten, wenn wir sagen: <hi rendition="#g">Die äußerste Rechte war Ihnen noch zu freisinnig.</hi> Ihre Ansichten stehen im grellsten Widerspruche mit jenen Ihrer Kommittenten; Sie haben für den Absolutismus gehandelt, und wir verlangen größtmögliche Freiheit für das Volk. Dieser Widerspruch kann ihnen nicht unbekannt sein, da statt der von Ihnen vorausgesetzten <hi rendition="#g">Freude</hi> über das Bürgerwehrgesetz, von den hiesigen Bürgern Proteste gegen dasselbe erhoben wurden. Sie genießen nicht mehr das Vertrauen Ihrer Vollmachtgeber, und Ihr Bleiben in der Abgeordnetenversammlung ist eine Unmöglichkeit; denn welcher Mandatar kann mit Ehren noch die Geschäfte seines Mandanten besorgen, der ihm erklärt hat, daß er kein Vertrauen mehr zu ihm hege? Wir hoffen daher, daß Sie Ihr Mandat <hi rendition="#g">sofort</hi> niederlegen, damit die Stadt Koblenz in den Stand gesetzt werde, zu der wichtigsten Epoche der Versammlung, den bevorstehenden Debatten über die Verfassung, einen Abgeordneten zu wählen, der ihre Wünsche kennt und mit ihrer Gesinnung übereinstimmt. <hi rendition="#g">Koblenz,</hi>20. Oct. 1848.&#x201C;</p>
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          <head><bibl><author>!!!</author></bibl>Frankfurt, 23. Oktober.</head>
          <p>Sitzung der Nationalversammlung.</p>
          <p><hi rendition="#g">Tagesordnung:</hi>1) Berathung über den Bericht des Ausschusses für die österreichischen Angelegenheiten. &#x2012; Berichterstatter Schubert.</p>
          <p>2) Fortsetzung der Berathung übrr Art. II. (§§. 2, 3, 4) des Verfassungsentwurfs.</p>
          <p>Vor der Tagesordnung</p>
          <p><hi rendition="#g">von Schmerling</hi> (Minister) beantwortet die von Reden und Franke gestellten Interpellationen über die Schleswig-Holsteinischen Verhältnisse. (S. vorletzte Sitzung.) &#x2012; Von der provisorischen Regierung Schleswigs sind Beschwerden an das Reichsministerium gelangt. Hierüber sind Mittheilungen an den Reichsgesandten in Kopenhagen gemacht und er zur Protestation gegen jede Unbill seitens der Dänen aufgefordert.</p>
          <p>Auf <hi rendition="#g">Möllings</hi> Interpellation wegen der Anerkennung des Gesetzes über die Rechte der provisorischen Centralgewalt Seitens aller Einzelstaaten Deutschlands, antwortet Schmerling mit außerordentlich vielen Worten.</p>
          <p>Die formelle Anerkennung des Gesetzes von fast allen Staaten ist erfolgt. In materieller Beziehung: was Anordnungen zur Ruhe, Sicherheit und Ordnung von Deutschland betrifft, sind solche nirgends auf Widerstand gestoßen. (Das glaub' ich!). &#x2012; Mit der Verfügung über alle Reichstruppen scheint noch nicht alles im Klaren zu sein, denn Herr von Schmerling wendet einen großen Aufwand von Worten an. &#x2012; Preußen stellt durch Camphausen die ganze Heermacht (326,000 Mann) zur Verfügung der Reichsgewalt. (Bravo im Centrum und rechts.) Mit der österreichischen Heermacht sieht es etwas dunkel aus. &#x2012; Was den völkerrechtlichen Verkehr anbelangt, fast alle Mächte Europa's u. s. w. sind oder werden noch mit Reichsgesandten bestens versehen. &#x2012; Das Ministerium erkennt als nöthig, daß künftig alle Gesandtschaften der Einzelstaaten wegfallen.</p>
          <p>Wo noch Auflehnungen gegen das Gesetz stattfinden, gehen dieselben nicht von Regierungen aus, sondern von den Fraktionen einzelner Kammern. (Bravo im Centrum.)</p>
          <p>Auf <hi rendition="#g">Kerst's</hi> Interpellationen (S. oben): Offizielles ist dem Ministerium nicht bekannt, übrigens überläßt er es der Versammlung, zu beurtheilen, in wie fern die Ernennung eines polnischen Generals zum Commandanten der Nationalgarde, die Wiener Bevölkerung charaktirisirt. (Gelächter und Bewegung).</p>
          <p><hi rendition="#g">Dukwitz</hi> (Handelsminister) beantwortet eine Interpellation von Reden's über Abänderungen im deutschen Zollwesen. &#x2012; Alle nöthigen Abänderungen werden (nicht jetzt im Einzelnen) sondern sobald dies angeht im Ganzen ihre Erledigung finden.</p>
          <p><hi rendition="#g">von Beckerath</hi> (Finanz) beantwortet eine Interpellation von Maifeld wegen der Badenschen Nichtbewilligung der Portofreiheit für die Abgeordneten. &#x2012; In Baden kann dies nicht auf dem Verwaltungswege geschehen, sondern mußte auf verfassungsmäßigem Wege ein Ausnahmegesetz geschehen.</p>
          <p>Folgt die Kostenvorlage des Aufwands für die Nationalversammlung und die provisorische Centralgewalt vom September d. J. bis zum Ende Dezember. &#x2012;</p>
          <p>Der gesammte Aufwand beträgt 10. Millionen und verschiedene 100,000 Gulden (Große Sensation). Folgen die einzelnen Posten.</p>
          <p>Die Vorlage wird gedruckt. (Von der Linken mehrere Stimmen wehmüthig: 10 Millionen!)</p>
          <p>Die Einnahmen und Bestände betragen im Ganzen 8 Millionen und mehrere 100,000. &#x2012; Defizit etwas mehr als 1 Million, welche durch Umlage nach der Bundesmatrikel herbeizuschaffen. &#x2012;</p>
          <p>Zum Schluß versichert Beckerath, daß alle Ansätze möglichst billig (soweit es die Würde der Nation zuläßt) gemacht sind. &#x2012; Folgen einige Worte zur Rechtfertigung der nothwendigen Repräsentation einer tüchtigen und würdigen Centralgewalt. (Bravo im Centrum.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Jucho.</hi> Seine Interpellation (bezüglich der russischen Gesandtschaft. S. oben). sei vom Minister nicht beantwortet.</p>
          <p><hi rendition="#g">Schmerling.</hi> Er glaube, Jucho's Interpellation sei durch seine obigen Erklärungen, so weit als jetzt möglich, genügend beantwortet. (Gelächter.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Sellmer</hi> beantragt dringlich Punkt 2 der Tagesordnung vorauszunehmen. &#x2012; Der Antrag wird nicht als dringlich erkannt. Es bleibt bei der heutigen Tagesordnung.</p>
          <p>Simson nimmt den Präsidentenstuhl ein, und verliest die Anträge des Ausschusses in den östreich'schen Angelegenheiten.</p>
          <p>Die Majorität beantragt:</p>
          <p>Die Nationalversammlung möge beschließen:</p>
          <p>1) Die von der provisorischen Centralgewalt für Deutschland verfügte Abordnung von Kommissären nach Wien, &#x2012; in welcher die Nationalversammlung sowohl ein Mittel zur Abwehr des Bürgerkrieges und zur Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung, als auch gleichzeitig eine Gewähr der Sicherung der Interessen Deutschland's wahrnimmt, &#x2012; gutzuheißen;</p>
          <p>2) Das Reichsministerium aufzufordern, nach Maaßgabe der von den Kommissären eingehenden Berichte, sogleich die weiter erforderlichen Schritte zu thun, insbesondere aber mit aller Entschiedenheit jede zum Schutze etwa in Frage gestellten Interessen Deutschland's nothwendige Maaßregel zu ergreifen, und über dieselben der Nationalversammlung Mittheilung zu machen.</p>
          <p>v. Beisler. Schubert aus Königsberg. Loew aus Posen. Sommaruga aus Wien. Schrenk aus München. Franke aus Schleswig. Weiß aus Salzburg. Arneth aus Wien. v. Zenetti. Neumayr aus München.</p>
          <p> <hi rendition="#g">Minoritäts-Frachten.</hi> </p>
          <p>Die Reichsversammlung möge beschließen:</p>
          <p>1) das Reichsministerium aufzufordern, bei den gegenwärtig eingetretenen Zuständen in Oesterreich alle hier in Frage gestellten Interessen Deutschland's in Schutz zu nehmen, und sie mit allen Kräften Deutschland's zu unterstützen;</p>
          <p>2) das Reichsministerium aufzufordern, Sorge dafür zu tragen, daß alle in deutsch-österreichischen Landen befindlichen Truppen nur den verfassungsmäßigen und gesetzlich verantwortlichen Organen zur Verfügung stehen;</p>
          <p>3) Das Reichsministerium aufzufordern, die Ausführung und Verwirklichung dieser Beschlüsse unmittelbar den von der Centralgewalt abgesandten Kommissären zu übertragen.</p>
          <p>Benedey. Ignaz Kaiser aus Wien. Kirchgeßner aus Würzburg. Reitter aus Prag. Pattai aus Graz.</p>
          <p>Hierzu Folgen 4 Verbesserungsanträge. Folgen später, wenn sie angenommen werden sollten, die von Berger (welcher u. a. Zurückberufung des Kaisers nach Wien, Stellung aller östreichischen Truppen unter den Reichstag etc. beantragt), werden vom Centrum mit Gelächter begrüßt. &#x2012; Eine Menge Redner haben sich eingeschrieben. Zuerst spricht:</p>
          <p><hi rendition="#g">Reitter</hi> aus Prag (gegen die Ausschußanträge, die ihm natürlich viel zu schwach und hohl sind. Daß man die Ermordung Latours der Demokratie schuldgeben will, sei eine Ungerechtigkeit, ebensogut könne man den Mörder von Henri IV. einen Demokraten nennen, weil er einen Fürsten ermordete. &#x2012; In dem Benehmen des Wiener Reichtages findet der Redner nicht die Spur von Demokratischem (Geht manchem andern ebenso!) Die Slaven säßen im Reichstage auf der rechten Seite, nicht weil sie das konservative Prinzip repräsentire sondern um dem deutschen Element auf der Linken entgegenzuwirken. Was man von der Anarchie der Wiener Bevölkerung spräche, sei unwahr. Das Benehmen des Ministerums gegenüber dem Jellachich sei Anarchie zu nennen. (Bravo links.) Die Vorwürfe die man der Aula macht seien ungerecht. Die Flucht vieler Wiener sei nicht der Furcht vor der Anarchie zuzuschreiben, sondern der Furcht vor den Räuberhorden des Jellachich. (Bravo links.) Der Redner erblickt nur eine nationale Bewegung in Wien, obschon mit etwas demokratische Färbung, welche leicht erklärlich; denn mit konservativen Prinzipien könne man keinen Umsturz bewerkstelligen. &#x2012; Woher kommt denn auf einmal die Unterordnung der Swornost unter Windischgrätz, den man noch vor kurzem in Prag aufhängen wollte? &#x2012; Links hört! hört! &#x2012;</p>
          <p>Die Kanonen welche aus Prag nach Wien geführt wurden, wurden von czechischen Studenten mit Blumen bekränzt. Geschah dies etwa in Folge der ultrakonservativen Grundsätze der Prager Studenten? (Links hört!)</p>
          <p>Aus diesem Allem geht hervor, daß die Bewegung keine Demokratische sondern eine Nationale. &#x2012; Den Bericht des Ausschusses erwähnt Reitter tadelnd. Es finden sich viele Ungerechtigkeiten darin. &#x2012; Der Redner hat noch mehrere Data in petto, will aber die Versammlung nicht zusehr aufregen (im Centrum: Schluß!) Es ist in Oestreich so weit gekommen, daß die Slaven zu uns Deutschen sagen: &#x201E;wenn ihr nicht nach unserer Peitsche tantzt, werden wir die Russen euch über den Hals bringen.&#x201C; &#x2012; (Großes Murren der Centren &#x2012; links: Ruhe! Der Präsident ermahnt den Redner keine Meinung auszusprechen, die auf nichts fußt.) (Bravo links.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Meifeld</hi> aus Oestreich. Für die Antrage des Ausschusses. &#x2012;</p>
          <p><hi rendition="#g">Berger</hi> aus Wien. Die Ereignisse in Wien haben gezeigt, daß es mit der Prophezeiung des Ministeriums auf meine Interpellation vor etwa drei Wochen: &#x201E;Daß Ministerium werde der Anarchie von unten ebensosehr entgegenwirken wie der Reaktion von oben&#x201C; nicht so ernst zu nehmen sei. (Heiterkeit.) &#x2012; Der Anarchie sei man kräftig (mit Kartätschen) entgegengetreten, die Reaktion habe man mit Reichstruppen unterstützt. Der Redner greift das Ministerium mit heftigem Sarkasmus an. &#x2012; Mann hat die Anarchie in Wien hervorzurufen gesucht, um die Herrschaft der Reaktion darauf zu bauen. (Bravo.( Die Russen würden durch Gallizien nach Ungarn hereingezogen. (Links sehr laut: hört!) &#x2012; Man habe den Muth der Reichskommissäre gerühmt, die sich bereitwillig in die Gefahren stürzen wollten.</p>
          <p>Diese Kommissaire seien zuvörderst nach München gereist, um dort ihre österreichischen Studien zu machen, in der Art würden sie fortfahren. (Gelächter.) Das Reichsministerium habe das System organisirter Langweile zu dem seinigen gemacht. (Centrum: Oh! Links: Ja!) Allerdings seien die Deutschen in Oesterreich Demokraten und dies sei keine Schande; er (Berger) würde, wenn die Deutschen in Oesterreich nicht das demokratische Element wären, sondern die Slaven, sich gar nicht bedenken, zu dieser Partei überzutreten. (Links: Bravo! Centrum: Mißbilligung).</p>
          <p><hi rendition="#g">Sommaruga</hi> wird diese Angelegenheit würdig besprechen. (Soll heißen, nicht so wie Berger, sondern wie die Majorität des Ausschusses). Herr Sommaruga beweist, daß im ungarischen Reichstag nur Phrasenhelden und politische Monopolisten sitzen (Centrum: Hört! Hort!) und verbreitet sich weitläufig über die Ungarn. Herrn Jellachich sucht der Redner zu rechtfertigen. Er glaubt nicht, daß derselbe das Werkzeug der Camarilla. (Gelächter links).</p>
          <p><hi rendition="#g">Schmidt</hi> aus Löwenberg. (Centrum: Schluß! links: Reden) Die Centren verlassen massenweise das Haus. Die Mittagsessenzeit ist da. &#x2012; Bergers Anträge sprechen am besten die Wünsche des Redners aus.</p>
          <p>Schmidt spricht seine Bewunderung über den Muth und Edelsinn der Ungarn und des Wiener Volkes aus, und wünscht ihnen Sieg über die Camarilla! &#x2012; So wie man von der Wahrung der deutschen Ehre vor dem Malmöer Waffenstillstande gesprochen, so spreche man jetzt von der Wahrung der österreichischen Ehre, bis sie verloren sein wird.</p>
          <p>Er beantragt: daß das Ministerium nur immerhin wieder ruhig zusehn möge bei den österreichischen Verhältnissen. (Bravo links.)</p>
          <p>v. <hi rendition="#g">Vincke</hi> spricht für die Ausschußanträge und macht seine gewöhnlichen persönlichen Ausfälle, von den Centren und der Rechten beklatscht, von der Linken verlacht und gemißbilligt. (Simson zur Linken: lassen Sie den Redner ruhig sprechen, ihre Redner werden ihn widerlegen.) von Vincke tobt gegen die Aula. Ein Redner von Links (sagt Vincke) habe einen österreichischen Minister getadelt, welcher schon konstitutionell gesinnt gewesen, als der geehrte Redner noch in den Windeln lag. (Links hönisch: Bravo.) Vincke ärgert sich. Links schwärme man der Reihe nach für alle möglichen Nationalitäten, jetzt für die Magyaren. (Links: Bravo.) Er Vincke, will dem Ministerium durchaus in dieser Angelegenheit ein Vertrauensvotum geben. (Links hönisch: Bravo!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Vogt</hi> (links: Reden! Centrum: Schluß! Die Gallerie klatscht.) Ich will nicht, wie der vorige Redner, in dem Augenblicke Witze reißen, wo es sich um die Exsistenz eines edlen Volkes handelt; deshalb werde ich auch den vorigen Redner nicht widerlegen. (Heftiger Beifall.) Vogt untersucht, ob das Reichsministerium ein Vertrauensvotum verdient, ob es der Träger der deutschen Freiheit? Das Resultat können Sie sich denken. 4 Gesetze befinden sich im Gesetzbuch, welches bis jetzt die Centralgewalt edirt: 1) Ueber die Centralgewalt. 2) Ueber Verhaftung von Abgeordneten. 3) Das Gesetz zum Schutz der Versammlung. 4) Neue Steuerausschreibungen. (Großes Gelächter!) Das Reichsministerium war bis jetzt keine Regierung, nur eine Polizei. (Links: Sehr gut!) Vogt verfolgt die bisherige Wirksamkeit des Ministeriums mit viel Ironie zum großen Vergnügen des Hauses. Auf die Wiener Erhebung kommend: &#x201E; Als alle Hoffnung schwand, daß die schändlichen Bestrebungen der österreichischen Comarilla und Reaktion von andrer Seite her niedergedrückt werden könnten, da erhob sich das edle Volk, und seiner kurzen Anarchie haben wir den jetzigen Zustand zu danken, wie Sie der kurzen Anarchie des März es zu verdanken haben, daß Sie jetzt hier sitzen. (Heftiger Beifall.)</p>
          <p>Für Latours Tod beschwört man die Rache, aber nicht für die niederträchtige Verstümmelung der 4 Studenten durch Auerspergsche geregelte Truppen, die zur Zeit der hergestellten Ruhe verübt, während jener Mord zur Zeit der höchsten Wuth.</p>
          <p>Wo ist den die unpartheische Bekämpfung der Anarchie? (Bravo.) Die verrätherischen Czechischen Deputirten verlassen den Reichstag, gehen nach Brünn, fordern die andern Deputirten zu offnem Verrath, zu einem 2ten Reichstag auf &#x2012; was thut das Ministerium? <hi rendition="#g">Nichts!</hi> Was würde das Ministerium thun, wenn eine Fraktion unserer Linken austreten möchte, und etwa in Berlin ein neues deutsches Parlament zu gründen versuchen würde? Es würde schreien: &#x201E;Verrath! Verrath!&#x201C;Nach dem Allen &#x2012; also diesem Ministerium wollen wir ein Vertrauensvotum geben? (Gelächter und lautes Bravo!) Die Herren (aus dem Centrum) möchten sich doch freuen, daß die Bewegung in Wien eine demokratische sei, da würde ihnen ja endlich von daher die demokratische Grundlage gegeben werden für ihre konstitutionellen Monarchien! (Bravo!) Die Bewegung, jetzt unterdrückt, wird wiederkehren und dann nicht vor der konstitutionellen Monarchie stehen bleiben, sondern &#x2012;! Vogt verliest eine Ansprache der Wiener Studenten an das deutsche Parlament. (Rechts lacht man! Vogt meint, es sei nicht zu lachen über die Aula, die das herrlichste Corps, was für die deutsche Freiheit einsteht. (Warmer Beifall links und Gallerien.) Vogt behauptet, die österreichische Camarilla beabsichtigt den Bund mit der russigen Knute. (Pfui!) Vogt droht schlüßlich: &#x201E;man möchte nicht auch Oesterreich zu einem Freiheitsgrabe machen, wie man schon Deutschland dazu gemacht.&#x201C; (Stürmischer langanhaltender Beifall. Schluß! Schluß!) Bassermann will noch das Wort haben. (Schluß!) Der Schluß der Debatte wird abgelehnt.</p>
          <p><hi rendition="#g">Eisenmann</hi>für die Ausschußanträge mit geringen Modifikationen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Benedey</hi>für das Gutachten der Minorität.</p>
          <p><hi rendition="#g">Bassecmann</hi>für die Anträge der Majorität Die Croaten seien nicht als Freiheitsmörder anzuklagen. Sie hätten gewissermaßen Recht. (Unterbrechung links!) Bassermann: es wäre doch anständig, wenn Sie mich nicht unterbrächen. Links: Wir brauchen ihre Anstandsregeln nicht. Simson (Präs.) ruft die Unterbrecher zur Ordnung.) Bassermann meint im Reichstage von Wien säßen Männer die seiner Ansichten wären, z. B. Löhner und Schuselka, welchen man doch wahrhaftig nicht einen &#x201E;Schwarzgelben&#x201C; nennen würde. (?) Der Kampf Oesterreichs gegen die Ungarn sei ein Kampf der Freiheit gegen die Tyranen. Die Magyaren unterstützen den Bürgerkrieg. Der Kommandant Messenhauser in Wien gäbe die Erlaubniß zu Erpressungen. Der Reichstag sei von Leuten aus dem Volke bedroht &#x2012; in seinen Entschlüssen beschrankt. (Widerspruch links!) Nach Bassermann ist die ganze Wiener Freiheits-Erhebung eine verrätherische Emeute. Wir müssen darüber trauern. (Bravo rechts und Centren &#x2012; Zischen und fortgesetztes pfui! links und Gallerie.) Die Debatte wird geschlossen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Schilling</hi> erhält das Wort zu einer persönlichen Bemerkung. Er weist eine Verdächtigung Sommarugas, welche ihn beschuldigt in das kaiserliche Hoflager um dort zu horchen gegangen zu sein, mit Verachtung zurück. Er sei dahin gegangen im Auftrage des verantwortlichen Minister Hornbostl. (Bravo.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Sommaruga:</hi> Es ist ihm nicht eingefallen mit seiner Bemerkung irgend eine Person bezeichnen zu wollen. Also man hat den Herrn von Sommaruga gemeint? Vielleicht einen Geist?</p>
          <p><hi rendition="#g">Schubert,</hi>Berichterstatter der Majorität empfiehlt die Anträge derselben.</p>
          <p>Folgt die <hi rendition="#g">namentliche</hi> Abstimmung über den Antrag der Majorität des Ausschusses. (S, oben.) Derselbe wird mit 250 Stimmen gegen 216 Stimmen <hi rendition="#g">angenommen.</hi> Alle andere Zusatz-Anträge werden verworfen. Das Ministerium hat also eine Majorität von 84 Stimmen.</p>
          <p>Die Sitzung wird um 1/2 4 geschlossen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar126_017" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Aus dem deutschen Reiche.</head>
          <p>Wie in Alzei, sind auch in Worms wegen Steuerverweigerung Unruhen ausgebrochen. Wie nach Alzei, so sind nach Worms <hi rendition="#g">Reichstruppen</hi> beordert worden.</p>
          <p>Der Fürst von <hi rendition="#g">Anhalt-Bernburg</hi>hat eine patriarchalische Proklamation an seine Unterthanen erlassen, worin er ihnen <hi rendition="#g">Reichstruppen</hi> verschreibt.</p>
          <p>Wenn baierische Truppen nach Hessen geschickt werden, so sind sie Reichstruppen. Werden dagegen die hessischen Truppen nach Baiern geschickt, so sind die hessischen Truppen Reichstruppen. Wenn also ein deutscher Landesvater dem andern seine Truppen leiht, so verwandeln sich dieselbigen Truppen in Reichstruppen.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Ungarn.</head>
        <div xml:id="ar126_018" type="jArticle">
          <head>Pesth, 17. Oktbr.</head>
          <p>Nicht mehr mit Jellachich und den serbischen Insurgenten, nein, mit der k. k. östreichischen Armee, die von West, Ost und Nord in Ungarn einbricht, haben wir zu kämpfen, und sollten wir auch diese besiegen, so steht uns der Hauptkampf mit den Russen bevor. General Simonich ist mit drei Bataillonen von Galizien aus in dem Saroser Komitat eingebrochen. Der Landesvertheidigungs-Ausschuß hat auf den Kopf dieses &#x201E;Räubers&#x201C; 100 Fl., auf den Kopf jedes Soldaten 20 Fl. als Preis gesetzt und den Landsturm gegen die Eindringlinge aufgeboten. Der Einfall Simonich's ist keine vereinzelte That, sie steht in Beziehung zu dem Marsche des Generals Puchner aus Siebenbürgen, der bereits die Festungen Karlsstadt und Marosvasarhely mit polnischen Regimentern besetzte, und zu der drohenden Stellung der deutschen Armee in Mähren. Von allen Seiten sollen wir eingeschlossen und so erdrückt werden. Machen wir uns auf einen Vernichtungskampf bereit, der Ungarns Ströme mit Blut färben, Ungarns Boden mit Leichen düngen wird. Unsere Leitha-Armee wird zurückgezogen, angeblich um die Winterquartiere zu beziehen, eigentlich aber, um den nahen Einbruch östreichischer Truppen auf ungarischem Boden abzuwehren. &#x2012; Flüchtlinge aus der Molda bringen uns die sichere Nachricht, daß die Russen sich zum Einmarsch in die ungarischen Länder rüsten, um im Verein mit dem Fürsten Windischgrätz die ungarische und weiter die europäische Freiheit zu zertrümmern.</p>
          <bibl>(C. Bl. v. B)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar126_019" type="jArticle">
          <head>Pesth, 17. Okt.</head>
          <p>Ein aus Saros hier eingetroffener Kurier meldet die wilde Flucht des Generals Simonich, welcher aus Galizien hereingebrochen war. Er wartete nicht einmal die Ankunft der ungarischen Truppen ab. Mehr als die Hälfte seiner Soldaten wurden auf der Flucht von den Bauern erschlagen. Dagegen lauten die Nachrichten von dem banater Kriegsschauplatz ungünstig. Die Raizen haben Török-Becse genommen und verwüsten den groß-kikindaer Kreis. Die ungarische Kriegsführung im Banat war bisher von Verrath bezeichnet. Unsere jetzige energische Regierung hat nun Maßregeln getroffen, welche der raizischen Insurrektion ein baldiges Ende machen werden. &#x2012; Dr. Tausenau aus Wien hat gestern hier in einer großen Volksversammlung eine mit allgemeinem Beifall aufgenommene republikanische Rede gehalten. Seit einigen Tagen erscheinen hier auch &#x201E;Republikanische Blätter.&#x201C;</p>
          <p>Nachschrift. Eben eingegangenen authentischen Berichten zufolge sind die beiden Festungen Leopoldstadt und Munkacs in ungarische Hände gekommen. Die schwarzgelben Festungs-Kommandanten von Temeswar und Arad, sind für vogelfrei erklärt worden. Der walachische Aufstand in Siebenbürgen ist durch die tapfern Szekler fast gänzlich unterdrückt, der Haupträdelsführer Urban geflüchtet, drei hochgestellte Magnaten, auch ein Bischof sind gehenkt. Auch die aufständischen Raizen wurden bei Neu-Besce geschlagen.</p>
          <bibl>(Bresl. Z.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar126_020" type="jArticle">
          <head>Paris, 23. Oktbr.</head>
          <p>Im Moniteur eine Menge von Personaländerungen im Seewesen und außerdem abermals 43 neue Maires und Adjoinis für eben so viele Departementsstädte.</p>
          <p>&#x2012; Im Kriegsministerium wird Tag und Nacht an der Organisation jener dreihundert Bataillone mobiler Bürgerwehr für den Umfang der ganzen Republik gearbeitet, wie sie die provisorische Regierung beabsichtigte. Fast alle Bürger der ersten Kategorien haben bereits Vorladungen erhalten, sich in den Mairieämtern zu stellen und etwaige Reklamationen vorzubringen. Lamoriciere scheint entschlossen, diesen großartigen Plan einer allgemeinen Bürgerbewaffnung (wie ihn Napoleon kaum auszuführen vermochte) bis spätestens den 1. Jan. 1849 ins Leben zu rufen. Cavaignac unterstützt ihn darin aufs Wärmste und es scheint wirklich, als sollte die gesammte Organisation bis zum Neujahr bereits vollendet sein. Diesem allgemeinen Landsturme sollen zunächst seine Generäle, Obersten und Offiziere aus den in Paris kasernirten sechs Veteranenkompagnieen zugetheilt werden. Man sieht, unsere afrikanischen Generale wetteifern darin, uns unüberwindlich zu machen.</p>
          <p>&#x2012; Der einmonatlichen Ferienfrist (November) der National-Versammlung, während welcher die Präsidentenwahl stattfinden sollte, sind wir noch nicht ganz sicher. Gestern diskutirte die Rue de Poitiers mehrere Stunden lang über die Frage, ob sie sich überhaupt eine Vakanz gönnen solle?</p>
          <p>Thiers, der Zeus jener Klubs, hat eine ganze Stunde lang über die Nothwendigkeit der Permanenz geschwätzt und da wir nun einmal unter dem Pantoffel der Rue de Poitiers stehrn, so wäre es leicht möglich, daß wir um unsere süße Hoffnung einer einmonatlichen Ferienfrist geprellt würden.</p>
          <p>&#x2012; Das Journal <hi rendition="#g">&#x201E;La Republique&#x201C;</hi> schreibt: Der Polizeipräfekt ergreift strenge Maßregeln gegen die Prostitution, die, wie er in öffentlichen Dokumenten sagt, täglich in erschreckenden Proportionen wächst. Trostloses Zeichen des Elendes mehr als des Lasters! Ist das eine wohlorganisirte Gesellschaft, die so viele unglückliche Kreaturen sich der Schande in die Arme werfen sieht, um dem Hunger zu entrinnen? Das ist die Gesellschaft, die dem Hrn. <hi rendition="#g">Thiers</hi> so sehr gefällt! Es ist wahr, daß im Ersatz Herr Thiers persönlich die größte Hochachtung vor dem Institute der <hi rendition="#g">Familie</hi> hat.</p>
          <p>Man theilt uns, sagt ebenfalls &#x201E;La Republique,&#x201C; folgende Thatsache mit, die abermals beweist, daß die Gesellschaft sehr glücklich ist.</p>
          <p>Ein junger Mensch, kürzlich von der afrikanischen Armee verabschiedet, fiel vor Entkräftung um in der Passage St. Charles. Aufgerichtet durch einige Personen, erklärte der Unglückliche seiner Umgebung, er habe seine schwachen Hülfsmittel erschöpft, um seine Familie wiederzusehen. Bei seiner Ankunft habe er nur seine alte Mutter gefunden. Seine zwei Brüder seien als Juni-Insurgenten deportirt gewesen. Er habe seit 40 Stunden gar nichts gegessen, die vorigen Tage sehr wenig und irre nun auf den Zufall hin umher. Man gab ihm einige Nahrung, die er zu gierig verschlang, was ihm eine neue Indisposition verursachte. Eine rasch unter den Anwesenden zusammengebrachte Kollekte ergab eine kleine Summe, die er nur mit vielem Sträuben annahm. Er sagte, wenn er nicht seine arme 70jährige Mutter so sehr liebe, würde er rasch mit seinem Leben ein Ende gemacht haben.</p>
          <p>Nun wohl! Was sagen hierzu die ehrenwerthen Vertheidiger
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0635/0003] Volkes fördere und wahre. Sie mußten aber leider die traurige Erfahrung machen, daß sie sich in der auf Sie, Herr Schlink, gefallenen Wabl völlig getäuscht haben. Statt die Errungenschaften des Märzes zum Besten des Volkes zu befestigen und ihm die lange vorenthaltenen, unveräußerlichen Rechte wiederzugeben, versuchten Sie, die junge Freiheit den Armen des Absolutismus zuzuführen, damit sie wieder erstickt werde. Nicht allein standen Sie auf der Seite der volksfeindlichen Partei, der äußersten Rechten, sondern Sie gingen sogar in Ihren Reden und Anträgen über deren Tendenzen hinaus. Wir erinnern nur an Ihr Amendement wegen Einberufung des Baldenaire, durch welches Sie den Eintritt dieses liberalen Deputirten unmöglich machen wollten; an Ihren Antrag auf Tagesordnung bei der Debatte über Abschaffung der Todesstrafe; an Ihre Reden für den ministeriellen Verfassungsentwurf und für den eximirten Gerichtsstand des Militärs. Doch wir wollen Ihre vollständige Wirksamkeit nicht aufzählen, da Sie wohl selbst zugestehen müssen, daß wir nicht zu viel behaupten, wenn wir sagen: Die äußerste Rechte war Ihnen noch zu freisinnig. Ihre Ansichten stehen im grellsten Widerspruche mit jenen Ihrer Kommittenten; Sie haben für den Absolutismus gehandelt, und wir verlangen größtmögliche Freiheit für das Volk. Dieser Widerspruch kann ihnen nicht unbekannt sein, da statt der von Ihnen vorausgesetzten Freude über das Bürgerwehrgesetz, von den hiesigen Bürgern Proteste gegen dasselbe erhoben wurden. Sie genießen nicht mehr das Vertrauen Ihrer Vollmachtgeber, und Ihr Bleiben in der Abgeordnetenversammlung ist eine Unmöglichkeit; denn welcher Mandatar kann mit Ehren noch die Geschäfte seines Mandanten besorgen, der ihm erklärt hat, daß er kein Vertrauen mehr zu ihm hege? Wir hoffen daher, daß Sie Ihr Mandat sofort niederlegen, damit die Stadt Koblenz in den Stand gesetzt werde, zu der wichtigsten Epoche der Versammlung, den bevorstehenden Debatten über die Verfassung, einen Abgeordneten zu wählen, der ihre Wünsche kennt und mit ihrer Gesinnung übereinstimmt. Koblenz,20. Oct. 1848.“ !!! Frankfurt, 23. Oktober. Sitzung der Nationalversammlung. Tagesordnung:1) Berathung über den Bericht des Ausschusses für die österreichischen Angelegenheiten. ‒ Berichterstatter Schubert. 2) Fortsetzung der Berathung übrr Art. II. (§§. 2, 3, 4) des Verfassungsentwurfs. Vor der Tagesordnung von Schmerling (Minister) beantwortet die von Reden und Franke gestellten Interpellationen über die Schleswig-Holsteinischen Verhältnisse. (S. vorletzte Sitzung.) ‒ Von der provisorischen Regierung Schleswigs sind Beschwerden an das Reichsministerium gelangt. Hierüber sind Mittheilungen an den Reichsgesandten in Kopenhagen gemacht und er zur Protestation gegen jede Unbill seitens der Dänen aufgefordert. Auf Möllings Interpellation wegen der Anerkennung des Gesetzes über die Rechte der provisorischen Centralgewalt Seitens aller Einzelstaaten Deutschlands, antwortet Schmerling mit außerordentlich vielen Worten. Die formelle Anerkennung des Gesetzes von fast allen Staaten ist erfolgt. In materieller Beziehung: was Anordnungen zur Ruhe, Sicherheit und Ordnung von Deutschland betrifft, sind solche nirgends auf Widerstand gestoßen. (Das glaub' ich!). ‒ Mit der Verfügung über alle Reichstruppen scheint noch nicht alles im Klaren zu sein, denn Herr von Schmerling wendet einen großen Aufwand von Worten an. ‒ Preußen stellt durch Camphausen die ganze Heermacht (326,000 Mann) zur Verfügung der Reichsgewalt. (Bravo im Centrum und rechts.) Mit der österreichischen Heermacht sieht es etwas dunkel aus. ‒ Was den völkerrechtlichen Verkehr anbelangt, fast alle Mächte Europa's u. s. w. sind oder werden noch mit Reichsgesandten bestens versehen. ‒ Das Ministerium erkennt als nöthig, daß künftig alle Gesandtschaften der Einzelstaaten wegfallen. Wo noch Auflehnungen gegen das Gesetz stattfinden, gehen dieselben nicht von Regierungen aus, sondern von den Fraktionen einzelner Kammern. (Bravo im Centrum.) Auf Kerst's Interpellationen (S. oben): Offizielles ist dem Ministerium nicht bekannt, übrigens überläßt er es der Versammlung, zu beurtheilen, in wie fern die Ernennung eines polnischen Generals zum Commandanten der Nationalgarde, die Wiener Bevölkerung charaktirisirt. (Gelächter und Bewegung). Dukwitz (Handelsminister) beantwortet eine Interpellation von Reden's über Abänderungen im deutschen Zollwesen. ‒ Alle nöthigen Abänderungen werden (nicht jetzt im Einzelnen) sondern sobald dies angeht im Ganzen ihre Erledigung finden. von Beckerath (Finanz) beantwortet eine Interpellation von Maifeld wegen der Badenschen Nichtbewilligung der Portofreiheit für die Abgeordneten. ‒ In Baden kann dies nicht auf dem Verwaltungswege geschehen, sondern mußte auf verfassungsmäßigem Wege ein Ausnahmegesetz geschehen. Folgt die Kostenvorlage des Aufwands für die Nationalversammlung und die provisorische Centralgewalt vom September d. J. bis zum Ende Dezember. ‒ Der gesammte Aufwand beträgt 10. Millionen und verschiedene 100,000 Gulden (Große Sensation). Folgen die einzelnen Posten. Die Vorlage wird gedruckt. (Von der Linken mehrere Stimmen wehmüthig: 10 Millionen!) Die Einnahmen und Bestände betragen im Ganzen 8 Millionen und mehrere 100,000. ‒ Defizit etwas mehr als 1 Million, welche durch Umlage nach der Bundesmatrikel herbeizuschaffen. ‒ Zum Schluß versichert Beckerath, daß alle Ansätze möglichst billig (soweit es die Würde der Nation zuläßt) gemacht sind. ‒ Folgen einige Worte zur Rechtfertigung der nothwendigen Repräsentation einer tüchtigen und würdigen Centralgewalt. (Bravo im Centrum.) Jucho. Seine Interpellation (bezüglich der russischen Gesandtschaft. S. oben). sei vom Minister nicht beantwortet. Schmerling. Er glaube, Jucho's Interpellation sei durch seine obigen Erklärungen, so weit als jetzt möglich, genügend beantwortet. (Gelächter.) Sellmer beantragt dringlich Punkt 2 der Tagesordnung vorauszunehmen. ‒ Der Antrag wird nicht als dringlich erkannt. Es bleibt bei der heutigen Tagesordnung. Simson nimmt den Präsidentenstuhl ein, und verliest die Anträge des Ausschusses in den östreich'schen Angelegenheiten. Die Majorität beantragt: Die Nationalversammlung möge beschließen: 1) Die von der provisorischen Centralgewalt für Deutschland verfügte Abordnung von Kommissären nach Wien, ‒ in welcher die Nationalversammlung sowohl ein Mittel zur Abwehr des Bürgerkrieges und zur Wiederherstellung der gesetzlichen Ordnung, als auch gleichzeitig eine Gewähr der Sicherung der Interessen Deutschland's wahrnimmt, ‒ gutzuheißen; 2) Das Reichsministerium aufzufordern, nach Maaßgabe der von den Kommissären eingehenden Berichte, sogleich die weiter erforderlichen Schritte zu thun, insbesondere aber mit aller Entschiedenheit jede zum Schutze etwa in Frage gestellten Interessen Deutschland's nothwendige Maaßregel zu ergreifen, und über dieselben der Nationalversammlung Mittheilung zu machen. v. Beisler. Schubert aus Königsberg. Loew aus Posen. Sommaruga aus Wien. Schrenk aus München. Franke aus Schleswig. Weiß aus Salzburg. Arneth aus Wien. v. Zenetti. Neumayr aus München. Minoritäts-Frachten. Die Reichsversammlung möge beschließen: 1) das Reichsministerium aufzufordern, bei den gegenwärtig eingetretenen Zuständen in Oesterreich alle hier in Frage gestellten Interessen Deutschland's in Schutz zu nehmen, und sie mit allen Kräften Deutschland's zu unterstützen; 2) das Reichsministerium aufzufordern, Sorge dafür zu tragen, daß alle in deutsch-österreichischen Landen befindlichen Truppen nur den verfassungsmäßigen und gesetzlich verantwortlichen Organen zur Verfügung stehen; 3) Das Reichsministerium aufzufordern, die Ausführung und Verwirklichung dieser Beschlüsse unmittelbar den von der Centralgewalt abgesandten Kommissären zu übertragen. Benedey. Ignaz Kaiser aus Wien. Kirchgeßner aus Würzburg. Reitter aus Prag. Pattai aus Graz. Hierzu Folgen 4 Verbesserungsanträge. Folgen später, wenn sie angenommen werden sollten, die von Berger (welcher u. a. Zurückberufung des Kaisers nach Wien, Stellung aller östreichischen Truppen unter den Reichstag etc. beantragt), werden vom Centrum mit Gelächter begrüßt. ‒ Eine Menge Redner haben sich eingeschrieben. Zuerst spricht: Reitter aus Prag (gegen die Ausschußanträge, die ihm natürlich viel zu schwach und hohl sind. Daß man die Ermordung Latours der Demokratie schuldgeben will, sei eine Ungerechtigkeit, ebensogut könne man den Mörder von Henri IV. einen Demokraten nennen, weil er einen Fürsten ermordete. ‒ In dem Benehmen des Wiener Reichtages findet der Redner nicht die Spur von Demokratischem (Geht manchem andern ebenso!) Die Slaven säßen im Reichstage auf der rechten Seite, nicht weil sie das konservative Prinzip repräsentire sondern um dem deutschen Element auf der Linken entgegenzuwirken. Was man von der Anarchie der Wiener Bevölkerung spräche, sei unwahr. Das Benehmen des Ministerums gegenüber dem Jellachich sei Anarchie zu nennen. (Bravo links.) Die Vorwürfe die man der Aula macht seien ungerecht. Die Flucht vieler Wiener sei nicht der Furcht vor der Anarchie zuzuschreiben, sondern der Furcht vor den Räuberhorden des Jellachich. (Bravo links.) Der Redner erblickt nur eine nationale Bewegung in Wien, obschon mit etwas demokratische Färbung, welche leicht erklärlich; denn mit konservativen Prinzipien könne man keinen Umsturz bewerkstelligen. ‒ Woher kommt denn auf einmal die Unterordnung der Swornost unter Windischgrätz, den man noch vor kurzem in Prag aufhängen wollte? ‒ Links hört! hört! ‒ Die Kanonen welche aus Prag nach Wien geführt wurden, wurden von czechischen Studenten mit Blumen bekränzt. Geschah dies etwa in Folge der ultrakonservativen Grundsätze der Prager Studenten? (Links hört!) Aus diesem Allem geht hervor, daß die Bewegung keine Demokratische sondern eine Nationale. ‒ Den Bericht des Ausschusses erwähnt Reitter tadelnd. Es finden sich viele Ungerechtigkeiten darin. ‒ Der Redner hat noch mehrere Data in petto, will aber die Versammlung nicht zusehr aufregen (im Centrum: Schluß!) Es ist in Oestreich so weit gekommen, daß die Slaven zu uns Deutschen sagen: „wenn ihr nicht nach unserer Peitsche tantzt, werden wir die Russen euch über den Hals bringen.“ ‒ (Großes Murren der Centren ‒ links: Ruhe! Der Präsident ermahnt den Redner keine Meinung auszusprechen, die auf nichts fußt.) (Bravo links.) Meifeld aus Oestreich. Für die Antrage des Ausschusses. ‒ Berger aus Wien. Die Ereignisse in Wien haben gezeigt, daß es mit der Prophezeiung des Ministeriums auf meine Interpellation vor etwa drei Wochen: „Daß Ministerium werde der Anarchie von unten ebensosehr entgegenwirken wie der Reaktion von oben“ nicht so ernst zu nehmen sei. (Heiterkeit.) ‒ Der Anarchie sei man kräftig (mit Kartätschen) entgegengetreten, die Reaktion habe man mit Reichstruppen unterstützt. Der Redner greift das Ministerium mit heftigem Sarkasmus an. ‒ Mann hat die Anarchie in Wien hervorzurufen gesucht, um die Herrschaft der Reaktion darauf zu bauen. (Bravo.( Die Russen würden durch Gallizien nach Ungarn hereingezogen. (Links sehr laut: hört!) ‒ Man habe den Muth der Reichskommissäre gerühmt, die sich bereitwillig in die Gefahren stürzen wollten. Diese Kommissaire seien zuvörderst nach München gereist, um dort ihre österreichischen Studien zu machen, in der Art würden sie fortfahren. (Gelächter.) Das Reichsministerium habe das System organisirter Langweile zu dem seinigen gemacht. (Centrum: Oh! Links: Ja!) Allerdings seien die Deutschen in Oesterreich Demokraten und dies sei keine Schande; er (Berger) würde, wenn die Deutschen in Oesterreich nicht das demokratische Element wären, sondern die Slaven, sich gar nicht bedenken, zu dieser Partei überzutreten. (Links: Bravo! Centrum: Mißbilligung). Sommaruga wird diese Angelegenheit würdig besprechen. (Soll heißen, nicht so wie Berger, sondern wie die Majorität des Ausschusses). Herr Sommaruga beweist, daß im ungarischen Reichstag nur Phrasenhelden und politische Monopolisten sitzen (Centrum: Hört! Hort!) und verbreitet sich weitläufig über die Ungarn. Herrn Jellachich sucht der Redner zu rechtfertigen. Er glaubt nicht, daß derselbe das Werkzeug der Camarilla. (Gelächter links). Schmidt aus Löwenberg. (Centrum: Schluß! links: Reden) Die Centren verlassen massenweise das Haus. Die Mittagsessenzeit ist da. ‒ Bergers Anträge sprechen am besten die Wünsche des Redners aus. Schmidt spricht seine Bewunderung über den Muth und Edelsinn der Ungarn und des Wiener Volkes aus, und wünscht ihnen Sieg über die Camarilla! ‒ So wie man von der Wahrung der deutschen Ehre vor dem Malmöer Waffenstillstande gesprochen, so spreche man jetzt von der Wahrung der österreichischen Ehre, bis sie verloren sein wird. Er beantragt: daß das Ministerium nur immerhin wieder ruhig zusehn möge bei den österreichischen Verhältnissen. (Bravo links.) v. Vincke spricht für die Ausschußanträge und macht seine gewöhnlichen persönlichen Ausfälle, von den Centren und der Rechten beklatscht, von der Linken verlacht und gemißbilligt. (Simson zur Linken: lassen Sie den Redner ruhig sprechen, ihre Redner werden ihn widerlegen.) von Vincke tobt gegen die Aula. Ein Redner von Links (sagt Vincke) habe einen österreichischen Minister getadelt, welcher schon konstitutionell gesinnt gewesen, als der geehrte Redner noch in den Windeln lag. (Links hönisch: Bravo.) Vincke ärgert sich. Links schwärme man der Reihe nach für alle möglichen Nationalitäten, jetzt für die Magyaren. (Links: Bravo.) Er Vincke, will dem Ministerium durchaus in dieser Angelegenheit ein Vertrauensvotum geben. (Links hönisch: Bravo!) Vogt (links: Reden! Centrum: Schluß! Die Gallerie klatscht.) Ich will nicht, wie der vorige Redner, in dem Augenblicke Witze reißen, wo es sich um die Exsistenz eines edlen Volkes handelt; deshalb werde ich auch den vorigen Redner nicht widerlegen. (Heftiger Beifall.) Vogt untersucht, ob das Reichsministerium ein Vertrauensvotum verdient, ob es der Träger der deutschen Freiheit? Das Resultat können Sie sich denken. 4 Gesetze befinden sich im Gesetzbuch, welches bis jetzt die Centralgewalt edirt: 1) Ueber die Centralgewalt. 2) Ueber Verhaftung von Abgeordneten. 3) Das Gesetz zum Schutz der Versammlung. 4) Neue Steuerausschreibungen. (Großes Gelächter!) Das Reichsministerium war bis jetzt keine Regierung, nur eine Polizei. (Links: Sehr gut!) Vogt verfolgt die bisherige Wirksamkeit des Ministeriums mit viel Ironie zum großen Vergnügen des Hauses. Auf die Wiener Erhebung kommend: „ Als alle Hoffnung schwand, daß die schändlichen Bestrebungen der österreichischen Comarilla und Reaktion von andrer Seite her niedergedrückt werden könnten, da erhob sich das edle Volk, und seiner kurzen Anarchie haben wir den jetzigen Zustand zu danken, wie Sie der kurzen Anarchie des März es zu verdanken haben, daß Sie jetzt hier sitzen. (Heftiger Beifall.) Für Latours Tod beschwört man die Rache, aber nicht für die niederträchtige Verstümmelung der 4 Studenten durch Auerspergsche geregelte Truppen, die zur Zeit der hergestellten Ruhe verübt, während jener Mord zur Zeit der höchsten Wuth. Wo ist den die unpartheische Bekämpfung der Anarchie? (Bravo.) Die verrätherischen Czechischen Deputirten verlassen den Reichstag, gehen nach Brünn, fordern die andern Deputirten zu offnem Verrath, zu einem 2ten Reichstag auf ‒ was thut das Ministerium? Nichts! Was würde das Ministerium thun, wenn eine Fraktion unserer Linken austreten möchte, und etwa in Berlin ein neues deutsches Parlament zu gründen versuchen würde? Es würde schreien: „Verrath! Verrath!“Nach dem Allen ‒ also diesem Ministerium wollen wir ein Vertrauensvotum geben? (Gelächter und lautes Bravo!) Die Herren (aus dem Centrum) möchten sich doch freuen, daß die Bewegung in Wien eine demokratische sei, da würde ihnen ja endlich von daher die demokratische Grundlage gegeben werden für ihre konstitutionellen Monarchien! (Bravo!) Die Bewegung, jetzt unterdrückt, wird wiederkehren und dann nicht vor der konstitutionellen Monarchie stehen bleiben, sondern ‒! Vogt verliest eine Ansprache der Wiener Studenten an das deutsche Parlament. (Rechts lacht man! Vogt meint, es sei nicht zu lachen über die Aula, die das herrlichste Corps, was für die deutsche Freiheit einsteht. (Warmer Beifall links und Gallerien.) Vogt behauptet, die österreichische Camarilla beabsichtigt den Bund mit der russigen Knute. (Pfui!) Vogt droht schlüßlich: „man möchte nicht auch Oesterreich zu einem Freiheitsgrabe machen, wie man schon Deutschland dazu gemacht.“ (Stürmischer langanhaltender Beifall. Schluß! Schluß!) Bassermann will noch das Wort haben. (Schluß!) Der Schluß der Debatte wird abgelehnt. Eisenmannfür die Ausschußanträge mit geringen Modifikationen. Benedeyfür das Gutachten der Minorität. Bassecmannfür die Anträge der Majorität Die Croaten seien nicht als Freiheitsmörder anzuklagen. Sie hätten gewissermaßen Recht. (Unterbrechung links!) Bassermann: es wäre doch anständig, wenn Sie mich nicht unterbrächen. Links: Wir brauchen ihre Anstandsregeln nicht. Simson (Präs.) ruft die Unterbrecher zur Ordnung.) Bassermann meint im Reichstage von Wien säßen Männer die seiner Ansichten wären, z. B. Löhner und Schuselka, welchen man doch wahrhaftig nicht einen „Schwarzgelben“ nennen würde. (?) Der Kampf Oesterreichs gegen die Ungarn sei ein Kampf der Freiheit gegen die Tyranen. Die Magyaren unterstützen den Bürgerkrieg. Der Kommandant Messenhauser in Wien gäbe die Erlaubniß zu Erpressungen. Der Reichstag sei von Leuten aus dem Volke bedroht ‒ in seinen Entschlüssen beschrankt. (Widerspruch links!) Nach Bassermann ist die ganze Wiener Freiheits-Erhebung eine verrätherische Emeute. Wir müssen darüber trauern. (Bravo rechts und Centren ‒ Zischen und fortgesetztes pfui! links und Gallerie.) Die Debatte wird geschlossen. Schilling erhält das Wort zu einer persönlichen Bemerkung. Er weist eine Verdächtigung Sommarugas, welche ihn beschuldigt in das kaiserliche Hoflager um dort zu horchen gegangen zu sein, mit Verachtung zurück. Er sei dahin gegangen im Auftrage des verantwortlichen Minister Hornbostl. (Bravo.) Sommaruga: Es ist ihm nicht eingefallen mit seiner Bemerkung irgend eine Person bezeichnen zu wollen. Also man hat den Herrn von Sommaruga gemeint? Vielleicht einen Geist? Schubert,Berichterstatter der Majorität empfiehlt die Anträge derselben. Folgt die namentliche Abstimmung über den Antrag der Majorität des Ausschusses. (S, oben.) Derselbe wird mit 250 Stimmen gegen 216 Stimmen angenommen. Alle andere Zusatz-Anträge werden verworfen. Das Ministerium hat also eine Majorität von 84 Stimmen. Die Sitzung wird um 1/2 4 geschlossen. * Aus dem deutschen Reiche. Wie in Alzei, sind auch in Worms wegen Steuerverweigerung Unruhen ausgebrochen. Wie nach Alzei, so sind nach Worms Reichstruppen beordert worden. Der Fürst von Anhalt-Bernburghat eine patriarchalische Proklamation an seine Unterthanen erlassen, worin er ihnen Reichstruppen verschreibt. Wenn baierische Truppen nach Hessen geschickt werden, so sind sie Reichstruppen. Werden dagegen die hessischen Truppen nach Baiern geschickt, so sind die hessischen Truppen Reichstruppen. Wenn also ein deutscher Landesvater dem andern seine Truppen leiht, so verwandeln sich dieselbigen Truppen in Reichstruppen. Ungarn. Pesth, 17. Oktbr. Nicht mehr mit Jellachich und den serbischen Insurgenten, nein, mit der k. k. östreichischen Armee, die von West, Ost und Nord in Ungarn einbricht, haben wir zu kämpfen, und sollten wir auch diese besiegen, so steht uns der Hauptkampf mit den Russen bevor. General Simonich ist mit drei Bataillonen von Galizien aus in dem Saroser Komitat eingebrochen. Der Landesvertheidigungs-Ausschuß hat auf den Kopf dieses „Räubers“ 100 Fl., auf den Kopf jedes Soldaten 20 Fl. als Preis gesetzt und den Landsturm gegen die Eindringlinge aufgeboten. Der Einfall Simonich's ist keine vereinzelte That, sie steht in Beziehung zu dem Marsche des Generals Puchner aus Siebenbürgen, der bereits die Festungen Karlsstadt und Marosvasarhely mit polnischen Regimentern besetzte, und zu der drohenden Stellung der deutschen Armee in Mähren. Von allen Seiten sollen wir eingeschlossen und so erdrückt werden. Machen wir uns auf einen Vernichtungskampf bereit, der Ungarns Ströme mit Blut färben, Ungarns Boden mit Leichen düngen wird. Unsere Leitha-Armee wird zurückgezogen, angeblich um die Winterquartiere zu beziehen, eigentlich aber, um den nahen Einbruch östreichischer Truppen auf ungarischem Boden abzuwehren. ‒ Flüchtlinge aus der Molda bringen uns die sichere Nachricht, daß die Russen sich zum Einmarsch in die ungarischen Länder rüsten, um im Verein mit dem Fürsten Windischgrätz die ungarische und weiter die europäische Freiheit zu zertrümmern. (C. Bl. v. B) Pesth, 17. Okt. Ein aus Saros hier eingetroffener Kurier meldet die wilde Flucht des Generals Simonich, welcher aus Galizien hereingebrochen war. Er wartete nicht einmal die Ankunft der ungarischen Truppen ab. Mehr als die Hälfte seiner Soldaten wurden auf der Flucht von den Bauern erschlagen. Dagegen lauten die Nachrichten von dem banater Kriegsschauplatz ungünstig. Die Raizen haben Török-Becse genommen und verwüsten den groß-kikindaer Kreis. Die ungarische Kriegsführung im Banat war bisher von Verrath bezeichnet. Unsere jetzige energische Regierung hat nun Maßregeln getroffen, welche der raizischen Insurrektion ein baldiges Ende machen werden. ‒ Dr. Tausenau aus Wien hat gestern hier in einer großen Volksversammlung eine mit allgemeinem Beifall aufgenommene republikanische Rede gehalten. Seit einigen Tagen erscheinen hier auch „Republikanische Blätter.“ Nachschrift. Eben eingegangenen authentischen Berichten zufolge sind die beiden Festungen Leopoldstadt und Munkacs in ungarische Hände gekommen. Die schwarzgelben Festungs-Kommandanten von Temeswar und Arad, sind für vogelfrei erklärt worden. Der walachische Aufstand in Siebenbürgen ist durch die tapfern Szekler fast gänzlich unterdrückt, der Haupträdelsführer Urban geflüchtet, drei hochgestellte Magnaten, auch ein Bischof sind gehenkt. Auch die aufständischen Raizen wurden bei Neu-Besce geschlagen. (Bresl. Z.) Französische Republik. Paris, 23. Oktbr. Im Moniteur eine Menge von Personaländerungen im Seewesen und außerdem abermals 43 neue Maires und Adjoinis für eben so viele Departementsstädte. ‒ Im Kriegsministerium wird Tag und Nacht an der Organisation jener dreihundert Bataillone mobiler Bürgerwehr für den Umfang der ganzen Republik gearbeitet, wie sie die provisorische Regierung beabsichtigte. Fast alle Bürger der ersten Kategorien haben bereits Vorladungen erhalten, sich in den Mairieämtern zu stellen und etwaige Reklamationen vorzubringen. Lamoriciere scheint entschlossen, diesen großartigen Plan einer allgemeinen Bürgerbewaffnung (wie ihn Napoleon kaum auszuführen vermochte) bis spätestens den 1. Jan. 1849 ins Leben zu rufen. Cavaignac unterstützt ihn darin aufs Wärmste und es scheint wirklich, als sollte die gesammte Organisation bis zum Neujahr bereits vollendet sein. Diesem allgemeinen Landsturme sollen zunächst seine Generäle, Obersten und Offiziere aus den in Paris kasernirten sechs Veteranenkompagnieen zugetheilt werden. Man sieht, unsere afrikanischen Generale wetteifern darin, uns unüberwindlich zu machen. ‒ Der einmonatlichen Ferienfrist (November) der National-Versammlung, während welcher die Präsidentenwahl stattfinden sollte, sind wir noch nicht ganz sicher. Gestern diskutirte die Rue de Poitiers mehrere Stunden lang über die Frage, ob sie sich überhaupt eine Vakanz gönnen solle? Thiers, der Zeus jener Klubs, hat eine ganze Stunde lang über die Nothwendigkeit der Permanenz geschwätzt und da wir nun einmal unter dem Pantoffel der Rue de Poitiers stehrn, so wäre es leicht möglich, daß wir um unsere süße Hoffnung einer einmonatlichen Ferienfrist geprellt würden. ‒ Das Journal „La Republique“ schreibt: Der Polizeipräfekt ergreift strenge Maßregeln gegen die Prostitution, die, wie er in öffentlichen Dokumenten sagt, täglich in erschreckenden Proportionen wächst. Trostloses Zeichen des Elendes mehr als des Lasters! Ist das eine wohlorganisirte Gesellschaft, die so viele unglückliche Kreaturen sich der Schande in die Arme werfen sieht, um dem Hunger zu entrinnen? Das ist die Gesellschaft, die dem Hrn. Thiers so sehr gefällt! Es ist wahr, daß im Ersatz Herr Thiers persönlich die größte Hochachtung vor dem Institute der Familie hat. Man theilt uns, sagt ebenfalls „La Republique,“ folgende Thatsache mit, die abermals beweist, daß die Gesellschaft sehr glücklich ist. Ein junger Mensch, kürzlich von der afrikanischen Armee verabschiedet, fiel vor Entkräftung um in der Passage St. Charles. Aufgerichtet durch einige Personen, erklärte der Unglückliche seiner Umgebung, er habe seine schwachen Hülfsmittel erschöpft, um seine Familie wiederzusehen. Bei seiner Ankunft habe er nur seine alte Mutter gefunden. Seine zwei Brüder seien als Juni-Insurgenten deportirt gewesen. Er habe seit 40 Stunden gar nichts gegessen, die vorigen Tage sehr wenig und irre nun auf den Zufall hin umher. Man gab ihm einige Nahrung, die er zu gierig verschlang, was ihm eine neue Indisposition verursachte. Eine rasch unter den Anwesenden zusammengebrachte Kollekte ergab eine kleine Summe, die er nur mit vielem Sträuben annahm. Er sagte, wenn er nicht seine arme 70jährige Mutter so sehr liebe, würde er rasch mit seinem Leben ein Ende gemacht haben. Nun wohl! Was sagen hierzu die ehrenwerthen Vertheidiger

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 126. Köln, 26. Oktober 1848, S. 0635. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz126_1848/3>, abgerufen am 24.11.2024.