Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 125. Köln, 25. Oktober 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

chen ändern. Aber bald hätte ich eine Größe vergessen. Die Frankfurter linke Deputation zeigt mittelst Maueranschlag heute noch einmal an, daß sie wirklich hier sei und daß sie den Wienern ein Schock - Bewunderung mitbringe. Famose Kerls in ihrer Offizialität! Wer sind die Herren Hartmann und Trempusch, die zur Deputation gehören? O Deutschland, wann wird der Geist deines Volks endlich einen Geist, einen Charakter erzeugen! Heute sollen zwei Reichstags-Kommissarien aus Frankfurt hier eintreffen. Auch sie werden ebenfalls der Anarchie, von der nur in der verruchten Ober-Post-Amtszeitung (Beiblatt vom 14.) nicht aber hier die schurkenhafte Spur anzutreffen ist, auf den Kopf hauen wollen. Dann haben wir ein schönes Heer von Anarchisten, Jellachich, Schuselka, Auersperg, die Frankfurter, die Kamarilla und Windischgrätz im Anzug. Es wird gut werden. Das Wiener Volk wird sich selber helfen müssen, wie unter dem Kretinen-Gewürm jeder ausgezeichnetere Mensch sich selber helfen muß.

Lesen Sie Folgendes und bewundern Sie mit mir den Takt, das richtige Gefühl, den Muth unserer Frauen. Sie trösten, wo die Männer verächtlich werden.

"Hoher Reichstag!

Die Freiheit, das Vaterland sind in Gefahr! Ein Schmerzensruf durchdringt alle Herzen, ein Gefühl belebt jede Brust.

Durchdrungen von der hohen Bedeutung unserer bedrängten Zeitverhältnisse, welche uns zum unermüdlichen Kampfe rufen, um der Knechtschaft einer Soldatenherrschaft zu entgehen, halten wir es für unsere Pflicht, auch unsere Wünsche mit jenen unserer Brüder zu vereinen, um an einen hohen Reichstag das dringende Gesuch zu stellen, er möge mit energischer Kraft die Zügel der Regierung ergreifen, bevor es zu spät ist. Der Muth und die Entschlossenheit unserer Freiheitskämpfer, wir können sagen, des ganzen Volks, welches bereit ist, für die gute Sache bis auf den letzten Mann zu stehen, ist so groß, daß wir eigentlich allein im Stande wären, den Feind zu besiegen. Doch lange Verzögerungen wirken besonders auf halbentschlossene Menschen immer schwächend. - Es wäre daher höchst nothwendig, ein hoher Reichstag möge den Landsturm, der mit ungeheuern Kräften nur seines Winkes harrt, entbieten, indem, je imponirender die Macht, je größer die Streitkräfte, desto weniger Opfer würden fallen, einen Sieg zu erkämpfen, der ohnehin schon jetzt mit soviel unnütz vergossenem Menschenblute theuer erkauft ist.

Jetzt gilt es, zu handeln, jede Minute des Aufenthaltes kostet vielleicht viele Menschenleben; soweit unsere Blicke reichen, sehen wir das mörderische Geschütz sich vor uns entfalten. - Vernichtung drohender Soldatenherrschaft sei unsere Loosung! - Wir dürfen nicht länger säumen, um jeden Preis unsere kostbaren Errungenschaften zu wahren!

O, hört unsere Warnung, unsern Hülferuf, Vertreter eines freien Volkes! Ladet nicht den Vorwurf der Mit- und Nachwelt auf Euer Haupt durch ängstliches Zögern und Berathen, - wo es sich um das Wohl von Millionen handelt!

Freie Männer des Volkes! beweiset, daß Ihr würdig des Vertrauens seid, einer so großen Nation, und erbaut Euch ein Denkmal in den Annalen der Geschichte, das unzerstörbar!

Bürger, wir vertrauen Euerm bewährten Pflichtgefühle.

Wien, 17. October 1848.

Im Namen des ersten demokratischen Wiener Frauenvereins Karoline Perin, geb. Pasqualati, Präsidentin."

(Folgen die Unterschriften.)

Und darüber hat der Kretinismus, die Feigheit, die Niederträchtigkeit und der Verrath des Wiener Reichstags beim Vorlesen höhnisch-mitleidsvoll zu lachen gewagt!

Wien, 19. Oktbr.

Der "Politische Privat-Telegraph" berichtet: Die Gewaltthätigkeiten, die stündlich von dem Militär verübt werden, empören die Völker der Monarchie. In jedem Orte, wo die Soldaten die Oberhand gewinnen, werden die Nationalgarden entwaffnet. Die Nationalgarden aus Bielitz, welche den Wienern zu Hülfe zu kommen im Begriffe waren, wurden bei Prerau entwaffnet und festgenommen; ebenso geschah es den Brünner Nationalgarden, welche von Wien in ihre Vaterstadt zurückkehrten. Man ist im höchsten Grade gespannt auf den Ausgang der Ereignisse. Man spricht davon, daß die Ungarn wieder andern Sinnes geworden und den Angriff auf die Kroaten wieder beschlossen haben. Kossuth ist gestern in das ungarische Lager gekommen und wird, wie man sagt, den Ereignissen eine andere Richtung geben. Moga soll nicht recht stichhaltig dem Ban gegenüber sein. Die Nachricht von der Umwandlung der magyarischen Gesinnung brachten zwei ungarische Deputirte in das Studenten-Comite. Diese beabsichtigen heute in einem Plakate das Dunkel zu lichten und die Wiener über die ungarischen Verhältnisse aufzuklären. Da Pulski als den Vorwand für den ungarischen Rückzug den Umstand bezeichnet, daß keine Wiener Behörde die Hülfe der Magyaren angesucht, so hat der Oberkommandant Messenhauser sich an den Gemeinderath gewendet und von diesem diese Berufung verlangt. Der Gemeinderath jedoch, der in den letzten Tagen ein Bedeutendes von seinem patriotischen Eifer eingebüßt, versprach dem Oberkommandanten, sich diesfalls an den permanenten Ausschuß zu wenden. Der russische Gesandte Medem ist abgereist; sein Stellvertreter hatte gestern Abends mit dem belgischen und holländischen Gesandten eine längere Konferenz.

Das Lager beim Belvedere ist vollständig bezogen und alle Anordnungen sind der Art getroffen, daß jedem Angriffe von Seiten des Militärs ein erfolgreicher Widerstand geleistet werden könnte. Im Lager befindet sich ein ansehnlicher Geschützpark, den der Generallieutenant Bem nöthigenfalls aufs Beste anwenden würde.

Die Chargen der akademischen Legion, welche lagert, haben auf die höheren Gagen im Vergleich mit den übrigen Legionärs aus eigenem Antriebe verzichtet. Wien ist seit gestern gänzlich eingeschlossen und nur noch bei der einen Nußdorfer Linie ist die Zufuhr möglich. Bei den übrigen Linien wird die Zufuhr von den Soldaten gewaltsam weggenommen.

Das Studentencomite hat einen Aufruf an das deutsche Volk gerichtet, in welchem dieses aufgefordert wird, der bedrängten Stadt Wien, wo das deutsche Interesse vertreten wird, zu Hülfe zu kommen. Das Comite macht darauf aufmerksam, daß in der von den Kroaten bedrohten östreichischen Hauptstadt das deutsche Interesse weit mehr bedroht sei, als in Holstein. Die hier anwesenden Deputirten von der Linken zu Frankfurt haben ein Plakat veröffentlicht, in welchem sie ihre Bewunderung für die Handlungsweise der Wiener aussprechen.

Aus dem deutschen Reich.

In München und Hannover sind ähnliche Rundschreiben, wie in Preußen über die Beaufsichtigung der politischen Vereine erlassen worden.

103 Berlin, 22. Oktober.

Unsere Bourgeoisie schreitet tagtäglich nach der Verfassung. Sie will eine Verfassung um jeden Preis, so schnell wie möglich in Händen haben, weil sie alsdann Alles geordnet glaubt und dem jetzigen gesetzlosen Zustand, ein Ende gemacht würde. "Wir haben nichts weiter zu berathen als die Verfassung!" rief neulich ein Abgeordneter von der rechten Seite. Nun, die Verfassung wird jetzt berathen. Ob man damit bis zu Ende kommen wird, ist eine Frage. Man hat starke Ursache daran zu zweifeln. Wer der gestrigen Sitzung der Vereinbarer-Versammlung beigewohnt, wer die leidenschaftlichen Scenen, die gestern im Conzertsaal des Schauspielhauses zur Aufführung kamen mitangesehen, der muß zugestehen, daß hier keine Vereinbarung möglich ist. Hier heißt es vielmehr: entweder, oder. Mögen auch die Centren noch so viel versuchen um eine gegenseitige Vermittlung hervorzurufen, sie ist unmöglich. Das eine Drittel der Versammlung, die rechte Seite, die will mehrere Schritte rückwärts gehen und versucht diesen Rückschritt mit Hülfe der Armee zu machen. Das andere Drittel der Versammlung, die äußerste Linke will täglich noch einen Schritt vorwärts machen, sie wird von dem größten Theil der Bevölkerung vorwärts gedrängt. Sie kann nicht stehen bleiben mit den Centren und ihr Vorwärts ruft die Reaktion der rechten Seite hervor. Die Zeit ist jetzt gekommen wo man sich von beiden Seiten drängt, man fühlt, daß der Sieg im Conzertsaale noch nicht hinreichend ist um den Kampfplatz als Sieger zu verlassen, denn außer diesem Saale wird auch noch manches Wort mitgesprochen. Dies Mitsprechten möchte die reaktionäre Partei dem Volke gern unmöglich machen. Die Klubs, der zum 26. d. zusammenberufene Demokraten-Congreß sind ein Dorn im Auge der Reaktion. Deshalb versucht dieselbe Unruhen hervorzubringen, damit man Gelegenheit findet, Berlin in Belagerungszustand erklären zu lassen, das freie Versammlungsrecht und die freie Presse zu beschränken. Einen solchen Streich hatte die Reaktion gestern vorbereitet Man dekretirte 100 Erdarbeiter ohne Weiteres zu entlassen. Man glaubte, daß nichts natürlicher sei, als daß die Arbeiter wieder Unruhen machen würden, welche das Signal zu einem neuen Aufstande gegeben hätte. Man hätte denselben diesmal von Seiten der Reaktion besser benutzt als am Montag, wo sie unvorbereitet davon überrascht wurden. Dies alles wußten auch die Demokraten und ermahnten daher gestern zu Ruhe. So viel Ursache die Arbeiter auch zu einer Aufregung hatten, so waren sie doch bald überzeugt, daß Mäßigung diesmal am rechten Orte sei. Dies ging sogar soweit, daß die Arbeiter Jemanden festnahmen, welcher zu ihnen kam, und sie zu Unruhen, in Folge der gestrigen Arbeiter-Entlassung aufreitzen wollte. Es zeigte sich, daß der Festgenommene ein Reaktionär war. Obgleich sich die Polizei bemühete diesen Menschen, als nicht zurechnungsfähig darzustellen, gewinnt doch die Vermuthung Raum, daß die Reaktion grade ein solches unschädliches Individuum vorschob. -

Trotz der großen innern Aufgeregtheit aller Gemüther müssen sich die Abgeordneten des Volks dennoch täglich versammeln um unter dem Schein eines allgemeinen Einvernehmens die Vereinbarung der Verfassung zu Stande zu bringen. Wer will aber vereinbaren? Die Rechte will nicht, denn die nimmt alles so an, wie es das Ministerium wünscht. Die Linke will nicht, denn die will so vom König angenommen wissen, wie es die Majorität festgestellt hat. Demnach bleiben nur die Centren übrig. Das sind die eigentlichen Vereinbarer. Die arbeiten auch am Meisten beim Vereinbarungswerk. Alle Berichte der Central-Abtheilungen über das Verfassungswerk sind von diesen unentschiedenen und schwankenden Männern abgefaßt. So der gestern ausgegebene sieben Bogen starke Bericht über den 2. Titel des Entwurfs der Verfassungs-Urkunde vom Abg. Pilet. Er beginnt folgendermaßen:

"Die Vereinbarungs-Urkunde, welche unserem freigewordenen Volke die große Errungenschaft sichern soll, ein einiges und freies Volk zu sein, hat vor Allem die Aufgabe, die Freiheit des Individuums nach allen Richtungen hin, zu gewährleisten. Denn ein einiges und freies Volk kann nur aus der Gesammtheit freier Individuen bestehn. - Der vorliegende 2. Titel, welcher von den Rechten der Preußen handelt, bildet daher, indem er die Grundrechte des Volks feststellt, die eigentliche Grundlage der ganzen Verfassung. - Alle übrigen Titel enthalten nur die Formen, in welchen die Ausflüsse dieser Grundrechte zu einem staatlich geordneten Ganzen, zusammengefaßt, und zum Wohle der Gesammtheit in Thätigkeit gesetzt werden." -

"Die Central-Abtheilung ist bei der Berathung dieses Titels davon ausgegangen, daß die Freiheit des Individuums in der Verfassung voll, und ohne den geringsten Abbruch gewährt werden müsse. Sie hat für dieses Maaß der individuellen Freiheit überall nur eine Gränze anerkannt, das ist die Berechtigung jedes Anderen auf ein gleiches Maaß individueller Freiheit. Die Freiheit des Einzelnen findet daher ihre Beschränkung nur in der Gleichberechtigung Aller." -

"Auf den Charakter einer Verfassung müssen die Zustände, welche bei Einführung einer neuen Ordnung der Dinge im Staate vorgefunden werden, nothwendigerweise von Einfluß sein. Für die preußische Verfassung liegt die Aufgabe vor, anstatt des gestürzten Polizeistaats den Rechtsstaat aufzubauen. Daher ist es natürlich und nothwendig, daß die Hauptschutzmittel der persönlichen Freiheit gegen die Bevormundung des ehemaligen Polizeistaats aufgerichtet sind." -

14 Berlin, 22. Okt.

Nachdem gestern 100 Arbeiter auf dem Köpnickerfelde entlassen wurden (laut einem Plakat des Baumeisters Helft: aus Strafe für die Zerstörung der Maschine am 13. d.), sollen morgen noch zweihundert entlassen werden und zwar unter Aufsicht der Bürgerwehr (?) und Konstabler. Berücksichtigt man die gestrigen Versammlungsdebatten und die unvergleichliche Frechheit der Rechten, so kann man nur die Alternative stellen: entweder will die Regierung einen neuen Konflikt zwischen Arbeitern und Bürgern, oder sie ist total mit Blindheit geschlagen. Aus wahrhafter Quelle kann ich Ihnen berichten, daß die zerstörte Maschine auf dem Köpnickerfelde, nicht, wie es Minister und Stadtrath behaupten, zum Nutzen der Arbeiter, sondern zum Nachtheil derselben war. Das Wasser, welches sie ausschöpfen sollte, konnte füglich von den Arbeitern fortgeschafft werden. Die Zerstörung geschah lediglich in der Gewißheit, daß nach Aufstellung der Maschine viele Arbeiter überflüssig und entlassen würden: für die Maschine, welche uns ruinirt, gibt man Tausende aus, uns aber zieht man einige lumpige Groschen vom Lohne ab, wenn die Tage kürzer geworden sind. Ist das unsre Schuld? Wir gehen schweren Tagen entgegen.

119 München, 20. Oktober.

Die sonst so gutmüthige Bevölkerung unsrer Bier-Metropole hat seit einigen Tagen mit einer solchen Berserkerwuth gegen Parlamentsmitglieder, gegen Demokraten-Denunzianten, gegen Bierbrauer und Wursthändler gekämpft, daß man wirklich glauben mußte, die halbe Stadt sei von Bockbier berauscht.

Der Rausch ist jetzt aber so gut wie vorüber und der Katzenjammer des Martial-Gesetzes ist eingetreten.

Wie ich Ihnen bereits schrieb, machte sich die Volkslaune zuerst in einigen musikalischen Abendunterhaltungen Luft, die damit endigten, daß die Musikanten ihren Gefeierten schließlich mit den Instrumenten die Fenster einschlugen. Es war dies gewissermaßen die Ouvertüre zu den Störungen des 18. Glauben Sie aber ja nicht, daß diese in dem Sturm einer Wache oder eines Zeughauses bestanden - nein, die guten Münchner machten sich grade an ihre besten Freunde, an die Wirthe, an die Bierbrauer! Die letztern hatten sich nämlich durch eine Erhöhung des Bierpreises den tödlichsten Haß des souveränen Volkes zugezogen und wie sich mailand in Paris National-Garden und Proletarier zu einem Sturm auf die Tuilerien vereinigten, so machten diesmal in München Bürger und Soldaten gemeinschaftliche Sache bei einem Angriffe auf das Haus des reichen Bierbrauers Pschorr. Die Läden der Bäcker und der Schinkenhändler hatten vorher schon herhalten müssen. Ein wahrer Regen von geräucherten Schenkeln und weißen Brödchen fiel aus den Fenstern der erstürmten Häuser belustigend auf die tobende Menge herab. Zu Brod und Fleisch schien man indeß auch Bier haben zu wollen und in Massen wälzte man sich daher vor die Wohnung des Brauers Pschorr. Der Sturm dieser Feste war nicht so leicht als man dachte.

Wie ein Regiment Schweizer mit Stangen und Hellebarden, standen nämlich die Brauknechte des Herrn Pscharr mit fürchterlichen Knitteln vor der Thür ihres Meisters. Der Kampf begann und er schwankte lange. ""Aber wer vermag einem durstigen Volke zu widerstehen?"" Die Brauknechte mußten endlich weichen und jubelnd stürzte die Menge in das Innere der Wohnung. Uhren, Spiegel, Tische, Stühle, Geldsäcke, Papiere u. s. w. flogen jetzt miteinander durch die Fenster in die Straße hinab. Mit Mühe rettete sich Pscharr mit seiner Frau durch die Hinterthür, eben noch geschützt von seinen Knechten, die zerprügelt und zerschlagen den Rückzug ihres Herrn zu decken suchten.

Erst als Generalmarsch geschlagen wurde und das Militär mit gefälltem Bayonnet die Straßen zu säubern begann, verließen die Rebellen das verwüstete Haus.

Seit das Martialgesetz verkündet wurde, hat der Skandal ziemlich aufgehört; beide Parteien verbinden ihre Wunden und Verhaftungen geschehen in Masse.

Rastatt, 21. Okt.

Struve und Blind haben ihr bisheriges Gefängniß in Bruchsal wieder mit den hiesigen Kasematten vertauscht. Sie wurden heute Mittag, unter Bedeckung von 60 Mann preußischer Truppen, hierher gebracht. Voraussichtlich wird indeß der hiesige Aufenthalt der Gefangenen von kurzer Dauer sein, da die Geschwornen zu ihrer Aburtheilung alsbald zusammentreten werden, wenn das desfallsige Gesetz in beiden Kammern berathen und sanktionirt ist.

(F. O. P. Z.)
Schleswig, 20. Okt.

Die Berathung über den Antrag des Advokaten Friederici führte in der heutigen Sitzung der Landesversammlung schließlich zur Annahme eines Gesetzes, durch welches allen deutschen Kriegern, welche in Folge ihrer Dienste im diesjährigen Kriege gegen die Dänen, zur Erwerbung ihres Unterhalts unfähig geworden sind und kein Vermögen besitzen, einerlei, ob sie bei den schleswig-holsteinischen oder bei den Hülfstruppen, ob sie im regulären Militär oder in einem Freikorps gedient haben, so wie auch den Wittwen und Kindern der gefallenen oder verwundeten Krieger unter gleicher Bedingung ein gesetzlicher Anspruch auf Unterstützung aus der schleswig-holsteinischen Staatskasse zuerkannt und zu diesem Zweck vorläufig eine Summe von 15,000 Thlr. Cour. jährlich ausgesetzt wird. - Die Vorlage der provisorischen Regierung resp. wegen ihres eigenen Abtretens und wegen Anerkennung der neuen Regierung, führte schon gestern Abend zu einer allgemeinen Privatbesprechung der Mitglieder der Landesversammlung. In der heutigen Abendsitzung, welche bereits auf 7 Uhr angesetzt ist, wird von dem bestellten Ausschusse Bericht erstattet und alsdann wahrscheinlich sofort beschlossen werden. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß die Entscheidung in Gemäßheit der Regierungsanträge ausfallen wird, so daß es sich nur noch darum handelt, wie groß die Majorität und wie gering die Minorität ausfallen werde. Ich hoffe, daß sich Alles zum Guten wenden wird. Muthmaßlich wird die Landesversammlung sich gleich nach gefaßtem Beschlusse über die Regierungsvorlagen vertagen. Herr v. Reedtz soll bereits ganz in der Nähe sein, indeß nicht hierher kommen wollen, bevor die Landesversammlung auseinander gegangen ist.

- Durch Verfügung der provisorischen Regierung vom 17. d. M. werden die dänischen Schiffe in den Häfen der Herzögthümer den Schiffen nicht privilegirter Nationen gleichgestellt, (M. s. die Seeberichte.)

Italien.
*

(Verspätet.) In Piemont dauert die Bewegung fort. Die öffentliche Meinung spricht sich energisch für den Krieg aus, und die Opinione vom 16. meinte, daß Alles auf eine nahe bevorstehende Ueberschreitung des Tessin hindeute: Romarino, heißt es, ersetzt den General Olivieri. - In Padua wächst die Aufregung gegen die Oestreicher mit jedem Tage. Die Frauen haben Trauer angelegt, man sieht keine einzige Equipage, die Theater stehen leer, die Nationalgarde ist aufgelöst, die Steuern werden nicht bezahlt. Das Wichtigste übrigens, was wir zu berichten haben, ist der Fall des toskanischen Ministeriums, der zunächst als eine Rückwirkung der Wiener Ereignisse betrachtet werden muß. Der Großherzog hatte den Drohungen des Volkes von Livorno, welches ihm für einen Ministerwechsel eine Frist von drei Tagen gesteckt hatte, widrigenfalls es auf Florenz marschiren würde, hartnäckigen Widerstand entgegengesetzt, der jedoch durch die Nachrichten von Wien besiegt wurde. Das Kabinet wurde auf dieselben sofort aufgelöst, und ein neues Ministerium, in welches selbst die Häupter der Bewegung, Guerazzi und Moutanelli, von Livorno berufen wurden, gebildet. Die Zusammensetzung ist wie folgt: Präsident, J. B. Nikolini; Inneres, Guerruzzi; Auswärtiges, Montanelli; öffentliche Arbeiten, Mazoni; öffentlicher Unterricht, Professor Pigli; Justiz, Guiui Bantani; Finanzen, Fenzi; Krieg, Mariano Bugala. In Livorno erregte die Nachricht von diesem Ereigniß ungeheuern Jubel. Sie kam am 13. um Mitternacht an. um 2 Uhr Morgens wurde sie durch eine Proklamation Montanellis angezeigt, das Volk drängte sich jauchzend und glückwünschend massenweise in den Straßen, und um 7 Uhr, als die ganze Bevölkerung auf den Beinen war, wurde das Ereigniß mit Gesang und Geschützsalven begrüßt. Um 11 Uhr fand dann eine Demonstration für die Eröffnung der Constituante statt.

- Leider müssen wir mit dem Falle des toskanischen Ministeriums auch den der Festung Osoppo bei Udine (s. Rhein. Ztg. von vorgestern) berichten. Nachdem sie sich sechs Monate lang gehalten, hat sie sich nach einem heftigen Bombardement an die österreichischen Truppen ergeben. Nebst mehreren Vorräthen wurden 37 Geschütze erbeutet. Die aus päbstlichen Truppen bestehende Besatzung hat kapitulirt und begibt sich ohne Waffen in ihre Heimath.

* Die Eidgenössische Zeitung meldet, daß nach Briefen aus Ankona vom 15. Karl Albert mit einer Armee von 100,000 Mann auf Mailand losmarschirt; 30,000 Mann sollen nach Placentia vorrücken. Der polnische General Chrzanowski befehligte das Heer. Am 19. hoffte man, den Aeußerungen des Königs zufolge, in Mailand einzurücken. Ein Kurier soll nach Frankreich abgegangen sein, um neuerdings einen französischen General zur Uebernahme des Kommando's zu veranlassen.

Wir haben die Bestätigung dieser Neuigkeit zu erwarten. Inzwischen scheint sie nach andern uns aus Turin zugegangenen Nachrichten sehr wahrscheinlich. Am 14. und 15. herrschte daselbst die lebhafteste Aufregung. Zwei in ihre Kasernen konsignirte Brigaden lehnten sich gegen diese Maßregel in offener Emeute auf, zertrümmerten die Thore, stiegen durch die Fenster, und zogen mit dem Rufe: "Es lebe die Republik!" durch die Straßen. Der König berief einen Generalkonseil, dem auch General Chrzanowski beiwohnte.

Auch aus andern Orten lauten die Berichte in hohem Grade kriegerisch. Zu Bercelli theilte man an die lombardischen Truppen Waffen aus, die sie mit Begierde ergriffen. Zu Genua hat Garibaldi eine Einschreibung für Freiwillige eröffnet. In Alexandrien und Genua am 16. große Truppenbewegung. Zu Mailand wächst die Spaltung unter den Soldaten mit jedem Tage. Radetzky hat 6000 Mann nach Oestreich zurückschicken und sein Geschütz gegen die Ungarn richten müssen, so daß, wie man sagt, gegenwärtig nur noch 15 bis 20,000 Mann zu Mailand sich befinden. Aus Padua schreibt man vom 10., daß man ungehindert in den Straßen ruft: "Nieder mit den Oestreichern! Es lebe die italienische Unabhängigkeit! Ueberall, wo sich Oestreicher befinden,

chen ändern. Aber bald hätte ich eine Größe vergessen. Die Frankfurter linke Deputation zeigt mittelst Maueranschlag heute noch einmal an, daß sie wirklich hier sei und daß sie den Wienern ein Schock ‒ Bewunderung mitbringe. Famose Kerls in ihrer Offizialität! Wer sind die Herren Hartmann und Trempusch, die zur Deputation gehören? O Deutschland, wann wird der Geist deines Volks endlich einen Geist, einen Charakter erzeugen! Heute sollen zwei Reichstags-Kommissarien aus Frankfurt hier eintreffen. Auch sie werden ebenfalls der Anarchie, von der nur in der verruchten Ober-Post-Amtszeitung (Beiblatt vom 14.) nicht aber hier die schurkenhafte Spur anzutreffen ist, auf den Kopf hauen wollen. Dann haben wir ein schönes Heer von Anarchisten, Jellachich, Schuselka, Auersperg, die Frankfurter, die Kamarilla und Windischgrätz im Anzug. Es wird gut werden. Das Wiener Volk wird sich selber helfen müssen, wie unter dem Kretinen-Gewürm jeder ausgezeichnetere Mensch sich selber helfen muß.

Lesen Sie Folgendes und bewundern Sie mit mir den Takt, das richtige Gefühl, den Muth unserer Frauen. Sie trösten, wo die Männer verächtlich werden.

„Hoher Reichstag!

Die Freiheit, das Vaterland sind in Gefahr! Ein Schmerzensruf durchdringt alle Herzen, ein Gefühl belebt jede Brust.

Durchdrungen von der hohen Bedeutung unserer bedrängten Zeitverhältnisse, welche uns zum unermüdlichen Kampfe rufen, um der Knechtschaft einer Soldatenherrschaft zu entgehen, halten wir es für unsere Pflicht, auch unsere Wünsche mit jenen unserer Brüder zu vereinen, um an einen hohen Reichstag das dringende Gesuch zu stellen, er möge mit energischer Kraft die Zügel der Regierung ergreifen, bevor es zu spät ist. Der Muth und die Entschlossenheit unserer Freiheitskämpfer, wir können sagen, des ganzen Volks, welches bereit ist, für die gute Sache bis auf den letzten Mann zu stehen, ist so groß, daß wir eigentlich allein im Stande wären, den Feind zu besiegen. Doch lange Verzögerungen wirken besonders auf halbentschlossene Menschen immer schwächend. ‒ Es wäre daher höchst nothwendig, ein hoher Reichstag möge den Landsturm, der mit ungeheuern Kräften nur seines Winkes harrt, entbieten, indem, je imponirender die Macht, je größer die Streitkräfte, desto weniger Opfer würden fallen, einen Sieg zu erkämpfen, der ohnehin schon jetzt mit soviel unnütz vergossenem Menschenblute theuer erkauft ist.

Jetzt gilt es, zu handeln, jede Minute des Aufenthaltes kostet vielleicht viele Menschenleben; soweit unsere Blicke reichen, sehen wir das mörderische Geschütz sich vor uns entfalten. ‒ Vernichtung drohender Soldatenherrschaft sei unsere Loosung! ‒ Wir dürfen nicht länger säumen, um jeden Preis unsere kostbaren Errungenschaften zu wahren!

O, hört unsere Warnung, unsern Hülferuf, Vertreter eines freien Volkes! Ladet nicht den Vorwurf der Mit- und Nachwelt auf Euer Haupt durch ängstliches Zögern und Berathen, ‒ wo es sich um das Wohl von Millionen handelt!

Freie Männer des Volkes! beweiset, daß Ihr würdig des Vertrauens seid, einer so großen Nation, und erbaut Euch ein Denkmal in den Annalen der Geschichte, das unzerstörbar!

Bürger, wir vertrauen Euerm bewährten Pflichtgefühle.

Wien, 17. October 1848.

Im Namen des ersten demokratischen Wiener Frauenvereins Karoline Perin, geb. Pasqualati, Präsidentin.“

(Folgen die Unterschriften.)

Und darüber hat der Kretinismus, die Feigheit, die Niederträchtigkeit und der Verrath des Wiener Reichstags beim Vorlesen höhnisch-mitleidsvoll zu lachen gewagt!

Wien, 19. Oktbr.

Der „Politische Privat-Telegraph“ berichtet: Die Gewaltthätigkeiten, die stündlich von dem Militär verübt werden, empören die Völker der Monarchie. In jedem Orte, wo die Soldaten die Oberhand gewinnen, werden die Nationalgarden entwaffnet. Die Nationalgarden aus Bielitz, welche den Wienern zu Hülfe zu kommen im Begriffe waren, wurden bei Prerau entwaffnet und festgenommen; ebenso geschah es den Brünner Nationalgarden, welche von Wien in ihre Vaterstadt zurückkehrten. Man ist im höchsten Grade gespannt auf den Ausgang der Ereignisse. Man spricht davon, daß die Ungarn wieder andern Sinnes geworden und den Angriff auf die Kroaten wieder beschlossen haben. Kossuth ist gestern in das ungarische Lager gekommen und wird, wie man sagt, den Ereignissen eine andere Richtung geben. Moga soll nicht recht stichhaltig dem Ban gegenüber sein. Die Nachricht von der Umwandlung der magyarischen Gesinnung brachten zwei ungarische Deputirte in das Studenten-Comite. Diese beabsichtigen heute in einem Plakate das Dunkel zu lichten und die Wiener über die ungarischen Verhältnisse aufzuklären. Da Pulski als den Vorwand für den ungarischen Rückzug den Umstand bezeichnet, daß keine Wiener Behörde die Hülfe der Magyaren angesucht, so hat der Oberkommandant Messenhauser sich an den Gemeinderath gewendet und von diesem diese Berufung verlangt. Der Gemeinderath jedoch, der in den letzten Tagen ein Bedeutendes von seinem patriotischen Eifer eingebüßt, versprach dem Oberkommandanten, sich diesfalls an den permanenten Ausschuß zu wenden. Der russische Gesandte Medem ist abgereist; sein Stellvertreter hatte gestern Abends mit dem belgischen und holländischen Gesandten eine längere Konferenz.

Das Lager beim Belvedere ist vollständig bezogen und alle Anordnungen sind der Art getroffen, daß jedem Angriffe von Seiten des Militärs ein erfolgreicher Widerstand geleistet werden könnte. Im Lager befindet sich ein ansehnlicher Geschützpark, den der Generallieutenant Bem nöthigenfalls aufs Beste anwenden würde.

Die Chargen der akademischen Legion, welche lagert, haben auf die höheren Gagen im Vergleich mit den übrigen Legionärs aus eigenem Antriebe verzichtet. Wien ist seit gestern gänzlich eingeschlossen und nur noch bei der einen Nußdorfer Linie ist die Zufuhr möglich. Bei den übrigen Linien wird die Zufuhr von den Soldaten gewaltsam weggenommen.

Das Studentencomite hat einen Aufruf an das deutsche Volk gerichtet, in welchem dieses aufgefordert wird, der bedrängten Stadt Wien, wo das deutsche Interesse vertreten wird, zu Hülfe zu kommen. Das Comite macht darauf aufmerksam, daß in der von den Kroaten bedrohten östreichischen Hauptstadt das deutsche Interesse weit mehr bedroht sei, als in Holstein. Die hier anwesenden Deputirten von der Linken zu Frankfurt haben ein Plakat veröffentlicht, in welchem sie ihre Bewunderung für die Handlungsweise der Wiener aussprechen.

Aus dem deutschen Reich.

In München und Hannover sind ähnliche Rundschreiben, wie in Preußen über die Beaufsichtigung der politischen Vereine erlassen worden.

103 Berlin, 22. Oktober.

Unsere Bourgeoisie schreitet tagtäglich nach der Verfassung. Sie will eine Verfassung um jeden Preis, so schnell wie möglich in Händen haben, weil sie alsdann Alles geordnet glaubt und dem jetzigen gesetzlosen Zustand, ein Ende gemacht würde. „Wir haben nichts weiter zu berathen als die Verfassung!“ rief neulich ein Abgeordneter von der rechten Seite. Nun, die Verfassung wird jetzt berathen. Ob man damit bis zu Ende kommen wird, ist eine Frage. Man hat starke Ursache daran zu zweifeln. Wer der gestrigen Sitzung der Vereinbarer-Versammlung beigewohnt, wer die leidenschaftlichen Scenen, die gestern im Conzertsaal des Schauspielhauses zur Aufführung kamen mitangesehen, der muß zugestehen, daß hier keine Vereinbarung möglich ist. Hier heißt es vielmehr: entweder, oder. Mögen auch die Centren noch so viel versuchen um eine gegenseitige Vermittlung hervorzurufen, sie ist unmöglich. Das eine Drittel der Versammlung, die rechte Seite, die will mehrere Schritte rückwärts gehen und versucht diesen Rückschritt mit Hülfe der Armee zu machen. Das andere Drittel der Versammlung, die äußerste Linke will täglich noch einen Schritt vorwärts machen, sie wird von dem größten Theil der Bevölkerung vorwärts gedrängt. Sie kann nicht stehen bleiben mit den Centren und ihr Vorwärts ruft die Reaktion der rechten Seite hervor. Die Zeit ist jetzt gekommen wo man sich von beiden Seiten drängt, man fühlt, daß der Sieg im Conzertsaale noch nicht hinreichend ist um den Kampfplatz als Sieger zu verlassen, denn außer diesem Saale wird auch noch manches Wort mitgesprochen. Dies Mitsprechten möchte die reaktionäre Partei dem Volke gern unmöglich machen. Die Klubs, der zum 26. d. zusammenberufene Demokraten-Congreß sind ein Dorn im Auge der Reaktion. Deshalb versucht dieselbe Unruhen hervorzubringen, damit man Gelegenheit findet, Berlin in Belagerungszustand erklären zu lassen, das freie Versammlungsrecht und die freie Presse zu beschränken. Einen solchen Streich hatte die Reaktion gestern vorbereitet Man dekretirte 100 Erdarbeiter ohne Weiteres zu entlassen. Man glaubte, daß nichts natürlicher sei, als daß die Arbeiter wieder Unruhen machen würden, welche das Signal zu einem neuen Aufstande gegeben hätte. Man hätte denselben diesmal von Seiten der Reaktion besser benutzt als am Montag, wo sie unvorbereitet davon überrascht wurden. Dies alles wußten auch die Demokraten und ermahnten daher gestern zu Ruhe. So viel Ursache die Arbeiter auch zu einer Aufregung hatten, so waren sie doch bald überzeugt, daß Mäßigung diesmal am rechten Orte sei. Dies ging sogar soweit, daß die Arbeiter Jemanden festnahmen, welcher zu ihnen kam, und sie zu Unruhen, in Folge der gestrigen Arbeiter-Entlassung aufreitzen wollte. Es zeigte sich, daß der Festgenommene ein Reaktionär war. Obgleich sich die Polizei bemühete diesen Menschen, als nicht zurechnungsfähig darzustellen, gewinnt doch die Vermuthung Raum, daß die Reaktion grade ein solches unschädliches Individuum vorschob. ‒

Trotz der großen innern Aufgeregtheit aller Gemüther müssen sich die Abgeordneten des Volks dennoch täglich versammeln um unter dem Schein eines allgemeinen Einvernehmens die Vereinbarung der Verfassung zu Stande zu bringen. Wer will aber vereinbaren? Die Rechte will nicht, denn die nimmt alles so an, wie es das Ministerium wünscht. Die Linke will nicht, denn die will so vom König angenommen wissen, wie es die Majorität festgestellt hat. Demnach bleiben nur die Centren übrig. Das sind die eigentlichen Vereinbarer. Die arbeiten auch am Meisten beim Vereinbarungswerk. Alle Berichte der Central-Abtheilungen über das Verfassungswerk sind von diesen unentschiedenen und schwankenden Männern abgefaßt. So der gestern ausgegebene sieben Bogen starke Bericht über den 2. Titel des Entwurfs der Verfassungs-Urkunde vom Abg. Pilet. Er beginnt folgendermaßen:

„Die Vereinbarungs-Urkunde, welche unserem freigewordenen Volke die große Errungenschaft sichern soll, ein einiges und freies Volk zu sein, hat vor Allem die Aufgabe, die Freiheit des Individuums nach allen Richtungen hin, zu gewährleisten. Denn ein einiges und freies Volk kann nur aus der Gesammtheit freier Individuen bestehn. ‒ Der vorliegende 2. Titel, welcher von den Rechten der Preußen handelt, bildet daher, indem er die Grundrechte des Volks feststellt, die eigentliche Grundlage der ganzen Verfassung. ‒ Alle übrigen Titel enthalten nur die Formen, in welchen die Ausflüsse dieser Grundrechte zu einem staatlich geordneten Ganzen, zusammengefaßt, und zum Wohle der Gesammtheit in Thätigkeit gesetzt werden.“ ‒

„Die Central-Abtheilung ist bei der Berathung dieses Titels davon ausgegangen, daß die Freiheit des Individuums in der Verfassung voll, und ohne den geringsten Abbruch gewährt werden müsse. Sie hat für dieses Maaß der individuellen Freiheit überall nur eine Gränze anerkannt, das ist die Berechtigung jedes Anderen auf ein gleiches Maaß individueller Freiheit. Die Freiheit des Einzelnen findet daher ihre Beschränkung nur in der Gleichberechtigung Aller.“ ‒

„Auf den Charakter einer Verfassung müssen die Zustände, welche bei Einführung einer neuen Ordnung der Dinge im Staate vorgefunden werden, nothwendigerweise von Einfluß sein. Für die preußische Verfassung liegt die Aufgabe vor, anstatt des gestürzten Polizeistaats den Rechtsstaat aufzubauen. Daher ist es natürlich und nothwendig, daß die Hauptschutzmittel der persönlichen Freiheit gegen die Bevormundung des ehemaligen Polizeistaats aufgerichtet sind.“ ‒

14 Berlin, 22. Okt.

Nachdem gestern 100 Arbeiter auf dem Köpnickerfelde entlassen wurden (laut einem Plakat des Baumeisters Helft: aus Strafe für die Zerstörung der Maschine am 13. d.), sollen morgen noch zweihundert entlassen werden und zwar unter Aufsicht der Bürgerwehr (?) und Konstabler. Berücksichtigt man die gestrigen Versammlungsdebatten und die unvergleichliche Frechheit der Rechten, so kann man nur die Alternative stellen: entweder will die Regierung einen neuen Konflikt zwischen Arbeitern und Bürgern, oder sie ist total mit Blindheit geschlagen. Aus wahrhafter Quelle kann ich Ihnen berichten, daß die zerstörte Maschine auf dem Köpnickerfelde, nicht, wie es Minister und Stadtrath behaupten, zum Nutzen der Arbeiter, sondern zum Nachtheil derselben war. Das Wasser, welches sie ausschöpfen sollte, konnte füglich von den Arbeitern fortgeschafft werden. Die Zerstörung geschah lediglich in der Gewißheit, daß nach Aufstellung der Maschine viele Arbeiter überflüssig und entlassen würden: für die Maschine, welche uns ruinirt, gibt man Tausende aus, uns aber zieht man einige lumpige Groschen vom Lohne ab, wenn die Tage kürzer geworden sind. Ist das unsre Schuld? Wir gehen schweren Tagen entgegen.

119 München, 20. Oktober.

Die sonst so gutmüthige Bevölkerung unsrer Bier-Metropole hat seit einigen Tagen mit einer solchen Berserkerwuth gegen Parlamentsmitglieder, gegen Demokraten-Denunzianten, gegen Bierbrauer und Wursthändler gekämpft, daß man wirklich glauben mußte, die halbe Stadt sei von Bockbier berauscht.

Der Rausch ist jetzt aber so gut wie vorüber und der Katzenjammer des Martial-Gesetzes ist eingetreten.

Wie ich Ihnen bereits schrieb, machte sich die Volkslaune zuerst in einigen musikalischen Abendunterhaltungen Luft, die damit endigten, daß die Musikanten ihren Gefeierten schließlich mit den Instrumenten die Fenster einschlugen. Es war dies gewissermaßen die Ouvertüre zu den Störungen des 18. Glauben Sie aber ja nicht, daß diese in dem Sturm einer Wache oder eines Zeughauses bestanden ‒ nein, die guten Münchner machten sich grade an ihre besten Freunde, an die Wirthe, an die Bierbrauer! Die letztern hatten sich nämlich durch eine Erhöhung des Bierpreises den tödlichsten Haß des souveränen Volkes zugezogen und wie sich mailand in Paris National-Garden und Proletarier zu einem Sturm auf die Tuilerien vereinigten, so machten diesmal in München Bürger und Soldaten gemeinschaftliche Sache bei einem Angriffe auf das Haus des reichen Bierbrauers Pschorr. Die Läden der Bäcker und der Schinkenhändler hatten vorher schon herhalten müssen. Ein wahrer Regen von geräucherten Schenkeln und weißen Brödchen fiel aus den Fenstern der erstürmten Häuser belustigend auf die tobende Menge herab. Zu Brod und Fleisch schien man indeß auch Bier haben zu wollen und in Massen wälzte man sich daher vor die Wohnung des Brauers Pschorr. Der Sturm dieser Feste war nicht so leicht als man dachte.

Wie ein Regiment Schweizer mit Stangen und Hellebarden, standen nämlich die Brauknechte des Herrn Pscharr mit fürchterlichen Knitteln vor der Thür ihres Meisters. Der Kampf begann und er schwankte lange. „„Aber wer vermag einem durstigen Volke zu widerstehen?““ Die Brauknechte mußten endlich weichen und jubelnd stürzte die Menge in das Innere der Wohnung. Uhren, Spiegel, Tische, Stühle, Geldsäcke, Papiere u. s. w. flogen jetzt miteinander durch die Fenster in die Straße hinab. Mit Mühe rettete sich Pscharr mit seiner Frau durch die Hinterthür, eben noch geschützt von seinen Knechten, die zerprügelt und zerschlagen den Rückzug ihres Herrn zu decken suchten.

Erst als Generalmarsch geschlagen wurde und das Militär mit gefälltem Bayonnet die Straßen zu säubern begann, verließen die Rebellen das verwüstete Haus.

Seit das Martialgesetz verkündet wurde, hat der Skandal ziemlich aufgehört; beide Parteien verbinden ihre Wunden und Verhaftungen geschehen in Masse.

Rastatt, 21. Okt.

Struve und Blind haben ihr bisheriges Gefängniß in Bruchsal wieder mit den hiesigen Kasematten vertauscht. Sie wurden heute Mittag, unter Bedeckung von 60 Mann preußischer Truppen, hierher gebracht. Voraussichtlich wird indeß der hiesige Aufenthalt der Gefangenen von kurzer Dauer sein, da die Geschwornen zu ihrer Aburtheilung alsbald zusammentreten werden, wenn das desfallsige Gesetz in beiden Kammern berathen und sanktionirt ist.

(F. O. P. Z.)
Schleswig, 20. Okt.

Die Berathung über den Antrag des Advokaten Friederici führte in der heutigen Sitzung der Landesversammlung schließlich zur Annahme eines Gesetzes, durch welches allen deutschen Kriegern, welche in Folge ihrer Dienste im diesjährigen Kriege gegen die Dänen, zur Erwerbung ihres Unterhalts unfähig geworden sind und kein Vermögen besitzen, einerlei, ob sie bei den schleswig-holsteinischen oder bei den Hülfstruppen, ob sie im regulären Militär oder in einem Freikorps gedient haben, so wie auch den Wittwen und Kindern der gefallenen oder verwundeten Krieger unter gleicher Bedingung ein gesetzlicher Anspruch auf Unterstützung aus der schleswig-holsteinischen Staatskasse zuerkannt und zu diesem Zweck vorläufig eine Summe von 15,000 Thlr. Cour. jährlich ausgesetzt wird. ‒ Die Vorlage der provisorischen Regierung resp. wegen ihres eigenen Abtretens und wegen Anerkennung der neuen Regierung, führte schon gestern Abend zu einer allgemeinen Privatbesprechung der Mitglieder der Landesversammlung. In der heutigen Abendsitzung, welche bereits auf 7 Uhr angesetzt ist, wird von dem bestellten Ausschusse Bericht erstattet und alsdann wahrscheinlich sofort beschlossen werden. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß die Entscheidung in Gemäßheit der Regierungsanträge ausfallen wird, so daß es sich nur noch darum handelt, wie groß die Majorität und wie gering die Minorität ausfallen werde. Ich hoffe, daß sich Alles zum Guten wenden wird. Muthmaßlich wird die Landesversammlung sich gleich nach gefaßtem Beschlusse über die Regierungsvorlagen vertagen. Herr v. Reedtz soll bereits ganz in der Nähe sein, indeß nicht hierher kommen wollen, bevor die Landesversammlung auseinander gegangen ist.

‒ Durch Verfügung der provisorischen Regierung vom 17. d. M. werden die dänischen Schiffe in den Häfen der Herzögthümer den Schiffen nicht privilegirter Nationen gleichgestellt, (M. s. die Seeberichte.)

Italien.
*

(Verspätet.) In Piemont dauert die Bewegung fort. Die öffentliche Meinung spricht sich energisch für den Krieg aus, und die Opinione vom 16. meinte, daß Alles auf eine nahe bevorstehende Ueberschreitung des Tessin hindeute: Romarino, heißt es, ersetzt den General Olivieri. ‒ In Padua wächst die Aufregung gegen die Oestreicher mit jedem Tage. Die Frauen haben Trauer angelegt, man sieht keine einzige Equipage, die Theater stehen leer, die Nationalgarde ist aufgelöst, die Steuern werden nicht bezahlt. Das Wichtigste übrigens, was wir zu berichten haben, ist der Fall des toskanischen Ministeriums, der zunächst als eine Rückwirkung der Wiener Ereignisse betrachtet werden muß. Der Großherzog hatte den Drohungen des Volkes von Livorno, welches ihm für einen Ministerwechsel eine Frist von drei Tagen gesteckt hatte, widrigenfalls es auf Florenz marschiren würde, hartnäckigen Widerstand entgegengesetzt, der jedoch durch die Nachrichten von Wien besiegt wurde. Das Kabinet wurde auf dieselben sofort aufgelöst, und ein neues Ministerium, in welches selbst die Häupter der Bewegung, Guerazzi und Moutanelli, von Livorno berufen wurden, gebildet. Die Zusammensetzung ist wie folgt: Präsident, J. B. Nikolini; Inneres, Guerruzzi; Auswärtiges, Montanelli; öffentliche Arbeiten, Mazoni; öffentlicher Unterricht, Professor Pigli; Justiz, Guiui Bantani; Finanzen, Fenzi; Krieg, Mariano Bugala. In Livorno erregte die Nachricht von diesem Ereigniß ungeheuern Jubel. Sie kam am 13. um Mitternacht an. um 2 Uhr Morgens wurde sie durch eine Proklamation Montanellis angezeigt, das Volk drängte sich jauchzend und glückwünschend massenweise in den Straßen, und um 7 Uhr, als die ganze Bevölkerung auf den Beinen war, wurde das Ereigniß mit Gesang und Geschützsalven begrüßt. Um 11 Uhr fand dann eine Demonstration für die Eröffnung der Constituante statt.

‒ Leider müssen wir mit dem Falle des toskanischen Ministeriums auch den der Festung Osoppo bei Udine (s. Rhein. Ztg. von vorgestern) berichten. Nachdem sie sich sechs Monate lang gehalten, hat sie sich nach einem heftigen Bombardement an die österreichischen Truppen ergeben. Nebst mehreren Vorräthen wurden 37 Geschütze erbeutet. Die aus päbstlichen Truppen bestehende Besatzung hat kapitulirt und begibt sich ohne Waffen in ihre Heimath.

* Die Eidgenössische Zeitung meldet, daß nach Briefen aus Ankona vom 15. Karl Albert mit einer Armee von 100,000 Mann auf Mailand losmarschirt; 30,000 Mann sollen nach Placentia vorrücken. Der polnische General Chrzanowski befehligte das Heer. Am 19. hoffte man, den Aeußerungen des Königs zufolge, in Mailand einzurücken. Ein Kurier soll nach Frankreich abgegangen sein, um neuerdings einen französischen General zur Uebernahme des Kommando's zu veranlassen.

Wir haben die Bestätigung dieser Neuigkeit zu erwarten. Inzwischen scheint sie nach andern uns aus Turin zugegangenen Nachrichten sehr wahrscheinlich. Am 14. und 15. herrschte daselbst die lebhafteste Aufregung. Zwei in ihre Kasernen konsignirte Brigaden lehnten sich gegen diese Maßregel in offener Emeute auf, zertrümmerten die Thore, stiegen durch die Fenster, und zogen mit dem Rufe: „Es lebe die Republik!“ durch die Straßen. Der König berief einen Generalkonseil, dem auch General Chrzanowski beiwohnte.

Auch aus andern Orten lauten die Berichte in hohem Grade kriegerisch. Zu Bercelli theilte man an die lombardischen Truppen Waffen aus, die sie mit Begierde ergriffen. Zu Genua hat Garibaldi eine Einschreibung für Freiwillige eröffnet. In Alexandrien und Genua am 16. große Truppenbewegung. Zu Mailand wächst die Spaltung unter den Soldaten mit jedem Tage. Radetzky hat 6000 Mann nach Oestreich zurückschicken und sein Geschütz gegen die Ungarn richten müssen, so daß, wie man sagt, gegenwärtig nur noch 15 bis 20,000 Mann zu Mailand sich befinden. Aus Padua schreibt man vom 10., daß man ungehindert in den Straßen ruft: „Nieder mit den Oestreichern! Es lebe die italienische Unabhängigkeit! Ueberall, wo sich Oestreicher befinden,

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div xml:id="ar125_002" type="jArticle">
          <p><pb facs="#f0002" n="0630"/>
chen ändern. Aber bald hätte ich eine Größe vergessen. Die Frankfurter linke Deputation zeigt mittelst Maueranschlag heute noch einmal an, daß sie wirklich hier sei und daß sie den Wienern ein Schock &#x2012; <hi rendition="#g">Bewunderung</hi> mitbringe. Famose Kerls in ihrer Offizialität! Wer sind die Herren Hartmann und Trempusch, die zur Deputation gehören? O Deutschland, wann wird der Geist deines Volks endlich einen Geist, einen Charakter erzeugen! Heute sollen zwei Reichstags-Kommissarien aus Frankfurt hier eintreffen. Auch sie werden ebenfalls der Anarchie, von der nur in der verruchten Ober-Post-Amtszeitung (Beiblatt vom 14.) nicht aber hier die schurkenhafte Spur anzutreffen ist, auf den Kopf hauen wollen. Dann haben wir ein schönes Heer von Anarchisten, Jellachich, Schuselka, Auersperg, die Frankfurter, die Kamarilla und Windischgrätz im Anzug. Es wird gut werden. Das Wiener Volk wird sich selber helfen müssen, wie unter dem Kretinen-Gewürm jeder ausgezeichnetere Mensch sich selber helfen muß.</p>
          <p>Lesen Sie Folgendes und bewundern Sie mit mir den Takt, das richtige Gefühl, den Muth unserer Frauen. Sie trösten, wo die Männer verächtlich werden.</p>
          <p>&#x201E;Hoher Reichstag!</p>
          <p>Die Freiheit, das Vaterland sind in Gefahr! Ein Schmerzensruf durchdringt alle Herzen, <hi rendition="#g">ein</hi> Gefühl belebt jede Brust.</p>
          <p>Durchdrungen von der hohen Bedeutung unserer bedrängten Zeitverhältnisse, welche uns zum <hi rendition="#g">unermüdlichen</hi> Kampfe rufen, um der Knechtschaft einer Soldatenherrschaft zu entgehen, halten wir es für unsere Pflicht, auch unsere Wünsche mit jenen unserer Brüder zu vereinen, um an einen hohen Reichstag das dringende Gesuch zu stellen, er möge mit <hi rendition="#g">energischer Kraft</hi> die <hi rendition="#g">Zügel der Regierung ergreifen, bevor es zu spät ist.</hi> Der Muth und die Entschlossenheit unserer Freiheitskämpfer, wir können sagen, des ganzen Volks, welches bereit ist, für die gute Sache bis auf den letzten Mann zu stehen, ist so groß, daß wir eigentlich allein im Stande wären, den Feind zu besiegen. Doch lange Verzögerungen wirken besonders auf halbentschlossene Menschen immer schwächend. &#x2012; Es wäre daher höchst nothwendig, ein hoher Reichstag möge den Landsturm, der mit ungeheuern Kräften nur seines Winkes harrt, entbieten, indem, je imponirender die Macht, je größer die Streitkräfte, desto weniger Opfer würden fallen, einen Sieg zu erkämpfen, der ohnehin schon jetzt mit soviel unnütz vergossenem Menschenblute theuer erkauft ist.</p>
          <p><hi rendition="#g">Jetzt gilt es, zu handeln,</hi> jede Minute des Aufenthaltes kostet vielleicht viele Menschenleben; soweit unsere Blicke reichen, sehen wir das mörderische Geschütz sich vor uns entfalten. &#x2012; Vernichtung drohender Soldatenherrschaft sei unsere Loosung! &#x2012; Wir dürfen nicht länger säumen, um jeden Preis unsere kostbaren Errungenschaften zu wahren!</p>
          <p>O, hört unsere Warnung, unsern Hülferuf, Vertreter eines freien Volkes! Ladet nicht den Vorwurf der Mit- und Nachwelt auf Euer Haupt durch ängstliches Zögern und Berathen, &#x2012; wo es sich um das Wohl von Millionen handelt!</p>
          <p>Freie Männer des Volkes! beweiset, daß Ihr würdig des Vertrauens seid, einer so großen Nation, und erbaut Euch ein Denkmal in den Annalen der Geschichte, das unzerstörbar!</p>
          <p>Bürger, wir vertrauen Euerm bewährten Pflichtgefühle.</p>
          <p>Wien, 17. October 1848.</p>
          <p>Im Namen des ersten demokratischen Wiener Frauenvereins <hi rendition="#g">Karoline Perin,</hi> geb. Pasqualati, Präsidentin.&#x201C;</p>
          <p>(Folgen die Unterschriften.)</p>
          <p>Und darüber hat der Kretinismus, die Feigheit, die Niederträchtigkeit und der Verrath des Wiener Reichstags beim Vorlesen höhnisch-mitleidsvoll zu lachen gewagt!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar125_003" type="jArticle">
          <head>Wien, 19. Oktbr.</head>
          <p>Der &#x201E;Politische Privat-Telegraph&#x201C; berichtet: Die Gewaltthätigkeiten, die stündlich von dem Militär verübt werden, empören die Völker der Monarchie. In jedem Orte, wo die Soldaten die Oberhand gewinnen, werden die Nationalgarden entwaffnet. Die Nationalgarden aus Bielitz, welche den Wienern zu Hülfe zu kommen im Begriffe waren, wurden bei Prerau entwaffnet und festgenommen; ebenso geschah es den Brünner Nationalgarden, welche von Wien in ihre Vaterstadt zurückkehrten. Man ist im höchsten Grade gespannt auf den Ausgang der Ereignisse. Man spricht davon, daß die Ungarn wieder andern Sinnes geworden und den Angriff auf die Kroaten wieder beschlossen haben. Kossuth ist gestern in das ungarische Lager gekommen und wird, wie man sagt, den Ereignissen eine andere Richtung geben. Moga soll nicht recht stichhaltig dem Ban gegenüber sein. Die Nachricht von der Umwandlung der magyarischen Gesinnung brachten zwei ungarische Deputirte in das Studenten-Comite. Diese beabsichtigen heute in einem Plakate das Dunkel zu lichten und die Wiener über die ungarischen Verhältnisse aufzuklären. Da Pulski als den Vorwand für den ungarischen Rückzug den Umstand bezeichnet, daß keine Wiener Behörde die Hülfe der Magyaren angesucht, so hat der Oberkommandant Messenhauser sich an den Gemeinderath gewendet und von diesem diese Berufung verlangt. Der Gemeinderath jedoch, der in den letzten Tagen ein Bedeutendes von seinem patriotischen Eifer eingebüßt, versprach dem Oberkommandanten, sich diesfalls an den permanenten Ausschuß zu wenden. Der russische Gesandte Medem ist abgereist; sein Stellvertreter hatte gestern Abends mit dem belgischen und holländischen Gesandten eine längere Konferenz.</p>
          <p>Das Lager beim Belvedere ist vollständig bezogen und alle Anordnungen sind der Art getroffen, daß jedem Angriffe von Seiten des Militärs ein erfolgreicher Widerstand geleistet werden könnte. Im Lager befindet sich ein ansehnlicher Geschützpark, den der Generallieutenant Bem nöthigenfalls aufs Beste anwenden würde.</p>
          <p>Die Chargen der akademischen Legion, welche lagert, haben auf die höheren Gagen im Vergleich mit den übrigen Legionärs aus eigenem Antriebe verzichtet. Wien ist seit gestern gänzlich eingeschlossen und nur noch bei der einen Nußdorfer Linie ist die Zufuhr möglich. Bei den übrigen Linien wird die Zufuhr von den Soldaten gewaltsam weggenommen.</p>
          <p>Das Studentencomite hat einen Aufruf an das deutsche Volk gerichtet, in welchem dieses aufgefordert wird, der bedrängten Stadt Wien, wo das deutsche Interesse vertreten wird, zu Hülfe zu kommen. Das Comite macht darauf aufmerksam, daß in der von den Kroaten bedrohten östreichischen Hauptstadt das deutsche Interesse weit mehr bedroht sei, als in Holstein. Die hier anwesenden Deputirten von der Linken zu Frankfurt haben ein Plakat veröffentlicht, in welchem sie ihre Bewunderung für die Handlungsweise der Wiener aussprechen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar125_004" type="jArticle">
          <head>Aus dem deutschen Reich.</head>
          <p>In <hi rendition="#g">München</hi> und <hi rendition="#g">Hannover</hi> sind ähnliche Rundschreiben, wie in Preußen über die <hi rendition="#g">Beaufsichtigung der politischen Vereine</hi> erlassen worden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar125_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 22. Oktober.</head>
          <p>Unsere Bourgeoisie schreitet tagtäglich nach der Verfassung. Sie will eine Verfassung um jeden Preis, so schnell wie möglich in Händen haben, weil sie alsdann Alles geordnet glaubt und dem jetzigen gesetzlosen Zustand, ein Ende gemacht würde. &#x201E;Wir haben nichts weiter zu berathen als die Verfassung!&#x201C; rief neulich ein Abgeordneter von der rechten Seite. Nun, die Verfassung wird jetzt berathen. Ob man damit bis zu Ende kommen wird, ist eine Frage. Man hat starke Ursache daran zu zweifeln. Wer der gestrigen Sitzung der Vereinbarer-Versammlung beigewohnt, wer die leidenschaftlichen Scenen, die gestern im Conzertsaal des Schauspielhauses zur Aufführung kamen mitangesehen, der muß zugestehen, daß hier keine Vereinbarung möglich ist. Hier heißt es vielmehr: entweder, oder. Mögen auch die Centren noch so viel versuchen um eine gegenseitige Vermittlung hervorzurufen, sie ist unmöglich. Das eine Drittel der Versammlung, die rechte Seite, die will mehrere Schritte rückwärts gehen und versucht diesen Rückschritt mit Hülfe der Armee zu machen. Das andere Drittel der Versammlung, die äußerste Linke will täglich noch einen Schritt vorwärts machen, sie wird von dem größten Theil der Bevölkerung vorwärts gedrängt. Sie kann nicht stehen bleiben mit den Centren und ihr Vorwärts ruft die Reaktion der rechten Seite hervor. Die Zeit ist jetzt gekommen wo man sich von beiden Seiten drängt, man fühlt, daß der Sieg im Conzertsaale noch nicht hinreichend ist um den Kampfplatz als Sieger zu verlassen, denn außer diesem Saale wird auch noch manches Wort mitgesprochen. Dies Mitsprechten möchte die reaktionäre Partei dem Volke gern unmöglich machen. Die Klubs, der zum 26. d. zusammenberufene Demokraten-Congreß sind ein Dorn im Auge der Reaktion. Deshalb versucht dieselbe Unruhen hervorzubringen, damit man Gelegenheit findet, Berlin in Belagerungszustand erklären zu lassen, das freie Versammlungsrecht und die freie Presse zu beschränken. Einen solchen Streich hatte die Reaktion gestern vorbereitet Man dekretirte 100 Erdarbeiter ohne Weiteres zu entlassen. Man glaubte, daß nichts natürlicher sei, als daß die Arbeiter wieder Unruhen machen würden, welche das Signal zu einem neuen Aufstande gegeben hätte. Man hätte denselben diesmal von Seiten der Reaktion besser benutzt als am Montag, wo sie unvorbereitet davon überrascht wurden. Dies alles wußten auch die Demokraten und ermahnten daher gestern zu Ruhe. So viel Ursache die Arbeiter auch zu einer Aufregung hatten, so waren sie doch bald überzeugt, daß Mäßigung diesmal am rechten Orte sei. Dies ging sogar soweit, daß die Arbeiter Jemanden festnahmen, welcher zu ihnen kam, und sie zu Unruhen, in Folge der gestrigen Arbeiter-Entlassung aufreitzen wollte. Es zeigte sich, daß der Festgenommene ein Reaktionär war. Obgleich sich die Polizei bemühete diesen Menschen, als nicht zurechnungsfähig darzustellen, gewinnt doch die Vermuthung Raum, daß die Reaktion grade ein solches unschädliches Individuum vorschob. &#x2012;</p>
          <p>Trotz der großen innern Aufgeregtheit aller Gemüther müssen sich die Abgeordneten des Volks dennoch täglich versammeln um unter dem Schein eines allgemeinen Einvernehmens die Vereinbarung der Verfassung zu Stande zu bringen. Wer will aber vereinbaren? Die Rechte will nicht, denn die nimmt alles so an, wie es das Ministerium wünscht. Die Linke will nicht, denn die will so vom König angenommen wissen, wie es die Majorität festgestellt hat. Demnach bleiben nur die Centren übrig. Das sind die eigentlichen Vereinbarer. Die arbeiten auch am Meisten beim Vereinbarungswerk. Alle Berichte der Central-Abtheilungen über das Verfassungswerk sind von diesen unentschiedenen und schwankenden Männern abgefaßt. So der gestern ausgegebene sieben Bogen starke Bericht über den 2. Titel des Entwurfs der Verfassungs-Urkunde vom Abg. Pilet. Er beginnt folgendermaßen:</p>
          <p>&#x201E;Die Vereinbarungs-Urkunde, welche unserem freigewordenen Volke die große Errungenschaft sichern soll, ein einiges und freies Volk zu sein, hat vor Allem die Aufgabe, die Freiheit des Individuums nach allen Richtungen hin, zu gewährleisten. Denn ein einiges und freies Volk kann nur aus der Gesammtheit freier Individuen bestehn. &#x2012; Der vorliegende 2. Titel, welcher von den Rechten der Preußen handelt, bildet daher, indem er die Grundrechte des Volks feststellt, die eigentliche Grundlage der ganzen Verfassung. &#x2012; Alle übrigen Titel enthalten nur die Formen, in welchen die Ausflüsse dieser Grundrechte zu einem staatlich geordneten Ganzen, zusammengefaßt, und zum Wohle der Gesammtheit in Thätigkeit gesetzt werden.&#x201C; &#x2012;</p>
          <p>&#x201E;Die Central-Abtheilung ist bei der Berathung dieses Titels davon ausgegangen, daß die Freiheit des Individuums in der Verfassung voll, und ohne den geringsten Abbruch gewährt werden müsse. Sie hat für dieses Maaß der individuellen Freiheit überall nur <hi rendition="#g">eine</hi> Gränze anerkannt, das ist die Berechtigung jedes Anderen auf ein gleiches Maaß individueller Freiheit. Die Freiheit des Einzelnen findet daher ihre Beschränkung nur in der Gleichberechtigung Aller.&#x201C; &#x2012;</p>
          <p>&#x201E;Auf den Charakter einer Verfassung müssen die Zustände, welche bei Einführung einer neuen Ordnung der Dinge im Staate vorgefunden werden, nothwendigerweise von Einfluß sein. Für die preußische Verfassung liegt die Aufgabe vor, anstatt des gestürzten Polizeistaats den Rechtsstaat aufzubauen. Daher ist es natürlich und nothwendig, daß die Hauptschutzmittel der persönlichen Freiheit gegen die Bevormundung des ehemaligen Polizeistaats aufgerichtet sind.&#x201C; &#x2012;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar125_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>14</author></bibl> Berlin, 22. Okt.</head>
          <p>Nachdem gestern 100 Arbeiter auf dem Köpnickerfelde entlassen wurden (laut einem Plakat des Baumeisters Helft: aus Strafe für die Zerstörung der Maschine am 13. d.), sollen morgen noch <hi rendition="#g">zweihundert</hi> entlassen werden und zwar unter Aufsicht der Bürgerwehr (?) und Konstabler. Berücksichtigt man die gestrigen Versammlungsdebatten und die unvergleichliche Frechheit der Rechten, so kann man nur die Alternative stellen: entweder <hi rendition="#g">will</hi> die Regierung einen neuen Konflikt zwischen Arbeitern und Bürgern, oder sie ist total mit Blindheit geschlagen. Aus wahrhafter Quelle kann ich Ihnen berichten, daß die zerstörte Maschine auf dem Köpnickerfelde, <hi rendition="#g">nicht,</hi> wie es Minister und Stadtrath behaupten, zum Nutzen der Arbeiter, sondern zum Nachtheil derselben war. Das Wasser, welches sie ausschöpfen sollte, konnte füglich von den Arbeitern fortgeschafft werden. Die Zerstörung geschah lediglich in der <hi rendition="#g">Gewißheit,</hi> daß nach Aufstellung der Maschine viele Arbeiter überflüssig und entlassen würden: für die Maschine, welche uns ruinirt, gibt man Tausende aus, uns aber zieht man einige lumpige Groschen vom Lohne ab, wenn die Tage kürzer geworden sind. Ist das unsre Schuld? Wir gehen schweren Tagen entgegen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar125_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>119</author></bibl> München, 20. Oktober.</head>
          <p>Die sonst so gutmüthige Bevölkerung unsrer Bier-Metropole hat seit einigen Tagen mit einer solchen Berserkerwuth gegen Parlamentsmitglieder, gegen Demokraten-Denunzianten, gegen Bierbrauer und Wursthändler gekämpft, daß man wirklich glauben mußte, die halbe Stadt sei von Bockbier berauscht.</p>
          <p>Der Rausch ist jetzt aber so gut wie vorüber und der Katzenjammer des Martial-Gesetzes ist eingetreten.</p>
          <p>Wie ich Ihnen bereits schrieb, machte sich die Volkslaune zuerst in einigen musikalischen Abendunterhaltungen Luft, die damit endigten, daß die Musikanten ihren Gefeierten schließlich mit den Instrumenten die Fenster einschlugen. Es war dies gewissermaßen die Ouvertüre zu den Störungen des 18. Glauben Sie aber ja nicht, daß diese in dem Sturm einer Wache oder eines Zeughauses bestanden &#x2012; nein, die guten Münchner machten sich grade an ihre besten Freunde, an die Wirthe, an die Bierbrauer! Die letztern hatten sich nämlich durch eine Erhöhung des Bierpreises den tödlichsten Haß des souveränen Volkes zugezogen und wie sich mailand in Paris National-Garden und Proletarier zu einem Sturm auf die Tuilerien vereinigten, so machten diesmal in München Bürger und Soldaten gemeinschaftliche Sache bei einem Angriffe auf das Haus des reichen Bierbrauers Pschorr. Die Läden der Bäcker und der Schinkenhändler hatten vorher schon herhalten müssen. Ein wahrer Regen von geräucherten Schenkeln und weißen Brödchen fiel aus den Fenstern der erstürmten Häuser belustigend auf die tobende Menge herab. Zu Brod und Fleisch schien man indeß auch Bier haben zu wollen und in Massen wälzte man sich daher vor die Wohnung des Brauers Pschorr. Der Sturm dieser Feste war nicht so leicht als man dachte.</p>
          <p>Wie ein Regiment Schweizer mit Stangen und Hellebarden, standen nämlich die Brauknechte des Herrn Pscharr mit fürchterlichen Knitteln vor der Thür ihres Meisters. Der Kampf begann und er schwankte lange. &#x201E;&#x201E;<hi rendition="#g">Aber wer vermag einem durstigen Volke zu widerstehen?</hi>&#x201C;&#x201C; Die Brauknechte mußten endlich weichen und jubelnd stürzte die Menge in das Innere der Wohnung. Uhren, Spiegel, Tische, Stühle, Geldsäcke, Papiere u. s. w. flogen jetzt miteinander durch die Fenster in die Straße hinab. Mit Mühe rettete sich Pscharr mit seiner Frau durch die Hinterthür, eben noch geschützt von seinen Knechten, die zerprügelt und zerschlagen den Rückzug ihres Herrn zu decken suchten.</p>
          <p>Erst als Generalmarsch geschlagen wurde und das Militär mit gefälltem Bayonnet die Straßen zu säubern begann, verließen die Rebellen das verwüstete Haus.</p>
          <p>Seit das Martialgesetz verkündet wurde, hat der Skandal ziemlich aufgehört; beide Parteien verbinden ihre Wunden und Verhaftungen geschehen in Masse.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar125_008" type="jArticle">
          <head>Rastatt, 21. Okt.</head>
          <p>Struve und Blind haben ihr bisheriges Gefängniß in Bruchsal wieder mit den hiesigen Kasematten vertauscht. Sie wurden heute Mittag, unter Bedeckung von 60 Mann preußischer Truppen, hierher gebracht. Voraussichtlich wird indeß der hiesige Aufenthalt der Gefangenen von kurzer Dauer sein, da die Geschwornen zu ihrer Aburtheilung alsbald zusammentreten werden, wenn das desfallsige Gesetz in beiden Kammern berathen und sanktionirt ist.</p>
          <bibl>(F. O. P. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar125_009" type="jArticle">
          <head>Schleswig, 20. Okt.</head>
          <p>Die Berathung über den Antrag des Advokaten Friederici führte in der heutigen Sitzung der Landesversammlung schließlich zur Annahme eines Gesetzes, durch welches allen deutschen Kriegern, welche in Folge ihrer Dienste im diesjährigen Kriege gegen die Dänen, zur Erwerbung ihres Unterhalts unfähig geworden sind und kein Vermögen besitzen, einerlei, ob sie bei den schleswig-holsteinischen oder bei den Hülfstruppen, ob sie im regulären Militär oder in einem Freikorps gedient haben, so wie auch den Wittwen und Kindern der gefallenen oder verwundeten Krieger unter gleicher Bedingung ein gesetzlicher Anspruch auf Unterstützung aus der schleswig-holsteinischen Staatskasse zuerkannt und zu diesem Zweck vorläufig eine Summe von 15,000 Thlr. Cour. jährlich ausgesetzt wird. &#x2012; Die Vorlage der provisorischen Regierung resp. wegen ihres eigenen Abtretens und wegen Anerkennung der neuen Regierung, führte schon gestern Abend zu einer allgemeinen Privatbesprechung der Mitglieder der Landesversammlung. In der heutigen Abendsitzung, welche bereits auf 7 Uhr angesetzt ist, wird von dem bestellten Ausschusse Bericht erstattet und alsdann wahrscheinlich sofort beschlossen werden. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß die Entscheidung in Gemäßheit der Regierungsanträge ausfallen wird, so daß es sich nur noch darum handelt, wie groß die Majorität und wie gering die Minorität ausfallen werde. Ich hoffe, daß sich Alles zum Guten wenden wird. Muthmaßlich wird die Landesversammlung sich gleich nach gefaßtem Beschlusse über die Regierungsvorlagen vertagen. Herr v. Reedtz soll bereits ganz in der Nähe sein, indeß nicht hierher kommen wollen, bevor die Landesversammlung auseinander gegangen ist.</p>
          <p>&#x2012; Durch Verfügung der provisorischen Regierung vom 17. d. M. werden die dänischen Schiffe in den Häfen der Herzögthümer den Schiffen nicht privilegirter Nationen gleichgestellt, (M. s. die Seeberichte.)</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Italien.</head>
        <div xml:id="ar125_010" type="jArticle">
          <bibl>
            <author>*</author>
          </bibl>
          <p>(Verspätet.) In Piemont dauert die Bewegung fort. Die öffentliche Meinung spricht sich energisch für den Krieg aus, und die Opinione vom 16. meinte, daß Alles auf eine nahe bevorstehende Ueberschreitung des Tessin hindeute: Romarino, heißt es, ersetzt den General Olivieri. &#x2012; In Padua wächst die Aufregung gegen die Oestreicher mit jedem Tage. Die Frauen haben Trauer angelegt, man sieht keine einzige Equipage, die Theater stehen leer, die Nationalgarde ist aufgelöst, die Steuern werden nicht bezahlt. Das Wichtigste übrigens, was wir zu berichten haben, ist der Fall des toskanischen Ministeriums, der zunächst als eine Rückwirkung der Wiener Ereignisse betrachtet werden muß. Der Großherzog hatte den Drohungen des Volkes von Livorno, welches ihm für einen Ministerwechsel eine Frist von drei Tagen gesteckt hatte, widrigenfalls es auf Florenz marschiren würde, hartnäckigen Widerstand entgegengesetzt, der jedoch durch die Nachrichten von Wien besiegt wurde. Das Kabinet wurde auf dieselben sofort aufgelöst, und ein neues Ministerium, in welches selbst die Häupter der Bewegung, Guerazzi und Moutanelli, von Livorno berufen wurden, gebildet. Die Zusammensetzung ist wie folgt: Präsident, J. B. Nikolini; Inneres, Guerruzzi; Auswärtiges, Montanelli; öffentliche Arbeiten, Mazoni; öffentlicher Unterricht, Professor Pigli; Justiz, Guiui Bantani; Finanzen, Fenzi; Krieg, Mariano Bugala. In Livorno erregte die Nachricht von diesem Ereigniß ungeheuern Jubel. Sie kam am 13. um Mitternacht an. um 2 Uhr Morgens wurde sie durch eine Proklamation Montanellis angezeigt, das Volk drängte sich jauchzend und glückwünschend massenweise in den Straßen, und um 7 Uhr, als die ganze Bevölkerung auf den Beinen war, wurde das Ereigniß mit Gesang und Geschützsalven begrüßt. Um 11 Uhr fand dann eine Demonstration für die Eröffnung der Constituante statt.</p>
          <p>&#x2012; Leider müssen wir mit dem Falle des toskanischen Ministeriums auch den der Festung Osoppo bei Udine (s. Rhein. Ztg. von vorgestern) berichten. Nachdem sie sich sechs Monate lang gehalten, hat sie sich nach einem heftigen Bombardement an die österreichischen Truppen ergeben. Nebst mehreren Vorräthen wurden 37 Geschütze erbeutet. Die aus päbstlichen Truppen bestehende Besatzung hat kapitulirt und begibt sich <hi rendition="#g">ohne Waffen</hi> in ihre Heimath.</p>
          <p><bibl><author>*</author></bibl> Die Eidgenössische Zeitung meldet, daß nach Briefen aus Ankona vom 15. Karl Albert mit einer Armee von 100,000 Mann auf Mailand losmarschirt; 30,000 Mann sollen nach Placentia vorrücken. Der polnische General Chrzanowski befehligte das Heer. Am 19. hoffte man, den Aeußerungen des Königs zufolge, in Mailand einzurücken. Ein Kurier soll nach Frankreich abgegangen sein, um neuerdings einen französischen General zur Uebernahme des Kommando's zu veranlassen.</p>
          <p>Wir haben die Bestätigung dieser Neuigkeit zu erwarten. Inzwischen scheint sie nach andern uns aus Turin zugegangenen Nachrichten sehr wahrscheinlich. Am 14. und 15. herrschte daselbst die lebhafteste Aufregung. Zwei in ihre Kasernen konsignirte Brigaden lehnten sich gegen diese Maßregel in offener Emeute auf, zertrümmerten die Thore, stiegen durch die Fenster, und zogen mit dem Rufe: &#x201E;Es lebe die Republik!&#x201C; durch die Straßen. Der König berief einen Generalkonseil, dem auch General Chrzanowski beiwohnte.</p>
          <p>Auch aus andern Orten lauten die Berichte in hohem Grade kriegerisch. Zu Bercelli theilte man an die lombardischen Truppen Waffen aus, die sie mit Begierde ergriffen. Zu Genua hat Garibaldi eine Einschreibung für Freiwillige eröffnet. In Alexandrien und Genua am 16. große Truppenbewegung. Zu Mailand wächst die Spaltung unter den Soldaten mit jedem Tage. Radetzky hat 6000 Mann nach Oestreich zurückschicken und sein Geschütz gegen die Ungarn richten müssen, so daß, wie man sagt, gegenwärtig nur noch 15 bis 20,000 Mann zu Mailand sich befinden. Aus Padua schreibt man vom 10., daß man ungehindert in den Straßen ruft: &#x201E;Nieder mit den Oestreichern! Es lebe die italienische Unabhängigkeit! Ueberall, wo sich Oestreicher befinden,
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0630/0002] chen ändern. Aber bald hätte ich eine Größe vergessen. Die Frankfurter linke Deputation zeigt mittelst Maueranschlag heute noch einmal an, daß sie wirklich hier sei und daß sie den Wienern ein Schock ‒ Bewunderung mitbringe. Famose Kerls in ihrer Offizialität! Wer sind die Herren Hartmann und Trempusch, die zur Deputation gehören? O Deutschland, wann wird der Geist deines Volks endlich einen Geist, einen Charakter erzeugen! Heute sollen zwei Reichstags-Kommissarien aus Frankfurt hier eintreffen. Auch sie werden ebenfalls der Anarchie, von der nur in der verruchten Ober-Post-Amtszeitung (Beiblatt vom 14.) nicht aber hier die schurkenhafte Spur anzutreffen ist, auf den Kopf hauen wollen. Dann haben wir ein schönes Heer von Anarchisten, Jellachich, Schuselka, Auersperg, die Frankfurter, die Kamarilla und Windischgrätz im Anzug. Es wird gut werden. Das Wiener Volk wird sich selber helfen müssen, wie unter dem Kretinen-Gewürm jeder ausgezeichnetere Mensch sich selber helfen muß. Lesen Sie Folgendes und bewundern Sie mit mir den Takt, das richtige Gefühl, den Muth unserer Frauen. Sie trösten, wo die Männer verächtlich werden. „Hoher Reichstag! Die Freiheit, das Vaterland sind in Gefahr! Ein Schmerzensruf durchdringt alle Herzen, ein Gefühl belebt jede Brust. Durchdrungen von der hohen Bedeutung unserer bedrängten Zeitverhältnisse, welche uns zum unermüdlichen Kampfe rufen, um der Knechtschaft einer Soldatenherrschaft zu entgehen, halten wir es für unsere Pflicht, auch unsere Wünsche mit jenen unserer Brüder zu vereinen, um an einen hohen Reichstag das dringende Gesuch zu stellen, er möge mit energischer Kraft die Zügel der Regierung ergreifen, bevor es zu spät ist. Der Muth und die Entschlossenheit unserer Freiheitskämpfer, wir können sagen, des ganzen Volks, welches bereit ist, für die gute Sache bis auf den letzten Mann zu stehen, ist so groß, daß wir eigentlich allein im Stande wären, den Feind zu besiegen. Doch lange Verzögerungen wirken besonders auf halbentschlossene Menschen immer schwächend. ‒ Es wäre daher höchst nothwendig, ein hoher Reichstag möge den Landsturm, der mit ungeheuern Kräften nur seines Winkes harrt, entbieten, indem, je imponirender die Macht, je größer die Streitkräfte, desto weniger Opfer würden fallen, einen Sieg zu erkämpfen, der ohnehin schon jetzt mit soviel unnütz vergossenem Menschenblute theuer erkauft ist. Jetzt gilt es, zu handeln, jede Minute des Aufenthaltes kostet vielleicht viele Menschenleben; soweit unsere Blicke reichen, sehen wir das mörderische Geschütz sich vor uns entfalten. ‒ Vernichtung drohender Soldatenherrschaft sei unsere Loosung! ‒ Wir dürfen nicht länger säumen, um jeden Preis unsere kostbaren Errungenschaften zu wahren! O, hört unsere Warnung, unsern Hülferuf, Vertreter eines freien Volkes! Ladet nicht den Vorwurf der Mit- und Nachwelt auf Euer Haupt durch ängstliches Zögern und Berathen, ‒ wo es sich um das Wohl von Millionen handelt! Freie Männer des Volkes! beweiset, daß Ihr würdig des Vertrauens seid, einer so großen Nation, und erbaut Euch ein Denkmal in den Annalen der Geschichte, das unzerstörbar! Bürger, wir vertrauen Euerm bewährten Pflichtgefühle. Wien, 17. October 1848. Im Namen des ersten demokratischen Wiener Frauenvereins Karoline Perin, geb. Pasqualati, Präsidentin.“ (Folgen die Unterschriften.) Und darüber hat der Kretinismus, die Feigheit, die Niederträchtigkeit und der Verrath des Wiener Reichstags beim Vorlesen höhnisch-mitleidsvoll zu lachen gewagt! Wien, 19. Oktbr. Der „Politische Privat-Telegraph“ berichtet: Die Gewaltthätigkeiten, die stündlich von dem Militär verübt werden, empören die Völker der Monarchie. In jedem Orte, wo die Soldaten die Oberhand gewinnen, werden die Nationalgarden entwaffnet. Die Nationalgarden aus Bielitz, welche den Wienern zu Hülfe zu kommen im Begriffe waren, wurden bei Prerau entwaffnet und festgenommen; ebenso geschah es den Brünner Nationalgarden, welche von Wien in ihre Vaterstadt zurückkehrten. Man ist im höchsten Grade gespannt auf den Ausgang der Ereignisse. Man spricht davon, daß die Ungarn wieder andern Sinnes geworden und den Angriff auf die Kroaten wieder beschlossen haben. Kossuth ist gestern in das ungarische Lager gekommen und wird, wie man sagt, den Ereignissen eine andere Richtung geben. Moga soll nicht recht stichhaltig dem Ban gegenüber sein. Die Nachricht von der Umwandlung der magyarischen Gesinnung brachten zwei ungarische Deputirte in das Studenten-Comite. Diese beabsichtigen heute in einem Plakate das Dunkel zu lichten und die Wiener über die ungarischen Verhältnisse aufzuklären. Da Pulski als den Vorwand für den ungarischen Rückzug den Umstand bezeichnet, daß keine Wiener Behörde die Hülfe der Magyaren angesucht, so hat der Oberkommandant Messenhauser sich an den Gemeinderath gewendet und von diesem diese Berufung verlangt. Der Gemeinderath jedoch, der in den letzten Tagen ein Bedeutendes von seinem patriotischen Eifer eingebüßt, versprach dem Oberkommandanten, sich diesfalls an den permanenten Ausschuß zu wenden. Der russische Gesandte Medem ist abgereist; sein Stellvertreter hatte gestern Abends mit dem belgischen und holländischen Gesandten eine längere Konferenz. Das Lager beim Belvedere ist vollständig bezogen und alle Anordnungen sind der Art getroffen, daß jedem Angriffe von Seiten des Militärs ein erfolgreicher Widerstand geleistet werden könnte. Im Lager befindet sich ein ansehnlicher Geschützpark, den der Generallieutenant Bem nöthigenfalls aufs Beste anwenden würde. Die Chargen der akademischen Legion, welche lagert, haben auf die höheren Gagen im Vergleich mit den übrigen Legionärs aus eigenem Antriebe verzichtet. Wien ist seit gestern gänzlich eingeschlossen und nur noch bei der einen Nußdorfer Linie ist die Zufuhr möglich. Bei den übrigen Linien wird die Zufuhr von den Soldaten gewaltsam weggenommen. Das Studentencomite hat einen Aufruf an das deutsche Volk gerichtet, in welchem dieses aufgefordert wird, der bedrängten Stadt Wien, wo das deutsche Interesse vertreten wird, zu Hülfe zu kommen. Das Comite macht darauf aufmerksam, daß in der von den Kroaten bedrohten östreichischen Hauptstadt das deutsche Interesse weit mehr bedroht sei, als in Holstein. Die hier anwesenden Deputirten von der Linken zu Frankfurt haben ein Plakat veröffentlicht, in welchem sie ihre Bewunderung für die Handlungsweise der Wiener aussprechen. Aus dem deutschen Reich. In München und Hannover sind ähnliche Rundschreiben, wie in Preußen über die Beaufsichtigung der politischen Vereine erlassen worden. 103 Berlin, 22. Oktober. Unsere Bourgeoisie schreitet tagtäglich nach der Verfassung. Sie will eine Verfassung um jeden Preis, so schnell wie möglich in Händen haben, weil sie alsdann Alles geordnet glaubt und dem jetzigen gesetzlosen Zustand, ein Ende gemacht würde. „Wir haben nichts weiter zu berathen als die Verfassung!“ rief neulich ein Abgeordneter von der rechten Seite. Nun, die Verfassung wird jetzt berathen. Ob man damit bis zu Ende kommen wird, ist eine Frage. Man hat starke Ursache daran zu zweifeln. Wer der gestrigen Sitzung der Vereinbarer-Versammlung beigewohnt, wer die leidenschaftlichen Scenen, die gestern im Conzertsaal des Schauspielhauses zur Aufführung kamen mitangesehen, der muß zugestehen, daß hier keine Vereinbarung möglich ist. Hier heißt es vielmehr: entweder, oder. Mögen auch die Centren noch so viel versuchen um eine gegenseitige Vermittlung hervorzurufen, sie ist unmöglich. Das eine Drittel der Versammlung, die rechte Seite, die will mehrere Schritte rückwärts gehen und versucht diesen Rückschritt mit Hülfe der Armee zu machen. Das andere Drittel der Versammlung, die äußerste Linke will täglich noch einen Schritt vorwärts machen, sie wird von dem größten Theil der Bevölkerung vorwärts gedrängt. Sie kann nicht stehen bleiben mit den Centren und ihr Vorwärts ruft die Reaktion der rechten Seite hervor. Die Zeit ist jetzt gekommen wo man sich von beiden Seiten drängt, man fühlt, daß der Sieg im Conzertsaale noch nicht hinreichend ist um den Kampfplatz als Sieger zu verlassen, denn außer diesem Saale wird auch noch manches Wort mitgesprochen. Dies Mitsprechten möchte die reaktionäre Partei dem Volke gern unmöglich machen. Die Klubs, der zum 26. d. zusammenberufene Demokraten-Congreß sind ein Dorn im Auge der Reaktion. Deshalb versucht dieselbe Unruhen hervorzubringen, damit man Gelegenheit findet, Berlin in Belagerungszustand erklären zu lassen, das freie Versammlungsrecht und die freie Presse zu beschränken. Einen solchen Streich hatte die Reaktion gestern vorbereitet Man dekretirte 100 Erdarbeiter ohne Weiteres zu entlassen. Man glaubte, daß nichts natürlicher sei, als daß die Arbeiter wieder Unruhen machen würden, welche das Signal zu einem neuen Aufstande gegeben hätte. Man hätte denselben diesmal von Seiten der Reaktion besser benutzt als am Montag, wo sie unvorbereitet davon überrascht wurden. Dies alles wußten auch die Demokraten und ermahnten daher gestern zu Ruhe. So viel Ursache die Arbeiter auch zu einer Aufregung hatten, so waren sie doch bald überzeugt, daß Mäßigung diesmal am rechten Orte sei. Dies ging sogar soweit, daß die Arbeiter Jemanden festnahmen, welcher zu ihnen kam, und sie zu Unruhen, in Folge der gestrigen Arbeiter-Entlassung aufreitzen wollte. Es zeigte sich, daß der Festgenommene ein Reaktionär war. Obgleich sich die Polizei bemühete diesen Menschen, als nicht zurechnungsfähig darzustellen, gewinnt doch die Vermuthung Raum, daß die Reaktion grade ein solches unschädliches Individuum vorschob. ‒ Trotz der großen innern Aufgeregtheit aller Gemüther müssen sich die Abgeordneten des Volks dennoch täglich versammeln um unter dem Schein eines allgemeinen Einvernehmens die Vereinbarung der Verfassung zu Stande zu bringen. Wer will aber vereinbaren? Die Rechte will nicht, denn die nimmt alles so an, wie es das Ministerium wünscht. Die Linke will nicht, denn die will so vom König angenommen wissen, wie es die Majorität festgestellt hat. Demnach bleiben nur die Centren übrig. Das sind die eigentlichen Vereinbarer. Die arbeiten auch am Meisten beim Vereinbarungswerk. Alle Berichte der Central-Abtheilungen über das Verfassungswerk sind von diesen unentschiedenen und schwankenden Männern abgefaßt. So der gestern ausgegebene sieben Bogen starke Bericht über den 2. Titel des Entwurfs der Verfassungs-Urkunde vom Abg. Pilet. Er beginnt folgendermaßen: „Die Vereinbarungs-Urkunde, welche unserem freigewordenen Volke die große Errungenschaft sichern soll, ein einiges und freies Volk zu sein, hat vor Allem die Aufgabe, die Freiheit des Individuums nach allen Richtungen hin, zu gewährleisten. Denn ein einiges und freies Volk kann nur aus der Gesammtheit freier Individuen bestehn. ‒ Der vorliegende 2. Titel, welcher von den Rechten der Preußen handelt, bildet daher, indem er die Grundrechte des Volks feststellt, die eigentliche Grundlage der ganzen Verfassung. ‒ Alle übrigen Titel enthalten nur die Formen, in welchen die Ausflüsse dieser Grundrechte zu einem staatlich geordneten Ganzen, zusammengefaßt, und zum Wohle der Gesammtheit in Thätigkeit gesetzt werden.“ ‒ „Die Central-Abtheilung ist bei der Berathung dieses Titels davon ausgegangen, daß die Freiheit des Individuums in der Verfassung voll, und ohne den geringsten Abbruch gewährt werden müsse. Sie hat für dieses Maaß der individuellen Freiheit überall nur eine Gränze anerkannt, das ist die Berechtigung jedes Anderen auf ein gleiches Maaß individueller Freiheit. Die Freiheit des Einzelnen findet daher ihre Beschränkung nur in der Gleichberechtigung Aller.“ ‒ „Auf den Charakter einer Verfassung müssen die Zustände, welche bei Einführung einer neuen Ordnung der Dinge im Staate vorgefunden werden, nothwendigerweise von Einfluß sein. Für die preußische Verfassung liegt die Aufgabe vor, anstatt des gestürzten Polizeistaats den Rechtsstaat aufzubauen. Daher ist es natürlich und nothwendig, daß die Hauptschutzmittel der persönlichen Freiheit gegen die Bevormundung des ehemaligen Polizeistaats aufgerichtet sind.“ ‒ 14 Berlin, 22. Okt. Nachdem gestern 100 Arbeiter auf dem Köpnickerfelde entlassen wurden (laut einem Plakat des Baumeisters Helft: aus Strafe für die Zerstörung der Maschine am 13. d.), sollen morgen noch zweihundert entlassen werden und zwar unter Aufsicht der Bürgerwehr (?) und Konstabler. Berücksichtigt man die gestrigen Versammlungsdebatten und die unvergleichliche Frechheit der Rechten, so kann man nur die Alternative stellen: entweder will die Regierung einen neuen Konflikt zwischen Arbeitern und Bürgern, oder sie ist total mit Blindheit geschlagen. Aus wahrhafter Quelle kann ich Ihnen berichten, daß die zerstörte Maschine auf dem Köpnickerfelde, nicht, wie es Minister und Stadtrath behaupten, zum Nutzen der Arbeiter, sondern zum Nachtheil derselben war. Das Wasser, welches sie ausschöpfen sollte, konnte füglich von den Arbeitern fortgeschafft werden. Die Zerstörung geschah lediglich in der Gewißheit, daß nach Aufstellung der Maschine viele Arbeiter überflüssig und entlassen würden: für die Maschine, welche uns ruinirt, gibt man Tausende aus, uns aber zieht man einige lumpige Groschen vom Lohne ab, wenn die Tage kürzer geworden sind. Ist das unsre Schuld? Wir gehen schweren Tagen entgegen. 119 München, 20. Oktober. Die sonst so gutmüthige Bevölkerung unsrer Bier-Metropole hat seit einigen Tagen mit einer solchen Berserkerwuth gegen Parlamentsmitglieder, gegen Demokraten-Denunzianten, gegen Bierbrauer und Wursthändler gekämpft, daß man wirklich glauben mußte, die halbe Stadt sei von Bockbier berauscht. Der Rausch ist jetzt aber so gut wie vorüber und der Katzenjammer des Martial-Gesetzes ist eingetreten. Wie ich Ihnen bereits schrieb, machte sich die Volkslaune zuerst in einigen musikalischen Abendunterhaltungen Luft, die damit endigten, daß die Musikanten ihren Gefeierten schließlich mit den Instrumenten die Fenster einschlugen. Es war dies gewissermaßen die Ouvertüre zu den Störungen des 18. Glauben Sie aber ja nicht, daß diese in dem Sturm einer Wache oder eines Zeughauses bestanden ‒ nein, die guten Münchner machten sich grade an ihre besten Freunde, an die Wirthe, an die Bierbrauer! Die letztern hatten sich nämlich durch eine Erhöhung des Bierpreises den tödlichsten Haß des souveränen Volkes zugezogen und wie sich mailand in Paris National-Garden und Proletarier zu einem Sturm auf die Tuilerien vereinigten, so machten diesmal in München Bürger und Soldaten gemeinschaftliche Sache bei einem Angriffe auf das Haus des reichen Bierbrauers Pschorr. Die Läden der Bäcker und der Schinkenhändler hatten vorher schon herhalten müssen. Ein wahrer Regen von geräucherten Schenkeln und weißen Brödchen fiel aus den Fenstern der erstürmten Häuser belustigend auf die tobende Menge herab. Zu Brod und Fleisch schien man indeß auch Bier haben zu wollen und in Massen wälzte man sich daher vor die Wohnung des Brauers Pschorr. Der Sturm dieser Feste war nicht so leicht als man dachte. Wie ein Regiment Schweizer mit Stangen und Hellebarden, standen nämlich die Brauknechte des Herrn Pscharr mit fürchterlichen Knitteln vor der Thür ihres Meisters. Der Kampf begann und er schwankte lange. „„Aber wer vermag einem durstigen Volke zu widerstehen?““ Die Brauknechte mußten endlich weichen und jubelnd stürzte die Menge in das Innere der Wohnung. Uhren, Spiegel, Tische, Stühle, Geldsäcke, Papiere u. s. w. flogen jetzt miteinander durch die Fenster in die Straße hinab. Mit Mühe rettete sich Pscharr mit seiner Frau durch die Hinterthür, eben noch geschützt von seinen Knechten, die zerprügelt und zerschlagen den Rückzug ihres Herrn zu decken suchten. Erst als Generalmarsch geschlagen wurde und das Militär mit gefälltem Bayonnet die Straßen zu säubern begann, verließen die Rebellen das verwüstete Haus. Seit das Martialgesetz verkündet wurde, hat der Skandal ziemlich aufgehört; beide Parteien verbinden ihre Wunden und Verhaftungen geschehen in Masse. Rastatt, 21. Okt. Struve und Blind haben ihr bisheriges Gefängniß in Bruchsal wieder mit den hiesigen Kasematten vertauscht. Sie wurden heute Mittag, unter Bedeckung von 60 Mann preußischer Truppen, hierher gebracht. Voraussichtlich wird indeß der hiesige Aufenthalt der Gefangenen von kurzer Dauer sein, da die Geschwornen zu ihrer Aburtheilung alsbald zusammentreten werden, wenn das desfallsige Gesetz in beiden Kammern berathen und sanktionirt ist. (F. O. P. Z.) Schleswig, 20. Okt. Die Berathung über den Antrag des Advokaten Friederici führte in der heutigen Sitzung der Landesversammlung schließlich zur Annahme eines Gesetzes, durch welches allen deutschen Kriegern, welche in Folge ihrer Dienste im diesjährigen Kriege gegen die Dänen, zur Erwerbung ihres Unterhalts unfähig geworden sind und kein Vermögen besitzen, einerlei, ob sie bei den schleswig-holsteinischen oder bei den Hülfstruppen, ob sie im regulären Militär oder in einem Freikorps gedient haben, so wie auch den Wittwen und Kindern der gefallenen oder verwundeten Krieger unter gleicher Bedingung ein gesetzlicher Anspruch auf Unterstützung aus der schleswig-holsteinischen Staatskasse zuerkannt und zu diesem Zweck vorläufig eine Summe von 15,000 Thlr. Cour. jährlich ausgesetzt wird. ‒ Die Vorlage der provisorischen Regierung resp. wegen ihres eigenen Abtretens und wegen Anerkennung der neuen Regierung, führte schon gestern Abend zu einer allgemeinen Privatbesprechung der Mitglieder der Landesversammlung. In der heutigen Abendsitzung, welche bereits auf 7 Uhr angesetzt ist, wird von dem bestellten Ausschusse Bericht erstattet und alsdann wahrscheinlich sofort beschlossen werden. Es unterliegt keinem Zweifel mehr, daß die Entscheidung in Gemäßheit der Regierungsanträge ausfallen wird, so daß es sich nur noch darum handelt, wie groß die Majorität und wie gering die Minorität ausfallen werde. Ich hoffe, daß sich Alles zum Guten wenden wird. Muthmaßlich wird die Landesversammlung sich gleich nach gefaßtem Beschlusse über die Regierungsvorlagen vertagen. Herr v. Reedtz soll bereits ganz in der Nähe sein, indeß nicht hierher kommen wollen, bevor die Landesversammlung auseinander gegangen ist. ‒ Durch Verfügung der provisorischen Regierung vom 17. d. M. werden die dänischen Schiffe in den Häfen der Herzögthümer den Schiffen nicht privilegirter Nationen gleichgestellt, (M. s. die Seeberichte.) Italien. * (Verspätet.) In Piemont dauert die Bewegung fort. Die öffentliche Meinung spricht sich energisch für den Krieg aus, und die Opinione vom 16. meinte, daß Alles auf eine nahe bevorstehende Ueberschreitung des Tessin hindeute: Romarino, heißt es, ersetzt den General Olivieri. ‒ In Padua wächst die Aufregung gegen die Oestreicher mit jedem Tage. Die Frauen haben Trauer angelegt, man sieht keine einzige Equipage, die Theater stehen leer, die Nationalgarde ist aufgelöst, die Steuern werden nicht bezahlt. Das Wichtigste übrigens, was wir zu berichten haben, ist der Fall des toskanischen Ministeriums, der zunächst als eine Rückwirkung der Wiener Ereignisse betrachtet werden muß. Der Großherzog hatte den Drohungen des Volkes von Livorno, welches ihm für einen Ministerwechsel eine Frist von drei Tagen gesteckt hatte, widrigenfalls es auf Florenz marschiren würde, hartnäckigen Widerstand entgegengesetzt, der jedoch durch die Nachrichten von Wien besiegt wurde. Das Kabinet wurde auf dieselben sofort aufgelöst, und ein neues Ministerium, in welches selbst die Häupter der Bewegung, Guerazzi und Moutanelli, von Livorno berufen wurden, gebildet. Die Zusammensetzung ist wie folgt: Präsident, J. B. Nikolini; Inneres, Guerruzzi; Auswärtiges, Montanelli; öffentliche Arbeiten, Mazoni; öffentlicher Unterricht, Professor Pigli; Justiz, Guiui Bantani; Finanzen, Fenzi; Krieg, Mariano Bugala. In Livorno erregte die Nachricht von diesem Ereigniß ungeheuern Jubel. Sie kam am 13. um Mitternacht an. um 2 Uhr Morgens wurde sie durch eine Proklamation Montanellis angezeigt, das Volk drängte sich jauchzend und glückwünschend massenweise in den Straßen, und um 7 Uhr, als die ganze Bevölkerung auf den Beinen war, wurde das Ereigniß mit Gesang und Geschützsalven begrüßt. Um 11 Uhr fand dann eine Demonstration für die Eröffnung der Constituante statt. ‒ Leider müssen wir mit dem Falle des toskanischen Ministeriums auch den der Festung Osoppo bei Udine (s. Rhein. Ztg. von vorgestern) berichten. Nachdem sie sich sechs Monate lang gehalten, hat sie sich nach einem heftigen Bombardement an die österreichischen Truppen ergeben. Nebst mehreren Vorräthen wurden 37 Geschütze erbeutet. Die aus päbstlichen Truppen bestehende Besatzung hat kapitulirt und begibt sich ohne Waffen in ihre Heimath. * Die Eidgenössische Zeitung meldet, daß nach Briefen aus Ankona vom 15. Karl Albert mit einer Armee von 100,000 Mann auf Mailand losmarschirt; 30,000 Mann sollen nach Placentia vorrücken. Der polnische General Chrzanowski befehligte das Heer. Am 19. hoffte man, den Aeußerungen des Königs zufolge, in Mailand einzurücken. Ein Kurier soll nach Frankreich abgegangen sein, um neuerdings einen französischen General zur Uebernahme des Kommando's zu veranlassen. Wir haben die Bestätigung dieser Neuigkeit zu erwarten. Inzwischen scheint sie nach andern uns aus Turin zugegangenen Nachrichten sehr wahrscheinlich. Am 14. und 15. herrschte daselbst die lebhafteste Aufregung. Zwei in ihre Kasernen konsignirte Brigaden lehnten sich gegen diese Maßregel in offener Emeute auf, zertrümmerten die Thore, stiegen durch die Fenster, und zogen mit dem Rufe: „Es lebe die Republik!“ durch die Straßen. Der König berief einen Generalkonseil, dem auch General Chrzanowski beiwohnte. Auch aus andern Orten lauten die Berichte in hohem Grade kriegerisch. Zu Bercelli theilte man an die lombardischen Truppen Waffen aus, die sie mit Begierde ergriffen. Zu Genua hat Garibaldi eine Einschreibung für Freiwillige eröffnet. In Alexandrien und Genua am 16. große Truppenbewegung. Zu Mailand wächst die Spaltung unter den Soldaten mit jedem Tage. Radetzky hat 6000 Mann nach Oestreich zurückschicken und sein Geschütz gegen die Ungarn richten müssen, so daß, wie man sagt, gegenwärtig nur noch 15 bis 20,000 Mann zu Mailand sich befinden. Aus Padua schreibt man vom 10., daß man ungehindert in den Straßen ruft: „Nieder mit den Oestreichern! Es lebe die italienische Unabhängigkeit! Ueberall, wo sich Oestreicher befinden,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz125_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz125_1848/2
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 125. Köln, 25. Oktober 1848, S. 0630. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz125_1848/2>, abgerufen am 26.04.2024.