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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 106. Köln, 19. September 1848.

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Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 106. Köln, Dienstag den 19. September. 1848.

Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.

Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. Ober-Postamt in Aachen; für England die Herren J. J. Ewer et Comp. 72 Newgate-Street in London; für Belgien und Holland die resp. königl. Brief-Postämter und das Postbureau in Lüttich.

Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 1 Thlr. 24 Sgr. 6 Pf. Inserate:die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.

Deutschland.
* Köln, 18. Sept.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
!!! Frankfurt, 15. Sept. 1848.

78. Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern. Anfang halb 10 Uhr. Tagesordnung: Fortsetzung der Debatte über den Waffenstillstand. Die Gallerien sind übervoll. Ob die Abstimmung heut statt findet, ist noch sehr zweifelhaft. Wie sie ausfallen wird, zweifelhafter als je. - Man fürchtet, schlecht genug. Die Lauwarmen werden wahrscheinlich siegen.

v. Roden (namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses) kündigt den Bericht über eine Gewerbeordnung an.

Tagesordnung. Sylvester Jordan:Die Leidenschaften sind erregt in dieser Berathung. Ich will ohne Leidenschaft sprechen. Spricht für das Amendement des Hrn. v. Maltzahn, was er unterzeichnet hat - d. h. für Annahme des Waffenstillstandes. (Das Einsperren thut doch zuweilen Wirkung.) - Die Ehre Deutschlands ist nicht angetastet. Das hat Hr. Heckscher (!) genügend erwiesen. Maltzahns Amendement lautet: "Der Waffenstillstand ist nicht weiter zu beanstanden!" wegen der Modifikation möge man mit Dänemark unterhandeln. - Herr Jordan hält eine Lobrede auf Preußen! - Preußens Regierung ist vom Volke untrennbar! (!) Sie sind eins, - wie überhaupt die Regierungen und Völker eins sind. - (Oh! oh!) - Ist die Volksstimme etwa in den künstlich herbeigeführten Petitionen? (Pfui! Pfui!) (Als für Hrn. Jordan nebst Familie beim Volk gebettelt wurde, war Hr. Jordan anderer Meinung. Aber - drei Thaler Diäten!) - Leider leben wir in der Zeit des Mißtrauens - ein Zeichen der Verworfenheit der Zeit. (Langes Zischen.) Ich habe Erfahrungen gemacht - gelitten für die "gute Sache"! (Belohnter Dulder!) Preußens Ehre würde es erfordern, gegen Deutschland zu stehen!Sein König hat sein Wort gegeben! Seine und seines Volkes Ehre sind eins! [Allgemeines Gelächter.] Wenn wir Krieg führen müssen, wird die Noth so groß werden, daß selbst die Nationalversammlung nicht würde erhalten werden können. - [Die Diäten des Hrn. Jordan!] Man hetzt die einzelnen Volksstämme gegeneinander auf! [Unterbrechungen: Wer? - Pfui!]Gagernmeint mit rührender Stimme, man solle doch diese Unterhandlungen führen, wie es die Ehre Deutschlands erfordert. - Jordan: Man solle durch seinen Beschluß in dieser Sache nicht die Lunte in's Pulverfaß schleudern! Und die Kränkung ist ja nicht so groß. [Zischen. Rechts schwaches Bravo.]

Waiz. (Göttingen.) Man wird mich vielleicht parteiisch nennen, weil ich ein geborener Schleswig-Holsteiner bin. - Aber Schleswig-Holstein ist deutsch, und dieser Vorwurf trifft mich nicht; ich verzichte auf den Beifall der einen Seite des Hauses. - Meine Vorhersage Betreffs des Ministeriums ist eingetroffen, es hat die Majorität nicht gehabt, aber ich gebe gern zu, daß es in Betreff der Herzogthümer seine Pflicht gethan. - Auch ich sage, kein Deutschland ohne Preußen - aber ich muß sagen, daß Preußens Regierung in der letzten Zeit der Centralgewalt gegenüber nicht die richtige Politik gebraucht hat. Nicht das Volk von Preußen - nur das Ministerium ist zu tadeln! (Bravo.) Das jetzige Ministerium hat sein Verfahren gegen Schleswig-Holstein anders eingerichtet, als damals von Arnim. - Aus einem Schreiben von Arnims vom 3. Mai geht dies deutlich hervor. Er verliest dies Schreiben, worin gesagt ist: "Preußen werde die Wohlfahrt und Ehre der Herzogthümer fest Dänemark gegenüber zu wahren wissen!" (links: hört! hört!) - Max Gagern hat in drei Briefen das Reichsministerium vor den Bedingungen gewarnt, die er von Preußen gebilligt zu sehen fürchtete. Dieser Warnungen ungeachtet hat man Preußen freiste Hand gelassen. (hört!) - Das dänische Ministerialblatt Fädrelandet sagt: Wir sind selbst erstaunt (Dänemark selbst erstaunt!), daß Preußen die Bedingungen des Waffenstillstandes unterzeichnet hat. (hört! hört!) - Max von Gagern hat in seinen Briefen das Ministerium vor Berlin oft gewarnt,seine Pflicht vollkommen gethan! (bravo!) Heckscher hat nicht konsequent seine Pflicht gethan, sondern allmählig nachgegeben. Das Ministerium im Allgemeinen hat diesen Vertrag, wie er vorlag, nicht gut geheißen. Unser Beschluß vom 5. Sept. ist vollkommen gerechtfertigt. (Zischen rechts!) Preußen hat in diesem Vertrag Dinge festgesetzt, die niemals in einen Waffenstillstand gehören, wozu nur diese Versammlung ein Recht hat. Ich will nicht noch einmal jene unglücklichen Bedingungen durchlaufen. Ich verweise sie auf die Beleuchtung der schleswig-holsteinschen Landesversammlung. (rechts ungezogene Unterbrechungen!) Man hat uns vor den großen Mächten bange gemacht; vom Schutze für Dänemark gesprochen. Ja, meine Herren, nicht weil man uns für schwach hält, sondern weil man unsere Einheit fürchtet, deren Vorwall die Herzogthümer sind. (Warmer Beifall!) Wenn wir sie an diesem Punkte nicht wahren, wird man sie wohl wo anders auch bald angreifen. Wie ziehen wir uns aus dieser Lage, in die uns die nun abgetretenen preußischen Staatsmänner gebracht haben? Wir müssen es zugestehen, daß Preußen den Vertrag aufrecht zu erhalten suchen muß. Schleswig-Holstein wird uns in dieser kritischen Sache den Weg zeigen. Es hat den Vertrag bereits vernichtet! Es ist unmöglich einen Vertrag noch hier zu genehmigen, der bereits vernichtet ist. (Sehr gut! Alles horcht mit gespanntester Aufmerksamkeit.) Man hat uns die Ehre diesen Vertrag zu vernichten, leider vorweg genommen! (Aufregung und wärmster Beifall!)

Blömer (Landgerichtsrath aus Aachen) spricht unter völliger Theilnahmlosigkeit über seinen Antrag: "Die Rechtsgültigkeit des Waffenstillstandes istnicht ferner zu beanstanden.

Die meisten Vertreter begeben sich zum Frühstück!

Schoder: Es ist Mißtrauen im deutschen Volke, weil man dem Volke die Errungenschaften der Revolution entreißen will. Ruhe ist allerdings empfehlenswerth. Aber Ehre und Sorge für's Vaterland sind noch empfehlenswerther. Hr. Waiz hat Ihnen das Materielle so treffend auseinandergesetzt, daß ich nicht im Stande bin, dazu mehr zu sagen. (Bravo!) Es gibt Viele, die den Waffenstillstand verwerfen würden, aber aus Rücksichten einer höhern Politik fürchten, ihn zu mißbilligen. Ich will Ihnen zeigen, daß die Nachtheile, die man daraus fürchtet, nichtig sind. Sie wissen, was die Herzogthümer beschlossen haben: Permanenz der Landtagsversammlung, Bestehen der provisorischen Regierung. So lange wir nicht ratifiziren, ist der Vertrag für Deutschland ungültig. Viele wollen dies in Betracht der Vollmacht bestreiten. Ich ehre so gut wie jeder die völkerrechtlichen Rücksichten. Aber Dänemark hat kein Anrecht an Deutschland. Nur dann müssen wir ratifiziren, wenn wir den ganzen Waffenstillstand ausführen wollen. Nur ein verblendetes Ministerium könnte dies wagen; dann würde das deutsche Volk sich dagegen aussprechen. (Bravo!) Der Sinn des Antrags der Majorität ist der: "Wir wollen Frieden unter ehrenhaften Bedingungen, sonst aber Krieg! (Bravo!) Zwist im Innern und Verachtung des Auslandes werden die Folgen der Ratifizirung sein. Hören Sie die Adressen! (rechts: zur Sache.) Süddeutschland ist aufgesprungen wie ein Mann bei der Nachricht von den Uebergriffen der einen Macht! Der Redner weist Hrn. Jordan aus Marburg zurecht wegen seiner Angriffe auf die Volksversammlungen. (Rechts pöbelhafte Unterbrechungen; links: zur Ruhe!) Wo ist immer der Kampfplatz in irgend einem deutschen Kriege ge-

Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski.

(Fortsetzung.)

Wie ein begossener Pudel, bleich, zitternd, kaduck verließ unser Ritter Berlin. Es war ihm zu Muthe wie weiland in den Pyrenäen, als er, ein flüchtiger Lanzknecht, bespritzt von altspanischem Landstraßendrecke, das Weite suchte und aus Verzweiflung Autor wurde, ja, Schriftsteller - das Schlimmste, was einem Menschen im Leben passiren kann.

Es fröstelte unsern Helden. Die Zukunft dehnte sich vor seinen Blicken wie ein langer trüber Regentag. Gläsernen Auges stierte er hinaus in die Leere seines Daseins, einem zerlumpten Auswanderer gleich, der müßig über das wüste, einförmige Wogen des Meeres schaut und mit sich zu Rathe geht, ob er die Reise in eine neue Welt wagen oder ob er sich lieber hinter einander ersäufen soll.

Die ekelhafteste, hündischste Phase des Unglücks ist die, in der man gleichgültig und dumm wird. Ein Unglücklicher, der weint und wimmert wie ein verliebter arkadischer Schäfer, er kann schön sein, man wird ihn lieben können, und blonde Poeten werden ihn besingen und Stanzen und Sonnette auf ihn dichten, und blauäugige Mädchen werden an ihn denken noch manchen stillen Sonntag Nachmittag. Ein Mensch, der sich, wie ein Laokoon, schmerzgefoltert durch die Schlangen des Mißgeschickes windet: er wird unsere Herzen mit sich fortreißen, und ein großer Meister wird ihn in Marmor hauen, und ein zweiter Lessing wird vielleicht eine unsterbliche Kritik darüber schreiben, und kunstsinnige Könige und klassische Schulmeister werden sich daran erbauen bis an den jüngsten Tag. Und ein Mann endlich, der, jenem Römer gleich, mit kalt-heroischer Trauer auf den Trümmern einer Welt sitzt: er wird uns fesseln durch die Ruhe seines Adlerauges, durch die Allgewalt seines Schicksals. - Herr v. Schnapphahnski schnitt aber leider weder ein Gesicht wie ein arkadischer Schäfer noch wie der große Laokoon, noch wie ein alter Römer; er glich einem Unglücklichen, den man zehn Jahre lang in einem Zellengefängnisse marterte, der sich allmälig für den einzigen Menschen auf der Welt hielt, weil er Niemand anders als sich sah; ja, der sich endlich einbildete, daß er längst gestorben wäre und daß der Tod nur in dem Leben eines Zellengefängnisses bestehe, und der sich immer mehr mit seinem Schicksale aussöhnte, bis er zuletzt vor freudigem Wahnsinne stupide lachte, ja, bis seine Seele so gespenstisch durch die eingefallenen Augen schaute, wie eine verwelkte Rose durch das zerbrochene Fenster eines Hauses, das morsch und menschenverlassen ist und über Nacht zusammenstürzen wird in Staub und Asche.

Genug, unser Ritter war ein verlorener Mann; eine leichtsinnige Fliege, die in's Licht flog und sich Kopf, Beine und Flügel verbrannte. Ja, noch mehr. Unser Held hatte sich blamirt; er hatte sich lächerlich gemacht; er war "unmöglich" geworden, in jeder Beziehung (ridicule et impossible).

Wir wollen es nicht versuchen, die Monologe unseres Helden wiederzugeben - die Monologe, die er zwischen Berlin und der Wasserpolackei hielt, wenn er bald die Götter bat, ihn in das räudigste Schaaf zu verwandeln, das hypothezirt auf seinen Triften ging, und bald wieder wünschte, seinen Kopf in beide Hände nehmen zu können, um ihn gleich einer Bombe in den Olymp zu schleudern, daß der alte Olympos platze mit all' seinen Göttern.

Schuldbeladen saß unser Held auf seinen verschuldeten Gütern. Seine Häuser, seine Felder, seine Schaafe hatte er den Juden und den Christen verpfändet. Ihn selbst hypothezirte das Schicksal. Schnapphahnski war nicht mehr der alte Schnapphahnski. Man sagt, er habe in jenen Tagen manchmal in der Bibel gelesen - - erst nach geraumer Zeit sollte aus der melancholischen Puppe wieder der lustige Schmetterling springen. Diese Wendung in dem Trauerweiden-Leben unseres Ritters trat dadurch ein, daß ihm einst ein guter Freund aus alten Tagen ermunternd auf die Schulter klopfte und ihn darauf aufmerksam machte, daß er durch die Liebe unglücklich geworden sei und daß er folglich auch suchen müsse, durch die Liebe wieder auf den Strumpf zu kommen. Ein tiefer Sinn lag in diesen Worten, und als der wohlmeinende Freund unseres Ritters noch hinzusetzte, daß sich ganz in der Nähe eine gewisse steinreiche Herzogin aufhalte, die zwar ein höchst dornenvolles, jedenfalls aber ein ungemein ergiebiges Feld der Eroberung darbiete, da erwachte unser Held plötzlich aus seiner Lethargie und faßte den Entschluß, seinen letzten großen Coup zu wagen - "si fortuna me tormenta, spero me contenta."

Ich komme jetzt im Laufe meiner Erzählung zum ersten Male an eine Stelle, wo ich unwillkürlich stutze und zurückschrecke. Die Feder versagt mir fast den Dienst; ich möchte sie gern wegwerfen; ich bin unschlüssig, ob ich überhaupt noch fortfahren soll: ich bin in der peinlichsten Verlegenheit. Meine freundlichen Leserinnen werden meine Noth begreifen, wenn ich ihnen rund heraus sage, daß ich dazu gezwungen bin, mich über eine Dame auszulassen, deren Schicksale so wenig an das Leben einer Heiligen erinnern, daß ich wirklich nicht weiß, ob nicht manche Lilienwange über meine Schilderung leise erröthen und manche kleine Hand diese Blätter zornig zerreißen wird in tausend Stücke. - Was soll ich thun?

Bin ich nicht bisher immer höflich gegen die Frauen gewesen? Suchte ich nicht die Ehre der trefflichen Gräfin S., jener schönen edlen Frau, in jeder Weise zu wahren? Vertheidigte ich nicht die Schwester des Grafen G.? Habe ich nicht von Carlotta die lautere Wahrheit gesagt? Nahm ich nicht die Tänzerin in Schutz und schilderte ich nicht die Wiener Damen in ihrer ganzen sonnigen Hoheit? - Ach, und nun soll ich mit Einem Male von einer Frau erzählen, deren Reize so unendlich zweideutig sind, daß ich [Fortsetzung]

Neue Rheinische Zeitung
Organ der Demokratie.
No 106. Köln, Dienstag den 19. September. 1848.

Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.

Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. Ober-Postamt in Aachen; für England die Herren J. J. Ewer et Comp. 72 Newgate-Street in London; für Belgien und Holland die resp. königl. Brief-Postämter und das Postbureau in Lüttich.

Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 1 Thlr. 24 Sgr. 6 Pf. Inserate:die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf.

Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.

Deutschland.
* Köln, 18. Sept.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
!!! Frankfurt, 15. Sept. 1848.

78. Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern. Anfang halb 10 Uhr. Tagesordnung: Fortsetzung der Debatte über den Waffenstillstand. Die Gallerien sind übervoll. Ob die Abstimmung heut statt findet, ist noch sehr zweifelhaft. Wie sie ausfallen wird, zweifelhafter als je. ‒ Man fürchtet, schlecht genug. Die Lauwarmen werden wahrscheinlich siegen.

v. Roden (namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses) kündigt den Bericht über eine Gewerbeordnung an.

Tagesordnung. Sylvester Jordan:Die Leidenschaften sind erregt in dieser Berathung. Ich will ohne Leidenschaft sprechen. Spricht für das Amendement des Hrn. v. Maltzahn, was er unterzeichnet hat ‒ d. h. für Annahme des Waffenstillstandes. (Das Einsperren thut doch zuweilen Wirkung.) ‒ Die Ehre Deutschlands ist nicht angetastet. Das hat Hr. Heckscher (!) genügend erwiesen. Maltzahns Amendement lautet: „Der Waffenstillstand ist nicht weiter zu beanstanden!“ wegen der Modifikation möge man mit Dänemark unterhandeln. ‒ Herr Jordan hält eine Lobrede auf Preußen! ‒ Preußens Regierung ist vom Volke untrennbar! (!) Sie sind eins, ‒ wie überhaupt die Regierungen und Völker eins sind. ‒ (Oh! oh!) ‒ Ist die Volksstimme etwa in den künstlich herbeigeführten Petitionen? (Pfui! Pfui!) (Als für Hrn. Jordan nebst Familie beim Volk gebettelt wurde, war Hr. Jordan anderer Meinung. Aber ‒ drei Thaler Diäten!) ‒ Leider leben wir in der Zeit des Mißtrauens ‒ ein Zeichen der Verworfenheit der Zeit. (Langes Zischen.) Ich habe Erfahrungen gemacht ‒ gelitten für die „gute Sache“! (Belohnter Dulder!) Preußens Ehre würde es erfordern, gegen Deutschland zu stehen!Sein König hat sein Wort gegeben! Seine und seines Volkes Ehre sind eins! [Allgemeines Gelächter.] Wenn wir Krieg führen müssen, wird die Noth so groß werden, daß selbst die Nationalversammlung nicht würde erhalten werden können. ‒ [Die Diäten des Hrn. Jordan!] Man hetzt die einzelnen Volksstämme gegeneinander auf! [Unterbrechungen: Wer? ‒ Pfui!]Gagernmeint mit rührender Stimme, man solle doch diese Unterhandlungen führen, wie es die Ehre Deutschlands erfordert. ‒ Jordan: Man solle durch seinen Beschluß in dieser Sache nicht die Lunte in's Pulverfaß schleudern! Und die Kränkung ist ja nicht so groß. [Zischen. Rechts schwaches Bravo.]

Waiz. (Göttingen.) Man wird mich vielleicht parteiisch nennen, weil ich ein geborener Schleswig-Holsteiner bin. ‒ Aber Schleswig-Holstein ist deutsch, und dieser Vorwurf trifft mich nicht; ich verzichte auf den Beifall der einen Seite des Hauses. ‒ Meine Vorhersage Betreffs des Ministeriums ist eingetroffen, es hat die Majorität nicht gehabt, aber ich gebe gern zu, daß es in Betreff der Herzogthümer seine Pflicht gethan. ‒ Auch ich sage, kein Deutschland ohne Preußen ‒ aber ich muß sagen, daß Preußens Regierung in der letzten Zeit der Centralgewalt gegenüber nicht die richtige Politik gebraucht hat. Nicht das Volk von Preußen ‒ nur das Ministerium ist zu tadeln! (Bravo.) Das jetzige Ministerium hat sein Verfahren gegen Schleswig-Holstein anders eingerichtet, als damals von Arnim. ‒ Aus einem Schreiben von Arnims vom 3. Mai geht dies deutlich hervor. Er verliest dies Schreiben, worin gesagt ist: „Preußen werde die Wohlfahrt und Ehre der Herzogthümer fest Dänemark gegenüber zu wahren wissen!“ (links: hört! hört!) ‒ Max Gagern hat in drei Briefen das Reichsministerium vor den Bedingungen gewarnt, die er von Preußen gebilligt zu sehen fürchtete. Dieser Warnungen ungeachtet hat man Preußen freiste Hand gelassen. (hört!) ‒ Das dänische Ministerialblatt Fädrelandet sagt: Wir sind selbst erstaunt (Dänemark selbst erstaunt!), daß Preußen die Bedingungen des Waffenstillstandes unterzeichnet hat. (hört! hört!) ‒ Max von Gagern hat in seinen Briefen das Ministerium vor Berlin oft gewarnt,seine Pflicht vollkommen gethan! (bravo!) Heckscher hat nicht konsequent seine Pflicht gethan, sondern allmählig nachgegeben. Das Ministerium im Allgemeinen hat diesen Vertrag, wie er vorlag, nicht gut geheißen. Unser Beschluß vom 5. Sept. ist vollkommen gerechtfertigt. (Zischen rechts!) Preußen hat in diesem Vertrag Dinge festgesetzt, die niemals in einen Waffenstillstand gehören, wozu nur diese Versammlung ein Recht hat. Ich will nicht noch einmal jene unglücklichen Bedingungen durchlaufen. Ich verweise sie auf die Beleuchtung der schleswig-holsteinschen Landesversammlung. (rechts ungezogene Unterbrechungen!) Man hat uns vor den großen Mächten bange gemacht; vom Schutze für Dänemark gesprochen. Ja, meine Herren, nicht weil man uns für schwach hält, sondern weil man unsere Einheit fürchtet, deren Vorwall die Herzogthümer sind. (Warmer Beifall!) Wenn wir sie an diesem Punkte nicht wahren, wird man sie wohl wo anders auch bald angreifen. Wie ziehen wir uns aus dieser Lage, in die uns die nun abgetretenen preußischen Staatsmänner gebracht haben? Wir müssen es zugestehen, daß Preußen den Vertrag aufrecht zu erhalten suchen muß. Schleswig-Holstein wird uns in dieser kritischen Sache den Weg zeigen. Es hat den Vertrag bereits vernichtet! Es ist unmöglich einen Vertrag noch hier zu genehmigen, der bereits vernichtet ist. (Sehr gut! Alles horcht mit gespanntester Aufmerksamkeit.) Man hat uns die Ehre diesen Vertrag zu vernichten, leider vorweg genommen! (Aufregung und wärmster Beifall!)

Blömer (Landgerichtsrath aus Aachen) spricht unter völliger Theilnahmlosigkeit über seinen Antrag: „Die Rechtsgültigkeit des Waffenstillstandes istnicht ferner zu beanstanden.

Die meisten Vertreter begeben sich zum Frühstück!

Schoder: Es ist Mißtrauen im deutschen Volke, weil man dem Volke die Errungenschaften der Revolution entreißen will. Ruhe ist allerdings empfehlenswerth. Aber Ehre und Sorge für's Vaterland sind noch empfehlenswerther. Hr. Waiz hat Ihnen das Materielle so treffend auseinandergesetzt, daß ich nicht im Stande bin, dazu mehr zu sagen. (Bravo!) Es gibt Viele, die den Waffenstillstand verwerfen würden, aber aus Rücksichten einer höhern Politik fürchten, ihn zu mißbilligen. Ich will Ihnen zeigen, daß die Nachtheile, die man daraus fürchtet, nichtig sind. Sie wissen, was die Herzogthümer beschlossen haben: Permanenz der Landtagsversammlung, Bestehen der provisorischen Regierung. So lange wir nicht ratifiziren, ist der Vertrag für Deutschland ungültig. Viele wollen dies in Betracht der Vollmacht bestreiten. Ich ehre so gut wie jeder die völkerrechtlichen Rücksichten. Aber Dänemark hat kein Anrecht an Deutschland. Nur dann müssen wir ratifiziren, wenn wir den ganzen Waffenstillstand ausführen wollen. Nur ein verblendetes Ministerium könnte dies wagen; dann würde das deutsche Volk sich dagegen aussprechen. (Bravo!) Der Sinn des Antrags der Majorität ist der: „Wir wollen Frieden unter ehrenhaften Bedingungen, sonst aber Krieg! (Bravo!) Zwist im Innern und Verachtung des Auslandes werden die Folgen der Ratifizirung sein. Hören Sie die Adressen! (rechts: zur Sache.) Süddeutschland ist aufgesprungen wie ein Mann bei der Nachricht von den Uebergriffen der einen Macht! Der Redner weist Hrn. Jordan aus Marburg zurecht wegen seiner Angriffe auf die Volksversammlungen. (Rechts pöbelhafte Unterbrechungen; links: zur Ruhe!) Wo ist immer der Kampfplatz in irgend einem deutschen Kriege ge-

Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski.

(Fortsetzung.)

Wie ein begossener Pudel, bleich, zitternd, kaduck verließ unser Ritter Berlin. Es war ihm zu Muthe wie weiland in den Pyrenäen, als er, ein flüchtiger Lanzknecht, bespritzt von altspanischem Landstraßendrecke, das Weite suchte und aus Verzweiflung Autor wurde, ja, Schriftsteller ‒ das Schlimmste, was einem Menschen im Leben passiren kann.

Es fröstelte unsern Helden. Die Zukunft dehnte sich vor seinen Blicken wie ein langer trüber Regentag. Gläsernen Auges stierte er hinaus in die Leere seines Daseins, einem zerlumpten Auswanderer gleich, der müßig über das wüste, einförmige Wogen des Meeres schaut und mit sich zu Rathe geht, ob er die Reise in eine neue Welt wagen oder ob er sich lieber hinter einander ersäufen soll.

Die ekelhafteste, hündischste Phase des Unglücks ist die, in der man gleichgültig und dumm wird. Ein Unglücklicher, der weint und wimmert wie ein verliebter arkadischer Schäfer, er kann schön sein, man wird ihn lieben können, und blonde Poeten werden ihn besingen und Stanzen und Sonnette auf ihn dichten, und blauäugige Mädchen werden an ihn denken noch manchen stillen Sonntag Nachmittag. Ein Mensch, der sich, wie ein Laokoon, schmerzgefoltert durch die Schlangen des Mißgeschickes windet: er wird unsere Herzen mit sich fortreißen, und ein großer Meister wird ihn in Marmor hauen, und ein zweiter Lessing wird vielleicht eine unsterbliche Kritik darüber schreiben, und kunstsinnige Könige und klassische Schulmeister werden sich daran erbauen bis an den jüngsten Tag. Und ein Mann endlich, der, jenem Römer gleich, mit kalt-heroischer Trauer auf den Trümmern einer Welt sitzt: er wird uns fesseln durch die Ruhe seines Adlerauges, durch die Allgewalt seines Schicksals. ‒ Herr v. Schnapphahnski schnitt aber leider weder ein Gesicht wie ein arkadischer Schäfer noch wie der große Laokoon, noch wie ein alter Römer; er glich einem Unglücklichen, den man zehn Jahre lang in einem Zellengefängnisse marterte, der sich allmälig für den einzigen Menschen auf der Welt hielt, weil er Niemand anders als sich sah; ja, der sich endlich einbildete, daß er längst gestorben wäre und daß der Tod nur in dem Leben eines Zellengefängnisses bestehe, und der sich immer mehr mit seinem Schicksale aussöhnte, bis er zuletzt vor freudigem Wahnsinne stupide lachte, ja, bis seine Seele so gespenstisch durch die eingefallenen Augen schaute, wie eine verwelkte Rose durch das zerbrochene Fenster eines Hauses, das morsch und menschenverlassen ist und über Nacht zusammenstürzen wird in Staub und Asche.

Genug, unser Ritter war ein verlorener Mann; eine leichtsinnige Fliege, die in's Licht flog und sich Kopf, Beine und Flügel verbrannte. Ja, noch mehr. Unser Held hatte sich blamirt; er hatte sich lächerlich gemacht; er war „unmöglich“ geworden, in jeder Beziehung (ridicule et impossible).

Wir wollen es nicht versuchen, die Monologe unseres Helden wiederzugeben ‒ die Monologe, die er zwischen Berlin und der Wasserpolackei hielt, wenn er bald die Götter bat, ihn in das räudigste Schaaf zu verwandeln, das hypothezirt auf seinen Triften ging, und bald wieder wünschte, seinen Kopf in beide Hände nehmen zu können, um ihn gleich einer Bombe in den Olymp zu schleudern, daß der alte Olympos platze mit all' seinen Göttern.

Schuldbeladen saß unser Held auf seinen verschuldeten Gütern. Seine Häuser, seine Felder, seine Schaafe hatte er den Juden und den Christen verpfändet. Ihn selbst hypothezirte das Schicksal. Schnapphahnski war nicht mehr der alte Schnapphahnski. Man sagt, er habe in jenen Tagen manchmal in der Bibel gelesen ‒ ‒ erst nach geraumer Zeit sollte aus der melancholischen Puppe wieder der lustige Schmetterling springen. Diese Wendung in dem Trauerweiden-Leben unseres Ritters trat dadurch ein, daß ihm einst ein guter Freund aus alten Tagen ermunternd auf die Schulter klopfte und ihn darauf aufmerksam machte, daß er durch die Liebe unglücklich geworden sei und daß er folglich auch suchen müsse, durch die Liebe wieder auf den Strumpf zu kommen. Ein tiefer Sinn lag in diesen Worten, und als der wohlmeinende Freund unseres Ritters noch hinzusetzte, daß sich ganz in der Nähe eine gewisse steinreiche Herzogin aufhalte, die zwar ein höchst dornenvolles, jedenfalls aber ein ungemein ergiebiges Feld der Eroberung darbiete, da erwachte unser Held plötzlich aus seiner Lethargie und faßte den Entschluß, seinen letzten großen Coup zu wagen ‒ »si fortuna me tormenta, spero me contenta.“

Ich komme jetzt im Laufe meiner Erzählung zum ersten Male an eine Stelle, wo ich unwillkürlich stutze und zurückschrecke. Die Feder versagt mir fast den Dienst; ich möchte sie gern wegwerfen; ich bin unschlüssig, ob ich überhaupt noch fortfahren soll: ich bin in der peinlichsten Verlegenheit. Meine freundlichen Leserinnen werden meine Noth begreifen, wenn ich ihnen rund heraus sage, daß ich dazu gezwungen bin, mich über eine Dame auszulassen, deren Schicksale so wenig an das Leben einer Heiligen erinnern, daß ich wirklich nicht weiß, ob nicht manche Lilienwange über meine Schilderung leise erröthen und manche kleine Hand diese Blätter zornig zerreißen wird in tausend Stücke. ‒ Was soll ich thun?

Bin ich nicht bisher immer höflich gegen die Frauen gewesen? Suchte ich nicht die Ehre der trefflichen Gräfin S., jener schönen edlen Frau, in jeder Weise zu wahren? Vertheidigte ich nicht die Schwester des Grafen G.? Habe ich nicht von Carlotta die lautere Wahrheit gesagt? Nahm ich nicht die Tänzerin in Schutz und schilderte ich nicht die Wiener Damen in ihrer ganzen sonnigen Hoheit? ‒ Ach, und nun soll ich mit Einem Male von einer Frau erzählen, deren Reize so unendlich zweideutig sind, daß ich [Fortsetzung]

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          <p>78. Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern. Anfang halb 10 Uhr. Tagesordnung:       Fortsetzung der Debatte über den Waffenstillstand. Die Gallerien sind übervoll. Ob die       Abstimmung heut statt findet, ist noch sehr zweifelhaft. Wie sie ausfallen wird, zweifelhafter       als je. &#x2012; Man fürchtet, schlecht genug. Die Lauwarmen werden wahrscheinlich siegen.</p>
          <p><hi rendition="#g">v. Roden</hi> (namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses) kündigt den       Bericht über eine Gewerbeordnung an.</p>
          <p><hi rendition="#g">Tagesordnung. Sylvester Jordan:</hi>Die Leidenschaften sind erregt in       dieser Berathung. Ich will ohne Leidenschaft sprechen. Spricht für das Amendement des Hrn. v.       Maltzahn, was er unterzeichnet hat &#x2012; <hi rendition="#g">d. h. für</hi> Annahme des       Waffenstillstandes. (Das Einsperren thut doch zuweilen Wirkung.) &#x2012; Die Ehre Deutschlands ist       nicht angetastet. Das hat Hr. Heckscher (!) genügend erwiesen. Maltzahns <hi rendition="#g">Amendement</hi> lautet: &#x201E;Der Waffenstillstand ist <hi rendition="#g">nicht</hi> weiter zu       beanstanden!&#x201C; wegen der Modifikation möge man mit Dänemark unterhandeln. &#x2012; Herr Jordan hält       eine Lobrede auf Preußen! &#x2012; Preußens Regierung ist vom Volke untrennbar! (!) Sie sind eins, &#x2012;       wie überhaupt die Regierungen und Völker eins sind. &#x2012; (Oh! oh!) &#x2012; Ist die Volksstimme etwa in       den künstlich herbeigeführten Petitionen? (Pfui! Pfui!) (Als für Hrn. Jordan nebst Familie       beim Volk gebettelt wurde, war Hr. Jordan anderer Meinung. Aber &#x2012; drei Thaler Diäten!) &#x2012;       Leider leben wir in der Zeit des Mißtrauens &#x2012; ein Zeichen der Verworfenheit der Zeit. (Langes       Zischen.) Ich habe Erfahrungen gemacht &#x2012; gelitten für die &#x201E;gute Sache&#x201C;! (Belohnter Dulder!) <hi rendition="#g">Preußens Ehre würde es erfordern, gegen Deutschland zu stehen!</hi>Sein       König <hi rendition="#g">hat sein Wort gegeben! Seine und seines Volkes Ehre sind eins!</hi> [Allgemeines Gelächter.] Wenn wir Krieg führen müssen, wird die Noth so groß werden, daß       selbst die Nationalversammlung nicht würde erhalten werden können. &#x2012; [Die Diäten des Hrn.       Jordan!] Man hetzt die einzelnen Volksstämme gegeneinander auf! [Unterbrechungen: Wer? &#x2012;        Pfui!]<hi rendition="#g">Gagern</hi>meint mit rührender Stimme, man solle doch diese       Unterhandlungen führen, wie es die Ehre Deutschlands erfordert. &#x2012; Jordan: Man solle durch       seinen Beschluß in dieser Sache nicht die Lunte in's Pulverfaß schleudern! Und die Kränkung       ist ja nicht so groß. [Zischen. Rechts schwaches Bravo.]</p>
          <p><hi rendition="#g">Waiz.</hi> (Göttingen.) Man wird mich vielleicht parteiisch nennen, weil       ich ein geborener Schleswig-Holsteiner bin. &#x2012; Aber Schleswig-Holstein ist deutsch, und dieser       Vorwurf trifft mich nicht; ich verzichte auf den Beifall der einen Seite des Hauses. &#x2012; Meine       Vorhersage Betreffs des Ministeriums ist eingetroffen, es hat die Majorität nicht gehabt, aber       ich gebe gern zu, daß es in Betreff der Herzogthümer seine Pflicht gethan. &#x2012; Auch ich sage,       kein Deutschland ohne Preußen &#x2012; aber ich muß sagen, daß Preußens Regierung in der letzten Zeit       der Centralgewalt gegenüber nicht die richtige Politik gebraucht hat. Nicht das Volk von       Preußen &#x2012; nur das Ministerium ist zu tadeln! (Bravo.) Das jetzige Ministerium hat sein       Verfahren gegen Schleswig-Holstein anders eingerichtet, als damals von Arnim. &#x2012; Aus einem       Schreiben von Arnims vom 3. Mai geht dies deutlich hervor. Er verliest dies Schreiben, worin       gesagt ist: &#x201E;Preußen werde die Wohlfahrt und Ehre der Herzogthümer fest Dänemark gegenüber zu       wahren wissen!&#x201C; (links: hört! hört!) &#x2012; Max Gagern hat in drei Briefen das Reichsministerium       vor den Bedingungen gewarnt, die er von Preußen gebilligt zu sehen fürchtete. Dieser Warnungen       ungeachtet hat man Preußen freiste Hand gelassen. (hört!) &#x2012; Das dänische Ministerialblatt       Fädrelandet sagt: Wir sind selbst <hi rendition="#g">erstaunt</hi> (Dänemark selbst       erstaunt!), daß Preußen die Bedingungen des Waffenstillstandes unterzeichnet hat. (hört!       hört!) &#x2012; Max von Gagern hat in seinen Briefen das Ministerium vor Berlin oft <hi rendition="#g">gewarnt,</hi>seine Pflicht vollkommen gethan! (bravo!) Heckscher hat nicht       konsequent seine Pflicht gethan, sondern allmählig nachgegeben. Das Ministerium im Allgemeinen       hat diesen Vertrag, wie er vorlag, nicht gut geheißen. Unser Beschluß vom 5. Sept. ist       vollkommen gerechtfertigt. (Zischen rechts!) Preußen hat in diesem Vertrag Dinge festgesetzt,       die niemals in einen Waffenstillstand gehören, wozu nur diese Versammlung ein Recht hat. Ich       will nicht noch einmal jene unglücklichen Bedingungen durchlaufen. Ich verweise sie auf die       Beleuchtung der schleswig-holsteinschen Landesversammlung. (rechts ungezogene       Unterbrechungen!) Man hat uns vor den großen Mächten bange gemacht; vom Schutze für Dänemark       gesprochen. Ja, meine Herren, nicht weil man uns für schwach hält, sondern weil man unsere <hi rendition="#g">Einheit</hi> fürchtet, deren Vorwall die Herzogthümer sind. (Warmer Beifall!)       Wenn wir sie an diesem Punkte nicht wahren, wird man sie wohl wo anders auch bald angreifen.       Wie ziehen wir uns aus dieser Lage, in die uns die nun abgetretenen preußischen Staatsmänner       gebracht haben? Wir müssen es zugestehen, daß Preußen den Vertrag aufrecht zu erhalten suchen       muß. Schleswig-Holstein wird uns in dieser kritischen Sache den Weg zeigen. Es hat den Vertrag       bereits vernichtet! Es ist unmöglich einen Vertrag noch hier zu genehmigen, der bereits       vernichtet ist. (Sehr gut! Alles horcht mit gespanntester Aufmerksamkeit.) Man hat uns die <hi rendition="#g">Ehre</hi> diesen Vertrag zu vernichten, leider vorweg genommen! (Aufregung und       wärmster Beifall!)</p>
          <p><hi rendition="#g">Blömer</hi> (Landgerichtsrath aus Aachen) spricht unter völliger       Theilnahmlosigkeit über seinen Antrag: &#x201E;Die Rechtsgültigkeit des Waffenstillstandes ist<hi rendition="#g">nicht</hi> ferner zu beanstanden.</p>
          <p>Die meisten Vertreter begeben sich zum Frühstück!</p>
          <p><hi rendition="#g">Schoder:</hi> Es ist Mißtrauen im deutschen Volke, weil man dem Volke die       Errungenschaften der Revolution entreißen will. Ruhe ist allerdings empfehlenswerth. Aber Ehre       und Sorge für's Vaterland sind noch empfehlenswerther. Hr. Waiz hat Ihnen das Materielle so       treffend auseinandergesetzt, daß ich nicht im Stande bin, dazu mehr zu sagen. (Bravo!) Es gibt       Viele, die den Waffenstillstand verwerfen würden, aber aus Rücksichten einer höhern Politik       fürchten, ihn zu mißbilligen. Ich will Ihnen zeigen, daß die Nachtheile, die man daraus       fürchtet, nichtig sind. Sie wissen, was die Herzogthümer beschlossen haben: Permanenz der       Landtagsversammlung, Bestehen der provisorischen Regierung. So lange wir nicht ratifiziren,       ist der Vertrag für Deutschland ungültig. Viele wollen dies in Betracht der Vollmacht       bestreiten. Ich ehre so gut wie jeder die völkerrechtlichen Rücksichten. Aber Dänemark hat       kein Anrecht an Deutschland. Nur dann müssen wir ratifiziren, wenn wir den ganzen       Waffenstillstand ausführen wollen. Nur ein verblendetes Ministerium könnte dies wagen; dann       würde das deutsche Volk sich dagegen aussprechen. (Bravo!) Der Sinn des Antrags der Majorität       ist der: &#x201E;Wir wollen Frieden unter ehrenhaften Bedingungen, sonst aber Krieg! (Bravo!) Zwist       im Innern und Verachtung des Auslandes werden die Folgen der Ratifizirung sein. Hören Sie die       Adressen! (rechts: zur Sache.) Süddeutschland ist aufgesprungen wie ein Mann bei der Nachricht       von den Uebergriffen der einen Macht! Der Redner weist Hrn. Jordan aus Marburg zurecht wegen       seiner Angriffe auf die Volksversammlungen. (Rechts pöbelhafte Unterbrechungen; links: zur       Ruhe!) Wo ist immer der Kampfplatz in irgend einem deutschen Kriege ge-</p>
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          <head>Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski.</head>
          <p>
            <ref type="link">(Fortsetzung.)</ref>
          </p>
          <p>Wie ein begossener Pudel, bleich, zitternd, kaduck verließ unser Ritter Berlin. Es war ihm       zu Muthe wie weiland in den Pyrenäen, als er, ein flüchtiger Lanzknecht, bespritzt von       altspanischem Landstraßendrecke, das Weite suchte und aus Verzweiflung Autor wurde, ja,       Schriftsteller &#x2012; das Schlimmste, was einem Menschen im Leben passiren kann.</p>
          <p>Es fröstelte unsern Helden. Die Zukunft dehnte sich vor seinen Blicken wie ein langer trüber       Regentag. Gläsernen Auges stierte er hinaus in die Leere seines Daseins, einem zerlumpten       Auswanderer gleich, der müßig über das wüste, einförmige Wogen des Meeres schaut und mit sich       zu Rathe geht, ob er die Reise in eine neue Welt wagen oder ob er sich lieber hinter einander       ersäufen soll.</p>
          <p>Die ekelhafteste, hündischste Phase des Unglücks ist die, in der man gleichgültig und dumm       wird. Ein Unglücklicher, der weint und wimmert wie ein verliebter arkadischer Schäfer, er kann       schön sein, man wird ihn lieben können, und blonde Poeten werden ihn besingen und Stanzen und       Sonnette auf ihn dichten, und blauäugige Mädchen werden an ihn denken noch manchen stillen       Sonntag Nachmittag. Ein Mensch, der sich, wie ein Laokoon, schmerzgefoltert durch die       Schlangen des Mißgeschickes windet: er wird unsere Herzen mit sich fortreißen, und ein großer       Meister wird ihn in Marmor hauen, und ein zweiter Lessing wird vielleicht eine unsterbliche       Kritik darüber schreiben, und kunstsinnige Könige und klassische Schulmeister werden sich       daran erbauen bis an den jüngsten Tag. Und ein Mann endlich, der, jenem Römer gleich, mit       kalt-heroischer Trauer auf den Trümmern einer Welt sitzt: er wird uns fesseln durch die Ruhe       seines Adlerauges, durch die Allgewalt seines Schicksals. &#x2012; Herr v. Schnapphahnski schnitt       aber leider weder ein Gesicht wie ein arkadischer Schäfer noch wie der große Laokoon, noch wie       ein alter Römer; er glich einem Unglücklichen, den man zehn Jahre lang in einem       Zellengefängnisse marterte, der sich allmälig für den einzigen Menschen auf der Welt hielt,       weil er Niemand anders als sich sah; ja, der sich endlich einbildete, daß er längst gestorben       wäre und daß der Tod nur in dem Leben eines Zellengefängnisses bestehe, und der sich immer       mehr mit seinem Schicksale aussöhnte, bis er zuletzt vor freudigem Wahnsinne stupide lachte,       ja, bis seine Seele so gespenstisch durch die eingefallenen Augen schaute, wie eine verwelkte       Rose durch das zerbrochene Fenster eines Hauses, das morsch und menschenverlassen ist und über       Nacht zusammenstürzen wird in Staub und Asche.</p>
          <p>Genug, unser Ritter war ein verlorener Mann; eine leichtsinnige Fliege, die in's Licht flog       und sich Kopf, Beine und Flügel verbrannte. Ja, noch mehr. Unser Held hatte sich blamirt; er       hatte sich lächerlich gemacht; er war &#x201E;<hi rendition="#g">unmöglich</hi>&#x201C; geworden, in jeder       Beziehung (ridicule et impossible).</p>
          <p>Wir wollen es nicht versuchen, die Monologe unseres Helden wiederzugeben &#x2012; die Monologe, die       er zwischen Berlin und der Wasserpolackei hielt, wenn er bald die Götter bat, ihn in das       räudigste Schaaf zu verwandeln, das hypothezirt auf seinen Triften ging, und bald wieder       wünschte, seinen Kopf in beide Hände nehmen zu können, um ihn gleich einer Bombe in den Olymp       zu schleudern, daß der alte Olympos platze mit all' seinen Göttern.</p>
          <p>Schuldbeladen saß unser Held auf seinen verschuldeten Gütern. Seine Häuser, seine Felder,       seine Schaafe hatte er den Juden und den Christen verpfändet. Ihn selbst hypothezirte das       Schicksal. Schnapphahnski war nicht mehr der alte Schnapphahnski. Man sagt, er habe in jenen       Tagen manchmal in der Bibel gelesen &#x2012; &#x2012; erst nach geraumer Zeit sollte aus der melancholischen       Puppe wieder der lustige Schmetterling springen. Diese Wendung in dem Trauerweiden-Leben       unseres Ritters trat dadurch ein, daß ihm einst ein guter Freund aus alten Tagen ermunternd       auf die Schulter klopfte und ihn darauf aufmerksam machte, daß er durch die Liebe unglücklich       geworden sei und daß er folglich auch suchen müsse, durch die Liebe wieder auf den Strumpf zu       kommen. Ein tiefer Sinn lag in diesen Worten, und als der wohlmeinende Freund unseres Ritters       noch hinzusetzte, daß sich ganz in der Nähe eine gewisse steinreiche Herzogin aufhalte, die       zwar ein höchst dornenvolles, jedenfalls aber ein ungemein ergiebiges Feld der Eroberung       darbiete, da erwachte unser Held plötzlich aus seiner Lethargie und faßte den Entschluß,       seinen letzten großen Coup zu wagen &#x2012; »si fortuna me tormenta, spero me contenta.&#x201C;</p>
          <p>Ich komme jetzt im Laufe meiner Erzählung zum ersten Male an eine Stelle, wo ich       unwillkürlich stutze und zurückschrecke. Die Feder versagt mir fast den Dienst; ich möchte sie       gern wegwerfen; ich bin unschlüssig, ob ich überhaupt noch fortfahren soll: ich bin in der       peinlichsten Verlegenheit. Meine freundlichen Leserinnen werden meine Noth begreifen, wenn ich       ihnen rund heraus sage, daß ich dazu gezwungen bin, mich über eine Dame auszulassen, deren       Schicksale so wenig an das Leben einer Heiligen erinnern, daß ich wirklich nicht weiß, ob       nicht manche Lilienwange über meine Schilderung leise erröthen und manche kleine Hand diese       Blätter zornig zerreißen wird in tausend Stücke. &#x2012; Was soll ich thun?</p>
          <p>Bin ich nicht bisher immer höflich gegen die Frauen gewesen? Suchte ich nicht die Ehre der       trefflichen Gräfin S., jener schönen edlen Frau, in jeder Weise zu wahren? Vertheidigte ich       nicht die Schwester des Grafen G.? Habe ich nicht von Carlotta die lautere Wahrheit gesagt?       Nahm ich nicht die Tänzerin in Schutz und schilderte ich nicht die Wiener Damen in ihrer       ganzen sonnigen Hoheit? &#x2012; Ach, und nun soll ich mit Einem Male von einer Frau erzählen, deren       Reize so unendlich zweideutig sind, daß ich <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref>                </p>
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[0525/0001] Neue Rheinische Zeitung Organ der Demokratie. No 106. Köln, Dienstag den 19. September. 1848. Bestellungen für das nächste Quartal, Oktober bis Dezember, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Hr. G. A. Alexander, Nr. 28 Brandgasse in Straßburg, und Nr. 23 Rue Notre-Dame de Nazareth in Paris, so wie das königl. Ober-Postamt in Aachen; für England die Herren J. J. Ewer et Comp. 72 Newgate-Street in London; für Belgien und Holland die resp. königl. Brief-Postämter und das Postbureau in Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 1 Thlr. 24 Sgr. 6 Pf. Inserate:die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Deutschland. * Köln, 18. Sept. _ !!! Frankfurt, 15. Sept. 1848. 78. Sitzung der National-Versammlung. Präsident v. Gagern. Anfang halb 10 Uhr. Tagesordnung: Fortsetzung der Debatte über den Waffenstillstand. Die Gallerien sind übervoll. Ob die Abstimmung heut statt findet, ist noch sehr zweifelhaft. Wie sie ausfallen wird, zweifelhafter als je. ‒ Man fürchtet, schlecht genug. Die Lauwarmen werden wahrscheinlich siegen. v. Roden (namens des volkswirthschaftlichen Ausschusses) kündigt den Bericht über eine Gewerbeordnung an. Tagesordnung. Sylvester Jordan:Die Leidenschaften sind erregt in dieser Berathung. Ich will ohne Leidenschaft sprechen. Spricht für das Amendement des Hrn. v. Maltzahn, was er unterzeichnet hat ‒ d. h. für Annahme des Waffenstillstandes. (Das Einsperren thut doch zuweilen Wirkung.) ‒ Die Ehre Deutschlands ist nicht angetastet. Das hat Hr. Heckscher (!) genügend erwiesen. Maltzahns Amendement lautet: „Der Waffenstillstand ist nicht weiter zu beanstanden!“ wegen der Modifikation möge man mit Dänemark unterhandeln. ‒ Herr Jordan hält eine Lobrede auf Preußen! ‒ Preußens Regierung ist vom Volke untrennbar! (!) Sie sind eins, ‒ wie überhaupt die Regierungen und Völker eins sind. ‒ (Oh! oh!) ‒ Ist die Volksstimme etwa in den künstlich herbeigeführten Petitionen? (Pfui! Pfui!) (Als für Hrn. Jordan nebst Familie beim Volk gebettelt wurde, war Hr. Jordan anderer Meinung. Aber ‒ drei Thaler Diäten!) ‒ Leider leben wir in der Zeit des Mißtrauens ‒ ein Zeichen der Verworfenheit der Zeit. (Langes Zischen.) Ich habe Erfahrungen gemacht ‒ gelitten für die „gute Sache“! (Belohnter Dulder!) Preußens Ehre würde es erfordern, gegen Deutschland zu stehen!Sein König hat sein Wort gegeben! Seine und seines Volkes Ehre sind eins! [Allgemeines Gelächter.] Wenn wir Krieg führen müssen, wird die Noth so groß werden, daß selbst die Nationalversammlung nicht würde erhalten werden können. ‒ [Die Diäten des Hrn. Jordan!] Man hetzt die einzelnen Volksstämme gegeneinander auf! [Unterbrechungen: Wer? ‒ Pfui!]Gagernmeint mit rührender Stimme, man solle doch diese Unterhandlungen führen, wie es die Ehre Deutschlands erfordert. ‒ Jordan: Man solle durch seinen Beschluß in dieser Sache nicht die Lunte in's Pulverfaß schleudern! Und die Kränkung ist ja nicht so groß. [Zischen. Rechts schwaches Bravo.] Waiz. (Göttingen.) Man wird mich vielleicht parteiisch nennen, weil ich ein geborener Schleswig-Holsteiner bin. ‒ Aber Schleswig-Holstein ist deutsch, und dieser Vorwurf trifft mich nicht; ich verzichte auf den Beifall der einen Seite des Hauses. ‒ Meine Vorhersage Betreffs des Ministeriums ist eingetroffen, es hat die Majorität nicht gehabt, aber ich gebe gern zu, daß es in Betreff der Herzogthümer seine Pflicht gethan. ‒ Auch ich sage, kein Deutschland ohne Preußen ‒ aber ich muß sagen, daß Preußens Regierung in der letzten Zeit der Centralgewalt gegenüber nicht die richtige Politik gebraucht hat. Nicht das Volk von Preußen ‒ nur das Ministerium ist zu tadeln! (Bravo.) Das jetzige Ministerium hat sein Verfahren gegen Schleswig-Holstein anders eingerichtet, als damals von Arnim. ‒ Aus einem Schreiben von Arnims vom 3. Mai geht dies deutlich hervor. Er verliest dies Schreiben, worin gesagt ist: „Preußen werde die Wohlfahrt und Ehre der Herzogthümer fest Dänemark gegenüber zu wahren wissen!“ (links: hört! hört!) ‒ Max Gagern hat in drei Briefen das Reichsministerium vor den Bedingungen gewarnt, die er von Preußen gebilligt zu sehen fürchtete. Dieser Warnungen ungeachtet hat man Preußen freiste Hand gelassen. (hört!) ‒ Das dänische Ministerialblatt Fädrelandet sagt: Wir sind selbst erstaunt (Dänemark selbst erstaunt!), daß Preußen die Bedingungen des Waffenstillstandes unterzeichnet hat. (hört! hört!) ‒ Max von Gagern hat in seinen Briefen das Ministerium vor Berlin oft gewarnt,seine Pflicht vollkommen gethan! (bravo!) Heckscher hat nicht konsequent seine Pflicht gethan, sondern allmählig nachgegeben. Das Ministerium im Allgemeinen hat diesen Vertrag, wie er vorlag, nicht gut geheißen. Unser Beschluß vom 5. Sept. ist vollkommen gerechtfertigt. (Zischen rechts!) Preußen hat in diesem Vertrag Dinge festgesetzt, die niemals in einen Waffenstillstand gehören, wozu nur diese Versammlung ein Recht hat. Ich will nicht noch einmal jene unglücklichen Bedingungen durchlaufen. Ich verweise sie auf die Beleuchtung der schleswig-holsteinschen Landesversammlung. (rechts ungezogene Unterbrechungen!) Man hat uns vor den großen Mächten bange gemacht; vom Schutze für Dänemark gesprochen. Ja, meine Herren, nicht weil man uns für schwach hält, sondern weil man unsere Einheit fürchtet, deren Vorwall die Herzogthümer sind. (Warmer Beifall!) Wenn wir sie an diesem Punkte nicht wahren, wird man sie wohl wo anders auch bald angreifen. Wie ziehen wir uns aus dieser Lage, in die uns die nun abgetretenen preußischen Staatsmänner gebracht haben? Wir müssen es zugestehen, daß Preußen den Vertrag aufrecht zu erhalten suchen muß. Schleswig-Holstein wird uns in dieser kritischen Sache den Weg zeigen. Es hat den Vertrag bereits vernichtet! Es ist unmöglich einen Vertrag noch hier zu genehmigen, der bereits vernichtet ist. (Sehr gut! Alles horcht mit gespanntester Aufmerksamkeit.) Man hat uns die Ehre diesen Vertrag zu vernichten, leider vorweg genommen! (Aufregung und wärmster Beifall!) Blömer (Landgerichtsrath aus Aachen) spricht unter völliger Theilnahmlosigkeit über seinen Antrag: „Die Rechtsgültigkeit des Waffenstillstandes istnicht ferner zu beanstanden. Die meisten Vertreter begeben sich zum Frühstück! Schoder: Es ist Mißtrauen im deutschen Volke, weil man dem Volke die Errungenschaften der Revolution entreißen will. Ruhe ist allerdings empfehlenswerth. Aber Ehre und Sorge für's Vaterland sind noch empfehlenswerther. Hr. Waiz hat Ihnen das Materielle so treffend auseinandergesetzt, daß ich nicht im Stande bin, dazu mehr zu sagen. (Bravo!) Es gibt Viele, die den Waffenstillstand verwerfen würden, aber aus Rücksichten einer höhern Politik fürchten, ihn zu mißbilligen. Ich will Ihnen zeigen, daß die Nachtheile, die man daraus fürchtet, nichtig sind. Sie wissen, was die Herzogthümer beschlossen haben: Permanenz der Landtagsversammlung, Bestehen der provisorischen Regierung. So lange wir nicht ratifiziren, ist der Vertrag für Deutschland ungültig. Viele wollen dies in Betracht der Vollmacht bestreiten. Ich ehre so gut wie jeder die völkerrechtlichen Rücksichten. Aber Dänemark hat kein Anrecht an Deutschland. Nur dann müssen wir ratifiziren, wenn wir den ganzen Waffenstillstand ausführen wollen. Nur ein verblendetes Ministerium könnte dies wagen; dann würde das deutsche Volk sich dagegen aussprechen. (Bravo!) Der Sinn des Antrags der Majorität ist der: „Wir wollen Frieden unter ehrenhaften Bedingungen, sonst aber Krieg! (Bravo!) Zwist im Innern und Verachtung des Auslandes werden die Folgen der Ratifizirung sein. Hören Sie die Adressen! (rechts: zur Sache.) Süddeutschland ist aufgesprungen wie ein Mann bei der Nachricht von den Uebergriffen der einen Macht! Der Redner weist Hrn. Jordan aus Marburg zurecht wegen seiner Angriffe auf die Volksversammlungen. (Rechts pöbelhafte Unterbrechungen; links: zur Ruhe!) Wo ist immer der Kampfplatz in irgend einem deutschen Kriege ge- Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. (Fortsetzung.) Wie ein begossener Pudel, bleich, zitternd, kaduck verließ unser Ritter Berlin. Es war ihm zu Muthe wie weiland in den Pyrenäen, als er, ein flüchtiger Lanzknecht, bespritzt von altspanischem Landstraßendrecke, das Weite suchte und aus Verzweiflung Autor wurde, ja, Schriftsteller ‒ das Schlimmste, was einem Menschen im Leben passiren kann. Es fröstelte unsern Helden. Die Zukunft dehnte sich vor seinen Blicken wie ein langer trüber Regentag. Gläsernen Auges stierte er hinaus in die Leere seines Daseins, einem zerlumpten Auswanderer gleich, der müßig über das wüste, einförmige Wogen des Meeres schaut und mit sich zu Rathe geht, ob er die Reise in eine neue Welt wagen oder ob er sich lieber hinter einander ersäufen soll. Die ekelhafteste, hündischste Phase des Unglücks ist die, in der man gleichgültig und dumm wird. Ein Unglücklicher, der weint und wimmert wie ein verliebter arkadischer Schäfer, er kann schön sein, man wird ihn lieben können, und blonde Poeten werden ihn besingen und Stanzen und Sonnette auf ihn dichten, und blauäugige Mädchen werden an ihn denken noch manchen stillen Sonntag Nachmittag. Ein Mensch, der sich, wie ein Laokoon, schmerzgefoltert durch die Schlangen des Mißgeschickes windet: er wird unsere Herzen mit sich fortreißen, und ein großer Meister wird ihn in Marmor hauen, und ein zweiter Lessing wird vielleicht eine unsterbliche Kritik darüber schreiben, und kunstsinnige Könige und klassische Schulmeister werden sich daran erbauen bis an den jüngsten Tag. Und ein Mann endlich, der, jenem Römer gleich, mit kalt-heroischer Trauer auf den Trümmern einer Welt sitzt: er wird uns fesseln durch die Ruhe seines Adlerauges, durch die Allgewalt seines Schicksals. ‒ Herr v. Schnapphahnski schnitt aber leider weder ein Gesicht wie ein arkadischer Schäfer noch wie der große Laokoon, noch wie ein alter Römer; er glich einem Unglücklichen, den man zehn Jahre lang in einem Zellengefängnisse marterte, der sich allmälig für den einzigen Menschen auf der Welt hielt, weil er Niemand anders als sich sah; ja, der sich endlich einbildete, daß er längst gestorben wäre und daß der Tod nur in dem Leben eines Zellengefängnisses bestehe, und der sich immer mehr mit seinem Schicksale aussöhnte, bis er zuletzt vor freudigem Wahnsinne stupide lachte, ja, bis seine Seele so gespenstisch durch die eingefallenen Augen schaute, wie eine verwelkte Rose durch das zerbrochene Fenster eines Hauses, das morsch und menschenverlassen ist und über Nacht zusammenstürzen wird in Staub und Asche. Genug, unser Ritter war ein verlorener Mann; eine leichtsinnige Fliege, die in's Licht flog und sich Kopf, Beine und Flügel verbrannte. Ja, noch mehr. Unser Held hatte sich blamirt; er hatte sich lächerlich gemacht; er war „unmöglich“ geworden, in jeder Beziehung (ridicule et impossible). Wir wollen es nicht versuchen, die Monologe unseres Helden wiederzugeben ‒ die Monologe, die er zwischen Berlin und der Wasserpolackei hielt, wenn er bald die Götter bat, ihn in das räudigste Schaaf zu verwandeln, das hypothezirt auf seinen Triften ging, und bald wieder wünschte, seinen Kopf in beide Hände nehmen zu können, um ihn gleich einer Bombe in den Olymp zu schleudern, daß der alte Olympos platze mit all' seinen Göttern. Schuldbeladen saß unser Held auf seinen verschuldeten Gütern. Seine Häuser, seine Felder, seine Schaafe hatte er den Juden und den Christen verpfändet. Ihn selbst hypothezirte das Schicksal. Schnapphahnski war nicht mehr der alte Schnapphahnski. Man sagt, er habe in jenen Tagen manchmal in der Bibel gelesen ‒ ‒ erst nach geraumer Zeit sollte aus der melancholischen Puppe wieder der lustige Schmetterling springen. Diese Wendung in dem Trauerweiden-Leben unseres Ritters trat dadurch ein, daß ihm einst ein guter Freund aus alten Tagen ermunternd auf die Schulter klopfte und ihn darauf aufmerksam machte, daß er durch die Liebe unglücklich geworden sei und daß er folglich auch suchen müsse, durch die Liebe wieder auf den Strumpf zu kommen. Ein tiefer Sinn lag in diesen Worten, und als der wohlmeinende Freund unseres Ritters noch hinzusetzte, daß sich ganz in der Nähe eine gewisse steinreiche Herzogin aufhalte, die zwar ein höchst dornenvolles, jedenfalls aber ein ungemein ergiebiges Feld der Eroberung darbiete, da erwachte unser Held plötzlich aus seiner Lethargie und faßte den Entschluß, seinen letzten großen Coup zu wagen ‒ »si fortuna me tormenta, spero me contenta.“ Ich komme jetzt im Laufe meiner Erzählung zum ersten Male an eine Stelle, wo ich unwillkürlich stutze und zurückschrecke. Die Feder versagt mir fast den Dienst; ich möchte sie gern wegwerfen; ich bin unschlüssig, ob ich überhaupt noch fortfahren soll: ich bin in der peinlichsten Verlegenheit. Meine freundlichen Leserinnen werden meine Noth begreifen, wenn ich ihnen rund heraus sage, daß ich dazu gezwungen bin, mich über eine Dame auszulassen, deren Schicksale so wenig an das Leben einer Heiligen erinnern, daß ich wirklich nicht weiß, ob nicht manche Lilienwange über meine Schilderung leise erröthen und manche kleine Hand diese Blätter zornig zerreißen wird in tausend Stücke. ‒ Was soll ich thun? Bin ich nicht bisher immer höflich gegen die Frauen gewesen? Suchte ich nicht die Ehre der trefflichen Gräfin S., jener schönen edlen Frau, in jeder Weise zu wahren? Vertheidigte ich nicht die Schwester des Grafen G.? Habe ich nicht von Carlotta die lautere Wahrheit gesagt? Nahm ich nicht die Tänzerin in Schutz und schilderte ich nicht die Wiener Damen in ihrer ganzen sonnigen Hoheit? ‒ Ach, und nun soll ich mit Einem Male von einer Frau erzählen, deren Reize so unendlich zweideutig sind, daß ich [Fortsetzung]

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 106. Köln, 19. September 1848, S. 0525. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz106_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.