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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 92. Köln, 2. September 1848.

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Wär' ich als gewöhnlicher Bauer auf die Welt gekommen, da pflügte ich meinen Acker und freute mich meines Lebens. Wär' ich ein simpler Bürger geworden, da schüttete ich all' meine Zerwürfnisse stockprügelnd auf meinen Lehrjungen aus, und hätte ich endlich die Wissenschaft gewählt, da verlöre ich Prozesse, machte Kranke todt, spräche Blödsinn vom Katheder hinab und wäre ein glücklicher Mann dabei! Aber der Durst nach Ruhm war's, der mich hinauszog. Ich glaubte die ewige Sonne zu packen, und ich packte ein Irrlicht. -- Ist der Ruhm nicht wie ein falsches Geldstück in der Hand eines Kindes? Es glaubt alle Schätze der Welt dafür kaufen zu können, da kommt der pfiffige Krämer und lacht, und ergreift den Hammer und nagelt den falschen Dreier auf den Tisch. -- O, der Ruhm ist ein bildschöner Henker, der sein Opfer scherzend hinauf an den Galgen zerrt und dann die Leiter umstößt, daß der arme Teufel an des Ruhmes Galgen baumelt, weder mit den Füßen auf der Erde, noch mit dem Kopf im Himmel. O, über den Wahnwitz!

So faselte der edle Ritter, und wer weiß, was aus ihm geworden wäre, wenn die Götter nicht Mitleid mit ihm gehabt und einen milden Regen gesandt hätten, der allmählig zum Schauer und zum Guß anschwellend, Berge und Thäler benetzte, und schließlich auch auf höchst erfrischende Weise in Schnapphahnski's alte Stiefel trat.

Wohler ward ihm, und hinunter schritt er nach Frankreich.

(Fortsetzung folgt.)

Bekanntlich genießen die Abgeordneten zu den Nationalversammlungen Portofreiheit. Es ist hübsch wie die guten Leute davon Gebrauch machen. So ließ sich z. B. neulich ein Berliner Versammelter, der Abgeordneter für einen schlesischen Bezirk ist, zwei Ballen Wolle, jeden zu drei Zentner, nach Berlin kommen. Ebenfalls in Parlaments-Angelegenheiten.

[Deutschland]

die Abschaffung der Adelstitel nicht verhindern werde, daß der Ex-Adel in seinen "Kreisen" bleiben und die reichen Ex-Komtessen (und armen Ritter?) nicht aus ihren Ex-Standesgenossen herausheirathen werden.

"Nehmen Sie die Titel weg, die Namen können Sie nicht nehmen, die Kaste können Sie nicht abschaffen; Ihre Maßregeln werden unwirksam, der Adel wird Adel bleiben!"

Große Sensation! Diese "Sensation" auf eine der leersten Phrasen, die je ausgesprochen wurde, ist die beste Kritik, mit der wir von dieser Debatte Abschied nehmen können.

Große Sensation!!

103 Berlin, 30. August.

Das Ministerium wird sich durch die Vorlage des Gesetzes über die unerlaubten Volksversammlungen und Zusammenrottungen eine neue Niederlage bereiten. In der Central-Abtheilung, welche diese Gesetzvorlage zu berathen hat, fand sich wider Erwarten, daß vier Mitglieder gegen und gleichfalls vier Mitglieder der ministeriellen Partei sich für das Gesetz erklärten. Da bei Stimmengleichheit in der Central-Abtheilung der Vorsitzende, hier der Vizepräsident Philipps, der aus dem linken Centrum jetzt mit der linken stimmt, den Ausschlag gibt, so haben die §§. 1-4 eine Umänderung dadurch erlitten, daß man annahm, nur die Volksversammlungen, welche innerhalb der Stadt abgehalten werden, bedürfen einer polizeilichen Genehmigung; diejenigen hingegen außerhalb der Stadt können ganz frei abgehalten werden. Die demokratische Partei wird demnach das ganze Gesetz in ihrem Sinne amendiren und was ihr nicht in der Central-Abtheilung gelingt, wird in der Plenar-Versammlung durchgehen, wo sie von jetzt an auf eine bestimmte Majorität rechnen kann, da die Verbindung mit dem linken Centrum fast abgeschlossen ist und man sich in einer gestern Abend Statt gehabten Konferenz mit einem Chef dieser Partei in allen Punkten einigte.

Im Ministerium selbst soll Zwietracht in Folge dieser Gesetzvorlage ausgebrochen sein. Eine Minorität, bestehend aus dem Justizminister Märker und dem Minister Gierke, will sich jedefalls mit allen Abstimmungen der Vereinbarer-Versammlung einverstanden erklären, während die Majorität Hansemann-Kühlwetter u. Komp. die unveränderte Annahme ihres Vorschlags zur Kabinetsfrage machen wollen. Welchen Werth übrigens die Regierung auf ihren Entwurf legt, möge daraus hervorgehen, daß bei den Vorberathungen der Central-Abtheilung schon fünf Minister und zwei Unterstaatssekretaire, die Herren Müller und Brandt, anwesend waren.

Die Fach-Kommission für die Militair-Angelegenheiten hat auf Antrag vieler Abgeordneten und Petitionen einstimmig beschlossen, die sofortige gänzliche Aufhebung der Kadettenhäuser und sonstiger Militair-Erziehungs-Anstalten zu beantragen. Der Kommissarius des Kriegsministeriums, Oberst-Lieutenant Griesheim, suchte bei der Berathung der Fach-Kommission derselben eine andere Meinung beizubringen; er versprach die ausgedehntesten Reformen dieser Institute, aber ohne den geringsten Erfolg.

Alle acht Abtheilungen der Vereinbarer-Versammlung haben ihre Berathung über die Stellung des Staats zur Kirche und der Kirche zur Schule beendigt. Die völlige Trennung der Kirche vom Staat ist in allen Abtheilungen, und die Trennung der Schule von der Kirche in sechs Abtheilungen nach einem mehrere Wochen langen Kampfe ausgesprochen, auch sogar der Antrag, hinsichtlich des Religionsunterrichts der Kirche die Oberaufsicht zu belassen, verworfen worden.

Wegen der letzten Volksversammlung vom 21. August, die ohne polizeiliche Erlaubniß abgehalten ward, hatte das Polizeigericht viele Zeugen vorladen lassen, welche aber alle erklärten, die Redner, welche in dieser Volksversammlung sprachen, nicht namentlich nennen zu können, weil deren Namen nicht angezeigt wurden und in Folge der eingetretenen Finsterniß eine andere Erkennung unmöglich war. Das Gericht sah sich deshalb genöthigt, die Untersuchungsakten zu reponiren. Die verhafteten Redner, gegen die sich keinesfalls Belastungszeugen werden aufbringen lassen, sind nichts destoweniger ihrer Haft noch nicht entlassen.

40 Berlin, 30. Aug.

Das Gesetz über unerlaubte Volksversammlungen ist nunmehr in der Centralabtheilung berathen worden. Nur der § 3 des Entwurfs, welcher der Polizei ein Verbietungsrecht gab, ist im Interesse der Freiheit wesentlich verändert worden. Alles Uebrige soll ziemlich ministeriell geblieben sein. Noch ist der Bericht nicht gedruckt, sobald er erscheint, werde ich Ihnen solchen mittheilen. Die Minister sind eifrig bemüht, ihren Vorschlag durchzubringen und sich Stimmen zu sammeln. Aus dem Lande gehen zahlreiche Proteste ein. Von einem Proteste von Köln habe ich nicht gehört.

68 Breslau, 28. Aug.

Die Gutsherren in Pommern, Brandenburg und Schlesien haben durch ihre Agitationen auf unsere Bauern in dem Sinne sehr günstig eingewirkt, daß die letzteren nun ebenfalls in Vereine zusammentreten und den gutsherrlichen Reaktionsgelüsten mit vereinter Kraft entgegenarbeiten. Gestern waren aus 18 Kreisen an 400 Deputirte versammelt, welche eine Petition an die Vereinbarer wegen gleichmäßiger Vertheilung der Grundsteuer und Aufhebung der Feudallasten ohne Entschädigung beschlossen und unterzeichneten. Zugleich wurde die Organisation der Bauern nach Kreisen festgestellt und zur einheitlichen Leitung sämmtlicher Kreisvereine ein Centralcomite erwählt, das aus sieben Personen besteht und in Breslau seinen Sitz hat. Die Wahl dieses Comites ist für die demokratische Partei sehr günstig ausgefallen, da sechs unter den sieben Mitgliedern dieser Partei ganz entschieden angehören. -- Es sind heute 16 Landwehrmänner unter starker Militärbedeckung, wegen politischer Vergehen, wie es heißt, hieher ins Gefängniß gebracht worden. Dies hat eine solche Aufregungin der ganzen Stadt hervorgebracht, daß auf den Abend der Ausbruch eines Tumults in Aussicht steht.

41 Erfurt, 28. Aug.

In der vergangenen Nacht wurde ein Krawall versucht gegen die Buchdruckerei, worin die hiesige Beamtenpartei ihre reaktionären Schriften und insbesondere die Erfurter Zeitung drucken läßt. Man hatte gedroht, die Schriftkasten umzustürzen; es verblieb jedoch beim Einwerfen der Fenster. Auf Sonntag wird eine Volksversammlung vorbereitet, bei welcher die reaktionären Schriften und die Erfurter Zeitung öffentlich verbrannt werden sollen. Erfreulich ist, daß die Aufreizung durch Schriften besonders von Regierungsbeamten ausgehen. Den 24. d. Mts., Abends, waren hier die Truppen konsignirt, weil -- zwei Bürgervereine über die neue Kommunalordnung beriethen. Jeder Soldat hatte 10 scharfe Patronen. Die Furcht unserer Büreaukratie vor der Demokratie geht hier bis in's Lächerliche. In einer großen Stadt, wo kein so schöppenstädtischer Geist herrscht, wie hier, würde man die sehr gemäßigten Bestrebungen dieser beiden Bürgervereine kaum bemerken. Die Gewalt aber, welche ihnen hier durch Militär und Beamte entgegengesetzt wird, bringt erst Erbitterung hervor. Die Regierung erfreut sich des Wachsthums des hiesigen kleinen Polizei- und Militärstaats. Beamte, mit dem Hasse und dem Mißtrauen des Volkes beladen, sind die Herrscher. Die berühmte Satzung: "ein Staat, der recht frei sein will, muß ein recht großes Polizeipersonal haben", -- hat hier schon gute Früchte getragen: die Polizeidiener werden vermehrt und Soldaten üben Polizei.

29 Ostrowo, 29. Aug.

Von einem Vereine, der es sich zur Aufgabe gestellt hat, den Prinzen von Preußen zum Oberbefehlshaber der gesammten Armee zu machen, ist dieser Tage an alle Vorsteher von Truppentheilen ein Rundschreiben ergangen, worin dieselben aufgefordert werden, zu diesem Zwecke hülfreiche Hand zu bieten. Unterschrieben ist dasselbe u. A. von dem Wehrreiter Schlesinger, der bei Gelegenheit in Ihrem Feuilleton so wohl gewürdigt worden ist. -- Bei dieser Gelegenheit wird von folgender Finte Gebrauch gemacht; damit die Petition an König die großartigste Verbreitung und Unterstützung erhält, und es auch nicht nothwendig wird, das Verbot des Associations-Rechtes der Soldaten zu übertreten, hat der Ober-Auditeur "die Beistimmung zur Zuschrift als gesetzlich" erklärt.

Zu dem Zwecke sind nun mit der Petition zugleich mehrere Zustimmungs-Erklärungen versandt worden, des Inhaltes, daß sich die Unterzeichneten den Wünschen Ihrer Kameraden in Berlin und Charlottenburg durchaus anschließen u. s. w.

Danzig, 23. Aug.

In den neun Jahren von 1840 bis 1848 sind in Danzig 66 Schiffe von 14,465 Normallasten gebaut worden; darunter mehrere von mehr als 400 Lasten, der Friedrich der Große sogar von 442 Lasten. -- Die hiesigen Schiffskapitäne machen übrigens darauf aufmerksam, wie nothwendig es sei, vor der Errichtung der deutschen Flotte praktische Seeleute zu bilden und führen dabei an, daß die Amazone bei ihrer ersten Sommerreise, als sie mit fast lauter Theoretikern besetzt war, nicht weniger als viermal auf den Grund gerieth.

Mainz, 30. Aug.

Wegen einiger unseren Herren Soldaten angeblich anstößigen Zerrbilder, die der Inhaber der Bude trotz des wohlgemeinten Rathes eines Stabsoffiziers nicht entfernen wollte, weil er glaubte, das Recht der Preßfreiheit nicht von der Laune der Besatzung abhängig machen zu dürfen, wurden ihm gestern Abend von mehreren preußischen und östreichischen Militärs nicht nur jene Karrikaturen selbst, sondern auch noch verschiedene andere Bilder zerstört, und ihm so handgreiflich demonstrirt, daß von allen deutschen Städten nächst Charlottenburg unser Mainz die beneidenswertheste ist.

(M. Z.)
Altona, 30 August.

Durch gütige Privatmitheilung sind wir in den Stand gesetzt, folgende authentische Notizen über die vom General v. Below, vorgelegten (und wahrscheinlich wenigstens theilweise angenommenen) Waffenstillstandsbedingungen zu veröffentlichen: In Schleswig-Holstein bleibt das ungetrennte schleswig-holsteinsche Heer, nebst 2000 Mann Preußen zurück. Die Dänen hatten die Trennung der schleswigschen Soldaten von den holsteinschen gefordert, scheinen aber nur das Zugeständniß erlangt zu haben, daß, wenn die Schleswiger die Beurlaubung der gebornen Schleswiger (meist ältere Cavaellristen und Artilleristen) forterten, diese bewilligt werden sollte. Die neuen Regierungsmitglieder sollen von der jetzigen provisorischen Regierung vorgeschlagen, von der Centralgewalt ohne Weiteres genehmigt und von Friedrich VII., als Herzog von Holstein, bestätigt werden. Prinz Ferdinand wird keinen Antheil an der Regierung nehmen. -- Die augustenb. Prinzen erhalten vollen Ersatz für ihr beschädigtes und weggeführtes Privateigenthum. -- Ein deutscher Bundesgeneral übernimmt den Oberbefehl über die in Schleswig-Holstein verbleibenden Truppen. -- Die Hanoveraner sollen nach Hamburg verlegt werden. -- Alle die Souveränetät und Würde des Herzogs widerstreitenden Verordnungen und Maßregeln der provisorischen Regierung werden außer Kraft gesetzt. --

(Börs.-H.)
Schweiz.
Aus der Schweiz. 26. Aug.

Der künftige Nationalrath der Eidgenossenschaft, der aus 111 Repräsentanten bestehen soll, (auf je 20,000 Seelen wird ein Mitglied gewählt) vertheilt sich auf die Kantone folgendermaßen: Zürich 12, Bern 20, Luzern 6, Uri 1, Schwyz 2, Obwalden 1, Nidwalden 1, Glarus 1, Zug 1, Freiburg 5, Solothurn 3, Baselstadt 1, Baselland 2, Schaffhausen 2, Appenzell A. R. 2, Appenzell J. R. 1, St. Gallen 8, Graubünden 4, Aargau 9, Thurgau 4, Tessin 6, Waadt 9, Wallis 4, Neuenburg 3 und Genf 3.

Französische Republik.
12 Paris, 30. August.

Die Fabrikation der sogenannten bonnets de coton (baumwollene Mützen) ist bekanntlich einer der größten Industriezweige in Paris. Der Artikel hat einen ungemeinen Absatz; eine ganze Straße, die Straße St. Denis, wird spottweise nach diesem Artikel benannt, und sogar die Bewohner dieser Straße heißen allgemein bonnets de coton, etwa wie wir im deutschen sagen: Schlafmützen. Aber diese Leute sind nichts weniger wie Schlafmützen: sie betreiben ihr Geschäft mit der größten Lebendigkeit. Durch die Konkurrenz angetrieben, haben sie nicht allein ihr ganzes Vermögen in bonnets de coton stecken: sondern manchmal drei- oder viermal soviel als sie wirklich besitzen. Ja, wenn man diese Leute gewähren ließe, so würden sie die ganze Welt in bonnets de coton verwandeln. Hegelisch ausgedrückt, thun diese Leute weiter nichts, als daß sie mit dem Besondern das Allgemeine zu überwinden suchen. Kommerziell: die Speziallität bonnets de coton sucht ihre Konkurrenten zu enfonciren. Dagegen läßt sich allerdings nichts sagen. Aber begreiflich ist es, wie diese Leute, die ihr ganzes Vermögen und ihren ganzen Kredit in's Geschäft gesteckt haben, um Stich gegen ihre Konkurrenten halten zu können, in der Abhängigkeit der Banquiers, der Kapitalisten stehn, die ihnen ihre Wechsel diskontiren und ihnen das zum Betriebe nothwendige Geld vorstrecken. Bei der mindesten Stockung fällt dann der kleine Fabrikant und Kaufmann gänzlich dem Banquier anheim. Ein gleiches Bewandniß hat es mit allen kleinen Pariser Industriezweigen und besonders mit den Luxusartikeln, wie namentlich mit den künstlichen Blumen, die in Paris in der größten Masse fabrizirt werden. So ein Rosenfabrikant z. B. besitzt weiter nichts als Rosen: der Artikel geht so gut, daß er 3, 4 mal mehr Rosen als wirkliches Vermögen hat, und ebenfalls die ganze Welt in Rosen verwandeln würde, wenn er freie Hand hätte.

Nach dem 24. Februar trat ein allgemeiner Stillstand in den Geschäften ein; eine Stockung war mehr oder weniger schon früher eingetreten. Die Wechsel kommen an, kein Banquier wollte mehr diskontiren. Der Eine wieß auf seine Rosen, der andere auf seine Schlafmützen an; es waren die kourantesten Artikel vor der Revolution; kein Banquier wollte Geld darauf vorstrecken. "Ich habe 10 mal mehr in Waaren und mitten unter den Rosen sitze ich im Dreck." Man denke sich nun alle die übrigen Fabrikanten und Industriellen die Alles was sie hatten, und dazu ihren ganzen Credit in Schlafmützen oder sonstige Spezialitäten verwandelt hatten, und nun mitten in ihren Schlafmützen und Rosen fortsaßen. Da hieß es allgemein daran sind die Arbeiter mit ihren übermäßigen Forderungen Schuld; die Arbeiter, welche in Prozessionen durch die Straßen ziehen, und das Vertrauen nicht aufkommen lassen wollen. Indessen ging die Sache ihren unvermeidlichen Fortgang; es war eine Industrie-Krise, wie sie in England häufig vorkommt, die Leute mußten ihre Zahlungen einstellen und ihre Billanz einreichen; die provisorische Regierung, welche diesen Umstand den außerordentlichen Ereignissen zuschrieb, hob die gewöhnliche Faillite-Erklärung mit ihren Consequenzen für den Augenblick auf. Aber die Wuth der Kleinbürger und der Fabrikanten gegen die Proletarier war auf's höchste gestiegen, ihnen gaben sie die Schuld der Stockung, ihnen schrieben sie zu, daß das Vertrauen getödtet, daß der Banquier ihnen auf ihre gute Waare kein Geld mehr vorstrecken, und ihnen sogar gutes Papier nicht mehr diskontiren wollten. Dazu kam noch die allgemeine Furcht vor Kommunismus und einer vorzunehmenden Theilung der Rosen. Ach, die Leute bedachten nicht, daß ihnen die Rosen gar nicht mehr gehörten, und bei einer bevorstehenden Liquidation ihr Geschäft nebst Geschäftswerkzeugen und ursprünglichem Kapital in die Hände der Banquiers übergehn mußte.

Wie es mit der Industrie stand, auf ähnliche Weise verhielt es sich mit dem Grundbesitze. Der eigentliche Besitzer war nicht der Bauer, sondern der Kapitalist, der Hypothek darauf hatte. Die verschiedenen Arten Kapitalisten hatten ihre verschiedenen ideologischen Vertreter in König und Kaiser, in Bourbonen und Legitimisten. In jetziger Zeit kann ein König nur dadurch fallen, daß er bankrutt macht, wie ein gewöhnlicher Geschäftsmann, und diejenigen, welche nach ihm schreien, sind entweder Schuldner oder Gläubiger, d. h. solche, welche Interesse daran haben, daß er bleibt oder fällt. Der König ist ein Banquier, ein Kapitalist geworden; verliert er an Kredit, hat sein spezifisches Königthum als Waare keinen Meinungswerth mehr, so bleibt ihm nichts übrig, als seine Billanz zu machen und sich fallit erklären zu lassen.

Die Juni-Insurgenten waren besiegt, die Schlafmützen jauchzten; die Kleinbürger wähnten sich von den "Kommunisten" befreit, welche ihnen die Rosen zu entreißen drohten. Da sie die Straßen gesäubert, und den freien Verkehr hergestellt, sahen sie kein Hinderniß ihrem Kredit mehr im Wege stehen. Die armen Leute hatten in der Trunkenheit des Sieges die Bindfäden übersehen, mit denen ihre Rosen und Schlafmützen an den großen Kapitalisten gebunden waren. Als es zur Liquidation ging, als das Gesetz über die freundschaftlichen Konkordate berathen wurde, entschied sich die Kammer dafür, daß dem Eigenthum sein Recht verbleiben sollte, und die Kapitalisten zogen Rosen und Schlafmützen für ein Spottgeld ein, um sie später mit guten Prozenten den größern Industriellen zu übertragen, welche in dem Sturme Stich gehalten hatten.

Wie es den Rosen und Schlafmützen erging, so erging es allen übrigen Industrien. Die Größern absorbirten die Kleinern, und kamen selbst wieder immer mehr unter die Herrschaft des Kapitals. Die Centralisation der Arbeitswerkzeuge ging gleichen Schritt mit der Concentration der Kapitalien. 10,000 Familien wurden mit einem Schlage in's Proletariat geschleudert; zu spät erkannten sie, daß, indem sie gegen die Insurgenten gekämpft, sie nur die Sache der Kapitalisten vertheidigt hatten. Die Rothschilde sind die eigentlichen Herren und Cavaignac ist nur die Kanone, welche hinter den Wechsel aufgepflanzt ist, um ihm zu seinem Rechte zu verhelfen. Die Kammer, indem sie die Eigenthumsrechte heilig zu sprechen wähnte, hat nur das Recht des großen Kapitals sanktionirt: Die Republik steht dem Wechselrechte nicht im Geringsten im Wege. Das Wechselrecht kann sowohl in der monarchischen wie in der republikanischen Sprache ausgedrückt werden, und der Mann, der diese Sprache am besten spricht, ist Marrast. Je mehr die Absorbirung der Kapitalien fortgeht, jemehr die kleinern Schlafmützen untergehen, und die Rosen verschwinden, jemehr macht sich Rothschild, der König der Juden, als der eigentliche Franzosen-König geltend, Cavaignac als sein Adjutant und Marrast als sein Dollmetscher.

Aber das Proletariat wächst immer furchtbarer heran unter der Herrschaft dieses Triumvirats, undder Tag seines Sieges naht drohend heran, trotz Cavaignac, trotz Rothschild und Marrast.

Paris, 30. Aug.

Die meisten Journale haben keine leitenden Artikel. Die Debats und einige andere Blätter tragen wohl sogenannte Premier-Paris an ihrer Spitze, allein es sind bloße Analysen der Sitzung der Nationalversammlung. Der Constitutionnel schweigt gänzlich.

-- Aus dem Moniteur starren uns abermals 410 Namen Deportirter entgegen. Wir finden darunter folgende Deutsche: 1) Joseph Vogat (17 Jahr alt) Bürstenmacher aus Weissenburg; 2) Nikolaus Scheffer aus Luxemburg; 3) Julius Ludwig Schneider; 4) Joseph Fest; 5) Johann Fink; 6) Adam Johann Ketler aus Danzig; 7) Jakob Köhler aus Oestreich; 8) Joseph Kopp; 9) Emil Petermann; 10) Caspar Rehr aus Bronderdorf an der Mosel; 11) Carl Christoph Heß u. m. Andere mit mehr oder weniger mangelhaften Adressen.

-- In den Forts unserer Festungswerke wäre es beinahe zu einer Militärrevolte gekommen. Die Nahrungsmittel, vorzüglich das Brod, gaben zur Agitation Veranlassung. Die Insurgenten erhielten kohlschwarzes Brod und die Soldaten verdorbenen Schiffszwieback. Die schlechte Beschaffenheit dieses Nahrungsstoffes rief große Erbitterung hervor. Die Soldaten, ohnedies durch die barbarische Behandlung der Insurgenten gerührt (man sah gestern Abend bei dem neuen Transport große Thränen in die Augen alter Korporale treten), bauten z. B. im Fort Noissy-le-Sec eine Art Barrikaden aus den Bisquitplatten und riefen den Offizieren, die sie an dieser Spielerei hindern wollten, spöttisch zu: wenn Ihr für kein besseres Brod sorgt, so lassen wir die Insurgenten los und dann sollt Ihr sehen etc. Auf diese und ähnliche Berichte hin haben die Herren Senard und La Moriciere den Kriegsgerichten befohlen, ihre Arbeiten möglichst rasch zu vollenden.

-- Der neue verfeinerte Verfassungsentwurf zählt 19 Artikel weniger als der alte. Das droit au travail ist daraus verschwunden. An der Stelle desselben steht die Freiheit der Arbeit (liberte du travail); der Staat erkennt die Pflicht an, den Hülfsbedürftigen zu unter stützen, geschehe dies durch Almosen oder durch

Wär' ich als gewöhnlicher Bauer auf die Welt gekommen, da pflügte ich meinen Acker und freute mich meines Lebens. Wär' ich ein simpler Bürger geworden, da schüttete ich all' meine Zerwürfnisse stockprügelnd auf meinen Lehrjungen aus, und hätte ich endlich die Wissenschaft gewählt, da verlöre ich Prozesse, machte Kranke todt, spräche Blödsinn vom Katheder hinab und wäre ein glücklicher Mann dabei! Aber der Durst nach Ruhm war's, der mich hinauszog. Ich glaubte die ewige Sonne zu packen, und ich packte ein Irrlicht. — Ist der Ruhm nicht wie ein falsches Geldstück in der Hand eines Kindes? Es glaubt alle Schätze der Welt dafür kaufen zu können, da kommt der pfiffige Krämer und lacht, und ergreift den Hammer und nagelt den falschen Dreier auf den Tisch. — O, der Ruhm ist ein bildschöner Henker, der sein Opfer scherzend hinauf an den Galgen zerrt und dann die Leiter umstößt, daß der arme Teufel an des Ruhmes Galgen baumelt, weder mit den Füßen auf der Erde, noch mit dem Kopf im Himmel. O, über den Wahnwitz!

So faselte der edle Ritter, und wer weiß, was aus ihm geworden wäre, wenn die Götter nicht Mitleid mit ihm gehabt und einen milden Regen gesandt hätten, der allmählig zum Schauer und zum Guß anschwellend, Berge und Thäler benetzte, und schließlich auch auf höchst erfrischende Weise in Schnapphahnski's alte Stiefel trat.

Wohler ward ihm, und hinunter schritt er nach Frankreich.

(Fortsetzung folgt.)

Bekanntlich genießen die Abgeordneten zu den Nationalversammlungen Portofreiheit. Es ist hübsch wie die guten Leute davon Gebrauch machen. So ließ sich z. B. neulich ein Berliner Versammelter, der Abgeordneter für einen schlesischen Bezirk ist, zwei Ballen Wolle, jeden zu drei Zentner, nach Berlin kommen. Ebenfalls in Parlaments-Angelegenheiten.

[Deutschland]

die Abschaffung der Adelstitel nicht verhindern werde, daß der Ex-Adel in seinen „Kreisen“ bleiben und die reichen Ex-Komtessen (und armen Ritter?) nicht aus ihren Ex-Standesgenossen herausheirathen werden.

„Nehmen Sie die Titel weg, die Namen können Sie nicht nehmen, die Kaste können Sie nicht abschaffen; Ihre Maßregeln werden unwirksam, der Adel wird Adel bleiben!“

Große Sensation! Diese „Sensation“ auf eine der leersten Phrasen, die je ausgesprochen wurde, ist die beste Kritik, mit der wir von dieser Debatte Abschied nehmen können.

Große Sensation!!

103 Berlin, 30. August.

Das Ministerium wird sich durch die Vorlage des Gesetzes über die unerlaubten Volksversammlungen und Zusammenrottungen eine neue Niederlage bereiten. In der Central-Abtheilung, welche diese Gesetzvorlage zu berathen hat, fand sich wider Erwarten, daß vier Mitglieder gegen und gleichfalls vier Mitglieder der ministeriellen Partei sich für das Gesetz erklärten. Da bei Stimmengleichheit in der Central-Abtheilung der Vorsitzende, hier der Vizepräsident Philipps, der aus dem linken Centrum jetzt mit der linken stimmt, den Ausschlag gibt, so haben die §§. 1-4 eine Umänderung dadurch erlitten, daß man annahm, nur die Volksversammlungen, welche innerhalb der Stadt abgehalten werden, bedürfen einer polizeilichen Genehmigung; diejenigen hingegen außerhalb der Stadt können ganz frei abgehalten werden. Die demokratische Partei wird demnach das ganze Gesetz in ihrem Sinne amendiren und was ihr nicht in der Central-Abtheilung gelingt, wird in der Plenar-Versammlung durchgehen, wo sie von jetzt an auf eine bestimmte Majorität rechnen kann, da die Verbindung mit dem linken Centrum fast abgeschlossen ist und man sich in einer gestern Abend Statt gehabten Konferenz mit einem Chef dieser Partei in allen Punkten einigte.

Im Ministerium selbst soll Zwietracht in Folge dieser Gesetzvorlage ausgebrochen sein. Eine Minorität, bestehend aus dem Justizminister Märker und dem Minister Gierke, will sich jedefalls mit allen Abstimmungen der Vereinbarer-Versammlung einverstanden erklären, während die Majorität Hansemann-Kühlwetter u. Komp. die unveränderte Annahme ihres Vorschlags zur Kabinetsfrage machen wollen. Welchen Werth übrigens die Regierung auf ihren Entwurf legt, möge daraus hervorgehen, daß bei den Vorberathungen der Central-Abtheilung schon fünf Minister und zwei Unterstaatssekretaire, die Herren Müller und Brandt, anwesend waren.

Die Fach-Kommission für die Militair-Angelegenheiten hat auf Antrag vieler Abgeordneten und Petitionen einstimmig beschlossen, die sofortige gänzliche Aufhebung der Kadettenhäuser und sonstiger Militair-Erziehungs-Anstalten zu beantragen. Der Kommissarius des Kriegsministeriums, Oberst-Lieutenant Griesheim, suchte bei der Berathung der Fach-Kommission derselben eine andere Meinung beizubringen; er versprach die ausgedehntesten Reformen dieser Institute, aber ohne den geringsten Erfolg.

Alle acht Abtheilungen der Vereinbarer-Versammlung haben ihre Berathung über die Stellung des Staats zur Kirche und der Kirche zur Schule beendigt. Die völlige Trennung der Kirche vom Staat ist in allen Abtheilungen, und die Trennung der Schule von der Kirche in sechs Abtheilungen nach einem mehrere Wochen langen Kampfe ausgesprochen, auch sogar der Antrag, hinsichtlich des Religionsunterrichts der Kirche die Oberaufsicht zu belassen, verworfen worden.

Wegen der letzten Volksversammlung vom 21. August, die ohne polizeiliche Erlaubniß abgehalten ward, hatte das Polizeigericht viele Zeugen vorladen lassen, welche aber alle erklärten, die Redner, welche in dieser Volksversammlung sprachen, nicht namentlich nennen zu können, weil deren Namen nicht angezeigt wurden und in Folge der eingetretenen Finsterniß eine andere Erkennung unmöglich war. Das Gericht sah sich deshalb genöthigt, die Untersuchungsakten zu reponiren. Die verhafteten Redner, gegen die sich keinesfalls Belastungszeugen werden aufbringen lassen, sind nichts destoweniger ihrer Haft noch nicht entlassen.

40 Berlin, 30. Aug.

Das Gesetz über unerlaubte Volksversammlungen ist nunmehr in der Centralabtheilung berathen worden. Nur der § 3 des Entwurfs, welcher der Polizei ein Verbietungsrecht gab, ist im Interesse der Freiheit wesentlich verändert worden. Alles Uebrige soll ziemlich ministeriell geblieben sein. Noch ist der Bericht nicht gedruckt, sobald er erscheint, werde ich Ihnen solchen mittheilen. Die Minister sind eifrig bemüht, ihren Vorschlag durchzubringen und sich Stimmen zu sammeln. Aus dem Lande gehen zahlreiche Proteste ein. Von einem Proteste von Köln habe ich nicht gehört.

68 Breslau, 28. Aug.

Die Gutsherren in Pommern, Brandenburg und Schlesien haben durch ihre Agitationen auf unsere Bauern in dem Sinne sehr günstig eingewirkt, daß die letzteren nun ebenfalls in Vereine zusammentreten und den gutsherrlichen Reaktionsgelüsten mit vereinter Kraft entgegenarbeiten. Gestern waren aus 18 Kreisen an 400 Deputirte versammelt, welche eine Petition an die Vereinbarer wegen gleichmäßiger Vertheilung der Grundsteuer und Aufhebung der Feudallasten ohne Entschädigung beschlossen und unterzeichneten. Zugleich wurde die Organisation der Bauern nach Kreisen festgestellt und zur einheitlichen Leitung sämmtlicher Kreisvereine ein Centralcomité erwählt, das aus sieben Personen besteht und in Breslau seinen Sitz hat. Die Wahl dieses Comités ist für die demokratische Partei sehr günstig ausgefallen, da sechs unter den sieben Mitgliedern dieser Partei ganz entschieden angehören. — Es sind heute 16 Landwehrmänner unter starker Militärbedeckung, wegen politischer Vergehen, wie es heißt, hieher ins Gefängniß gebracht worden. Dies hat eine solche Aufregungin der ganzen Stadt hervorgebracht, daß auf den Abend der Ausbruch eines Tumults in Aussicht steht.

41 Erfurt, 28. Aug.

In der vergangenen Nacht wurde ein Krawall versucht gegen die Buchdruckerei, worin die hiesige Beamtenpartei ihre reaktionären Schriften und insbesondere die Erfurter Zeitung drucken läßt. Man hatte gedroht, die Schriftkasten umzustürzen; es verblieb jedoch beim Einwerfen der Fenster. Auf Sonntag wird eine Volksversammlung vorbereitet, bei welcher die reaktionären Schriften und die Erfurter Zeitung öffentlich verbrannt werden sollen. Erfreulich ist, daß die Aufreizung durch Schriften besonders von Regierungsbeamten ausgehen. Den 24. d. Mts., Abends, waren hier die Truppen konsignirt, weil — zwei Bürgervereine über die neue Kommunalordnung beriethen. Jeder Soldat hatte 10 scharfe Patronen. Die Furcht unserer Büreaukratie vor der Demokratie geht hier bis in's Lächerliche. In einer großen Stadt, wo kein so schöppenstädtischer Geist herrscht, wie hier, würde man die sehr gemäßigten Bestrebungen dieser beiden Bürgervereine kaum bemerken. Die Gewalt aber, welche ihnen hier durch Militär und Beamte entgegengesetzt wird, bringt erst Erbitterung hervor. Die Regierung erfreut sich des Wachsthums des hiesigen kleinen Polizei- und Militärstaats. Beamte, mit dem Hasse und dem Mißtrauen des Volkes beladen, sind die Herrscher. Die berühmte Satzung: „ein Staat, der recht frei sein will, muß ein recht großes Polizeipersonal haben“, — hat hier schon gute Früchte getragen: die Polizeidiener werden vermehrt und Soldaten üben Polizei.

29 Ostrowo, 29. Aug.

Von einem Vereine, der es sich zur Aufgabe gestellt hat, den Prinzen von Preußen zum Oberbefehlshaber der gesammten Armee zu machen, ist dieser Tage an alle Vorsteher von Truppentheilen ein Rundschreiben ergangen, worin dieselben aufgefordert werden, zu diesem Zwecke hülfreiche Hand zu bieten. Unterschrieben ist dasselbe u. A. von dem Wehrreiter Schlesinger, der bei Gelegenheit in Ihrem Feuilleton so wohl gewürdigt worden ist. — Bei dieser Gelegenheit wird von folgender Finte Gebrauch gemacht; damit die Petition an König die großartigste Verbreitung und Unterstützung erhält, und es auch nicht nothwendig wird, das Verbot des Associations-Rechtes der Soldaten zu übertreten, hat der Ober-Auditeur „die Beistimmung zur Zuschrift als gesetzlich“ erklärt.

Zu dem Zwecke sind nun mit der Petition zugleich mehrere Zustimmungs-Erklärungen versandt worden, des Inhaltes, daß sich die Unterzeichneten den Wünschen Ihrer Kameraden in Berlin und Charlottenburg durchaus anschließen u. s. w.

Danzig, 23. Aug.

In den neun Jahren von 1840 bis 1848 sind in Danzig 66 Schiffe von 14,465 Normallasten gebaut worden; darunter mehrere von mehr als 400 Lasten, der Friedrich der Große sogar von 442 Lasten. — Die hiesigen Schiffskapitäne machen übrigens darauf aufmerksam, wie nothwendig es sei, vor der Errichtung der deutschen Flotte praktische Seeleute zu bilden und führen dabei an, daß die Amazone bei ihrer ersten Sommerreise, als sie mit fast lauter Theoretikern besetzt war, nicht weniger als viermal auf den Grund gerieth.

Mainz, 30. Aug.

Wegen einiger unseren Herren Soldaten angeblich anstößigen Zerrbilder, die der Inhaber der Bude trotz des wohlgemeinten Rathes eines Stabsoffiziers nicht entfernen wollte, weil er glaubte, das Recht der Preßfreiheit nicht von der Laune der Besatzung abhängig machen zu dürfen, wurden ihm gestern Abend von mehreren preußischen und östreichischen Militärs nicht nur jene Karrikaturen selbst, sondern auch noch verschiedene andere Bilder zerstört, und ihm so handgreiflich demonstrirt, daß von allen deutschen Städten nächst Charlottenburg unser Mainz die beneidenswertheste ist.

(M. Z.)
Altona, 30 August.

Durch gütige Privatmitheilung sind wir in den Stand gesetzt, folgende authentische Notizen über die vom General v. Below, vorgelegten (und wahrscheinlich wenigstens theilweise angenommenen) Waffenstillstandsbedingungen zu veröffentlichen: In Schleswig-Holstein bleibt das ungetrennte schleswig-holsteinsche Heer, nebst 2000 Mann Preußen zurück. Die Dänen hatten die Trennung der schleswigschen Soldaten von den holsteinschen gefordert, scheinen aber nur das Zugeständniß erlangt zu haben, daß, wenn die Schleswiger die Beurlaubung der gebornen Schleswiger (meist ältere Cavaellristen und Artilleristen) forterten, diese bewilligt werden sollte. Die neuen Regierungsmitglieder sollen von der jetzigen provisorischen Regierung vorgeschlagen, von der Centralgewalt ohne Weiteres genehmigt und von Friedrich VII., als Herzog von Holstein, bestätigt werden. Prinz Ferdinand wird keinen Antheil an der Regierung nehmen. — Die augustenb. Prinzen erhalten vollen Ersatz für ihr beschädigtes und weggeführtes Privateigenthum. — Ein deutscher Bundesgeneral übernimmt den Oberbefehl über die in Schleswig-Holstein verbleibenden Truppen. — Die Hanoveraner sollen nach Hamburg verlegt werden. — Alle die Souveränetät und Würde des Herzogs widerstreitenden Verordnungen und Maßregeln der provisorischen Regierung werden außer Kraft gesetzt. —

(Börs.-H.)
Schweiz.
Aus der Schweiz. 26. Aug.

Der künftige Nationalrath der Eidgenossenschaft, der aus 111 Repräsentanten bestehen soll, (auf je 20,000 Seelen wird ein Mitglied gewählt) vertheilt sich auf die Kantone folgendermaßen: Zürich 12, Bern 20, Luzern 6, Uri 1, Schwyz 2, Obwalden 1, Nidwalden 1, Glarus 1, Zug 1, Freiburg 5, Solothurn 3, Baselstadt 1, Baselland 2, Schaffhausen 2, Appenzell A. R. 2, Appenzell J. R. 1, St. Gallen 8, Graubünden 4, Aargau 9, Thurgau 4, Tessin 6, Waadt 9, Wallis 4, Neuenburg 3 und Genf 3.

Französische Republik.
12 Paris, 30. August.

Die Fabrikation der sogenannten bonnets de coton (baumwollene Mützen) ist bekanntlich einer der größten Industriezweige in Paris. Der Artikel hat einen ungemeinen Absatz; eine ganze Straße, die Straße St. Denis, wird spottweise nach diesem Artikel benannt, und sogar die Bewohner dieser Straße heißen allgemein bonnets de coton, etwa wie wir im deutschen sagen: Schlafmützen. Aber diese Leute sind nichts weniger wie Schlafmützen: sie betreiben ihr Geschäft mit der größten Lebendigkeit. Durch die Konkurrenz angetrieben, haben sie nicht allein ihr ganzes Vermögen in bonnets de coton stecken: sondern manchmal drei- oder viermal soviel als sie wirklich besitzen. Ja, wenn man diese Leute gewähren ließe, so würden sie die ganze Welt in bonnets de coton verwandeln. Hegelisch ausgedrückt, thun diese Leute weiter nichts, als daß sie mit dem Besondern das Allgemeine zu überwinden suchen. Kommerziell: die Speziallität bonnets de coton sucht ihre Konkurrenten zu enfonciren. Dagegen läßt sich allerdings nichts sagen. Aber begreiflich ist es, wie diese Leute, die ihr ganzes Vermögen und ihren ganzen Kredit in's Geschäft gesteckt haben, um Stich gegen ihre Konkurrenten halten zu können, in der Abhängigkeit der Banquiers, der Kapitalisten stehn, die ihnen ihre Wechsel diskontiren und ihnen das zum Betriebe nothwendige Geld vorstrecken. Bei der mindesten Stockung fällt dann der kleine Fabrikant und Kaufmann gänzlich dem Banquier anheim. Ein gleiches Bewandniß hat es mit allen kleinen Pariser Industriezweigen und besonders mit den Luxusartikeln, wie namentlich mit den künstlichen Blumen, die in Paris in der größten Masse fabrizirt werden. So ein Rosenfabrikant z. B. besitzt weiter nichts als Rosen: der Artikel geht so gut, daß er 3, 4 mal mehr Rosen als wirkliches Vermögen hat, und ebenfalls die ganze Welt in Rosen verwandeln würde, wenn er freie Hand hätte.

Nach dem 24. Februar trat ein allgemeiner Stillstand in den Geschäften ein; eine Stockung war mehr oder weniger schon früher eingetreten. Die Wechsel kommen an, kein Banquier wollte mehr diskontiren. Der Eine wieß auf seine Rosen, der andere auf seine Schlafmützen an; es waren die kourantesten Artikel vor der Revolution; kein Banquier wollte Geld darauf vorstrecken. „Ich habe 10 mal mehr in Waaren und mitten unter den Rosen sitze ich im Dreck.“ Man denke sich nun alle die übrigen Fabrikanten und Industriellen die Alles was sie hatten, und dazu ihren ganzen Credit in Schlafmützen oder sonstige Spezialitäten verwandelt hatten, und nun mitten in ihren Schlafmützen und Rosen fortsaßen. Da hieß es allgemein daran sind die Arbeiter mit ihren übermäßigen Forderungen Schuld; die Arbeiter, welche in Prozessionen durch die Straßen ziehen, und das Vertrauen nicht aufkommen lassen wollen. Indessen ging die Sache ihren unvermeidlichen Fortgang; es war eine Industrie-Krise, wie sie in England häufig vorkommt, die Leute mußten ihre Zahlungen einstellen und ihre Billanz einreichen; die provisorische Regierung, welche diesen Umstand den außerordentlichen Ereignissen zuschrieb, hob die gewöhnliche Faillite-Erklärung mit ihren Consequenzen für den Augenblick auf. Aber die Wuth der Kleinbürger und der Fabrikanten gegen die Proletarier war auf's höchste gestiegen, ihnen gaben sie die Schuld der Stockung, ihnen schrieben sie zu, daß das Vertrauen getödtet, daß der Banquier ihnen auf ihre gute Waare kein Geld mehr vorstrecken, und ihnen sogar gutes Papier nicht mehr diskontiren wollten. Dazu kam noch die allgemeine Furcht vor Kommunismus und einer vorzunehmenden Theilung der Rosen. Ach, die Leute bedachten nicht, daß ihnen die Rosen gar nicht mehr gehörten, und bei einer bevorstehenden Liquidation ihr Geschäft nebst Geschäftswerkzeugen und ursprünglichem Kapital in die Hände der Banquiers übergehn mußte.

Wie es mit der Industrie stand, auf ähnliche Weise verhielt es sich mit dem Grundbesitze. Der eigentliche Besitzer war nicht der Bauer, sondern der Kapitalist, der Hypothek darauf hatte. Die verschiedenen Arten Kapitalisten hatten ihre verschiedenen ideologischen Vertreter in König und Kaiser, in Bourbonen und Legitimisten. In jetziger Zeit kann ein König nur dadurch fallen, daß er bankrutt macht, wie ein gewöhnlicher Geschäftsmann, und diejenigen, welche nach ihm schreien, sind entweder Schuldner oder Gläubiger, d. h. solche, welche Interesse daran haben, daß er bleibt oder fällt. Der König ist ein Banquier, ein Kapitalist geworden; verliert er an Kredit, hat sein spezifisches Königthum als Waare keinen Meinungswerth mehr, so bleibt ihm nichts übrig, als seine Billanz zu machen und sich fallit erklären zu lassen.

Die Juni-Insurgenten waren besiegt, die Schlafmützen jauchzten; die Kleinbürger wähnten sich von den „Kommunisten“ befreit, welche ihnen die Rosen zu entreißen drohten. Da sie die Straßen gesäubert, und den freien Verkehr hergestellt, sahen sie kein Hinderniß ihrem Kredit mehr im Wege stehen. Die armen Leute hatten in der Trunkenheit des Sieges die Bindfäden übersehen, mit denen ihre Rosen und Schlafmützen an den großen Kapitalisten gebunden waren. Als es zur Liquidation ging, als das Gesetz über die freundschaftlichen Konkordate berathen wurde, entschied sich die Kammer dafür, daß dem Eigenthum sein Recht verbleiben sollte, und die Kapitalisten zogen Rosen und Schlafmützen für ein Spottgeld ein, um sie später mit guten Prozenten den größern Industriellen zu übertragen, welche in dem Sturme Stich gehalten hatten.

Wie es den Rosen und Schlafmützen erging, so erging es allen übrigen Industrien. Die Größern absorbirten die Kleinern, und kamen selbst wieder immer mehr unter die Herrschaft des Kapitals. Die Centralisation der Arbeitswerkzeuge ging gleichen Schritt mit der Concentration der Kapitalien. 10,000 Familien wurden mit einem Schlage in's Proletariat geschleudert; zu spät erkannten sie, daß, indem sie gegen die Insurgenten gekämpft, sie nur die Sache der Kapitalisten vertheidigt hatten. Die Rothschilde sind die eigentlichen Herren und Cavaignac ist nur die Kanone, welche hinter den Wechsel aufgepflanzt ist, um ihm zu seinem Rechte zu verhelfen. Die Kammer, indem sie die Eigenthumsrechte heilig zu sprechen wähnte, hat nur das Recht des großen Kapitals sanktionirt: Die Republik steht dem Wechselrechte nicht im Geringsten im Wege. Das Wechselrecht kann sowohl in der monarchischen wie in der republikanischen Sprache ausgedrückt werden, und der Mann, der diese Sprache am besten spricht, ist Marrast. Je mehr die Absorbirung der Kapitalien fortgeht, jemehr die kleinern Schlafmützen untergehen, und die Rosen verschwinden, jemehr macht sich Rothschild, der König der Juden, als der eigentliche Franzosen-König geltend, Cavaignac als sein Adjutant und Marrast als sein Dollmetscher.

Aber das Proletariat wächst immer furchtbarer heran unter der Herrschaft dieses Triumvirats, undder Tag seines Sieges naht drohend heran, trotz Cavaignac, trotz Rothschild und Marrast.

Paris, 30. Aug.

Die meisten Journale haben keine leitenden Artikel. Die Debats und einige andere Blätter tragen wohl sogenannte Premier-Paris an ihrer Spitze, allein es sind bloße Analysen der Sitzung der Nationalversammlung. Der Constitutionnel schweigt gänzlich.

— Aus dem Moniteur starren uns abermals 410 Namen Deportirter entgegen. Wir finden darunter folgende Deutsche: 1) Joseph Vogat (17 Jahr alt) Bürstenmacher aus Weissenburg; 2) Nikolaus Scheffer aus Luxemburg; 3) Julius Ludwig Schneider; 4) Joseph Fest; 5) Johann Fink; 6) Adam Johann Ketler aus Danzig; 7) Jakob Köhler aus Oestreich; 8) Joseph Kopp; 9) Emil Petermann; 10) Caspar Rehr aus Bronderdorf an der Mosel; 11) Carl Christoph Heß u. m. Andere mit mehr oder weniger mangelhaften Adressen.

— In den Forts unserer Festungswerke wäre es beinahe zu einer Militärrevolte gekommen. Die Nahrungsmittel, vorzüglich das Brod, gaben zur Agitation Veranlassung. Die Insurgenten erhielten kohlschwarzes Brod und die Soldaten verdorbenen Schiffszwieback. Die schlechte Beschaffenheit dieses Nahrungsstoffes rief große Erbitterung hervor. Die Soldaten, ohnedies durch die barbarische Behandlung der Insurgenten gerührt (man sah gestern Abend bei dem neuen Transport große Thränen in die Augen alter Korporale treten), bauten z. B. im Fort Noissy-le-Sec eine Art Barrikaden aus den Bisquitplatten und riefen den Offizieren, die sie an dieser Spielerei hindern wollten, spöttisch zu: wenn Ihr für kein besseres Brod sorgt, so lassen wir die Insurgenten los und dann sollt Ihr sehen etc. Auf diese und ähnliche Berichte hin haben die Herren Senard und La Moriciere den Kriegsgerichten befohlen, ihre Arbeiten möglichst rasch zu vollenden.

— Der neue verfeinerte Verfassungsentwurf zählt 19 Artikel weniger als der alte. Das droit au travail ist daraus verschwunden. An der Stelle desselben steht die Freiheit der Arbeit (liberté du travail); der Staat erkennt die Pflicht an, den Hülfsbedürftigen zu unter stützen, geschehe dies durch Almosen oder durch

<TEI>
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          <p>Wär' ich als gewöhnlicher Bauer auf die Welt gekommen, da pflügte ich meinen                         Acker und freute mich meines Lebens. Wär' ich ein simpler Bürger geworden,                         da schüttete ich all' meine Zerwürfnisse stockprügelnd auf meinen Lehrjungen                         aus, und hätte ich endlich die Wissenschaft gewählt, da verlöre ich                         Prozesse, machte Kranke todt, spräche Blödsinn vom Katheder hinab und wäre                         ein glücklicher Mann dabei! Aber der Durst nach Ruhm war's, der mich                         hinauszog. Ich glaubte die ewige Sonne zu packen, und ich packte ein                         Irrlicht. &#x2014; Ist der Ruhm nicht wie ein falsches Geldstück in der Hand eines                         Kindes? Es glaubt alle Schätze der Welt dafür kaufen zu können, da kommt der                         pfiffige Krämer und lacht, und ergreift den Hammer und nagelt den falschen                         Dreier auf den Tisch. &#x2014; O, der Ruhm ist ein bildschöner Henker, der sein                         Opfer scherzend hinauf an den Galgen zerrt und dann die Leiter umstößt, daß                         der arme Teufel an des Ruhmes Galgen baumelt, weder mit den Füßen auf der                         Erde, noch mit dem Kopf im Himmel. O, über den Wahnwitz!</p>
          <p>So faselte der edle Ritter, und wer weiß, was aus ihm geworden wäre, wenn die                         Götter nicht Mitleid mit ihm gehabt und einen milden Regen gesandt hätten,                         der allmählig zum Schauer und zum Guß anschwellend, Berge und Thäler                         benetzte, und schließlich auch auf höchst erfrischende Weise in                         Schnapphahnski's alte Stiefel trat.</p>
          <p>Wohler ward ihm, und hinunter schritt er nach Frankreich.</p>
          <p>
            <ref type="link">(Fortsetzung folgt.)</ref>
          </p>
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          <p>Bekanntlich genießen die Abgeordneten zu den Nationalversammlungen                         Portofreiheit. Es ist hübsch wie die guten Leute davon Gebrauch machen. So                         ließ sich z. B. neulich ein Berliner Versammelter, der Abgeordneter für                         einen schlesischen Bezirk ist, zwei Ballen Wolle, jeden zu drei Zentner,                         nach Berlin kommen. Ebenfalls in Parlaments-Angelegenheiten.</p>
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        <head>[Deutschland]</head>
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          <p>die Abschaffung der Adelstitel nicht verhindern werde, daß der Ex-Adel in                         seinen &#x201E;Kreisen&#x201C; bleiben und die reichen Ex-Komtessen (und armen Ritter?)                         nicht aus ihren Ex-Standesgenossen herausheirathen werden.</p>
          <p>&#x201E;Nehmen Sie die Titel weg, die Namen können Sie nicht nehmen, <hi rendition="#g">die Kaste können Sie nicht abschaffen;</hi> Ihre                         Maßregeln werden unwirksam, der Adel wird Adel bleiben!&#x201C;</p>
          <p>Große Sensation! Diese &#x201E;Sensation&#x201C; auf eine der leersten Phrasen, die je                         ausgesprochen wurde, ist die beste Kritik, mit der wir von dieser Debatte                         Abschied nehmen können.</p>
          <p>Große Sensation!!</p>
        </div>
        <div xml:id="ar092_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 30. August.</head>
          <p>Das Ministerium wird sich durch die Vorlage des Gesetzes über die unerlaubten                         Volksversammlungen und Zusammenrottungen eine neue Niederlage bereiten. In                         der Central-Abtheilung, welche diese Gesetzvorlage zu berathen hat, fand                         sich wider Erwarten, daß vier Mitglieder gegen und gleichfalls vier                         Mitglieder der ministeriellen Partei sich für das Gesetz erklärten. Da bei                         Stimmengleichheit in der Central-Abtheilung der Vorsitzende, hier der                         Vizepräsident Philipps, der aus dem linken Centrum jetzt mit der linken                         stimmt, den Ausschlag gibt, so haben die §§. 1-4 eine Umänderung dadurch                         erlitten, daß man annahm, nur die Volksversammlungen, welche innerhalb der                         Stadt abgehalten werden, bedürfen einer polizeilichen Genehmigung;                         diejenigen hingegen außerhalb der Stadt können ganz frei abgehalten werden.                         Die demokratische Partei wird demnach das ganze Gesetz in ihrem Sinne                         amendiren und was ihr nicht in der Central-Abtheilung gelingt, wird in der                         Plenar-Versammlung durchgehen, wo sie von jetzt an auf eine bestimmte                         Majorität rechnen kann, da die Verbindung mit dem linken Centrum fast                         abgeschlossen ist und man sich in einer gestern Abend Statt gehabten                         Konferenz mit einem Chef dieser Partei in allen Punkten einigte.</p>
          <p>Im Ministerium selbst soll Zwietracht in Folge dieser Gesetzvorlage                         ausgebrochen sein. Eine Minorität, bestehend aus dem Justizminister Märker                         und dem Minister Gierke, will sich jedefalls mit allen Abstimmungen der                         Vereinbarer-Versammlung einverstanden erklären, während die Majorität                         Hansemann-Kühlwetter u. Komp. die unveränderte Annahme ihres Vorschlags zur                         Kabinetsfrage machen wollen. Welchen Werth übrigens die Regierung auf ihren                         Entwurf legt, möge daraus hervorgehen, daß bei den Vorberathungen der                         Central-Abtheilung schon fünf Minister und zwei Unterstaatssekretaire, die                         Herren Müller und Brandt, anwesend waren.</p>
          <p>Die Fach-Kommission für die Militair-Angelegenheiten hat auf Antrag vieler                         Abgeordneten und Petitionen einstimmig beschlossen, die sofortige gänzliche                         Aufhebung der Kadettenhäuser und sonstiger Militair-Erziehungs-Anstalten zu                         beantragen. Der Kommissarius des Kriegsministeriums, Oberst-Lieutenant                         Griesheim, suchte bei der Berathung der Fach-Kommission derselben eine                         andere Meinung beizubringen; er versprach die ausgedehntesten Reformen                         dieser Institute, aber ohne den geringsten Erfolg.</p>
          <p>Alle acht Abtheilungen der Vereinbarer-Versammlung haben ihre Berathung über                         die Stellung des Staats zur Kirche und der Kirche zur Schule beendigt. Die                         völlige Trennung der Kirche vom Staat ist in allen Abtheilungen, und die                         Trennung der Schule von der Kirche in sechs Abtheilungen nach einem mehrere                         Wochen langen Kampfe ausgesprochen, auch sogar der Antrag, hinsichtlich des                         Religionsunterrichts der Kirche die Oberaufsicht zu belassen, verworfen                         worden.</p>
          <p>Wegen der letzten Volksversammlung vom 21. August, die ohne polizeiliche                         Erlaubniß abgehalten ward, hatte das Polizeigericht viele Zeugen vorladen                         lassen, welche aber alle erklärten, die Redner, welche in dieser                         Volksversammlung sprachen, nicht namentlich nennen zu können, weil deren                         Namen nicht angezeigt wurden und in Folge der eingetretenen Finsterniß eine                         andere Erkennung unmöglich war. Das Gericht sah sich deshalb genöthigt, die                         Untersuchungsakten zu reponiren. Die verhafteten Redner, gegen die sich                         keinesfalls Belastungszeugen werden aufbringen lassen, sind nichts                         destoweniger ihrer Haft noch nicht entlassen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar092_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>40</author></bibl> Berlin, 30. Aug.</head>
          <p>Das Gesetz über unerlaubte Volksversammlungen ist nunmehr in der                         Centralabtheilung berathen worden. Nur der § 3 des Entwurfs, welcher der                         Polizei ein Verbietungsrecht gab, ist im Interesse der Freiheit wesentlich                         verändert worden. Alles Uebrige soll ziemlich ministeriell geblieben sein.                         Noch ist der Bericht nicht gedruckt, sobald er erscheint, werde ich Ihnen                         solchen mittheilen. Die Minister sind eifrig bemüht, ihren Vorschlag                         durchzubringen und sich Stimmen zu sammeln. Aus dem Lande gehen zahlreiche                         Proteste ein. Von einem Proteste von Köln habe ich nicht gehört.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar092_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>68</author></bibl> Breslau, 28. Aug.</head>
          <p>Die Gutsherren in Pommern, Brandenburg und Schlesien haben durch ihre                         Agitationen auf unsere Bauern in dem Sinne sehr günstig eingewirkt, daß die                         letzteren nun ebenfalls in Vereine zusammentreten und den gutsherrlichen                         Reaktionsgelüsten mit vereinter Kraft entgegenarbeiten. Gestern waren aus 18                         Kreisen an 400 Deputirte versammelt, welche eine Petition an die Vereinbarer                         wegen gleichmäßiger Vertheilung der Grundsteuer und Aufhebung der                         Feudallasten ohne Entschädigung beschlossen und unterzeichneten. Zugleich                         wurde die Organisation der Bauern nach Kreisen festgestellt und zur                         einheitlichen Leitung sämmtlicher Kreisvereine ein Centralcomité erwählt,                         das aus sieben Personen besteht und in Breslau seinen Sitz hat. Die Wahl                         dieses Comités ist für die demokratische Partei sehr günstig ausgefallen, da                         sechs unter den sieben Mitgliedern dieser Partei ganz entschieden angehören.                         &#x2014; Es sind heute 16 Landwehrmänner unter starker Militärbedeckung, wegen                         politischer Vergehen, wie es heißt, hieher ins Gefängniß gebracht worden.                         Dies hat eine solche Aufregungin der ganzen Stadt hervorgebracht, daß auf                         den Abend der Ausbruch eines Tumults in Aussicht steht.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar092_007" type="jArticle">
          <head><bibl><author>41</author></bibl> Erfurt, 28. Aug.</head>
          <p>In der vergangenen Nacht wurde ein Krawall versucht gegen die Buchdruckerei,                         worin die hiesige Beamtenpartei ihre reaktionären Schriften und insbesondere                         die Erfurter Zeitung drucken läßt. Man hatte gedroht, die Schriftkasten                         umzustürzen; es verblieb jedoch beim Einwerfen der Fenster. Auf Sonntag wird                         eine Volksversammlung vorbereitet, bei welcher die reaktionären Schriften                         und die Erfurter Zeitung öffentlich verbrannt werden sollen. Erfreulich ist,                         daß die Aufreizung durch Schriften besonders von Regierungsbeamten ausgehen.                         Den 24. d. Mts., Abends, waren hier die Truppen konsignirt, weil &#x2014; zwei                         Bürgervereine über die neue Kommunalordnung beriethen. Jeder Soldat hatte 10                         scharfe Patronen. Die Furcht unserer Büreaukratie vor der Demokratie geht                         hier bis in's Lächerliche. In einer großen Stadt, wo kein so                         schöppenstädtischer Geist herrscht, wie hier, würde man die sehr gemäßigten                         Bestrebungen dieser beiden Bürgervereine kaum bemerken. Die Gewalt aber,                         welche ihnen hier durch Militär und Beamte entgegengesetzt wird, bringt erst                         Erbitterung hervor. Die Regierung erfreut sich des Wachsthums des hiesigen                         kleinen Polizei- und Militärstaats. Beamte, mit dem Hasse und dem Mißtrauen                         des Volkes beladen, sind die Herrscher. Die berühmte Satzung: &#x201E;ein Staat,                         der recht frei sein will, muß ein recht großes Polizeipersonal haben&#x201C;, &#x2014; hat                         hier schon gute Früchte getragen: die Polizeidiener werden vermehrt und                         Soldaten üben Polizei.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar092_008" type="jArticle">
          <head><bibl><author>29</author></bibl> Ostrowo, 29. Aug.</head>
          <p>Von einem Vereine, der es sich zur Aufgabe gestellt hat, den Prinzen von                         Preußen zum Oberbefehlshaber der gesammten Armee zu machen, ist dieser Tage                         an alle Vorsteher von Truppentheilen ein Rundschreiben ergangen, worin                         dieselben aufgefordert werden, zu diesem Zwecke hülfreiche Hand zu bieten.                         Unterschrieben ist dasselbe u. A. von dem Wehrreiter Schlesinger, der bei                         Gelegenheit in Ihrem Feuilleton so wohl gewürdigt worden ist. &#x2014; Bei dieser                         Gelegenheit wird von folgender Finte Gebrauch gemacht; damit die Petition an                         König die großartigste Verbreitung und Unterstützung erhält, und es auch                         nicht nothwendig wird, das Verbot des Associations-Rechtes der Soldaten zu                         übertreten, hat der Ober-Auditeur &#x201E;<hi rendition="#g">die Beistimmung zur                             Zuschrift als gesetzlich</hi>&#x201C; erklärt.</p>
          <p>Zu dem Zwecke sind nun mit der Petition zugleich mehrere                         Zustimmungs-Erklärungen versandt worden, des Inhaltes, daß sich die                         Unterzeichneten den Wünschen Ihrer Kameraden in Berlin und Charlottenburg                         durchaus anschließen u. s. w.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar092_009" type="jArticle">
          <head>Danzig, 23. Aug.</head>
          <p>In den neun Jahren von 1840 bis 1848 sind in Danzig 66 Schiffe von 14,465                         Normallasten gebaut worden; darunter mehrere von mehr als 400 Lasten, der                         Friedrich der Große sogar von 442 Lasten. &#x2014; Die hiesigen Schiffskapitäne                         machen übrigens darauf aufmerksam, wie nothwendig es sei, vor der Errichtung                         der deutschen Flotte praktische Seeleute zu bilden und führen dabei an, daß                         die Amazone bei ihrer ersten Sommerreise, als sie mit fast lauter                         Theoretikern besetzt war, nicht weniger als viermal auf den Grund                         gerieth.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar092_010" type="jArticle">
          <head>Mainz, 30. Aug.</head>
          <p>Wegen einiger unseren Herren Soldaten angeblich anstößigen Zerrbilder, die                         der Inhaber der Bude trotz des wohlgemeinten Rathes eines Stabsoffiziers                         nicht entfernen wollte, weil er glaubte, das Recht der Preßfreiheit nicht                         von der Laune der Besatzung abhängig machen zu dürfen, wurden ihm gestern                         Abend von mehreren preußischen und östreichischen Militärs nicht nur jene                         Karrikaturen selbst, sondern auch noch verschiedene andere Bilder zerstört,                         und ihm so handgreiflich demonstrirt, daß von allen deutschen Städten nächst                         Charlottenburg unser Mainz die beneidenswertheste ist.</p>
          <bibl>(M. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar092_011" type="jArticle">
          <head>Altona, 30 August.</head>
          <p>Durch gütige Privatmitheilung sind wir in den Stand gesetzt, folgende                         authentische Notizen über die vom General v. Below, vorgelegten (und                         wahrscheinlich wenigstens theilweise angenommenen)                         Waffenstillstandsbedingungen zu veröffentlichen: In Schleswig-Holstein                         bleibt das ungetrennte schleswig-holsteinsche Heer, nebst 2000 Mann Preußen                         zurück. Die Dänen hatten die Trennung der schleswigschen Soldaten von den                         holsteinschen gefordert, scheinen aber nur das Zugeständniß erlangt zu                         haben, daß, wenn die Schleswiger die Beurlaubung der gebornen Schleswiger                         (meist ältere Cavaellristen und Artilleristen) forterten, diese bewilligt                         werden sollte. Die neuen Regierungsmitglieder sollen von der jetzigen                         provisorischen Regierung vorgeschlagen, von der Centralgewalt ohne Weiteres                         genehmigt und von Friedrich VII., als Herzog von Holstein, bestätigt werden.                         Prinz Ferdinand wird keinen Antheil an der Regierung nehmen. &#x2014; Die                         augustenb. Prinzen erhalten vollen Ersatz für ihr beschädigtes und                         weggeführtes Privateigenthum. &#x2014; Ein deutscher Bundesgeneral übernimmt den                         Oberbefehl über die in Schleswig-Holstein verbleibenden Truppen. &#x2014; Die                         Hanoveraner sollen nach Hamburg verlegt werden. &#x2014; Alle die Souveränetät und                         Würde des Herzogs widerstreitenden Verordnungen und Maßregeln der                         provisorischen Regierung werden außer Kraft gesetzt. &#x2014;</p>
          <bibl>(Börs.-H.)</bibl>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Schweiz.</head>
        <div xml:id="ar092_012" type="jArticle">
          <head>Aus der Schweiz. 26. Aug.</head>
          <p>Der künftige Nationalrath der Eidgenossenschaft, der aus 111 Repräsentanten                         bestehen soll, (auf je 20,000 Seelen wird ein Mitglied gewählt) vertheilt                         sich auf die Kantone folgendermaßen: Zürich 12, Bern 20, Luzern 6, Uri 1,                         Schwyz 2, Obwalden 1, Nidwalden 1, Glarus 1, Zug 1, Freiburg 5, Solothurn 3,                         Baselstadt 1, Baselland 2, Schaffhausen 2, Appenzell A. R. 2, Appenzell J.                         R. 1, St. Gallen 8, Graubünden 4, Aargau 9, Thurgau 4, Tessin 6, Waadt 9,                         Wallis 4, Neuenburg 3 und Genf 3.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Französische Republik.</head>
        <div xml:id="ar092_013" type="jArticle">
          <head><bibl><author>12</author></bibl> Paris, 30. August.</head>
          <p>Die Fabrikation der sogenannten bonnets de coton (baumwollene Mützen) ist                         bekanntlich einer der größten Industriezweige in Paris. Der Artikel hat                         einen ungemeinen Absatz; eine ganze Straße, die Straße St. Denis, wird                         spottweise nach diesem Artikel benannt, und sogar die Bewohner dieser Straße                         heißen allgemein bonnets de coton, etwa wie wir im deutschen sagen:                         Schlafmützen. Aber diese Leute sind nichts weniger wie Schlafmützen: sie                         betreiben ihr Geschäft mit der größten Lebendigkeit. Durch die Konkurrenz                         angetrieben, haben sie nicht allein ihr ganzes Vermögen in bonnets de coton                         stecken: sondern manchmal drei- oder viermal soviel als sie wirklich                         besitzen. Ja, wenn man diese Leute gewähren ließe, so würden sie die ganze                         Welt in bonnets de coton verwandeln. Hegelisch ausgedrückt, thun diese Leute                         weiter nichts, als daß sie mit dem Besondern das Allgemeine zu überwinden                         suchen. Kommerziell: die Speziallität bonnets de coton sucht ihre                         Konkurrenten zu enfonciren. Dagegen läßt sich allerdings nichts sagen. Aber                         begreiflich ist es, wie diese Leute, die ihr ganzes Vermögen und ihren                         ganzen Kredit in's Geschäft gesteckt haben, um Stich gegen ihre Konkurrenten                         halten zu können, in der Abhängigkeit der Banquiers, der Kapitalisten stehn,                         die ihnen ihre Wechsel diskontiren und ihnen das zum Betriebe nothwendige                         Geld vorstrecken. Bei der mindesten Stockung fällt dann der kleine Fabrikant                         und Kaufmann gänzlich dem Banquier anheim. Ein gleiches Bewandniß hat es mit                         allen kleinen Pariser Industriezweigen und besonders mit den Luxusartikeln,                         wie namentlich mit den künstlichen Blumen, die in Paris in der größten Masse                         fabrizirt werden. So ein Rosenfabrikant z. B. besitzt weiter nichts als                         Rosen: der Artikel geht so gut, daß er 3, 4 mal mehr Rosen als wirkliches                         Vermögen hat, und ebenfalls die ganze Welt in Rosen verwandeln würde, wenn                         er freie Hand hätte.</p>
          <p>Nach dem 24. Februar trat ein allgemeiner Stillstand in den Geschäften ein;                         eine Stockung war mehr oder weniger schon früher eingetreten. Die Wechsel                         kommen an, kein Banquier wollte mehr diskontiren. Der Eine wieß auf seine                         Rosen, der andere auf seine Schlafmützen an; es waren die kourantesten                         Artikel vor der Revolution; kein Banquier wollte Geld darauf vorstrecken.                         &#x201E;Ich habe 10 mal mehr in Waaren und mitten unter den Rosen sitze ich im                         Dreck.&#x201C; Man denke sich nun alle die übrigen Fabrikanten und Industriellen                         die Alles was sie hatten, und dazu ihren ganzen Credit in Schlafmützen oder                         sonstige Spezialitäten verwandelt hatten, und nun mitten in ihren                         Schlafmützen und Rosen fortsaßen. Da hieß es allgemein daran sind die                         Arbeiter mit ihren übermäßigen Forderungen Schuld; die Arbeiter, welche in                         Prozessionen durch die Straßen ziehen, und das Vertrauen nicht aufkommen                         lassen wollen. Indessen ging die Sache ihren unvermeidlichen Fortgang; es                         war eine Industrie-Krise, wie sie in England häufig vorkommt, die Leute                         mußten ihre Zahlungen einstellen und ihre Billanz einreichen; die                         provisorische Regierung, welche diesen Umstand den außerordentlichen                         Ereignissen zuschrieb, hob die gewöhnliche Faillite-Erklärung mit ihren                         Consequenzen für den Augenblick auf. Aber die Wuth der Kleinbürger und der                         Fabrikanten gegen die Proletarier war auf's höchste gestiegen, ihnen gaben                         sie die Schuld der Stockung, ihnen schrieben sie zu, daß das Vertrauen                         getödtet, daß der Banquier ihnen auf ihre gute Waare kein Geld mehr                         vorstrecken, und ihnen sogar gutes Papier nicht mehr diskontiren wollten.                         Dazu kam noch die allgemeine Furcht vor Kommunismus und einer vorzunehmenden                         Theilung der Rosen. Ach, die Leute bedachten nicht, daß ihnen die Rosen gar                         nicht mehr gehörten, und bei einer bevorstehenden Liquidation ihr Geschäft                         nebst Geschäftswerkzeugen und ursprünglichem Kapital in die Hände der                         Banquiers übergehn mußte.</p>
          <p>Wie es mit der Industrie stand, auf ähnliche Weise verhielt es sich mit dem                         Grundbesitze. Der eigentliche Besitzer war nicht der Bauer, sondern der                         Kapitalist, der Hypothek darauf hatte. Die verschiedenen Arten Kapitalisten                         hatten ihre verschiedenen ideologischen Vertreter in König und Kaiser, in                         Bourbonen und Legitimisten. In jetziger Zeit kann ein König nur dadurch                         fallen, daß er bankrutt macht, wie ein gewöhnlicher Geschäftsmann, und                         diejenigen, welche nach ihm schreien, sind entweder Schuldner oder                         Gläubiger, d. h. solche, welche Interesse daran haben, daß er bleibt oder                         fällt. Der König ist ein Banquier, ein Kapitalist geworden; verliert er an                         Kredit, hat sein spezifisches Königthum als Waare keinen Meinungswerth mehr,                         so bleibt ihm nichts übrig, als seine Billanz zu machen und sich fallit                         erklären zu lassen.</p>
          <p>Die Juni-Insurgenten waren besiegt, die Schlafmützen jauchzten; die                         Kleinbürger wähnten sich von den &#x201E;Kommunisten&#x201C; befreit, welche ihnen die                         Rosen zu entreißen drohten. Da sie die Straßen gesäubert, und den freien                         Verkehr hergestellt, sahen sie kein Hinderniß ihrem Kredit mehr im Wege                         stehen. Die armen Leute hatten in der Trunkenheit des Sieges die Bindfäden                         übersehen, mit denen ihre Rosen und Schlafmützen an den großen Kapitalisten                         gebunden waren. Als es zur Liquidation ging, als das Gesetz über die                         freundschaftlichen Konkordate berathen wurde, entschied sich die Kammer                         dafür, daß dem Eigenthum sein Recht verbleiben sollte, und die Kapitalisten                         zogen Rosen und Schlafmützen für ein Spottgeld ein, um sie später mit guten                         Prozenten den größern Industriellen zu übertragen, welche in dem Sturme                         Stich gehalten hatten.</p>
          <p>Wie es den Rosen und Schlafmützen erging, so erging es allen übrigen                         Industrien. Die Größern absorbirten die Kleinern, und kamen selbst wieder                         immer mehr unter die Herrschaft des Kapitals. Die Centralisation der                         Arbeitswerkzeuge ging gleichen Schritt mit der Concentration der Kapitalien.                         10,000 Familien wurden mit einem Schlage in's Proletariat geschleudert; zu                         spät erkannten sie, daß, indem sie gegen die Insurgenten gekämpft, sie nur                         die Sache der Kapitalisten vertheidigt hatten. Die Rothschilde sind die                         eigentlichen Herren und Cavaignac ist nur die Kanone, welche hinter den                         Wechsel aufgepflanzt ist, um ihm zu seinem Rechte zu verhelfen. Die Kammer,                         indem sie die Eigenthumsrechte heilig zu sprechen wähnte, hat nur das Recht                         des großen Kapitals sanktionirt: Die Republik steht dem Wechselrechte nicht                         im Geringsten im Wege. Das Wechselrecht kann sowohl in der monarchischen wie                         in der republikanischen Sprache ausgedrückt werden, und der Mann, der diese                         Sprache am besten spricht, ist Marrast. Je mehr die Absorbirung der                         Kapitalien fortgeht, jemehr die kleinern Schlafmützen untergehen, und die                         Rosen verschwinden, jemehr macht sich Rothschild, der König der Juden, als                         der eigentliche Franzosen-König geltend, Cavaignac als sein Adjutant und                         Marrast als sein Dollmetscher.</p>
          <p>Aber das Proletariat wächst immer furchtbarer heran unter der Herrschaft                         dieses Triumvirats, undder Tag seines Sieges naht drohend heran, trotz                         Cavaignac, trotz Rothschild und Marrast.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar092_014" type="jArticle">
          <head>Paris, 30. Aug.</head>
          <p>Die meisten Journale haben keine leitenden Artikel. Die Debats und einige                         andere Blätter tragen wohl sogenannte Premier-Paris an ihrer Spitze, allein                         es sind bloße Analysen der Sitzung der Nationalversammlung. Der                         Constitutionnel schweigt gänzlich.</p>
          <p>&#x2014; Aus dem Moniteur starren uns abermals 410 Namen Deportirter entgegen. Wir                         finden darunter folgende Deutsche: 1) Joseph Vogat (17 Jahr alt)                         Bürstenmacher aus Weissenburg; 2) Nikolaus Scheffer aus Luxemburg; 3) Julius                         Ludwig Schneider; 4) Joseph Fest; 5) Johann Fink; 6) Adam Johann Ketler aus                         Danzig; 7) Jakob Köhler aus Oestreich; 8) Joseph Kopp; 9) Emil Petermann;                         10) Caspar Rehr aus Bronderdorf an der Mosel; 11) Carl Christoph Heß u. m.                         Andere mit mehr oder weniger mangelhaften Adressen.</p>
          <p>&#x2014; In den Forts unserer Festungswerke wäre es beinahe zu einer <hi rendition="#g">Militärrevolte</hi> gekommen. Die Nahrungsmittel,                         vorzüglich das Brod, gaben zur Agitation Veranlassung. Die Insurgenten                         erhielten kohlschwarzes Brod und die Soldaten verdorbenen Schiffszwieback.                         Die schlechte Beschaffenheit dieses Nahrungsstoffes rief große Erbitterung                         hervor. Die Soldaten, ohnedies durch die barbarische Behandlung der                         Insurgenten gerührt (man sah gestern Abend bei dem neuen Transport große                         Thränen in die Augen alter Korporale treten), bauten z. B. im Fort                         Noissy-le-Sec eine Art Barrikaden aus den Bisquitplatten und riefen den                         Offizieren, die sie an dieser Spielerei hindern wollten, spöttisch zu: wenn                         Ihr für kein besseres Brod sorgt, so lassen wir die Insurgenten los und dann                         sollt Ihr sehen etc. Auf diese und ähnliche Berichte hin haben die Herren                         Senard und La Moriciere den Kriegsgerichten befohlen, ihre Arbeiten                         möglichst rasch zu vollenden.</p>
          <p>&#x2014; Der neue verfeinerte Verfassungsentwurf zählt 19 Artikel weniger als der                         alte. Das droit au travail ist daraus verschwunden. An der Stelle desselben                         steht die Freiheit der Arbeit (liberté du travail); der Staat erkennt die                         Pflicht an, den Hülfsbedürftigen zu unter stützen, geschehe dies durch                         Almosen oder durch
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0464/0002] Wär' ich als gewöhnlicher Bauer auf die Welt gekommen, da pflügte ich meinen Acker und freute mich meines Lebens. Wär' ich ein simpler Bürger geworden, da schüttete ich all' meine Zerwürfnisse stockprügelnd auf meinen Lehrjungen aus, und hätte ich endlich die Wissenschaft gewählt, da verlöre ich Prozesse, machte Kranke todt, spräche Blödsinn vom Katheder hinab und wäre ein glücklicher Mann dabei! Aber der Durst nach Ruhm war's, der mich hinauszog. Ich glaubte die ewige Sonne zu packen, und ich packte ein Irrlicht. — Ist der Ruhm nicht wie ein falsches Geldstück in der Hand eines Kindes? Es glaubt alle Schätze der Welt dafür kaufen zu können, da kommt der pfiffige Krämer und lacht, und ergreift den Hammer und nagelt den falschen Dreier auf den Tisch. — O, der Ruhm ist ein bildschöner Henker, der sein Opfer scherzend hinauf an den Galgen zerrt und dann die Leiter umstößt, daß der arme Teufel an des Ruhmes Galgen baumelt, weder mit den Füßen auf der Erde, noch mit dem Kopf im Himmel. O, über den Wahnwitz! So faselte der edle Ritter, und wer weiß, was aus ihm geworden wäre, wenn die Götter nicht Mitleid mit ihm gehabt und einen milden Regen gesandt hätten, der allmählig zum Schauer und zum Guß anschwellend, Berge und Thäler benetzte, und schließlich auch auf höchst erfrischende Weise in Schnapphahnski's alte Stiefel trat. Wohler ward ihm, und hinunter schritt er nach Frankreich. (Fortsetzung folgt.) Bekanntlich genießen die Abgeordneten zu den Nationalversammlungen Portofreiheit. Es ist hübsch wie die guten Leute davon Gebrauch machen. So ließ sich z. B. neulich ein Berliner Versammelter, der Abgeordneter für einen schlesischen Bezirk ist, zwei Ballen Wolle, jeden zu drei Zentner, nach Berlin kommen. Ebenfalls in Parlaments-Angelegenheiten. [Deutschland] die Abschaffung der Adelstitel nicht verhindern werde, daß der Ex-Adel in seinen „Kreisen“ bleiben und die reichen Ex-Komtessen (und armen Ritter?) nicht aus ihren Ex-Standesgenossen herausheirathen werden. „Nehmen Sie die Titel weg, die Namen können Sie nicht nehmen, die Kaste können Sie nicht abschaffen; Ihre Maßregeln werden unwirksam, der Adel wird Adel bleiben!“ Große Sensation! Diese „Sensation“ auf eine der leersten Phrasen, die je ausgesprochen wurde, ist die beste Kritik, mit der wir von dieser Debatte Abschied nehmen können. Große Sensation!! 103 Berlin, 30. August. Das Ministerium wird sich durch die Vorlage des Gesetzes über die unerlaubten Volksversammlungen und Zusammenrottungen eine neue Niederlage bereiten. In der Central-Abtheilung, welche diese Gesetzvorlage zu berathen hat, fand sich wider Erwarten, daß vier Mitglieder gegen und gleichfalls vier Mitglieder der ministeriellen Partei sich für das Gesetz erklärten. Da bei Stimmengleichheit in der Central-Abtheilung der Vorsitzende, hier der Vizepräsident Philipps, der aus dem linken Centrum jetzt mit der linken stimmt, den Ausschlag gibt, so haben die §§. 1-4 eine Umänderung dadurch erlitten, daß man annahm, nur die Volksversammlungen, welche innerhalb der Stadt abgehalten werden, bedürfen einer polizeilichen Genehmigung; diejenigen hingegen außerhalb der Stadt können ganz frei abgehalten werden. Die demokratische Partei wird demnach das ganze Gesetz in ihrem Sinne amendiren und was ihr nicht in der Central-Abtheilung gelingt, wird in der Plenar-Versammlung durchgehen, wo sie von jetzt an auf eine bestimmte Majorität rechnen kann, da die Verbindung mit dem linken Centrum fast abgeschlossen ist und man sich in einer gestern Abend Statt gehabten Konferenz mit einem Chef dieser Partei in allen Punkten einigte. Im Ministerium selbst soll Zwietracht in Folge dieser Gesetzvorlage ausgebrochen sein. Eine Minorität, bestehend aus dem Justizminister Märker und dem Minister Gierke, will sich jedefalls mit allen Abstimmungen der Vereinbarer-Versammlung einverstanden erklären, während die Majorität Hansemann-Kühlwetter u. Komp. die unveränderte Annahme ihres Vorschlags zur Kabinetsfrage machen wollen. Welchen Werth übrigens die Regierung auf ihren Entwurf legt, möge daraus hervorgehen, daß bei den Vorberathungen der Central-Abtheilung schon fünf Minister und zwei Unterstaatssekretaire, die Herren Müller und Brandt, anwesend waren. Die Fach-Kommission für die Militair-Angelegenheiten hat auf Antrag vieler Abgeordneten und Petitionen einstimmig beschlossen, die sofortige gänzliche Aufhebung der Kadettenhäuser und sonstiger Militair-Erziehungs-Anstalten zu beantragen. Der Kommissarius des Kriegsministeriums, Oberst-Lieutenant Griesheim, suchte bei der Berathung der Fach-Kommission derselben eine andere Meinung beizubringen; er versprach die ausgedehntesten Reformen dieser Institute, aber ohne den geringsten Erfolg. Alle acht Abtheilungen der Vereinbarer-Versammlung haben ihre Berathung über die Stellung des Staats zur Kirche und der Kirche zur Schule beendigt. Die völlige Trennung der Kirche vom Staat ist in allen Abtheilungen, und die Trennung der Schule von der Kirche in sechs Abtheilungen nach einem mehrere Wochen langen Kampfe ausgesprochen, auch sogar der Antrag, hinsichtlich des Religionsunterrichts der Kirche die Oberaufsicht zu belassen, verworfen worden. Wegen der letzten Volksversammlung vom 21. August, die ohne polizeiliche Erlaubniß abgehalten ward, hatte das Polizeigericht viele Zeugen vorladen lassen, welche aber alle erklärten, die Redner, welche in dieser Volksversammlung sprachen, nicht namentlich nennen zu können, weil deren Namen nicht angezeigt wurden und in Folge der eingetretenen Finsterniß eine andere Erkennung unmöglich war. Das Gericht sah sich deshalb genöthigt, die Untersuchungsakten zu reponiren. Die verhafteten Redner, gegen die sich keinesfalls Belastungszeugen werden aufbringen lassen, sind nichts destoweniger ihrer Haft noch nicht entlassen. 40 Berlin, 30. Aug. Das Gesetz über unerlaubte Volksversammlungen ist nunmehr in der Centralabtheilung berathen worden. Nur der § 3 des Entwurfs, welcher der Polizei ein Verbietungsrecht gab, ist im Interesse der Freiheit wesentlich verändert worden. Alles Uebrige soll ziemlich ministeriell geblieben sein. Noch ist der Bericht nicht gedruckt, sobald er erscheint, werde ich Ihnen solchen mittheilen. Die Minister sind eifrig bemüht, ihren Vorschlag durchzubringen und sich Stimmen zu sammeln. Aus dem Lande gehen zahlreiche Proteste ein. Von einem Proteste von Köln habe ich nicht gehört. 68 Breslau, 28. Aug. Die Gutsherren in Pommern, Brandenburg und Schlesien haben durch ihre Agitationen auf unsere Bauern in dem Sinne sehr günstig eingewirkt, daß die letzteren nun ebenfalls in Vereine zusammentreten und den gutsherrlichen Reaktionsgelüsten mit vereinter Kraft entgegenarbeiten. Gestern waren aus 18 Kreisen an 400 Deputirte versammelt, welche eine Petition an die Vereinbarer wegen gleichmäßiger Vertheilung der Grundsteuer und Aufhebung der Feudallasten ohne Entschädigung beschlossen und unterzeichneten. Zugleich wurde die Organisation der Bauern nach Kreisen festgestellt und zur einheitlichen Leitung sämmtlicher Kreisvereine ein Centralcomité erwählt, das aus sieben Personen besteht und in Breslau seinen Sitz hat. Die Wahl dieses Comités ist für die demokratische Partei sehr günstig ausgefallen, da sechs unter den sieben Mitgliedern dieser Partei ganz entschieden angehören. — Es sind heute 16 Landwehrmänner unter starker Militärbedeckung, wegen politischer Vergehen, wie es heißt, hieher ins Gefängniß gebracht worden. Dies hat eine solche Aufregungin der ganzen Stadt hervorgebracht, daß auf den Abend der Ausbruch eines Tumults in Aussicht steht. 41 Erfurt, 28. Aug. In der vergangenen Nacht wurde ein Krawall versucht gegen die Buchdruckerei, worin die hiesige Beamtenpartei ihre reaktionären Schriften und insbesondere die Erfurter Zeitung drucken läßt. Man hatte gedroht, die Schriftkasten umzustürzen; es verblieb jedoch beim Einwerfen der Fenster. Auf Sonntag wird eine Volksversammlung vorbereitet, bei welcher die reaktionären Schriften und die Erfurter Zeitung öffentlich verbrannt werden sollen. Erfreulich ist, daß die Aufreizung durch Schriften besonders von Regierungsbeamten ausgehen. Den 24. d. Mts., Abends, waren hier die Truppen konsignirt, weil — zwei Bürgervereine über die neue Kommunalordnung beriethen. Jeder Soldat hatte 10 scharfe Patronen. Die Furcht unserer Büreaukratie vor der Demokratie geht hier bis in's Lächerliche. In einer großen Stadt, wo kein so schöppenstädtischer Geist herrscht, wie hier, würde man die sehr gemäßigten Bestrebungen dieser beiden Bürgervereine kaum bemerken. Die Gewalt aber, welche ihnen hier durch Militär und Beamte entgegengesetzt wird, bringt erst Erbitterung hervor. Die Regierung erfreut sich des Wachsthums des hiesigen kleinen Polizei- und Militärstaats. Beamte, mit dem Hasse und dem Mißtrauen des Volkes beladen, sind die Herrscher. Die berühmte Satzung: „ein Staat, der recht frei sein will, muß ein recht großes Polizeipersonal haben“, — hat hier schon gute Früchte getragen: die Polizeidiener werden vermehrt und Soldaten üben Polizei. 29 Ostrowo, 29. Aug. Von einem Vereine, der es sich zur Aufgabe gestellt hat, den Prinzen von Preußen zum Oberbefehlshaber der gesammten Armee zu machen, ist dieser Tage an alle Vorsteher von Truppentheilen ein Rundschreiben ergangen, worin dieselben aufgefordert werden, zu diesem Zwecke hülfreiche Hand zu bieten. Unterschrieben ist dasselbe u. A. von dem Wehrreiter Schlesinger, der bei Gelegenheit in Ihrem Feuilleton so wohl gewürdigt worden ist. — Bei dieser Gelegenheit wird von folgender Finte Gebrauch gemacht; damit die Petition an König die großartigste Verbreitung und Unterstützung erhält, und es auch nicht nothwendig wird, das Verbot des Associations-Rechtes der Soldaten zu übertreten, hat der Ober-Auditeur „die Beistimmung zur Zuschrift als gesetzlich“ erklärt. Zu dem Zwecke sind nun mit der Petition zugleich mehrere Zustimmungs-Erklärungen versandt worden, des Inhaltes, daß sich die Unterzeichneten den Wünschen Ihrer Kameraden in Berlin und Charlottenburg durchaus anschließen u. s. w. Danzig, 23. Aug. In den neun Jahren von 1840 bis 1848 sind in Danzig 66 Schiffe von 14,465 Normallasten gebaut worden; darunter mehrere von mehr als 400 Lasten, der Friedrich der Große sogar von 442 Lasten. — Die hiesigen Schiffskapitäne machen übrigens darauf aufmerksam, wie nothwendig es sei, vor der Errichtung der deutschen Flotte praktische Seeleute zu bilden und führen dabei an, daß die Amazone bei ihrer ersten Sommerreise, als sie mit fast lauter Theoretikern besetzt war, nicht weniger als viermal auf den Grund gerieth. Mainz, 30. Aug. Wegen einiger unseren Herren Soldaten angeblich anstößigen Zerrbilder, die der Inhaber der Bude trotz des wohlgemeinten Rathes eines Stabsoffiziers nicht entfernen wollte, weil er glaubte, das Recht der Preßfreiheit nicht von der Laune der Besatzung abhängig machen zu dürfen, wurden ihm gestern Abend von mehreren preußischen und östreichischen Militärs nicht nur jene Karrikaturen selbst, sondern auch noch verschiedene andere Bilder zerstört, und ihm so handgreiflich demonstrirt, daß von allen deutschen Städten nächst Charlottenburg unser Mainz die beneidenswertheste ist. (M. Z.) Altona, 30 August. Durch gütige Privatmitheilung sind wir in den Stand gesetzt, folgende authentische Notizen über die vom General v. Below, vorgelegten (und wahrscheinlich wenigstens theilweise angenommenen) Waffenstillstandsbedingungen zu veröffentlichen: In Schleswig-Holstein bleibt das ungetrennte schleswig-holsteinsche Heer, nebst 2000 Mann Preußen zurück. Die Dänen hatten die Trennung der schleswigschen Soldaten von den holsteinschen gefordert, scheinen aber nur das Zugeständniß erlangt zu haben, daß, wenn die Schleswiger die Beurlaubung der gebornen Schleswiger (meist ältere Cavaellristen und Artilleristen) forterten, diese bewilligt werden sollte. Die neuen Regierungsmitglieder sollen von der jetzigen provisorischen Regierung vorgeschlagen, von der Centralgewalt ohne Weiteres genehmigt und von Friedrich VII., als Herzog von Holstein, bestätigt werden. Prinz Ferdinand wird keinen Antheil an der Regierung nehmen. — Die augustenb. Prinzen erhalten vollen Ersatz für ihr beschädigtes und weggeführtes Privateigenthum. — Ein deutscher Bundesgeneral übernimmt den Oberbefehl über die in Schleswig-Holstein verbleibenden Truppen. — Die Hanoveraner sollen nach Hamburg verlegt werden. — Alle die Souveränetät und Würde des Herzogs widerstreitenden Verordnungen und Maßregeln der provisorischen Regierung werden außer Kraft gesetzt. — (Börs.-H.) Schweiz. Aus der Schweiz. 26. Aug. Der künftige Nationalrath der Eidgenossenschaft, der aus 111 Repräsentanten bestehen soll, (auf je 20,000 Seelen wird ein Mitglied gewählt) vertheilt sich auf die Kantone folgendermaßen: Zürich 12, Bern 20, Luzern 6, Uri 1, Schwyz 2, Obwalden 1, Nidwalden 1, Glarus 1, Zug 1, Freiburg 5, Solothurn 3, Baselstadt 1, Baselland 2, Schaffhausen 2, Appenzell A. R. 2, Appenzell J. R. 1, St. Gallen 8, Graubünden 4, Aargau 9, Thurgau 4, Tessin 6, Waadt 9, Wallis 4, Neuenburg 3 und Genf 3. Französische Republik. 12 Paris, 30. August. Die Fabrikation der sogenannten bonnets de coton (baumwollene Mützen) ist bekanntlich einer der größten Industriezweige in Paris. Der Artikel hat einen ungemeinen Absatz; eine ganze Straße, die Straße St. Denis, wird spottweise nach diesem Artikel benannt, und sogar die Bewohner dieser Straße heißen allgemein bonnets de coton, etwa wie wir im deutschen sagen: Schlafmützen. Aber diese Leute sind nichts weniger wie Schlafmützen: sie betreiben ihr Geschäft mit der größten Lebendigkeit. Durch die Konkurrenz angetrieben, haben sie nicht allein ihr ganzes Vermögen in bonnets de coton stecken: sondern manchmal drei- oder viermal soviel als sie wirklich besitzen. Ja, wenn man diese Leute gewähren ließe, so würden sie die ganze Welt in bonnets de coton verwandeln. Hegelisch ausgedrückt, thun diese Leute weiter nichts, als daß sie mit dem Besondern das Allgemeine zu überwinden suchen. Kommerziell: die Speziallität bonnets de coton sucht ihre Konkurrenten zu enfonciren. Dagegen läßt sich allerdings nichts sagen. Aber begreiflich ist es, wie diese Leute, die ihr ganzes Vermögen und ihren ganzen Kredit in's Geschäft gesteckt haben, um Stich gegen ihre Konkurrenten halten zu können, in der Abhängigkeit der Banquiers, der Kapitalisten stehn, die ihnen ihre Wechsel diskontiren und ihnen das zum Betriebe nothwendige Geld vorstrecken. Bei der mindesten Stockung fällt dann der kleine Fabrikant und Kaufmann gänzlich dem Banquier anheim. Ein gleiches Bewandniß hat es mit allen kleinen Pariser Industriezweigen und besonders mit den Luxusartikeln, wie namentlich mit den künstlichen Blumen, die in Paris in der größten Masse fabrizirt werden. So ein Rosenfabrikant z. B. besitzt weiter nichts als Rosen: der Artikel geht so gut, daß er 3, 4 mal mehr Rosen als wirkliches Vermögen hat, und ebenfalls die ganze Welt in Rosen verwandeln würde, wenn er freie Hand hätte. Nach dem 24. Februar trat ein allgemeiner Stillstand in den Geschäften ein; eine Stockung war mehr oder weniger schon früher eingetreten. Die Wechsel kommen an, kein Banquier wollte mehr diskontiren. Der Eine wieß auf seine Rosen, der andere auf seine Schlafmützen an; es waren die kourantesten Artikel vor der Revolution; kein Banquier wollte Geld darauf vorstrecken. „Ich habe 10 mal mehr in Waaren und mitten unter den Rosen sitze ich im Dreck.“ Man denke sich nun alle die übrigen Fabrikanten und Industriellen die Alles was sie hatten, und dazu ihren ganzen Credit in Schlafmützen oder sonstige Spezialitäten verwandelt hatten, und nun mitten in ihren Schlafmützen und Rosen fortsaßen. Da hieß es allgemein daran sind die Arbeiter mit ihren übermäßigen Forderungen Schuld; die Arbeiter, welche in Prozessionen durch die Straßen ziehen, und das Vertrauen nicht aufkommen lassen wollen. Indessen ging die Sache ihren unvermeidlichen Fortgang; es war eine Industrie-Krise, wie sie in England häufig vorkommt, die Leute mußten ihre Zahlungen einstellen und ihre Billanz einreichen; die provisorische Regierung, welche diesen Umstand den außerordentlichen Ereignissen zuschrieb, hob die gewöhnliche Faillite-Erklärung mit ihren Consequenzen für den Augenblick auf. Aber die Wuth der Kleinbürger und der Fabrikanten gegen die Proletarier war auf's höchste gestiegen, ihnen gaben sie die Schuld der Stockung, ihnen schrieben sie zu, daß das Vertrauen getödtet, daß der Banquier ihnen auf ihre gute Waare kein Geld mehr vorstrecken, und ihnen sogar gutes Papier nicht mehr diskontiren wollten. Dazu kam noch die allgemeine Furcht vor Kommunismus und einer vorzunehmenden Theilung der Rosen. Ach, die Leute bedachten nicht, daß ihnen die Rosen gar nicht mehr gehörten, und bei einer bevorstehenden Liquidation ihr Geschäft nebst Geschäftswerkzeugen und ursprünglichem Kapital in die Hände der Banquiers übergehn mußte. Wie es mit der Industrie stand, auf ähnliche Weise verhielt es sich mit dem Grundbesitze. Der eigentliche Besitzer war nicht der Bauer, sondern der Kapitalist, der Hypothek darauf hatte. Die verschiedenen Arten Kapitalisten hatten ihre verschiedenen ideologischen Vertreter in König und Kaiser, in Bourbonen und Legitimisten. In jetziger Zeit kann ein König nur dadurch fallen, daß er bankrutt macht, wie ein gewöhnlicher Geschäftsmann, und diejenigen, welche nach ihm schreien, sind entweder Schuldner oder Gläubiger, d. h. solche, welche Interesse daran haben, daß er bleibt oder fällt. Der König ist ein Banquier, ein Kapitalist geworden; verliert er an Kredit, hat sein spezifisches Königthum als Waare keinen Meinungswerth mehr, so bleibt ihm nichts übrig, als seine Billanz zu machen und sich fallit erklären zu lassen. Die Juni-Insurgenten waren besiegt, die Schlafmützen jauchzten; die Kleinbürger wähnten sich von den „Kommunisten“ befreit, welche ihnen die Rosen zu entreißen drohten. Da sie die Straßen gesäubert, und den freien Verkehr hergestellt, sahen sie kein Hinderniß ihrem Kredit mehr im Wege stehen. Die armen Leute hatten in der Trunkenheit des Sieges die Bindfäden übersehen, mit denen ihre Rosen und Schlafmützen an den großen Kapitalisten gebunden waren. Als es zur Liquidation ging, als das Gesetz über die freundschaftlichen Konkordate berathen wurde, entschied sich die Kammer dafür, daß dem Eigenthum sein Recht verbleiben sollte, und die Kapitalisten zogen Rosen und Schlafmützen für ein Spottgeld ein, um sie später mit guten Prozenten den größern Industriellen zu übertragen, welche in dem Sturme Stich gehalten hatten. Wie es den Rosen und Schlafmützen erging, so erging es allen übrigen Industrien. Die Größern absorbirten die Kleinern, und kamen selbst wieder immer mehr unter die Herrschaft des Kapitals. Die Centralisation der Arbeitswerkzeuge ging gleichen Schritt mit der Concentration der Kapitalien. 10,000 Familien wurden mit einem Schlage in's Proletariat geschleudert; zu spät erkannten sie, daß, indem sie gegen die Insurgenten gekämpft, sie nur die Sache der Kapitalisten vertheidigt hatten. Die Rothschilde sind die eigentlichen Herren und Cavaignac ist nur die Kanone, welche hinter den Wechsel aufgepflanzt ist, um ihm zu seinem Rechte zu verhelfen. Die Kammer, indem sie die Eigenthumsrechte heilig zu sprechen wähnte, hat nur das Recht des großen Kapitals sanktionirt: Die Republik steht dem Wechselrechte nicht im Geringsten im Wege. Das Wechselrecht kann sowohl in der monarchischen wie in der republikanischen Sprache ausgedrückt werden, und der Mann, der diese Sprache am besten spricht, ist Marrast. Je mehr die Absorbirung der Kapitalien fortgeht, jemehr die kleinern Schlafmützen untergehen, und die Rosen verschwinden, jemehr macht sich Rothschild, der König der Juden, als der eigentliche Franzosen-König geltend, Cavaignac als sein Adjutant und Marrast als sein Dollmetscher. Aber das Proletariat wächst immer furchtbarer heran unter der Herrschaft dieses Triumvirats, undder Tag seines Sieges naht drohend heran, trotz Cavaignac, trotz Rothschild und Marrast. Paris, 30. Aug. Die meisten Journale haben keine leitenden Artikel. Die Debats und einige andere Blätter tragen wohl sogenannte Premier-Paris an ihrer Spitze, allein es sind bloße Analysen der Sitzung der Nationalversammlung. Der Constitutionnel schweigt gänzlich. — Aus dem Moniteur starren uns abermals 410 Namen Deportirter entgegen. Wir finden darunter folgende Deutsche: 1) Joseph Vogat (17 Jahr alt) Bürstenmacher aus Weissenburg; 2) Nikolaus Scheffer aus Luxemburg; 3) Julius Ludwig Schneider; 4) Joseph Fest; 5) Johann Fink; 6) Adam Johann Ketler aus Danzig; 7) Jakob Köhler aus Oestreich; 8) Joseph Kopp; 9) Emil Petermann; 10) Caspar Rehr aus Bronderdorf an der Mosel; 11) Carl Christoph Heß u. m. Andere mit mehr oder weniger mangelhaften Adressen. — In den Forts unserer Festungswerke wäre es beinahe zu einer Militärrevolte gekommen. Die Nahrungsmittel, vorzüglich das Brod, gaben zur Agitation Veranlassung. Die Insurgenten erhielten kohlschwarzes Brod und die Soldaten verdorbenen Schiffszwieback. Die schlechte Beschaffenheit dieses Nahrungsstoffes rief große Erbitterung hervor. Die Soldaten, ohnedies durch die barbarische Behandlung der Insurgenten gerührt (man sah gestern Abend bei dem neuen Transport große Thränen in die Augen alter Korporale treten), bauten z. B. im Fort Noissy-le-Sec eine Art Barrikaden aus den Bisquitplatten und riefen den Offizieren, die sie an dieser Spielerei hindern wollten, spöttisch zu: wenn Ihr für kein besseres Brod sorgt, so lassen wir die Insurgenten los und dann sollt Ihr sehen etc. Auf diese und ähnliche Berichte hin haben die Herren Senard und La Moriciere den Kriegsgerichten befohlen, ihre Arbeiten möglichst rasch zu vollenden. — Der neue verfeinerte Verfassungsentwurf zählt 19 Artikel weniger als der alte. Das droit au travail ist daraus verschwunden. An der Stelle desselben steht die Freiheit der Arbeit (liberté du travail); der Staat erkennt die Pflicht an, den Hülfsbedürftigen zu unter stützen, geschehe dies durch Almosen oder durch

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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 92. Köln, 2. September 1848, S. 0464. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz092_1848/2>, abgerufen am 29.03.2024.