Neue Rheinische Zeitung. Nr. 74. Köln, 13. August 1848.Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 74. Köln, Sonntag 13. August 1848. Deutschland. 19 Köln, 11. Aug.
In der französischen Nationalversammlung, in den Kammern aller civilisirten Staaten werden die Debatten, auch wenn sie, wie jüngst der Proudhon'sche Antrag, den höchsten Sturm der Leidenschaft hervorrufen, doch immer mit Rücksichten des äußern Anstandes zu Ende geführt. Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt ist auf ein neues sinnreiches Mittel gekommen, um lästige Anträge abzuthun; ihre Spaziergänge auf dem "historischen Rechtsboden" haben sie endlich zu dem gesegneten Gefilde des Faustrechts gelangen lassen. Der "kühne Griff" des edlen Gagern hat sich nach den glücklichen Erstlingsversuchen bei Einsetzung der Centralgewalt und den schamhaften Ansprüchen auf Repräsentationsgelder in neuer Vielseitigkeit als thatkräftiger Konstablergriff bewährt; das Uebergewicht der ritterlichen Majorität ist in einem praktischen Sieg völlig außer Zweifel gesetzt worden, da sie das Danton'sche Geheimniß der revolutionären Taktik: de l'audace, de l'audace et encore de l'audace! in's Westphälische übersetzte. Unsere Leser mögen nach den Vorfällen, mit welchen am 7. und 8. d. die Amnestiefrage zum Abschluß gebracht wurde, über die vielbelobte Würde dieser interessanten parlamentarischen Versammlung selbst urtheilen; wir geben ihnen nichts als die Details, wie wir dieselben in Frankfurt aus eigner Anschauung geschöpft haben. Der Abgeordnete Brentano sagt inmitten seiner Rede für Ertheilung der Amnestie: "Wollen Sie die, welche in Baden die Waffen für die Freiheit ergriffen haben, zurücksetzen gegen einen Prinzen von Preußen?" In diesem Satz liegt nichts Außerordentliches, was nicht in Preußen selbst, auf den Straßen und von Rednerbühnen, seit dem Märzkrawall öffentlich gesagt worden wäre. Die Volksstimme bezeichnete den Prinzen von Preußen als den Urheber des sechszehnstündigen Massacre's in Berlin, und ihre Stimme war damals noch mächtig genug, um den Prinzen in ungewissen Aufträgen nach England reisen zu lassen. Eine Adresse aus Koblenz verlangte zu jener Zeit vom Könige Garantien gegen die Thronfolge des Prinzen von Preußen; man sah den Prinzen als den Hort der Reaktion an, wie denn auch die Reaktion in der schönsten Weise vorangeschritten ist, seit das Uebergangsministerium Camphausen dem Prinzen die Wege nach Deutschland bahnte. Indem also Hr. Brentano den Prinzen von Preußen als Gegensatz den badischen Freischärlern gegenüberstellte, that er nichts, was nicht nach den Lehren der Syntax vollkommen gerechtfertigt wäre. Die Rechte in der Paulskirche besitzt jedoch ihre besonderen Sprachlehren, wie das historische Recht des edlen Lychnowski schon dargethan hat. Es erhob sich auf die Worte Brentano's ein Tumult, der um so entsetzlicher klang, als der gewöhnliche Ordner solcher Scenen, der Ex-Fürst Lychnowsky abwesend war, und die ganze Last den Herren Kerst aus Posen und Ritter Vincke von Hagen auf die Schulter fiel. Selbst Hr. Radowitz, der bisher bloß für den Kopf der Rechten galt, wie Herr Vincke und Lychnowsky für ihre Clakeure, Herr Radowitz, der stets so still wie ein englischer Wollsack saß, und bei den heftigsten Angriffen gegen seine Partei höchstens sein Spitzbärtchen drehte, selbst Herr Radowitz sprang auf, und rannte mit hocherhobenen Händen, ohne diesmal selbst Hrn. Bürgers in seinem schwarzem Frack und weißer Atlasbinde zu beachten, für den er immer ein wohlwollendes aufmunterndes Lächeln besitzt, in den dicksten Haufen der Seinen. Die Rechte hatte in Massen ihre Plätze verlassen und wälzte sich in einem wilden Gewirre gegen die Tribüne. Hier war ihr der wack're Herr Plathner aus Halberstadt zuvorgekommen. Herr Plathner, der sich die Ehre des ersten Angriffs nicht nehmen lassen konnte, war Allen voraus auf die Tribüne gesprungen, wo er den Herrn Brentano am Arm faßte und ihn anschrie: "Sie sind ein H-tt, verlassen Sie die Tribüne!" Bei dem Herannahen der wogenden Hülfstruppen machte Herr Plathner einen zweiten Angriff. Er faßte Herrn Brentano abermals beim Arm und rief mit sehr blütdürstigen Mienen, wie sie kein Mensch an dem landrechtlichen Justizbeamten für möglich gehalten: "Sie sind von mir gefordert . . auf . . auf Pistolen!" Herr Brentano antwortete, Herr Plathner möge ihm diese Einladung draußen zustellen, ihn hier aber nicht weiter angreifen, wenn er nicht wünsche, Ohrfeigen zu erhalten. Die äußerste Linke, als sie das Anstürmen der Rechten sah, verließ gleichfalls die Plätze, drängte sich zur Tribüne und umstellte dieselbe in einem Halbkreis, um den Redner zu schützen. Hier entspann sich zwischen der Linken und Rechten ein babylonisches Wortgefecht, ein Schreien und Toben, daß schon in der nächsten Nähe die Bedeutung dieser unarticulirten Töne verloren ging; die Rechte warf mit Säbel- und Pistolenforderungen umher, geballte Fäuste erhoben sich in die Luft und unter die Nasen der Gegner, und zwischen dem Ritter Vincke und einem Abgeordneten aus der Pfalz fielen jene süßen Schmeichelworte, von denen unser Korrespondent bereits Erwähnung gethan. Wo war während dieses Tumults der Jupiter tonans, der "edle Gagern" mit seinem Glockengeläute und Donnergepolter?" Der Mann mit den künftigen Repräsentationsgeldern war, wie gewöhnlich bei Verhandlungen, in welchen voraussichtlich Sturm zu befürchten steht, nicht anwesend; er hatte am Tage vorher seine Glocke zerschlagen, die schöne Glocke, welche schon beim Vorparlament und Fünfziger-Ausschuß so manchen Sturm beschworen. Böses Omen! Statt seiner präsidirte mit einer neuen helltönenden Glocke und einer alterthümlichen, gießkannenartigen Donnerstimme der ehrenwerthe Soiron. Der Statthalter thronte mit seinem gewöhnlichen Anstand, den er schon als "Fürst von Thoren" bewiesen hat, und wie ihn der Statthalter Sancho auf der Insel Bamataria nicht besser geübt haben kann. Herr Soiron ist in der That der trefflichste Sancho für den sinnreichen Junker Gagern. Aber seine Macht reichte nicht aus; das Geläute der Glocke und der Donner seines Rufes verhallten ungehört in dem immer lauteren, stürmischeren Tumult an der Tribüne, und der Präsident nahm unter dem Jauchzen der Galerien, welches dies Schauspiel begleitete, seinen Hut, und verließ mit den Bureaux die Versammlung, ohne in der eiligen Flucht die Sitzung zu schließen. Herr Brentano stand noch lange Zeit auf der Tribüne, und lange Zeit noch stritten die Kämpfer um ihn herum, und jubelten die Zuschauer droben auf dem Paradies, bis das Bedürfniß des Mittagstisches die Kirche, diesen Schoos der deutschen Einheit allmählig räumte. Dies war die Sitzung vom 7. glorreicher Erinnerung. Am Abend dieses heißen Tages versammelten sich die Preußen in der Socratesloge. Die Preußen, die wohlgesinnten, spezifischen: es nahmen auch Nicht-Preußen Theil, und Preußen wurden abgewiesen. Dem Abgeordneten Schmidt aus Schlesien erklärte man an der Thür, daß zu dieser Versammlung nur Leute zugelassen würden, welche ihre tiefste Entrüstung über den Abgeordneten Brentano kund zu geben wünschten. Schmidt erwiderte, daß er in der Erwartung gekommen sei, man werde wenigstens den Versuch einer ehrenhaften Ausgleichung, zu welchem die Linke die Hand biete, zulassen. Herr Schmidt wurde aber zurückgewiesen, es sollte eine Parteisitzung sein. An dieser Sitzung nahmen der "edle Gagern" und der Schildknappe Soiron Theil. Die Versammlung beschloß einen Ordnungsruf über den Abgeordneten Brentano zu beantragen, welchem Herr Soiron seinen Beifall schenkte. Gleichzeitig hielt auch die Linke Berathung, und beschloß eine Nüge über den thätlichen Angriff der Herren Plathner, Kerst aus Posen und Ritter Vincke auf Brentano, und über die in der Sitzung gefallenen Pistolen- und Säbelforderungen zu beantragen. Als dieser Antrag am andern Morgen vor der Sitzung dem Herrn Soiron übergeben wurde, erklärte derselbe, daß er ihn gar nicht verlesen werde. Grund: weil er es nicht für passend finde. Wunderbare Weisheit, mit welcher die Socratesloge über Nacht das Gehirn des Herrn Soiron erleuchtet hatte! Erst als der Abgeordnete Vogt aus Gießen von "Unterschlagung von Aktenstücken" sprach, fand sich Herr Soiron zu dem Zugeständniß bewogen, daß er den Antrag zwar verlesen, aber weder zur Diskussion noch zur Abstimmung bringen werde. Die Sitzung vom 8. zur Fortsetzung der Debatte beginnt. Der "edle Gagern" hatte auch diesmal die Leitung der Verhandlung von sich abgewiesen, aber er nimmt den Platz des zweiten Präsidenten ein und der Statthalter Soiron präsidirt: gegen keinen von beiden, welche am Abend vorher an einer Parteisitzung sich betheiligt hatten, wo man den ganzen Schlachtplan gegen die Linke entworfen, wo der Ex-Fürst Lichnowsky den Antrag auf Ausschließung des Publikums gestellt, und wo Andere erklärt hatten, man müsse sofort durch den Ruf nach Schluß der Debatte alle Diskussion abschneiden, - gegen Keinen von Beiden wird von der Linken ein Protest erhoben. Herr Soiron verkündet zuerst zwei Anträge der Rechten gegen den Abgeordneten Brentano, und dann, aber erst als die Linke mit lautem Geschrei darauf besteht, auch den Antrag der Linken gegen die Excesse der Rechten. Dann beginnt er eine Erklärung verschämt vom Tisch abzulesen, wonach "in Erwägung daß der Abgeordnete Brentano durch seine gestrige Aeußerung einen deutschen Volksstamm (die Pommern ohne Zweifel) verletzt habe", derselbe zur Ordnung gerufen werden soll. Diese Erklärung wird jedoch nicht zu Ende gelesen. Die Linke unterbricht ihn mit einem tobenden Sturm, woraus man den allgemeinen Ruf nach Diskussion vernimmt; die Gallerien jauchzen und lachen. In dem furchtbarsten Lärm tritt der Abgeordnete Schlöffel an die Tribüne und ruft dem Präsidenten Soiron zu: "Sie waren gestern Abend in einer Parteisitzung, wo Alles abgekartet wurde; Sie sind Partei-Präsident, Sie sind nicht werth diesen Platz einzunehmen!" Der Präsident ruft ihn wüthend zur Ordnung; Schlöffel antwortet: "Ich habe Sie einen Partei-Präsidenten genannt, Ihr Ordnungsruf ist eine Lächerlichkeit!" Unter dem allgemeinsten Toben wird die Sitzung auf eine Stunde ausgesetzt. Liebliches Bild dieser würdevollen Versammlung, welche in Erinnerung an einen alten polnischen Reichstag die Polen ihrer Selbstständigkeit für unwürdig erklärt! Die Abgeordneten wogten in verschiedenen knäuelartigen Verschlingungen durch die Gänge; das Bureau schöpfte draußen Luft und berieth, was zu thun sei. Der Statthalter Soiron erzählte dem Herrn Biedermann aus Leipzig, daß er nachher die Gallerien räumen wolle, und der Professor der schönen Künste bot ihm begeistert seine Hülfe an; Herr Soiron erwiederte ihm indessen barsch, daß dies "nicht so selbstthätig" gemeint gewesen, und daß man nöthigenfalls Bajonette requiriren müsse. Endlich beginnt die Sitzung auf's Neue. Herr Soiron debütirt unter tiefem Schweigen mit den Worten: "M. H., Sie haben meinen Ordnungsruf gehört ...", als ihn ein neues furchtbares Getöse unterbricht. Die Linke erhebt sich in Masse, hundert Arme gestikuliren in der Luft. Man hört durch den allgemeinen Tumult nur einzelne Stimmen: "Sie haben den Ordnungsruf nicht ertheilt! Sie bedienen sich erbärmlicher Kunstgriffe! Wir verlangen Diskussion über den Ordnungsruf! Sie sind nicht fähig zum Präsidenten!" Als einen Augenblick der Lärm schwächer wird, fährt Hr. Soiron fort, daß er den Abgeordneten Brentano allerdings zur Ordnung gerufen habe, eine Diskussion nicht gestatte und die ganze Sache für erledigt erkläre. Diese Worte rufen auf's Neue den tobendsten Sturm in der Versammlung hervor. Von der Linken schreit man: Diskussion! Unser parlamentarisches Recht verlangen wir, die Vertheidigung! Das Bureau des Präsidenten wird von Abgeordneten umlagert, die mit den Händen gegen ihn gestikuliren, und ihm unter Bezug auf die Berathung in der Sokratesloge mit lauter Heftigkeit Parteinahme und Unfähigkeit vorwerfen. Herr Soiron ruft Einen nach dem Andern mit Fußstampfen und Luftfechten zur Ordnung; jeder Ordnungsruf wird mit Halloh und jubelndem Gelächter aus der Versammlung und von den Gallerien begleitet. Unter fortdauerndem Lärm sucht dann der dankbare Gast der Sokratesloge die Beschwerde der Linken hinsichtlich der Thätlichkeiten gegen Brentano zu beseitigen. "Ich muß die Erwartung aussprechen, daß sich solche Auftritte (!) nicht wiederholen. (!) Auch gerechten Zorn (!!) muß man bemeistern. (Heftiger Lärm von der Linken; Zischen und Geschrei von den Tribünen.) Eine Versammlung auf welche ganz Deutschland (?) erwartungsvoll (!) blickt." Di Linke drängt sich wieder stürmisch gegen die Tribüne und ruft durcheinander: "Ich habe um's Wort gebeten! Ich appellire gegen Ihre Parteilichkeit an die Versammlung! Hr. Soiron wischt sich den Schweiß von seiner fettglänzenden Stirn und schreit, ohne seinen "gerechten Zorn" zu bemeistern: "Es giebt keine Appellation an die Versammlung; ich rufe Sie Alle zur Ordnung!" Zuletzt gelingt es dem "edlen Gagern", der bisher in stiller Gemüthsruhe die Ohnmacht seines Statthalters bewundert hat, von der Rednerbühne herab den Lärm in etwas zu beschwichtigen, indem er die Linke auffordert, ihre Anträge gegen den Präsidenten schriftlich einzubringen. Der Tumult erhebt sich indeß alsbald wieder auf's Neue, als Herr Soiron den Abgeordneten Brentano auffordert, seine gestern abgebrochene Rede über die Amnestiefrage zu vollenden, wenn er nicht das Wort an den nächsten Redner geben solle. Die Linke verlangt, daß zuerst die persönliche Angelegenheit in Betreff der gestrigen Exzesse verhandelt werde; der Abgeordnete Brentano besteigt die Tribune und wird von den Gallerien mit stürmischem Jauchzen begrüßt; die Rechte giebt das verabredete Signal und verlangt Entfernung des Publikums. Herr Soiron wirft sein Haupt zurück. "Ich fordere die Ruhestörer auf, sich von den Gallerien zu entfernen." Die Versammlung lacht; auf den Gallerien rührt sich Niemand auf diese Bezeichnung. Herr Soiron wiederholt: "Wenn die Ruhestörer sich nicht entfernen, werde ich die ganze Gallerie räumen lassen!" Vergebene, wohlwollende Warnung, die Schafe von den Böcken zu trennen. Die Gallerien bleiben regungslos wie zuvor, und Herr Soiron fordert nun nicht bloß oben die Gallerien, sondern auch unten die reservirten Tribünen der Damen, des diplomatischen Korps und die Journalisten zur Räumung des Saales auf. Der edle Gagern be- [Fortsetzung] Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. (Fortsetzung.) "Madrid, Du Licht von Spaniens Thalen, In Deinen tausend Feldern strahlen Viel tausend Augen, schwarz und blau. Du weiße Stadt der Serenaden Viel tausend kleine Füße baden Sich Nachts in Deines Prado's Thau!" So sang es einst "der lose Spötter" Alfred de Musset und so hat es unser Freiligrath in's Deutsche hinübergedichtet. Seit ich dies zum ersten Male las, kann ich Madrid nicht nennen hören, ohne an ein paar tausend kleine, weiße Füße zu denken, die durch das grüne, thauige Gras hüpfen, bald sittsam verschwindend, bald lüstern wieder emportauchend und immer reizend verführerisch. Es versteht sich von selbst, daß ich mir einbilde, alle schönen Frauen gingen barfuß in Spanien. In das Land der tausend kleinen Füße, in das Land der spitzen Filzhüte, in das Land der spanischen Fliegen und der spanischen Erdbeeren, kurz, in das Land Spanien muß ich jetzt meine Leser führen, denn schon hat unser Ritter Schnapphahnski Berlin im Rücken, schon hat er Belgien und Frankreich passirt und schon steht er auf den Pyrenäen, um hinunterzuscharwenzeln in das Reich, wo jetzt der unschuldige König Paquo herrscht, der Niemanden etwas zu Leide thut, am wenigsten seiner - Frau. Man reist nicht billiger und nicht schneller als in Gedanken. Ohne Kostenaufwand und ohne Zeitverlust habe ich meine Leser nach Spanien gebracht. Meine Leser sind mir für diese rasche Beförderung aufrichtigen Dank schuldig. Wie würden sie sich gelangweilt haben, wenn sie von deutschen Eisenbahnen auf die französischen Postwägen und dann von den französischen Postwägen auf die spanischen Maulesel gekommen wären - ja, meine Leser würden auf den Hund gekommen sein, wenn ich sie nicht vermöge meiner unendlichen Geschicklichkeit auf den Flügeln des Gedankens hinübergewiegt hätte in das Reich, wo außer Paquo auch jetzt die unschuldige Königin Isabella herrscht, die sich über Niemanden zu beklagen hat, ausgenommen über ihren Mann. Paquo und Isabella, Isabella und Paquo, sie waren noch kein seliges Paar, als unser Schnapphahnski seine Reise antrat. Die unschuldige Isabella hatte damals den Hrn. Paquo noch nicht von seiner schwachen Seite her kennen gelernt; sie meinte nicht anders, als daß sie eben so glücklich sein würde wie ihre Mutter, die Frau Munoz, die wirklich mit allen Ehren zu ihren neun Kindern gekommen ist - arme Isabella! armer Paquo! Sie saßen noch nicht auf dem Throne, denn noch ras'te der grause Don Carlos, der bleiche Aristokrat mit dem grimmigen Schnurrbart, durch Wälder und Auen, ein unerbittlicher Jäger auf der großen altspanischen Kronjagd. Don Carlos führte Krieg; er brauchte daher Soldaten. Konnte ihm etwas erwünschter sein, als daß sich eines Morgens schön wie ein Engel und keck wie der Teufel, im schwarzen Frack und in weißer Weste, und duftend nach allen Wohlgerüchen der Levante: Se. Hochgeboren der Ritter Schnapphahnski bei ihm präsentirte, um seine Dienste anzubieten? Don Carlos strich seinen grimmigen Schnurrbart und besah den deutschen Lanzknecht von oben bis unten. Der Ritter sah zwar aus, als ob er eben vom Friseur käme, aber: Kanonenfutter! Kanonenfutter! dachte der Spanier und es versteht sich von selbst, daß er Sr. Hochgeboren auch nicht das geringste Hinderniß in den Weg legte, sich bei der nächsten Bataille vor den Kopf schießen zu lassen. Deutsche Lanzknechte waren tapfer zu allen Zeiten. Dieselben großen Lümmel, die zu Hause in Filzschuhen, in gestrickten Kamisölern und in baumwollenen Nachtmützen faul wie altgewordene Hunde und feige wie weibliche Hasen hinter den Oefen oder auf den Wirthshausbänken herumlungerten, sie haben sich im Auslande, für fremde Fürsten stets mit einer Gewissenhaftigkeit und mit einer Ausdauer geprügelt, die wirklich alle Gränzen übersteigt. Wer daheim ein Kaninchen war, er wurde draußen ein Tiger; die Träumer verwandelten sich in Raufbolde; die blonden, sentimentalen Schlingel: in Todtschläger; die sanften blassen Heinriche und Gottfriede in donnerwetternde Generäle und Feldwebel, die ihre Feinde so gemüthlich um's Leben brachten, wie sie seiner Zeit Korn mähten oder Spargel stachen. Auf allen Schlachtfeldern aller Jahrhunderte haben sich Deutsche für ihren pünktlich ausbezahlten Sold auch pünktlich todtschlagen lassen. Mit ihren frommen, blauen Augen schauten sie so gutmüthig in die kohlschwarzen Schlünde der Kanonen, als sollten ihnen gebratene Tauben statt kopfdicker Kugeln daraus entgegenfliegen und wenn sie die Gewehre umdrehten und mit den Kolben dreinfegten, da schnitten sie keine schlimmern Grimassen als unsere Dorfschulmeister in Hessen oder in Nassau, wenn sie den Bauernjungens das Ein-mal-eins, oder das Christenthum einbläuen. Gott weiß, wie Schnapphahnski sich in Spanien benahm! Da wir aber im Laufe unserer Erzählung in jedem Punkte streng bei der Wahrheit geblieben sind, so wollen wir auch hier gestehen, daß derselbe Mund, der die Abenteuer in Schlesien, Troppau und in Berlin erzählte, uns in Betreff der spanischen Fahrten die Versicherung gab, daß der edle Ritter, wider alles Erwarten, als sehr ritterlicher Lanzrecht dabei erschienen sei und den Ruhm unserer Tapferkeit im Auslande nicht im Geringsten in Frage gestellt habe. Mit dieser einfachen Erklärung mußten wir aber auch zufrieden sein, denn alle Details über die spanischen Erlebnisse unseres Ritters fehlen; zwischen Troppau und Spanien liegen die Pyrenäen und wohlmeinende Freunde unseres Helden waren nicht mehr im Stande, dem braunen Freiwilligen aus O. in Schlesien auf Schritt und Tritt zu folgen. Deutlicher wird erst die Historie des Ritters: "Als Don Carlos fliehen mußte Mit der ganzen Tafelrunde, Und die meisten Paladine Nach honettem Handwerk griffen -" mit einem Worte, als der Krieg wieder zu Ende war und unser Odüsseus sich nach seiner Ballettänzerin zurücksehnte, die nach der Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 74. Köln, Sonntag 13. August 1848. Deutschland. 19 Köln, 11. Aug.
In der französischen Nationalversammlung, in den Kammern aller civilisirten Staaten werden die Debatten, auch wenn sie, wie jüngst der Proudhon'sche Antrag, den höchsten Sturm der Leidenschaft hervorrufen, doch immer mit Rücksichten des äußern Anstandes zu Ende geführt. Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt ist auf ein neues sinnreiches Mittel gekommen, um lästige Anträge abzuthun; ihre Spaziergänge auf dem „historischen Rechtsboden“ haben sie endlich zu dem gesegneten Gefilde des Faustrechts gelangen lassen. Der „kühne Griff“ des edlen Gagern hat sich nach den glücklichen Erstlingsversuchen bei Einsetzung der Centralgewalt und den schamhaften Ansprüchen auf Repräsentationsgelder in neuer Vielseitigkeit als thatkräftiger Konstablergriff bewährt; das Uebergewicht der ritterlichen Majorität ist in einem praktischen Sieg völlig außer Zweifel gesetzt worden, da sie das Danton'sche Geheimniß der revolutionären Taktik: de l'audace, de l'audace et encore de l'audace! in's Westphälische übersetzte. Unsere Leser mögen nach den Vorfällen, mit welchen am 7. und 8. d. die Amnestiefrage zum Abschluß gebracht wurde, über die vielbelobte Würde dieser interessanten parlamentarischen Versammlung selbst urtheilen; wir geben ihnen nichts als die Details, wie wir dieselben in Frankfurt aus eigner Anschauung geschöpft haben. Der Abgeordnete Brentano sagt inmitten seiner Rede für Ertheilung der Amnestie: „Wollen Sie die, welche in Baden die Waffen für die Freiheit ergriffen haben, zurücksetzen gegen einen Prinzen von Preußen?“ In diesem Satz liegt nichts Außerordentliches, was nicht in Preußen selbst, auf den Straßen und von Rednerbühnen, seit dem Märzkrawall öffentlich gesagt worden wäre. Die Volksstimme bezeichnete den Prinzen von Preußen als den Urheber des sechszehnstündigen Massacre's in Berlin, und ihre Stimme war damals noch mächtig genug, um den Prinzen in ungewissen Aufträgen nach England reisen zu lassen. Eine Adresse aus Koblenz verlangte zu jener Zeit vom Könige Garantien gegen die Thronfolge des Prinzen von Preußen; man sah den Prinzen als den Hort der Reaktion an, wie denn auch die Reaktion in der schönsten Weise vorangeschritten ist, seit das Uebergangsministerium Camphausen dem Prinzen die Wege nach Deutschland bahnte. Indem also Hr. Brentano den Prinzen von Preußen als Gegensatz den badischen Freischärlern gegenüberstellte, that er nichts, was nicht nach den Lehren der Syntax vollkommen gerechtfertigt wäre. Die Rechte in der Paulskirche besitzt jedoch ihre besonderen Sprachlehren, wie das historische Recht des edlen Lychnowski schon dargethan hat. Es erhob sich auf die Worte Brentano's ein Tumult, der um so entsetzlicher klang, als der gewöhnliche Ordner solcher Scenen, der Ex-Fürst Lychnowsky abwesend war, und die ganze Last den Herren Kerst aus Posen und Ritter Vincke von Hagen auf die Schulter fiel. Selbst Hr. Radowitz, der bisher bloß für den Kopf der Rechten galt, wie Herr Vincke und Lychnowsky für ihre Clakeure, Herr Radowitz, der stets so still wie ein englischer Wollsack saß, und bei den heftigsten Angriffen gegen seine Partei höchstens sein Spitzbärtchen drehte, selbst Herr Radowitz sprang auf, und rannte mit hocherhobenen Händen, ohne diesmal selbst Hrn. Bürgers in seinem schwarzem Frack und weißer Atlasbinde zu beachten, für den er immer ein wohlwollendes aufmunterndes Lächeln besitzt, in den dicksten Haufen der Seinen. Die Rechte hatte in Massen ihre Plätze verlassen und wälzte sich in einem wilden Gewirre gegen die Tribüne. Hier war ihr der wack're Herr Plathner aus Halberstadt zuvorgekommen. Herr Plathner, der sich die Ehre des ersten Angriffs nicht nehmen lassen konnte, war Allen voraus auf die Tribüne gesprungen, wo er den Herrn Brentano am Arm faßte und ihn anschrie: „Sie sind ein H-tt, verlassen Sie die Tribüne!“ Bei dem Herannahen der wogenden Hülfstruppen machte Herr Plathner einen zweiten Angriff. Er faßte Herrn Brentano abermals beim Arm und rief mit sehr blütdürstigen Mienen, wie sie kein Mensch an dem landrechtlichen Justizbeamten für möglich gehalten: „Sie sind von mir gefordert . . auf . . auf Pistolen!“ Herr Brentano antwortete, Herr Plathner möge ihm diese Einladung draußen zustellen, ihn hier aber nicht weiter angreifen, wenn er nicht wünsche, Ohrfeigen zu erhalten. Die äußerste Linke, als sie das Anstürmen der Rechten sah, verließ gleichfalls die Plätze, drängte sich zur Tribüne und umstellte dieselbe in einem Halbkreis, um den Redner zu schützen. Hier entspann sich zwischen der Linken und Rechten ein babylonisches Wortgefecht, ein Schreien und Toben, daß schon in der nächsten Nähe die Bedeutung dieser unarticulirten Töne verloren ging; die Rechte warf mit Säbel- und Pistolenforderungen umher, geballte Fäuste erhoben sich in die Luft und unter die Nasen der Gegner, und zwischen dem Ritter Vincke und einem Abgeordneten aus der Pfalz fielen jene süßen Schmeichelworte, von denen unser Korrespondent bereits Erwähnung gethan. Wo war während dieses Tumults der Jupiter tonans, der „edle Gagern“ mit seinem Glockengeläute und Donnergepolter?“ Der Mann mit den künftigen Repräsentationsgeldern war, wie gewöhnlich bei Verhandlungen, in welchen voraussichtlich Sturm zu befürchten steht, nicht anwesend; er hatte am Tage vorher seine Glocke zerschlagen, die schöne Glocke, welche schon beim Vorparlament und Fünfziger-Ausschuß so manchen Sturm beschworen. Böses Omen! Statt seiner präsidirte mit einer neuen helltönenden Glocke und einer alterthümlichen, gießkannenartigen Donnerstimme der ehrenwerthe Soiron. Der Statthalter thronte mit seinem gewöhnlichen Anstand, den er schon als „Fürst von Thoren“ bewiesen hat, und wie ihn der Statthalter Sancho auf der Insel Bamataria nicht besser geübt haben kann. Herr Soiron ist in der That der trefflichste Sancho für den sinnreichen Junker Gagern. Aber seine Macht reichte nicht aus; das Geläute der Glocke und der Donner seines Rufes verhallten ungehört in dem immer lauteren, stürmischeren Tumult an der Tribüne, und der Präsident nahm unter dem Jauchzen der Galerien, welches dies Schauspiel begleitete, seinen Hut, und verließ mit den Bureaux die Versammlung, ohne in der eiligen Flucht die Sitzung zu schließen. Herr Brentano stand noch lange Zeit auf der Tribüne, und lange Zeit noch stritten die Kämpfer um ihn herum, und jubelten die Zuschauer droben auf dem Paradies, bis das Bedürfniß des Mittagstisches die Kirche, diesen Schoos der deutschen Einheit allmählig räumte. Dies war die Sitzung vom 7. glorreicher Erinnerung. Am Abend dieses heißen Tages versammelten sich die Preußen in der Socratesloge. Die Preußen, die wohlgesinnten, spezifischen: es nahmen auch Nicht-Preußen Theil, und Preußen wurden abgewiesen. Dem Abgeordneten Schmidt aus Schlesien erklärte man an der Thür, daß zu dieser Versammlung nur Leute zugelassen würden, welche ihre tiefste Entrüstung über den Abgeordneten Brentano kund zu geben wünschten. Schmidt erwiderte, daß er in der Erwartung gekommen sei, man werde wenigstens den Versuch einer ehrenhaften Ausgleichung, zu welchem die Linke die Hand biete, zulassen. Herr Schmidt wurde aber zurückgewiesen, es sollte eine Parteisitzung sein. An dieser Sitzung nahmen der „edle Gagern“ und der Schildknappe Soiron Theil. Die Versammlung beschloß einen Ordnungsruf über den Abgeordneten Brentano zu beantragen, welchem Herr Soiron seinen Beifall schenkte. Gleichzeitig hielt auch die Linke Berathung, und beschloß eine Nüge über den thätlichen Angriff der Herren Plathner, Kerst aus Posen und Ritter Vincke auf Brentano, und über die in der Sitzung gefallenen Pistolen- und Säbelforderungen zu beantragen. Als dieser Antrag am andern Morgen vor der Sitzung dem Herrn Soiron übergeben wurde, erklärte derselbe, daß er ihn gar nicht verlesen werde. Grund: weil er es nicht für passend finde. Wunderbare Weisheit, mit welcher die Socratesloge über Nacht das Gehirn des Herrn Soiron erleuchtet hatte! Erst als der Abgeordnete Vogt aus Gießen von „Unterschlagung von Aktenstücken“ sprach, fand sich Herr Soiron zu dem Zugeständniß bewogen, daß er den Antrag zwar verlesen, aber weder zur Diskussion noch zur Abstimmung bringen werde. Die Sitzung vom 8. zur Fortsetzung der Debatte beginnt. Der „edle Gagern“ hatte auch diesmal die Leitung der Verhandlung von sich abgewiesen, aber er nimmt den Platz des zweiten Präsidenten ein und der Statthalter Soiron präsidirt: gegen keinen von beiden, welche am Abend vorher an einer Parteisitzung sich betheiligt hatten, wo man den ganzen Schlachtplan gegen die Linke entworfen, wo der Ex-Fürst Lichnowsky den Antrag auf Ausschließung des Publikums gestellt, und wo Andere erklärt hatten, man müsse sofort durch den Ruf nach Schluß der Debatte alle Diskussion abschneiden, ‒ gegen Keinen von Beiden wird von der Linken ein Protest erhoben. Herr Soiron verkündet zuerst zwei Anträge der Rechten gegen den Abgeordneten Brentano, und dann, aber erst als die Linke mit lautem Geschrei darauf besteht, auch den Antrag der Linken gegen die Excesse der Rechten. Dann beginnt er eine Erklärung verschämt vom Tisch abzulesen, wonach „in Erwägung daß der Abgeordnete Brentano durch seine gestrige Aeußerung einen deutschen Volksstamm (die Pommern ohne Zweifel) verletzt habe“, derselbe zur Ordnung gerufen werden soll. Diese Erklärung wird jedoch nicht zu Ende gelesen. Die Linke unterbricht ihn mit einem tobenden Sturm, woraus man den allgemeinen Ruf nach Diskussion vernimmt; die Gallerien jauchzen und lachen. In dem furchtbarsten Lärm tritt der Abgeordnete Schlöffel an die Tribüne und ruft dem Präsidenten Soiron zu: „Sie waren gestern Abend in einer Parteisitzung, wo Alles abgekartet wurde; Sie sind Partei-Präsident, Sie sind nicht werth diesen Platz einzunehmen!“ Der Präsident ruft ihn wüthend zur Ordnung; Schlöffel antwortet: „Ich habe Sie einen Partei-Präsidenten genannt, Ihr Ordnungsruf ist eine Lächerlichkeit!“ Unter dem allgemeinsten Toben wird die Sitzung auf eine Stunde ausgesetzt. Liebliches Bild dieser würdevollen Versammlung, welche in Erinnerung an einen alten polnischen Reichstag die Polen ihrer Selbstständigkeit für unwürdig erklärt! Die Abgeordneten wogten in verschiedenen knäuelartigen Verschlingungen durch die Gänge; das Bureau schöpfte draußen Luft und berieth, was zu thun sei. Der Statthalter Soiron erzählte dem Herrn Biedermann aus Leipzig, daß er nachher die Gallerien räumen wolle, und der Professor der schönen Künste bot ihm begeistert seine Hülfe an; Herr Soiron erwiederte ihm indessen barsch, daß dies „nicht so selbstthätig“ gemeint gewesen, und daß man nöthigenfalls Bajonette requiriren müsse. Endlich beginnt die Sitzung auf's Neue. Herr Soiron debütirt unter tiefem Schweigen mit den Worten: „M. H., Sie haben meinen Ordnungsruf gehört …“, als ihn ein neues furchtbares Getöse unterbricht. Die Linke erhebt sich in Masse, hundert Arme gestikuliren in der Luft. Man hört durch den allgemeinen Tumult nur einzelne Stimmen: „Sie haben den Ordnungsruf nicht ertheilt! Sie bedienen sich erbärmlicher Kunstgriffe! Wir verlangen Diskussion über den Ordnungsruf! Sie sind nicht fähig zum Präsidenten!“ Als einen Augenblick der Lärm schwächer wird, fährt Hr. Soiron fort, daß er den Abgeordneten Brentano allerdings zur Ordnung gerufen habe, eine Diskussion nicht gestatte und die ganze Sache für erledigt erkläre. Diese Worte rufen auf's Neue den tobendsten Sturm in der Versammlung hervor. Von der Linken schreit man: Diskussion! Unser parlamentarisches Recht verlangen wir, die Vertheidigung! Das Bureau des Präsidenten wird von Abgeordneten umlagert, die mit den Händen gegen ihn gestikuliren, und ihm unter Bezug auf die Berathung in der Sokratesloge mit lauter Heftigkeit Parteinahme und Unfähigkeit vorwerfen. Herr Soiron ruft Einen nach dem Andern mit Fußstampfen und Luftfechten zur Ordnung; jeder Ordnungsruf wird mit Halloh und jubelndem Gelächter aus der Versammlung und von den Gallerien begleitet. Unter fortdauerndem Lärm sucht dann der dankbare Gast der Sokratesloge die Beschwerde der Linken hinsichtlich der Thätlichkeiten gegen Brentano zu beseitigen. „Ich muß die Erwartung aussprechen, daß sich solche Auftritte (!) nicht wiederholen. (!) Auch gerechten Zorn (!!) muß man bemeistern. (Heftiger Lärm von der Linken; Zischen und Geschrei von den Tribünen.) Eine Versammlung auf welche ganz Deutschland (?) erwartungsvoll (!) blickt.“ Di Linke drängt sich wieder stürmisch gegen die Tribüne und ruft durcheinander: „Ich habe um's Wort gebeten! Ich appellire gegen Ihre Parteilichkeit an die Versammlung! Hr. Soiron wischt sich den Schweiß von seiner fettglänzenden Stirn und schreit, ohne seinen „gerechten Zorn“ zu bemeistern: „Es giebt keine Appellation an die Versammlung; ich rufe Sie Alle zur Ordnung!“ Zuletzt gelingt es dem „edlen Gagern“, der bisher in stiller Gemüthsruhe die Ohnmacht seines Statthalters bewundert hat, von der Rednerbühne herab den Lärm in etwas zu beschwichtigen, indem er die Linke auffordert, ihre Anträge gegen den Präsidenten schriftlich einzubringen. Der Tumult erhebt sich indeß alsbald wieder auf's Neue, als Herr Soiron den Abgeordneten Brentano auffordert, seine gestern abgebrochene Rede über die Amnestiefrage zu vollenden, wenn er nicht das Wort an den nächsten Redner geben solle. Die Linke verlangt, daß zuerst die persönliche Angelegenheit in Betreff der gestrigen Exzesse verhandelt werde; der Abgeordnete Brentano besteigt die Tribune und wird von den Gallerien mit stürmischem Jauchzen begrüßt; die Rechte giebt das verabredete Signal und verlangt Entfernung des Publikums. Herr Soiron wirft sein Haupt zurück. „Ich fordere die Ruhestörer auf, sich von den Gallerien zu entfernen.“ Die Versammlung lacht; auf den Gallerien rührt sich Niemand auf diese Bezeichnung. Herr Soiron wiederholt: „Wenn die Ruhestörer sich nicht entfernen, werde ich die ganze Gallerie räumen lassen!“ Vergebene, wohlwollende Warnung, die Schafe von den Böcken zu trennen. Die Gallerien bleiben regungslos wie zuvor, und Herr Soiron fordert nun nicht bloß oben die Gallerien, sondern auch unten die reservirten Tribünen der Damen, des diplomatischen Korps und die Journalisten zur Räumung des Saales auf. Der edle Gagern be- [Fortsetzung] Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. (Fortsetzung.) „Madrid, Du Licht von Spaniens Thalen, In Deinen tausend Feldern strahlen Viel tausend Augen, schwarz und blau. Du weiße Stadt der Serenaden Viel tausend kleine Füße baden Sich Nachts in Deines Prado's Thau!“ So sang es einst „der lose Spötter“ Alfred de Musset und so hat es unser Freiligrath in's Deutsche hinübergedichtet. Seit ich dies zum ersten Male las, kann ich Madrid nicht nennen hören, ohne an ein paar tausend kleine, weiße Füße zu denken, die durch das grüne, thauige Gras hüpfen, bald sittsam verschwindend, bald lüstern wieder emportauchend und immer reizend verführerisch. Es versteht sich von selbst, daß ich mir einbilde, alle schönen Frauen gingen barfuß in Spanien. In das Land der tausend kleinen Füße, in das Land der spitzen Filzhüte, in das Land der spanischen Fliegen und der spanischen Erdbeeren, kurz, in das Land Spanien muß ich jetzt meine Leser führen, denn schon hat unser Ritter Schnapphahnski Berlin im Rücken, schon hat er Belgien und Frankreich passirt und schon steht er auf den Pyrenäen, um hinunterzuscharwenzeln in das Reich, wo jetzt der unschuldige König Paquo herrscht, der Niemanden etwas zu Leide thut, am wenigsten seiner ‒ Frau. Man reist nicht billiger und nicht schneller als in Gedanken. Ohne Kostenaufwand und ohne Zeitverlust habe ich meine Leser nach Spanien gebracht. Meine Leser sind mir für diese rasche Beförderung aufrichtigen Dank schuldig. Wie würden sie sich gelangweilt haben, wenn sie von deutschen Eisenbahnen auf die französischen Postwägen und dann von den französischen Postwägen auf die spanischen Maulesel gekommen wären ‒ ja, meine Leser würden auf den Hund gekommen sein, wenn ich sie nicht vermöge meiner unendlichen Geschicklichkeit auf den Flügeln des Gedankens hinübergewiegt hätte in das Reich, wo außer Paquo auch jetzt die unschuldige Königin Isabella herrscht, die sich über Niemanden zu beklagen hat, ausgenommen über ihren Mann. Paquo und Isabella, Isabella und Paquo, sie waren noch kein seliges Paar, als unser Schnapphahnski seine Reise antrat. Die unschuldige Isabella hatte damals den Hrn. Paquo noch nicht von seiner schwachen Seite her kennen gelernt; sie meinte nicht anders, als daß sie eben so glücklich sein würde wie ihre Mutter, die Frau Munoz, die wirklich mit allen Ehren zu ihren neun Kindern gekommen ist ‒ arme Isabella! armer Paquo! Sie saßen noch nicht auf dem Throne, denn noch ras'te der grause Don Carlos, der bleiche Aristokrat mit dem grimmigen Schnurrbart, durch Wälder und Auen, ein unerbittlicher Jäger auf der großen altspanischen Kronjagd. Don Carlos führte Krieg; er brauchte daher Soldaten. Konnte ihm etwas erwünschter sein, als daß sich eines Morgens schön wie ein Engel und keck wie der Teufel, im schwarzen Frack und in weißer Weste, und duftend nach allen Wohlgerüchen der Levante: Se. Hochgeboren der Ritter Schnapphahnski bei ihm präsentirte, um seine Dienste anzubieten? Don Carlos strich seinen grimmigen Schnurrbart und besah den deutschen Lanzknecht von oben bis unten. Der Ritter sah zwar aus, als ob er eben vom Friseur käme, aber: Kanonenfutter! Kanonenfutter! dachte der Spanier und es versteht sich von selbst, daß er Sr. Hochgeboren auch nicht das geringste Hinderniß in den Weg legte, sich bei der nächsten Bataille vor den Kopf schießen zu lassen. Deutsche Lanzknechte waren tapfer zu allen Zeiten. Dieselben großen Lümmel, die zu Hause in Filzschuhen, in gestrickten Kamisölern und in baumwollenen Nachtmützen faul wie altgewordene Hunde und feige wie weibliche Hasen hinter den Oefen oder auf den Wirthshausbänken herumlungerten, sie haben sich im Auslande, für fremde Fürsten stets mit einer Gewissenhaftigkeit und mit einer Ausdauer geprügelt, die wirklich alle Gränzen übersteigt. Wer daheim ein Kaninchen war, er wurde draußen ein Tiger; die Träumer verwandelten sich in Raufbolde; die blonden, sentimentalen Schlingel: in Todtschläger; die sanften blassen Heinriche und Gottfriede in donnerwetternde Generäle und Feldwebel, die ihre Feinde so gemüthlich um's Leben brachten, wie sie seiner Zeit Korn mähten oder Spargel stachen. Auf allen Schlachtfeldern aller Jahrhunderte haben sich Deutsche für ihren pünktlich ausbezahlten Sold auch pünktlich todtschlagen lassen. Mit ihren frommen, blauen Augen schauten sie so gutmüthig in die kohlschwarzen Schlünde der Kanonen, als sollten ihnen gebratene Tauben statt kopfdicker Kugeln daraus entgegenfliegen und wenn sie die Gewehre umdrehten und mit den Kolben dreinfegten, da schnitten sie keine schlimmern Grimassen als unsere Dorfschulmeister in Hessen oder in Nassau, wenn sie den Bauernjungens das Ein-mal-eins, oder das Christenthum einbläuen. Gott weiß, wie Schnapphahnski sich in Spanien benahm! Da wir aber im Laufe unserer Erzählung in jedem Punkte streng bei der Wahrheit geblieben sind, so wollen wir auch hier gestehen, daß derselbe Mund, der die Abenteuer in Schlesien, Troppau und in Berlin erzählte, uns in Betreff der spanischen Fahrten die Versicherung gab, daß der edle Ritter, wider alles Erwarten, als sehr ritterlicher Lanzrecht dabei erschienen sei und den Ruhm unserer Tapferkeit im Auslande nicht im Geringsten in Frage gestellt habe. Mit dieser einfachen Erklärung mußten wir aber auch zufrieden sein, denn alle Details über die spanischen Erlebnisse unseres Ritters fehlen; zwischen Troppau und Spanien liegen die Pyrenäen und wohlmeinende Freunde unseres Helden waren nicht mehr im Stande, dem braunen Freiwilligen aus O. in Schlesien auf Schritt und Tritt zu folgen. Deutlicher wird erst die Historie des Ritters: „Als Don Carlos fliehen mußte Mit der ganzen Tafelrunde, Und die meisten Paladine Nach honettem Handwerk griffen ‒“ mit einem Worte, als der Krieg wieder zu Ende war und unser Odüsseus sich nach seiner Ballettänzerin zurücksehnte, die nach der <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0375"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 74. Köln, Sonntag 13. 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Der „kühne Griff“ des edlen Gagern hat sich nach den glücklichen Erstlingsversuchen bei Einsetzung der Centralgewalt und den schamhaften Ansprüchen auf Repräsentationsgelder in neuer Vielseitigkeit als thatkräftiger Konstablergriff bewährt; das Uebergewicht der ritterlichen Majorität ist in einem praktischen Sieg völlig außer Zweifel gesetzt worden, da sie das Danton'sche Geheimniß der revolutionären Taktik: de l'audace, de l'audace et encore de l'audace! in's Westphälische übersetzte. Unsere Leser mögen nach den Vorfällen, mit welchen am 7. und 8. d. die Amnestiefrage zum Abschluß gebracht wurde, über die vielbelobte Würde dieser interessanten parlamentarischen Versammlung selbst urtheilen; wir geben ihnen nichts als die Details, wie wir dieselben in Frankfurt aus eigner Anschauung geschöpft haben.</p> <p>Der Abgeordnete Brentano sagt inmitten seiner Rede für Ertheilung der Amnestie: „Wollen Sie die, welche in Baden die Waffen für die Freiheit ergriffen haben, zurücksetzen gegen einen Prinzen von Preußen?“</p> <p>In diesem Satz liegt nichts Außerordentliches, was nicht in Preußen selbst, auf den Straßen und von Rednerbühnen, seit dem Märzkrawall öffentlich gesagt worden wäre. Die Volksstimme bezeichnete den Prinzen von Preußen als den Urheber des sechszehnstündigen Massacre's in Berlin, und ihre Stimme war damals noch mächtig genug, um den Prinzen in ungewissen Aufträgen nach England reisen zu lassen. Eine Adresse aus Koblenz verlangte zu jener Zeit vom Könige <hi rendition="#g">Garantien gegen die Thronfolge des Prinzen von Preußen;</hi> man sah den Prinzen als den Hort der Reaktion an, wie denn auch die Reaktion in der schönsten Weise vorangeschritten ist, seit das Uebergangsministerium Camphausen dem Prinzen die Wege nach Deutschland bahnte. Indem also Hr. Brentano den Prinzen von Preußen als Gegensatz den badischen Freischärlern gegenüberstellte, that er nichts, was nicht nach den Lehren der Syntax vollkommen gerechtfertigt wäre.</p> <p>Die Rechte in der Paulskirche besitzt jedoch ihre besonderen Sprachlehren, wie das historische Recht des edlen Lychnowski schon dargethan hat. Es erhob sich auf die Worte Brentano's ein Tumult, der um so entsetzlicher klang, als der gewöhnliche Ordner solcher Scenen, der Ex-Fürst Lychnowsky abwesend war, und die ganze Last den Herren Kerst aus Posen und Ritter Vincke von Hagen auf die Schulter fiel. Selbst Hr. Radowitz, der bisher bloß für den Kopf der Rechten galt, wie Herr Vincke und Lychnowsky für ihre Clakeure, Herr Radowitz, der stets so still wie ein englischer Wollsack saß, und bei den heftigsten Angriffen gegen seine Partei höchstens sein Spitzbärtchen drehte, selbst Herr Radowitz sprang auf, und rannte mit hocherhobenen Händen, ohne diesmal selbst Hrn. Bürgers in seinem schwarzem Frack und weißer Atlasbinde zu beachten, für den er immer ein wohlwollendes aufmunterndes Lächeln besitzt, in den dicksten Haufen der Seinen. Die Rechte hatte in Massen ihre Plätze verlassen und wälzte sich in einem wilden Gewirre gegen die Tribüne.</p> <p>Hier war ihr der wack're Herr Plathner aus Halberstadt zuvorgekommen. Herr Plathner, der sich die Ehre des ersten Angriffs nicht nehmen lassen konnte, war Allen voraus auf die Tribüne gesprungen, wo er den Herrn Brentano am Arm faßte und ihn anschrie: „Sie sind ein H-tt, verlassen Sie die Tribüne!“ Bei dem Herannahen der wogenden Hülfstruppen machte Herr Plathner einen zweiten Angriff. Er faßte Herrn Brentano abermals beim Arm und rief mit sehr blütdürstigen Mienen, wie sie kein Mensch an dem landrechtlichen Justizbeamten für möglich gehalten: „Sie sind von mir gefordert . . auf . . auf Pistolen!“ Herr Brentano antwortete, Herr Plathner möge ihm diese Einladung draußen zustellen, ihn hier aber nicht weiter angreifen, wenn er nicht wünsche, Ohrfeigen zu erhalten.</p> <p>Die äußerste Linke, als sie das Anstürmen der Rechten sah, verließ gleichfalls die Plätze, drängte sich zur Tribüne und umstellte dieselbe in einem Halbkreis, um den Redner zu schützen. Hier entspann sich zwischen der Linken und Rechten ein babylonisches Wortgefecht, ein Schreien und Toben, daß schon in der nächsten Nähe die Bedeutung dieser unarticulirten Töne verloren ging; die Rechte warf mit Säbel- und Pistolenforderungen umher, geballte Fäuste erhoben sich in die Luft und unter die Nasen der Gegner, und zwischen dem Ritter Vincke und einem Abgeordneten aus der Pfalz fielen jene süßen Schmeichelworte, von denen unser Korrespondent bereits Erwähnung gethan.</p> <p>Wo war während dieses Tumults der Jupiter tonans, der „edle Gagern“ mit seinem Glockengeläute und Donnergepolter?“ Der Mann mit den künftigen Repräsentationsgeldern war, wie gewöhnlich bei Verhandlungen, in welchen voraussichtlich Sturm zu befürchten steht, nicht anwesend; er hatte am Tage vorher seine Glocke zerschlagen, die schöne Glocke, welche schon beim Vorparlament und Fünfziger-Ausschuß so manchen Sturm beschworen. Böses Omen! Statt seiner präsidirte mit einer neuen helltönenden Glocke und einer alterthümlichen, gießkannenartigen Donnerstimme der ehrenwerthe Soiron. Der Statthalter thronte mit seinem gewöhnlichen Anstand, den er schon als „Fürst von Thoren“ bewiesen hat, und wie ihn der Statthalter Sancho auf der Insel Bamataria nicht besser geübt haben kann. Herr Soiron ist in der That der trefflichste Sancho für den sinnreichen Junker Gagern. Aber seine Macht reichte nicht aus; das Geläute der Glocke und der Donner seines Rufes verhallten ungehört in dem immer lauteren, stürmischeren Tumult an der Tribüne, und der Präsident nahm unter dem Jauchzen der Galerien, welches dies Schauspiel begleitete, seinen Hut, und verließ mit den Bureaux die Versammlung, ohne in der eiligen Flucht die Sitzung zu schließen. Herr Brentano stand noch lange Zeit auf der Tribüne, und lange Zeit noch stritten die Kämpfer um ihn herum, und jubelten die Zuschauer droben auf dem Paradies, bis das Bedürfniß des Mittagstisches die Kirche, diesen Schoos der deutschen Einheit allmählig räumte.</p> <p>Dies war die Sitzung vom 7. glorreicher Erinnerung.</p> <p>Am Abend dieses heißen Tages versammelten sich die Preußen in der Socratesloge. Die Preußen, die wohlgesinnten, spezifischen: es nahmen auch Nicht-Preußen Theil, und Preußen wurden abgewiesen. Dem Abgeordneten Schmidt aus Schlesien erklärte man an der Thür, daß zu dieser Versammlung nur Leute zugelassen würden, welche ihre tiefste Entrüstung über den Abgeordneten Brentano kund zu geben wünschten. Schmidt erwiderte, daß er in der Erwartung gekommen sei, man werde wenigstens den Versuch einer ehrenhaften Ausgleichung, zu welchem die Linke die Hand biete, zulassen. Herr Schmidt wurde aber zurückgewiesen, es sollte eine Parteisitzung sein.</p> <p>An dieser Sitzung nahmen der „edle Gagern“ und der Schildknappe Soiron Theil. Die Versammlung beschloß einen Ordnungsruf über den Abgeordneten Brentano zu beantragen, welchem Herr Soiron seinen Beifall schenkte.</p> <p>Gleichzeitig hielt auch die Linke Berathung, und beschloß eine Nüge über den thätlichen Angriff der Herren Plathner, Kerst aus Posen und Ritter Vincke auf Brentano, und über die in der Sitzung gefallenen Pistolen- und Säbelforderungen zu beantragen. Als dieser Antrag am andern Morgen vor der Sitzung dem Herrn Soiron übergeben wurde, erklärte derselbe, daß er ihn gar nicht verlesen werde. Grund: weil er es nicht für passend finde. Wunderbare Weisheit, mit welcher die Socratesloge über Nacht das Gehirn des Herrn Soiron erleuchtet hatte! Erst als der Abgeordnete Vogt aus Gießen von „Unterschlagung von Aktenstücken“ sprach, fand sich Herr Soiron zu dem Zugeständniß bewogen, daß er den Antrag zwar verlesen, aber weder zur Diskussion noch zur Abstimmung bringen werde.</p> <p>Die Sitzung vom 8. zur Fortsetzung der Debatte beginnt. Der „edle Gagern“ hatte auch diesmal die Leitung der Verhandlung von sich abgewiesen, aber er nimmt den Platz des zweiten Präsidenten ein und der Statthalter Soiron präsidirt: gegen keinen von beiden, welche am Abend vorher an einer Parteisitzung sich betheiligt hatten, wo man den ganzen Schlachtplan gegen die Linke entworfen, wo der Ex-Fürst Lichnowsky den Antrag auf Ausschließung des Publikums gestellt, und wo Andere erklärt hatten, man müsse sofort durch den Ruf nach Schluß der Debatte alle Diskussion abschneiden, ‒ gegen Keinen von Beiden wird von der Linken ein Protest erhoben.</p> <p>Herr Soiron verkündet zuerst zwei Anträge der Rechten gegen den Abgeordneten Brentano, und dann, aber erst als die Linke mit lautem Geschrei darauf besteht, auch den Antrag der Linken gegen die Excesse der Rechten. Dann beginnt er eine Erklärung verschämt vom Tisch abzulesen, wonach „in Erwägung daß der Abgeordnete Brentano durch seine gestrige Aeußerung einen <hi rendition="#g">deutschen Volksstamm</hi> (die Pommern ohne Zweifel) verletzt habe“, derselbe zur Ordnung gerufen werden soll. Diese Erklärung wird jedoch nicht zu Ende gelesen. Die Linke unterbricht ihn mit einem tobenden Sturm, woraus man den allgemeinen Ruf nach Diskussion vernimmt; die Gallerien jauchzen und lachen. In dem furchtbarsten Lärm tritt der Abgeordnete Schlöffel an die Tribüne und ruft dem Präsidenten Soiron zu: „Sie waren gestern Abend in einer Parteisitzung, wo Alles abgekartet wurde; Sie sind Partei-Präsident, Sie sind nicht werth diesen Platz einzunehmen!“ Der Präsident ruft ihn wüthend zur Ordnung; Schlöffel antwortet: „Ich habe Sie einen Partei-Präsidenten genannt, Ihr Ordnungsruf ist eine Lächerlichkeit!“ Unter dem allgemeinsten Toben wird die Sitzung auf eine Stunde ausgesetzt.</p> <p>Liebliches Bild dieser würdevollen Versammlung, welche in Erinnerung an einen alten polnischen Reichstag die Polen ihrer Selbstständigkeit für unwürdig erklärt! Die Abgeordneten wogten in verschiedenen knäuelartigen Verschlingungen durch die Gänge; das Bureau schöpfte draußen Luft und berieth, was zu thun sei. Der Statthalter Soiron erzählte dem Herrn Biedermann aus Leipzig, daß er nachher die Gallerien räumen wolle, und der Professor der schönen Künste bot ihm begeistert seine Hülfe an; Herr Soiron erwiederte ihm indessen barsch, daß dies „nicht so selbstthätig“ gemeint gewesen, und daß man nöthigenfalls Bajonette requiriren müsse.</p> <p>Endlich beginnt die Sitzung auf's Neue. Herr Soiron debütirt unter tiefem Schweigen mit den Worten: „M. H., Sie haben meinen Ordnungsruf gehört …“, als ihn ein neues furchtbares Getöse unterbricht. Die Linke erhebt sich in Masse, hundert Arme gestikuliren in der Luft. Man hört durch den allgemeinen Tumult nur einzelne Stimmen: „Sie haben den Ordnungsruf nicht ertheilt! Sie bedienen sich erbärmlicher Kunstgriffe! Wir verlangen Diskussion über den Ordnungsruf! Sie sind nicht fähig zum Präsidenten!“ Als einen Augenblick der Lärm schwächer wird, fährt Hr. Soiron fort, daß er den Abgeordneten Brentano allerdings zur Ordnung gerufen habe, eine Diskussion nicht gestatte und die ganze Sache für erledigt erkläre. Diese Worte rufen auf's Neue den tobendsten Sturm in der Versammlung hervor. Von der Linken schreit man: Diskussion! Unser parlamentarisches Recht verlangen wir, die Vertheidigung! Das Bureau des Präsidenten wird von Abgeordneten umlagert, die mit den Händen gegen ihn gestikuliren, und ihm unter Bezug auf die Berathung in der Sokratesloge mit lauter Heftigkeit Parteinahme und Unfähigkeit vorwerfen. Herr Soiron ruft Einen nach dem Andern mit Fußstampfen und Luftfechten zur Ordnung; jeder Ordnungsruf wird mit Halloh und jubelndem Gelächter aus der Versammlung und von den Gallerien begleitet. Unter fortdauerndem Lärm sucht dann der dankbare Gast der Sokratesloge die Beschwerde der Linken hinsichtlich der Thätlichkeiten gegen Brentano zu beseitigen.</p> <p>„Ich muß die Erwartung aussprechen, daß sich solche Auftritte (!) nicht wiederholen. (!) Auch gerechten Zorn (!!) muß man bemeistern. (Heftiger Lärm von der Linken; Zischen und Geschrei von den Tribünen.) Eine Versammlung auf welche ganz Deutschland (?) erwartungsvoll (!) blickt.“</p> <p>Di Linke drängt sich wieder stürmisch gegen die Tribüne und ruft durcheinander: „Ich habe um's Wort gebeten! Ich appellire gegen Ihre Parteilichkeit an die Versammlung! Hr. Soiron wischt sich den Schweiß von seiner fettglänzenden Stirn und schreit, ohne seinen „gerechten Zorn“ zu bemeistern: „Es giebt keine Appellation an die Versammlung; ich rufe Sie Alle zur Ordnung!“</p> <p>Zuletzt gelingt es dem „edlen Gagern“, der bisher in stiller Gemüthsruhe die Ohnmacht seines Statthalters bewundert hat, von der Rednerbühne herab den Lärm in etwas zu beschwichtigen, indem er die Linke auffordert, ihre Anträge gegen den Präsidenten schriftlich einzubringen. Der Tumult erhebt sich indeß alsbald wieder auf's Neue, als Herr Soiron den Abgeordneten Brentano auffordert, seine gestern abgebrochene Rede über die Amnestiefrage zu vollenden, wenn er nicht das Wort an den nächsten Redner geben solle. Die Linke verlangt, daß zuerst die persönliche Angelegenheit in Betreff der gestrigen Exzesse verhandelt werde; der Abgeordnete Brentano besteigt die Tribune und wird von den Gallerien mit stürmischem Jauchzen begrüßt; die Rechte giebt das verabredete Signal und verlangt Entfernung des Publikums.</p> <p>Herr Soiron wirft sein Haupt zurück. „Ich fordere die <hi rendition="#g">Ruhestörer</hi> auf, sich von den Gallerien zu entfernen.“ Die Versammlung lacht; auf den Gallerien rührt sich Niemand auf diese Bezeichnung. Herr Soiron wiederholt: „Wenn die <hi rendition="#g">Ruhestörer</hi> sich nicht entfernen, werde ich die <hi rendition="#g">ganze</hi> Gallerie räumen lassen!“ Vergebene, wohlwollende Warnung, die Schafe von den Böcken zu trennen. Die Gallerien bleiben regungslos wie zuvor, und Herr Soiron fordert nun nicht bloß oben die Gallerien, sondern auch unten die reservirten Tribünen der Damen, des diplomatischen Korps und die Journalisten zur Räumung des Saales auf. Der edle Gagern be- <ref type="link_fsg">[Fortsetzung]</ref> </p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar074_002" type="jArticle"> <head>Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski.</head> <p> <ref type="link">(Fortsetzung.)</ref> </p> <lg type="poem"> <l>„Madrid, Du Licht von Spaniens Thalen,</l><lb/> <l> In Deinen tausend Feldern strahlen</l><lb/> <l> Viel tausend Augen, schwarz und blau.</l><lb/> <l> Du weiße Stadt der Serenaden</l><lb/> <l> Viel tausend kleine Füße baden</l><lb/> <l> Sich Nachts in Deines Prado's Thau!“</l><lb/> </lg> <p>So sang es einst „der lose Spötter“ Alfred de Musset und so hat es unser Freiligrath in's Deutsche hinübergedichtet. Seit ich dies zum ersten Male las, kann ich Madrid nicht nennen hören, ohne an ein paar tausend kleine, weiße Füße zu denken, die durch das grüne, thauige Gras hüpfen, bald sittsam verschwindend, bald lüstern wieder emportauchend und immer reizend verführerisch.</p> <p>Es versteht sich von selbst, daß ich mir einbilde, alle schönen Frauen gingen barfuß in Spanien.</p> <p>In das Land der tausend kleinen Füße, in das Land der spitzen Filzhüte, in das Land der spanischen Fliegen und der spanischen Erdbeeren, kurz, in das Land Spanien muß ich jetzt meine Leser führen, denn schon hat unser Ritter Schnapphahnski Berlin im Rücken, schon hat er Belgien und Frankreich passirt und schon steht er auf den Pyrenäen, um hinunterzuscharwenzeln in das Reich, wo jetzt der unschuldige König Paquo herrscht, der Niemanden etwas zu Leide thut, am wenigsten seiner ‒ Frau.</p> <p>Man reist nicht billiger und nicht schneller als in Gedanken. Ohne Kostenaufwand und ohne Zeitverlust habe ich meine Leser nach Spanien gebracht. Meine Leser sind mir für diese rasche Beförderung aufrichtigen Dank schuldig. Wie würden sie sich gelangweilt haben, wenn sie von deutschen Eisenbahnen auf die französischen Postwägen und dann von den französischen Postwägen auf die spanischen Maulesel gekommen wären ‒ ja, meine Leser würden auf den Hund gekommen sein, wenn ich sie nicht vermöge meiner unendlichen Geschicklichkeit auf den Flügeln des Gedankens hinübergewiegt hätte in das Reich, wo außer Paquo auch jetzt die unschuldige Königin Isabella herrscht, die sich über Niemanden zu beklagen hat, ausgenommen über ihren Mann.</p> <p>Paquo und Isabella, Isabella und Paquo, sie waren noch kein seliges Paar, als unser Schnapphahnski seine Reise antrat. Die unschuldige Isabella hatte damals den Hrn. Paquo noch nicht von seiner schwachen Seite her kennen gelernt; sie meinte nicht anders, als daß sie eben so glücklich sein würde wie ihre Mutter, die Frau Munoz, die wirklich mit allen Ehren zu ihren neun Kindern gekommen ist ‒ arme Isabella! armer Paquo! Sie saßen noch nicht auf dem Throne, denn noch ras'te der grause Don Carlos, der bleiche Aristokrat mit dem grimmigen Schnurrbart, durch Wälder und Auen, ein unerbittlicher Jäger auf der großen altspanischen Kronjagd. Don Carlos führte Krieg; er brauchte daher Soldaten. Konnte ihm etwas erwünschter sein, als daß sich eines Morgens schön wie ein Engel und keck wie der Teufel, im schwarzen Frack und in weißer Weste, und duftend nach allen Wohlgerüchen der Levante: Se. Hochgeboren der Ritter Schnapphahnski bei ihm präsentirte, um seine Dienste anzubieten? Don Carlos strich seinen grimmigen Schnurrbart und besah den deutschen Lanzknecht von oben bis unten. Der Ritter sah zwar aus, als ob er eben vom Friseur käme, aber: Kanonenfutter! Kanonenfutter! dachte der Spanier und es versteht sich von selbst, daß er Sr. Hochgeboren auch nicht das geringste Hinderniß in den Weg legte, sich bei der nächsten Bataille vor den Kopf schießen zu lassen.</p> <p>Deutsche Lanzknechte waren tapfer zu allen Zeiten. Dieselben großen Lümmel, die zu Hause in Filzschuhen, in gestrickten Kamisölern und in baumwollenen Nachtmützen faul wie altgewordene Hunde und feige wie weibliche Hasen hinter den Oefen oder auf den Wirthshausbänken herumlungerten, sie haben sich im Auslande, für fremde Fürsten stets mit einer Gewissenhaftigkeit und mit einer Ausdauer geprügelt, die wirklich alle Gränzen übersteigt. Wer daheim ein Kaninchen war, er wurde draußen ein Tiger; die Träumer verwandelten sich in Raufbolde; die blonden, sentimentalen Schlingel: in Todtschläger; die sanften blassen Heinriche und Gottfriede in donnerwetternde Generäle und Feldwebel, die ihre Feinde so gemüthlich um's Leben brachten, wie sie seiner Zeit Korn mähten oder Spargel stachen.</p> <p>Auf allen Schlachtfeldern aller Jahrhunderte haben sich Deutsche für ihren pünktlich ausbezahlten Sold auch pünktlich todtschlagen lassen. Mit ihren frommen, blauen Augen schauten sie so gutmüthig in die kohlschwarzen Schlünde der Kanonen, als sollten ihnen gebratene Tauben statt kopfdicker Kugeln daraus entgegenfliegen und wenn sie die Gewehre umdrehten und mit den Kolben dreinfegten, da schnitten sie keine schlimmern Grimassen als unsere Dorfschulmeister in Hessen oder in Nassau, wenn sie den Bauernjungens das Ein-mal-eins, oder das Christenthum einbläuen.</p> <p>Gott weiß, wie Schnapphahnski sich in Spanien benahm! Da wir aber im Laufe unserer Erzählung in jedem Punkte streng bei der Wahrheit geblieben sind, so wollen wir auch hier gestehen, daß derselbe Mund, der die Abenteuer in Schlesien, Troppau und in Berlin erzählte, uns in Betreff der spanischen Fahrten die Versicherung gab, daß der edle Ritter, wider alles Erwarten, als sehr ritterlicher Lanzrecht dabei erschienen sei und den Ruhm unserer Tapferkeit im Auslande nicht im Geringsten in Frage gestellt habe. Mit dieser einfachen Erklärung mußten wir aber auch zufrieden sein, denn alle Details über die spanischen Erlebnisse unseres Ritters fehlen; zwischen Troppau und Spanien liegen die Pyrenäen und wohlmeinende Freunde unseres Helden waren nicht mehr im Stande, dem braunen Freiwilligen aus O. in Schlesien auf Schritt und Tritt zu folgen. 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Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 74. Köln, Sonntag 13. August 1848. Deutschland. 19 Köln, 11. Aug. In der französischen Nationalversammlung, in den Kammern aller civilisirten Staaten werden die Debatten, auch wenn sie, wie jüngst der Proudhon'sche Antrag, den höchsten Sturm der Leidenschaft hervorrufen, doch immer mit Rücksichten des äußern Anstandes zu Ende geführt.
Die deutsche Nationalversammlung in Frankfurt ist auf ein neues sinnreiches Mittel gekommen, um lästige Anträge abzuthun; ihre Spaziergänge auf dem „historischen Rechtsboden“ haben sie endlich zu dem gesegneten Gefilde des Faustrechts gelangen lassen. Der „kühne Griff“ des edlen Gagern hat sich nach den glücklichen Erstlingsversuchen bei Einsetzung der Centralgewalt und den schamhaften Ansprüchen auf Repräsentationsgelder in neuer Vielseitigkeit als thatkräftiger Konstablergriff bewährt; das Uebergewicht der ritterlichen Majorität ist in einem praktischen Sieg völlig außer Zweifel gesetzt worden, da sie das Danton'sche Geheimniß der revolutionären Taktik: de l'audace, de l'audace et encore de l'audace! in's Westphälische übersetzte. Unsere Leser mögen nach den Vorfällen, mit welchen am 7. und 8. d. die Amnestiefrage zum Abschluß gebracht wurde, über die vielbelobte Würde dieser interessanten parlamentarischen Versammlung selbst urtheilen; wir geben ihnen nichts als die Details, wie wir dieselben in Frankfurt aus eigner Anschauung geschöpft haben.
Der Abgeordnete Brentano sagt inmitten seiner Rede für Ertheilung der Amnestie: „Wollen Sie die, welche in Baden die Waffen für die Freiheit ergriffen haben, zurücksetzen gegen einen Prinzen von Preußen?“
In diesem Satz liegt nichts Außerordentliches, was nicht in Preußen selbst, auf den Straßen und von Rednerbühnen, seit dem Märzkrawall öffentlich gesagt worden wäre. Die Volksstimme bezeichnete den Prinzen von Preußen als den Urheber des sechszehnstündigen Massacre's in Berlin, und ihre Stimme war damals noch mächtig genug, um den Prinzen in ungewissen Aufträgen nach England reisen zu lassen. Eine Adresse aus Koblenz verlangte zu jener Zeit vom Könige Garantien gegen die Thronfolge des Prinzen von Preußen; man sah den Prinzen als den Hort der Reaktion an, wie denn auch die Reaktion in der schönsten Weise vorangeschritten ist, seit das Uebergangsministerium Camphausen dem Prinzen die Wege nach Deutschland bahnte. Indem also Hr. Brentano den Prinzen von Preußen als Gegensatz den badischen Freischärlern gegenüberstellte, that er nichts, was nicht nach den Lehren der Syntax vollkommen gerechtfertigt wäre.
Die Rechte in der Paulskirche besitzt jedoch ihre besonderen Sprachlehren, wie das historische Recht des edlen Lychnowski schon dargethan hat. Es erhob sich auf die Worte Brentano's ein Tumult, der um so entsetzlicher klang, als der gewöhnliche Ordner solcher Scenen, der Ex-Fürst Lychnowsky abwesend war, und die ganze Last den Herren Kerst aus Posen und Ritter Vincke von Hagen auf die Schulter fiel. Selbst Hr. Radowitz, der bisher bloß für den Kopf der Rechten galt, wie Herr Vincke und Lychnowsky für ihre Clakeure, Herr Radowitz, der stets so still wie ein englischer Wollsack saß, und bei den heftigsten Angriffen gegen seine Partei höchstens sein Spitzbärtchen drehte, selbst Herr Radowitz sprang auf, und rannte mit hocherhobenen Händen, ohne diesmal selbst Hrn. Bürgers in seinem schwarzem Frack und weißer Atlasbinde zu beachten, für den er immer ein wohlwollendes aufmunterndes Lächeln besitzt, in den dicksten Haufen der Seinen. Die Rechte hatte in Massen ihre Plätze verlassen und wälzte sich in einem wilden Gewirre gegen die Tribüne.
Hier war ihr der wack're Herr Plathner aus Halberstadt zuvorgekommen. Herr Plathner, der sich die Ehre des ersten Angriffs nicht nehmen lassen konnte, war Allen voraus auf die Tribüne gesprungen, wo er den Herrn Brentano am Arm faßte und ihn anschrie: „Sie sind ein H-tt, verlassen Sie die Tribüne!“ Bei dem Herannahen der wogenden Hülfstruppen machte Herr Plathner einen zweiten Angriff. Er faßte Herrn Brentano abermals beim Arm und rief mit sehr blütdürstigen Mienen, wie sie kein Mensch an dem landrechtlichen Justizbeamten für möglich gehalten: „Sie sind von mir gefordert . . auf . . auf Pistolen!“ Herr Brentano antwortete, Herr Plathner möge ihm diese Einladung draußen zustellen, ihn hier aber nicht weiter angreifen, wenn er nicht wünsche, Ohrfeigen zu erhalten.
Die äußerste Linke, als sie das Anstürmen der Rechten sah, verließ gleichfalls die Plätze, drängte sich zur Tribüne und umstellte dieselbe in einem Halbkreis, um den Redner zu schützen. Hier entspann sich zwischen der Linken und Rechten ein babylonisches Wortgefecht, ein Schreien und Toben, daß schon in der nächsten Nähe die Bedeutung dieser unarticulirten Töne verloren ging; die Rechte warf mit Säbel- und Pistolenforderungen umher, geballte Fäuste erhoben sich in die Luft und unter die Nasen der Gegner, und zwischen dem Ritter Vincke und einem Abgeordneten aus der Pfalz fielen jene süßen Schmeichelworte, von denen unser Korrespondent bereits Erwähnung gethan.
Wo war während dieses Tumults der Jupiter tonans, der „edle Gagern“ mit seinem Glockengeläute und Donnergepolter?“ Der Mann mit den künftigen Repräsentationsgeldern war, wie gewöhnlich bei Verhandlungen, in welchen voraussichtlich Sturm zu befürchten steht, nicht anwesend; er hatte am Tage vorher seine Glocke zerschlagen, die schöne Glocke, welche schon beim Vorparlament und Fünfziger-Ausschuß so manchen Sturm beschworen. Böses Omen! Statt seiner präsidirte mit einer neuen helltönenden Glocke und einer alterthümlichen, gießkannenartigen Donnerstimme der ehrenwerthe Soiron. Der Statthalter thronte mit seinem gewöhnlichen Anstand, den er schon als „Fürst von Thoren“ bewiesen hat, und wie ihn der Statthalter Sancho auf der Insel Bamataria nicht besser geübt haben kann. Herr Soiron ist in der That der trefflichste Sancho für den sinnreichen Junker Gagern. Aber seine Macht reichte nicht aus; das Geläute der Glocke und der Donner seines Rufes verhallten ungehört in dem immer lauteren, stürmischeren Tumult an der Tribüne, und der Präsident nahm unter dem Jauchzen der Galerien, welches dies Schauspiel begleitete, seinen Hut, und verließ mit den Bureaux die Versammlung, ohne in der eiligen Flucht die Sitzung zu schließen. Herr Brentano stand noch lange Zeit auf der Tribüne, und lange Zeit noch stritten die Kämpfer um ihn herum, und jubelten die Zuschauer droben auf dem Paradies, bis das Bedürfniß des Mittagstisches die Kirche, diesen Schoos der deutschen Einheit allmählig räumte.
Dies war die Sitzung vom 7. glorreicher Erinnerung.
Am Abend dieses heißen Tages versammelten sich die Preußen in der Socratesloge. Die Preußen, die wohlgesinnten, spezifischen: es nahmen auch Nicht-Preußen Theil, und Preußen wurden abgewiesen. Dem Abgeordneten Schmidt aus Schlesien erklärte man an der Thür, daß zu dieser Versammlung nur Leute zugelassen würden, welche ihre tiefste Entrüstung über den Abgeordneten Brentano kund zu geben wünschten. Schmidt erwiderte, daß er in der Erwartung gekommen sei, man werde wenigstens den Versuch einer ehrenhaften Ausgleichung, zu welchem die Linke die Hand biete, zulassen. Herr Schmidt wurde aber zurückgewiesen, es sollte eine Parteisitzung sein.
An dieser Sitzung nahmen der „edle Gagern“ und der Schildknappe Soiron Theil. Die Versammlung beschloß einen Ordnungsruf über den Abgeordneten Brentano zu beantragen, welchem Herr Soiron seinen Beifall schenkte.
Gleichzeitig hielt auch die Linke Berathung, und beschloß eine Nüge über den thätlichen Angriff der Herren Plathner, Kerst aus Posen und Ritter Vincke auf Brentano, und über die in der Sitzung gefallenen Pistolen- und Säbelforderungen zu beantragen. Als dieser Antrag am andern Morgen vor der Sitzung dem Herrn Soiron übergeben wurde, erklärte derselbe, daß er ihn gar nicht verlesen werde. Grund: weil er es nicht für passend finde. Wunderbare Weisheit, mit welcher die Socratesloge über Nacht das Gehirn des Herrn Soiron erleuchtet hatte! Erst als der Abgeordnete Vogt aus Gießen von „Unterschlagung von Aktenstücken“ sprach, fand sich Herr Soiron zu dem Zugeständniß bewogen, daß er den Antrag zwar verlesen, aber weder zur Diskussion noch zur Abstimmung bringen werde.
Die Sitzung vom 8. zur Fortsetzung der Debatte beginnt. Der „edle Gagern“ hatte auch diesmal die Leitung der Verhandlung von sich abgewiesen, aber er nimmt den Platz des zweiten Präsidenten ein und der Statthalter Soiron präsidirt: gegen keinen von beiden, welche am Abend vorher an einer Parteisitzung sich betheiligt hatten, wo man den ganzen Schlachtplan gegen die Linke entworfen, wo der Ex-Fürst Lichnowsky den Antrag auf Ausschließung des Publikums gestellt, und wo Andere erklärt hatten, man müsse sofort durch den Ruf nach Schluß der Debatte alle Diskussion abschneiden, ‒ gegen Keinen von Beiden wird von der Linken ein Protest erhoben.
Herr Soiron verkündet zuerst zwei Anträge der Rechten gegen den Abgeordneten Brentano, und dann, aber erst als die Linke mit lautem Geschrei darauf besteht, auch den Antrag der Linken gegen die Excesse der Rechten. Dann beginnt er eine Erklärung verschämt vom Tisch abzulesen, wonach „in Erwägung daß der Abgeordnete Brentano durch seine gestrige Aeußerung einen deutschen Volksstamm (die Pommern ohne Zweifel) verletzt habe“, derselbe zur Ordnung gerufen werden soll. Diese Erklärung wird jedoch nicht zu Ende gelesen. Die Linke unterbricht ihn mit einem tobenden Sturm, woraus man den allgemeinen Ruf nach Diskussion vernimmt; die Gallerien jauchzen und lachen. In dem furchtbarsten Lärm tritt der Abgeordnete Schlöffel an die Tribüne und ruft dem Präsidenten Soiron zu: „Sie waren gestern Abend in einer Parteisitzung, wo Alles abgekartet wurde; Sie sind Partei-Präsident, Sie sind nicht werth diesen Platz einzunehmen!“ Der Präsident ruft ihn wüthend zur Ordnung; Schlöffel antwortet: „Ich habe Sie einen Partei-Präsidenten genannt, Ihr Ordnungsruf ist eine Lächerlichkeit!“ Unter dem allgemeinsten Toben wird die Sitzung auf eine Stunde ausgesetzt.
Liebliches Bild dieser würdevollen Versammlung, welche in Erinnerung an einen alten polnischen Reichstag die Polen ihrer Selbstständigkeit für unwürdig erklärt! Die Abgeordneten wogten in verschiedenen knäuelartigen Verschlingungen durch die Gänge; das Bureau schöpfte draußen Luft und berieth, was zu thun sei. Der Statthalter Soiron erzählte dem Herrn Biedermann aus Leipzig, daß er nachher die Gallerien räumen wolle, und der Professor der schönen Künste bot ihm begeistert seine Hülfe an; Herr Soiron erwiederte ihm indessen barsch, daß dies „nicht so selbstthätig“ gemeint gewesen, und daß man nöthigenfalls Bajonette requiriren müsse.
Endlich beginnt die Sitzung auf's Neue. Herr Soiron debütirt unter tiefem Schweigen mit den Worten: „M. H., Sie haben meinen Ordnungsruf gehört …“, als ihn ein neues furchtbares Getöse unterbricht. Die Linke erhebt sich in Masse, hundert Arme gestikuliren in der Luft. Man hört durch den allgemeinen Tumult nur einzelne Stimmen: „Sie haben den Ordnungsruf nicht ertheilt! Sie bedienen sich erbärmlicher Kunstgriffe! Wir verlangen Diskussion über den Ordnungsruf! Sie sind nicht fähig zum Präsidenten!“ Als einen Augenblick der Lärm schwächer wird, fährt Hr. Soiron fort, daß er den Abgeordneten Brentano allerdings zur Ordnung gerufen habe, eine Diskussion nicht gestatte und die ganze Sache für erledigt erkläre. Diese Worte rufen auf's Neue den tobendsten Sturm in der Versammlung hervor. Von der Linken schreit man: Diskussion! Unser parlamentarisches Recht verlangen wir, die Vertheidigung! Das Bureau des Präsidenten wird von Abgeordneten umlagert, die mit den Händen gegen ihn gestikuliren, und ihm unter Bezug auf die Berathung in der Sokratesloge mit lauter Heftigkeit Parteinahme und Unfähigkeit vorwerfen. Herr Soiron ruft Einen nach dem Andern mit Fußstampfen und Luftfechten zur Ordnung; jeder Ordnungsruf wird mit Halloh und jubelndem Gelächter aus der Versammlung und von den Gallerien begleitet. Unter fortdauerndem Lärm sucht dann der dankbare Gast der Sokratesloge die Beschwerde der Linken hinsichtlich der Thätlichkeiten gegen Brentano zu beseitigen.
„Ich muß die Erwartung aussprechen, daß sich solche Auftritte (!) nicht wiederholen. (!) Auch gerechten Zorn (!!) muß man bemeistern. (Heftiger Lärm von der Linken; Zischen und Geschrei von den Tribünen.) Eine Versammlung auf welche ganz Deutschland (?) erwartungsvoll (!) blickt.“
Di Linke drängt sich wieder stürmisch gegen die Tribüne und ruft durcheinander: „Ich habe um's Wort gebeten! Ich appellire gegen Ihre Parteilichkeit an die Versammlung! Hr. Soiron wischt sich den Schweiß von seiner fettglänzenden Stirn und schreit, ohne seinen „gerechten Zorn“ zu bemeistern: „Es giebt keine Appellation an die Versammlung; ich rufe Sie Alle zur Ordnung!“
Zuletzt gelingt es dem „edlen Gagern“, der bisher in stiller Gemüthsruhe die Ohnmacht seines Statthalters bewundert hat, von der Rednerbühne herab den Lärm in etwas zu beschwichtigen, indem er die Linke auffordert, ihre Anträge gegen den Präsidenten schriftlich einzubringen. Der Tumult erhebt sich indeß alsbald wieder auf's Neue, als Herr Soiron den Abgeordneten Brentano auffordert, seine gestern abgebrochene Rede über die Amnestiefrage zu vollenden, wenn er nicht das Wort an den nächsten Redner geben solle. Die Linke verlangt, daß zuerst die persönliche Angelegenheit in Betreff der gestrigen Exzesse verhandelt werde; der Abgeordnete Brentano besteigt die Tribune und wird von den Gallerien mit stürmischem Jauchzen begrüßt; die Rechte giebt das verabredete Signal und verlangt Entfernung des Publikums.
Herr Soiron wirft sein Haupt zurück. „Ich fordere die Ruhestörer auf, sich von den Gallerien zu entfernen.“ Die Versammlung lacht; auf den Gallerien rührt sich Niemand auf diese Bezeichnung. Herr Soiron wiederholt: „Wenn die Ruhestörer sich nicht entfernen, werde ich die ganze Gallerie räumen lassen!“ Vergebene, wohlwollende Warnung, die Schafe von den Böcken zu trennen. Die Gallerien bleiben regungslos wie zuvor, und Herr Soiron fordert nun nicht bloß oben die Gallerien, sondern auch unten die reservirten Tribünen der Damen, des diplomatischen Korps und die Journalisten zur Räumung des Saales auf. Der edle Gagern be- [Fortsetzung]
Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. (Fortsetzung.)
„Madrid, Du Licht von Spaniens Thalen,
In Deinen tausend Feldern strahlen
Viel tausend Augen, schwarz und blau.
Du weiße Stadt der Serenaden
Viel tausend kleine Füße baden
Sich Nachts in Deines Prado's Thau!“
So sang es einst „der lose Spötter“ Alfred de Musset und so hat es unser Freiligrath in's Deutsche hinübergedichtet. Seit ich dies zum ersten Male las, kann ich Madrid nicht nennen hören, ohne an ein paar tausend kleine, weiße Füße zu denken, die durch das grüne, thauige Gras hüpfen, bald sittsam verschwindend, bald lüstern wieder emportauchend und immer reizend verführerisch.
Es versteht sich von selbst, daß ich mir einbilde, alle schönen Frauen gingen barfuß in Spanien.
In das Land der tausend kleinen Füße, in das Land der spitzen Filzhüte, in das Land der spanischen Fliegen und der spanischen Erdbeeren, kurz, in das Land Spanien muß ich jetzt meine Leser führen, denn schon hat unser Ritter Schnapphahnski Berlin im Rücken, schon hat er Belgien und Frankreich passirt und schon steht er auf den Pyrenäen, um hinunterzuscharwenzeln in das Reich, wo jetzt der unschuldige König Paquo herrscht, der Niemanden etwas zu Leide thut, am wenigsten seiner ‒ Frau.
Man reist nicht billiger und nicht schneller als in Gedanken. Ohne Kostenaufwand und ohne Zeitverlust habe ich meine Leser nach Spanien gebracht. Meine Leser sind mir für diese rasche Beförderung aufrichtigen Dank schuldig. Wie würden sie sich gelangweilt haben, wenn sie von deutschen Eisenbahnen auf die französischen Postwägen und dann von den französischen Postwägen auf die spanischen Maulesel gekommen wären ‒ ja, meine Leser würden auf den Hund gekommen sein, wenn ich sie nicht vermöge meiner unendlichen Geschicklichkeit auf den Flügeln des Gedankens hinübergewiegt hätte in das Reich, wo außer Paquo auch jetzt die unschuldige Königin Isabella herrscht, die sich über Niemanden zu beklagen hat, ausgenommen über ihren Mann.
Paquo und Isabella, Isabella und Paquo, sie waren noch kein seliges Paar, als unser Schnapphahnski seine Reise antrat. Die unschuldige Isabella hatte damals den Hrn. Paquo noch nicht von seiner schwachen Seite her kennen gelernt; sie meinte nicht anders, als daß sie eben so glücklich sein würde wie ihre Mutter, die Frau Munoz, die wirklich mit allen Ehren zu ihren neun Kindern gekommen ist ‒ arme Isabella! armer Paquo! Sie saßen noch nicht auf dem Throne, denn noch ras'te der grause Don Carlos, der bleiche Aristokrat mit dem grimmigen Schnurrbart, durch Wälder und Auen, ein unerbittlicher Jäger auf der großen altspanischen Kronjagd. Don Carlos führte Krieg; er brauchte daher Soldaten. Konnte ihm etwas erwünschter sein, als daß sich eines Morgens schön wie ein Engel und keck wie der Teufel, im schwarzen Frack und in weißer Weste, und duftend nach allen Wohlgerüchen der Levante: Se. Hochgeboren der Ritter Schnapphahnski bei ihm präsentirte, um seine Dienste anzubieten? Don Carlos strich seinen grimmigen Schnurrbart und besah den deutschen Lanzknecht von oben bis unten. Der Ritter sah zwar aus, als ob er eben vom Friseur käme, aber: Kanonenfutter! Kanonenfutter! dachte der Spanier und es versteht sich von selbst, daß er Sr. Hochgeboren auch nicht das geringste Hinderniß in den Weg legte, sich bei der nächsten Bataille vor den Kopf schießen zu lassen.
Deutsche Lanzknechte waren tapfer zu allen Zeiten. Dieselben großen Lümmel, die zu Hause in Filzschuhen, in gestrickten Kamisölern und in baumwollenen Nachtmützen faul wie altgewordene Hunde und feige wie weibliche Hasen hinter den Oefen oder auf den Wirthshausbänken herumlungerten, sie haben sich im Auslande, für fremde Fürsten stets mit einer Gewissenhaftigkeit und mit einer Ausdauer geprügelt, die wirklich alle Gränzen übersteigt. Wer daheim ein Kaninchen war, er wurde draußen ein Tiger; die Träumer verwandelten sich in Raufbolde; die blonden, sentimentalen Schlingel: in Todtschläger; die sanften blassen Heinriche und Gottfriede in donnerwetternde Generäle und Feldwebel, die ihre Feinde so gemüthlich um's Leben brachten, wie sie seiner Zeit Korn mähten oder Spargel stachen.
Auf allen Schlachtfeldern aller Jahrhunderte haben sich Deutsche für ihren pünktlich ausbezahlten Sold auch pünktlich todtschlagen lassen. Mit ihren frommen, blauen Augen schauten sie so gutmüthig in die kohlschwarzen Schlünde der Kanonen, als sollten ihnen gebratene Tauben statt kopfdicker Kugeln daraus entgegenfliegen und wenn sie die Gewehre umdrehten und mit den Kolben dreinfegten, da schnitten sie keine schlimmern Grimassen als unsere Dorfschulmeister in Hessen oder in Nassau, wenn sie den Bauernjungens das Ein-mal-eins, oder das Christenthum einbläuen.
Gott weiß, wie Schnapphahnski sich in Spanien benahm! Da wir aber im Laufe unserer Erzählung in jedem Punkte streng bei der Wahrheit geblieben sind, so wollen wir auch hier gestehen, daß derselbe Mund, der die Abenteuer in Schlesien, Troppau und in Berlin erzählte, uns in Betreff der spanischen Fahrten die Versicherung gab, daß der edle Ritter, wider alles Erwarten, als sehr ritterlicher Lanzrecht dabei erschienen sei und den Ruhm unserer Tapferkeit im Auslande nicht im Geringsten in Frage gestellt habe. Mit dieser einfachen Erklärung mußten wir aber auch zufrieden sein, denn alle Details über die spanischen Erlebnisse unseres Ritters fehlen; zwischen Troppau und Spanien liegen die Pyrenäen und wohlmeinende Freunde unseres Helden waren nicht mehr im Stande, dem braunen Freiwilligen aus O. in Schlesien auf Schritt und Tritt zu folgen. Deutlicher wird erst die Historie des Ritters:
„Als Don Carlos fliehen mußte
Mit der ganzen Tafelrunde,
Und die meisten Paladine
Nach honettem Handwerk griffen ‒“
mit einem Worte, als der Krieg wieder zu Ende war und unser Odüsseus sich nach seiner Ballettänzerin zurücksehnte, die nach der
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(2017-03-20T13:08:10Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML
(2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat
(2017-03-20T13:08:10Z)
Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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