Neue Rheinische Zeitung. Nr. 69. Köln, 8. August 1848.Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 69. Köln, Dienstag, 8. August 1848. Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Deutschland. 38 Frankfurt, 5. Aug. Die Centren und die Rechte wollen dem "edlen Gagern" Repräsentationsgelder aussetzen. Hr. Stedtmann (aus Koblenz) kam als Abgesandter des Klubs aus dem "Würtemberger Hof" zu Trützschler, um mit diesem eine Vereinbarung zu treffen, daß die Sache ohne Diskussion abgemacht werde, um den "edlen Gagern" nicht in seiner Schamhaftigkeit zu verletzen. Stedtmann sagte, wenn wirklich von Repräsentation die Rede sein solle, werde man Gagern monatlich 5-6000 Gulden geben müssen; im andern Fall 2-3000 fl. Trützschler erklärte, daß die Linke auf diese Forderungen in einem Augenblick nicht eingehen werde, wo der Staatsbankerott in ganz Deutschland vor der Thür stehe, und die enormen Kosten der National-Versammlung nur durch Exekution an den "lumpenbehangenen" (Ausdruck Heisterbergk's aus den Verhandlungen über die Prügelstrafe) Proletariern aufgetrieben werden; dann verlangte er zu wissen, was Gagern wohl selbst beanspruchen möge. Stedtmann ging fort, und kam in einer Stunde wieder. Gagern, sagte er, habe erklärt, daß er wöchentlich einmal einen Salon zu öffnen wünsche, um die verschiedenen Parteien "um sich" zu sehen, und die Diplomaten zu empfangen; dazu brauche er ein größeres Lokal, Bedienten, Equipagen; er denke das mit 1000 fl. monatlich bestreiten zu können. Die Centren aber und die Rechte, setzte der Freund Gagerns hinzu, hielten dafür, daß Hr. Gagern sich in dieser Berechnung täusche, und daß man ihm 2000 fl. mindestens aussetzen müsse. Trützschler antwortete, die Linke hielte 600 fl. für hinreichend, um Gagern für seine Ministerstelle zu entschädigen, falls ihm dieser Verlust nicht anderweitig ersetzt wäre; doch wollten sie in dem Falle, daß die Centren sich mit der Linken vereinigten, 1000 fl. bewilligen, im Falle aber daß auf 2000 fl. bestanden würde, das Amendement auf 600 fl. stellen, und auf namentliche Abstimmung dringen. Hr. Stedtmann versicherte darauf, daß die Centren von 2000 fl. nicht abgehen und die Diskussion sofort durch den Ruf nach Schluß abschneiden würden. - Auch erklärte er auf die Frage Trützschlers, daß wenigstens der Ministerpräsident ebensoviel wie Gagern erhalten müsse. Ich theile Ihnen noch folgenden Antrag des Abgeordneten Schlöffel zu dem Artikel 7. §. 26 des Entwurfes über die Grundrechte mit: In Erwägung: 103 Berlin, 5. August. Ein rheinländischer Abgeordneter hat den Vereinbarern eine Denkschrift über die Zweckmäßigkeit der Anlegung von Privatbanken überreichen lassen. Viele Anträge über diesen Gegenstand sind dem Ministerium in den letzten vier Monaten zugegangen, aber die Regierung huldigt andern Prinzipien. Sie kennt nur ein Mittel zur Belebung des Kredits und der Produktion - Konstabler. Wie die kön. Bankverwaltung einer frühern Zeit geleitet worden, beweist der Umstand, daß, um das Defizit zu decken, im Jahr 1846 vom Staatsschatz 2 Millionen der Bank überwiesen werden mußten. Was aber die jetzige preuß. Bank anlangt, die bei einem eigenen nur nominellen, ja selbst fast illusorischen Aktivbestand, nur lediglich auf den Einschüssen der 10 Millionen der Privaten beruht, auch sie befindet sich in dem Stande, daß bei einer heutigen Liquidirung ein wohl nicht unbeträchtliches Defizit notorisch zu Tage treten würde, und außer Stand, ungeachtet ihr in diesem Jahre zur Erweiterung ihrer Geschäfte aus dem Staatsschatze 3 Millionen Thaler überwiesen worden, den gedrängten Provinzen die nöthige Hülfe zu bringen. Das allgemeine Tagesgespräch ist heute, die gestern Abend von den Schutzmännern intentirte Verhaftung der hohen Vereinbarer Rodbertus und v. Berg an der politischen Ecke. Der Lindenklub hatte sich nämlich, trotz des Polizeiverbots, wie alle Abende sehr zahlreich versammelt, als die Konstabler mit der dieser jungen Schöpfung eigenen Brutalität mehrere Verhaftungen völlig unschuldiger Personen vorzunehmen im Begriff standen. Der frühere Staatsminister Rodbertus und Hr. v. Berg treten in diesem Augenblick aus der Kranzlerschen Konditorei und hatten Gelegenheit sich durch den Augenschein von dem ganz gesetzwidrigen Verfahren dieser Bürgerpolizei zu überzeugen und benutzten diese Veranlassung, Einspruch zu thun. Grund genug, daß die Wächter der Freiheit auch sie zu verhaften beschlossen und nur der Umstand, daß Hr. Rodbertus durch Vorzeigung seiner Karte, seine hohe Unverletzlichkeit beurkundete, konnten die beiden Vereinbarer von dem Geleit nach der Wache und von der Uebernachtung auf der Stadtvogtei in der Umgebung mehrerer Trunkenbolde und Taschendiebe befreien. Die Erzeuger dieses liebenswürdigen Instituts der Schutzmannschaft haben es für nothwendig gefunden, die Bevölkerung Berlins über das neugeborene Kind der Liebe - oder der That - aufzuklären. Sie haben eine Anrede an den Straßenecken anheften lassen, mit der Unterschrift "mehrere Schutzmänner." Diese Anrede beginnt: "Mitbürger! Nur in der Ordnung kann die Freiheit gedeihen; die Handhabung der Ordnung geschieht aber im Interesse der Freiheit." "Freie Völker regieren sich selbst; die Ordnung wird daher bei ihnen auch durch freie Bürger aus ihrer Mitte gehandhabt." "Dies war der Gedanke, der die Schutzmannschaft ins Leben rief." Schlaft nun ruhig Bürger Berlins, Eure Freiheit wird unter der Aufsicht der Schutzmänner sich aufs Herrlichste entfalten. Nur die sogenannten Freunde der Freiheit und die Männer des Rückschritts verdächtigen dieses Ordnung haltende Institut. Das müßt ihr Alle glauben, die Schutzmänner haben es ja an allen Ecken bekannt gemacht. Alle Klubs und Vereine bereiten sich zu der morgen statt findenden, der Einheit Deutschlands gewidmeten großen Huldigungsfeier vor. Die Vereinbarerversammlung, die Stadtbehörden, alle politischen Korporatioen, alle Gewerke und Innungen sind eingeladen. Auf dem großen Platze zwischen der Universität und dem Opernhause versammeln sich alle Züge mit ihren Fahnen und Musikchören, durchziehen viele Straßen der Stadt und begeben sich nach dem Kreuzberg, wo das große Fest gefeiert wird. Beim Durchzug durch die Stadt wird an mehreren Stellen Halt gemacht, um Reden an das Volk zu halten. Die erste Rede wird von der großen Freitreppe des Museums herab gehalten werden. Die Arbeitseinstellung der Buchdruckergehülfen dauert noch fort. Der Zeitungshalle ist es dadurch unmöglich gemacht zu erscheinen. Vielleicht gelingt es ihr, noch heute einen halben Bogen heraus, zugeben. Die Buchdruckergehülfen haben heute erklärt, ihre Arbeiten nicht eher wieder aufzunehmen, bis alle ihre billigen Vorschläge Seitens der Prinzipale angenommen worden. 14 Berlin, 5. August. Seitdem die Preßfreiheit vermittelst des Staatsanwalts auf ein kümmerliches Restchen reduzirt ist, sind unsere Mauern fast ausschließlich mit den Ergüssen des Stockpatriotismus überschüttet. Die armen kleinen Kolporteurs gehen aber dabei zu Grunde, denn fast Niemand kauft "die Theekessels in Frankfurt, die an allem schuld sind", oder das "Hurrah für Preußen" etc. von dem berühmten Buddlmeier, Hermann Goedsche etc. Heute produziren sich auch die Konstabler, und - horribile dictu - die Teltower Rübenbauern als Straßenschriftsteller. Die Herren Konstabler können gar nicht begreifen, warum sie so verhaßt und verachtet sind. Als Berliner Kinder, von denen mehrere sogar am 18. März mitgefochten, verdienten sie unbedingtes Vertrauen (!). Den Grund ihrer Verachtung erklären sie sich wie folgt: "Die Feinde der Ordnung und die Feinde der Freiheit sind es, welche den Saamen der Zwietracht zwischen den Schutzmännern und dem Volke, den Bürgern eines Staats und einer Stadt säen. Die Einen thun es, weil sie die Freiheit nur in der Unordnung sehen und die Macht des Gesetzes fürchten; die Andern, weil sie das Gesetz nicht von freien Bürgern gehandhabt wissen wollen, weil sie auf Zurückführung veralteter Gesetze hoffen und daher in den Schutzmännern das Symbol und die Kraft der Freiheit hassen." Unsere Teltower Rübensäcke wollen morgen um 2 Uhr sich um das Denkmal des Kreuzberges schaaren und dort schwarz-weiß patriotisiren. Da um dieselbe Zeit wahrscheinlich unsere Studenten und Demokraten an derselben Stelle eintreffen mit entgegengesetzter Tendenz, so dürfte ein allerliebstes mittelalterliches Rencontre zwischen Bürgern und Bauern entstehen. Ueberhaupt verspricht der morgige Tag eine sehr bunte Unterhaltung. - Auch unter den Studenten ist Zwiespalt. Einige Kameele haben an den Straßenecken anschlagen lassen, daß sie den gestrigen Protest wegen Aushängung der preußischen Fahne desavouiren; gleichwie jene Protestanten sich die Studentenschaft nannten, so könnten sie dasselbe thun etc. Am schwarzen Brette steht nun von Seiten der Angegriffenen die Aufforderung an die Schwarzweißen, ihre Namen dem Portier zu nennen, wenn sie noch ein Fünkchen Ehre besäßen. Diese Arbeitseinstellung findet Nachahmung. Die Kattundrucker verlangen für ihre nichtbeschäftigten Kollegen gegen die Hälfte des üblichen Lohnes Arbeit, was aber die Fabrikanten nicht bewilligen wollen, indem sie vorgaben, nicht soviel Arbeiter auch zum halben Lohn beschäftigen zu können. Die Arbeiter verlangen aber die Einschränkung der Thätigkeiten der Druckmaschinen und an deren Stelle Handarbeit. Der Minister der Arbeit, Hr. Milde, hat erklärt, sich nicht in die Angelegenheit der Arbeiter und der Arbeitseinstellung mischen zu wollen, er überläßt es dem eigenen Uebereinkommen der Arbeiter und ihrer Arbeitgeber. Berlin, 3. August.
Mit dem bereits durch die Zeitungen bekannt gewordenen Armeebefehle Sr. Maj. des Königs von Preußen vom 29. Juli c., in Betreff der Verordnung des Reichskriegsministers, ist gleichzeitig ein Schreiben des preußischen Kriegsmi- Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Sage mir, Muse, die Thaten des vielgewanderten Mannes, Welcher so weit geirrt, nachdem aus Berlin man verbannt ihn; Vieler Menschen Städte geseh'n, und Sitte gelernt hat, Auch bei Don Carlos so viel' unnennbare Leiden erduldet. Gewiß! Vater Homer, der weißbärtige griechische Barde würde nicht den edlen Odüsseus, nein, er würde den edlen Ritter Schnapphahnski besungen haben, wenn Vater Homer nicht zufällig in einer Zeit gelebt hätte, wo man weder Klavier spielte, noch Manilla-Cigarren rauchte, wo man weder an Berlin noch an Don Carlos dachte, und wo man vor allen Dingen noch nicht so glücklich war, ein Feuilleton der Neuen Rheinischen Zeitung zu besitzen. Homer ist todt. Ich lebe. Das letztere freut mich am meisten. Was Homer nicht thun konnte: ich thue es. Homer besang den Odüsseus, - ich verherrliche den Ritter Schnapphahnski. Seltsame Vögel gab es auf Erden - von Adam an bis auf Heinrich Heine. Adam wurde im Paradiese geboren und war ein Mensch; Heine sah das Licht der Welt in Düsseldorf und ist ein Gott - nämlich ein Dichter. Heine wohnt in Paris - dies wissen alle schönen Frauen. Viel artige poetische Kinder zeugte er. Sein jüngster Sohn ist aber ein Bär. Und dieser Bär heißt Atta Troll. Nächst dem großen und dem kleinen Bären dort oben am Himmel, ist dieser Atta Troll der berühmteste Bär unserer Zeit. Meine Leser müssen mir nicht zürnen, daß ich von den Griechen plötzlich auf die Bären komme - die Hauptsache ist aber, daß der Atta Troll in genauem Zusammenhange mit dem Ritter Schnapphahnski steht. In zauberisch-poetischen Nebel gehüllt, sehen wir nämlich in Heine's klingendem Gedichte den Ritter Schnapphahnski zum ersten Male über die Bühne schreiten. Ein komisches zweibeiniges Wesen; in eine Bärin verliebt, der Finanznoth blasse Wehmuth auf den Wangen, beraubt seiner Kriegskasse von zwei und zwanzig Silbergroschen, und die Uhr zurückgelassen im Leihhause vom Pampeluna! Schattenhaft, wie ein Jäger der wilden Jagd, huscht der edle Schnapphahnski an uns vorüber; wir möchten ihn festhalten, einen Augenblick; wir möchten ihm noch einmal in's Auge schau'n, ihn noch einmal vom Wirbel bis zur Zehe betrachten, den geisterhaften, den interessanten Mann - aber fort ist er, ehe wir's uns versehen, und erstaunt fragen wir uns: wer ist dieser Schnapphahnski? Lieber Leser sei nicht unbescheiden! "Zwar Alles weiß ich nicht, doch Viel ist mir bewußt!" Höre zu, was ich Dir von Schnapphahnski erzählen werde; es ist Zeit, daß der edle Ritter aus seinem zauberisch-poetischen Nimbus heraustritt; an den Zipfeln seines Frackrocks zerre ich ihn vor das große Publikum. Wie schlafende Riesen liegen hinter uns die verrauschten Jahrhunderte, todt und stumm. Aber alte Historiker, bücherbestaubt und grün bebrillt, und naseweise Poeten prickeln und stacheln sie bisweilen mit ihren spitzigen Federn, und dann fahren sie empor, sie heben ihre Köpfe, sie öffnen den Mund, und halb im Traume erzählen sie uns brockenweis ihre klugen und ihre thörichten Geschichten, - wie es gerade kommt, und bleischwer sinken sie wieder zusammen. Glücklicherweise habe ich es nicht mit den schlafenden Riesen der Jahrhunderte zu thun. Es handelt sich nur um die Vergangenheit des Ritters Schnapphahnski, und lieblos werde ich sie mit meiner Feder emporstacheln, damit die Welt doch endlich sieht, was sie an ihrem Ritter hat, damit unser Schnapphahnski doch endlich zur rechten Anerkennung gelangt. Das Dasein Schnapphahnski's gleicht einer bunten Arabeske. Manchmal wird es Euch an die Avantüren des Chevalier Faublas erinnern; bald an eine Episode aus der Geschichte des Ritters von der Mancha, bald an die Glanzmomente eines Bosco'schen Taschenspielerlebens. Zärtlicher, verliebter Schäfer, rasender Raufbold, Spieler, Diplomat, Soldat, Autor - Alles ist dieser Schnapphahnski - ein liebenswürdig frecher Gesell. - Doch zur Sache! In sechs verschiedenen Lebenslagen werde ich den Ritter schildern. Zuerst ist er verliebt, dann hat er ein Duell; hierauf passirt ihm eine verdrießliche Geschichte, dann besteht er ein Diamantenabentheuer, fünftens reis't er nach Spanien, und sechstens wird er nach dem Rathschluß der Götter gen . . . . . . . . . nationalversammelt, um unter den Gestirnen des Tages zu glänzen als ein erster Stern. Schnapphahnski ist von Geburt ein Wasserpolacke. Ich bitte meine Leser, nicht zu lachen. Schnapphahnski ist ein wunderschöner Mann, den manches allerliebste Frauenzimmerchen recht gern in den kohlschwarzen Bart hineinküssen würde. Der Ritter ist nicht groß, aber er ist hübsch und kräftig gebaut. Ein kleiner, schmaler Fuß, ein rundes Bein, eine gewölbte Brust, ein stolzer Kopf mit schwarzem Knebel- und Schnurrbart, flink und gewandt: das ist der Ritter Schnapphahnski. Ein Mann wie gedrechselt, mit funkelnden Augen, höhnischen Lippen und aristokratisch weißen Händen. Im Monat Mai seines Lebens war der junge, schöne Wasserpolacke Freiwilliger in dem 4. (braunen) Husarenregimente, dessen Stamm in O. in Schlesien stand. Das lautet wieder ganz prosaisch. Aber man denke sich den jungen Fant, dessen Fuß nur auf den Teppich oder in den silbernen Bügel trat, in knapper Uniform, die Reitpeitsche in der Hand, den ersten dunklen Flaum des Bartes auf den zarten Wangen, die Gewandheit eines jungen Katers in jeder Bewegung, und die Lüsternheit blitzend aus beiden Augen - und man wird gestehen müssen, daß es eben kein Wunder war, wenn er einen gewissen Eindruck auf die schöne Gräfin S. machte. Die schöne Gräfin S. verliebte sich in den braunen Husaren. Weshalb sollte sie nicht? Wär' ich die Gräfin S., ich hätte es auch gethan. Der jugendliche Freiwillige war gar zu reizend. Schon damals zeigte sich bei ihm die Gabe der Rede, jenes Talent, was ihm später von so unendlichem Nutzen war, mit dem er so manchen stillen Landtagsabgeordneten in haarsträubendes Erstaunen setzte. Die Worte flossen ihm so glatt von den Lippen, und eine jede Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 69. Köln, Dienstag, 8. August 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Deutschland. 38 Frankfurt, 5. Aug. Die Centren und die Rechte wollen dem „edlen Gagern“ Repräsentationsgelder aussetzen. Hr. Stedtmann (aus Koblenz) kam als Abgesandter des Klubs aus dem „Würtemberger Hof“ zu Trützschler, um mit diesem eine Vereinbarung zu treffen, daß die Sache ohne Diskussion abgemacht werde, um den „edlen Gagern“ nicht in seiner Schamhaftigkeit zu verletzen. Stedtmann sagte, wenn wirklich von Repräsentation die Rede sein solle, werde man Gagern monatlich 5-6000 Gulden geben müssen; im andern Fall 2-3000 fl. Trützschler erklärte, daß die Linke auf diese Forderungen in einem Augenblick nicht eingehen werde, wo der Staatsbankerott in ganz Deutschland vor der Thür stehe, und die enormen Kosten der National-Versammlung nur durch Exekution an den „lumpenbehangenen“ (Ausdruck Heisterbergk's aus den Verhandlungen über die Prügelstrafe) Proletariern aufgetrieben werden; dann verlangte er zu wissen, was Gagern wohl selbst beanspruchen möge. Stedtmann ging fort, und kam in einer Stunde wieder. Gagern, sagte er, habe erklärt, daß er wöchentlich einmal einen Salon zu öffnen wünsche, um die verschiedenen Parteien „um sich“ zu sehen, und die Diplomaten zu empfangen; dazu brauche er ein größeres Lokal, Bedienten, Equipagen; er denke das mit 1000 fl. monatlich bestreiten zu können. Die Centren aber und die Rechte, setzte der Freund Gagerns hinzu, hielten dafür, daß Hr. Gagern sich in dieser Berechnung täusche, und daß man ihm 2000 fl. mindestens aussetzen müsse. Trützschler antwortete, die Linke hielte 600 fl. für hinreichend, um Gagern für seine Ministerstelle zu entschädigen, falls ihm dieser Verlust nicht anderweitig ersetzt wäre; doch wollten sie in dem Falle, daß die Centren sich mit der Linken vereinigten, 1000 fl. bewilligen, im Falle aber daß auf 2000 fl. bestanden würde, das Amendement auf 600 fl. stellen, und auf namentliche Abstimmung dringen. Hr. Stedtmann versicherte darauf, daß die Centren von 2000 fl. nicht abgehen und die Diskussion sofort durch den Ruf nach Schluß abschneiden würden. ‒ Auch erklärte er auf die Frage Trützschlers, daß wenigstens der Ministerpräsident ebensoviel wie Gagern erhalten müsse. Ich theile Ihnen noch folgenden Antrag des Abgeordneten Schlöffel zu dem Artikel 7. §. 26 des Entwurfes über die Grundrechte mit: In Erwägung: 103 Berlin, 5. August. Ein rheinländischer Abgeordneter hat den Vereinbarern eine Denkschrift über die Zweckmäßigkeit der Anlegung von Privatbanken überreichen lassen. Viele Anträge über diesen Gegenstand sind dem Ministerium in den letzten vier Monaten zugegangen, aber die Regierung huldigt andern Prinzipien. Sie kennt nur ein Mittel zur Belebung des Kredits und der Produktion ‒ Konstabler. Wie die kön. Bankverwaltung einer frühern Zeit geleitet worden, beweist der Umstand, daß, um das Defizit zu decken, im Jahr 1846 vom Staatsschatz 2 Millionen der Bank überwiesen werden mußten. Was aber die jetzige preuß. Bank anlangt, die bei einem eigenen nur nominellen, ja selbst fast illusorischen Aktivbestand, nur lediglich auf den Einschüssen der 10 Millionen der Privaten beruht, auch sie befindet sich in dem Stande, daß bei einer heutigen Liquidirung ein wohl nicht unbeträchtliches Defizit notorisch zu Tage treten würde, und außer Stand, ungeachtet ihr in diesem Jahre zur Erweiterung ihrer Geschäfte aus dem Staatsschatze 3 Millionen Thaler überwiesen worden, den gedrängten Provinzen die nöthige Hülfe zu bringen. Das allgemeine Tagesgespräch ist heute, die gestern Abend von den Schutzmännern intentirte Verhaftung der hohen Vereinbarer Rodbertus und v. Berg an der politischen Ecke. Der Lindenklub hatte sich nämlich, trotz des Polizeiverbots, wie alle Abende sehr zahlreich versammelt, als die Konstabler mit der dieser jungen Schöpfung eigenen Brutalität mehrere Verhaftungen völlig unschuldiger Personen vorzunehmen im Begriff standen. Der frühere Staatsminister Rodbertus und Hr. v. Berg treten in diesem Augenblick aus der Kranzlerschen Konditorei und hatten Gelegenheit sich durch den Augenschein von dem ganz gesetzwidrigen Verfahren dieser Bürgerpolizei zu überzeugen und benutzten diese Veranlassung, Einspruch zu thun. Grund genug, daß die Wächter der Freiheit auch sie zu verhaften beschlossen und nur der Umstand, daß Hr. Rodbertus durch Vorzeigung seiner Karte, seine hohe Unverletzlichkeit beurkundete, konnten die beiden Vereinbarer von dem Geleit nach der Wache und von der Uebernachtung auf der Stadtvogtei in der Umgebung mehrerer Trunkenbolde und Taschendiebe befreien. Die Erzeuger dieses liebenswürdigen Instituts der Schutzmannschaft haben es für nothwendig gefunden, die Bevölkerung Berlins über das neugeborene Kind der Liebe ‒ oder der That ‒ aufzuklären. Sie haben eine Anrede an den Straßenecken anheften lassen, mit der Unterschrift „mehrere Schutzmänner.“ Diese Anrede beginnt: „Mitbürger! Nur in der Ordnung kann die Freiheit gedeihen; die Handhabung der Ordnung geschieht aber im Interesse der Freiheit.“ „Freie Völker regieren sich selbst; die Ordnung wird daher bei ihnen auch durch freie Bürger aus ihrer Mitte gehandhabt.“ „Dies war der Gedanke, der die Schutzmannschaft ins Leben rief.“ Schlaft nun ruhig Bürger Berlins, Eure Freiheit wird unter der Aufsicht der Schutzmänner sich aufs Herrlichste entfalten. Nur die sogenannten Freunde der Freiheit und die Männer des Rückschritts verdächtigen dieses Ordnung haltende Institut. Das müßt ihr Alle glauben, die Schutzmänner haben es ja an allen Ecken bekannt gemacht. Alle Klubs und Vereine bereiten sich zu der morgen statt findenden, der Einheit Deutschlands gewidmeten großen Huldigungsfeier vor. Die Vereinbarerversammlung, die Stadtbehörden, alle politischen Korporatioen, alle Gewerke und Innungen sind eingeladen. Auf dem großen Platze zwischen der Universität und dem Opernhause versammeln sich alle Züge mit ihren Fahnen und Musikchören, durchziehen viele Straßen der Stadt und begeben sich nach dem Kreuzberg, wo das große Fest gefeiert wird. Beim Durchzug durch die Stadt wird an mehreren Stellen Halt gemacht, um Reden an das Volk zu halten. Die erste Rede wird von der großen Freitreppe des Museums herab gehalten werden. Die Arbeitseinstellung der Buchdruckergehülfen dauert noch fort. Der Zeitungshalle ist es dadurch unmöglich gemacht zu erscheinen. Vielleicht gelingt es ihr, noch heute einen halben Bogen heraus, zugeben. Die Buchdruckergehülfen haben heute erklärt, ihre Arbeiten nicht eher wieder aufzunehmen, bis alle ihre billigen Vorschläge Seitens der Prinzipale angenommen worden. 14 Berlin, 5. August. Seitdem die Preßfreiheit vermittelst des Staatsanwalts auf ein kümmerliches Restchen reduzirt ist, sind unsere Mauern fast ausschließlich mit den Ergüssen des Stockpatriotismus überschüttet. Die armen kleinen Kolporteurs gehen aber dabei zu Grunde, denn fast Niemand kauft „die Theekessels in Frankfurt, die an allem schuld sind“, oder das „Hurrah für Preußen“ etc. von dem berühmten Buddlmeier, Hermann Goedsche etc. Heute produziren sich auch die Konstabler, und ‒ horribile dictu ‒ die Teltower Rübenbauern als Straßenschriftsteller. Die Herren Konstabler können gar nicht begreifen, warum sie so verhaßt und verachtet sind. Als Berliner Kinder, von denen mehrere sogar am 18. März mitgefochten, verdienten sie unbedingtes Vertrauen (!). Den Grund ihrer Verachtung erklären sie sich wie folgt: „Die Feinde der Ordnung und die Feinde der Freiheit sind es, welche den Saamen der Zwietracht zwischen den Schutzmännern und dem Volke, den Bürgern eines Staats und einer Stadt säen. Die Einen thun es, weil sie die Freiheit nur in der Unordnung sehen und die Macht des Gesetzes fürchten; die Andern, weil sie das Gesetz nicht von freien Bürgern gehandhabt wissen wollen, weil sie auf Zurückführung veralteter Gesetze hoffen und daher in den Schutzmännern das Symbol und die Kraft der Freiheit hassen.“ Unsere Teltower Rübensäcke wollen morgen um 2 Uhr sich um das Denkmal des Kreuzberges schaaren und dort schwarz-weiß patriotisiren. Da um dieselbe Zeit wahrscheinlich unsere Studenten und Demokraten an derselben Stelle eintreffen mit entgegengesetzter Tendenz, so dürfte ein allerliebstes mittelalterliches Rencontre zwischen Bürgern und Bauern entstehen. Ueberhaupt verspricht der morgige Tag eine sehr bunte Unterhaltung. ‒ Auch unter den Studenten ist Zwiespalt. Einige Kameele haben an den Straßenecken anschlagen lassen, daß sie den gestrigen Protest wegen Aushängung der preußischen Fahne desavouiren; gleichwie jene Protestanten sich die Studentenschaft nannten, so könnten sie dasselbe thun etc. Am schwarzen Brette steht nun von Seiten der Angegriffenen die Aufforderung an die Schwarzweißen, ihre Namen dem Portier zu nennen, wenn sie noch ein Fünkchen Ehre besäßen. Diese Arbeitseinstellung findet Nachahmung. Die Kattundrucker verlangen für ihre nichtbeschäftigten Kollegen gegen die Hälfte des üblichen Lohnes Arbeit, was aber die Fabrikanten nicht bewilligen wollen, indem sie vorgaben, nicht soviel Arbeiter auch zum halben Lohn beschäftigen zu können. Die Arbeiter verlangen aber die Einschränkung der Thätigkeiten der Druckmaschinen und an deren Stelle Handarbeit. Der Minister der Arbeit, Hr. Milde, hat erklärt, sich nicht in die Angelegenheit der Arbeiter und der Arbeitseinstellung mischen zu wollen, er überläßt es dem eigenen Uebereinkommen der Arbeiter und ihrer Arbeitgeber. Berlin, 3. August.
Mit dem bereits durch die Zeitungen bekannt gewordenen Armeebefehle Sr. Maj. des Königs von Preußen vom 29. Juli c., in Betreff der Verordnung des Reichskriegsministers, ist gleichzeitig ein Schreiben des preußischen Kriegsmi- Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Sage mir, Muse, die Thaten des vielgewanderten Mannes, Welcher so weit geirrt, nachdem aus Berlin man verbannt ihn; Vieler Menschen Städte geseh'n, und Sitte gelernt hat, Auch bei Don Carlos so viel' unnennbare Leiden erduldet. Gewiß! Vater Homer, der weißbärtige griechische Barde würde nicht den edlen Odüsseus, nein, er würde den edlen Ritter Schnapphahnski besungen haben, wenn Vater Homer nicht zufällig in einer Zeit gelebt hätte, wo man weder Klavier spielte, noch Manilla-Cigarren rauchte, wo man weder an Berlin noch an Don Carlos dachte, und wo man vor allen Dingen noch nicht so glücklich war, ein Feuilleton der Neuen Rheinischen Zeitung zu besitzen. Homer ist todt. Ich lebe. Das letztere freut mich am meisten. Was Homer nicht thun konnte: ich thue es. Homer besang den Odüsseus, ‒ ich verherrliche den Ritter Schnapphahnski. Seltsame Vögel gab es auf Erden ‒ von Adam an bis auf Heinrich Heine. Adam wurde im Paradiese geboren und war ein Mensch; Heine sah das Licht der Welt in Düsseldorf und ist ein Gott ‒ nämlich ein Dichter. Heine wohnt in Paris ‒ dies wissen alle schönen Frauen. Viel artige poetische Kinder zeugte er. Sein jüngster Sohn ist aber ein Bär. Und dieser Bär heißt Atta Troll. Nächst dem großen und dem kleinen Bären dort oben am Himmel, ist dieser Atta Troll der berühmteste Bär unserer Zeit. Meine Leser müssen mir nicht zürnen, daß ich von den Griechen plötzlich auf die Bären komme ‒ die Hauptsache ist aber, daß der Atta Troll in genauem Zusammenhange mit dem Ritter Schnapphahnski steht. In zauberisch-poetischen Nebel gehüllt, sehen wir nämlich in Heine's klingendem Gedichte den Ritter Schnapphahnski zum ersten Male über die Bühne schreiten. Ein komisches zweibeiniges Wesen; in eine Bärin verliebt, der Finanznoth blasse Wehmuth auf den Wangen, beraubt seiner Kriegskasse von zwei und zwanzig Silbergroschen, und die Uhr zurückgelassen im Leihhause vom Pampeluna! Schattenhaft, wie ein Jäger der wilden Jagd, huscht der edle Schnapphahnski an uns vorüber; wir möchten ihn festhalten, einen Augenblick; wir möchten ihm noch einmal in's Auge schau'n, ihn noch einmal vom Wirbel bis zur Zehe betrachten, den geisterhaften, den interessanten Mann ‒ aber fort ist er, ehe wir's uns versehen, und erstaunt fragen wir uns: wer ist dieser Schnapphahnski? Lieber Leser sei nicht unbescheiden! „Zwar Alles weiß ich nicht, doch Viel ist mir bewußt!“ Höre zu, was ich Dir von Schnapphahnski erzählen werde; es ist Zeit, daß der edle Ritter aus seinem zauberisch-poetischen Nimbus heraustritt; an den Zipfeln seines Frackrocks zerre ich ihn vor das große Publikum. Wie schlafende Riesen liegen hinter uns die verrauschten Jahrhunderte, todt und stumm. Aber alte Historiker, bücherbestaubt und grün bebrillt, und naseweise Poeten prickeln und stacheln sie bisweilen mit ihren spitzigen Federn, und dann fahren sie empor, sie heben ihre Köpfe, sie öffnen den Mund, und halb im Traume erzählen sie uns brockenweis ihre klugen und ihre thörichten Geschichten, ‒ wie es gerade kommt, und bleischwer sinken sie wieder zusammen. Glücklicherweise habe ich es nicht mit den schlafenden Riesen der Jahrhunderte zu thun. Es handelt sich nur um die Vergangenheit des Ritters Schnapphahnski, und lieblos werde ich sie mit meiner Feder emporstacheln, damit die Welt doch endlich sieht, was sie an ihrem Ritter hat, damit unser Schnapphahnski doch endlich zur rechten Anerkennung gelangt. Das Dasein Schnapphahnski's gleicht einer bunten Arabeske. Manchmal wird es Euch an die Avantüren des Chevalier Faublas erinnern; bald an eine Episode aus der Geschichte des Ritters von der Mancha, bald an die Glanzmomente eines Bosco'schen Taschenspielerlebens. Zärtlicher, verliebter Schäfer, rasender Raufbold, Spieler, Diplomat, Soldat, Autor ‒ Alles ist dieser Schnapphahnski ‒ ein liebenswürdig frecher Gesell. ‒ Doch zur Sache! In sechs verschiedenen Lebenslagen werde ich den Ritter schildern. Zuerst ist er verliebt, dann hat er ein Duell; hierauf passirt ihm eine verdrießliche Geschichte, dann besteht er ein Diamantenabentheuer, fünftens reis't er nach Spanien, und sechstens wird er nach dem Rathschluß der Götter gen . . . . . . . . . nationalversammelt, um unter den Gestirnen des Tages zu glänzen als ein erster Stern. Schnapphahnski ist von Geburt ein Wasserpolacke. Ich bitte meine Leser, nicht zu lachen. Schnapphahnski ist ein wunderschöner Mann, den manches allerliebste Frauenzimmerchen recht gern in den kohlschwarzen Bart hineinküssen würde. Der Ritter ist nicht groß, aber er ist hübsch und kräftig gebaut. Ein kleiner, schmaler Fuß, ein rundes Bein, eine gewölbte Brust, ein stolzer Kopf mit schwarzem Knebel- und Schnurrbart, flink und gewandt: das ist der Ritter Schnapphahnski. Ein Mann wie gedrechselt, mit funkelnden Augen, höhnischen Lippen und aristokratisch weißen Händen. Im Monat Mai seines Lebens war der junge, schöne Wasserpolacke Freiwilliger in dem 4. (braunen) Husarenregimente, dessen Stamm in O. in Schlesien stand. Das lautet wieder ganz prosaisch. Aber man denke sich den jungen Fant, dessen Fuß nur auf den Teppich oder in den silbernen Bügel trat, in knapper Uniform, die Reitpeitsche in der Hand, den ersten dunklen Flaum des Bartes auf den zarten Wangen, die Gewandheit eines jungen Katers in jeder Bewegung, und die Lüsternheit blitzend aus beiden Augen ‒ und man wird gestehen müssen, daß es eben kein Wunder war, wenn er einen gewissen Eindruck auf die schöne Gräfin S. machte. Die schöne Gräfin S. verliebte sich in den braunen Husaren. Weshalb sollte sie nicht? Wär' ich die Gräfin S., ich hätte es auch gethan. Der jugendliche Freiwillige war gar zu reizend. Schon damals zeigte sich bei ihm die Gabe der Rede, jenes Talent, was ihm später von so unendlichem Nutzen war, mit dem er so manchen stillen Landtagsabgeordneten in haarsträubendes Erstaunen setzte. Die Worte flossen ihm so glatt von den Lippen, und eine jede <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0345"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 69. Köln, Dienstag, 8. August 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. <hi rendition="#g">Alexander,</hi> Nr. 28, Brandgasse in <hi rendition="#g">Straßburg,</hi> und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. <hi rendition="#g">J. J. Ewer</hi> & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.</p> <p>Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. <hi rendition="#g">Inserate:</hi> die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.</p> </div> <div n="1"> <head>Deutschland.</head> <div xml:id="ar069_001" type="jArticle"> <head><bibl><author>38</author></bibl> Frankfurt, 5. Aug.</head> <p>Die Centren und die Rechte wollen dem „edlen Gagern“ <hi rendition="#g">Repräsentationsgelder</hi> aussetzen. Hr. Stedtmann (aus Koblenz) kam als Abgesandter des Klubs aus dem „Würtemberger Hof“ zu <hi rendition="#g">Trützschler,</hi> um mit diesem eine Vereinbarung zu treffen, daß die Sache <hi rendition="#g">ohne Diskussion</hi> abgemacht werde, um den „edlen Gagern“ nicht in seiner Schamhaftigkeit zu verletzen. Stedtmann sagte, wenn wirklich von Repräsentation die Rede sein solle, werde man Gagern <hi rendition="#g">monatlich</hi> 5-6000 Gulden geben müssen; im andern Fall 2-3000 fl. Trützschler erklärte, daß die Linke auf diese Forderungen in einem Augenblick nicht eingehen werde, wo der Staatsbankerott in ganz Deutschland vor der Thür stehe, und die enormen Kosten der National-Versammlung nur durch Exekution an den „lumpenbehangenen“ (Ausdruck Heisterbergk's aus den Verhandlungen über die Prügelstrafe) Proletariern aufgetrieben werden; dann verlangte er zu wissen, was <hi rendition="#g">Gagern</hi> wohl selbst beanspruchen möge. Stedtmann ging fort, und kam in einer Stunde wieder. Gagern, sagte er, habe erklärt, daß er wöchentlich einmal einen Salon zu öffnen wünsche, um die verschiedenen Parteien „<hi rendition="#g">um sich</hi>“ zu sehen, und die Diplomaten zu empfangen; dazu brauche er ein größeres Lokal, Bedienten, Equipagen; er denke das mit 1000 fl. monatlich bestreiten zu können. Die Centren aber und die Rechte, setzte der Freund Gagerns hinzu, hielten dafür, daß Hr. Gagern sich in dieser Berechnung <hi rendition="#g">täusche,</hi> und daß man ihm 2000 fl. mindestens aussetzen müsse. Trützschler antwortete, die Linke hielte 600 fl. für hinreichend, um Gagern für seine Ministerstelle zu entschädigen, <hi rendition="#g">falls ihm dieser Verlust nicht anderweitig ersetzt wäre;</hi> doch wollten sie in dem Falle, daß die Centren sich mit der Linken vereinigten, 1000 fl. bewilligen, im Falle aber daß auf 2000 fl. bestanden würde, das Amendement auf 600 fl. stellen, und auf <hi rendition="#g">namentliche</hi> Abstimmung dringen. Hr. Stedtmann versicherte darauf, daß die Centren von 2000 fl. nicht abgehen und die Diskussion <hi rendition="#g">sofort</hi> durch den Ruf nach Schluß abschneiden würden. ‒ Auch erklärte er auf die Frage Trützschlers, daß <hi rendition="#g">wenigstens</hi> der Ministerpräsident ebensoviel wie Gagern erhalten müsse. Ich theile Ihnen noch folgenden Antrag des Abgeordneten Schlöffel zu dem Artikel 7. §. 26 des Entwurfes über die Grundrechte mit:</p> <p>In Erwägung:<lb/><hi rendition="#et">daß in mehreren deutschen Arbeiterbezirken seit langen Jahren Erwerbsmangel besteht, welcher zum größten Theil aus mangelhaften Regierungsgrundsätzen sich herleitet:<lb/> daß eine Beseitigung dieses Erwerbsmangels durch Hebung der Industriezweige in angemessenem Verhältnisse der vorhandenen Arbeitskräfte, mit Rücksicht auf die bereits gemachten Versuche und Erfahrungen, nicht in Aussicht steht:<lb/> daß die zur Ernährung erforderlichen Produkte in übervölkerten Arbeiterbezirken, z. B. im schlesischen Riesengebirge, nicht ausreichend erzeugt, sondern aus der Ferne bezogen und hierdurch vertheuert werden:<lb/> daß die seit der napoleonischen Kontinentalsperre im schlesischen Riesengebirge sinkende Linnenindustrie gegenwärtig eine Noth unter der Weber- und Spinner-Bevölkerung erzeugt hat, welche mehr als Hunderttausend Familien mit der Hungerpest bedroht:<lb/> daß die durch Hunger geschwächten Weber und Spinner zur Auswanderung in überseeische Gebiete unfähig geworden, und<lb/> daß diese, durch, von der Regierung verschuldeten, unglücklichen gesellschaftlichen Verhältnisse beispiellos bedrückten armen Genossen dem Verderben nicht Preis gegeben werden dürfen:</hi> beantrage ich, die konstituirende deutsche National-Versammlung wolle beschließen:<lb/><hi rendition="#et">daß im Interesse der erwerblosen vaterländischen Genossen, eine Kolonisirung im Innern des Vaterlandes hergestellt, und zu diesem Zwecke<lb/> a) die Staatsdomänen parcellirt, und an die Erwerblosen gegen jährliche, billig angemessene Renten überlassen,<lb/> b) der in todter Hand [#] Boden gleichfalls hierzu verwendet, und<lb/> c) alle die Anhäufung, resp. Ausdehnung des großen Grundbesitzes in Fideikommissen, Majoraten und sogenannten Rittergütern begünstigenden Bestimmungen und Verordnungen aufgehoben werden.</hi> </p> </div> <div xml:id="ar069_002" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 5. August.</head> <p>Ein rheinländischer Abgeordneter hat den Vereinbarern eine Denkschrift über die Zweckmäßigkeit der Anlegung von Privatbanken überreichen lassen. Viele Anträge über diesen Gegenstand sind dem Ministerium in den letzten vier Monaten zugegangen, aber die Regierung huldigt andern Prinzipien. Sie kennt nur ein Mittel zur Belebung des Kredits und der Produktion ‒ Konstabler.</p> <p>Wie die kön. Bankverwaltung einer frühern Zeit geleitet worden, beweist der Umstand, daß, um das Defizit zu decken, im Jahr 1846 vom Staatsschatz 2 Millionen der Bank überwiesen werden mußten. Was aber die jetzige preuß. Bank anlangt, die bei einem eigenen nur nominellen, ja selbst fast illusorischen Aktivbestand, nur lediglich auf den Einschüssen der 10 Millionen der Privaten beruht, auch sie befindet sich in dem Stande, daß bei einer heutigen Liquidirung ein wohl nicht unbeträchtliches Defizit notorisch zu Tage treten würde, und außer Stand, ungeachtet ihr in diesem Jahre zur Erweiterung ihrer Geschäfte aus dem Staatsschatze 3 Millionen Thaler überwiesen worden, den gedrängten Provinzen die nöthige Hülfe zu bringen.</p> <p>Das allgemeine Tagesgespräch ist heute, die gestern Abend von den Schutzmännern intentirte Verhaftung der hohen Vereinbarer Rodbertus und v. Berg an der politischen Ecke. Der Lindenklub hatte sich nämlich, trotz des Polizeiverbots, wie alle Abende sehr zahlreich versammelt, als die Konstabler mit der dieser jungen Schöpfung eigenen Brutalität mehrere Verhaftungen völlig unschuldiger Personen vorzunehmen im Begriff standen. Der frühere Staatsminister Rodbertus und Hr. v. Berg treten in diesem Augenblick aus der Kranzlerschen Konditorei und hatten Gelegenheit sich durch den Augenschein von dem ganz gesetzwidrigen Verfahren dieser Bürgerpolizei zu überzeugen und benutzten diese Veranlassung, Einspruch zu thun. Grund genug, daß die Wächter der Freiheit auch sie zu verhaften beschlossen und nur der Umstand, daß Hr. Rodbertus durch Vorzeigung seiner Karte, seine hohe Unverletzlichkeit beurkundete, konnten die beiden Vereinbarer von dem Geleit nach der Wache und von der Uebernachtung auf der Stadtvogtei in der Umgebung mehrerer Trunkenbolde und Taschendiebe befreien.</p> <p>Die Erzeuger dieses liebenswürdigen Instituts der Schutzmannschaft haben es für nothwendig gefunden, die Bevölkerung Berlins über das neugeborene Kind der Liebe ‒ oder der That ‒ aufzuklären. Sie haben eine Anrede an den Straßenecken anheften lassen, mit der Unterschrift „mehrere Schutzmänner.“ Diese Anrede beginnt: „Mitbürger! Nur in der Ordnung kann die Freiheit gedeihen; die Handhabung der Ordnung geschieht aber im Interesse der Freiheit.“</p> <p>„Freie Völker regieren sich selbst; die Ordnung wird daher bei ihnen auch durch freie Bürger aus ihrer Mitte gehandhabt.“</p> <p>„Dies war der Gedanke, der die Schutzmannschaft ins Leben rief.“</p> <p>Schlaft nun ruhig Bürger Berlins, Eure Freiheit wird unter der Aufsicht der Schutzmänner sich aufs Herrlichste entfalten. Nur die sogenannten Freunde der Freiheit und die Männer des Rückschritts verdächtigen dieses Ordnung haltende Institut. Das müßt ihr Alle glauben, die Schutzmänner haben es ja an allen Ecken bekannt gemacht.</p> <p>Alle Klubs und Vereine bereiten sich zu der morgen statt findenden, der <hi rendition="#g">Einheit Deutschlands</hi> gewidmeten großen Huldigungsfeier vor. Die Vereinbarerversammlung, die Stadtbehörden, alle politischen Korporatioen, alle Gewerke und Innungen sind eingeladen. Auf dem großen Platze zwischen der Universität und dem Opernhause versammeln sich alle Züge mit ihren Fahnen und Musikchören, durchziehen viele Straßen der Stadt und begeben sich nach dem Kreuzberg, wo das große Fest gefeiert wird. Beim Durchzug durch die Stadt wird an mehreren Stellen Halt gemacht, um Reden an das Volk zu halten. Die erste Rede wird von der großen Freitreppe des Museums herab gehalten werden.</p> <p>Die Arbeitseinstellung der Buchdruckergehülfen dauert noch fort. Der Zeitungshalle ist es dadurch unmöglich gemacht zu erscheinen. Vielleicht gelingt es ihr, noch heute einen halben Bogen heraus, zugeben. Die Buchdruckergehülfen haben heute erklärt, ihre Arbeiten nicht eher wieder aufzunehmen, bis <hi rendition="#g">alle</hi> ihre billigen Vorschläge Seitens der Prinzipale angenommen worden.</p> </div> <div xml:id="ar069_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>14</author></bibl> Berlin, 5. August.</head> <p>Seitdem die Preßfreiheit vermittelst des Staatsanwalts auf ein kümmerliches Restchen reduzirt ist, sind unsere Mauern fast ausschließlich mit den Ergüssen des Stockpatriotismus überschüttet. Die armen kleinen Kolporteurs gehen aber dabei zu Grunde, denn fast Niemand kauft „die Theekessels in Frankfurt, die an allem schuld sind“, oder das „Hurrah für Preußen“ etc. von dem berühmten Buddlmeier, Hermann Goedsche etc. Heute produziren sich auch die Konstabler, und ‒ horribile dictu ‒ die Teltower Rübenbauern als Straßenschriftsteller. Die Herren Konstabler können gar nicht begreifen, warum sie so verhaßt und verachtet sind. Als Berliner Kinder, von denen mehrere sogar am 18. März mitgefochten, verdienten sie unbedingtes Vertrauen (!). Den Grund ihrer Verachtung erklären sie sich wie folgt: „Die Feinde der Ordnung und die Feinde der Freiheit sind es, welche den Saamen der Zwietracht zwischen den Schutzmännern und dem Volke, den Bürgern eines Staats und einer Stadt säen. Die Einen thun es, weil sie die Freiheit nur in der Unordnung sehen und die Macht des Gesetzes fürchten; die Andern, weil sie das Gesetz nicht von freien Bürgern gehandhabt wissen wollen, weil sie auf Zurückführung veralteter Gesetze hoffen und daher in den Schutzmännern <hi rendition="#g">das Symbol und die Kraft der Freiheit</hi> hassen.“ Unsere Teltower Rübensäcke wollen morgen um 2 Uhr sich um das Denkmal des Kreuzberges schaaren und dort schwarz-weiß patriotisiren. Da um dieselbe Zeit wahrscheinlich unsere Studenten und Demokraten an derselben Stelle eintreffen mit entgegengesetzter Tendenz, so dürfte ein allerliebstes mittelalterliches Rencontre zwischen Bürgern und Bauern entstehen. Ueberhaupt verspricht der morgige Tag eine sehr bunte Unterhaltung. ‒ Auch unter den Studenten ist Zwiespalt. Einige Kameele haben an den Straßenecken anschlagen lassen, daß sie den gestrigen Protest wegen Aushängung der preußischen Fahne desavouiren; gleichwie jene Protestanten sich die Studentenschaft nannten, so könnten sie dasselbe thun etc. Am schwarzen Brette steht nun von Seiten der Angegriffenen die Aufforderung an die Schwarzweißen, ihre Namen dem Portier zu nennen, wenn sie noch ein Fünkchen Ehre besäßen.</p> <p>Diese Arbeitseinstellung findet Nachahmung. Die Kattundrucker verlangen für ihre nichtbeschäftigten Kollegen gegen die Hälfte des üblichen Lohnes Arbeit, was aber die Fabrikanten nicht bewilligen wollen, indem sie vorgaben, nicht soviel Arbeiter auch zum halben Lohn beschäftigen zu können. Die Arbeiter verlangen aber die Einschränkung der Thätigkeiten der Druckmaschinen und an deren Stelle Handarbeit.</p> <p>Der Minister der Arbeit, Hr. Milde, hat erklärt, sich nicht in die Angelegenheit der Arbeiter und der Arbeitseinstellung mischen zu wollen, er überläßt es dem eigenen Uebereinkommen der Arbeiter und ihrer Arbeitgeber.</p> </div> <div xml:id="ar069_004" type="jArticle"> <head>Berlin, 3. August.</head> <p>Mit dem bereits durch die Zeitungen bekannt gewordenen Armeebefehle Sr. Maj. des Königs von Preußen vom 29. Juli c., in Betreff der Verordnung des Reichskriegsministers, ist gleichzeitig ein Schreiben des preußischen Kriegsmi-</p> </div> </div> <div type="jFeuilleton" n="1"> <div xml:id="ar069_005" type="jArticle"> <head>Leben und Thaten des berühmten Ritters <hi rendition="#g">Schnapphahnski.</hi> </head> <lg type="poem"> <l>Sage mir, Muse, die Thaten des vielgewanderten Mannes,</l><lb/> <l>Welcher so weit geirrt, nachdem aus Berlin man verbannt ihn;</l><lb/> <l>Vieler Menschen Städte geseh'n, und Sitte gelernt hat,</l><lb/> <l>Auch bei Don Carlos so viel' unnennbare Leiden erduldet.</l><lb/> </lg> <p>Gewiß! Vater Homer, der weißbärtige griechische Barde würde nicht den edlen Odüsseus, nein, er würde den edlen Ritter Schnapphahnski besungen haben, wenn Vater Homer nicht zufällig in einer Zeit gelebt hätte, wo man weder Klavier spielte, noch Manilla-Cigarren rauchte, wo man weder an Berlin noch an Don Carlos dachte, und wo man vor allen Dingen noch nicht so glücklich war, ein Feuilleton der Neuen Rheinischen Zeitung zu besitzen.</p> <p>Homer ist todt. <hi rendition="#g">Ich</hi> lebe. Das letztere freut mich am meisten. Was Homer nicht thun konnte: ich thue es. Homer besang den Odüsseus, ‒ ich verherrliche den Ritter Schnapphahnski.</p> <p>Seltsame Vögel gab es auf Erden ‒ von Adam an bis auf Heinrich Heine. Adam wurde im Paradiese geboren und war ein Mensch; Heine sah das Licht der Welt in Düsseldorf und ist ein Gott ‒ nämlich ein Dichter.</p> <p>Heine wohnt in Paris ‒ dies wissen alle schönen Frauen. Viel artige poetische Kinder zeugte er. Sein jüngster Sohn ist aber ein Bär. Und dieser Bär heißt Atta Troll. Nächst dem großen und dem kleinen Bären dort oben am Himmel, ist dieser Atta Troll der berühmteste Bär unserer Zeit.</p> <p>Meine Leser müssen mir nicht zürnen, daß ich von den Griechen plötzlich auf die Bären komme ‒ die Hauptsache ist aber, daß der Atta Troll in genauem Zusammenhange mit dem Ritter Schnapphahnski steht. In zauberisch-poetischen Nebel gehüllt, sehen wir nämlich in Heine's klingendem Gedichte den Ritter Schnapphahnski zum ersten Male über die Bühne schreiten. Ein komisches zweibeiniges Wesen; in eine Bärin verliebt, der Finanznoth blasse Wehmuth auf den Wangen, beraubt seiner Kriegskasse von zwei und zwanzig Silbergroschen, und die Uhr zurückgelassen im Leihhause vom Pampeluna!</p> <p>Schattenhaft, wie ein Jäger der wilden Jagd, huscht der edle Schnapphahnski an uns vorüber; wir möchten ihn festhalten, einen Augenblick; wir möchten ihm noch einmal in's Auge schau'n, ihn noch einmal vom Wirbel bis zur Zehe betrachten, den geisterhaften, den interessanten Mann ‒ aber fort ist er, ehe wir's uns versehen, und erstaunt fragen wir uns: wer ist dieser Schnapphahnski?</p> <p>Lieber Leser sei nicht unbescheiden! „Zwar Alles weiß ich nicht, doch Viel ist mir bewußt!“ Höre zu, was ich Dir von Schnapphahnski erzählen werde; es ist Zeit, daß der edle Ritter aus seinem zauberisch-poetischen Nimbus heraustritt; an den Zipfeln seines Frackrocks zerre ich ihn vor das große Publikum.</p> <p>Wie schlafende Riesen liegen hinter uns die verrauschten Jahrhunderte, todt und stumm. Aber alte Historiker, bücherbestaubt und grün bebrillt, und naseweise Poeten prickeln und stacheln sie bisweilen mit ihren spitzigen Federn, und dann fahren sie empor, sie heben ihre Köpfe, sie öffnen den Mund, und halb im Traume erzählen sie uns brockenweis ihre klugen und ihre thörichten Geschichten, ‒ wie es gerade kommt, und bleischwer sinken sie wieder zusammen.</p> <p>Glücklicherweise habe ich es nicht mit den schlafenden Riesen der Jahrhunderte zu thun. Es handelt sich nur um die Vergangenheit des Ritters Schnapphahnski, und lieblos werde ich sie mit meiner Feder emporstacheln, damit die Welt doch endlich sieht, was sie an ihrem Ritter hat, damit unser Schnapphahnski doch endlich zur rechten Anerkennung gelangt.</p> <p>Das Dasein Schnapphahnski's gleicht einer bunten Arabeske. Manchmal wird es Euch an die Avantüren des Chevalier Faublas erinnern; bald an eine Episode aus der Geschichte des Ritters von der Mancha, bald an die Glanzmomente eines Bosco'schen Taschenspielerlebens.</p> <p>Zärtlicher, verliebter Schäfer, rasender Raufbold, Spieler, Diplomat, Soldat, Autor ‒ Alles ist dieser Schnapphahnski ‒ ein liebenswürdig frecher Gesell. ‒ Doch zur Sache!</p> <p>In sechs verschiedenen Lebenslagen werde ich den Ritter schildern. Zuerst ist er verliebt, dann hat er ein Duell; hierauf passirt ihm eine verdrießliche Geschichte, dann besteht er ein Diamantenabentheuer, fünftens reis't er nach Spanien, und sechstens wird er nach dem Rathschluß der Götter gen . . . . . . . . . nationalversammelt, um unter den Gestirnen des Tages zu glänzen als ein erster Stern.</p> <p>Schnapphahnski ist von Geburt ein Wasserpolacke. Ich bitte meine Leser, nicht zu lachen. Schnapphahnski ist ein wunderschöner Mann, den manches allerliebste Frauenzimmerchen recht gern in den kohlschwarzen Bart hineinküssen würde. Der Ritter ist nicht groß, aber er ist hübsch und kräftig gebaut. Ein kleiner, schmaler Fuß, ein rundes Bein, eine gewölbte Brust, ein stolzer Kopf mit schwarzem Knebel- und Schnurrbart, flink und gewandt: das ist der Ritter Schnapphahnski. Ein Mann wie gedrechselt, mit funkelnden Augen, höhnischen Lippen und aristokratisch weißen Händen.</p> <p>Im Monat Mai seines Lebens war der junge, schöne Wasserpolacke Freiwilliger in dem 4. (braunen) Husarenregimente, dessen Stamm in O. in Schlesien stand.</p> <p>Das lautet wieder ganz prosaisch. Aber man denke sich den jungen Fant, dessen Fuß nur auf den Teppich oder in den silbernen Bügel trat, in knapper Uniform, die Reitpeitsche in der Hand, den ersten dunklen Flaum des Bartes auf den zarten Wangen, die Gewandheit eines jungen Katers in jeder Bewegung, und die Lüsternheit blitzend aus beiden Augen ‒ und man wird gestehen müssen, daß es eben kein Wunder war, wenn er einen gewissen Eindruck auf die schöne Gräfin S. machte.</p> <p>Die schöne Gräfin S. verliebte sich in den braunen Husaren. Weshalb sollte sie nicht? Wär' ich die Gräfin S., ich hätte es auch gethan. Der jugendliche Freiwillige war gar zu reizend. Schon damals zeigte sich bei ihm die Gabe der Rede, jenes Talent, was ihm später von so unendlichem Nutzen war, mit dem er so manchen stillen Landtagsabgeordneten in haarsträubendes Erstaunen setzte. Die Worte flossen ihm so glatt von den Lippen, und eine jede </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0345/0001]
Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 69. Köln, Dienstag, 8. August 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J. J. Ewer & Comp. 72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich.
Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung.
Deutschland. 38 Frankfurt, 5. Aug. Die Centren und die Rechte wollen dem „edlen Gagern“ Repräsentationsgelder aussetzen. Hr. Stedtmann (aus Koblenz) kam als Abgesandter des Klubs aus dem „Würtemberger Hof“ zu Trützschler, um mit diesem eine Vereinbarung zu treffen, daß die Sache ohne Diskussion abgemacht werde, um den „edlen Gagern“ nicht in seiner Schamhaftigkeit zu verletzen. Stedtmann sagte, wenn wirklich von Repräsentation die Rede sein solle, werde man Gagern monatlich 5-6000 Gulden geben müssen; im andern Fall 2-3000 fl. Trützschler erklärte, daß die Linke auf diese Forderungen in einem Augenblick nicht eingehen werde, wo der Staatsbankerott in ganz Deutschland vor der Thür stehe, und die enormen Kosten der National-Versammlung nur durch Exekution an den „lumpenbehangenen“ (Ausdruck Heisterbergk's aus den Verhandlungen über die Prügelstrafe) Proletariern aufgetrieben werden; dann verlangte er zu wissen, was Gagern wohl selbst beanspruchen möge. Stedtmann ging fort, und kam in einer Stunde wieder. Gagern, sagte er, habe erklärt, daß er wöchentlich einmal einen Salon zu öffnen wünsche, um die verschiedenen Parteien „um sich“ zu sehen, und die Diplomaten zu empfangen; dazu brauche er ein größeres Lokal, Bedienten, Equipagen; er denke das mit 1000 fl. monatlich bestreiten zu können. Die Centren aber und die Rechte, setzte der Freund Gagerns hinzu, hielten dafür, daß Hr. Gagern sich in dieser Berechnung täusche, und daß man ihm 2000 fl. mindestens aussetzen müsse. Trützschler antwortete, die Linke hielte 600 fl. für hinreichend, um Gagern für seine Ministerstelle zu entschädigen, falls ihm dieser Verlust nicht anderweitig ersetzt wäre; doch wollten sie in dem Falle, daß die Centren sich mit der Linken vereinigten, 1000 fl. bewilligen, im Falle aber daß auf 2000 fl. bestanden würde, das Amendement auf 600 fl. stellen, und auf namentliche Abstimmung dringen. Hr. Stedtmann versicherte darauf, daß die Centren von 2000 fl. nicht abgehen und die Diskussion sofort durch den Ruf nach Schluß abschneiden würden. ‒ Auch erklärte er auf die Frage Trützschlers, daß wenigstens der Ministerpräsident ebensoviel wie Gagern erhalten müsse. Ich theile Ihnen noch folgenden Antrag des Abgeordneten Schlöffel zu dem Artikel 7. §. 26 des Entwurfes über die Grundrechte mit:
In Erwägung:
daß in mehreren deutschen Arbeiterbezirken seit langen Jahren Erwerbsmangel besteht, welcher zum größten Theil aus mangelhaften Regierungsgrundsätzen sich herleitet:
daß eine Beseitigung dieses Erwerbsmangels durch Hebung der Industriezweige in angemessenem Verhältnisse der vorhandenen Arbeitskräfte, mit Rücksicht auf die bereits gemachten Versuche und Erfahrungen, nicht in Aussicht steht:
daß die zur Ernährung erforderlichen Produkte in übervölkerten Arbeiterbezirken, z. B. im schlesischen Riesengebirge, nicht ausreichend erzeugt, sondern aus der Ferne bezogen und hierdurch vertheuert werden:
daß die seit der napoleonischen Kontinentalsperre im schlesischen Riesengebirge sinkende Linnenindustrie gegenwärtig eine Noth unter der Weber- und Spinner-Bevölkerung erzeugt hat, welche mehr als Hunderttausend Familien mit der Hungerpest bedroht:
daß die durch Hunger geschwächten Weber und Spinner zur Auswanderung in überseeische Gebiete unfähig geworden, und
daß diese, durch, von der Regierung verschuldeten, unglücklichen gesellschaftlichen Verhältnisse beispiellos bedrückten armen Genossen dem Verderben nicht Preis gegeben werden dürfen: beantrage ich, die konstituirende deutsche National-Versammlung wolle beschließen:
daß im Interesse der erwerblosen vaterländischen Genossen, eine Kolonisirung im Innern des Vaterlandes hergestellt, und zu diesem Zwecke
a) die Staatsdomänen parcellirt, und an die Erwerblosen gegen jährliche, billig angemessene Renten überlassen,
b) der in todter Hand [#] Boden gleichfalls hierzu verwendet, und
c) alle die Anhäufung, resp. Ausdehnung des großen Grundbesitzes in Fideikommissen, Majoraten und sogenannten Rittergütern begünstigenden Bestimmungen und Verordnungen aufgehoben werden.
103 Berlin, 5. August. Ein rheinländischer Abgeordneter hat den Vereinbarern eine Denkschrift über die Zweckmäßigkeit der Anlegung von Privatbanken überreichen lassen. Viele Anträge über diesen Gegenstand sind dem Ministerium in den letzten vier Monaten zugegangen, aber die Regierung huldigt andern Prinzipien. Sie kennt nur ein Mittel zur Belebung des Kredits und der Produktion ‒ Konstabler.
Wie die kön. Bankverwaltung einer frühern Zeit geleitet worden, beweist der Umstand, daß, um das Defizit zu decken, im Jahr 1846 vom Staatsschatz 2 Millionen der Bank überwiesen werden mußten. Was aber die jetzige preuß. Bank anlangt, die bei einem eigenen nur nominellen, ja selbst fast illusorischen Aktivbestand, nur lediglich auf den Einschüssen der 10 Millionen der Privaten beruht, auch sie befindet sich in dem Stande, daß bei einer heutigen Liquidirung ein wohl nicht unbeträchtliches Defizit notorisch zu Tage treten würde, und außer Stand, ungeachtet ihr in diesem Jahre zur Erweiterung ihrer Geschäfte aus dem Staatsschatze 3 Millionen Thaler überwiesen worden, den gedrängten Provinzen die nöthige Hülfe zu bringen.
Das allgemeine Tagesgespräch ist heute, die gestern Abend von den Schutzmännern intentirte Verhaftung der hohen Vereinbarer Rodbertus und v. Berg an der politischen Ecke. Der Lindenklub hatte sich nämlich, trotz des Polizeiverbots, wie alle Abende sehr zahlreich versammelt, als die Konstabler mit der dieser jungen Schöpfung eigenen Brutalität mehrere Verhaftungen völlig unschuldiger Personen vorzunehmen im Begriff standen. Der frühere Staatsminister Rodbertus und Hr. v. Berg treten in diesem Augenblick aus der Kranzlerschen Konditorei und hatten Gelegenheit sich durch den Augenschein von dem ganz gesetzwidrigen Verfahren dieser Bürgerpolizei zu überzeugen und benutzten diese Veranlassung, Einspruch zu thun. Grund genug, daß die Wächter der Freiheit auch sie zu verhaften beschlossen und nur der Umstand, daß Hr. Rodbertus durch Vorzeigung seiner Karte, seine hohe Unverletzlichkeit beurkundete, konnten die beiden Vereinbarer von dem Geleit nach der Wache und von der Uebernachtung auf der Stadtvogtei in der Umgebung mehrerer Trunkenbolde und Taschendiebe befreien.
Die Erzeuger dieses liebenswürdigen Instituts der Schutzmannschaft haben es für nothwendig gefunden, die Bevölkerung Berlins über das neugeborene Kind der Liebe ‒ oder der That ‒ aufzuklären. Sie haben eine Anrede an den Straßenecken anheften lassen, mit der Unterschrift „mehrere Schutzmänner.“ Diese Anrede beginnt: „Mitbürger! Nur in der Ordnung kann die Freiheit gedeihen; die Handhabung der Ordnung geschieht aber im Interesse der Freiheit.“
„Freie Völker regieren sich selbst; die Ordnung wird daher bei ihnen auch durch freie Bürger aus ihrer Mitte gehandhabt.“
„Dies war der Gedanke, der die Schutzmannschaft ins Leben rief.“
Schlaft nun ruhig Bürger Berlins, Eure Freiheit wird unter der Aufsicht der Schutzmänner sich aufs Herrlichste entfalten. Nur die sogenannten Freunde der Freiheit und die Männer des Rückschritts verdächtigen dieses Ordnung haltende Institut. Das müßt ihr Alle glauben, die Schutzmänner haben es ja an allen Ecken bekannt gemacht.
Alle Klubs und Vereine bereiten sich zu der morgen statt findenden, der Einheit Deutschlands gewidmeten großen Huldigungsfeier vor. Die Vereinbarerversammlung, die Stadtbehörden, alle politischen Korporatioen, alle Gewerke und Innungen sind eingeladen. Auf dem großen Platze zwischen der Universität und dem Opernhause versammeln sich alle Züge mit ihren Fahnen und Musikchören, durchziehen viele Straßen der Stadt und begeben sich nach dem Kreuzberg, wo das große Fest gefeiert wird. Beim Durchzug durch die Stadt wird an mehreren Stellen Halt gemacht, um Reden an das Volk zu halten. Die erste Rede wird von der großen Freitreppe des Museums herab gehalten werden.
Die Arbeitseinstellung der Buchdruckergehülfen dauert noch fort. Der Zeitungshalle ist es dadurch unmöglich gemacht zu erscheinen. Vielleicht gelingt es ihr, noch heute einen halben Bogen heraus, zugeben. Die Buchdruckergehülfen haben heute erklärt, ihre Arbeiten nicht eher wieder aufzunehmen, bis alle ihre billigen Vorschläge Seitens der Prinzipale angenommen worden.
14 Berlin, 5. August. Seitdem die Preßfreiheit vermittelst des Staatsanwalts auf ein kümmerliches Restchen reduzirt ist, sind unsere Mauern fast ausschließlich mit den Ergüssen des Stockpatriotismus überschüttet. Die armen kleinen Kolporteurs gehen aber dabei zu Grunde, denn fast Niemand kauft „die Theekessels in Frankfurt, die an allem schuld sind“, oder das „Hurrah für Preußen“ etc. von dem berühmten Buddlmeier, Hermann Goedsche etc. Heute produziren sich auch die Konstabler, und ‒ horribile dictu ‒ die Teltower Rübenbauern als Straßenschriftsteller. Die Herren Konstabler können gar nicht begreifen, warum sie so verhaßt und verachtet sind. Als Berliner Kinder, von denen mehrere sogar am 18. März mitgefochten, verdienten sie unbedingtes Vertrauen (!). Den Grund ihrer Verachtung erklären sie sich wie folgt: „Die Feinde der Ordnung und die Feinde der Freiheit sind es, welche den Saamen der Zwietracht zwischen den Schutzmännern und dem Volke, den Bürgern eines Staats und einer Stadt säen. Die Einen thun es, weil sie die Freiheit nur in der Unordnung sehen und die Macht des Gesetzes fürchten; die Andern, weil sie das Gesetz nicht von freien Bürgern gehandhabt wissen wollen, weil sie auf Zurückführung veralteter Gesetze hoffen und daher in den Schutzmännern das Symbol und die Kraft der Freiheit hassen.“ Unsere Teltower Rübensäcke wollen morgen um 2 Uhr sich um das Denkmal des Kreuzberges schaaren und dort schwarz-weiß patriotisiren. Da um dieselbe Zeit wahrscheinlich unsere Studenten und Demokraten an derselben Stelle eintreffen mit entgegengesetzter Tendenz, so dürfte ein allerliebstes mittelalterliches Rencontre zwischen Bürgern und Bauern entstehen. Ueberhaupt verspricht der morgige Tag eine sehr bunte Unterhaltung. ‒ Auch unter den Studenten ist Zwiespalt. Einige Kameele haben an den Straßenecken anschlagen lassen, daß sie den gestrigen Protest wegen Aushängung der preußischen Fahne desavouiren; gleichwie jene Protestanten sich die Studentenschaft nannten, so könnten sie dasselbe thun etc. Am schwarzen Brette steht nun von Seiten der Angegriffenen die Aufforderung an die Schwarzweißen, ihre Namen dem Portier zu nennen, wenn sie noch ein Fünkchen Ehre besäßen.
Diese Arbeitseinstellung findet Nachahmung. Die Kattundrucker verlangen für ihre nichtbeschäftigten Kollegen gegen die Hälfte des üblichen Lohnes Arbeit, was aber die Fabrikanten nicht bewilligen wollen, indem sie vorgaben, nicht soviel Arbeiter auch zum halben Lohn beschäftigen zu können. Die Arbeiter verlangen aber die Einschränkung der Thätigkeiten der Druckmaschinen und an deren Stelle Handarbeit.
Der Minister der Arbeit, Hr. Milde, hat erklärt, sich nicht in die Angelegenheit der Arbeiter und der Arbeitseinstellung mischen zu wollen, er überläßt es dem eigenen Uebereinkommen der Arbeiter und ihrer Arbeitgeber.
Berlin, 3. August. Mit dem bereits durch die Zeitungen bekannt gewordenen Armeebefehle Sr. Maj. des Königs von Preußen vom 29. Juli c., in Betreff der Verordnung des Reichskriegsministers, ist gleichzeitig ein Schreiben des preußischen Kriegsmi-
Leben und Thaten des berühmten Ritters Schnapphahnski. Sage mir, Muse, die Thaten des vielgewanderten Mannes,
Welcher so weit geirrt, nachdem aus Berlin man verbannt ihn;
Vieler Menschen Städte geseh'n, und Sitte gelernt hat,
Auch bei Don Carlos so viel' unnennbare Leiden erduldet.
Gewiß! Vater Homer, der weißbärtige griechische Barde würde nicht den edlen Odüsseus, nein, er würde den edlen Ritter Schnapphahnski besungen haben, wenn Vater Homer nicht zufällig in einer Zeit gelebt hätte, wo man weder Klavier spielte, noch Manilla-Cigarren rauchte, wo man weder an Berlin noch an Don Carlos dachte, und wo man vor allen Dingen noch nicht so glücklich war, ein Feuilleton der Neuen Rheinischen Zeitung zu besitzen.
Homer ist todt. Ich lebe. Das letztere freut mich am meisten. Was Homer nicht thun konnte: ich thue es. Homer besang den Odüsseus, ‒ ich verherrliche den Ritter Schnapphahnski.
Seltsame Vögel gab es auf Erden ‒ von Adam an bis auf Heinrich Heine. Adam wurde im Paradiese geboren und war ein Mensch; Heine sah das Licht der Welt in Düsseldorf und ist ein Gott ‒ nämlich ein Dichter.
Heine wohnt in Paris ‒ dies wissen alle schönen Frauen. Viel artige poetische Kinder zeugte er. Sein jüngster Sohn ist aber ein Bär. Und dieser Bär heißt Atta Troll. Nächst dem großen und dem kleinen Bären dort oben am Himmel, ist dieser Atta Troll der berühmteste Bär unserer Zeit.
Meine Leser müssen mir nicht zürnen, daß ich von den Griechen plötzlich auf die Bären komme ‒ die Hauptsache ist aber, daß der Atta Troll in genauem Zusammenhange mit dem Ritter Schnapphahnski steht. In zauberisch-poetischen Nebel gehüllt, sehen wir nämlich in Heine's klingendem Gedichte den Ritter Schnapphahnski zum ersten Male über die Bühne schreiten. Ein komisches zweibeiniges Wesen; in eine Bärin verliebt, der Finanznoth blasse Wehmuth auf den Wangen, beraubt seiner Kriegskasse von zwei und zwanzig Silbergroschen, und die Uhr zurückgelassen im Leihhause vom Pampeluna!
Schattenhaft, wie ein Jäger der wilden Jagd, huscht der edle Schnapphahnski an uns vorüber; wir möchten ihn festhalten, einen Augenblick; wir möchten ihm noch einmal in's Auge schau'n, ihn noch einmal vom Wirbel bis zur Zehe betrachten, den geisterhaften, den interessanten Mann ‒ aber fort ist er, ehe wir's uns versehen, und erstaunt fragen wir uns: wer ist dieser Schnapphahnski?
Lieber Leser sei nicht unbescheiden! „Zwar Alles weiß ich nicht, doch Viel ist mir bewußt!“ Höre zu, was ich Dir von Schnapphahnski erzählen werde; es ist Zeit, daß der edle Ritter aus seinem zauberisch-poetischen Nimbus heraustritt; an den Zipfeln seines Frackrocks zerre ich ihn vor das große Publikum.
Wie schlafende Riesen liegen hinter uns die verrauschten Jahrhunderte, todt und stumm. Aber alte Historiker, bücherbestaubt und grün bebrillt, und naseweise Poeten prickeln und stacheln sie bisweilen mit ihren spitzigen Federn, und dann fahren sie empor, sie heben ihre Köpfe, sie öffnen den Mund, und halb im Traume erzählen sie uns brockenweis ihre klugen und ihre thörichten Geschichten, ‒ wie es gerade kommt, und bleischwer sinken sie wieder zusammen.
Glücklicherweise habe ich es nicht mit den schlafenden Riesen der Jahrhunderte zu thun. Es handelt sich nur um die Vergangenheit des Ritters Schnapphahnski, und lieblos werde ich sie mit meiner Feder emporstacheln, damit die Welt doch endlich sieht, was sie an ihrem Ritter hat, damit unser Schnapphahnski doch endlich zur rechten Anerkennung gelangt.
Das Dasein Schnapphahnski's gleicht einer bunten Arabeske. Manchmal wird es Euch an die Avantüren des Chevalier Faublas erinnern; bald an eine Episode aus der Geschichte des Ritters von der Mancha, bald an die Glanzmomente eines Bosco'schen Taschenspielerlebens.
Zärtlicher, verliebter Schäfer, rasender Raufbold, Spieler, Diplomat, Soldat, Autor ‒ Alles ist dieser Schnapphahnski ‒ ein liebenswürdig frecher Gesell. ‒ Doch zur Sache!
In sechs verschiedenen Lebenslagen werde ich den Ritter schildern. Zuerst ist er verliebt, dann hat er ein Duell; hierauf passirt ihm eine verdrießliche Geschichte, dann besteht er ein Diamantenabentheuer, fünftens reis't er nach Spanien, und sechstens wird er nach dem Rathschluß der Götter gen . . . . . . . . . nationalversammelt, um unter den Gestirnen des Tages zu glänzen als ein erster Stern.
Schnapphahnski ist von Geburt ein Wasserpolacke. Ich bitte meine Leser, nicht zu lachen. Schnapphahnski ist ein wunderschöner Mann, den manches allerliebste Frauenzimmerchen recht gern in den kohlschwarzen Bart hineinküssen würde. Der Ritter ist nicht groß, aber er ist hübsch und kräftig gebaut. Ein kleiner, schmaler Fuß, ein rundes Bein, eine gewölbte Brust, ein stolzer Kopf mit schwarzem Knebel- und Schnurrbart, flink und gewandt: das ist der Ritter Schnapphahnski. Ein Mann wie gedrechselt, mit funkelnden Augen, höhnischen Lippen und aristokratisch weißen Händen.
Im Monat Mai seines Lebens war der junge, schöne Wasserpolacke Freiwilliger in dem 4. (braunen) Husarenregimente, dessen Stamm in O. in Schlesien stand.
Das lautet wieder ganz prosaisch. Aber man denke sich den jungen Fant, dessen Fuß nur auf den Teppich oder in den silbernen Bügel trat, in knapper Uniform, die Reitpeitsche in der Hand, den ersten dunklen Flaum des Bartes auf den zarten Wangen, die Gewandheit eines jungen Katers in jeder Bewegung, und die Lüsternheit blitzend aus beiden Augen ‒ und man wird gestehen müssen, daß es eben kein Wunder war, wenn er einen gewissen Eindruck auf die schöne Gräfin S. machte.
Die schöne Gräfin S. verliebte sich in den braunen Husaren. Weshalb sollte sie nicht? Wär' ich die Gräfin S., ich hätte es auch gethan. Der jugendliche Freiwillige war gar zu reizend. Schon damals zeigte sich bei ihm die Gabe der Rede, jenes Talent, was ihm später von so unendlichem Nutzen war, mit dem er so manchen stillen Landtagsabgeordneten in haarsträubendes Erstaunen setzte. Die Worte flossen ihm so glatt von den Lippen, und eine jede
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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