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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 65. Köln, 4. August 1848.

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schäftler in ihrem Herzen und in ihren Rumpelkammern zufällig aufbewahrten.

Die andere Partei, die gewöhnlich den Dativ mit dem Accusativ verwechselt, hat sich dagegen unsere alten, guten Farben: Schwarz und Weiß, in den Stürmen der Zeit bewahrt, und läßt diese durch die Lüfte flattern. Lange habe ich nicht begreifen können, was diese Kouleuren mit einander zu hadern haben. Erst seit ich den Personen auf die Schliche gekommen bin, welche die beiden Parteien repräsentiren, ist mir Alles deutlich geworden.

Zu den Schwarz-Roth-Goldnen gehören alle möglichen und unmöglichen Menschen, von dem ersten Professor bis zum letzten Pedell, von Gervinus in Heidelberg bis zu Franz Fleutchen in Bonn. Die Schwarz-Weißen werden dagegen repräsentirt durch den Dr. W. Bötticher, durch den Wehrreiter im 20. Landwehr-Kavallerie-Regiment: Schlesinger; durch einen westpreußischen Landwehrmann des Kreises Conitz, durch den vormaligen Gymnasiallehrer A. Drahn, durch den Herrn F. von Bülow. und durch einen geborenen Berliner.

(Schluß folgt.)

Wir erhalten soeben unsere westphälische Post. Aus Münster schreibt man uns, daß auch dort der Kampf der Schwarz-Weißen und der Schwarz-Roth-Goldnen Rose bevorsteht. Die Preußen, d. h. Militär und Beamte, wollen den 6. August nicht feiern; die Bürger denken sich aber in allem Pomp zu zeigen. Man macht eine Glaubenssache aus der Geschichte. Die Protestanten schaaren sich um das Banner der Hohenzollern; die Katholiken schwärmen für den Erzherzog-Reichsverweser.

[Spaltenumbruch]
[Deutschland]
* Köln, 3. Aug.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
!!! Frankfurt, 1. August.

- Sitzung der Nationalversammlung. - Präsident v. Gagern. - Beginn 91/4 Uhr.

Compes aus Köln erstattet den Bericht des Petitionsausschusses. Unter Anderm über eine Petition von 600 und mehr Bürgern von Würtemberg, die aus Nürnberg erfolgte Ausweisung des Schriftstellers Gustav Diezel (Redakteur des freien Volksfreunds) wegen aufregender Reden, und Mangel an Existenzmittel zurücknehmen zu lassen, beantragt der Ausschuß Tagesordnung. Die in Folge dieser Petition erhobene Ausweisungsfrage selbst überantwortet der Petitionsausschuß dem Verfassungsausschuß.

Tagesordnung. Berathung über Artikel II. § 6 der Grundrechte. Dieser lautet:

Alle Deutschen sind gleich vor dem Gesetze. - Standesprivilegien finden nicht statt. - Die öffentlichen Aemter sind für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. - Die Wehrpflicht ist für Alle gleich.

Minoritäts-Erachten. Alle Standesprivilegien so wie der Adel selbst sind aufgehoben. (Wigard, Blum, Simon, Schüler). Alle Ordenstitel sind aufgehoben und dürfen nicht wieder eingeführt werden. (Ahrens, Blum, Schüler, Wigard, Simon). Die Wehrpflicht ist für Alle gleich. Eine Stellvertretung ist nicht gestattet. (Scheller, Wigard, Blum, R. Mohl, Hergenhahn, v. Beckerrath, Droysen, Beseler, Simon, Schüler, Bassermann). Jeder Deutsche [unbescholtene Deutsche (Ahrens, Welcker)] hat das Recht bewaffnet zu sein. (Waffenrecht). (Schüler, Wippermann, Soiron, Simon, Römer, Blum, Wigard). Das Waffenrecht und die Wehrpflicht ist für Alle gleich; Stellvertretung bei letzterer findet nicht statt. (Wigard, Blum, Simon Schüler).

Hierzu kommen 12 Amendements, die bei der Abstimmung erwähnt werden sollen.

Debattirt werden heute nur die beiden ersten Sätze: 1) Alle Deutschen sind gleich vor dem Gesetze. 2) Standesprivilegien finden nicht statt.

Ueber diese "Worte" debattirt man von 9 Uhr früh bis 3 Uhr Mittag.

Ahrens (Hannover) macht den Vorschlag, den Satz ohne Debatte anzunehmen. Man hat es in Frankreich, Belgien etc. so gethan. Es sei eine zu allgemeine Wahrheit; nichtsdestoweniger spricht er über diese zu allgemeine Wahrheit eine halbe Stunde. Nur Fürsten, Priester und Kirche eximirt der Redner von der Gleichheit vor dem Gesetz. Nach halbstündiger, ohne alle Theilnahme angehörter Rede, trinkt der Redner, um sich aufs Neue zu stärken, ein Glas frisches Wasser, worüber ungeheure Heiterkeit sich erhebt. Gagern selbst bemerkt, er solle sich kurz fassen. (Bravo.) Der Redner fährt ruhig fort. (Getümmel nach Schluß!) Der Redner kommt schließlich auf die Orden zu sprechen, und sieht das Faule dieses Instituts darin, daß man Allgemein keine Orden mehr trägt. (Bravo).

Moritz Mohl: Wenn der Ausschuß alle Privilegien aufheben wollte, mußte er mit dem Adel anfangen. (Bravo.) Dieser theilt von Geburt aus das Volk in zwei Kasten. Dies ist eine Beleidigung der Nation. (Bravo.) Sei etwa der Adel aus besserem Stoff gebildet, als die andern Menschen? Gäbe es Menschen, die schon im Mutterleibe zu einer niedern Race gestempelt sind? Alle großen Lichter Deutschlands gehören dieser untergeordneten Race an. Alle freien und guten Institutionen verdankt man den Bürgern. Aufhebung des Drucks der Bauern, Aufhebung der Feudallasten dankt man den Bürgern. Es gibt freilich auch edle Adlige. Der Redner verweist ziemlich deutlich auf v. Gagern. Aber die untergeordnete Race hat ihr Recht der Ebenbürtigkeit vollständig nachgewiesen. Man hat gesagt, der Adel sei ausnahmsweise tapfer. Als Beispiel führe man die vielen in den Kriegen gefallenen Offiziere an, die ja größtentheils adlich. Seien nicht auch die Gemeinen gefallen? Haben die Kartätschen einen Standesunterschied gemacht? (Während dieser Rede stellt der edle Fürst v. Lichnowsky die Vorzüge des Adels klar heraus, indem er neben der Tribüne stehend, ohne die geringste Aufmerksamkeit auf den Redner die ganze Versammlung und Tribünen durch ein langes Opernglas lorgnettirt). Dem ersten Anspruch der Menschheit: dem Prinzipe des Verdienstes schlägt das Adelsinstitut in's Gesicht. (Bravo) Durch allerlei Mittel, reiche Heirathen u.(Lichnowsky fährt auf) vergrößere der Adel seine Macht. Den Adel nicht aufheben, heißt den Camarillen und der Reaktion Vorschub leisten. (Händeklatschen und Bravo.) Einige Mediatisirte haben an die Nationalversammlung petirt gegen die Adelsaufhebung, und wollen zum Ersatz für ihre Mediatisirung Vertretung der großen Grundeigenthümer in einer ersten Kammer. Dadurch würden sie mehr verlangen als sie verloren. Was hat der Bundestag so verhaßt gemacht? Die Begünstigung der Privilegirten. Jetzt, nachdem man den Bundestag abgeschafft, wolle man seine Prinzipien respektiren? (Rechts, Schluß! Links sehr laut, Ruhe!) Schaffen Sie den Moder der Privilegien, Adel und Titel ab. (Lautes Bravo.)

Schwetschke aus Halle spricht gegen die Aufhebung des Adelstitels. Wenn er Ulrich von Hutten oder Götz von Berlichingen hieße, würde er es sich verbitten, ihm seinen Namen zu nehmen. Stellt den Antrag: Alle Deutschen sollen gleichen Standes sein, aber ob sie adlige Familiennamen führen, bleibt unberücksichtigt. Alle Standesprivilegien sind aufgehoben. (Bravo rechts.)

Kierulf aus Rostock verbreitet sich über Standesprivilegien. Es sei räthlich, die Stellung des Adels fest hinzustellen. Nicht jesuitisch-zweideutig; wie nach dem Ausschußsatze: "Standesprivilegien finden nicht statt". - Formel ist das Adelsrecht kein Privileg, aber der Inhalt, d. h. der Anspruch zu höheren Ehren, das ist das Vorrecht. (Vinke wird sehr unruhig.) Nach dem Ausschuß bliebe der Standbestehen, trotzdem seine Privilegien aufgehoben würden. Der Redner verweist auf die Zerwürfnisse zwischen Adel und Volk in seinem Vaterland. (Meklenburg-Schwerin.) - Die heutige Demokratie kämpft gegen das Junkerthum. (Bravo.) Die meisten Vorrechte dieses Junkerthums sind theilweis verschwunden, aber vorzüglich das alte Vorrecht muß schwinden, daß dem Adel der Zutritt zum Fürsten erleichtert ist. Den Namen verbieten zu wollen, wäre unpraktisch. Auch durch eine Freistellung des Adels an Alle, den Adel aufheben wollen, sei thöricht. Die künftige Adelsertheilung muß aufhören. Ein Recht auf den Adel muß aufhören. - Auch der Verlust des Adels keine Strafe mehr sein. (Bravo.)

Arndt: Ich alter Plebejer, der mit Schreiben gegen den Adel begonnen, soll nun quasi für den Adel sprechen (so?). Ich glaube, daß wir alle gleich geboren sind. Ich bin auch der Meinung des Ausschusses, die Privilegien müssen aufhören, das Privilegium der Sporen; aber anders ist es mit der Abschaffung der idealen Bilder eines Standes (!!), der Abschaffung eines Namens. Er will die Gefühlspietät nicht verletzen. Er ist vom Bauernstande, aber ... (sehr laut und gefühlvoll) die Adelsnamen sind mit dem Glanz
unserer Geschichte verknüpft. Wir wollen nicht tabula rasa machen. Ich bin gewiß ein Republikaner (nein! Gelächter!); aber vor einer großen Republik mit einem verantwortlichen Präsidenten, habe ich ein Grauen (ungeheures Gelächter). Alle Länder passen eher zu einer Republik, als das unsere. (Rechts sehr brav. v. Binke sehr gut. Links Gelächter.) Der Redner schließt tiefgerührt: Laßt dem Adel seine Fahnen, seine Bilder etc. (seinen Unsinn, seine Arroganz, seine kontrerevolutionären Mucken. Bravo Ernst Moritz, Bauernsohn!) Zischen links. Viele Glieder der Rechten umstürmen Arndt mit Händedrücken. Der Alte ist kindisch vor Freude.

Marek aus Steyermark: Man muß den Geburtsadel an und für sich abschaffen, weil seine Vorrechte zweifelsohne stehen. Der Geburtsadel ist nichts anderes, als eine zu einem höheren gesellschaftlichen Rang bevorrechtete Kaste, basirend auf keinem natürlichen Rechtsgesetz. Schon Joseph II. und Friedrich der Große waren gegen die Vorrechte des Adels. Der Adel ist die Scheidewand zwischen Fürst und Volk. Diese schon oft mit Pflastersteinen angegriffene Scheidewand muß fallen. Sie haben des Bauers und Bürgers Vorrechte abgeschafft, die des Adels müssen folgen. Nur dann wird man uns tüchtige Vertreter nennen, und das deutsche Volk uns segnen, wenn wir schaffen Freiheit - Gleichheit! (Langes schallendes Bravo links und Gallerie.)

Gombart, München: Die Vorrechte des Adels sollen aufgehoben werden, der adlige Namen nicht. Wenn wir mehr thun, machen wir was Despotie und Polizeistaat thun. Ich habe keinen Orden und werde auch nie einen bekommen (Gelächter); aber auch Orden sind, von wahren Ehrenmännern getragen, zu belassen. Orden sind das wohlfeilste Mittel Verdienste zu belohnen. (Zischen und Bravo.)

Moritz Hartmann (von Leitmeritz, Poet): Es ist unedel einem Sterbenden den letzten Stoß zu geben, aber wenn etwas nur noch ein Gespenst, durch ein Wort zu verscheuchen sei, muß man dies Wort sprechen! Also fort mit dem Adel. Derselbe hat jetzt keine Pflichten mehr, ist nur noch eine Kaste. Sollen wir mit den Egyptiern gleich stehen, die Kasteneintheilung hatten. Alles was ich von der Demoralisirung der Adligen sagen könnte, ist bekannt. Jetzt wo es gilt, dem Adel sein lumpiges von zu nehmen, petirt er bei uns, um Beibehaltung desselben. Schließt mit der Parabel: Ein rostiges Schild sagte zur Sonne, bescheine mich. Die Sonne sprach, reinige dich. So der Adel, solle sich durch Aufgehen im Volk reinigen, wenn er werth sein soll, daß ihn die Sonne bescheint. (Lautes Bravo.)

Briegleb (Koburg) stellt den Antrag die beiden Ausschußpunkte so zu fassen: Vor dem Gesetz findet kein Unterschied der Stände statt, Standesprivilegien sind aufgehoben.

Rösler aus Oels (weil derselbe in gelbem Nankin gekleidet, lacht man rechts sehr laut): Ich verlange die Abschaffung des Adels im Namen der Gerechtigkeit. Man beruft sich rechts immer auf das historische Recht; schauen sie zurück, so finden sie überall des Adels historisches Unrecht. Erinnert an die mittelalterlichen Schnapphähne auf den Straßen. (Bravo!) Der Adel besteht aus Speichelleckern der Fürsten, Hochmüthigen, Usurpatoren der Aemter. Vielleicht wird deshalb Deutschland so schlecht regiert. (Bravo und Freude.) Seit 1815 begann die Reaktion der Adelskette. Sie reicht bis zur jetzigen Auflehnung des Junkerthums in der hannöverschen Kammer gegen unsere Beschlüsse. Erinnert an die Metternich, Münch-Bellinghausen und, da er gerade ein Preuße, an den Demagogenfänger Tzschoppe, der für seine Schurkereien von Friedrich Wilhelm III. geadelt ward. Wenn die Adligen in's Zuchthaus kommen, verlieren sie den Adel, conform damit verlange ich, daß wenn die Bürgerlichen in's Zuchthaus kommen, sie adlich werden. (Starkes Bravo, Wuth und Grimm ganz rechts.) Der Begriff der Ebenbürtigkeit muß fallen! Durch das Adelsprivileg geht ein tiefer Riß durch alle Volksschichten, durch alles gesellige Leben, und das gesellige Leben beeinflußt ja das politische. Schließlich erinnert er an die Offizierkorps, die Artillerie habe lauter bürgerliche Offiziere. Man müsse den Adel abschaffen; man hüte sich, daß nicht die Kammer eines Einzelstaates der Nationalversammlung Deutschlands hierin zuvorkomme.

Fürst von Lichnowsky (Allgemeine Ruhe und Aufmerksamkeit. Bravo! beim Auftreten.) Die Sache, die ich zu vertheidigen habe wird wenig Anklang finden. Ich vertheidige das Minoritäts-Gutachten weil ich ein Edelmann bin. (Gezisch und Bravo.) Ich spreche recht eigentlich pro domo! Den rechtlichen Punkt der Privilegien des Adels haben sie ja Stück vor Stück abgehauen, was übrig bleibt, dies flebile beneficium, werde ich nicht erbetteln von Ihnen. Aber er komme auf Abschaffung des Adelstitels. Eine Abschaffung des Namens verstehe er nicht. Man hat allen Schmutz der Jahrhunderte auf den Adel geworfen, rikoschettiren werde er nicht. Was die Abschaffung des Namens anlange, wolle man etwas den Adligen wie den Verbannten in Sibirien Nummern geben? Die Titel anlangend, wenn sie uns diese nehmen, wir werden nicht darum bitten. In Frankreich hat man auch diese Titel und die Köpfe dazu genommen. Napoleon hat später diese alten Namen wieder gesucht. Trotz aller Abschaffung werden die Titel bleiben. (Widerspruch, Zischen und Bravo.) Den Mediatisirten seien ihre Rechte garantirt worden, wenn man ihnen diese nehmen wolle, werde man das Mediatisiren für die Zukunft nicht erleichtern.

Ottov aus Labiau. Gegen sämmtliche Amendements, die im Prinzip von dem Antrage des Ausschusses abweichen.

Neumann aus Wien macht die adeligen Vorrechte zum großen Gaudium der Tribünen sehr lächerlich. Seelig, hochseelig, höchstseelig. Wohlgeboren, hochwohlgeboren, hochgeboren u: Jedes Vorrecht des Einen ist ein Unrecht gegen den Andern. Er stimmt im ersten Absatz mit dem Ausschuß, im zweiten mit dem Minoritäts-Gutachten. (Bravo.)

Jakob Grimm, (sehr undeutlich, tiefe, aufmerksame Stille): Der Adel ist eine Blume, die ihren Geruch verloren hat. Wir wollen die Freiheit, neben ihr gibt es nichts Höheres mehr. Doch ich kann den Adel nicht so schwarz malen, ich will von seinen Lichtseiten ausgehen. Heot heraus wo der Adel überall geglänzt; vorzüglich in der Literatur. Aber die bürgerlichen Freiheiten sind von je durch Bürgerliche gehoben worden, Luther, und Andere. Das Wörtchen von ist eine Präposition, die den Ortsbegriff in sich faßt, aber unsinnig ist es, zu sagen Herr von Müller u. Es handele sich hier nicht bloß um Vorrechte der goldenen Sporen und der langen Nägel, sondern um solche, die tief in's Leben greifen. Er erzählt eine Stipendienanekdote aus seinem Schulleben, wo ein Adeliger ihm vorgezogen worden. So plaudert der alte Herr vom Hundertsten in's Tausendste, und die Versammlung hängt an seinem Munde. (Deutsche Pietät. Schluß mit vielem Bravo. Man will Schluß.)

Schneider aus Wien: Muß für die Aufhebung des Adels sein, vom Standpunkte der Sittlichkeit, der Gerechtigkeit und der Politik. Bittet die Adeligen in der Versammlung wegen seiner Rede um Entschuldigung, da ja diese, durch ihre Wahl (?) bewiesen hätten, daß sie des Volks Vertrauen besäßen! (Oho!)

Stimmen sie für Aufrechthaltung des Adels, so überschreiten sie ihr moralisches Mandat. (Schluß! Schluß! rechts.) Ich als Wiener Deputirter muß vorzüglich auf die Abschaffung des Adels bringen, ich werde es thun, trotz dem sie ermüdet sind! (Bravo!) (Er macht sich lustig über die Herren Arndt und von Lychnowsky zu großer Heiterkeit der Linken und Galerien. - Lychnowsky stellt sich mit ganz außerordentlicher Arroganz der Tribüne gegenüber und steckt die Hände in die Hosentaschen.) - Wir wollen eine Aristokratie haben, aber eine geistige. Der Adel ist die Stütze des Thrones hat man gesagt, aber wehe den Thronen, die eine solche Stütze brauchen. Wir Oestreicher wir wollen keinen Adel. Wir haben in Wien drei Revolutionen gemacht. (Bei diesem Satze erhebet sich rechts große Bewegung, die durch lebhaftes zur "Ruhegeschrei" links erdrückt wird.) - Der Redner will ein Dokument vorlesen. (Rechts nein. Links ja.) Er bekommt die Erlaubniß zu lesen zum Aerger des Hrn. von Radowitz. Der Redner schließt: Ich will den Adelsstand heben, indem ich ihn dem Bürgerstand gleichstelle. (Bravo! Bravo! links und Galerien, rechts Schluß!)

von Gagern: Ich werde (so!) noch dem Hrn. Michelsen das Wort geben.

Michelsen (Jena). Für die Anträge des Ausschusses, gegen die Minoritäts-Anträge. (Theilnahmlosigkeit.) Den Adelstitel aufzuheben sei praktisch unausführbar! (Ist wohl noch nicht ausgeführt worden?) Zischen! Schluß!

Er will sehen, ob man im Stande ist den Namen zu kastriren. Das Prinzip des Adels ist ein schönes, das der Familienehre, es kann gar nicht entbehrt werden! (Also deshalb mußte der edle von Gagern den Michelsen noch sprechen lassen.)

Niebuhr, dieser demokratische Geschichtsschreiber, (oho! oho!) sage: die Aufhebung des Adels sei ein krasses rohes Gesetz. (Bravo rechts.)

Endlich ist man erschöpft, und die Debatte über die oben genannten 11 Worte wird geschlossen. - Morgen um 9 Uhr nächste Sitzung. Fortsetzung von heut. Schluß der heutigen Sitzung um 3 Uhr.

Frankfurt, 1. August.

Von den früher hier zusammengetretenen Deputirten des Segelschifferstandes ist eine permanente Kommission, bestehend aus dem Hafenkommissär Tusch von Wesel und den Schiffern Ueberle von Speyer, Schön von Würzburg, Hegwein von Kitzingen und Mutzenbauer von Offenbach hier geblieben, welche die Interessen ihres Gewerbes bei dem betreffenden Ausschuß der Nationalversammlung vertritt. Wie verlautet, ist bei demselben bereits der Antrag, die Aufhebung des Octrois und der Binnenzölle betreffend, durchgegangen und wird demnächst zur endlichen Beschlußnahme in der Nationalversammlung auf die Tagesordnung gebracht werden.

(F. O. P. Z.)
Frankfurt.

Von einem österreichischen Abgeordneten ist bei der Reichsversammlung ein von mehr als 100 Mitgliedern unterstützter Antrag auf Aufhebung des Cälibats eingereicht worden.

42 Frankfurt, 2. Aug.

Paragraph 6 (Art. II.) der Grundrechte wurde heute in folgender Form angenommen:

"Alle Deutsche sind gleich vor dem Gesetz; Standesprivilegien finden nicht statt; alle Titel, soweit sie nicht mit einem Amte verbunden, sind aufgehoben und dürfen nie wieder eingeführt werden; die öffentlichen Aemter sind für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. Das Waffenrecht und die Wehrpflicht ist für alle gleich. Stellvertretung bei letzterer findet nicht statt." Der erste Minoritätsantrag: daß der Adel selbst aufgehoben sein solle, wurde bei namentlicher Abstimmung mit 282 gegen 167 Stimmen verworfen; der Antrag von Jakob Grimm: "aller rechtliche Unterschied zwischen Adeligen, Bürger und Bauer hört auf, und keine Erhebung weder in den Adel noch aus einem niederern in den höhern Adel findet statt" verworfen, eben so der Antrag von Vogt und Konsorten: daß es Jedem freistehen solle, irgend eine beliebige Adelsbezeichnung seinem Namen vorzusetzen, und die Anträge von Ahrends, Debes, Grimm und Mölling auf Abschaffung aller Orden und Titel.

Oldenburg, 29. Juli.

Das heutige Gesetzblatt enthält folgende Verordnung: Wir Paul Friedrich August etc. thun kund: Nachdem Se. kaiserl. Hoh. der Erzherzog Johann von Oesterreich die provisorische Centralgewalt über Deutschland als Reichsverweser angetreten hat, bringen wir dieses glückliche und dem gesammten theuern deutschen Vaterlande Segen verheißende Ereigniß hiermit zur öffentlichen Kenntniß, mit der zuversichtlichen Hoffnung, daß die daran geknüpften Wünsche in Erfüllung gehen mögen, und machen nachstehend zugleich den von des Erzherzog-Reichsverwesers kaiserl. Hoh. unterm 15. Juli erlassenen Aufruf an das deutsche Volk hierdurch allgemein bekannt. Gegeben auf dem Schlosse zu Rastede, 21. Juli 1848. (Gez.) August. - Der

schäftler in ihrem Herzen und in ihren Rumpelkammern zufällig aufbewahrten.

Die andere Partei, die gewöhnlich den Dativ mit dem Accusativ verwechselt, hat sich dagegen unsere alten, guten Farben: Schwarz und Weiß, in den Stürmen der Zeit bewahrt, und läßt diese durch die Lüfte flattern. Lange habe ich nicht begreifen können, was diese Kouleuren mit einander zu hadern haben. Erst seit ich den Personen auf die Schliche gekommen bin, welche die beiden Parteien repräsentiren, ist mir Alles deutlich geworden.

Zu den Schwarz-Roth-Goldnen gehören alle möglichen und unmöglichen Menschen, von dem ersten Professor bis zum letzten Pedell, von Gervinus in Heidelberg bis zu Franz Fleutchen in Bonn. Die Schwarz-Weißen werden dagegen repräsentirt durch den Dr. W. Bötticher, durch den Wehrreiter im 20. Landwehr-Kavallerie-Regiment: Schlesinger; durch einen westpreußischen Landwehrmann des Kreises Conitz, durch den vormaligen Gymnasiallehrer A. Drahn, durch den Herrn F. von Bülow. und durch einen geborenen Berliner.

(Schluß folgt.)

Wir erhalten soeben unsere westphälische Post. Aus Münster schreibt man uns, daß auch dort der Kampf der Schwarz-Weißen und der Schwarz-Roth-Goldnen Rose bevorsteht. Die Preußen, d. h. Militär und Beamte, wollen den 6. August nicht feiern; die Bürger denken sich aber in allem Pomp zu zeigen. Man macht eine Glaubenssache aus der Geschichte. Die Protestanten schaaren sich um das Banner der Hohenzollern; die Katholiken schwärmen für den Erzherzog-Reichsverweser.

[Spaltenumbruch]
[Deutschland]
* Köln, 3. Aug.
Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.
!!! Frankfurt, 1. August.

Sitzung der Nationalversammlung. ‒ Präsident v. Gagern. ‒ Beginn 91/4 Uhr.

Compes aus Köln erstattet den Bericht des Petitionsausschusses. Unter Anderm über eine Petition von 600 und mehr Bürgern von Würtemberg, die aus Nürnberg erfolgte Ausweisung des Schriftstellers Gustav Diezel (Redakteur des freien Volksfreunds) wegen aufregender Reden, und Mangel an Existenzmittel zurücknehmen zu lassen, beantragt der Ausschuß Tagesordnung. Die in Folge dieser Petition erhobene Ausweisungsfrage selbst überantwortet der Petitionsausschuß dem Verfassungsausschuß.

Tagesordnung. Berathung über Artikel II. § 6 der Grundrechte. Dieser lautet:

Alle Deutschen sind gleich vor dem Gesetze. ‒ Standesprivilegien finden nicht statt. ‒ Die öffentlichen Aemter sind für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. ‒ Die Wehrpflicht ist für Alle gleich.

Minoritäts-Erachten. Alle Standesprivilegien so wie der Adel selbst sind aufgehoben. (Wigard, Blum, Simon, Schüler). Alle Ordenstitel sind aufgehoben und dürfen nicht wieder eingeführt werden. (Ahrens, Blum, Schüler, Wigard, Simon). Die Wehrpflicht ist für Alle gleich. Eine Stellvertretung ist nicht gestattet. (Scheller, Wigard, Blum, R. Mohl, Hergenhahn, v. Beckerrath, Droysen, Beseler, Simon, Schüler, Bassermann). Jeder Deutsche [unbescholtene Deutsche (Ahrens, Welcker)] hat das Recht bewaffnet zu sein. (Waffenrecht). (Schüler, Wippermann, Soiron, Simon, Römer, Blum, Wigard). Das Waffenrecht und die Wehrpflicht ist für Alle gleich; Stellvertretung bei letzterer findet nicht statt. (Wigard, Blum, Simon Schüler).

Hierzu kommen 12 Amendements, die bei der Abstimmung erwähnt werden sollen.

Debattirt werden heute nur die beiden ersten Sätze: 1) Alle Deutschen sind gleich vor dem Gesetze. 2) Standesprivilegien finden nicht statt.

Ueber diese „Worte“ debattirt man von 9 Uhr früh bis 3 Uhr Mittag.

Ahrens (Hannover) macht den Vorschlag, den Satz ohne Debatte anzunehmen. Man hat es in Frankreich, Belgien etc. so gethan. Es sei eine zu allgemeine Wahrheit; nichtsdestoweniger spricht er über diese zu allgemeine Wahrheit eine halbe Stunde. Nur Fürsten, Priester und Kirche eximirt der Redner von der Gleichheit vor dem Gesetz. Nach halbstündiger, ohne alle Theilnahme angehörter Rede, trinkt der Redner, um sich aufs Neue zu stärken, ein Glas frisches Wasser, worüber ungeheure Heiterkeit sich erhebt. Gagern selbst bemerkt, er solle sich kurz fassen. (Bravo.) Der Redner fährt ruhig fort. (Getümmel nach Schluß!) Der Redner kommt schließlich auf die Orden zu sprechen, und sieht das Faule dieses Instituts darin, daß man Allgemein keine Orden mehr trägt. (Bravo).

Moritz Mohl: Wenn der Ausschuß alle Privilegien aufheben wollte, mußte er mit dem Adel anfangen. (Bravo.) Dieser theilt von Geburt aus das Volk in zwei Kasten. Dies ist eine Beleidigung der Nation. (Bravo.) Sei etwa der Adel aus besserem Stoff gebildet, als die andern Menschen? Gäbe es Menschen, die schon im Mutterleibe zu einer niedern Race gestempelt sind? Alle großen Lichter Deutschlands gehören dieser untergeordneten Race an. Alle freien und guten Institutionen verdankt man den Bürgern. Aufhebung des Drucks der Bauern, Aufhebung der Feudallasten dankt man den Bürgern. Es gibt freilich auch edle Adlige. Der Redner verweist ziemlich deutlich auf v. Gagern. Aber die untergeordnete Race hat ihr Recht der Ebenbürtigkeit vollständig nachgewiesen. Man hat gesagt, der Adel sei ausnahmsweise tapfer. Als Beispiel führe man die vielen in den Kriegen gefallenen Offiziere an, die ja größtentheils adlich. Seien nicht auch die Gemeinen gefallen? Haben die Kartätschen einen Standesunterschied gemacht? (Während dieser Rede stellt der edle Fürst v. Lichnowsky die Vorzüge des Adels klar heraus, indem er neben der Tribüne stehend, ohne die geringste Aufmerksamkeit auf den Redner die ganze Versammlung und Tribünen durch ein langes Opernglas lorgnettirt). Dem ersten Anspruch der Menschheit: dem Prinzipe des Verdienstes schlägt das Adelsinstitut in's Gesicht. (Bravo) Durch allerlei Mittel, reiche Heirathen u.(Lichnowsky fährt auf) vergrößere der Adel seine Macht. Den Adel nicht aufheben, heißt den Camarillen und der Reaktion Vorschub leisten. (Händeklatschen und Bravo.) Einige Mediatisirte haben an die Nationalversammlung petirt gegen die Adelsaufhebung, und wollen zum Ersatz für ihre Mediatisirung Vertretung der großen Grundeigenthümer in einer ersten Kammer. Dadurch würden sie mehr verlangen als sie verloren. Was hat der Bundestag so verhaßt gemacht? Die Begünstigung der Privilegirten. Jetzt, nachdem man den Bundestag abgeschafft, wolle man seine Prinzipien respektiren? (Rechts, Schluß! Links sehr laut, Ruhe!) Schaffen Sie den Moder der Privilegien, Adel und Titel ab. (Lautes Bravo.)

Schwetschke aus Halle spricht gegen die Aufhebung des Adelstitels. Wenn er Ulrich von Hutten oder Götz von Berlichingen hieße, würde er es sich verbitten, ihm seinen Namen zu nehmen. Stellt den Antrag: Alle Deutschen sollen gleichen Standes sein, aber ob sie adlige Familiennamen führen, bleibt unberücksichtigt. Alle Standesprivilegien sind aufgehoben. (Bravo rechts.)

Kierulf aus Rostock verbreitet sich über Standesprivilegien. Es sei räthlich, die Stellung des Adels fest hinzustellen. Nicht jesuitisch-zweideutig; wie nach dem Ausschußsatze: „Standesprivilegien finden nicht statt“. ‒ Formel ist das Adelsrecht kein Privileg, aber der Inhalt, d. h. der Anspruch zu höheren Ehren, das ist das Vorrecht. (Vinke wird sehr unruhig.) Nach dem Ausschuß bliebe der Standbestehen, trotzdem seine Privilegien aufgehoben würden. Der Redner verweist auf die Zerwürfnisse zwischen Adel und Volk in seinem Vaterland. (Meklenburg-Schwerin.) ‒ Die heutige Demokratie kämpft gegen das Junkerthum. (Bravo.) Die meisten Vorrechte dieses Junkerthums sind theilweis verschwunden, aber vorzüglich das alte Vorrecht muß schwinden, daß dem Adel der Zutritt zum Fürsten erleichtert ist. Den Namen verbieten zu wollen, wäre unpraktisch. Auch durch eine Freistellung des Adels an Alle, den Adel aufheben wollen, sei thöricht. Die künftige Adelsertheilung muß aufhören. Ein Recht auf den Adel muß aufhören. ‒ Auch der Verlust des Adels keine Strafe mehr sein. (Bravo.)

Arndt: Ich alter Plebejer, der mit Schreiben gegen den Adel begonnen, soll nun quasi für den Adel sprechen (so?). Ich glaube, daß wir alle gleich geboren sind. Ich bin auch der Meinung des Ausschusses, die Privilegien müssen aufhören, das Privilegium der Sporen; aber anders ist es mit der Abschaffung der idealen Bilder eines Standes (!!), der Abschaffung eines Namens. Er will die Gefühlspietät nicht verletzen. Er ist vom Bauernstande, aber … (sehr laut und gefühlvoll) die Adelsnamen sind mit dem Glanz
unserer Geschichte verknüpft. Wir wollen nicht tabula rasa machen. Ich bin gewiß ein Republikaner (nein! Gelächter!); aber vor einer großen Republik mit einem verantwortlichen Präsidenten, habe ich ein Grauen (ungeheures Gelächter). Alle Länder passen eher zu einer Republik, als das unsere. (Rechts sehr brav. v. Binke sehr gut. Links Gelächter.) Der Redner schließt tiefgerührt: Laßt dem Adel seine Fahnen, seine Bilder etc. (seinen Unsinn, seine Arroganz, seine kontrerevolutionären Mucken. Bravo Ernst Moritz, Bauernsohn!) Zischen links. Viele Glieder der Rechten umstürmen Arndt mit Händedrücken. Der Alte ist kindisch vor Freude.

Marek aus Steyermark: Man muß den Geburtsadel an und für sich abschaffen, weil seine Vorrechte zweifelsohne stehen. Der Geburtsadel ist nichts anderes, als eine zu einem höheren gesellschaftlichen Rang bevorrechtete Kaste, basirend auf keinem natürlichen Rechtsgesetz. Schon Joseph II. und Friedrich der Große waren gegen die Vorrechte des Adels. Der Adel ist die Scheidewand zwischen Fürst und Volk. Diese schon oft mit Pflastersteinen angegriffene Scheidewand muß fallen. Sie haben des Bauers und Bürgers Vorrechte abgeschafft, die des Adels müssen folgen. Nur dann wird man uns tüchtige Vertreter nennen, und das deutsche Volk uns segnen, wenn wir schaffen Freiheit ‒ Gleichheit! (Langes schallendes Bravo links und Gallerie.)

Gombart, München: Die Vorrechte des Adels sollen aufgehoben werden, der adlige Namen nicht. Wenn wir mehr thun, machen wir was Despotie und Polizeistaat thun. Ich habe keinen Orden und werde auch nie einen bekommen (Gelächter); aber auch Orden sind, von wahren Ehrenmännern getragen, zu belassen. Orden sind das wohlfeilste Mittel Verdienste zu belohnen. (Zischen und Bravo.)

Moritz Hartmann (von Leitmeritz, Poet): Es ist unedel einem Sterbenden den letzten Stoß zu geben, aber wenn etwas nur noch ein Gespenst, durch ein Wort zu verscheuchen sei, muß man dies Wort sprechen! Also fort mit dem Adel. Derselbe hat jetzt keine Pflichten mehr, ist nur noch eine Kaste. Sollen wir mit den Egyptiern gleich stehen, die Kasteneintheilung hatten. Alles was ich von der Demoralisirung der Adligen sagen könnte, ist bekannt. Jetzt wo es gilt, dem Adel sein lumpiges von zu nehmen, petirt er bei uns, um Beibehaltung desselben. Schließt mit der Parabel: Ein rostiges Schild sagte zur Sonne, bescheine mich. Die Sonne sprach, reinige dich. So der Adel, solle sich durch Aufgehen im Volk reinigen, wenn er werth sein soll, daß ihn die Sonne bescheint. (Lautes Bravo.)

Briegleb (Koburg) stellt den Antrag die beiden Ausschußpunkte so zu fassen: Vor dem Gesetz findet kein Unterschied der Stände statt, Standesprivilegien sind aufgehoben.

Rösler aus Oels (weil derselbe in gelbem Nankin gekleidet, lacht man rechts sehr laut): Ich verlange die Abschaffung des Adels im Namen der Gerechtigkeit. Man beruft sich rechts immer auf das historische Recht; schauen sie zurück, so finden sie überall des Adels historisches Unrecht. Erinnert an die mittelalterlichen Schnapphähne auf den Straßen. (Bravo!) Der Adel besteht aus Speichelleckern der Fürsten, Hochmüthigen, Usurpatoren der Aemter. Vielleicht wird deshalb Deutschland so schlecht regiert. (Bravo und Freude.) Seit 1815 begann die Reaktion der Adelskette. Sie reicht bis zur jetzigen Auflehnung des Junkerthums in der hannöverschen Kammer gegen unsere Beschlüsse. Erinnert an die Metternich, Münch-Bellinghausen und, da er gerade ein Preuße, an den Demagogenfänger Tzschoppe, der für seine Schurkereien von Friedrich Wilhelm III. geadelt ward. Wenn die Adligen in's Zuchthaus kommen, verlieren sie den Adel, conform damit verlange ich, daß wenn die Bürgerlichen in's Zuchthaus kommen, sie adlich werden. (Starkes Bravo, Wuth und Grimm ganz rechts.) Der Begriff der Ebenbürtigkeit muß fallen! Durch das Adelsprivileg geht ein tiefer Riß durch alle Volksschichten, durch alles gesellige Leben, und das gesellige Leben beeinflußt ja das politische. Schließlich erinnert er an die Offizierkorps, die Artillerie habe lauter bürgerliche Offiziere. Man müsse den Adel abschaffen; man hüte sich, daß nicht die Kammer eines Einzelstaates der Nationalversammlung Deutschlands hierin zuvorkomme.

Fürst von Lichnowsky (Allgemeine Ruhe und Aufmerksamkeit. Bravo! beim Auftreten.) Die Sache, die ich zu vertheidigen habe wird wenig Anklang finden. Ich vertheidige das Minoritäts-Gutachten weil ich ein Edelmann bin. (Gezisch und Bravo.) Ich spreche recht eigentlich pro domo! Den rechtlichen Punkt der Privilegien des Adels haben sie ja Stück vor Stück abgehauen, was übrig bleibt, dies flebile beneficium, werde ich nicht erbetteln von Ihnen. Aber er komme auf Abschaffung des Adelstitels. Eine Abschaffung des Namens verstehe er nicht. Man hat allen Schmutz der Jahrhunderte auf den Adel geworfen, rikoschettiren werde er nicht. Was die Abschaffung des Namens anlange, wolle man etwas den Adligen wie den Verbannten in Sibirien Nummern geben? Die Titel anlangend, wenn sie uns diese nehmen, wir werden nicht darum bitten. In Frankreich hat man auch diese Titel und die Köpfe dazu genommen. Napoleon hat später diese alten Namen wieder gesucht. Trotz aller Abschaffung werden die Titel bleiben. (Widerspruch, Zischen und Bravo.) Den Mediatisirten seien ihre Rechte garantirt worden, wenn man ihnen diese nehmen wolle, werde man das Mediatisiren für die Zukunft nicht erleichtern.

Ottov aus Labiau. Gegen sämmtliche Amendements, die im Prinzip von dem Antrage des Ausschusses abweichen.

Neumann aus Wien macht die adeligen Vorrechte zum großen Gaudium der Tribünen sehr lächerlich. Seelig, hochseelig, höchstseelig. Wohlgeboren, hochwohlgeboren, hochgeboren u: Jedes Vorrecht des Einen ist ein Unrecht gegen den Andern. Er stimmt im ersten Absatz mit dem Ausschuß, im zweiten mit dem Minoritäts-Gutachten. (Bravo.)

Jakob Grimm, (sehr undeutlich, tiefe, aufmerksame Stille): Der Adel ist eine Blume, die ihren Geruch verloren hat. Wir wollen die Freiheit, neben ihr gibt es nichts Höheres mehr. Doch ich kann den Adel nicht so schwarz malen, ich will von seinen Lichtseiten ausgehen. Heot heraus wo der Adel überall geglänzt; vorzüglich in der Literatur. Aber die bürgerlichen Freiheiten sind von je durch Bürgerliche gehoben worden, Luther, und Andere. Das Wörtchen von ist eine Präposition, die den Ortsbegriff in sich faßt, aber unsinnig ist es, zu sagen Herr von Müller u. Es handele sich hier nicht bloß um Vorrechte der goldenen Sporen und der langen Nägel, sondern um solche, die tief in's Leben greifen. Er erzählt eine Stipendienanekdote aus seinem Schulleben, wo ein Adeliger ihm vorgezogen worden. So plaudert der alte Herr vom Hundertsten in's Tausendste, und die Versammlung hängt an seinem Munde. (Deutsche Pietät. Schluß mit vielem Bravo. Man will Schluß.)

Schneider aus Wien: Muß für die Aufhebung des Adels sein, vom Standpunkte der Sittlichkeit, der Gerechtigkeit und der Politik. Bittet die Adeligen in der Versammlung wegen seiner Rede um Entschuldigung, da ja diese, durch ihre Wahl (?) bewiesen hätten, daß sie des Volks Vertrauen besäßen! (Oho!)

Stimmen sie für Aufrechthaltung des Adels, so überschreiten sie ihr moralisches Mandat. (Schluß! Schluß! rechts.) Ich als Wiener Deputirter muß vorzüglich auf die Abschaffung des Adels bringen, ich werde es thun, trotz dem sie ermüdet sind! (Bravo!) (Er macht sich lustig über die Herren Arndt und von Lychnowsky zu großer Heiterkeit der Linken und Galerien. ‒ Lychnowsky stellt sich mit ganz außerordentlicher Arroganz der Tribüne gegenüber und steckt die Hände in die Hosentaschen.) ‒ Wir wollen eine Aristokratie haben, aber eine geistige. Der Adel ist die Stütze des Thrones hat man gesagt, aber wehe den Thronen, die eine solche Stütze brauchen. Wir Oestreicher wir wollen keinen Adel. Wir haben in Wien drei Revolutionen gemacht. (Bei diesem Satze erhebet sich rechts große Bewegung, die durch lebhaftes zur „Ruhegeschrei“ links erdrückt wird.) ‒ Der Redner will ein Dokument vorlesen. (Rechts nein. Links ja.) Er bekommt die Erlaubniß zu lesen zum Aerger des Hrn. von Radowitz. Der Redner schließt: Ich will den Adelsstand heben, indem ich ihn dem Bürgerstand gleichstelle. (Bravo! Bravo! links und Galerien, rechts Schluß!)

von Gagern: Ich werde (so!) noch dem Hrn. Michelsen das Wort geben.

Michelsen (Jena). Für die Anträge des Ausschusses, gegen die Minoritäts-Anträge. (Theilnahmlosigkeit.) Den Adelstitel aufzuheben sei praktisch unausführbar! (Ist wohl noch nicht ausgeführt worden?) Zischen! Schluß!

Er will sehen, ob man im Stande ist den Namen zu kastriren. Das Prinzip des Adels ist ein schönes, das der Familienehre, es kann gar nicht entbehrt werden! (Also deshalb mußte der edle von Gagern den Michelsen noch sprechen lassen.)

Niebuhr, dieser demokratische Geschichtsschreiber, (oho! oho!) sage: die Aufhebung des Adels sei ein krasses rohes Gesetz. (Bravo rechts.)

Endlich ist man erschöpft, und die Debatte über die oben genannten 11 Worte wird geschlossen. ‒ Morgen um 9 Uhr nächste Sitzung. Fortsetzung von heut. Schluß der heutigen Sitzung um 3 Uhr.

Frankfurt, 1. August.

Von den früher hier zusammengetretenen Deputirten des Segelschifferstandes ist eine permanente Kommission, bestehend aus dem Hafenkommissär Tusch von Wesel und den Schiffern Ueberle von Speyer, Schön von Würzburg, Hegwein von Kitzingen und Mutzenbauer von Offenbach hier geblieben, welche die Interessen ihres Gewerbes bei dem betreffenden Ausschuß der Nationalversammlung vertritt. Wie verlautet, ist bei demselben bereits der Antrag, die Aufhebung des Octrois und der Binnenzölle betreffend, durchgegangen und wird demnächst zur endlichen Beschlußnahme in der Nationalversammlung auf die Tagesordnung gebracht werden.

(F. O. P. Z.)
Frankfurt.

Von einem österreichischen Abgeordneten ist bei der Reichsversammlung ein von mehr als 100 Mitgliedern unterstützter Antrag auf Aufhebung des Cälibats eingereicht worden.

42 Frankfurt, 2. Aug.

Paragraph 6 (Art. II.) der Grundrechte wurde heute in folgender Form angenommen:

„Alle Deutsche sind gleich vor dem Gesetz; Standesprivilegien finden nicht statt; alle Titel, soweit sie nicht mit einem Amte verbunden, sind aufgehoben und dürfen nie wieder eingeführt werden; die öffentlichen Aemter sind für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. Das Waffenrecht und die Wehrpflicht ist für alle gleich. Stellvertretung bei letzterer findet nicht statt.“ Der erste Minoritätsantrag: daß der Adel selbst aufgehoben sein solle, wurde bei namentlicher Abstimmung mit 282 gegen 167 Stimmen verworfen; der Antrag von Jakob Grimm: „aller rechtliche Unterschied zwischen Adeligen, Bürger und Bauer hört auf, und keine Erhebung weder in den Adel noch aus einem niederern in den höhern Adel findet statt“ verworfen, eben so der Antrag von Vogt und Konsorten: daß es Jedem freistehen solle, irgend eine beliebige Adelsbezeichnung seinem Namen vorzusetzen, und die Anträge von Ahrends, Debes, Grimm und Mölling auf Abschaffung aller Orden und Titel.

Oldenburg, 29. Juli.

Das heutige Gesetzblatt enthält folgende Verordnung: Wir Paul Friedrich August etc. thun kund: Nachdem Se. kaiserl. Hoh. der Erzherzog Johann von Oesterreich die provisorische Centralgewalt über Deutschland als Reichsverweser angetreten hat, bringen wir dieses glückliche und dem gesammten theuern deutschen Vaterlande Segen verheißende Ereigniß hiermit zur öffentlichen Kenntniß, mit der zuversichtlichen Hoffnung, daß die daran geknüpften Wünsche in Erfüllung gehen mögen, und machen nachstehend zugleich den von des Erzherzog-Reichsverwesers kaiserl. Hoh. unterm 15. Juli erlassenen Aufruf an das deutsche Volk hierdurch allgemein bekannt. Gegeben auf dem Schlosse zu Rastede, 21. Juli 1848. (Gez.) August. ‒ Der

<TEI>
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          <p><pb facs="#f0002" n="0324"/>
schäftler in                         ihrem Herzen und in ihren Rumpelkammern zufällig aufbewahrten.</p>
          <p>Die andere Partei, die gewöhnlich den Dativ mit dem Accusativ verwechselt,                         hat sich dagegen unsere alten, guten Farben: Schwarz und Weiß, in den                         Stürmen der Zeit bewahrt, und läßt diese durch die Lüfte flattern. Lange                         habe ich nicht begreifen können, was diese Kouleuren mit einander zu hadern                         haben. Erst seit ich den Personen auf die Schliche gekommen bin, welche die                         beiden Parteien repräsentiren, ist mir Alles deutlich geworden.</p>
          <p>Zu den Schwarz-Roth-Goldnen gehören alle möglichen und unmöglichen Menschen,                         von dem ersten Professor bis zum letzten Pedell, von Gervinus in Heidelberg                         bis zu Franz Fleutchen in Bonn. Die Schwarz-Weißen werden dagegen                         repräsentirt durch den Dr. W. Bötticher, durch den Wehrreiter im 20.                         Landwehr-Kavallerie-Regiment: Schlesinger; durch einen westpreußischen                         Landwehrmann des Kreises Conitz, durch den vormaligen Gymnasiallehrer A.                         Drahn, durch den Herrn F. von Bülow. und durch einen geborenen Berliner.</p>
          <p>
            <ref type="link">(Schluß folgt.)</ref>
          </p>
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          <p>Wir erhalten soeben unsere westphälische Post. Aus <hi rendition="#g">Münster</hi> schreibt man uns, daß auch dort der Kampf der                         Schwarz-Weißen und der Schwarz-Roth-Goldnen Rose bevorsteht. Die Preußen, d.                         h. Militär und Beamte, wollen den 6. August nicht feiern; die Bürger denken                         sich aber in allem Pomp zu zeigen. Man macht eine Glaubenssache aus der                         Geschichte. Die Protestanten schaaren sich um das Banner der Hohenzollern;                         die Katholiken schwärmen für den Erzherzog-Reichsverweser.</p>
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        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar065_006_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Karl Marx: Die Montags-Nummer. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 486.</bibl>                </note>
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 3. Aug.</head>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
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          <head><bibl><author>!!!</author></bibl> Frankfurt, 1. August.</head>
          <p>&#x2012; <hi rendition="#g">Sitzung der Nationalversammlung.</hi> &#x2012; Präsident v.                         Gagern. &#x2012; Beginn 91/4 Uhr.</p>
          <p><hi rendition="#g">Compes</hi> aus Köln erstattet den Bericht des                         Petitionsausschusses. Unter Anderm über eine Petition von 600 und mehr                         Bürgern von Würtemberg, die aus Nürnberg erfolgte Ausweisung des                         Schriftstellers Gustav Diezel (Redakteur des freien Volksfreunds) wegen                         aufregender Reden, und Mangel an Existenzmittel zurücknehmen zu lassen,                         beantragt der Ausschuß Tagesordnung. Die in Folge dieser Petition erhobene                         Ausweisungsfrage selbst überantwortet der Petitionsausschuß dem                         Verfassungsausschuß.</p>
          <p><hi rendition="#g">Tagesordnung.</hi> Berathung über Artikel II. § 6 der                         Grundrechte. Dieser lautet:</p>
          <p>Alle Deutschen sind gleich vor dem Gesetze. &#x2012; Standesprivilegien finden nicht                         statt. &#x2012; Die öffentlichen Aemter sind für alle dazu Befähigten gleich                         zugänglich. &#x2012; Die Wehrpflicht ist für Alle gleich.</p>
          <p>Minoritäts-Erachten. Alle Standesprivilegien so wie der Adel selbst sind                         aufgehoben. (Wigard, Blum, Simon, Schüler). Alle Ordenstitel sind aufgehoben                         und dürfen nicht wieder eingeführt werden. (Ahrens, Blum, Schüler, Wigard,                         Simon). Die Wehrpflicht ist für Alle gleich. Eine Stellvertretung ist nicht                         gestattet. (Scheller, Wigard, Blum, R. Mohl, Hergenhahn, v. Beckerrath,                         Droysen, Beseler, Simon, Schüler, Bassermann). Jeder Deutsche [unbescholtene                         Deutsche (Ahrens, Welcker)] hat das Recht bewaffnet zu sein. (Waffenrecht).                         (Schüler, Wippermann, Soiron, Simon, Römer, Blum, Wigard). Das Waffenrecht                         und die Wehrpflicht ist für Alle gleich; Stellvertretung bei letzterer                         findet nicht statt. (Wigard, Blum, Simon Schüler).</p>
          <p>Hierzu kommen 12 Amendements, die bei der Abstimmung erwähnt werden                         sollen.</p>
          <p>Debattirt werden heute nur die beiden ersten Sätze: 1) Alle Deutschen sind                         gleich vor dem Gesetze. 2) Standesprivilegien finden nicht statt.</p>
          <p>Ueber diese &#x201E;Worte&#x201C; debattirt man von 9 Uhr früh bis 3 Uhr Mittag.</p>
          <p><hi rendition="#g">Ahrens</hi> (Hannover) macht den Vorschlag, den Satz ohne                         Debatte anzunehmen. Man hat es in Frankreich, Belgien etc. so gethan. Es sei                         eine zu <hi rendition="#g">allgemeine</hi> Wahrheit; nichtsdestoweniger                         spricht er über diese zu allgemeine Wahrheit eine halbe Stunde. Nur Fürsten,                         Priester und Kirche eximirt der Redner von der Gleichheit vor dem Gesetz.                         Nach halbstündiger, ohne alle Theilnahme angehörter Rede, trinkt der Redner,                         um sich aufs Neue zu stärken, ein Glas frisches Wasser, worüber ungeheure                         Heiterkeit sich erhebt. Gagern selbst bemerkt, er solle sich kurz fassen.                         (Bravo.) Der Redner fährt ruhig fort. (Getümmel nach Schluß!) Der Redner                         kommt schließlich auf die Orden zu sprechen, und sieht das Faule dieses                         Instituts darin, daß man Allgemein keine Orden mehr trägt. (Bravo).</p>
          <p><hi rendition="#g">Moritz Mohl:</hi> Wenn der Ausschuß alle Privilegien                         aufheben wollte, mußte er mit dem Adel anfangen. (Bravo.) Dieser theilt von                         Geburt aus das Volk in zwei Kasten. Dies ist eine Beleidigung der Nation.                         (Bravo.) Sei etwa der Adel aus besserem Stoff gebildet, als die andern                         Menschen? Gäbe es Menschen, die schon im Mutterleibe zu einer niedern Race                         gestempelt sind? Alle großen Lichter Deutschlands gehören dieser                         untergeordneten Race an. Alle freien und guten Institutionen verdankt man                         den Bürgern. Aufhebung des Drucks der Bauern, Aufhebung der Feudallasten                         dankt man den Bürgern. Es gibt freilich auch edle Adlige. Der Redner                         verweist ziemlich deutlich auf v. Gagern. Aber die untergeordnete Race hat                         ihr Recht der Ebenbürtigkeit vollständig nachgewiesen. Man hat gesagt, der                         Adel sei ausnahmsweise tapfer. Als Beispiel führe man die vielen in den                         Kriegen gefallenen Offiziere an, die ja größtentheils adlich. Seien nicht                         auch die Gemeinen gefallen? Haben die Kartätschen einen Standesunterschied                         gemacht? (Während dieser Rede stellt der edle Fürst v. Lichnowsky die                         Vorzüge des Adels klar heraus, indem er neben der Tribüne stehend, ohne die                         geringste Aufmerksamkeit auf den Redner die ganze Versammlung und Tribünen                         durch ein langes Opernglas lorgnettirt). Dem ersten Anspruch der Menschheit:                         dem Prinzipe des Verdienstes schlägt das Adelsinstitut in's Gesicht. (Bravo)                         Durch allerlei Mittel, reiche Heirathen u.(Lichnowsky fährt auf) vergrößere                         der Adel seine Macht. Den Adel nicht aufheben, heißt den Camarillen und der                         Reaktion Vorschub leisten. (Händeklatschen und Bravo.) Einige Mediatisirte                         haben an die Nationalversammlung petirt gegen die Adelsaufhebung, und wollen                         zum Ersatz für ihre Mediatisirung Vertretung der großen Grundeigenthümer in                         einer ersten Kammer. Dadurch würden sie mehr verlangen als sie verloren. Was                         hat der Bundestag so verhaßt gemacht? Die Begünstigung der Privilegirten.                         Jetzt, nachdem man den Bundestag abgeschafft, wolle man seine Prinzipien                         respektiren? (Rechts, Schluß! Links sehr laut, Ruhe!) Schaffen Sie den Moder                         der Privilegien, Adel und Titel ab. (Lautes Bravo.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Schwetschke</hi> aus Halle spricht gegen die Aufhebung des                         Adelstitels. Wenn er Ulrich von Hutten oder Götz von Berlichingen hieße,                         würde er es sich verbitten, ihm seinen Namen zu nehmen. Stellt den Antrag:                         Alle Deutschen sollen gleichen Standes sein, aber ob sie adlige                         Familiennamen führen, bleibt unberücksichtigt. Alle Standesprivilegien sind                         aufgehoben. (Bravo rechts.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Kierulf</hi> aus Rostock verbreitet sich über                         Standesprivilegien. Es sei räthlich, die Stellung des Adels fest                         hinzustellen. Nicht jesuitisch-zweideutig; wie nach dem Ausschußsatze:                         &#x201E;Standesprivilegien finden nicht statt&#x201C;. &#x2012; Formel ist das Adelsrecht kein                         Privileg, aber der Inhalt, d. h. der Anspruch zu höheren Ehren, das ist das                         Vorrecht. (Vinke wird sehr unruhig.) Nach dem Ausschuß bliebe der <hi rendition="#g">Stand</hi>bestehen, trotzdem seine Privilegien aufgehoben                         würden. Der Redner verweist auf die Zerwürfnisse zwischen Adel und Volk in                         seinem Vaterland. (Meklenburg-Schwerin.) &#x2012; Die heutige Demokratie kämpft                         gegen das <hi rendition="#g">Junkerthum.</hi> (Bravo.) Die meisten Vorrechte                         dieses Junkerthums sind theilweis verschwunden, aber vorzüglich das alte                         Vorrecht muß schwinden, daß dem Adel der Zutritt zum Fürsten erleichtert                         ist. Den Namen verbieten zu wollen, wäre unpraktisch. Auch durch eine                         Freistellung des Adels an Alle, den Adel aufheben wollen, sei thöricht. Die                         künftige Adelsertheilung muß aufhören. Ein Recht auf den Adel muß aufhören.                         &#x2012; Auch der Verlust des Adels keine Strafe mehr sein. (Bravo.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Arndt:</hi> Ich alter Plebejer, der mit Schreiben gegen                         den Adel begonnen, soll nun quasi für den Adel sprechen (so?). Ich glaube,                         daß wir alle gleich geboren sind. Ich bin auch der Meinung des Ausschusses,                         die Privilegien müssen aufhören, das Privilegium der Sporen; aber anders ist                         es mit der Abschaffung der idealen Bilder eines Standes (!!), der                         Abschaffung eines Namens. Er will die Gefühlspietät nicht verletzen. Er ist                         vom Bauernstande, aber &#x2026; (sehr laut und gefühlvoll) die Adelsnamen sind mit                         dem Glanz<lb/>
unserer Geschichte verknüpft. Wir wollen nicht tabula rasa                         machen. Ich bin gewiß ein Republikaner (nein! Gelächter!); aber vor einer                         großen Republik mit einem verantwortlichen Präsidenten, habe ich ein Grauen                         (ungeheures Gelächter). Alle Länder passen eher zu einer Republik, als das                         unsere. (Rechts sehr brav. v. Binke sehr gut. Links Gelächter.) Der Redner                         schließt tiefgerührt: Laßt dem Adel seine Fahnen, seine Bilder etc. (seinen                         Unsinn, seine Arroganz, seine kontrerevolutionären Mucken. Bravo Ernst                         Moritz, Bauernsohn!) Zischen <hi rendition="#g">links.</hi> Viele Glieder                         der Rechten umstürmen Arndt mit Händedrücken. Der Alte ist kindisch vor                         Freude.</p>
          <p><hi rendition="#g">Marek</hi> aus Steyermark: Man muß den Geburtsadel an und                         für sich abschaffen, weil seine <hi rendition="#g">Vorrechte</hi> zweifelsohne stehen. Der Geburtsadel ist nichts anderes, als eine zu einem                         höheren gesellschaftlichen Rang bevorrechtete Kaste, basirend auf <hi rendition="#g">keinem</hi> natürlichen Rechtsgesetz. Schon Joseph II.                         und Friedrich der Große waren gegen die Vorrechte des Adels. Der Adel ist                         die Scheidewand zwischen Fürst und Volk. Diese schon oft mit Pflastersteinen                         angegriffene Scheidewand muß fallen. Sie haben des Bauers und Bürgers                         Vorrechte abgeschafft, die des Adels müssen folgen. Nur dann wird man uns                         tüchtige Vertreter nennen, und das deutsche Volk uns segnen, wenn wir                         schaffen Freiheit &#x2012; Gleichheit! (Langes schallendes Bravo links und                         Gallerie.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Gombart,</hi> München: Die Vorrechte des Adels sollen                         aufgehoben werden, der adlige Namen nicht. Wenn wir mehr thun, machen wir                         was Despotie und Polizeistaat thun. Ich habe keinen Orden und werde auch nie                         einen bekommen (Gelächter); aber auch Orden sind, von wahren Ehrenmännern                         getragen, zu belassen. Orden sind das wohlfeilste Mittel Verdienste zu                         belohnen. (Zischen und Bravo.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Moritz Hartmann</hi> (von Leitmeritz, Poet): Es ist unedel                         einem Sterbenden den letzten Stoß zu geben, aber wenn etwas nur noch ein                         Gespenst, durch ein Wort zu verscheuchen sei, muß man dies Wort sprechen!                         Also fort mit dem Adel. Derselbe hat jetzt keine Pflichten mehr, ist nur                         noch eine Kaste. Sollen wir mit den Egyptiern gleich stehen, die                         Kasteneintheilung hatten. Alles was ich von der Demoralisirung der Adligen                         sagen könnte, ist bekannt. Jetzt wo es gilt, dem Adel sein lumpiges <hi rendition="#g">von</hi> zu nehmen, petirt er bei uns, um Beibehaltung                         desselben. Schließt mit der Parabel: Ein rostiges Schild sagte zur Sonne,                         bescheine mich. Die Sonne sprach, reinige dich. So der Adel, solle sich                         durch Aufgehen im Volk reinigen, wenn er werth sein soll, daß ihn die Sonne                         bescheint. (Lautes Bravo.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Briegleb</hi> (Koburg) stellt den Antrag die beiden                         Ausschußpunkte so zu fassen: Vor dem Gesetz findet kein Unterschied der                         Stände statt, Standesprivilegien sind aufgehoben.</p>
          <p><hi rendition="#g">Rösler</hi> aus Oels (weil derselbe in gelbem Nankin                         gekleidet, lacht man rechts sehr laut): Ich verlange die Abschaffung des                         Adels im Namen der Gerechtigkeit. Man beruft sich <hi rendition="#g">rechts</hi> immer auf das historische Recht; schauen sie zurück, so                         finden sie überall des Adels historisches <hi rendition="#g">Unrecht.</hi> Erinnert an die mittelalterlichen Schnapphähne auf den Straßen. (Bravo!) Der                         Adel besteht aus Speichelleckern der Fürsten, Hochmüthigen, Usurpatoren der                         Aemter. Vielleicht wird deshalb Deutschland so schlecht regiert. (Bravo und                         Freude.) Seit 1815 begann die Reaktion der Adelskette. Sie reicht bis zur                         jetzigen Auflehnung des Junkerthums in der hannöverschen Kammer gegen unsere                         Beschlüsse. Erinnert an die Metternich, Münch-Bellinghausen und, da er                         gerade ein Preuße, an den Demagogenfänger Tzschoppe, der für seine                         Schurkereien von Friedrich Wilhelm III. geadelt ward. Wenn die Adligen in's                         Zuchthaus kommen, verlieren sie den Adel, conform damit verlange ich, daß                         wenn die Bürgerlichen in's Zuchthaus kommen, sie adlich werden. (Starkes                         Bravo, Wuth und Grimm ganz rechts.) Der Begriff der Ebenbürtigkeit muß                         fallen! Durch das Adelsprivileg geht ein tiefer Riß durch alle                         Volksschichten, durch alles gesellige Leben, und das gesellige Leben                         beeinflußt ja das politische. Schließlich erinnert er an die Offizierkorps,                         die Artillerie habe lauter bürgerliche Offiziere. Man müsse den Adel                         abschaffen; man hüte sich, daß nicht die Kammer eines Einzelstaates der                         Nationalversammlung Deutschlands hierin zuvorkomme.</p>
          <p><hi rendition="#g">Fürst von Lichnowsky</hi> (Allgemeine Ruhe und                         Aufmerksamkeit. Bravo! beim Auftreten.) Die Sache, die ich zu vertheidigen                         habe wird wenig Anklang finden. Ich vertheidige das Minoritäts-Gutachten                         weil ich ein Edelmann bin. (Gezisch und Bravo.) Ich spreche recht eigentlich                         pro domo! Den rechtlichen Punkt der Privilegien des Adels haben sie ja Stück                         vor Stück abgehauen, was übrig bleibt, dies flebile beneficium, werde ich                         nicht erbetteln von Ihnen. Aber er komme auf Abschaffung des Adelstitels.                         Eine Abschaffung des Namens verstehe er nicht. Man hat allen Schmutz der                         Jahrhunderte auf den Adel geworfen, rikoschettiren werde er nicht. Was die                         Abschaffung des Namens anlange, wolle man etwas den Adligen wie den                         Verbannten in Sibirien Nummern geben? Die Titel anlangend, wenn sie uns                         diese nehmen, wir werden nicht darum bitten. In Frankreich hat man auch                         diese Titel und die Köpfe dazu genommen. Napoleon hat später diese alten                         Namen wieder gesucht. Trotz aller Abschaffung werden die Titel bleiben.                         (Widerspruch, Zischen und Bravo.) Den Mediatisirten seien ihre Rechte                         garantirt worden, wenn man ihnen diese nehmen wolle, werde man das                         Mediatisiren für die Zukunft nicht erleichtern.</p>
          <p><hi rendition="#g">Ottov</hi> aus Labiau. Gegen sämmtliche Amendements, die                         im Prinzip von dem Antrage des Ausschusses abweichen.</p>
          <p><hi rendition="#g">Neumann</hi> aus Wien macht die adeligen Vorrechte zum                         großen Gaudium der Tribünen sehr lächerlich. Seelig, hochseelig,                         höchstseelig. Wohlgeboren, hochwohlgeboren, hochgeboren u: Jedes Vorrecht                         des Einen ist ein Unrecht gegen den Andern. Er stimmt im ersten Absatz mit                         dem Ausschuß, im zweiten mit dem Minoritäts-Gutachten. (Bravo.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Jakob Grimm,</hi> (sehr undeutlich, tiefe, aufmerksame                         Stille): Der Adel ist eine Blume, die ihren Geruch verloren hat. Wir wollen                         die Freiheit, neben ihr gibt es nichts Höheres mehr. Doch ich kann den Adel                         nicht so schwarz malen, ich will von seinen Lichtseiten ausgehen. Heot                         heraus wo der Adel überall geglänzt; vorzüglich in der Literatur. Aber die                         bürgerlichen Freiheiten sind von je durch Bürgerliche gehoben worden,                         Luther, und Andere. Das Wörtchen <hi rendition="#g">von</hi> ist eine                         Präposition, die den <hi rendition="#g">Ortsbegriff</hi> in <hi rendition="#g">sich faßt,</hi> aber unsinnig ist es, zu sagen Herr von                         Müller u. Es handele sich hier nicht bloß um Vorrechte der goldenen Sporen                         und der langen Nägel, sondern um solche, die tief in's Leben greifen. Er                         erzählt eine Stipendienanekdote aus seinem Schulleben, wo ein Adeliger ihm                         vorgezogen worden. So plaudert der alte Herr vom Hundertsten in's                         Tausendste, und die Versammlung hängt an seinem Munde. (Deutsche Pietät.                         Schluß mit vielem Bravo. Man will Schluß.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Schneider</hi> aus Wien: Muß für die Aufhebung des Adels                         sein, vom Standpunkte der <hi rendition="#g">Sittlichkeit,</hi> der <hi rendition="#g">Gerechtigkeit</hi> und der <hi rendition="#g">Politik.</hi> Bittet die Adeligen in der Versammlung wegen seiner Rede                         um Entschuldigung, da ja diese, durch ihre Wahl (?) bewiesen hätten, daß sie                         des Volks Vertrauen besäßen! (Oho!)</p>
          <p>Stimmen sie für Aufrechthaltung des Adels, so überschreiten sie ihr                         moralisches Mandat. (Schluß! Schluß! rechts.) Ich als Wiener Deputirter muß                         vorzüglich auf die Abschaffung des Adels bringen, ich werde es thun, trotz                         dem sie ermüdet sind! (Bravo!) (Er macht sich lustig über die Herren Arndt                         und von Lychnowsky zu großer Heiterkeit der Linken und Galerien. &#x2012;                         Lychnowsky stellt sich mit ganz außerordentlicher Arroganz der Tribüne                         gegenüber und steckt die Hände in die Hosentaschen.) &#x2012; Wir wollen eine                         Aristokratie haben, aber eine geistige. Der Adel ist die Stütze des Thrones                         hat man gesagt, aber wehe den Thronen, die eine solche Stütze brauchen. Wir                         Oestreicher wir wollen keinen Adel. Wir haben in Wien drei Revolutionen                         gemacht. (Bei diesem Satze erhebet sich rechts große Bewegung, die durch                         lebhaftes zur &#x201E;Ruhegeschrei&#x201C; links erdrückt wird.) &#x2012; Der Redner will ein                         Dokument vorlesen. (Rechts nein. Links ja.) Er bekommt die Erlaubniß zu                         lesen zum Aerger des Hrn. von Radowitz. Der Redner schließt: Ich will den                         Adelsstand heben, indem ich ihn dem Bürgerstand gleichstelle. (Bravo! Bravo!                         links und Galerien, rechts Schluß!)</p><lb/>
          <p><hi rendition="#g">von Gagern:</hi> Ich <hi rendition="#g">werde</hi> (so!)                         noch dem Hrn. Michelsen das Wort geben.</p>
          <p><hi rendition="#g">Michelsen</hi> (Jena). Für die Anträge des Ausschusses,                         gegen die Minoritäts-Anträge. (Theilnahmlosigkeit.) Den Adelstitel                         aufzuheben sei praktisch unausführbar! (Ist wohl noch nicht ausgeführt                         worden?) Zischen! Schluß!</p>
          <p>Er will sehen, ob man im Stande ist den Namen zu <hi rendition="#g">kastriren.</hi> Das Prinzip des Adels ist ein schönes, das der                         Familienehre, es kann gar nicht entbehrt werden! (Also deshalb mußte der                         edle von Gagern den Michelsen noch sprechen lassen.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Niebuhr,</hi> dieser demokratische Geschichtsschreiber,                         (oho! oho!) sage: die Aufhebung des Adels sei ein krasses rohes Gesetz.                         (Bravo rechts.)</p>
          <p>Endlich ist man erschöpft, und die Debatte über die oben genannten 11 Worte                         wird geschlossen. &#x2012; Morgen um 9 Uhr nächste Sitzung. Fortsetzung von heut.                         Schluß der heutigen Sitzung um 3 Uhr.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar065_008" type="jArticle">
          <head>Frankfurt, 1. August.</head>
          <p>Von den früher hier zusammengetretenen Deputirten des Segelschifferstandes                         ist eine permanente Kommission, bestehend aus dem Hafenkommissär Tusch von                         Wesel und den Schiffern Ueberle von Speyer, Schön von Würzburg, Hegwein von                         Kitzingen und Mutzenbauer von Offenbach hier geblieben, welche die                         Interessen ihres Gewerbes bei dem betreffenden Ausschuß der                         Nationalversammlung vertritt. Wie verlautet, ist bei demselben bereits der                         Antrag, die Aufhebung des Octrois und der Binnenzölle betreffend,                         durchgegangen und wird demnächst zur endlichen Beschlußnahme in der                         Nationalversammlung auf die Tagesordnung gebracht werden.</p>
          <bibl>(F. O. P. Z.)</bibl>
        </div>
        <div xml:id="ar065_009" type="jArticle">
          <head>Frankfurt.</head>
          <p>Von einem österreichischen Abgeordneten ist bei der Reichsversammlung ein von                         mehr als 100 Mitgliedern unterstützter Antrag auf Aufhebung des Cälibats                         eingereicht worden.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar065_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>42</author></bibl> Frankfurt, 2. Aug.</head>
          <p>Paragraph 6 (Art. II.) der Grundrechte wurde heute in folgender Form                         angenommen:</p>
          <p>&#x201E;Alle Deutsche sind gleich vor dem Gesetz; Standesprivilegien finden nicht                         statt; alle Titel, soweit sie nicht mit einem Amte verbunden, sind                         aufgehoben und dürfen nie wieder eingeführt werden; die öffentlichen Aemter                         sind für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. Das Waffenrecht und die                         Wehrpflicht ist für alle gleich. Stellvertretung bei letzterer findet nicht                         statt.&#x201C; Der erste Minoritätsantrag: daß der Adel selbst aufgehoben sein                         solle, wurde bei namentlicher Abstimmung mit 282 gegen 167 Stimmen                         verworfen; der Antrag von Jakob Grimm: &#x201E;aller rechtliche Unterschied                         zwischen Adeligen, Bürger und Bauer hört auf, und keine Erhebung weder in                         den Adel noch aus einem niederern in den höhern Adel findet statt&#x201C;                         verworfen, eben so der Antrag von Vogt und Konsorten: daß es Jedem                         freistehen solle, irgend eine beliebige Adelsbezeichnung seinem Namen                         vorzusetzen, und die Anträge von Ahrends, Debes, Grimm und Mölling auf                         Abschaffung aller Orden und Titel.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar065_011" type="jArticle">
          <head>Oldenburg, 29. Juli.</head>
          <p>Das heutige Gesetzblatt enthält folgende Verordnung: Wir Paul Friedrich                         August etc. thun kund: Nachdem Se. kaiserl. Hoh. der Erzherzog Johann von                         Oesterreich die provisorische Centralgewalt über Deutschland als                         Reichsverweser angetreten hat, bringen wir dieses glückliche und dem                         gesammten theuern deutschen Vaterlande Segen verheißende Ereigniß hiermit                         zur öffentlichen Kenntniß, mit der zuversichtlichen Hoffnung, daß die daran                         geknüpften Wünsche in Erfüllung gehen mögen, und machen nachstehend zugleich                         den von des Erzherzog-Reichsverwesers kaiserl. Hoh. unterm 15. Juli                         erlassenen Aufruf an das deutsche Volk hierdurch allgemein bekannt. Gegeben                         auf dem Schlosse zu Rastede, 21. Juli 1848. (Gez.) <hi rendition="#g">August.</hi> &#x2012; Der
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0324/0002] schäftler in ihrem Herzen und in ihren Rumpelkammern zufällig aufbewahrten. Die andere Partei, die gewöhnlich den Dativ mit dem Accusativ verwechselt, hat sich dagegen unsere alten, guten Farben: Schwarz und Weiß, in den Stürmen der Zeit bewahrt, und läßt diese durch die Lüfte flattern. Lange habe ich nicht begreifen können, was diese Kouleuren mit einander zu hadern haben. Erst seit ich den Personen auf die Schliche gekommen bin, welche die beiden Parteien repräsentiren, ist mir Alles deutlich geworden. Zu den Schwarz-Roth-Goldnen gehören alle möglichen und unmöglichen Menschen, von dem ersten Professor bis zum letzten Pedell, von Gervinus in Heidelberg bis zu Franz Fleutchen in Bonn. Die Schwarz-Weißen werden dagegen repräsentirt durch den Dr. W. Bötticher, durch den Wehrreiter im 20. Landwehr-Kavallerie-Regiment: Schlesinger; durch einen westpreußischen Landwehrmann des Kreises Conitz, durch den vormaligen Gymnasiallehrer A. Drahn, durch den Herrn F. von Bülow. und durch einen geborenen Berliner. (Schluß folgt.) Wir erhalten soeben unsere westphälische Post. Aus Münster schreibt man uns, daß auch dort der Kampf der Schwarz-Weißen und der Schwarz-Roth-Goldnen Rose bevorsteht. Die Preußen, d. h. Militär und Beamte, wollen den 6. August nicht feiern; die Bürger denken sich aber in allem Pomp zu zeigen. Man macht eine Glaubenssache aus der Geschichte. Die Protestanten schaaren sich um das Banner der Hohenzollern; die Katholiken schwärmen für den Erzherzog-Reichsverweser. [Deutschland] * Köln, 3. Aug. _ !!! Frankfurt, 1. August. ‒ Sitzung der Nationalversammlung. ‒ Präsident v. Gagern. ‒ Beginn 91/4 Uhr. Compes aus Köln erstattet den Bericht des Petitionsausschusses. Unter Anderm über eine Petition von 600 und mehr Bürgern von Würtemberg, die aus Nürnberg erfolgte Ausweisung des Schriftstellers Gustav Diezel (Redakteur des freien Volksfreunds) wegen aufregender Reden, und Mangel an Existenzmittel zurücknehmen zu lassen, beantragt der Ausschuß Tagesordnung. Die in Folge dieser Petition erhobene Ausweisungsfrage selbst überantwortet der Petitionsausschuß dem Verfassungsausschuß. Tagesordnung. Berathung über Artikel II. § 6 der Grundrechte. Dieser lautet: Alle Deutschen sind gleich vor dem Gesetze. ‒ Standesprivilegien finden nicht statt. ‒ Die öffentlichen Aemter sind für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. ‒ Die Wehrpflicht ist für Alle gleich. Minoritäts-Erachten. Alle Standesprivilegien so wie der Adel selbst sind aufgehoben. (Wigard, Blum, Simon, Schüler). Alle Ordenstitel sind aufgehoben und dürfen nicht wieder eingeführt werden. (Ahrens, Blum, Schüler, Wigard, Simon). Die Wehrpflicht ist für Alle gleich. Eine Stellvertretung ist nicht gestattet. (Scheller, Wigard, Blum, R. Mohl, Hergenhahn, v. Beckerrath, Droysen, Beseler, Simon, Schüler, Bassermann). Jeder Deutsche [unbescholtene Deutsche (Ahrens, Welcker)] hat das Recht bewaffnet zu sein. (Waffenrecht). (Schüler, Wippermann, Soiron, Simon, Römer, Blum, Wigard). Das Waffenrecht und die Wehrpflicht ist für Alle gleich; Stellvertretung bei letzterer findet nicht statt. (Wigard, Blum, Simon Schüler). Hierzu kommen 12 Amendements, die bei der Abstimmung erwähnt werden sollen. Debattirt werden heute nur die beiden ersten Sätze: 1) Alle Deutschen sind gleich vor dem Gesetze. 2) Standesprivilegien finden nicht statt. Ueber diese „Worte“ debattirt man von 9 Uhr früh bis 3 Uhr Mittag. Ahrens (Hannover) macht den Vorschlag, den Satz ohne Debatte anzunehmen. Man hat es in Frankreich, Belgien etc. so gethan. Es sei eine zu allgemeine Wahrheit; nichtsdestoweniger spricht er über diese zu allgemeine Wahrheit eine halbe Stunde. Nur Fürsten, Priester und Kirche eximirt der Redner von der Gleichheit vor dem Gesetz. Nach halbstündiger, ohne alle Theilnahme angehörter Rede, trinkt der Redner, um sich aufs Neue zu stärken, ein Glas frisches Wasser, worüber ungeheure Heiterkeit sich erhebt. Gagern selbst bemerkt, er solle sich kurz fassen. (Bravo.) Der Redner fährt ruhig fort. (Getümmel nach Schluß!) Der Redner kommt schließlich auf die Orden zu sprechen, und sieht das Faule dieses Instituts darin, daß man Allgemein keine Orden mehr trägt. (Bravo). Moritz Mohl: Wenn der Ausschuß alle Privilegien aufheben wollte, mußte er mit dem Adel anfangen. (Bravo.) Dieser theilt von Geburt aus das Volk in zwei Kasten. Dies ist eine Beleidigung der Nation. (Bravo.) Sei etwa der Adel aus besserem Stoff gebildet, als die andern Menschen? Gäbe es Menschen, die schon im Mutterleibe zu einer niedern Race gestempelt sind? Alle großen Lichter Deutschlands gehören dieser untergeordneten Race an. Alle freien und guten Institutionen verdankt man den Bürgern. Aufhebung des Drucks der Bauern, Aufhebung der Feudallasten dankt man den Bürgern. Es gibt freilich auch edle Adlige. Der Redner verweist ziemlich deutlich auf v. Gagern. Aber die untergeordnete Race hat ihr Recht der Ebenbürtigkeit vollständig nachgewiesen. Man hat gesagt, der Adel sei ausnahmsweise tapfer. Als Beispiel führe man die vielen in den Kriegen gefallenen Offiziere an, die ja größtentheils adlich. Seien nicht auch die Gemeinen gefallen? Haben die Kartätschen einen Standesunterschied gemacht? (Während dieser Rede stellt der edle Fürst v. Lichnowsky die Vorzüge des Adels klar heraus, indem er neben der Tribüne stehend, ohne die geringste Aufmerksamkeit auf den Redner die ganze Versammlung und Tribünen durch ein langes Opernglas lorgnettirt). Dem ersten Anspruch der Menschheit: dem Prinzipe des Verdienstes schlägt das Adelsinstitut in's Gesicht. (Bravo) Durch allerlei Mittel, reiche Heirathen u.(Lichnowsky fährt auf) vergrößere der Adel seine Macht. Den Adel nicht aufheben, heißt den Camarillen und der Reaktion Vorschub leisten. (Händeklatschen und Bravo.) Einige Mediatisirte haben an die Nationalversammlung petirt gegen die Adelsaufhebung, und wollen zum Ersatz für ihre Mediatisirung Vertretung der großen Grundeigenthümer in einer ersten Kammer. Dadurch würden sie mehr verlangen als sie verloren. Was hat der Bundestag so verhaßt gemacht? Die Begünstigung der Privilegirten. Jetzt, nachdem man den Bundestag abgeschafft, wolle man seine Prinzipien respektiren? (Rechts, Schluß! Links sehr laut, Ruhe!) Schaffen Sie den Moder der Privilegien, Adel und Titel ab. (Lautes Bravo.) Schwetschke aus Halle spricht gegen die Aufhebung des Adelstitels. Wenn er Ulrich von Hutten oder Götz von Berlichingen hieße, würde er es sich verbitten, ihm seinen Namen zu nehmen. Stellt den Antrag: Alle Deutschen sollen gleichen Standes sein, aber ob sie adlige Familiennamen führen, bleibt unberücksichtigt. Alle Standesprivilegien sind aufgehoben. (Bravo rechts.) Kierulf aus Rostock verbreitet sich über Standesprivilegien. Es sei räthlich, die Stellung des Adels fest hinzustellen. Nicht jesuitisch-zweideutig; wie nach dem Ausschußsatze: „Standesprivilegien finden nicht statt“. ‒ Formel ist das Adelsrecht kein Privileg, aber der Inhalt, d. h. der Anspruch zu höheren Ehren, das ist das Vorrecht. (Vinke wird sehr unruhig.) Nach dem Ausschuß bliebe der Standbestehen, trotzdem seine Privilegien aufgehoben würden. Der Redner verweist auf die Zerwürfnisse zwischen Adel und Volk in seinem Vaterland. (Meklenburg-Schwerin.) ‒ Die heutige Demokratie kämpft gegen das Junkerthum. (Bravo.) Die meisten Vorrechte dieses Junkerthums sind theilweis verschwunden, aber vorzüglich das alte Vorrecht muß schwinden, daß dem Adel der Zutritt zum Fürsten erleichtert ist. Den Namen verbieten zu wollen, wäre unpraktisch. Auch durch eine Freistellung des Adels an Alle, den Adel aufheben wollen, sei thöricht. Die künftige Adelsertheilung muß aufhören. Ein Recht auf den Adel muß aufhören. ‒ Auch der Verlust des Adels keine Strafe mehr sein. (Bravo.) Arndt: Ich alter Plebejer, der mit Schreiben gegen den Adel begonnen, soll nun quasi für den Adel sprechen (so?). Ich glaube, daß wir alle gleich geboren sind. Ich bin auch der Meinung des Ausschusses, die Privilegien müssen aufhören, das Privilegium der Sporen; aber anders ist es mit der Abschaffung der idealen Bilder eines Standes (!!), der Abschaffung eines Namens. Er will die Gefühlspietät nicht verletzen. Er ist vom Bauernstande, aber … (sehr laut und gefühlvoll) die Adelsnamen sind mit dem Glanz unserer Geschichte verknüpft. Wir wollen nicht tabula rasa machen. Ich bin gewiß ein Republikaner (nein! Gelächter!); aber vor einer großen Republik mit einem verantwortlichen Präsidenten, habe ich ein Grauen (ungeheures Gelächter). Alle Länder passen eher zu einer Republik, als das unsere. (Rechts sehr brav. v. Binke sehr gut. Links Gelächter.) Der Redner schließt tiefgerührt: Laßt dem Adel seine Fahnen, seine Bilder etc. (seinen Unsinn, seine Arroganz, seine kontrerevolutionären Mucken. Bravo Ernst Moritz, Bauernsohn!) Zischen links. Viele Glieder der Rechten umstürmen Arndt mit Händedrücken. Der Alte ist kindisch vor Freude. Marek aus Steyermark: Man muß den Geburtsadel an und für sich abschaffen, weil seine Vorrechte zweifelsohne stehen. Der Geburtsadel ist nichts anderes, als eine zu einem höheren gesellschaftlichen Rang bevorrechtete Kaste, basirend auf keinem natürlichen Rechtsgesetz. Schon Joseph II. und Friedrich der Große waren gegen die Vorrechte des Adels. Der Adel ist die Scheidewand zwischen Fürst und Volk. Diese schon oft mit Pflastersteinen angegriffene Scheidewand muß fallen. Sie haben des Bauers und Bürgers Vorrechte abgeschafft, die des Adels müssen folgen. Nur dann wird man uns tüchtige Vertreter nennen, und das deutsche Volk uns segnen, wenn wir schaffen Freiheit ‒ Gleichheit! (Langes schallendes Bravo links und Gallerie.) Gombart, München: Die Vorrechte des Adels sollen aufgehoben werden, der adlige Namen nicht. Wenn wir mehr thun, machen wir was Despotie und Polizeistaat thun. Ich habe keinen Orden und werde auch nie einen bekommen (Gelächter); aber auch Orden sind, von wahren Ehrenmännern getragen, zu belassen. Orden sind das wohlfeilste Mittel Verdienste zu belohnen. (Zischen und Bravo.) Moritz Hartmann (von Leitmeritz, Poet): Es ist unedel einem Sterbenden den letzten Stoß zu geben, aber wenn etwas nur noch ein Gespenst, durch ein Wort zu verscheuchen sei, muß man dies Wort sprechen! Also fort mit dem Adel. Derselbe hat jetzt keine Pflichten mehr, ist nur noch eine Kaste. Sollen wir mit den Egyptiern gleich stehen, die Kasteneintheilung hatten. Alles was ich von der Demoralisirung der Adligen sagen könnte, ist bekannt. Jetzt wo es gilt, dem Adel sein lumpiges von zu nehmen, petirt er bei uns, um Beibehaltung desselben. Schließt mit der Parabel: Ein rostiges Schild sagte zur Sonne, bescheine mich. Die Sonne sprach, reinige dich. So der Adel, solle sich durch Aufgehen im Volk reinigen, wenn er werth sein soll, daß ihn die Sonne bescheint. (Lautes Bravo.) Briegleb (Koburg) stellt den Antrag die beiden Ausschußpunkte so zu fassen: Vor dem Gesetz findet kein Unterschied der Stände statt, Standesprivilegien sind aufgehoben. Rösler aus Oels (weil derselbe in gelbem Nankin gekleidet, lacht man rechts sehr laut): Ich verlange die Abschaffung des Adels im Namen der Gerechtigkeit. Man beruft sich rechts immer auf das historische Recht; schauen sie zurück, so finden sie überall des Adels historisches Unrecht. Erinnert an die mittelalterlichen Schnapphähne auf den Straßen. (Bravo!) Der Adel besteht aus Speichelleckern der Fürsten, Hochmüthigen, Usurpatoren der Aemter. Vielleicht wird deshalb Deutschland so schlecht regiert. (Bravo und Freude.) Seit 1815 begann die Reaktion der Adelskette. Sie reicht bis zur jetzigen Auflehnung des Junkerthums in der hannöverschen Kammer gegen unsere Beschlüsse. Erinnert an die Metternich, Münch-Bellinghausen und, da er gerade ein Preuße, an den Demagogenfänger Tzschoppe, der für seine Schurkereien von Friedrich Wilhelm III. geadelt ward. Wenn die Adligen in's Zuchthaus kommen, verlieren sie den Adel, conform damit verlange ich, daß wenn die Bürgerlichen in's Zuchthaus kommen, sie adlich werden. (Starkes Bravo, Wuth und Grimm ganz rechts.) Der Begriff der Ebenbürtigkeit muß fallen! Durch das Adelsprivileg geht ein tiefer Riß durch alle Volksschichten, durch alles gesellige Leben, und das gesellige Leben beeinflußt ja das politische. Schließlich erinnert er an die Offizierkorps, die Artillerie habe lauter bürgerliche Offiziere. Man müsse den Adel abschaffen; man hüte sich, daß nicht die Kammer eines Einzelstaates der Nationalversammlung Deutschlands hierin zuvorkomme. Fürst von Lichnowsky (Allgemeine Ruhe und Aufmerksamkeit. Bravo! beim Auftreten.) Die Sache, die ich zu vertheidigen habe wird wenig Anklang finden. Ich vertheidige das Minoritäts-Gutachten weil ich ein Edelmann bin. (Gezisch und Bravo.) Ich spreche recht eigentlich pro domo! Den rechtlichen Punkt der Privilegien des Adels haben sie ja Stück vor Stück abgehauen, was übrig bleibt, dies flebile beneficium, werde ich nicht erbetteln von Ihnen. Aber er komme auf Abschaffung des Adelstitels. Eine Abschaffung des Namens verstehe er nicht. Man hat allen Schmutz der Jahrhunderte auf den Adel geworfen, rikoschettiren werde er nicht. Was die Abschaffung des Namens anlange, wolle man etwas den Adligen wie den Verbannten in Sibirien Nummern geben? Die Titel anlangend, wenn sie uns diese nehmen, wir werden nicht darum bitten. In Frankreich hat man auch diese Titel und die Köpfe dazu genommen. Napoleon hat später diese alten Namen wieder gesucht. Trotz aller Abschaffung werden die Titel bleiben. (Widerspruch, Zischen und Bravo.) Den Mediatisirten seien ihre Rechte garantirt worden, wenn man ihnen diese nehmen wolle, werde man das Mediatisiren für die Zukunft nicht erleichtern. Ottov aus Labiau. Gegen sämmtliche Amendements, die im Prinzip von dem Antrage des Ausschusses abweichen. Neumann aus Wien macht die adeligen Vorrechte zum großen Gaudium der Tribünen sehr lächerlich. Seelig, hochseelig, höchstseelig. Wohlgeboren, hochwohlgeboren, hochgeboren u: Jedes Vorrecht des Einen ist ein Unrecht gegen den Andern. Er stimmt im ersten Absatz mit dem Ausschuß, im zweiten mit dem Minoritäts-Gutachten. (Bravo.) Jakob Grimm, (sehr undeutlich, tiefe, aufmerksame Stille): Der Adel ist eine Blume, die ihren Geruch verloren hat. Wir wollen die Freiheit, neben ihr gibt es nichts Höheres mehr. Doch ich kann den Adel nicht so schwarz malen, ich will von seinen Lichtseiten ausgehen. Heot heraus wo der Adel überall geglänzt; vorzüglich in der Literatur. Aber die bürgerlichen Freiheiten sind von je durch Bürgerliche gehoben worden, Luther, und Andere. Das Wörtchen von ist eine Präposition, die den Ortsbegriff in sich faßt, aber unsinnig ist es, zu sagen Herr von Müller u. Es handele sich hier nicht bloß um Vorrechte der goldenen Sporen und der langen Nägel, sondern um solche, die tief in's Leben greifen. Er erzählt eine Stipendienanekdote aus seinem Schulleben, wo ein Adeliger ihm vorgezogen worden. So plaudert der alte Herr vom Hundertsten in's Tausendste, und die Versammlung hängt an seinem Munde. (Deutsche Pietät. Schluß mit vielem Bravo. Man will Schluß.) Schneider aus Wien: Muß für die Aufhebung des Adels sein, vom Standpunkte der Sittlichkeit, der Gerechtigkeit und der Politik. Bittet die Adeligen in der Versammlung wegen seiner Rede um Entschuldigung, da ja diese, durch ihre Wahl (?) bewiesen hätten, daß sie des Volks Vertrauen besäßen! (Oho!) Stimmen sie für Aufrechthaltung des Adels, so überschreiten sie ihr moralisches Mandat. (Schluß! Schluß! rechts.) Ich als Wiener Deputirter muß vorzüglich auf die Abschaffung des Adels bringen, ich werde es thun, trotz dem sie ermüdet sind! (Bravo!) (Er macht sich lustig über die Herren Arndt und von Lychnowsky zu großer Heiterkeit der Linken und Galerien. ‒ Lychnowsky stellt sich mit ganz außerordentlicher Arroganz der Tribüne gegenüber und steckt die Hände in die Hosentaschen.) ‒ Wir wollen eine Aristokratie haben, aber eine geistige. Der Adel ist die Stütze des Thrones hat man gesagt, aber wehe den Thronen, die eine solche Stütze brauchen. Wir Oestreicher wir wollen keinen Adel. Wir haben in Wien drei Revolutionen gemacht. (Bei diesem Satze erhebet sich rechts große Bewegung, die durch lebhaftes zur „Ruhegeschrei“ links erdrückt wird.) ‒ Der Redner will ein Dokument vorlesen. (Rechts nein. Links ja.) Er bekommt die Erlaubniß zu lesen zum Aerger des Hrn. von Radowitz. Der Redner schließt: Ich will den Adelsstand heben, indem ich ihn dem Bürgerstand gleichstelle. (Bravo! Bravo! links und Galerien, rechts Schluß!) von Gagern: Ich werde (so!) noch dem Hrn. Michelsen das Wort geben. Michelsen (Jena). Für die Anträge des Ausschusses, gegen die Minoritäts-Anträge. (Theilnahmlosigkeit.) Den Adelstitel aufzuheben sei praktisch unausführbar! (Ist wohl noch nicht ausgeführt worden?) Zischen! Schluß! Er will sehen, ob man im Stande ist den Namen zu kastriren. Das Prinzip des Adels ist ein schönes, das der Familienehre, es kann gar nicht entbehrt werden! (Also deshalb mußte der edle von Gagern den Michelsen noch sprechen lassen.) Niebuhr, dieser demokratische Geschichtsschreiber, (oho! oho!) sage: die Aufhebung des Adels sei ein krasses rohes Gesetz. (Bravo rechts.) Endlich ist man erschöpft, und die Debatte über die oben genannten 11 Worte wird geschlossen. ‒ Morgen um 9 Uhr nächste Sitzung. Fortsetzung von heut. Schluß der heutigen Sitzung um 3 Uhr. Frankfurt, 1. August. Von den früher hier zusammengetretenen Deputirten des Segelschifferstandes ist eine permanente Kommission, bestehend aus dem Hafenkommissär Tusch von Wesel und den Schiffern Ueberle von Speyer, Schön von Würzburg, Hegwein von Kitzingen und Mutzenbauer von Offenbach hier geblieben, welche die Interessen ihres Gewerbes bei dem betreffenden Ausschuß der Nationalversammlung vertritt. Wie verlautet, ist bei demselben bereits der Antrag, die Aufhebung des Octrois und der Binnenzölle betreffend, durchgegangen und wird demnächst zur endlichen Beschlußnahme in der Nationalversammlung auf die Tagesordnung gebracht werden. (F. O. P. Z.) Frankfurt. Von einem österreichischen Abgeordneten ist bei der Reichsversammlung ein von mehr als 100 Mitgliedern unterstützter Antrag auf Aufhebung des Cälibats eingereicht worden. 42 Frankfurt, 2. Aug. Paragraph 6 (Art. II.) der Grundrechte wurde heute in folgender Form angenommen: „Alle Deutsche sind gleich vor dem Gesetz; Standesprivilegien finden nicht statt; alle Titel, soweit sie nicht mit einem Amte verbunden, sind aufgehoben und dürfen nie wieder eingeführt werden; die öffentlichen Aemter sind für alle dazu Befähigten gleich zugänglich. Das Waffenrecht und die Wehrpflicht ist für alle gleich. Stellvertretung bei letzterer findet nicht statt.“ Der erste Minoritätsantrag: daß der Adel selbst aufgehoben sein solle, wurde bei namentlicher Abstimmung mit 282 gegen 167 Stimmen verworfen; der Antrag von Jakob Grimm: „aller rechtliche Unterschied zwischen Adeligen, Bürger und Bauer hört auf, und keine Erhebung weder in den Adel noch aus einem niederern in den höhern Adel findet statt“ verworfen, eben so der Antrag von Vogt und Konsorten: daß es Jedem freistehen solle, irgend eine beliebige Adelsbezeichnung seinem Namen vorzusetzen, und die Anträge von Ahrends, Debes, Grimm und Mölling auf Abschaffung aller Orden und Titel. Oldenburg, 29. Juli. Das heutige Gesetzblatt enthält folgende Verordnung: Wir Paul Friedrich August etc. thun kund: Nachdem Se. kaiserl. Hoh. der Erzherzog Johann von Oesterreich die provisorische Centralgewalt über Deutschland als Reichsverweser angetreten hat, bringen wir dieses glückliche und dem gesammten theuern deutschen Vaterlande Segen verheißende Ereigniß hiermit zur öffentlichen Kenntniß, mit der zuversichtlichen Hoffnung, daß die daran geknüpften Wünsche in Erfüllung gehen mögen, und machen nachstehend zugleich den von des Erzherzog-Reichsverwesers kaiserl. Hoh. unterm 15. Juli erlassenen Aufruf an das deutsche Volk hierdurch allgemein bekannt. Gegeben auf dem Schlosse zu Rastede, 21. Juli 1848. (Gez.) August. ‒ Der

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 65. Köln, 4. August 1848, S. 0324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz065_1848/2>, abgerufen am 23.11.2024.