Neue Rheinische Zeitung. Nr. 50. Köln, 20. Juli 1848.Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 50. Köln, Donnerstag 20. Juli 1848.Die "Neue Rheinische Zeitung" erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J.J.Ewer& Comp.72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht.
Deutschland. Köln (die Unterdrückung der Klubs in Stuttgart und Heidelberg. - Der preußische Preßgesetzentwurf). Berlin (demokratischer Urwähler-Verein. - Politische Prozesse. - Die Adresse. - Soldaten in Volksversammlungen). Frankfurt (Nationalversammlung. - Die Grundrechte). Breslau (Kongreß der schlesischen Demokraten). Altona (militärischer Waffenstillstand). Rendsburg (deutsche Heereseinheit). Hadersleben (das Tannsche Freikorps). Altenburg (Adresse nach Frankfurt). Koburg (Militäraufregung). Heidelberg (der demokratische Studentenklub aufgelöst. - Auszug der Studenten). Darmstadt (Jaup Minister des Innern). Wien (Ministerkrisis. - Erklärung des amerikanischen Geschäftsträgers. - Fraternisation von Civil und Militär). Prag (die Deputirten. - Belagerungszustand. - Neue Verhaftung). Polen. Lemberg (russische Deserteure). Krakau (Auslieferungen an Rußland). Ungarn.Agraia (Schlußdebatten des Landtags). Donaufürstenthümer.Bucharest (der Staatsschatz leer. - Demokraten-Verein). Französische Republik.Paris (das Heerlager. - Eine neue Zeitung. - Barrault über Lamartine. - Das Journal des Debats über die Finanzen der Republik. - Vermischtes. - Nationalversammlung). Großbritannien.London (der Northern Star über den Chartistenprozeß. - Tait's Magazine über die französische Bourgeoisie). Italien.Mailand (die Mailänder Zeitung über die Lage des Landes). Florenz (Kammerverhandlung). Deutschland ** Köln, 19. Juli. Mein Deutschland trank sich einen Zopf Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. ** Köln, 19. Juli.
Wir dachten, unsre Leser heute wieder mit den Vereinbarungsdebatten erheitern Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 15Berlin, 16. Juli.
Gestern hat sich hierselbst ein "demokratischer Urwählerverein" mit dem Zweck gebildet, eine stetige Verbindung der demokratischen Urwähler und Wahlmänner Berlins mit den derselben Richtung angehörenden Deputirten unserer Stadt zu unterhalten. Das Comite des Vereins besteht zum Theil aus Berliner Abgeordneten. Gegen die Aufnahme des Herrn Kirchmann in dasselbe erhob sich eine heftige Opposition. Man beschuldigte ihn, die demokratische Partei, mit der er nach den Märztagen aus persönlichen Gründen kokettirt, im Augenblick der Gefahr verlassen zu haben. In der That ist dieser Vorwurf vollkommen gegründet. Schon im April hatten Biele unserer Weißbier-Philister, voll Jammer über die bisher unerhörten (um mit Herrn Camphausen zu reden) "Ausschweifungen" der Presse und Volksversammlungen von dem damaligen Staatsanwalt bei dem hiesigen Kriminalgericht verlangt, daß er gegen die Aufwiegler und Schreier endlich einmal zu Felde ziehe. Indeß lehnte Herr Kirchmann das Ansinnen ganz entschieden ab und veröffentlichte eine Erklärung, worin er das Unthunliche der Anwendung veralteter Gesetze auf die Gegenwart deducirte. Dieser Erklärung verdankt Herr Kirchmann seine ganze Popularität und seine Wahl zum Abgeordneten der Vereinbarungsversammlung. - Und doch war es derselbe Herr Kirchmann, der kurz nach Erlaß obiger Bekanntmachung den ersten Preßprozeß seit den Märztagen, den Prozeß gegen Schlöffel, einleitete und denselben in der That nach der Magdeburger Citadelle brachte. Bei Gelegenheit der Debatte über den Behrends'schen Antrag erklärte Herr Kirchmann sich für Anerkennung der Revolution, hingegen stimmte er, als die Abgeordneten Waldeck und Wachsmuth die Umschmelzung resp. Beseitigung des von der Regierung vorgelegten Verfassungsentwurfs beantragten, gegen diesen Antrag. Auch dem Jacobischen Antrage hat sich Herr Kirchmann vom Standpunkt des juristischen "Rechtsbodens" widersetzt; die Nationalversammlung zu Frankfurt, erklärte er, sei nicht souverän, denn sie habe ihr Mandat von den deutschen Regierungen erhalten, und diese juristische Weisheit stützte der wackre Mann auf den Bundestagsbeschluß vom 30. März, wonach die Nationalversammlung berufen worden, um im Einvernehmen mit den deutschen Regierungen das deutsche Verfassungswerk zu gründen. Alle diese Umstände sind jetzt in dem demokratischen Urwählerverein gegen Herrn Kirchmann geltend gemacht, und in der That seine Nichtaufnahme in das Comite durchgesetzt worden. Der Verein wird sich alle Sonnabende im Conzertsaale des Schauspielhauses versammeln. 15 Berlin, 17. Juli.
Der Vorwurf der Langsamkeit, den man unseren Gerichten macht, ist wenigstens da, wo es politischer Verbrechen Angeklagte zu verurtheilen gilt, vollkommen ungegründet. Monecke ist bereits heute in zweiter Instanz verurtheiltund das Erkenntniß der ersten vom geheimen Obertribunal lediglich bestätigtworden. Auch Held und Karbe waren heut vor Gericht geladen; das Ministerium der That wird bald um Kerkerräume verlegen sein. - Des Studenten Feenburg aus Rußland, eines der tapfersten Kämpfer an den Barrikaden, öffentliches Verhör steht ebenfalls bevor; er soll bei Gelegenheit des Zeughausturmes: zu den Waffen! gerufen haben. - Fernbach wird äußerst streng in seiner Haft behandelt; nur jeden zweiten Tag darf er im Hofraum der Stadtvogtei sich eine halbe Stunde ergehen; unter anderen ist ihm das Rauchen streng versagt. Wann sein öffentliches Verhör stattfinden wird, hoffe ich Ihnen nächstens angeben zu können. - Morgen soll die Adreßdebatte in der Nationalversammlung eröffnet werden; wenn nicht die Minister freiwillig darauf verzichten, so wird trotz alles Widerstrebens der Linken, trotzdem, daß die Kommission eine Umschmelzung der Adresse verweigert hat, dennoch eine 14tägige Adreßdebatte zu Stande kommen. 103 Berlin, 17. Juli.
Die preußische Regierung hat darauf verzichtet, die Stelle des Oberbefehlshabers der deutschen Reichs-Armee für den Prinzen von Preußen in Anspruch zu nehmen, da dieser in Süddeutschland zu unpopulär ist und seine Ernennung der "deutschen Einheit" Gefahr bringen könnte. In der gestrigen Volksversammlung versuchten Soldaten vom 9 Regiment die Ruhe zu stören. Ehe die Versammlung eröffnet wurde, schimpfte ein Soldat von jenem Regiment auf die Berliner, und da die Nahestehenden dies übel aufnahmen, so drohte er, seinen Säbel zu zieh'n und davon Gebrauch zu machen; nur mit großer Mühe konnten zwei Unteroffiziere ihn entfernen, nachdem es schon mehrere Stockschläge gesetzt hatte. Es hieß nun, das 9. Regiment wolle sich dafür rächen; es lief jedoch ruhig ab. Eine bewaffnete reitende Patrouille wurde herangezogen, welche mit Hülfe vieler Unteroffiziere, sowie einiger Polizeikommissäre, dafür sorgten, daß sich kein Soldat mehr in die Versammlung mischte. Der Polizeikommissär hielt es für nöthig, dem versammelten Volke von der Tribüne anzuzeigen, daß die einzelnen Bewaffneten, nicht des Volkes wegen, sondern nur um die Soldaten von allen möglichen Excessen abzuhalten, hier anwesend seien. Das 9. Regiment besteht größtentheils aus Pommern, und scheint gestern von Offizieren und andern Reaktionären besonders aufgereizt worden zu sein, um einen Zusammenstoß mit dem Volke zu bewirken. Die Reaktion ist trostlos über die Ruhe die augenblicklich in Berlin herrscht. Sie hatte nämlich für den 15. bis 17. Juli eine neue Revolution angekündigt, für deren Ausgang sie unbesorgt war, da hier und in der Umgegend an 40,000 Mann Soldaten stehen. Heute wurde vor dem Ober-Appellations-Senat des Kammergerichts der Preßprozeß des Studenten Edmund Monecke in zweiter Instanz verhandelt. Trotz der geschickten Vertheidigung des Angeklagten und dessen Anwalt, Justizkommissär Deycks, der den Richtern sogar vom Standpunkte der alten Gesetze die Ungerechtigkeit des ersten Urtheils nachwies und ihnen klar darlegte, daß ein falscher Paragraph des Landrechts zur Anwendung gebracht sei; daß keinesfalls eine Majestätsbeleidigung, sondern höchstens eine muthwillige Beschuldigung vorliege, die nur mit 6 Monat bis 1 Jahr zu bestrafen sei; und daß keinesfalls die National-Kokarde wegen Mangel an patriotischen Gesinnungen abgesprochen werden könne, - wurde dennoch das Urtheil erster Instanz, auf 2 1/2 Jahre Festung und Verlust der National-Kokarde, einfach bestätigt. In der hiesigen Charite sind heute vom Professor Wolf zwei Cholerafälle behandelt worden. Die Cholera war aber schon zu weit entwickelt, die beiden Kranken sind gestorben. Als Kuriosum theile ich Ihnen mit, daß in Stettin in einer Volksversammlung von etwa 900 Anwesenden, nur drei Personen für das Zweikammersystem gestimmt haben. Nach dem Vorgange der Katholiken am Rhein und in Westfalen hat sich auch hier aus Mitgliedern der St. Hedwigsgemeinde ein "Piusverein für religiöse Freiheit" gebildet. Die Statuten bestimmen als Zweck des Vereins: "die katholischen Interessen nach den Grundsätzen der jetzt allgemein und für alle Bekenntnisse geltenden Glaubensfreiheit und des hieraus hervorgehenden Rechts zu wahren und zu fördern." Das Statut erklärt daneben ausdrücklich: daß es auch die praktische Geltung und das rechtliche Bestehen aller übrigen im Staate aufgenommenen Konfessionen anerkenne und sich ihnen gegenüber nie angriffsweise, sondern stets nur vertheidigungsweise verhalten wolle. Der Minister des Innern, Kühlwetter, hat ein Circularschreiben an sämmtliche Regierungspräsidenten erlassen, worin er vor reaktionären Bestrebungen warnt. - Die Rechte der Kammer wird immer kühner. In ihren Abendversammlungen wurde der Antrag gestellt, in der nächsten Sitzung zu verlangen, daß die Verfassungs-Kommission sofort aufgelöst und der Camphausen'sche Verfassungs-Entwurf berathen werde. Berlin, 17. Juli.
Die auf Anordnung des Ministeriums der geistlichen ect. Angelegenheiten stattfindenden Provinzial-Konferenzen der Elementarlehrer werden nach einer aus dem gedachten Ministerium uns zugegangenen Mittheilung nicht unter der früher in Aussicht genommenen Zuziehung der Schulräthe und Seminar- Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. No 50. Köln, Donnerstag 20. Juli 1848.Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an. Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr G. A. Alexander, Nr. 28, Brandgasse in Straßburg, und 23, rue Notre Dame de Nazareth in Paris; so wie das königliche Ober-Post-Amt in Aachen. Für England die HH. J.J.Ewer& Comp.72, Newgate Street in London. Für Belgien und Holland die respekt. königlichen Briefpost-Aemter und das Postbüreau zu Lüttich. Abonnementspreis in Köln vierteljährlich 1 Thlr. 15 Sgr., in allen übrigen Orten Preußens 2 Thlr. 3 Sgr. 9 Pf. Inserate: die vierspaltige Petitzeile oder deren Raum 1 Sgr. 6 Pf. Anzeigen aller Art erlangen durch die großen Verbindungen der Zeitung die weiteste Verbreitung. Uebersicht.
Deutschland. Köln (die Unterdrückung der Klubs in Stuttgart und Heidelberg. ‒ Der preußische Preßgesetzentwurf). Berlin (demokratischer Urwähler-Verein. ‒ Politische Prozesse. ‒ Die Adresse. ‒ Soldaten in Volksversammlungen). Frankfurt (Nationalversammlung. ‒ Die Grundrechte). Breslau (Kongreß der schlesischen Demokraten). Altona (militärischer Waffenstillstand). Rendsburg (deutsche Heereseinheit). Hadersleben (das Tannsche Freikorps). Altenburg (Adresse nach Frankfurt). Koburg (Militäraufregung). Heidelberg (der demokratische Studentenklub aufgelöst. ‒ Auszug der Studenten). Darmstadt (Jaup Minister des Innern). Wien (Ministerkrisis. ‒ Erklärung des amerikanischen Geschäftsträgers. ‒ Fraternisation von Civil und Militär). Prag (die Deputirten. ‒ Belagerungszustand. ‒ Neue Verhaftung). Polen. Lemberg (russische Deserteure). Krakau (Auslieferungen an Rußland). Ungarn.Agraia (Schlußdebatten des Landtags). Donaufürstenthümer.Bucharest (der Staatsschatz leer. ‒ Demokraten-Verein). Französische Republik.Paris (das Heerlager. ‒ Eine neue Zeitung. ‒ Barrault über Lamartine. ‒ Das Journal des Debats über die Finanzen der Republik. ‒ Vermischtes. ‒ Nationalversammlung). Großbritannien.London (der Northern Star über den Chartistenprozeß. ‒ Tait's Magazine über die französische Bourgeoisie). Italien.Mailand (die Mailänder Zeitung über die Lage des Landes). Florenz (Kammerverhandlung). Deutschland ** Köln, 19. Juli. Mein Deutschland trank sich einen Zopf Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. ** Köln, 19. Juli.
Wir dachten, unsre Leser heute wieder mit den Vereinbarungsdebatten erheitern Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden. 15Berlin, 16. Juli.
Gestern hat sich hierselbst ein „demokratischer Urwählerverein“ mit dem Zweck gebildet, eine stetige Verbindung der demokratischen Urwähler und Wahlmänner Berlins mit den derselben Richtung angehörenden Deputirten unserer Stadt zu unterhalten. Das Comité des Vereins besteht zum Theil aus Berliner Abgeordneten. Gegen die Aufnahme des Herrn Kirchmann in dasselbe erhob sich eine heftige Opposition. Man beschuldigte ihn, die demokratische Partei, mit der er nach den Märztagen aus persönlichen Gründen kokettirt, im Augenblick der Gefahr verlassen zu haben. In der That ist dieser Vorwurf vollkommen gegründet. Schon im April hatten Biele unserer Weißbier-Philister, voll Jammer über die bisher unerhörten (um mit Herrn Camphausen zu reden) „Ausschweifungen“ der Presse und Volksversammlungen von dem damaligen Staatsanwalt bei dem hiesigen Kriminalgericht verlangt, daß er gegen die Aufwiegler und Schreier endlich einmal zu Felde ziehe. Indeß lehnte Herr Kirchmann das Ansinnen ganz entschieden ab und veröffentlichte eine Erklärung, worin er das Unthunliche der Anwendung veralteter Gesetze auf die Gegenwart deducirte. Dieser Erklärung verdankt Herr Kirchmann seine ganze Popularität und seine Wahl zum Abgeordneten der Vereinbarungsversammlung. ‒ Und doch war es derselbe Herr Kirchmann, der kurz nach Erlaß obiger Bekanntmachung den ersten Preßprozeß seit den Märztagen, den Prozeß gegen Schlöffel, einleitete und denselben in der That nach der Magdeburger Citadelle brachte. Bei Gelegenheit der Debatte über den Behrends'schen Antrag erklärte Herr Kirchmann sich für Anerkennung der Revolution, hingegen stimmte er, als die Abgeordneten Waldeck und Wachsmuth die Umschmelzung resp. Beseitigung des von der Regierung vorgelegten Verfassungsentwurfs beantragten, gegen diesen Antrag. Auch dem Jacobischen Antrage hat sich Herr Kirchmann vom Standpunkt des juristischen „Rechtsbodens“ widersetzt; die Nationalversammlung zu Frankfurt, erklärte er, sei nicht souverän, denn sie habe ihr Mandat von den deutschen Regierungen erhalten, und diese juristische Weisheit stützte der wackre Mann auf den Bundestagsbeschluß vom 30. März, wonach die Nationalversammlung berufen worden, um im Einvernehmen mit den deutschen Regierungen das deutsche Verfassungswerk zu gründen. Alle diese Umstände sind jetzt in dem demokratischen Urwählerverein gegen Herrn Kirchmann geltend gemacht, und in der That seine Nichtaufnahme in das Comité durchgesetzt worden. Der Verein wird sich alle Sonnabende im Conzertsaale des Schauspielhauses versammeln. 15 Berlin, 17. Juli.
Der Vorwurf der Langsamkeit, den man unseren Gerichten macht, ist wenigstens da, wo es politischer Verbrechen Angeklagte zu verurtheilen gilt, vollkommen ungegründet. Monecke ist bereits heute in zweiter Instanz verurtheiltund das Erkenntniß der ersten vom geheimen Obertribunal lediglich bestätigtworden. Auch Held und Karbe waren heut vor Gericht geladen; das Ministerium der That wird bald um Kerkerräume verlegen sein. ‒ Des Studenten Feenburg aus Rußland, eines der tapfersten Kämpfer an den Barrikaden, öffentliches Verhör steht ebenfalls bevor; er soll bei Gelegenheit des Zeughausturmes: zu den Waffen! gerufen haben. ‒ Fernbach wird äußerst streng in seiner Haft behandelt; nur jeden zweiten Tag darf er im Hofraum der Stadtvogtei sich eine halbe Stunde ergehen; unter anderen ist ihm das Rauchen streng versagt. Wann sein öffentliches Verhör stattfinden wird, hoffe ich Ihnen nächstens angeben zu können. ‒ Morgen soll die Adreßdebatte in der Nationalversammlung eröffnet werden; wenn nicht die Minister freiwillig darauf verzichten, so wird trotz alles Widerstrebens der Linken, trotzdem, daß die Kommission eine Umschmelzung der Adresse verweigert hat, dennoch eine 14tägige Adreßdebatte zu Stande kommen. 103 Berlin, 17. Juli.
Die preußische Regierung hat darauf verzichtet, die Stelle des Oberbefehlshabers der deutschen Reichs-Armee für den Prinzen von Preußen in Anspruch zu nehmen, da dieser in Süddeutschland zu unpopulär ist und seine Ernennung der „deutschen Einheit“ Gefahr bringen könnte. In der gestrigen Volksversammlung versuchten Soldaten vom 9 Regiment die Ruhe zu stören. Ehe die Versammlung eröffnet wurde, schimpfte ein Soldat von jenem Regiment auf die Berliner, und da die Nahestehenden dies übel aufnahmen, so drohte er, seinen Säbel zu zieh'n und davon Gebrauch zu machen; nur mit großer Mühe konnten zwei Unteroffiziere ihn entfernen, nachdem es schon mehrere Stockschläge gesetzt hatte. Es hieß nun, das 9. Regiment wolle sich dafür rächen; es lief jedoch ruhig ab. Eine bewaffnete reitende Patrouille wurde herangezogen, welche mit Hülfe vieler Unteroffiziere, sowie einiger Polizeikommissäre, dafür sorgten, daß sich kein Soldat mehr in die Versammlung mischte. Der Polizeikommissär hielt es für nöthig, dem versammelten Volke von der Tribüne anzuzeigen, daß die einzelnen Bewaffneten, nicht des Volkes wegen, sondern nur um die Soldaten von allen möglichen Excessen abzuhalten, hier anwesend seien. Das 9. Regiment besteht größtentheils aus Pommern, und scheint gestern von Offizieren und andern Reaktionären besonders aufgereizt worden zu sein, um einen Zusammenstoß mit dem Volke zu bewirken. Die Reaktion ist trostlos über die Ruhe die augenblicklich in Berlin herrscht. Sie hatte nämlich für den 15. bis 17. Juli eine neue Revolution angekündigt, für deren Ausgang sie unbesorgt war, da hier und in der Umgegend an 40,000 Mann Soldaten stehen. Heute wurde vor dem Ober-Appellations-Senat des Kammergerichts der Preßprozeß des Studenten Edmund Monecke in zweiter Instanz verhandelt. Trotz der geschickten Vertheidigung des Angeklagten und dessen Anwalt, Justizkommissär Deycks, der den Richtern sogar vom Standpunkte der alten Gesetze die Ungerechtigkeit des ersten Urtheils nachwies und ihnen klar darlegte, daß ein falscher Paragraph des Landrechts zur Anwendung gebracht sei; daß keinesfalls eine Majestätsbeleidigung, sondern höchstens eine muthwillige Beschuldigung vorliege, die nur mit 6 Monat bis 1 Jahr zu bestrafen sei; und daß keinesfalls die National-Kokarde wegen Mangel an patriotischen Gesinnungen abgesprochen werden könne, ‒ wurde dennoch das Urtheil erster Instanz, auf 2 1/2 Jahre Festung und Verlust der National-Kokarde, einfach bestätigt. In der hiesigen Charité sind heute vom Professor Wolf zwei Cholerafälle behandelt worden. Die Cholera war aber schon zu weit entwickelt, die beiden Kranken sind gestorben. Als Kuriosum theile ich Ihnen mit, daß in Stettin in einer Volksversammlung von etwa 900 Anwesenden, nur drei Personen für das Zweikammersystem gestimmt haben. Nach dem Vorgange der Katholiken am Rhein und in Westfalen hat sich auch hier aus Mitgliedern der St. Hedwigsgemeinde ein „Piusverein für religiöse Freiheit“ gebildet. Die Statuten bestimmen als Zweck des Vereins: „die katholischen Interessen nach den Grundsätzen der jetzt allgemein und für alle Bekenntnisse geltenden Glaubensfreiheit und des hieraus hervorgehenden Rechts zu wahren und zu fördern.“ Das Statut erklärt daneben ausdrücklich: daß es auch die praktische Geltung und das rechtliche Bestehen aller übrigen im Staate aufgenommenen Konfessionen anerkenne und sich ihnen gegenüber nie angriffsweise, sondern stets nur vertheidigungsweise verhalten wolle. Der Minister des Innern, Kühlwetter, hat ein Circularschreiben an sämmtliche Regierungspräsidenten erlassen, worin er vor reaktionären Bestrebungen warnt. ‒ Die Rechte der Kammer wird immer kühner. In ihren Abendversammlungen wurde der Antrag gestellt, in der nächsten Sitzung zu verlangen, daß die Verfassungs-Kommission sofort aufgelöst und der Camphausen'sche Verfassungs-Entwurf berathen werde. Berlin, 17. Juli.
Die auf Anordnung des Ministeriums der geistlichen ect. Angelegenheiten stattfindenden Provinzial-Konferenzen der Elementarlehrer werden nach einer aus dem gedachten Ministerium uns zugegangenen Mittheilung nicht unter der früher in Aussicht genommenen Zuziehung der Schulräthe und Seminar- <TEI> <text> <pb facs="#f0001" n="0247"/> <front> <titlePage type="heading"> <titlePart type="main">Neue Rheinische Zeitung.</titlePart> <titlePart type="sub">Organ der Demokratie.</titlePart> <docImprint> <docDate>No 50. Köln, Donnerstag 20. Juli 1848.</docDate> </docImprint> </titlePage> </front> <body> <div type="jExpedition"> <p>Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.</p> <p>Für Frankreich übernehmen Abonnements Herr <hi rendition="#g">G. A. 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Das Comité des Vereins besteht zum Theil aus Berliner Abgeordneten. Gegen die Aufnahme des Herrn Kirchmann in dasselbe erhob sich eine heftige Opposition. Man beschuldigte ihn, die demokratische Partei, mit der er nach den Märztagen aus persönlichen Gründen kokettirt, im Augenblick der Gefahr verlassen zu haben. In der That ist dieser Vorwurf vollkommen gegründet. Schon im April hatten Biele unserer Weißbier-Philister, voll Jammer über die bisher unerhörten (um mit Herrn Camphausen zu reden) „Ausschweifungen“ der Presse und Volksversammlungen von dem damaligen Staatsanwalt bei dem hiesigen Kriminalgericht verlangt, daß er gegen die Aufwiegler und Schreier endlich einmal zu Felde ziehe. Indeß lehnte Herr Kirchmann das Ansinnen ganz entschieden ab und veröffentlichte eine Erklärung, worin er das Unthunliche der Anwendung veralteter Gesetze auf die Gegenwart deducirte. Dieser Erklärung verdankt Herr Kirchmann seine ganze Popularität und seine Wahl zum Abgeordneten der Vereinbarungsversammlung. ‒ Und doch war es derselbe Herr Kirchmann, der kurz nach Erlaß obiger Bekanntmachung den ersten Preßprozeß seit den Märztagen, den Prozeß gegen Schlöffel, einleitete und denselben in der That nach der Magdeburger Citadelle brachte. Bei Gelegenheit der Debatte über den Behrends'schen Antrag erklärte Herr Kirchmann sich für Anerkennung der Revolution, hingegen stimmte er, als die Abgeordneten Waldeck und Wachsmuth die Umschmelzung resp. Beseitigung des von der Regierung vorgelegten Verfassungsentwurfs beantragten, gegen diesen Antrag. Auch dem Jacobischen Antrage hat sich Herr Kirchmann vom Standpunkt des juristischen „Rechtsbodens“ widersetzt; die Nationalversammlung zu Frankfurt, erklärte er, sei nicht souverän, denn sie habe ihr Mandat von den deutschen Regierungen erhalten, und diese juristische Weisheit stützte der wackre Mann auf den Bundestagsbeschluß vom 30. März, wonach die Nationalversammlung berufen worden, um im <hi rendition="#g">Einvernehmen</hi> mit den deutschen Regierungen das deutsche Verfassungswerk zu gründen. Alle diese Umstände sind jetzt in dem demokratischen Urwählerverein gegen Herrn Kirchmann geltend gemacht, und in der That seine Nichtaufnahme in das Comité durchgesetzt worden. Der Verein wird sich alle Sonnabende im Conzertsaale des Schauspielhauses versammeln.</p> </div> <div xml:id="ar050_003" type="jArticle"> <head><bibl><author>15</author></bibl> Berlin, 17. 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Wann sein öffentliches Verhör stattfinden wird, hoffe ich Ihnen nächstens angeben zu können. ‒ Morgen soll die Adreßdebatte in der Nationalversammlung eröffnet werden; wenn nicht die Minister freiwillig darauf verzichten, so wird trotz alles Widerstrebens der Linken, trotzdem, daß die Kommission eine Umschmelzung der Adresse verweigert hat, dennoch eine 14tägige Adreßdebatte zu Stande kommen.</p> </div> <div xml:id="ar050_004" type="jArticle"> <head><bibl><author>103</author></bibl> Berlin, 17. Juli.</head> <p>Die preußische Regierung hat darauf verzichtet, die Stelle des Oberbefehlshabers der deutschen Reichs-Armee für den Prinzen von Preußen in Anspruch zu nehmen, da dieser in Süddeutschland zu unpopulär ist und seine Ernennung der „deutschen Einheit“ Gefahr bringen könnte.</p> <p>In der gestrigen Volksversammlung versuchten Soldaten vom 9 Regiment die Ruhe zu stören. Ehe die Versammlung eröffnet wurde, schimpfte ein Soldat von jenem Regiment auf die Berliner, und da die Nahestehenden dies übel aufnahmen, so drohte er, seinen Säbel zu zieh'n und davon Gebrauch zu machen; nur mit großer Mühe konnten zwei Unteroffiziere ihn entfernen, nachdem es schon mehrere Stockschläge gesetzt hatte. Es hieß nun, das 9. Regiment wolle sich dafür rächen; es lief jedoch ruhig ab. Eine bewaffnete reitende Patrouille wurde herangezogen, welche mit Hülfe vieler Unteroffiziere, sowie einiger Polizeikommissäre, dafür sorgten, daß sich kein Soldat mehr in die Versammlung mischte. Der Polizeikommissär hielt es für nöthig, dem versammelten Volke von der Tribüne anzuzeigen, daß die einzelnen Bewaffneten, nicht des Volkes wegen, sondern nur um die Soldaten von allen möglichen Excessen abzuhalten, hier anwesend seien. Das 9. Regiment besteht größtentheils aus Pommern, und scheint gestern von Offizieren und andern Reaktionären besonders aufgereizt worden zu sein, um einen Zusammenstoß mit dem Volke zu bewirken. Die Reaktion ist trostlos über die Ruhe die augenblicklich in Berlin herrscht. Sie hatte nämlich für den 15. bis 17. Juli eine neue Revolution angekündigt, für deren Ausgang sie unbesorgt war, da hier und in der Umgegend an 40,000 Mann Soldaten stehen.</p> <p>Heute wurde vor dem Ober-Appellations-Senat des Kammergerichts der <hi rendition="#g">Preßprozeß</hi> des Studenten <hi rendition="#g">Edmund Monecke</hi> in zweiter Instanz verhandelt. 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Die Cholera war aber schon zu weit entwickelt, <hi rendition="#g">die beiden Kranken sind gestorben.</hi></p> <p>Als Kuriosum theile ich Ihnen mit, daß in Stettin in einer Volksversammlung von etwa 900 Anwesenden, nur drei Personen für das Zweikammersystem gestimmt haben.</p> <p>Nach dem Vorgange der Katholiken am Rhein und in Westfalen hat sich auch hier aus Mitgliedern der St. Hedwigsgemeinde ein „Piusverein für religiöse Freiheit“ gebildet. Die Statuten bestimmen als Zweck des Vereins: „die katholischen Interessen nach den Grundsätzen der jetzt allgemein und für alle Bekenntnisse geltenden Glaubensfreiheit und des hieraus hervorgehenden Rechts zu wahren und zu fördern.“ Das Statut erklärt daneben ausdrücklich: daß es auch die praktische Geltung und das rechtliche Bestehen aller übrigen im Staate aufgenommenen Konfessionen anerkenne und sich ihnen gegenüber nie angriffsweise, sondern stets nur vertheidigungsweise verhalten wolle.</p> <p>Der Minister des Innern, <hi rendition="#g">Kühlwetter</hi>, hat ein Circularschreiben an sämmtliche Regierungspräsidenten erlassen, worin er vor <hi rendition="#g">reaktionären Bestrebungen</hi> warnt. ‒ Die Rechte der Kammer wird immer kühner. In ihren Abendversammlungen wurde der Antrag gestellt, in der nächsten Sitzung zu verlangen, daß die Verfassungs-Kommission sofort aufgelöst und der Camphausen'sche Verfassungs-Entwurf berathen werde.</p> </div> <div xml:id="ar050_005" type="jArticle"> <head>Berlin, 17. Juli.</head> <p> Die auf Anordnung des Ministeriums der geistlichen ect. Angelegenheiten stattfindenden Provinzial-Konferenzen der Elementarlehrer werden nach einer aus dem gedachten Ministerium uns zugegangenen Mittheilung nicht unter der früher in Aussicht genommenen Zuziehung der Schulräthe und Seminar- </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0247/0001]
Neue Rheinische Zeitung.Organ der Demokratie.No 50. Köln, Donnerstag 20. Juli 1848. Die „Neue Rheinische Zeitung“ erscheint vom 1. Juni an täglich. Bestellungen für dies Quartal, Juli bis September, wolle man baldigst machen. Alle Postämter Deutschlands nehmen Bestellungen an.
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Uebersicht.Deutschland. Köln (die Unterdrückung der Klubs in Stuttgart und Heidelberg. ‒ Der preußische Preßgesetzentwurf). Berlin (demokratischer Urwähler-Verein. ‒ Politische Prozesse. ‒ Die Adresse. ‒ Soldaten in Volksversammlungen). Frankfurt (Nationalversammlung. ‒ Die Grundrechte). Breslau (Kongreß der schlesischen Demokraten). Altona (militärischer Waffenstillstand). Rendsburg (deutsche Heereseinheit). Hadersleben (das Tannsche Freikorps). Altenburg (Adresse nach Frankfurt). Koburg (Militäraufregung). Heidelberg (der demokratische Studentenklub aufgelöst. ‒ Auszug der Studenten). Darmstadt (Jaup Minister des Innern). Wien (Ministerkrisis. ‒ Erklärung des amerikanischen Geschäftsträgers. ‒ Fraternisation von Civil und Militär). Prag (die Deputirten. ‒ Belagerungszustand. ‒ Neue Verhaftung).
Polen. Lemberg (russische Deserteure). Krakau (Auslieferungen an Rußland).
Ungarn.Agraia (Schlußdebatten des Landtags).
Donaufürstenthümer.Bucharest (der Staatsschatz leer. ‒ Demokraten-Verein).
Französische Republik.Paris (das Heerlager. ‒ Eine neue Zeitung. ‒ Barrault über Lamartine. ‒ Das Journal des Debats über die Finanzen der Republik. ‒ Vermischtes. ‒ Nationalversammlung).
Großbritannien.London (der Northern Star über den Chartistenprozeß. ‒ Tait's Magazine über die französische Bourgeoisie).
Italien.Mailand (die Mailänder Zeitung über die Lage des Landes).
Florenz (Kammerverhandlung).
Deutschland ** Köln, 19. Juli. Mein Deutschland trank sich einen Zopf
_ ** Köln, 19. Juli.Wir dachten, unsre Leser heute wieder mit den Vereinbarungsdebatten erheitern
_ 15Berlin, 16. Juli.Gestern hat sich hierselbst ein „demokratischer Urwählerverein“ mit dem Zweck gebildet, eine stetige Verbindung der demokratischen Urwähler und Wahlmänner Berlins mit den derselben Richtung angehörenden Deputirten unserer Stadt zu unterhalten. Das Comité des Vereins besteht zum Theil aus Berliner Abgeordneten. Gegen die Aufnahme des Herrn Kirchmann in dasselbe erhob sich eine heftige Opposition. Man beschuldigte ihn, die demokratische Partei, mit der er nach den Märztagen aus persönlichen Gründen kokettirt, im Augenblick der Gefahr verlassen zu haben. In der That ist dieser Vorwurf vollkommen gegründet. Schon im April hatten Biele unserer Weißbier-Philister, voll Jammer über die bisher unerhörten (um mit Herrn Camphausen zu reden) „Ausschweifungen“ der Presse und Volksversammlungen von dem damaligen Staatsanwalt bei dem hiesigen Kriminalgericht verlangt, daß er gegen die Aufwiegler und Schreier endlich einmal zu Felde ziehe. Indeß lehnte Herr Kirchmann das Ansinnen ganz entschieden ab und veröffentlichte eine Erklärung, worin er das Unthunliche der Anwendung veralteter Gesetze auf die Gegenwart deducirte. Dieser Erklärung verdankt Herr Kirchmann seine ganze Popularität und seine Wahl zum Abgeordneten der Vereinbarungsversammlung. ‒ Und doch war es derselbe Herr Kirchmann, der kurz nach Erlaß obiger Bekanntmachung den ersten Preßprozeß seit den Märztagen, den Prozeß gegen Schlöffel, einleitete und denselben in der That nach der Magdeburger Citadelle brachte. Bei Gelegenheit der Debatte über den Behrends'schen Antrag erklärte Herr Kirchmann sich für Anerkennung der Revolution, hingegen stimmte er, als die Abgeordneten Waldeck und Wachsmuth die Umschmelzung resp. Beseitigung des von der Regierung vorgelegten Verfassungsentwurfs beantragten, gegen diesen Antrag. Auch dem Jacobischen Antrage hat sich Herr Kirchmann vom Standpunkt des juristischen „Rechtsbodens“ widersetzt; die Nationalversammlung zu Frankfurt, erklärte er, sei nicht souverän, denn sie habe ihr Mandat von den deutschen Regierungen erhalten, und diese juristische Weisheit stützte der wackre Mann auf den Bundestagsbeschluß vom 30. März, wonach die Nationalversammlung berufen worden, um im Einvernehmen mit den deutschen Regierungen das deutsche Verfassungswerk zu gründen. Alle diese Umstände sind jetzt in dem demokratischen Urwählerverein gegen Herrn Kirchmann geltend gemacht, und in der That seine Nichtaufnahme in das Comité durchgesetzt worden. Der Verein wird sich alle Sonnabende im Conzertsaale des Schauspielhauses versammeln.
15 Berlin, 17. Juli.Der Vorwurf der Langsamkeit, den man unseren Gerichten macht, ist wenigstens da, wo es politischer Verbrechen Angeklagte zu verurtheilen gilt, vollkommen ungegründet. Monecke ist bereits heute in zweiter Instanz verurtheiltund das Erkenntniß der ersten vom geheimen Obertribunal lediglich bestätigtworden. Auch Held und Karbe waren heut vor Gericht geladen; das Ministerium der That wird bald um Kerkerräume verlegen sein. ‒ Des Studenten Feenburg aus Rußland, eines der tapfersten Kämpfer an den Barrikaden, öffentliches Verhör steht ebenfalls bevor; er soll bei Gelegenheit des Zeughausturmes: zu den Waffen! gerufen haben. ‒ Fernbach wird äußerst streng in seiner Haft behandelt; nur jeden zweiten Tag darf er im Hofraum der Stadtvogtei sich eine halbe Stunde ergehen; unter anderen ist ihm das Rauchen streng versagt. Wann sein öffentliches Verhör stattfinden wird, hoffe ich Ihnen nächstens angeben zu können. ‒ Morgen soll die Adreßdebatte in der Nationalversammlung eröffnet werden; wenn nicht die Minister freiwillig darauf verzichten, so wird trotz alles Widerstrebens der Linken, trotzdem, daß die Kommission eine Umschmelzung der Adresse verweigert hat, dennoch eine 14tägige Adreßdebatte zu Stande kommen.
103 Berlin, 17. Juli.Die preußische Regierung hat darauf verzichtet, die Stelle des Oberbefehlshabers der deutschen Reichs-Armee für den Prinzen von Preußen in Anspruch zu nehmen, da dieser in Süddeutschland zu unpopulär ist und seine Ernennung der „deutschen Einheit“ Gefahr bringen könnte.
In der gestrigen Volksversammlung versuchten Soldaten vom 9 Regiment die Ruhe zu stören. Ehe die Versammlung eröffnet wurde, schimpfte ein Soldat von jenem Regiment auf die Berliner, und da die Nahestehenden dies übel aufnahmen, so drohte er, seinen Säbel zu zieh'n und davon Gebrauch zu machen; nur mit großer Mühe konnten zwei Unteroffiziere ihn entfernen, nachdem es schon mehrere Stockschläge gesetzt hatte. Es hieß nun, das 9. Regiment wolle sich dafür rächen; es lief jedoch ruhig ab. Eine bewaffnete reitende Patrouille wurde herangezogen, welche mit Hülfe vieler Unteroffiziere, sowie einiger Polizeikommissäre, dafür sorgten, daß sich kein Soldat mehr in die Versammlung mischte. Der Polizeikommissär hielt es für nöthig, dem versammelten Volke von der Tribüne anzuzeigen, daß die einzelnen Bewaffneten, nicht des Volkes wegen, sondern nur um die Soldaten von allen möglichen Excessen abzuhalten, hier anwesend seien. Das 9. Regiment besteht größtentheils aus Pommern, und scheint gestern von Offizieren und andern Reaktionären besonders aufgereizt worden zu sein, um einen Zusammenstoß mit dem Volke zu bewirken. Die Reaktion ist trostlos über die Ruhe die augenblicklich in Berlin herrscht. Sie hatte nämlich für den 15. bis 17. Juli eine neue Revolution angekündigt, für deren Ausgang sie unbesorgt war, da hier und in der Umgegend an 40,000 Mann Soldaten stehen.
Heute wurde vor dem Ober-Appellations-Senat des Kammergerichts der Preßprozeß des Studenten Edmund Monecke in zweiter Instanz verhandelt. Trotz der geschickten Vertheidigung des Angeklagten und dessen Anwalt, Justizkommissär Deycks, der den Richtern sogar vom Standpunkte der alten Gesetze die Ungerechtigkeit des ersten Urtheils nachwies und ihnen klar darlegte, daß ein falscher Paragraph des Landrechts zur Anwendung gebracht sei; daß keinesfalls eine Majestätsbeleidigung, sondern höchstens eine muthwillige Beschuldigung vorliege, die nur mit 6 Monat bis 1 Jahr zu bestrafen sei; und daß keinesfalls die National-Kokarde wegen Mangel an patriotischen Gesinnungen abgesprochen werden könne, ‒ wurde dennoch das Urtheil erster Instanz, auf 2 1/2 Jahre Festung und Verlust der National-Kokarde, einfach bestätigt.
In der hiesigen Charité sind heute vom Professor Wolf zwei Cholerafälle behandelt worden. Die Cholera war aber schon zu weit entwickelt, die beiden Kranken sind gestorben.
Als Kuriosum theile ich Ihnen mit, daß in Stettin in einer Volksversammlung von etwa 900 Anwesenden, nur drei Personen für das Zweikammersystem gestimmt haben.
Nach dem Vorgange der Katholiken am Rhein und in Westfalen hat sich auch hier aus Mitgliedern der St. Hedwigsgemeinde ein „Piusverein für religiöse Freiheit“ gebildet. Die Statuten bestimmen als Zweck des Vereins: „die katholischen Interessen nach den Grundsätzen der jetzt allgemein und für alle Bekenntnisse geltenden Glaubensfreiheit und des hieraus hervorgehenden Rechts zu wahren und zu fördern.“ Das Statut erklärt daneben ausdrücklich: daß es auch die praktische Geltung und das rechtliche Bestehen aller übrigen im Staate aufgenommenen Konfessionen anerkenne und sich ihnen gegenüber nie angriffsweise, sondern stets nur vertheidigungsweise verhalten wolle.
Der Minister des Innern, Kühlwetter, hat ein Circularschreiben an sämmtliche Regierungspräsidenten erlassen, worin er vor reaktionären Bestrebungen warnt. ‒ Die Rechte der Kammer wird immer kühner. In ihren Abendversammlungen wurde der Antrag gestellt, in der nächsten Sitzung zu verlangen, daß die Verfassungs-Kommission sofort aufgelöst und der Camphausen'sche Verfassungs-Entwurf berathen werde.
Berlin, 17. Juli. Die auf Anordnung des Ministeriums der geistlichen ect. Angelegenheiten stattfindenden Provinzial-Konferenzen der Elementarlehrer werden nach einer aus dem gedachten Ministerium uns zugegangenen Mittheilung nicht unter der früher in Aussicht genommenen Zuziehung der Schulräthe und Seminar-
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Weitere Informationen:Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.
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