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Neue Rheinische Zeitung. Nr. 29. Köln, 29. Juni 1848. Beilage.

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Beilage zu Nr. 29 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Donnerstag, 29. Juni.
Uebersicht.

Französische Republik. (Die Junirevolution - Der 25. Juni). Paris. (Schluß der Sitzung der Nationalversammlung vom 25. Juni. - Correspondenz. - Erklärung der Mitglieder des Bergs. - Cavaignac's Proklamation. - Vermischtes. - Neueste Nachrichten).

Belgien. Brüssel. (Die Thronrede).

Rußland. (Brandstiftungen).

Deutschland. Köln. (Militärisches). Berlin. (Vereinbarungsdebatten. - Eisenbahnen. - Ausplünderung der Schleswig-Holsteiner). Posen. (Der Kreuzzug Ahlemanns). Obornik. (Aus dem Briefe eines Landwehrmanns). Frankfurt. (Charivari. - Sitzung der Nationalversammlung). Anhalt-Dessau. (Verfassungsentwurf). Dresden. (Antrag Tschirners). München. (Freiwillige Zwangsanleihe).

Serbien. Belgrad. (Serben und Magyaren).

Italien. Venedig. (Vorbereitung zum Widerstande; ein Verräther). Genua. (Demonstration). Neapel. (Die Insurgenten).

Großbrittanien. London. (Eindrücke der Pariser Nachrichten. Times und Standard). Irland. (John O'Connell. - Das Journal Mitchell's).

Deutschland.
* Köln, 27. Juni.

Der Oberst Harder, Kommandeur des 16. Infanterie-Regiments, hat den Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten jenes Truppentheils "zur Würdigung der jüngsten politischen Ereignisse" eine Schrift, betitelt, "eine Stimme aus Oberschlesien", übergeben, in welcher es unter Anderm heißt: "Wenn wir beklagen müssen, daß ein trauriger Irrthum unsern König und Herrn bestimmt hat, sich von seinen Unterthanen, von seiner braven Armee zu trennen, sich unter den Schutz seiner sogenannten treuen Berliner zu begeben u. s. w., und weiter, "hoffend, daß der Hohenzollern Blut nicht gänzlich erstarrt ist, sondern Kraft und Geist wiederfinden wird, die Zügel unserer konstitutionellen (?) Monarchie zu erfassen". - "Berlin hat sich angemaßt, dem Auslande zu sagen, daß seine Bürger die Freiheit erkämpft haben; dem ist aber nicht so, denn Alles was wir im Augenblick wahrer Freiheit besitzen, hatte uns bereits der König am Morgen des 18. verliehen." Es ist außerdem die Rede von "einem unsinnigen Wahl- und Preßgesetze". - "Die Presse wird durch rohe Gewalt beherrscht und nur dazu mißbraucht, die Zwecke einer kommunistisch-jakobinischen Partei zu unterstützen." Es wird genug sein.

Eine solche Schrift wird dem Militär von einem Regimentskommandeur übergeben, nachdem den Truppen das Versammlungsrecht durch kriegsministeriellen Erlaß wieder entzogen ist, während einem Offizier der 8. Artillerie-Brigade von seinem Kommandeur sogar der Besuch der Stollwerk'schen Versammlung verboten wird, und jedes Gerücht von einem Losbruche oder das Stattfinden einer Arbeiterversammlung auf dem Gürzenich dazu benutzt wird, die Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten nicht aus der Kaserne zu lassen.

X Berlin, 26. Juni.

Wir haben wieder ein Ministerium auf acht Tage, denn länger wird es sicher sich nicht halten. Fast wäre es heute schon gefallen und nur aus Mitleid hat sich die Rechte und das Centrum seiner angenommen, weil es doch zu traurig wäre, nur ein Schmetterlingsleben wie Herr Schleinitz genossen zu haben. Das deutsche Herz hat gesiegt und das neue Ministerium steht noch, es steht, wie Herr Hansemann in seinem Programm gesagt, auf dem Rechtsboden der Revolution! (Damit wird einem benachbarten Publizisten geholfen sein!) Ja die Worte, "in Anerkennung der Revolution" hat heute derselbe Herr Hansemann ausgesprochen, der das "bedeutende Ereigniß" vom 18. März vor einigen Tagen erst eine "Transaction" genannt hatte. Herr Hansemann hat wahrhaftig eine Revolution gemacht, sie ist ebenso schnell vor sich gegangen als irgend eine andere, wird aber viel schneller noch im Wind aufgehen, das Mitleid der Kammer wird höchstens, wie wir gesagt, 8 Tage ausdauern. Außer der anerkannten Revolution verspricht uns Herr Hansemann in seinem Programm noch 2 Kammern, deren erste volksthümlicher sein soll, als es im Verfassungsentwurf ausgesprochen, Reorganisation der Gerichtsbarkeit mit Vorbild der rheinischen, ein Bürgerwehrgesetz, die Befreiung des Grundbesitzes, eine Gemeindeordnung auf dem Grundsatze der Selbstverwaltung, eine Aufhebung der Steuerbefreiung und eine neue Strafgesetzgebung und für das Beste der arbeitenden Klasse will er hauptsächlich - Ruhe im Lande, damit das Vertrauen wiederkehre, (wie gut es der Minister doch meint) und dann soll der von Hn. v. Patow begonnene, bis jetzt uns noch unsichtbare Weg, verfolgt und sollen umfassendere öffentliche Arbeiten vorgenommen werden. - Bevor wir in unserem Berichte fortfahren, müssen wir noch bemerken, daß Hr. Camphausen zu Anfang der Sitzung eine Erklärung über seinen Austritt gab, er gab als Grund desselben an, daß er nicht der Majorität in den entscheidenden Fragen sicher war, verwahrte sich aber zuletzt gegen die Ansicht, als hätten die äußeren Angelegenheiten auf seinen Entschluß einen Einfluß ausgeübt. Das Ministerium, dem er präsidirt hatte, war nach einer großen Katastrophe hervorgegangen, es hatte die Aufgabe, den Staat über die Kluft des alten Systems zum neuen System hinüberzuführen; zu jener Zeit waren nur wenige Staatsmänner dem Lande bekannt, darum mußte es aus verschiedenartigen Elementen zusammengesetzt werden, die nicht lange miteinander harmoniren konnten. Es war nur ein Ministerium der Vermittlung. Das jetzige Ministerium, dessen Mutter Herr Hansemann ist, soll aber das Ministerium der That sein, wie dieser selbst ausgesprochen. Herr Hansemann stellte sogleich einen Antrag, die Antwort auf die Thronrede jetzt wieder an die Kommission zurückgehen zu lassen, damit diese darin die Aenderungen vornehme, welche das kundgegebene Programm des neuen Ministeriums erfordere. Aus der Annahme dieses Antrages wollte er ersehen, ob das neue Ministerium auf die Versammlung rechnen könne oder nicht. Schon erhebt sich eine Debatte über diesen Antrag, Herr Weichsel aus Magdeburg deklamirt über die Versprechen von 1807 und den Betrug von 1815, spricht von unterdrückter Demagogie, deren Grundsätze nun doch in's Volk übergegangen u. s. w., und je mehr die Versammlung ihm entgegen ruft, "zur Sache! zur Sache!" um so lauter schreit er, bis er seine Rede wirklich zu Ende gebracht hat, das zu erkennen giebt, daß er gegen den Antrag; ist, weil das Ministerium nicht aus jeder Kleinigkeit eine Kabinetsfrage machen könne, ohne die Versammlung in ihren freien Berathungen zu verhindern. - Hansemann erklärt, daß er die Annahme des Antrags nicht geradezu zur Kabinetsfrage habe machen wollen. Siebert spricht auch noch dagegen. Da kommt Stein an's Wort und trägt auf Tagesordnung an, da nach dem Geschäftsreglement der Minister nicht das Recht habe, einen Antrag zu stellen, er müßte es denn als Abgeordneter thun. - Cieskowski will Vertagung, weil über die auswärtigen Angelegenheiten nichts in dem Programm gesagt sei und er wissen möchte, ob das Ministerium geneigt sei, in Bezug auf Posen die traurige Politik des vorigen zu verfolgen. Es solle sich erst genauer erklären. - Hansemann, die Ministerialmutter, antwortet nur Hrn. Stein, daß er freilich als Minister und nicht als Abgeordneter den Antrag gestellt und es auch für natürlich und zweckmäßig hält, daß derselbe erst der Frage auf Unterstützung unterworfen werde, (wie gütig!) wie es das Geschäftsreglement vorschreibe. Anstatt, daß der Präsident nun den Antrag vollständig von der Debatte ausschließt, weil, wie Stein ganz richtig bemerkte, ein Minister nicht das Recht hat, einen Antrag zu stellen, läßt er noch die Herren Kirchmann und Parisius für Vertagung sprechen. Hansemann hat sich unterdessen besonnen und erklärt, daß er keinen Antrag gestellt, daß er sich geirrt, er habe nur einen Wunsch der Versammlung gegenüber auszusprechen und aussprechen wollen. - Und siehe da, es tritt sein Retter auf. Herr Zachariä ist es wiederum, der tapfere Recke, der sich des schwer bedrängten Freundes annimmt, er macht den Antrag zu dem seinigen. Waldeck tritt dagegen auf. Er findet es in formeller Hinsicht nicht zulässig, eine Adresse zu korrikgiren. Die Fragen, welche das Ministerium in seinem Programm erhoben, seien an einem andern Platze als in der Adresse zu berathen, da sie zum Theil Paragraphen des Verfassungsentwurfes betreffen, die in der Kommission und später in der Plenarsitzung noch ihre Erledigung finden müssen und zum Theil Gesetze, die man erst sehen muß, ehe man über sie ein Urtheil abgeben kann. - Der Min. des Innern, Herr Rodbertus, erwidert ihm einige leere Phrasen, von denen wir nichts behalten haben. - D'Ester, der schon lange ungeduldig in der Nähe der Tribüne gestanden, erhält endlich das Wort: Wir haben gehört, sagt er, daß das abgetretene Ministerium das Ministerium der Vermittlung war; das neue will das Ministerium der That sein. Der Herr Finanzminister, der die Brücke von dem alten zum neuen Ministerium bildet, ist sich konsequent geblieben. Er hat damals Vertrauen verlangt, heut will er es wieder. Aber meine Herren, die Thronrede ist eine Ansprache des Königs, auf die man wohl eine Antwort geben kann. Auf was sollen wir heute antworten? Der Finanzminister will Thaten, er ist gegen alle Abstraktionen. Ich sehe in seinem Programm nichts Positives, aber viel Abstraktes. Der Herr Finanzminister sprach darin von Vereinbarung; ich glaube nicht, daß wir nöthig haben, über diesen Ausdruck zu entscheiden. Das Programm verspricht eine Gemeindeordnung auf Selbstregierung begründet. Das Wort Selbstregierung ist sehr weit und ein Jeder kann sich etwas Anderes darunter denken. Das Programm spricht von der Befreiung des Grundber sitzes: wie sie statt finden soll, müssen wir wissen; wenn wir über Abstraktionen richten sollen, so kann das Ministerium wohl Majoritäten erhalten, die keine Majoritäten sind und die aufhören, sobald die materiellen Fragen vorgelegt werden. Möge das Ministerium uns sofort die Gesetzentwürfe vorlegen, dann wird es sehen, ob es die Majorität hat oder nicht. (Beifall.) Es folgen noch einige Redner, von denen wir Schramm erwähnen, der in dem neuen Ministerium nur das alte erkennt. - Die Rechte erhebt sich auch gegen den Antrag, Reichensperger und Hüser sind diesmal oppositionell, sie sind wüthend, daß das neue Ministerium sie vollständig übergangen hat.

Der Antrag wird zuletzt, wie wir gesagt, aus Mitleiden angenommen.

Die Versammlung geht an die Berathung des Geschäftsreglements, da hielten wir es nicht länger aus und retteten uns in's Weite.

* Berlin, 23. Juni.

Heute ging der Eisenbahnzug von hier nach dem Rhein mit Kränzen und Laubguirlanden geschmückt; es ist nämlich der erste Zug, der in Magdeburg über die Elbbrücke fährt und nicht mehr, wie bisher, diesseits der Elbe zu halten braucht, um Waaren und Passagiere nach dem Bahnhofe auf der andern Seite zu schaffen. Von nun an werden also alle Güter, die an einer der Hauptstationen verladen werden, innerhalb 3-4 Tagen bis zum entferntesten Punkte der ganzen Linie ohne die lästige Umladung und Steuerrevisionen besorgt werden. Der hannoversche Transit-Zoll ist somit nach dem früheren Eisenbahnvertrag ermäßigt; ebenso die Frachtsätze. Die Fracht für einen Zollcentner auf der Strecke von Berlin bis Köln wird indeß noch immer etwas über 5 Pf. betragen.

19 Berlin, 26. Juni.

Das gesinnungswüthige Alt-Preußenthum hat die Zeughausstürmer vom 14. als "Räuber" und "Plünderer" denunzirt, weil sich dieselben in einer revolutionären Krisis Waffen erzwungen hatten, die noch dazu Nationaleigenthum waren und also ihnen selbst gehörten. Hier ein Gegenstück, wie die offiziellen Organe der preußischen Reaktion fremdes Eigenthum respektiren.

Gestern, am 25., kamen in Spandau mit dem Hamburger Bahnzug 19 schleswig-holsteinische Freischärler von der bekannten 6. Kompagnie des Tann'schen Korps an, welche bekanntlich als "Anarchisten und Kommunisten" aus den loyalen Patriotenbanden austreten mußten. Der Spandauer Bahnhof war von einer Kompagnie des Garde-Infanterieregiments besetzt, an deren Spitze sich der Oberstlieutenant Schlichting befand, einer der Helden der Höllenstein-Organisation in Posen. Die Freischärler wurden bei ihrem Aussteigen von der Soldateska umringt, und auf Befehl des Oberstlieutenant Schlichting ihrer Waffen (werthvoller Büchsen, Doppelflinten, Pistolen) gewaltsam beraubt. Die Protestation der Beraubten, welche diese Waffen zur Vertheidigung der sogenannten deutschen Nationalfreiheit getragen hatten, wurden natürlich nicht berücksichtigt; der Oberstlieutenant Schlichting erklärte, die Zustimmung des Berliner Polizeipräsidenten zu besitzen, dessen Autorität anerkannter Maßen Alles entscheiden mußte. Die wackern preußischen Truppen zogen mit ihrer ruhmvollen und unblutig erkämpften Beute siegreich von dannen.

Durch diese Geschichte wird aber auch der frühere (in Nr. 26 der N. Rh. Ztg. mitgetheilte) Vorfall erklärt, wo die Soldateska in Spandau den Hamburger Güterzug nicht passieren lassen wollte, denselben mit Kanonen bedrohte und die Schienen aufriß, und wobei der Kommandant sich auf Befehle aus Potsdam berief.

* Breslau, 22. Juni.

Der allgemeine Landwehrverein hiesiger Stadt, jetzt aus 1560 Landwehrmännern Breslau's bestehend, hat gestern einstimmig folgende Adresse an die Vereinbarungsversammlung beschlossen:

"Die Revolution vom 18. zum 19. März, der neue Geist, welcher Deutschlands Volk für Freiheit, Gleichheit und Einigkeit beseelt, haben dem Volk das Selbstbewußtsein, und die gesetzgebende und regierende Gewalt, die ihm so lange vorenthalten war, wieder gegeben.

Dieser neue Zustand der Dinge erfordert auch eine Umgestaltung des Heeres in geistiger und materieller Beziehung.

Wir verlangen daher, daß man uns von dem alten Fahneneide entbinde, und uns einen neuen Eid, auf die königlichen Verheißungen und die darauf gegründete neue volksthümliche Verfassung, als Errungenschaft dieser Revolution, schwören lasse.

* Posen.

Der wackere Ritter Ahlemann hat sich in seinem Projekt eines Kreuzzugs gegen das revolutionäre Babel Berlin keineswegs durch die Warnung des Oberpräsidenten einschüchtern lassen; er erklärt vielmehr, daß er und die Seinigen an ihrer "guten, gerechten, heiligen Sache festhalten", und sich durch die "Gegenwirkungen einzelner Schwächlinge und Uebelgesinnten nicht wankend machen lassen". Wenn Hr. Ahlemann erst bis Berlin gedrungen ist, so glauben wir auch, daß er sich dort festsetzen wird; nach einer in der Berliner Zeitungs-Halle enthaltenen Erklärung sehnen sich mehrere seiner Gläubiger in Berlin gar sehr, ihn dort zu behalten.

Obornik, 20. Juni.

Unter diesem Datum enthält die A. O. Z. folgenden Auszug aus einem Briefe eines preußischen Landwehrmannes vom 7. Regiment:

. . . . "Ich muß gestehen, daß wir es besser hatten, je tiefer wir in das Großherzogthum hineinmarschirten; denn hier galt das Faustrecht. Sobald uns hier nicht gut und viel Essen vorgesetzt wurde, nahmen wir den Wirth bei der Gurgel und ließen ihn nicht eher los, als bis das Verlangte da war. Prügel wurden ausgetheilt, bis das Blut hervorquoll; in Goslin, einer Stadt zwei Meilen von Obornik, haben wir Einen zu Tode geprügelt und so ging es durch's ganze Großherzogthum; an andern Orten noch viel schlimmer. - Sobald unsere Truppen an Orte kamen, wo ihnen nur der geringste Widerstand geleistet wurde - gleich steckten sie den Ort in Brand und die Feinde mußten mit verbrennen. Feuerzeug hatte jeder bei sich. - Ich hatte mir von Fraustatt aus Schwärmer mitgenommen, um sie in's Gewehr zu laden und in die Strohdächer zu schießen. - Auf dem Schlachtfelde wurde der verwundete Feind nicht geschont, sondern ohne Gnade mit dem Bajonnette an die Erde gespießt. Es gelang auch nicht den Offizieren, den wüthenden Soldaten Einhalt zu thun; jeder mordet und plündert nach Herzenslust. Nach den Treffen begann gewöhnlich das Plündern der Schlösser und Städte, welches ohne die geringste Schonung gehandhabt wurde. In ersteren wurden oft noch Edelleute entweder in Schränken oder unter Betten versteckt gefunden. Diese wurden nicht gleich todtgeschlagen, sondern oft erst mit dem Bajonette gekitzelt und gestochen; dann bekamen sie ein Paar Kugeln und zuletzt wurden sie mit dem Kolben vollends todt geschlagen. Am schlimmsten war die Landwehr; sie haben es diesem Lumpengesindel zugeschworen, ihnen fühlen zu lassen, daß sie Weib und Kind in hilfloser Lage zurücklassen mußten. Theils ist die Wuth der Soldaten auch durch die furchtbaren Grausamkeiten von Seiten der Polen aufgeregt worden. - Es heißt, die Russen sollen uns ablösen; ob es wahr ist, weiß ich nicht. Ich glaube aber, am längsten haben wir hier in Obornik gestanden."

Frankfurt, 24. Juni.

Das Charivari, weiches man vorgestern dem "edlen Gagern" darbrachte, ist noch an demselben Abend durch eine andere Demonstration gegen einige Mitglieder der Linken erwiedert worden. Es war zu Aller Erstaunen die Bürgergarde, welche hier zuerst den "Muth einer Meinung" bewährte. Das Volk vor dem Hause des "edlen Gagern" war mit Kolbenschlägen auseinandergejagt und zum Theil zur Haft gebracht, als sich der Führer der Schutzwache, ein guter Bürger Namens Schmidt, dessen biedermännisches Gemüth erst unter der Majorsuniform zu kriegerischer Thatenlust auflebt, erinnerte, daß in einem gewissen Bierhause allabendlich einige Deputirte der Linken zu treffen sind. Diese Erinnerung gab dem Herrn Major einen Gedanken ein, was sehr bemerkenswerth ist. Er zählte seine Mannschaft, verstärkte sich noch mit zwei Polizisten und so zog der Trupp nach dem Wirthshause. Ein Theil wurde draußen aufgestellt; der Major drückte seinen Federhut in die Stirn, schickte die zwei Polizisten voraus, und folgte mit dem Rest seiner Garde. Das verdächtige Haus barg in der That zwei Bürger und drei Deputirte der Linken. Die bewaffnete Bürgerwacht, in gerechter Entrüstung, auch Bürger der Frankfurter Republik in solcher Gesellschaft zu finden, ergriff diese beiden Männer an den Halsbinden und führte sie vor die Thür, wo sie mit Stößen und Püffen von der draußenstehenden Abtheilung in Empfang genommen wurden. Den Deputirten wurde von den zwei Polizisten in der bekannten höflichen Weise dieser Leute angekündigt, daß sie sich hinauszuscheeren hätten, und als Einer erwiederte, daß sie als Deputirte der Nationalversammlung keine Befehle von der Frankfurter Polizei annähmen, ergingen sich die Bewaffneten in den kühnsten Drohungen; sie entfernten sich jedoch, da die Deputirten ihre Thätlichkeiten abwarten zu wollen erklärten. Draußen aber ließ der ganze Trupp beim Abzug ein schallendes Siegesgelächter erschallen.

- Sitzung v. 22-2 Uhr:

Abstimmung durch Namensausruf über Art. 1 der Anträge in Betreff der Centralgewalt:

"Die N. V. beschließt vorbehaltlich des Einverständnisses mit den deutschen Regierungen 1) bis zur definitiven Begründung einer Regierungsgewalt für Deutschland soll eine provisorische Centralgewalt für alle gemeinsamen Angelegenheiten bestellt werden."

Dieser Artikel wird mit 577 gegen 31 Stimmen verworfen. Ohne den Beisatz: "vorbehaltlich des Einverständnisses mit den deutschen Regierungen" zur Abstimmung gebracht, wird der Artikel (durch einfache Abstimmung) fast einstimmig angenommen.

Art. 2. "Dieselbe hat a) die vollziehende Gewalt zu üben in allen Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohl fahrt des deutschen Bundesstaates betreffen; b) die Oberleitung der gesammten bewaffneten Macht zu übernehmen und namentlich die Oberbefehlshaber derselben zu ernennen; c) die völkerrechtliche und handelspolitische Vertretung Deutschlands auszuüben, und zu diesem Ende Gesandte und Konsuln zu ernennen" - wurde in gleicher Weise angenommen. Der Art. d), "die Beschlüsse der Nationalversammlung zu verkündigen und zu vollziehen", ward in namentlicher Abstimmung mit 277 gegen 261 Stimmen verworfen!

19 Frankfurt.

Sitzung der Nationalversammlung vom 26. Juni. In der Abendsitzung ergriff der Abgeordnete Heckscher das Wort, und erklärte, sein Amendement nicht zurückzunehmen. Durch seine Bemerkung, daß der Befall der Galerien ein wohlfeiler und schlechter Maßstab für einen Antrag sei, erregte der Redner einen wahren Sturm in der Versammlung. Das Benehmen des Präsidenten Soiron war am allerwenigsten geeignet, die Ruhe herzustellen, der Lärm dauerte über eine halbe Stunde, und so mußte zuletzt die Versammlung unter allgemeinem Tumult geschlossen werden.

Sitzung vom 27. Juni.

Präsident Gagern. Die Paulskirche ist mit Militär umstellt. Der Abgeordnete Heckscher gibt über sein gestriges Auftreten befriedigende Entschuldigungen und nimmt sein Amendement zurück. Blum kündigt im Namen der Linken an, daß diese auf den Ordnungsruf gegen Heckscher, und da die Amendements zurückgezogen seien, auch auf die Aufrechthaltung der gestrigen Entscheidung des Vicepräsidenten verzichte. In Folge mehrerer heftigen Aeußerungen wird die draußen stehende Militärmacht nach Aufforderung Gagern's wieder zurückgezogen. 11 Uhr: Berathung über die Fragestellung.

(Unser sonst wohlunterrichteter 15 -Korrespondent, der uns gestern die Erwählung des Erzherzogs Johann mittheilte, scheint diesmal unter die "Spökenkiker" gerathen zu sein. Wir werden seine Weissagung erst morgen oder in den folgenden Tagen bestätigen können.)

* Anhalt-Dessau.

Das Ministerium hat unterm 12. Juni einen Verfassungsentwurf veröffentlicht, welcher direkte Wahlen, Aufhören einer Staatsreligion, Einkammersystem, und suspensives Veto verkündigt.

* Dresden, 23. Juni.

Der Abgeordnete Tschirner beantragt in der 2. Kammer zu untersuchen, ob die Minister, welche die Wiener Konferenzbeschlüsse unterzeichnet, noch Wartegeld oder Pension zu erhalten würdig wären. Die Entscheidung der Kammer hierüber werde ich nächstens mittheilen.

Wien, 23. Juni.

In der Sitzung des Sicherheits-Ausschusses vom 20. forderte nach Berichterstattung der nach Prag entsendet gewesenen Deputation der Deputirte des Wiedner Bezirks 1. Corps im Namen seiner ganzen Kompagnie auf, einen Protest einzulegen gegen die unwürdige Behandlung der Deputirten des Ausschusses von Seiten des Fürsten Windischgrätz: dahin lautend: "Fürst Windischgrätz, welcher durch jenes Benehmen die Nationalgarde von ganz Wien, so wie das Völkerrecht durch die Gefangennahme unserer Abgesandten tief verletzt, müsse gezwungen werden, Genugthuung zu geben, Abbitte und Ehrenerklärung leisten, und solches allen seinen Soldaten durch einen allgemeinen Tagesbefehl kund geben.

Wien, 22. Juni.

Die Reichsversammlung ist dem Vernehmen nach auf den 13. d. verschoben. Die verschiedenen bedenklichen Nachrichten welche heute durch Ihr Blatt vom 19. d. bekannt wurden, haben an der Börse Mißstimmung erregt und die Kurse gedrückt.

(A. A. Z.)
Beilage zu Nr. 29 der Neuen Rheinischen Zeitung.
Donnerstag, 29. Juni.
Uebersicht.

Französische Republik. (Die Junirevolution ‒ Der 25. Juni). Paris. (Schluß der Sitzung der Nationalversammlung vom 25. Juni. ‒ Correspondenz. ‒ Erklärung der Mitglieder des Bergs. ‒ Cavaignac's Proklamation. ‒ Vermischtes. ‒ Neueste Nachrichten).

Belgien. Brüssel. (Die Thronrede).

Rußland. (Brandstiftungen).

Deutschland. Köln. (Militärisches). Berlin. (Vereinbarungsdebatten. ‒ Eisenbahnen. ‒ Ausplünderung der Schleswig-Holsteiner). Posen. (Der Kreuzzug Ahlemanns). Obornik. (Aus dem Briefe eines Landwehrmanns). Frankfurt. (Charivari. ‒ Sitzung der Nationalversammlung). Anhalt-Dessau. (Verfassungsentwurf). Dresden. (Antrag Tschirners). München. (Freiwillige Zwangsanleihe).

Serbien. Belgrad. (Serben und Magyaren).

Italien. Venedig. (Vorbereitung zum Widerstande; ein Verräther). Genua. (Demonstration). Neapel. (Die Insurgenten).

Großbrittanien. London. (Eindrücke der Pariser Nachrichten. Times und Standard). Irland. (John O'Connell. ‒ Das Journal Mitchell's).

Deutschland.
* Köln, 27. Juni.

Der Oberst Harder, Kommandeur des 16. Infanterie-Regiments, hat den Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten jenes Truppentheils „zur Würdigung der jüngsten politischen Ereignisse“ eine Schrift, betitelt, „eine Stimme aus Oberschlesien“, übergeben, in welcher es unter Anderm heißt: „Wenn wir beklagen müssen, daß ein trauriger Irrthum unsern König und Herrn bestimmt hat, sich von seinen Unterthanen, von seiner braven Armee zu trennen, sich unter den Schutz seiner sogenannten treuen Berliner zu begeben u. s. w., und weiter, „hoffend, daß der Hohenzollern Blut nicht gänzlich erstarrt ist, sondern Kraft und Geist wiederfinden wird, die Zügel unserer konstitutionellen (?) Monarchie zu erfassen“. ‒ „Berlin hat sich angemaßt, dem Auslande zu sagen, daß seine Bürger die Freiheit erkämpft haben; dem ist aber nicht so, denn Alles was wir im Augenblick wahrer Freiheit besitzen, hatte uns bereits der König am Morgen des 18. verliehen.“ Es ist außerdem die Rede von „einem unsinnigen Wahl- und Preßgesetze“. ‒ „Die Presse wird durch rohe Gewalt beherrscht und nur dazu mißbraucht, die Zwecke einer kommunistisch-jakobinischen Partei zu unterstützen.“ Es wird genug sein.

Eine solche Schrift wird dem Militär von einem Regimentskommandeur übergeben, nachdem den Truppen das Versammlungsrecht durch kriegsministeriellen Erlaß wieder entzogen ist, während einem Offizier der 8. Artillerie-Brigade von seinem Kommandeur sogar der Besuch der Stollwerk'schen Versammlung verboten wird, und jedes Gerücht von einem Losbruche oder das Stattfinden einer Arbeiterversammlung auf dem Gürzenich dazu benutzt wird, die Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten nicht aus der Kaserne zu lassen.

X Berlin, 26. Juni.

Wir haben wieder ein Ministerium auf acht Tage, denn länger wird es sicher sich nicht halten. Fast wäre es heute schon gefallen und nur aus Mitleid hat sich die Rechte und das Centrum seiner angenommen, weil es doch zu traurig wäre, nur ein Schmetterlingsleben wie Herr Schleinitz genossen zu haben. Das deutsche Herz hat gesiegt und das neue Ministerium steht noch, es steht, wie Herr Hansemann in seinem Programm gesagt, auf dem Rechtsboden der Revolution! (Damit wird einem benachbarten Publizisten geholfen sein!) Ja die Worte, „in Anerkennung der Revolution“ hat heute derselbe Herr Hansemann ausgesprochen, der das „bedeutende Ereigniß“ vom 18. März vor einigen Tagen erst eine „Transaction“ genannt hatte. Herr Hansemann hat wahrhaftig eine Revolution gemacht, sie ist ebenso schnell vor sich gegangen als irgend eine andere, wird aber viel schneller noch im Wind aufgehen, das Mitleid der Kammer wird höchstens, wie wir gesagt, 8 Tage ausdauern. Außer der anerkannten Revolution verspricht uns Herr Hansemann in seinem Programm noch 2 Kammern, deren erste volksthümlicher sein soll, als es im Verfassungsentwurf ausgesprochen, Reorganisation der Gerichtsbarkeit mit Vorbild der rheinischen, ein Bürgerwehrgesetz, die Befreiung des Grundbesitzes, eine Gemeindeordnung auf dem Grundsatze der Selbstverwaltung, eine Aufhebung der Steuerbefreiung und eine neue Strafgesetzgebung und für das Beste der arbeitenden Klasse will er hauptsächlich ‒ Ruhe im Lande, damit das Vertrauen wiederkehre, (wie gut es der Minister doch meint) und dann soll der von Hn. v. Patow begonnene, bis jetzt uns noch unsichtbare Weg, verfolgt und sollen umfassendere öffentliche Arbeiten vorgenommen werden. ‒ Bevor wir in unserem Berichte fortfahren, müssen wir noch bemerken, daß Hr. Camphausen zu Anfang der Sitzung eine Erklärung über seinen Austritt gab, er gab als Grund desselben an, daß er nicht der Majorität in den entscheidenden Fragen sicher war, verwahrte sich aber zuletzt gegen die Ansicht, als hätten die äußeren Angelegenheiten auf seinen Entschluß einen Einfluß ausgeübt. Das Ministerium, dem er präsidirt hatte, war nach einer großen Katastrophe hervorgegangen, es hatte die Aufgabe, den Staat über die Kluft des alten Systems zum neuen System hinüberzuführen; zu jener Zeit waren nur wenige Staatsmänner dem Lande bekannt, darum mußte es aus verschiedenartigen Elementen zusammengesetzt werden, die nicht lange miteinander harmoniren konnten. Es war nur ein Ministerium der Vermittlung. Das jetzige Ministerium, dessen Mutter Herr Hansemann ist, soll aber das Ministerium der That sein, wie dieser selbst ausgesprochen. Herr Hansemann stellte sogleich einen Antrag, die Antwort auf die Thronrede jetzt wieder an die Kommission zurückgehen zu lassen, damit diese darin die Aenderungen vornehme, welche das kundgegebene Programm des neuen Ministeriums erfordere. Aus der Annahme dieses Antrages wollte er ersehen, ob das neue Ministerium auf die Versammlung rechnen könne oder nicht. Schon erhebt sich eine Debatte über diesen Antrag, Herr Weichsel aus Magdeburg deklamirt über die Versprechen von 1807 und den Betrug von 1815, spricht von unterdrückter Demagogie, deren Grundsätze nun doch in's Volk übergegangen u. s. w., und je mehr die Versammlung ihm entgegen ruft, „zur Sache! zur Sache!“ um so lauter schreit er, bis er seine Rede wirklich zu Ende gebracht hat, das zu erkennen giebt, daß er gegen den Antrag; ist, weil das Ministerium nicht aus jeder Kleinigkeit eine Kabinetsfrage machen könne, ohne die Versammlung in ihren freien Berathungen zu verhindern. ‒ Hansemann erklärt, daß er die Annahme des Antrags nicht geradezu zur Kabinetsfrage habe machen wollen. Siebert spricht auch noch dagegen. Da kommt Stein an's Wort und trägt auf Tagesordnung an, da nach dem Geschäftsreglement der Minister nicht das Recht habe, einen Antrag zu stellen, er müßte es denn als Abgeordneter thun. ‒ Cieskowski will Vertagung, weil über die auswärtigen Angelegenheiten nichts in dem Programm gesagt sei und er wissen möchte, ob das Ministerium geneigt sei, in Bezug auf Posen die traurige Politik des vorigen zu verfolgen. Es solle sich erst genauer erklären. ‒ Hansemann, die Ministerialmutter, antwortet nur Hrn. Stein, daß er freilich als Minister und nicht als Abgeordneter den Antrag gestellt und es auch für natürlich und zweckmäßig hält, daß derselbe erst der Frage auf Unterstützung unterworfen werde, (wie gütig!) wie es das Geschäftsreglement vorschreibe. Anstatt, daß der Präsident nun den Antrag vollständig von der Debatte ausschließt, weil, wie Stein ganz richtig bemerkte, ein Minister nicht das Recht hat, einen Antrag zu stellen, läßt er noch die Herren Kirchmann und Parisius für Vertagung sprechen. Hansemann hat sich unterdessen besonnen und erklärt, daß er keinen Antrag gestellt, daß er sich geirrt, er habe nur einen Wunsch der Versammlung gegenüber auszusprechen und aussprechen wollen. ‒ Und siehe da, es tritt sein Retter auf. Herr Zachariä ist es wiederum, der tapfere Recke, der sich des schwer bedrängten Freundes annimmt, er macht den Antrag zu dem seinigen. Waldeck tritt dagegen auf. Er findet es in formeller Hinsicht nicht zulässig, eine Adresse zu korrikgiren. Die Fragen, welche das Ministerium in seinem Programm erhoben, seien an einem andern Platze als in der Adresse zu berathen, da sie zum Theil Paragraphen des Verfassungsentwurfes betreffen, die in der Kommission und später in der Plenarsitzung noch ihre Erledigung finden müssen und zum Theil Gesetze, die man erst sehen muß, ehe man über sie ein Urtheil abgeben kann. ‒ Der Min. des Innern, Herr Rodbertus, erwidert ihm einige leere Phrasen, von denen wir nichts behalten haben. ‒ D'Ester, der schon lange ungeduldig in der Nähe der Tribüne gestanden, erhält endlich das Wort: Wir haben gehört, sagt er, daß das abgetretene Ministerium das Ministerium der Vermittlung war; das neue will das Ministerium der That sein. Der Herr Finanzminister, der die Brücke von dem alten zum neuen Ministerium bildet, ist sich konsequent geblieben. Er hat damals Vertrauen verlangt, heut will er es wieder. Aber meine Herren, die Thronrede ist eine Ansprache des Königs, auf die man wohl eine Antwort geben kann. Auf was sollen wir heute antworten? Der Finanzminister will Thaten, er ist gegen alle Abstraktionen. Ich sehe in seinem Programm nichts Positives, aber viel Abstraktes. Der Herr Finanzminister sprach darin von Vereinbarung; ich glaube nicht, daß wir nöthig haben, über diesen Ausdruck zu entscheiden. Das Programm verspricht eine Gemeindeordnung auf Selbstregierung begründet. Das Wort Selbstregierung ist sehr weit und ein Jeder kann sich etwas Anderes darunter denken. Das Programm spricht von der Befreiung des Grundber sitzes: wie sie statt finden soll, müssen wir wissen; wenn wir über Abstraktionen richten sollen, so kann das Ministerium wohl Majoritäten erhalten, die keine Majoritäten sind und die aufhören, sobald die materiellen Fragen vorgelegt werden. Möge das Ministerium uns sofort die Gesetzentwürfe vorlegen, dann wird es sehen, ob es die Majorität hat oder nicht. (Beifall.) Es folgen noch einige Redner, von denen wir Schramm erwähnen, der in dem neuen Ministerium nur das alte erkennt. ‒ Die Rechte erhebt sich auch gegen den Antrag, Reichensperger und Hüser sind diesmal oppositionell, sie sind wüthend, daß das neue Ministerium sie vollständig übergangen hat.

Der Antrag wird zuletzt, wie wir gesagt, aus Mitleiden angenommen.

Die Versammlung geht an die Berathung des Geschäftsreglements, da hielten wir es nicht länger aus und retteten uns in's Weite.

* Berlin, 23. Juni.

Heute ging der Eisenbahnzug von hier nach dem Rhein mit Kränzen und Laubguirlanden geschmückt; es ist nämlich der erste Zug, der in Magdeburg über die Elbbrücke fährt und nicht mehr, wie bisher, diesseits der Elbe zu halten braucht, um Waaren und Passagiere nach dem Bahnhofe auf der andern Seite zu schaffen. Von nun an werden also alle Güter, die an einer der Hauptstationen verladen werden, innerhalb 3-4 Tagen bis zum entferntesten Punkte der ganzen Linie ohne die lästige Umladung und Steuerrevisionen besorgt werden. Der hannoversche Transit-Zoll ist somit nach dem früheren Eisenbahnvertrag ermäßigt; ebenso die Frachtsätze. Die Fracht für einen Zollcentner auf der Strecke von Berlin bis Köln wird indeß noch immer etwas über 5 Pf. betragen.

19 Berlin, 26. Juni.

Das gesinnungswüthige Alt-Preußenthum hat die Zeughausstürmer vom 14. als „Räuber“ und „Plünderer“ denunzirt, weil sich dieselben in einer revolutionären Krisis Waffen erzwungen hatten, die noch dazu Nationaleigenthum waren und also ihnen selbst gehörten. Hier ein Gegenstück, wie die offiziellen Organe der preußischen Reaktion fremdes Eigenthum respektiren.

Gestern, am 25., kamen in Spandau mit dem Hamburger Bahnzug 19 schleswig-holsteinische Freischärler von der bekannten 6. Kompagnie des Tann'schen Korps an, welche bekanntlich als „Anarchisten und Kommunisten“ aus den loyalen Patriotenbanden austreten mußten. Der Spandauer Bahnhof war von einer Kompagnie des Garde-Infanterieregiments besetzt, an deren Spitze sich der Oberstlieutenant Schlichting befand, einer der Helden der Höllenstein-Organisation in Posen. Die Freischärler wurden bei ihrem Aussteigen von der Soldateska umringt, und auf Befehl des Oberstlieutenant Schlichting ihrer Waffen (werthvoller Büchsen, Doppelflinten, Pistolen) gewaltsam beraubt. Die Protestation der Beraubten, welche diese Waffen zur Vertheidigung der sogenannten deutschen Nationalfreiheit getragen hatten, wurden natürlich nicht berücksichtigt; der Oberstlieutenant Schlichting erklärte, die Zustimmung des Berliner Polizeipräsidenten zu besitzen, dessen Autorität anerkannter Maßen Alles entscheiden mußte. Die wackern preußischen Truppen zogen mit ihrer ruhmvollen und unblutig erkämpften Beute siegreich von dannen.

Durch diese Geschichte wird aber auch der frühere (in Nr. 26 der N. Rh. Ztg. mitgetheilte) Vorfall erklärt, wo die Soldateska in Spandau den Hamburger Güterzug nicht passieren lassen wollte, denselben mit Kanonen bedrohte und die Schienen aufriß, und wobei der Kommandant sich auf Befehle aus Potsdam berief.

* Breslau, 22. Juni.

Der allgemeine Landwehrverein hiesiger Stadt, jetzt aus 1560 Landwehrmännern Breslau's bestehend, hat gestern einstimmig folgende Adresse an die Vereinbarungsversammlung beschlossen:

„Die Revolution vom 18. zum 19. März, der neue Geist, welcher Deutschlands Volk für Freiheit, Gleichheit und Einigkeit beseelt, haben dem Volk das Selbstbewußtsein, und die gesetzgebende und regierende Gewalt, die ihm so lange vorenthalten war, wieder gegeben.

Dieser neue Zustand der Dinge erfordert auch eine Umgestaltung des Heeres in geistiger und materieller Beziehung.

Wir verlangen daher, daß man uns von dem alten Fahneneide entbinde, und uns einen neuen Eid, auf die königlichen Verheißungen und die darauf gegründete neue volksthümliche Verfassung, als Errungenschaft dieser Revolution, schwören lasse.

* Posen.

Der wackere Ritter Ahlemann hat sich in seinem Projekt eines Kreuzzugs gegen das revolutionäre Babel Berlin keineswegs durch die Warnung des Oberpräsidenten einschüchtern lassen; er erklärt vielmehr, daß er und die Seinigen an ihrer „guten, gerechten, heiligen Sache festhalten“, und sich durch die „Gegenwirkungen einzelner Schwächlinge und Uebelgesinnten nicht wankend machen lassen“. Wenn Hr. Ahlemann erst bis Berlin gedrungen ist, so glauben wir auch, daß er sich dort festsetzen wird; nach einer in der Berliner Zeitungs-Halle enthaltenen Erklärung sehnen sich mehrere seiner Gläubiger in Berlin gar sehr, ihn dort zu behalten.

Obornik, 20. Juni.

Unter diesem Datum enthält die A. O. Z. folgenden Auszug aus einem Briefe eines preußischen Landwehrmannes vom 7. Regiment:

. . . . „Ich muß gestehen, daß wir es besser hatten, je tiefer wir in das Großherzogthum hineinmarschirten; denn hier galt das Faustrecht. Sobald uns hier nicht gut und viel Essen vorgesetzt wurde, nahmen wir den Wirth bei der Gurgel und ließen ihn nicht eher los, als bis das Verlangte da war. Prügel wurden ausgetheilt, bis das Blut hervorquoll; in Goslin, einer Stadt zwei Meilen von Obornik, haben wir Einen zu Tode geprügelt und so ging es durch's ganze Großherzogthum; an andern Orten noch viel schlimmer. ‒ Sobald unsere Truppen an Orte kamen, wo ihnen nur der geringste Widerstand geleistet wurde ‒ gleich steckten sie den Ort in Brand und die Feinde mußten mit verbrennen. Feuerzeug hatte jeder bei sich. ‒ Ich hatte mir von Fraustatt aus Schwärmer mitgenommen, um sie in's Gewehr zu laden und in die Strohdächer zu schießen. ‒ Auf dem Schlachtfelde wurde der verwundete Feind nicht geschont, sondern ohne Gnade mit dem Bajonnette an die Erde gespießt. Es gelang auch nicht den Offizieren, den wüthenden Soldaten Einhalt zu thun; jeder mordet und plündert nach Herzenslust. Nach den Treffen begann gewöhnlich das Plündern der Schlösser und Städte, welches ohne die geringste Schonung gehandhabt wurde. In ersteren wurden oft noch Edelleute entweder in Schränken oder unter Betten versteckt gefunden. Diese wurden nicht gleich todtgeschlagen, sondern oft erst mit dem Bajonette gekitzelt und gestochen; dann bekamen sie ein Paar Kugeln und zuletzt wurden sie mit dem Kolben vollends todt geschlagen. Am schlimmsten war die Landwehr; sie haben es diesem Lumpengesindel zugeschworen, ihnen fühlen zu lassen, daß sie Weib und Kind in hilfloser Lage zurücklassen mußten. Theils ist die Wuth der Soldaten auch durch die furchtbaren Grausamkeiten von Seiten der Polen aufgeregt worden. ‒ Es heißt, die Russen sollen uns ablösen; ob es wahr ist, weiß ich nicht. Ich glaube aber, am längsten haben wir hier in Obornik gestanden.“

Frankfurt, 24. Juni.

Das Charivari, weiches man vorgestern dem „edlen Gagern“ darbrachte, ist noch an demselben Abend durch eine andere Demonstration gegen einige Mitglieder der Linken erwiedert worden. Es war zu Aller Erstaunen die Bürgergarde, welche hier zuerst den „Muth einer Meinung“ bewährte. Das Volk vor dem Hause des „edlen Gagern“ war mit Kolbenschlägen auseinandergejagt und zum Theil zur Haft gebracht, als sich der Führer der Schutzwache, ein guter Bürger Namens Schmidt, dessen biedermännisches Gemüth erst unter der Majorsuniform zu kriegerischer Thatenlust auflebt, erinnerte, daß in einem gewissen Bierhause allabendlich einige Deputirte der Linken zu treffen sind. Diese Erinnerung gab dem Herrn Major einen Gedanken ein, was sehr bemerkenswerth ist. Er zählte seine Mannschaft, verstärkte sich noch mit zwei Polizisten und so zog der Trupp nach dem Wirthshause. Ein Theil wurde draußen aufgestellt; der Major drückte seinen Federhut in die Stirn, schickte die zwei Polizisten voraus, und folgte mit dem Rest seiner Garde. Das verdächtige Haus barg in der That zwei Bürger und drei Deputirte der Linken. Die bewaffnete Bürgerwacht, in gerechter Entrüstung, auch Bürger der Frankfurter Republik in solcher Gesellschaft zu finden, ergriff diese beiden Männer an den Halsbinden und führte sie vor die Thür, wo sie mit Stößen und Püffen von der draußenstehenden Abtheilung in Empfang genommen wurden. Den Deputirten wurde von den zwei Polizisten in der bekannten höflichen Weise dieser Leute angekündigt, daß sie sich hinauszuscheeren hätten, und als Einer erwiederte, daß sie als Deputirte der Nationalversammlung keine Befehle von der Frankfurter Polizei annähmen, ergingen sich die Bewaffneten in den kühnsten Drohungen; sie entfernten sich jedoch, da die Deputirten ihre Thätlichkeiten abwarten zu wollen erklärten. Draußen aber ließ der ganze Trupp beim Abzug ein schallendes Siegesgelächter erschallen.

‒ Sitzung v. 22-2 Uhr:

Abstimmung durch Namensausruf über Art. 1 der Anträge in Betreff der Centralgewalt:

„Die N. V. beschließt vorbehaltlich des Einverständnisses mit den deutschen Regierungen 1) bis zur definitiven Begründung einer Regierungsgewalt für Deutschland soll eine provisorische Centralgewalt für alle gemeinsamen Angelegenheiten bestellt werden.“

Dieser Artikel wird mit 577 gegen 31 Stimmen verworfen. Ohne den Beisatz: „vorbehaltlich des Einverständnisses mit den deutschen Regierungen“ zur Abstimmung gebracht, wird der Artikel (durch einfache Abstimmung) fast einstimmig angenommen.

Art. 2. „Dieselbe hat a) die vollziehende Gewalt zu üben in allen Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohl fahrt des deutschen Bundesstaates betreffen; b) die Oberleitung der gesammten bewaffneten Macht zu übernehmen und namentlich die Oberbefehlshaber derselben zu ernennen; c) die völkerrechtliche und handelspolitische Vertretung Deutschlands auszuüben, und zu diesem Ende Gesandte und Konsuln zu ernennen“ ‒ wurde in gleicher Weise angenommen. Der Art. d), „die Beschlüsse der Nationalversammlung zu verkündigen und zu vollziehen“, ward in namentlicher Abstimmung mit 277 gegen 261 Stimmen verworfen!

19 Frankfurt.

Sitzung der Nationalversammlung vom 26. Juni. In der Abendsitzung ergriff der Abgeordnete Heckscher das Wort, und erklärte, sein Amendement nicht zurückzunehmen. Durch seine Bemerkung, daß der Befall der Galerien ein wohlfeiler und schlechter Maßstab für einen Antrag sei, erregte der Redner einen wahren Sturm in der Versammlung. Das Benehmen des Präsidenten Soiron war am allerwenigsten geeignet, die Ruhe herzustellen, der Lärm dauerte über eine halbe Stunde, und so mußte zuletzt die Versammlung unter allgemeinem Tumult geschlossen werden.

Sitzung vom 27. Juni.

Präsident Gagern. Die Paulskirche ist mit Militär umstellt. Der Abgeordnete Heckscher gibt über sein gestriges Auftreten befriedigende Entschuldigungen und nimmt sein Amendement zurück. Blum kündigt im Namen der Linken an, daß diese auf den Ordnungsruf gegen Heckscher, und da die Amendements zurückgezogen seien, auch auf die Aufrechthaltung der gestrigen Entscheidung des Vicepräsidenten verzichte. In Folge mehrerer heftigen Aeußerungen wird die draußen stehende Militärmacht nach Aufforderung Gagern's wieder zurückgezogen. 11 Uhr: Berathung über die Fragestellung.

(Unser sonst wohlunterrichteter 15 -Korrespondent, der uns gestern die Erwählung des Erzherzogs Johann mittheilte, scheint diesmal unter die „Spökenkiker“ gerathen zu sein. Wir werden seine Weissagung erst morgen oder in den folgenden Tagen bestätigen können.)

* Anhalt-Dessau.

Das Ministerium hat unterm 12. Juni einen Verfassungsentwurf veröffentlicht, welcher direkte Wahlen, Aufhören einer Staatsreligion, Einkammersystem, und suspensives Veto verkündigt.

* Dresden, 23. Juni.

Der Abgeordnete Tschirner beantragt in der 2. Kammer zu untersuchen, ob die Minister, welche die Wiener Konferenzbeschlüsse unterzeichnet, noch Wartegeld oder Pension zu erhalten würdig wären. Die Entscheidung der Kammer hierüber werde ich nächstens mittheilen.

Wien, 23. Juni.

In der Sitzung des Sicherheits-Ausschusses vom 20. forderte nach Berichterstattung der nach Prag entsendet gewesenen Deputation der Deputirte des Wiedner Bezirks 1. Corps im Namen seiner ganzen Kompagnie auf, einen Protest einzulegen gegen die unwürdige Behandlung der Deputirten des Ausschusses von Seiten des Fürsten Windischgrätz: dahin lautend: „Fürst Windischgrätz, welcher durch jenes Benehmen die Nationalgarde von ganz Wien, so wie das Völkerrecht durch die Gefangennahme unserer Abgesandten tief verletzt, müsse gezwungen werden, Genugthuung zu geben, Abbitte und Ehrenerklärung leisten, und solches allen seinen Soldaten durch einen allgemeinen Tagesbefehl kund geben.

Wien, 22. Juni.

Die Reichsversammlung ist dem Vernehmen nach auf den 13. d. verschoben. Die verschiedenen bedenklichen Nachrichten welche heute durch Ihr Blatt vom 19. d. bekannt wurden, haben an der Börse Mißstimmung erregt und die Kurse gedrückt.

(A. A. Z.)
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        <titlePart type="main">Beilage zu Nr. 29 der Neuen Rheinischen Zeitung. </titlePart>
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          <docDate>Donnerstag, 29.                 Juni.</docDate>
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      <div type="contents" n="1">
        <head>Uebersicht.</head>
        <p><hi rendition="#g">Französische Republik.</hi> (Die Junirevolution &#x2012; Der 25.                     Juni). Paris. (Schluß der Sitzung der Nationalversammlung vom 25. Juni. &#x2012;                     Correspondenz. &#x2012; Erklärung der Mitglieder des Bergs. &#x2012; Cavaignac's Proklamation.                     &#x2012; Vermischtes. &#x2012; Neueste Nachrichten).</p>
        <p><hi rendition="#g">Belgien.</hi> Brüssel. (Die Thronrede).</p>
        <p><hi rendition="#g">Rußland.</hi> (Brandstiftungen).</p>
        <p><hi rendition="#g">Deutschland.</hi> Köln. (Militärisches). Berlin.                     (Vereinbarungsdebatten. &#x2012; Eisenbahnen. &#x2012; Ausplünderung der                     Schleswig-Holsteiner). Posen. (Der Kreuzzug Ahlemanns). Obornik. (Aus dem Briefe                     eines Landwehrmanns). Frankfurt. (Charivari. &#x2012; Sitzung der Nationalversammlung).                     Anhalt-Dessau. (Verfassungsentwurf). Dresden. (Antrag Tschirners). München.                     (Freiwillige Zwangsanleihe).</p>
        <p><hi rendition="#g">Serbien.</hi> Belgrad. (Serben und Magyaren).</p>
        <p><hi rendition="#g">Italien.</hi> Venedig. (Vorbereitung zum Widerstande; ein                     Verräther). Genua. (Demonstration). Neapel. (Die Insurgenten).</p>
        <p><hi rendition="#g">Großbrittanien.</hi> London. (Eindrücke der Pariser                     Nachrichten. Times und Standard). Irland. (John O'Connell. &#x2012; Das Journal                     Mitchell's).</p>
      </div>
      <div n="1">
        <head>Deutschland.</head>
        <div xml:id="ar029b_001" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Köln, 27. Juni.</head>
          <p>Der Oberst Harder, Kommandeur des 16. Infanterie-Regiments, hat den                         Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten jenes Truppentheils &#x201E;zur Würdigung                         der jüngsten politischen Ereignisse&#x201C; eine Schrift, betitelt, <hi rendition="#g">&#x201E;eine Stimme aus Oberschlesien&#x201C;,</hi> übergeben, in                         welcher es unter Anderm heißt: &#x201E;Wenn wir beklagen müssen, daß ein trauriger                         Irrthum unsern König und Herrn bestimmt hat, sich von seinen Unterthanen,                         von seiner braven Armee zu trennen, sich unter den Schutz seiner sogenannten                         treuen Berliner zu begeben u. s. w., und weiter, &#x201E;hoffend, daß der                         Hohenzollern Blut nicht gänzlich erstarrt ist, sondern Kraft und Geist                         wiederfinden wird, die Zügel unserer konstitutionellen (?) Monarchie zu                         erfassen&#x201C;. &#x2012; &#x201E;Berlin hat sich angemaßt, dem Auslande zu sagen, daß seine                         Bürger die Freiheit erkämpft haben; dem ist aber nicht so, denn Alles was                         wir im Augenblick wahrer Freiheit besitzen, hatte uns bereits der König am                         Morgen des 18. verliehen.&#x201C; Es ist außerdem die Rede von &#x201E;einem unsinnigen                         Wahl- und Preßgesetze&#x201C;. &#x2012; &#x201E;Die Presse wird durch rohe Gewalt beherrscht und                         nur dazu mißbraucht, die Zwecke einer kommunistisch-jakobinischen Partei zu                         unterstützen.&#x201C; Es wird genug sein.</p>
          <p>Eine solche Schrift wird dem Militär von einem Regimentskommandeur übergeben,                         nachdem den Truppen das Versammlungsrecht durch kriegsministeriellen Erlaß                         wieder entzogen ist, während einem Offizier der 8. Artillerie-Brigade von                         seinem Kommandeur sogar der Besuch der Stollwerk'schen Versammlung verboten                         wird, und jedes Gerücht von einem Losbruche oder das Stattfinden einer                         Arbeiterversammlung auf dem Gürzenich dazu benutzt wird, die Offiziere,                         Unteroffiziere und Soldaten nicht aus der Kaserne zu lassen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_002" type="jArticle">
          <head><bibl><author>X</author></bibl> Berlin, 26. Juni.</head>
          <p>Wir haben wieder ein Ministerium auf acht Tage, denn länger wird es sicher                         sich nicht halten. Fast wäre es heute schon gefallen und nur aus Mitleid hat                         sich die Rechte und das Centrum seiner angenommen, weil es doch zu traurig                         wäre, nur ein Schmetterlingsleben wie Herr Schleinitz genossen zu haben. Das                         deutsche Herz hat gesiegt und das neue Ministerium steht noch, es steht, wie                         Herr Hansemann in seinem Programm gesagt, auf dem <hi rendition="#g">Rechtsboden der Revolution!</hi> (Damit wird einem benachbarten                         Publizisten geholfen sein!) Ja die Worte, &#x201E;in Anerkennung der Revolution&#x201C;                         hat heute derselbe Herr Hansemann ausgesprochen, der das &#x201E;bedeutende                         Ereigniß&#x201C; vom 18. März vor einigen Tagen erst eine &#x201E;Transaction&#x201C; genannt                         hatte. Herr Hansemann hat wahrhaftig eine Revolution gemacht, sie ist ebenso                         schnell vor sich gegangen als irgend eine andere, wird aber viel schneller                         noch im Wind aufgehen, das Mitleid der Kammer wird höchstens, wie wir                         gesagt, 8 Tage ausdauern. Außer der anerkannten Revolution verspricht uns                         Herr Hansemann in seinem Programm noch 2 Kammern, deren erste                         volksthümlicher sein soll, als es im Verfassungsentwurf ausgesprochen,                         Reorganisation der Gerichtsbarkeit mit Vorbild der rheinischen, ein                         Bürgerwehrgesetz, die Befreiung des Grundbesitzes, eine Gemeindeordnung auf                         dem Grundsatze der Selbstverwaltung, eine Aufhebung der Steuerbefreiung und                         eine neue Strafgesetzgebung und für das Beste der arbeitenden Klasse will er                         hauptsächlich &#x2012; Ruhe im Lande, damit das Vertrauen wiederkehre, (wie gut es                         der Minister doch meint) und dann soll der von Hn. v. Patow begonnene, bis                         jetzt uns noch unsichtbare Weg, verfolgt und sollen umfassendere öffentliche                         Arbeiten vorgenommen werden. &#x2012; Bevor wir in unserem Berichte fortfahren,                         müssen wir noch bemerken, daß Hr. Camphausen zu Anfang der Sitzung eine                         Erklärung über seinen Austritt gab, er gab als Grund desselben an, daß er                         nicht der Majorität in den entscheidenden Fragen sicher war, verwahrte sich                         aber zuletzt gegen die Ansicht, als hätten die äußeren Angelegenheiten auf                         seinen Entschluß einen Einfluß ausgeübt. Das Ministerium, dem er präsidirt                         hatte, war nach einer großen Katastrophe hervorgegangen, es hatte die                         Aufgabe, den Staat über die Kluft des alten Systems zum neuen System                         hinüberzuführen; zu jener Zeit waren nur wenige Staatsmänner dem Lande                         bekannt, darum mußte es aus verschiedenartigen Elementen zusammengesetzt                         werden, die nicht lange miteinander harmoniren konnten. Es war nur ein                         Ministerium der Vermittlung. Das jetzige Ministerium, dessen Mutter Herr                         Hansemann ist, soll aber das Ministerium der That sein, wie dieser selbst                         ausgesprochen. Herr Hansemann stellte sogleich einen Antrag, die Antwort auf                         die Thronrede jetzt wieder an die Kommission zurückgehen zu lassen, damit                         diese darin die Aenderungen vornehme, welche das kundgegebene Programm des                         neuen Ministeriums erfordere. Aus der Annahme dieses Antrages wollte er                         ersehen, ob das neue Ministerium auf die Versammlung rechnen könne oder                         nicht. Schon erhebt sich eine Debatte über diesen Antrag, Herr Weichsel aus                         Magdeburg deklamirt über die Versprechen von 1807 und den Betrug von 1815,                         spricht von unterdrückter Demagogie, deren Grundsätze nun doch in's Volk                         übergegangen u. s. w., und je mehr die Versammlung ihm entgegen ruft, &#x201E;zur                         Sache! zur Sache!&#x201C; um so lauter schreit er, bis er seine Rede wirklich zu                         Ende gebracht hat, das zu erkennen giebt, daß er gegen den Antrag; ist, weil                         das Ministerium nicht aus jeder Kleinigkeit eine Kabinetsfrage machen könne,                         ohne die Versammlung in ihren freien Berathungen zu verhindern. &#x2012; Hansemann                         erklärt, daß er die Annahme des Antrags nicht geradezu zur Kabinetsfrage                         habe machen wollen. Siebert spricht auch noch dagegen. Da kommt Stein an's                         Wort und trägt auf Tagesordnung an, da nach dem Geschäftsreglement der                         Minister nicht das Recht habe, einen Antrag zu stellen, er müßte es denn als                         Abgeordneter thun. &#x2012; Cieskowski will Vertagung, weil über die auswärtigen                         Angelegenheiten nichts in dem Programm gesagt sei und er wissen möchte, ob                         das Ministerium geneigt sei, in Bezug auf Posen die traurige Politik des                         vorigen zu verfolgen. Es solle sich erst genauer erklären. &#x2012; Hansemann, die                         Ministerialmutter, antwortet nur Hrn. Stein, daß er freilich als Minister                         und nicht als Abgeordneter den Antrag gestellt und es auch für natürlich und                         zweckmäßig hält, daß derselbe erst der Frage auf Unterstützung unterworfen                         werde, (wie gütig!) wie es das Geschäftsreglement vorschreibe. Anstatt, daß                         der Präsident nun den Antrag vollständig von der Debatte ausschließt, weil,                         wie Stein ganz richtig bemerkte, ein Minister nicht das Recht hat, einen                         Antrag zu stellen, läßt er noch die Herren Kirchmann und Parisius für                         Vertagung sprechen. Hansemann hat sich unterdessen besonnen und erklärt, daß                         er keinen Antrag gestellt, daß er sich geirrt, er habe nur einen Wunsch der                         Versammlung gegenüber auszusprechen und aussprechen wollen. &#x2012; Und siehe da,                         es tritt sein Retter auf. Herr Zachariä ist es wiederum, der tapfere Recke,                         der sich des schwer bedrängten Freundes annimmt, er macht den Antrag zu dem                         seinigen. Waldeck tritt dagegen auf. Er findet es in formeller Hinsicht                         nicht zulässig, eine Adresse zu korrikgiren. Die Fragen, welche das                         Ministerium in seinem Programm erhoben, seien an einem andern Platze als in                         der Adresse zu berathen, da sie zum Theil Paragraphen des                         Verfassungsentwurfes betreffen, die in der Kommission und später in der                         Plenarsitzung noch ihre Erledigung finden müssen und zum Theil Gesetze, die                         man erst sehen muß, ehe man über sie ein Urtheil abgeben kann. &#x2012; Der Min.                         des Innern, Herr Rodbertus, erwidert ihm einige leere Phrasen, von denen wir                         nichts behalten haben. &#x2012; D'Ester, der schon lange ungeduldig in der Nähe der                         Tribüne gestanden, erhält endlich das Wort: Wir haben gehört, sagt er, daß                         das abgetretene Ministerium das Ministerium der Vermittlung war; das neue                         will das Ministerium der That sein. Der Herr Finanzminister, der die Brücke                         von dem alten zum neuen Ministerium bildet, ist sich konsequent geblieben.                         Er hat damals Vertrauen verlangt, heut will er es wieder. Aber meine Herren,                         die Thronrede ist eine Ansprache des Königs, auf die man wohl eine Antwort                         geben kann. Auf was sollen wir heute antworten? Der Finanzminister will                         Thaten, er ist gegen alle Abstraktionen. Ich sehe in seinem Programm nichts                         Positives, aber viel Abstraktes. Der Herr Finanzminister sprach darin von                         Vereinbarung; ich glaube nicht, daß wir nöthig haben, über diesen Ausdruck                         zu entscheiden. Das Programm verspricht eine Gemeindeordnung auf                         Selbstregierung begründet. Das Wort Selbstregierung ist sehr weit und ein                         Jeder kann sich etwas Anderes darunter denken. Das Programm spricht von der                         Befreiung des Grundber sitzes: wie sie statt finden soll, müssen wir wissen;                         wenn wir über Abstraktionen richten sollen, so kann das Ministerium wohl                         Majoritäten erhalten, die keine Majoritäten sind und die aufhören, sobald                         die materiellen Fragen vorgelegt werden. Möge das Ministerium uns sofort die                         Gesetzentwürfe vorlegen, dann wird es sehen, ob es die Majorität hat oder                         nicht. (Beifall.) Es folgen noch einige Redner, von denen wir Schramm                         erwähnen, der in dem neuen Ministerium nur das alte erkennt. &#x2012; Die Rechte                         erhebt sich auch gegen den Antrag, Reichensperger und Hüser sind diesmal                         oppositionell, sie sind wüthend, daß das neue Ministerium sie vollständig                         übergangen hat.</p>
          <p>Der Antrag wird zuletzt, wie wir gesagt, aus Mitleiden angenommen.</p>
          <p>Die Versammlung geht an die Berathung des Geschäftsreglements, da hielten wir                         es nicht länger aus und retteten uns in's Weite.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_003" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Berlin, 23. Juni.</head>
          <p>Heute ging der Eisenbahnzug von hier nach dem Rhein mit Kränzen und                         Laubguirlanden geschmückt; es ist nämlich der erste Zug, der in Magdeburg                         über die Elbbrücke fährt und nicht mehr, wie bisher, diesseits der Elbe zu                         halten braucht, um Waaren und Passagiere nach dem Bahnhofe auf der andern                         Seite zu schaffen. Von nun an werden also alle Güter, die an einer der                         Hauptstationen verladen werden, innerhalb 3-4 Tagen bis zum entferntesten                         Punkte der ganzen Linie ohne die lästige Umladung und Steuerrevisionen                         besorgt werden. Der hannoversche Transit-Zoll ist somit nach dem früheren                         Eisenbahnvertrag ermäßigt; ebenso die Frachtsätze. Die Fracht für einen                         Zollcentner auf der Strecke von Berlin bis Köln wird indeß noch immer etwas                         über 5 Pf. betragen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_004" type="jArticle">
          <head><bibl><author>19</author></bibl> Berlin, 26. Juni.</head>
          <p>Das gesinnungswüthige Alt-Preußenthum hat die Zeughausstürmer vom 14. als                         &#x201E;Räuber&#x201C; und &#x201E;Plünderer&#x201C; denunzirt, weil sich dieselben in einer                         revolutionären Krisis Waffen erzwungen hatten, die noch dazu                         Nationaleigenthum waren und also ihnen selbst gehörten. Hier ein Gegenstück,                         wie die offiziellen Organe der preußischen Reaktion fremdes Eigenthum                         respektiren.</p>
          <p>Gestern, am 25., kamen in Spandau mit dem Hamburger Bahnzug 19                         schleswig-holsteinische Freischärler von der bekannten 6. Kompagnie des                         Tann'schen Korps an, welche bekanntlich als &#x201E;Anarchisten und Kommunisten&#x201C;                         aus den loyalen Patriotenbanden austreten mußten. Der Spandauer Bahnhof war                         von einer Kompagnie des Garde-Infanterieregiments besetzt, an deren Spitze                         sich der Oberstlieutenant Schlichting befand, einer der Helden der                         Höllenstein-Organisation in Posen. Die Freischärler wurden bei ihrem                         Aussteigen von der Soldateska umringt, und auf Befehl des Oberstlieutenant                         Schlichting ihrer Waffen (werthvoller Büchsen, Doppelflinten, Pistolen) <hi rendition="#g">gewaltsam beraubt.</hi> Die Protestation der Beraubten,                         welche diese Waffen zur Vertheidigung der sogenannten deutschen                         Nationalfreiheit getragen hatten, wurden natürlich nicht berücksichtigt; der                         Oberstlieutenant Schlichting erklärte, die Zustimmung des Berliner                         Polizeipräsidenten zu besitzen, dessen Autorität anerkannter Maßen Alles                         entscheiden mußte. Die wackern preußischen Truppen zogen mit ihrer                         ruhmvollen und unblutig erkämpften Beute siegreich von dannen.</p>
          <p>Durch diese Geschichte wird aber auch der frühere (in Nr. 26 der N. Rh. Ztg.                         mitgetheilte) Vorfall erklärt, wo die Soldateska in Spandau den Hamburger                         Güterzug nicht passieren lassen wollte, denselben mit Kanonen bedrohte und                         die Schienen aufriß, und wobei der Kommandant sich auf <hi rendition="#g">Befehle aus Potsdam</hi> berief.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_005" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Breslau, 22. Juni.</head>
          <p>Der allgemeine Landwehrverein hiesiger Stadt, jetzt aus 1560 Landwehrmännern                         Breslau's bestehend, hat gestern einstimmig folgende Adresse an die                         Vereinbarungsversammlung beschlossen:</p>
          <p>&#x201E;Die Revolution vom 18. zum 19. März, der neue Geist, welcher Deutschlands                         Volk für Freiheit, Gleichheit und Einigkeit beseelt, haben dem Volk das                         Selbstbewußtsein, und die gesetzgebende und regierende Gewalt, die ihm so                         lange vorenthalten war, wieder gegeben.</p>
          <p>Dieser neue Zustand der Dinge erfordert auch eine Umgestaltung des Heeres in                         geistiger und materieller Beziehung.</p>
          <p>Wir verlangen daher, daß man uns von dem alten Fahneneide entbinde, und uns                         einen neuen Eid, auf die königlichen Verheißungen und die darauf gegründete                         neue volksthümliche Verfassung, als Errungenschaft dieser Revolution,                         schwören lasse.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_006" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Posen.</head>
          <p>Der wackere Ritter Ahlemann hat sich in seinem Projekt eines Kreuzzugs gegen                         das revolutionäre Babel Berlin keineswegs durch die Warnung des                         Oberpräsidenten einschüchtern lassen; er erklärt vielmehr, daß er und die                         Seinigen an ihrer &#x201E;guten, gerechten, heiligen Sache festhalten&#x201C;, und sich                         durch die &#x201E;Gegenwirkungen <hi rendition="#g">einzelner Schwächlinge</hi> und                         Uebelgesinnten nicht wankend machen lassen&#x201C;. Wenn Hr. Ahlemann erst bis                         Berlin gedrungen ist, so glauben wir auch, daß er sich dort festsetzen wird;                         nach einer in der Berliner Zeitungs-Halle enthaltenen Erklärung sehnen sich                         mehrere seiner Gläubiger in Berlin gar sehr, ihn dort zu behalten.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_007" type="jArticle">
          <head>Obornik, 20. Juni.</head>
          <p>Unter diesem Datum enthält die A. O. Z. folgenden Auszug aus einem Briefe                         eines preußischen Landwehrmannes vom 7. Regiment:</p>
          <p>. . . . &#x201E;Ich muß gestehen, daß wir es besser hatten, je tiefer wir in das                         Großherzogthum hineinmarschirten; denn hier galt das Faustrecht. Sobald uns                         hier nicht gut und viel Essen vorgesetzt wurde, nahmen wir den Wirth bei der                         Gurgel und ließen ihn nicht eher los, als bis das Verlangte da war. Prügel                         wurden ausgetheilt, bis das Blut hervorquoll; in Goslin, einer Stadt zwei                         Meilen von Obornik, haben wir Einen zu Tode geprügelt und so ging es durch's                         ganze Großherzogthum; an andern Orten noch viel schlimmer. &#x2012; Sobald unsere                         Truppen an Orte kamen, wo ihnen nur der geringste Widerstand geleistet wurde                         &#x2012; gleich steckten sie den Ort in Brand und die Feinde mußten mit verbrennen.                         Feuerzeug hatte jeder bei sich. &#x2012; Ich hatte mir von Fraustatt aus Schwärmer                         mitgenommen, um sie in's Gewehr zu laden und in die Strohdächer zu schießen.                         &#x2012; Auf dem Schlachtfelde wurde der verwundete Feind nicht geschont, sondern                         ohne Gnade mit dem Bajonnette an die Erde gespießt. Es gelang auch nicht den                         Offizieren, den wüthenden Soldaten Einhalt zu thun; jeder mordet und                         plündert nach Herzenslust. Nach den Treffen begann gewöhnlich das Plündern                         der Schlösser und Städte, welches ohne die geringste Schonung gehandhabt                         wurde. In ersteren wurden oft noch Edelleute entweder in Schränken oder                         unter Betten versteckt gefunden. Diese wurden nicht gleich todtgeschlagen,                         sondern oft erst mit dem Bajonette gekitzelt und gestochen; dann bekamen sie                         ein Paar Kugeln und zuletzt wurden sie mit dem Kolben vollends todt                         geschlagen. Am schlimmsten war die Landwehr; sie haben es diesem                         Lumpengesindel zugeschworen, ihnen fühlen zu lassen, daß sie Weib und Kind                         in hilfloser Lage zurücklassen mußten. Theils ist die Wuth der Soldaten auch                         durch die furchtbaren Grausamkeiten von Seiten der Polen aufgeregt worden. &#x2012;                         Es heißt, die Russen sollen uns ablösen; ob es wahr ist, weiß ich nicht. Ich                         glaube aber, am längsten haben wir hier in Obornik gestanden.&#x201C;</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_008" type="jArticle">
          <head>Frankfurt, 24. Juni.</head>
          <p>Das Charivari, weiches man vorgestern dem &#x201E;edlen Gagern&#x201C; darbrachte, ist noch                         an demselben Abend durch eine andere Demonstration gegen einige Mitglieder                         der Linken erwiedert worden. Es war zu Aller Erstaunen die Bürgergarde,                         welche hier zuerst den &#x201E;Muth einer Meinung&#x201C; bewährte. Das Volk vor dem Hause                         des &#x201E;edlen Gagern&#x201C; war mit Kolbenschlägen auseinandergejagt und zum Theil                         zur Haft gebracht, als sich der Führer der Schutzwache, ein guter Bürger                         Namens Schmidt, dessen biedermännisches Gemüth erst unter der Majorsuniform                         zu kriegerischer Thatenlust auflebt, erinnerte, daß in einem gewissen                         Bierhause allabendlich einige Deputirte der Linken zu treffen sind. Diese                         Erinnerung gab dem Herrn Major einen Gedanken ein, was sehr bemerkenswerth                         ist. Er zählte seine Mannschaft, verstärkte sich noch mit zwei Polizisten                         und so zog der Trupp nach dem Wirthshause. Ein Theil wurde draußen                         aufgestellt; der Major drückte seinen Federhut in die Stirn, schickte die                         zwei Polizisten voraus, und folgte mit dem Rest seiner Garde. Das                         verdächtige Haus barg in der That zwei Bürger und drei Deputirte der Linken.                         Die bewaffnete Bürgerwacht, in gerechter Entrüstung, auch Bürger der                         Frankfurter Republik in solcher Gesellschaft zu finden, ergriff diese beiden                         Männer an den Halsbinden und führte sie vor die Thür, wo sie mit Stößen und                         Püffen von der draußenstehenden Abtheilung in Empfang genommen wurden. Den                         Deputirten wurde von den zwei Polizisten in der bekannten höflichen Weise                         dieser Leute angekündigt, daß sie sich hinauszuscheeren hätten, und als                         Einer erwiederte, daß sie als Deputirte der Nationalversammlung keine                         Befehle von der Frankfurter Polizei annähmen, ergingen sich die Bewaffneten                         in den kühnsten Drohungen; sie entfernten sich jedoch, da die Deputirten                         ihre Thätlichkeiten abwarten zu wollen erklärten. Draußen aber ließ der                         ganze Trupp beim Abzug ein schallendes Siegesgelächter erschallen.</p>
          <p>&#x2012; Sitzung v. 22-2 Uhr:</p>
          <p>Abstimmung durch Namensausruf über Art. 1 der Anträge in Betreff der                         Centralgewalt:</p>
          <p>&#x201E;Die N. V. beschließt <hi rendition="#g">vorbehaltlich des Einverständnisses                             mit den deutschen Regierungen 1)</hi> bis zur definitiven Begründung                         einer Regierungsgewalt für Deutschland soll eine provisorische Centralgewalt                         für alle gemeinsamen Angelegenheiten bestellt werden.&#x201C;</p>
          <p>Dieser Artikel wird mit 577 gegen 31 Stimmen <hi rendition="#g">verworfen.</hi> Ohne den Beisatz: &#x201E;vorbehaltlich des Einverständnisses                         mit den deutschen Regierungen&#x201C; zur Abstimmung gebracht, wird der Artikel                         (durch einfache Abstimmung) fast einstimmig angenommen.</p>
          <p>Art. 2. &#x201E;Dieselbe hat a) die vollziehende Gewalt zu üben in allen                         Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohl fahrt des                         deutschen Bundesstaates betreffen; b) die Oberleitung der gesammten                         bewaffneten Macht zu übernehmen und namentlich die Oberbefehlshaber                         derselben zu ernennen; c) die völkerrechtliche und handelspolitische                         Vertretung Deutschlands auszuüben, und zu diesem Ende Gesandte und Konsuln                         zu ernennen&#x201C; &#x2012; wurde in gleicher Weise <hi rendition="#g">angenommen.</hi> Der Art. d), &#x201E;die Beschlüsse der Nationalversammlung zu verkündigen und zu                         vollziehen&#x201C;, ward in namentlicher Abstimmung mit 277 gegen 261 Stimmen <hi rendition="#g">verworfen!</hi> </p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_009" type="jArticle">
          <head><bibl><author>19</author></bibl> Frankfurt.</head>
          <p>Sitzung der Nationalversammlung vom 26. Juni. In der Abendsitzung ergriff der                         Abgeordnete Heckscher das Wort, und erklärte, sein Amendement <hi rendition="#g">nicht</hi> zurückzunehmen. Durch seine Bemerkung, daß der                         Befall der Galerien ein wohlfeiler und schlechter Maßstab für einen Antrag                         sei, erregte der Redner einen wahren Sturm in der Versammlung. Das Benehmen                         des Präsidenten Soiron war am allerwenigsten geeignet, die Ruhe                         herzustellen, der Lärm dauerte über eine halbe Stunde, und so mußte zuletzt                         die Versammlung unter allgemeinem Tumult geschlossen werden.</p>
          <p>Sitzung vom 27. Juni.</p>
          <p>Präsident Gagern. <hi rendition="#g">Die Paulskirche ist mit Militär                             umstellt.</hi> Der Abgeordnete Heckscher gibt über sein gestriges                         Auftreten befriedigende Entschuldigungen und nimmt sein Amendement zurück.                         Blum kündigt im Namen der Linken an, daß diese auf den Ordnungsruf gegen                         Heckscher, und da die Amendements zurückgezogen seien, auch auf die                         Aufrechthaltung der gestrigen Entscheidung des Vicepräsidenten verzichte. In                         Folge mehrerer heftigen Aeußerungen wird die draußen stehende Militärmacht                         nach <hi rendition="#g">Aufforderung Gagern's</hi> wieder zurückgezogen. 11                         Uhr: Berathung über die Fragestellung.</p>
          <p>(Unser sonst wohlunterrichteter                         <bibl><author>15</author></bibl>-Korrespondent, der uns gestern die                         Erwählung des Erzherzogs Johann mittheilte, scheint diesmal unter die                         &#x201E;Spökenkiker&#x201C; gerathen zu sein. Wir werden seine Weissagung erst morgen oder                         in den folgenden Tagen bestätigen können.)</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_010" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Anhalt-Dessau.</head>
          <p>Das Ministerium hat unterm 12. Juni einen Verfassungsentwurf veröffentlicht,                         welcher direkte Wahlen, Aufhören einer Staatsreligion, Einkammersystem, und                         suspensives Veto verkündigt.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_011" type="jArticle">
          <head><bibl><author>*</author></bibl> Dresden, 23. Juni.</head>
          <p>Der Abgeordnete Tschirner beantragt in der 2. Kammer zu untersuchen, ob die                         Minister, welche die Wiener Konferenzbeschlüsse unterzeichnet, noch                         Wartegeld oder Pension zu erhalten würdig wären. Die Entscheidung der Kammer                         hierüber werde ich nächstens mittheilen.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_012" type="jArticle">
          <head>Wien, 23. Juni.</head>
          <p>In der Sitzung des Sicherheits-Ausschusses vom 20. forderte nach                         Berichterstattung der nach Prag entsendet gewesenen Deputation der Deputirte                         des Wiedner Bezirks 1. Corps im Namen seiner ganzen Kompagnie auf, einen                         Protest einzulegen gegen die unwürdige Behandlung der Deputirten des                         Ausschusses von Seiten des Fürsten Windischgrätz: dahin lautend: &#x201E;Fürst                         Windischgrätz, welcher durch jenes Benehmen die Nationalgarde von ganz Wien,                         so wie das Völkerrecht durch die Gefangennahme unserer Abgesandten tief                         verletzt, müsse gezwungen werden, Genugthuung zu geben, Abbitte und                         Ehrenerklärung leisten, und solches allen seinen Soldaten durch einen                         allgemeinen Tagesbefehl kund geben.</p>
        </div>
        <div xml:id="ar029b_013" type="jArticle">
          <head>Wien, 22. Juni.</head>
          <p>Die Reichsversammlung ist dem Vernehmen nach auf den 13. d. verschoben. Die                         verschiedenen bedenklichen Nachrichten welche heute durch Ihr Blatt vom 19.                         d. bekannt wurden, haben an der Börse Mißstimmung erregt und die Kurse                         gedrückt.</p>
          <bibl>(A. A. Z.)</bibl>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0141/0001] Beilage zu Nr. 29 der Neuen Rheinischen Zeitung. Donnerstag, 29. Juni. Uebersicht. Französische Republik. (Die Junirevolution ‒ Der 25. Juni). Paris. (Schluß der Sitzung der Nationalversammlung vom 25. Juni. ‒ Correspondenz. ‒ Erklärung der Mitglieder des Bergs. ‒ Cavaignac's Proklamation. ‒ Vermischtes. ‒ Neueste Nachrichten). Belgien. Brüssel. (Die Thronrede). Rußland. (Brandstiftungen). Deutschland. Köln. (Militärisches). Berlin. (Vereinbarungsdebatten. ‒ Eisenbahnen. ‒ Ausplünderung der Schleswig-Holsteiner). Posen. (Der Kreuzzug Ahlemanns). Obornik. (Aus dem Briefe eines Landwehrmanns). Frankfurt. (Charivari. ‒ Sitzung der Nationalversammlung). Anhalt-Dessau. (Verfassungsentwurf). Dresden. (Antrag Tschirners). München. (Freiwillige Zwangsanleihe). Serbien. Belgrad. (Serben und Magyaren). Italien. Venedig. (Vorbereitung zum Widerstande; ein Verräther). Genua. (Demonstration). Neapel. (Die Insurgenten). Großbrittanien. London. (Eindrücke der Pariser Nachrichten. Times und Standard). Irland. (John O'Connell. ‒ Das Journal Mitchell's). Deutschland. * Köln, 27. Juni. Der Oberst Harder, Kommandeur des 16. Infanterie-Regiments, hat den Offizieren, Unteroffizieren und Soldaten jenes Truppentheils „zur Würdigung der jüngsten politischen Ereignisse“ eine Schrift, betitelt, „eine Stimme aus Oberschlesien“, übergeben, in welcher es unter Anderm heißt: „Wenn wir beklagen müssen, daß ein trauriger Irrthum unsern König und Herrn bestimmt hat, sich von seinen Unterthanen, von seiner braven Armee zu trennen, sich unter den Schutz seiner sogenannten treuen Berliner zu begeben u. s. w., und weiter, „hoffend, daß der Hohenzollern Blut nicht gänzlich erstarrt ist, sondern Kraft und Geist wiederfinden wird, die Zügel unserer konstitutionellen (?) Monarchie zu erfassen“. ‒ „Berlin hat sich angemaßt, dem Auslande zu sagen, daß seine Bürger die Freiheit erkämpft haben; dem ist aber nicht so, denn Alles was wir im Augenblick wahrer Freiheit besitzen, hatte uns bereits der König am Morgen des 18. verliehen.“ Es ist außerdem die Rede von „einem unsinnigen Wahl- und Preßgesetze“. ‒ „Die Presse wird durch rohe Gewalt beherrscht und nur dazu mißbraucht, die Zwecke einer kommunistisch-jakobinischen Partei zu unterstützen.“ Es wird genug sein. Eine solche Schrift wird dem Militär von einem Regimentskommandeur übergeben, nachdem den Truppen das Versammlungsrecht durch kriegsministeriellen Erlaß wieder entzogen ist, während einem Offizier der 8. Artillerie-Brigade von seinem Kommandeur sogar der Besuch der Stollwerk'schen Versammlung verboten wird, und jedes Gerücht von einem Losbruche oder das Stattfinden einer Arbeiterversammlung auf dem Gürzenich dazu benutzt wird, die Offiziere, Unteroffiziere und Soldaten nicht aus der Kaserne zu lassen. X Berlin, 26. Juni. Wir haben wieder ein Ministerium auf acht Tage, denn länger wird es sicher sich nicht halten. Fast wäre es heute schon gefallen und nur aus Mitleid hat sich die Rechte und das Centrum seiner angenommen, weil es doch zu traurig wäre, nur ein Schmetterlingsleben wie Herr Schleinitz genossen zu haben. Das deutsche Herz hat gesiegt und das neue Ministerium steht noch, es steht, wie Herr Hansemann in seinem Programm gesagt, auf dem Rechtsboden der Revolution! (Damit wird einem benachbarten Publizisten geholfen sein!) Ja die Worte, „in Anerkennung der Revolution“ hat heute derselbe Herr Hansemann ausgesprochen, der das „bedeutende Ereigniß“ vom 18. März vor einigen Tagen erst eine „Transaction“ genannt hatte. Herr Hansemann hat wahrhaftig eine Revolution gemacht, sie ist ebenso schnell vor sich gegangen als irgend eine andere, wird aber viel schneller noch im Wind aufgehen, das Mitleid der Kammer wird höchstens, wie wir gesagt, 8 Tage ausdauern. Außer der anerkannten Revolution verspricht uns Herr Hansemann in seinem Programm noch 2 Kammern, deren erste volksthümlicher sein soll, als es im Verfassungsentwurf ausgesprochen, Reorganisation der Gerichtsbarkeit mit Vorbild der rheinischen, ein Bürgerwehrgesetz, die Befreiung des Grundbesitzes, eine Gemeindeordnung auf dem Grundsatze der Selbstverwaltung, eine Aufhebung der Steuerbefreiung und eine neue Strafgesetzgebung und für das Beste der arbeitenden Klasse will er hauptsächlich ‒ Ruhe im Lande, damit das Vertrauen wiederkehre, (wie gut es der Minister doch meint) und dann soll der von Hn. v. Patow begonnene, bis jetzt uns noch unsichtbare Weg, verfolgt und sollen umfassendere öffentliche Arbeiten vorgenommen werden. ‒ Bevor wir in unserem Berichte fortfahren, müssen wir noch bemerken, daß Hr. Camphausen zu Anfang der Sitzung eine Erklärung über seinen Austritt gab, er gab als Grund desselben an, daß er nicht der Majorität in den entscheidenden Fragen sicher war, verwahrte sich aber zuletzt gegen die Ansicht, als hätten die äußeren Angelegenheiten auf seinen Entschluß einen Einfluß ausgeübt. Das Ministerium, dem er präsidirt hatte, war nach einer großen Katastrophe hervorgegangen, es hatte die Aufgabe, den Staat über die Kluft des alten Systems zum neuen System hinüberzuführen; zu jener Zeit waren nur wenige Staatsmänner dem Lande bekannt, darum mußte es aus verschiedenartigen Elementen zusammengesetzt werden, die nicht lange miteinander harmoniren konnten. Es war nur ein Ministerium der Vermittlung. Das jetzige Ministerium, dessen Mutter Herr Hansemann ist, soll aber das Ministerium der That sein, wie dieser selbst ausgesprochen. Herr Hansemann stellte sogleich einen Antrag, die Antwort auf die Thronrede jetzt wieder an die Kommission zurückgehen zu lassen, damit diese darin die Aenderungen vornehme, welche das kundgegebene Programm des neuen Ministeriums erfordere. Aus der Annahme dieses Antrages wollte er ersehen, ob das neue Ministerium auf die Versammlung rechnen könne oder nicht. Schon erhebt sich eine Debatte über diesen Antrag, Herr Weichsel aus Magdeburg deklamirt über die Versprechen von 1807 und den Betrug von 1815, spricht von unterdrückter Demagogie, deren Grundsätze nun doch in's Volk übergegangen u. s. w., und je mehr die Versammlung ihm entgegen ruft, „zur Sache! zur Sache!“ um so lauter schreit er, bis er seine Rede wirklich zu Ende gebracht hat, das zu erkennen giebt, daß er gegen den Antrag; ist, weil das Ministerium nicht aus jeder Kleinigkeit eine Kabinetsfrage machen könne, ohne die Versammlung in ihren freien Berathungen zu verhindern. ‒ Hansemann erklärt, daß er die Annahme des Antrags nicht geradezu zur Kabinetsfrage habe machen wollen. Siebert spricht auch noch dagegen. Da kommt Stein an's Wort und trägt auf Tagesordnung an, da nach dem Geschäftsreglement der Minister nicht das Recht habe, einen Antrag zu stellen, er müßte es denn als Abgeordneter thun. ‒ Cieskowski will Vertagung, weil über die auswärtigen Angelegenheiten nichts in dem Programm gesagt sei und er wissen möchte, ob das Ministerium geneigt sei, in Bezug auf Posen die traurige Politik des vorigen zu verfolgen. Es solle sich erst genauer erklären. ‒ Hansemann, die Ministerialmutter, antwortet nur Hrn. Stein, daß er freilich als Minister und nicht als Abgeordneter den Antrag gestellt und es auch für natürlich und zweckmäßig hält, daß derselbe erst der Frage auf Unterstützung unterworfen werde, (wie gütig!) wie es das Geschäftsreglement vorschreibe. Anstatt, daß der Präsident nun den Antrag vollständig von der Debatte ausschließt, weil, wie Stein ganz richtig bemerkte, ein Minister nicht das Recht hat, einen Antrag zu stellen, läßt er noch die Herren Kirchmann und Parisius für Vertagung sprechen. Hansemann hat sich unterdessen besonnen und erklärt, daß er keinen Antrag gestellt, daß er sich geirrt, er habe nur einen Wunsch der Versammlung gegenüber auszusprechen und aussprechen wollen. ‒ Und siehe da, es tritt sein Retter auf. Herr Zachariä ist es wiederum, der tapfere Recke, der sich des schwer bedrängten Freundes annimmt, er macht den Antrag zu dem seinigen. Waldeck tritt dagegen auf. Er findet es in formeller Hinsicht nicht zulässig, eine Adresse zu korrikgiren. Die Fragen, welche das Ministerium in seinem Programm erhoben, seien an einem andern Platze als in der Adresse zu berathen, da sie zum Theil Paragraphen des Verfassungsentwurfes betreffen, die in der Kommission und später in der Plenarsitzung noch ihre Erledigung finden müssen und zum Theil Gesetze, die man erst sehen muß, ehe man über sie ein Urtheil abgeben kann. ‒ Der Min. des Innern, Herr Rodbertus, erwidert ihm einige leere Phrasen, von denen wir nichts behalten haben. ‒ D'Ester, der schon lange ungeduldig in der Nähe der Tribüne gestanden, erhält endlich das Wort: Wir haben gehört, sagt er, daß das abgetretene Ministerium das Ministerium der Vermittlung war; das neue will das Ministerium der That sein. Der Herr Finanzminister, der die Brücke von dem alten zum neuen Ministerium bildet, ist sich konsequent geblieben. Er hat damals Vertrauen verlangt, heut will er es wieder. Aber meine Herren, die Thronrede ist eine Ansprache des Königs, auf die man wohl eine Antwort geben kann. Auf was sollen wir heute antworten? Der Finanzminister will Thaten, er ist gegen alle Abstraktionen. Ich sehe in seinem Programm nichts Positives, aber viel Abstraktes. Der Herr Finanzminister sprach darin von Vereinbarung; ich glaube nicht, daß wir nöthig haben, über diesen Ausdruck zu entscheiden. Das Programm verspricht eine Gemeindeordnung auf Selbstregierung begründet. Das Wort Selbstregierung ist sehr weit und ein Jeder kann sich etwas Anderes darunter denken. Das Programm spricht von der Befreiung des Grundber sitzes: wie sie statt finden soll, müssen wir wissen; wenn wir über Abstraktionen richten sollen, so kann das Ministerium wohl Majoritäten erhalten, die keine Majoritäten sind und die aufhören, sobald die materiellen Fragen vorgelegt werden. Möge das Ministerium uns sofort die Gesetzentwürfe vorlegen, dann wird es sehen, ob es die Majorität hat oder nicht. (Beifall.) Es folgen noch einige Redner, von denen wir Schramm erwähnen, der in dem neuen Ministerium nur das alte erkennt. ‒ Die Rechte erhebt sich auch gegen den Antrag, Reichensperger und Hüser sind diesmal oppositionell, sie sind wüthend, daß das neue Ministerium sie vollständig übergangen hat. Der Antrag wird zuletzt, wie wir gesagt, aus Mitleiden angenommen. Die Versammlung geht an die Berathung des Geschäftsreglements, da hielten wir es nicht länger aus und retteten uns in's Weite. * Berlin, 23. Juni. Heute ging der Eisenbahnzug von hier nach dem Rhein mit Kränzen und Laubguirlanden geschmückt; es ist nämlich der erste Zug, der in Magdeburg über die Elbbrücke fährt und nicht mehr, wie bisher, diesseits der Elbe zu halten braucht, um Waaren und Passagiere nach dem Bahnhofe auf der andern Seite zu schaffen. Von nun an werden also alle Güter, die an einer der Hauptstationen verladen werden, innerhalb 3-4 Tagen bis zum entferntesten Punkte der ganzen Linie ohne die lästige Umladung und Steuerrevisionen besorgt werden. Der hannoversche Transit-Zoll ist somit nach dem früheren Eisenbahnvertrag ermäßigt; ebenso die Frachtsätze. Die Fracht für einen Zollcentner auf der Strecke von Berlin bis Köln wird indeß noch immer etwas über 5 Pf. betragen. 19 Berlin, 26. Juni. Das gesinnungswüthige Alt-Preußenthum hat die Zeughausstürmer vom 14. als „Räuber“ und „Plünderer“ denunzirt, weil sich dieselben in einer revolutionären Krisis Waffen erzwungen hatten, die noch dazu Nationaleigenthum waren und also ihnen selbst gehörten. Hier ein Gegenstück, wie die offiziellen Organe der preußischen Reaktion fremdes Eigenthum respektiren. Gestern, am 25., kamen in Spandau mit dem Hamburger Bahnzug 19 schleswig-holsteinische Freischärler von der bekannten 6. Kompagnie des Tann'schen Korps an, welche bekanntlich als „Anarchisten und Kommunisten“ aus den loyalen Patriotenbanden austreten mußten. Der Spandauer Bahnhof war von einer Kompagnie des Garde-Infanterieregiments besetzt, an deren Spitze sich der Oberstlieutenant Schlichting befand, einer der Helden der Höllenstein-Organisation in Posen. Die Freischärler wurden bei ihrem Aussteigen von der Soldateska umringt, und auf Befehl des Oberstlieutenant Schlichting ihrer Waffen (werthvoller Büchsen, Doppelflinten, Pistolen) gewaltsam beraubt. Die Protestation der Beraubten, welche diese Waffen zur Vertheidigung der sogenannten deutschen Nationalfreiheit getragen hatten, wurden natürlich nicht berücksichtigt; der Oberstlieutenant Schlichting erklärte, die Zustimmung des Berliner Polizeipräsidenten zu besitzen, dessen Autorität anerkannter Maßen Alles entscheiden mußte. Die wackern preußischen Truppen zogen mit ihrer ruhmvollen und unblutig erkämpften Beute siegreich von dannen. Durch diese Geschichte wird aber auch der frühere (in Nr. 26 der N. Rh. Ztg. mitgetheilte) Vorfall erklärt, wo die Soldateska in Spandau den Hamburger Güterzug nicht passieren lassen wollte, denselben mit Kanonen bedrohte und die Schienen aufriß, und wobei der Kommandant sich auf Befehle aus Potsdam berief. * Breslau, 22. Juni. Der allgemeine Landwehrverein hiesiger Stadt, jetzt aus 1560 Landwehrmännern Breslau's bestehend, hat gestern einstimmig folgende Adresse an die Vereinbarungsversammlung beschlossen: „Die Revolution vom 18. zum 19. März, der neue Geist, welcher Deutschlands Volk für Freiheit, Gleichheit und Einigkeit beseelt, haben dem Volk das Selbstbewußtsein, und die gesetzgebende und regierende Gewalt, die ihm so lange vorenthalten war, wieder gegeben. Dieser neue Zustand der Dinge erfordert auch eine Umgestaltung des Heeres in geistiger und materieller Beziehung. Wir verlangen daher, daß man uns von dem alten Fahneneide entbinde, und uns einen neuen Eid, auf die königlichen Verheißungen und die darauf gegründete neue volksthümliche Verfassung, als Errungenschaft dieser Revolution, schwören lasse. * Posen. Der wackere Ritter Ahlemann hat sich in seinem Projekt eines Kreuzzugs gegen das revolutionäre Babel Berlin keineswegs durch die Warnung des Oberpräsidenten einschüchtern lassen; er erklärt vielmehr, daß er und die Seinigen an ihrer „guten, gerechten, heiligen Sache festhalten“, und sich durch die „Gegenwirkungen einzelner Schwächlinge und Uebelgesinnten nicht wankend machen lassen“. Wenn Hr. Ahlemann erst bis Berlin gedrungen ist, so glauben wir auch, daß er sich dort festsetzen wird; nach einer in der Berliner Zeitungs-Halle enthaltenen Erklärung sehnen sich mehrere seiner Gläubiger in Berlin gar sehr, ihn dort zu behalten. Obornik, 20. Juni. Unter diesem Datum enthält die A. O. Z. folgenden Auszug aus einem Briefe eines preußischen Landwehrmannes vom 7. Regiment: . . . . „Ich muß gestehen, daß wir es besser hatten, je tiefer wir in das Großherzogthum hineinmarschirten; denn hier galt das Faustrecht. Sobald uns hier nicht gut und viel Essen vorgesetzt wurde, nahmen wir den Wirth bei der Gurgel und ließen ihn nicht eher los, als bis das Verlangte da war. Prügel wurden ausgetheilt, bis das Blut hervorquoll; in Goslin, einer Stadt zwei Meilen von Obornik, haben wir Einen zu Tode geprügelt und so ging es durch's ganze Großherzogthum; an andern Orten noch viel schlimmer. ‒ Sobald unsere Truppen an Orte kamen, wo ihnen nur der geringste Widerstand geleistet wurde ‒ gleich steckten sie den Ort in Brand und die Feinde mußten mit verbrennen. Feuerzeug hatte jeder bei sich. ‒ Ich hatte mir von Fraustatt aus Schwärmer mitgenommen, um sie in's Gewehr zu laden und in die Strohdächer zu schießen. ‒ Auf dem Schlachtfelde wurde der verwundete Feind nicht geschont, sondern ohne Gnade mit dem Bajonnette an die Erde gespießt. Es gelang auch nicht den Offizieren, den wüthenden Soldaten Einhalt zu thun; jeder mordet und plündert nach Herzenslust. Nach den Treffen begann gewöhnlich das Plündern der Schlösser und Städte, welches ohne die geringste Schonung gehandhabt wurde. In ersteren wurden oft noch Edelleute entweder in Schränken oder unter Betten versteckt gefunden. Diese wurden nicht gleich todtgeschlagen, sondern oft erst mit dem Bajonette gekitzelt und gestochen; dann bekamen sie ein Paar Kugeln und zuletzt wurden sie mit dem Kolben vollends todt geschlagen. Am schlimmsten war die Landwehr; sie haben es diesem Lumpengesindel zugeschworen, ihnen fühlen zu lassen, daß sie Weib und Kind in hilfloser Lage zurücklassen mußten. Theils ist die Wuth der Soldaten auch durch die furchtbaren Grausamkeiten von Seiten der Polen aufgeregt worden. ‒ Es heißt, die Russen sollen uns ablösen; ob es wahr ist, weiß ich nicht. Ich glaube aber, am längsten haben wir hier in Obornik gestanden.“ Frankfurt, 24. Juni. Das Charivari, weiches man vorgestern dem „edlen Gagern“ darbrachte, ist noch an demselben Abend durch eine andere Demonstration gegen einige Mitglieder der Linken erwiedert worden. Es war zu Aller Erstaunen die Bürgergarde, welche hier zuerst den „Muth einer Meinung“ bewährte. Das Volk vor dem Hause des „edlen Gagern“ war mit Kolbenschlägen auseinandergejagt und zum Theil zur Haft gebracht, als sich der Führer der Schutzwache, ein guter Bürger Namens Schmidt, dessen biedermännisches Gemüth erst unter der Majorsuniform zu kriegerischer Thatenlust auflebt, erinnerte, daß in einem gewissen Bierhause allabendlich einige Deputirte der Linken zu treffen sind. Diese Erinnerung gab dem Herrn Major einen Gedanken ein, was sehr bemerkenswerth ist. Er zählte seine Mannschaft, verstärkte sich noch mit zwei Polizisten und so zog der Trupp nach dem Wirthshause. Ein Theil wurde draußen aufgestellt; der Major drückte seinen Federhut in die Stirn, schickte die zwei Polizisten voraus, und folgte mit dem Rest seiner Garde. Das verdächtige Haus barg in der That zwei Bürger und drei Deputirte der Linken. Die bewaffnete Bürgerwacht, in gerechter Entrüstung, auch Bürger der Frankfurter Republik in solcher Gesellschaft zu finden, ergriff diese beiden Männer an den Halsbinden und führte sie vor die Thür, wo sie mit Stößen und Püffen von der draußenstehenden Abtheilung in Empfang genommen wurden. Den Deputirten wurde von den zwei Polizisten in der bekannten höflichen Weise dieser Leute angekündigt, daß sie sich hinauszuscheeren hätten, und als Einer erwiederte, daß sie als Deputirte der Nationalversammlung keine Befehle von der Frankfurter Polizei annähmen, ergingen sich die Bewaffneten in den kühnsten Drohungen; sie entfernten sich jedoch, da die Deputirten ihre Thätlichkeiten abwarten zu wollen erklärten. Draußen aber ließ der ganze Trupp beim Abzug ein schallendes Siegesgelächter erschallen. ‒ Sitzung v. 22-2 Uhr: Abstimmung durch Namensausruf über Art. 1 der Anträge in Betreff der Centralgewalt: „Die N. V. beschließt vorbehaltlich des Einverständnisses mit den deutschen Regierungen 1) bis zur definitiven Begründung einer Regierungsgewalt für Deutschland soll eine provisorische Centralgewalt für alle gemeinsamen Angelegenheiten bestellt werden.“ Dieser Artikel wird mit 577 gegen 31 Stimmen verworfen. Ohne den Beisatz: „vorbehaltlich des Einverständnisses mit den deutschen Regierungen“ zur Abstimmung gebracht, wird der Artikel (durch einfache Abstimmung) fast einstimmig angenommen. Art. 2. „Dieselbe hat a) die vollziehende Gewalt zu üben in allen Angelegenheiten, welche die allgemeine Sicherheit und Wohl fahrt des deutschen Bundesstaates betreffen; b) die Oberleitung der gesammten bewaffneten Macht zu übernehmen und namentlich die Oberbefehlshaber derselben zu ernennen; c) die völkerrechtliche und handelspolitische Vertretung Deutschlands auszuüben, und zu diesem Ende Gesandte und Konsuln zu ernennen“ ‒ wurde in gleicher Weise angenommen. Der Art. d), „die Beschlüsse der Nationalversammlung zu verkündigen und zu vollziehen“, ward in namentlicher Abstimmung mit 277 gegen 261 Stimmen verworfen! 19 Frankfurt. Sitzung der Nationalversammlung vom 26. Juni. In der Abendsitzung ergriff der Abgeordnete Heckscher das Wort, und erklärte, sein Amendement nicht zurückzunehmen. Durch seine Bemerkung, daß der Befall der Galerien ein wohlfeiler und schlechter Maßstab für einen Antrag sei, erregte der Redner einen wahren Sturm in der Versammlung. Das Benehmen des Präsidenten Soiron war am allerwenigsten geeignet, die Ruhe herzustellen, der Lärm dauerte über eine halbe Stunde, und so mußte zuletzt die Versammlung unter allgemeinem Tumult geschlossen werden. Sitzung vom 27. Juni. Präsident Gagern. Die Paulskirche ist mit Militär umstellt. Der Abgeordnete Heckscher gibt über sein gestriges Auftreten befriedigende Entschuldigungen und nimmt sein Amendement zurück. Blum kündigt im Namen der Linken an, daß diese auf den Ordnungsruf gegen Heckscher, und da die Amendements zurückgezogen seien, auch auf die Aufrechthaltung der gestrigen Entscheidung des Vicepräsidenten verzichte. In Folge mehrerer heftigen Aeußerungen wird die draußen stehende Militärmacht nach Aufforderung Gagern's wieder zurückgezogen. 11 Uhr: Berathung über die Fragestellung. (Unser sonst wohlunterrichteter 15 -Korrespondent, der uns gestern die Erwählung des Erzherzogs Johann mittheilte, scheint diesmal unter die „Spökenkiker“ gerathen zu sein. Wir werden seine Weissagung erst morgen oder in den folgenden Tagen bestätigen können.) * Anhalt-Dessau. Das Ministerium hat unterm 12. Juni einen Verfassungsentwurf veröffentlicht, welcher direkte Wahlen, Aufhören einer Staatsreligion, Einkammersystem, und suspensives Veto verkündigt. * Dresden, 23. Juni. Der Abgeordnete Tschirner beantragt in der 2. Kammer zu untersuchen, ob die Minister, welche die Wiener Konferenzbeschlüsse unterzeichnet, noch Wartegeld oder Pension zu erhalten würdig wären. Die Entscheidung der Kammer hierüber werde ich nächstens mittheilen. Wien, 23. Juni. In der Sitzung des Sicherheits-Ausschusses vom 20. forderte nach Berichterstattung der nach Prag entsendet gewesenen Deputation der Deputirte des Wiedner Bezirks 1. Corps im Namen seiner ganzen Kompagnie auf, einen Protest einzulegen gegen die unwürdige Behandlung der Deputirten des Ausschusses von Seiten des Fürsten Windischgrätz: dahin lautend: „Fürst Windischgrätz, welcher durch jenes Benehmen die Nationalgarde von ganz Wien, so wie das Völkerrecht durch die Gefangennahme unserer Abgesandten tief verletzt, müsse gezwungen werden, Genugthuung zu geben, Abbitte und Ehrenerklärung leisten, und solches allen seinen Soldaten durch einen allgemeinen Tagesbefehl kund geben. Wien, 22. Juni. Die Reichsversammlung ist dem Vernehmen nach auf den 13. d. verschoben. Die verschiedenen bedenklichen Nachrichten welche heute durch Ihr Blatt vom 19. d. bekannt wurden, haben an der Börse Mißstimmung erregt und die Kurse gedrückt. (A. A. Z.)

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Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
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Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




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Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 29. Köln, 29. Juni 1848. Beilage, S. 0141. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz029b_1848/1>, abgerufen am 21.11.2024.