Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Neue Rheinische Zeitung. Nr. 28. Köln, 28. Juni 1848.

Bild:
<< vorherige Seite

""Blos um eine Extrabeilage zu ihrer Zeitung machen zu können.""

"Sehr richtig, Lenz, und ich wollte, daß sie alle mit einander der Teufel holte; es ist eine verderbte Race."

""Schade, daß sie manchmal gescheidter sind als andere Leute -""

"Frecher sind sie jedenfalls!"

""Niemanden können sie in Ruhe lassen -""

"Alles machen sie herunter."

""Sie schreiben nicht für das Publikum -""

"Sie schreiben nur für sich selbst."

""Man sollte eigentlich gar keine Zeitung mehr halten; blos um diese Menschen zu ärgern -""

"Man muß sie wenigstens so schlecht wie möglich in ihrem Beginnen unterstützen -"

""Am Ende steht man sich noch besser unter der russischen Knute, als unter dem Hohn eines Zeitungsschreibers.""

"Ja, wahrhaftig Lenz, der Geist eines guten Bürgers spricht aus Ihnen. -"

Abermals versank der Herr Preiß in seine Zeitung, und der Buchhalter in seine Handelsconti.

"Zu den Poeten, den Astronomen und Zeitungsschreibern kommt indeß noch eine vierte Menschenklasse, welche anfängt, beunruhigend zu werden". sprach der Herr Preiß.

""Die Scharfrichter meinen Sie? -""

"Gott bewahre, Lenz. Die Advokaten - -"."

""Ganz recht, die Advokaten.""

"Die Advokaten habe ich nie leiden können.""

""Sie sind hinterlistig und voller Ränke.""

"Sie hören die Flöhe husten und sie sehen das Gras wachsen."

""Sie führen Prozesse und machen uns den Prozeß.""

"Und ein ehrlicher Mann ist noch niemals sicher vor ihnen gewesen."

""Und Ihren Abscheu vor diesen Leuten, theile ich durchaus Herr Preiß.""

"Ja, lieber Lenz, diese Advokaten haben nicht weniger angefangen, unser Jahrhundert zu dominiren; glattzüngigen Schlangen ähnlich, winden sie sich aus ihren zerrütteten Vermögensverhältnissen empor zu dem Rand der Tribünen, wo sie so lange lästernd und verführend ihr entsetzliches Wesen treiben, bis sie aus dem Dunst einer Volksversammlung zu der Herrlichkeit eines einträglichen Staats-Amtes eingehen können. So in Frankreich."

""Und in Deutschland?""

"Lieber Lenz, man muß sich hüten, das Kind beim rechten Namen zu nennen. O unsre Tage werden schlimm. Gleich blutigen Kometen stehen diese Poeten, diese Astronomen, diese Zeitungsschreiber und diese Advokaten unheilverkündend am Horizonte unseres bürgerlichen Himmels, doch was das schlimmste ist - Lenz - -"

""Herr Preiß - - ""

"Was mich bis in die Seele hinein ärgert - - "

""Herr Preiß - - ""

"Was meinen Zorn bis zu jauchzender Wuth steigert - "

""Herr Preiß - - ""

"Das ist, daß gar ein "Ouvrier" einen Platz in dieser provisorischen Rotte Koran hat."

""Heiliger Gott!"" seufzte der Buchhalter.

"Beschütze uns vor der blutrothen Fahne - " setzte der Herr Preiß hinzu und wiederum lag auf dem weiten Comptoire die ch auerlichste Stille.

[Deutschland]
Der 24. Juni.

Die ganze Nacht war Paris militärisch besetzt.

Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.

- National-Versammlung in Permanenz. (Fortsetzung der gestrigen Sitzung nach 5 Uhr Abends.)

Lacrosse, einer der Vizepräsidenten, besteigt um 51/2 Uhr in der Uniform eines Obersten der Bürgerwehr und mit der dreifarbigen Schärpe angethan, den Präsidentenstuhl und setzt die Sitzung mit der Erklärung fort, daß dem Präsidio noch keine weiteren Berichte zugegangen. Sechzig Glieder der Versammlung waren bekanntlich abgeschickt worden, um der kämpfenden Bürgerwehr und Linie anzuzeigen, daß Paris in Belagerungszustand versetzt sei und alle Exekutivgewalt dem General-Minister Cavaignac übergeben worden. Lacrosse bemerkt, daß wenige Glieder nicht zurückgekehrt seien. Er zeigt die Ankunft einer starken Abtheilung der Bürgerwehr aus Rouen an. Tavard meldet die Ankunft eines starken Hülfskorps aus Amiens. Die Sitzung wird bis 61/4 Uhr suspendirt. Der Präsident verspricht der Versammlung baldigen Sieg über die Insurrektion und ladet sie ein, sich bis 8 Uhr zurückzuziehen. Im Augenblick, wo dies geschieht, tritt Boulay, ein sehr gewichtiger Deputirte des Meurthe-Departements in den Saal und zeigt der Versammlung an, daß Pantheon und City von den Insurgenten geräumt

„„Blos um eine Extrabeilage zu ihrer Zeitung machen zu können.““

„Sehr richtig, Lenz, und ich wollte, daß sie alle mit einander der Teufel holte; es ist eine verderbte Raçe.“

„„Schade, daß sie manchmal gescheidter sind als andere Leute ‒““

„Frecher sind sie jedenfalls!“

„„Niemanden können sie in Ruhe lassen ‒““

„Alles machen sie herunter.“

„„Sie schreiben nicht für das Publikum ‒““

„Sie schreiben nur für sich selbst.“

„„Man sollte eigentlich gar keine Zeitung mehr halten; blos um diese Menschen zu ärgern ‒““

„Man muß sie wenigstens so schlecht wie möglich in ihrem Beginnen unterstützen ‒“

„„Am Ende steht man sich noch besser unter der russischen Knute, als unter dem Hohn eines Zeitungsschreibers.““

„Ja, wahrhaftig Lenz, der Geist eines guten Bürgers spricht aus Ihnen. ‒“

Abermals versank der Herr Preiß in seine Zeitung, und der Buchhalter in seine Handelsconti.

„Zu den Poeten, den Astronomen und Zeitungsschreibern kommt indeß noch eine vierte Menschenklasse, welche anfängt, beunruhigend zu werden“. sprach der Herr Preiß.

„„Die Scharfrichter meinen Sie? ‒““

„Gott bewahre, Lenz. Die Advokaten ‒ ‒“.“

„„Ganz recht, die Advokaten.““

„Die Advokaten habe ich nie leiden können.““

„„Sie sind hinterlistig und voller Ränke.““

„Sie hören die Flöhe husten und sie sehen das Gras wachsen.“

„„Sie führen Prozesse und machen uns den Prozeß.““

„Und ein ehrlicher Mann ist noch niemals sicher vor ihnen gewesen.“

„„Und Ihren Abscheu vor diesen Leuten, theile ich durchaus Herr Preiß.““

„Ja, lieber Lenz, diese Advokaten haben nicht weniger angefangen, unser Jahrhundert zu dominiren; glattzüngigen Schlangen ähnlich, winden sie sich aus ihren zerrütteten Vermögensverhältnissen empor zu dem Rand der Tribünen, wo sie so lange lästernd und verführend ihr entsetzliches Wesen treiben, bis sie aus dem Dunst einer Volksversammlung zu der Herrlichkeit eines einträglichen Staats-Amtes eingehen können. So in Frankreich.“

„„Und in Deutschland?““

„Lieber Lenz, man muß sich hüten, das Kind beim rechten Namen zu nennen. O unsre Tage werden schlimm. Gleich blutigen Kometen stehen diese Poeten, diese Astronomen, diese Zeitungsschreiber und diese Advokaten unheilverkündend am Horizonte unseres bürgerlichen Himmels, doch was das schlimmste ist ‒ Lenz ‒ ‒“

„„Herr Preiß ‒ ‒ ““

„Was mich bis in die Seele hinein ärgert ‒ ‒ “

„„Herr Preiß ‒ ‒ ““

„Was meinen Zorn bis zu jauchzender Wuth steigert ‒ “

„„Herr Preiß ‒ ‒ ““

„Das ist, daß gar ein „Ouvrier“ einen Platz in dieser provisorischen Rotte Koran hat.“

„„Heiliger Gott!““ seufzte der Buchhalter.

„Beschütze uns vor der blutrothen Fahne ‒ “ setzte der Herr Preiß hinzu und wiederum lag auf dem weiten Comptoire die ch auerlichste Stille.

[Deutschland]
Der 24. Juni.

Die ganze Nacht war Paris militärisch besetzt.

Der Inhalt dieses Artikels kann aus urheberrechtlichen Gründen nicht angezeigt werden.

National-Versammlung in Permanenz. (Fortsetzung der gestrigen Sitzung nach 5 Uhr Abends.)

Lacrosse, einer der Vizepräsidenten, besteigt um 51/2 Uhr in der Uniform eines Obersten der Bürgerwehr und mit der dreifarbigen Schärpe angethan, den Präsidentenstuhl und setzt die Sitzung mit der Erklärung fort, daß dem Präsidio noch keine weiteren Berichte zugegangen. Sechzig Glieder der Versammlung waren bekanntlich abgeschickt worden, um der kämpfenden Bürgerwehr und Linie anzuzeigen, daß Paris in Belagerungszustand versetzt sei und alle Exekutivgewalt dem General-Minister Cavaignac übergeben worden. Lacrosse bemerkt, daß wenige Glieder nicht zurückgekehrt seien. Er zeigt die Ankunft einer starken Abtheilung der Bürgerwehr aus Rouen an. Tavard meldet die Ankunft eines starken Hülfskorps aus Amiens. Die Sitzung wird bis 61/4 Uhr suspendirt. Der Präsident verspricht der Versammlung baldigen Sieg über die Insurrektion und ladet sie ein, sich bis 8 Uhr zurückzuziehen. Im Augenblick, wo dies geschieht, tritt Boulay, ein sehr gewichtiger Deputirte des Meurthe-Departements in den Saal und zeigt der Versammlung an, daß Pantheon und City von den Insurgenten geräumt

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="jFeuilleton" n="1">
        <div xml:id="ar028_005" type="jArticle">
          <pb facs="#f0002" n="0132"/>
          <p>&#x201E;&#x201E;Blos um eine Extrabeilage zu ihrer Zeitung machen zu können.&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Sehr richtig, Lenz, und ich wollte, daß sie alle mit einander der Teufel                         holte; es ist eine verderbte Raçe.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Schade, daß sie manchmal gescheidter sind als andere Leute &#x2012;&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Frecher sind sie jedenfalls!&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Niemanden können sie in Ruhe lassen &#x2012;&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Alles machen sie herunter.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Sie schreiben nicht für das Publikum &#x2012;&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Sie schreiben nur für sich selbst.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Man sollte eigentlich gar keine Zeitung mehr halten; blos um diese Menschen                         zu ärgern &#x2012;&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Man muß sie wenigstens so schlecht wie möglich in ihrem Beginnen                         unterstützen &#x2012;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Am Ende steht man sich noch besser unter der russischen Knute, als unter                         dem Hohn eines Zeitungsschreibers.&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Ja, wahrhaftig Lenz, der Geist eines guten Bürgers spricht aus Ihnen. &#x2012;&#x201C;</p>
          <p>Abermals versank der Herr Preiß in seine Zeitung, und der Buchhalter in seine                         Handelsconti.</p>
          <p>&#x201E;Zu den Poeten, den Astronomen und Zeitungsschreibern kommt indeß noch eine                         vierte Menschenklasse, welche anfängt, beunruhigend zu werden&#x201C;. sprach der                         Herr Preiß.</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Die Scharfrichter meinen Sie? &#x2012;&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Gott bewahre, Lenz. Die Advokaten &#x2012; &#x2012;&#x201C;.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Ganz recht, die Advokaten.&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Die Advokaten habe ich nie leiden können.&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Sie sind hinterlistig und voller Ränke.&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Sie hören die Flöhe husten und sie sehen das Gras wachsen.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Sie führen Prozesse und machen uns den Prozeß.&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Und ein ehrlicher Mann ist noch niemals sicher vor ihnen gewesen.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Und Ihren Abscheu vor diesen Leuten, theile ich durchaus Herr Preiß.&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Ja, lieber Lenz, diese Advokaten haben nicht weniger angefangen, unser                         Jahrhundert zu dominiren; glattzüngigen Schlangen ähnlich, winden sie sich                         aus ihren zerrütteten Vermögensverhältnissen empor zu dem Rand der Tribünen,                         wo sie so lange lästernd und verführend ihr entsetzliches Wesen treiben, bis                         sie aus dem Dunst einer Volksversammlung zu der Herrlichkeit eines                         einträglichen Staats-Amtes eingehen können. So in Frankreich.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Und in Deutschland?&#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Lieber Lenz, man muß sich hüten, das Kind beim rechten Namen zu nennen. O                         unsre Tage werden schlimm. Gleich blutigen Kometen stehen diese Poeten,                         diese Astronomen, diese Zeitungsschreiber und diese Advokaten                         unheilverkündend am Horizonte unseres bürgerlichen Himmels, doch was das                         schlimmste ist &#x2012; Lenz &#x2012; &#x2012;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Herr Preiß &#x2012; &#x2012; &#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Was mich bis in die Seele hinein ärgert &#x2012; &#x2012; &#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Herr Preiß &#x2012; &#x2012; &#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Was meinen Zorn bis zu jauchzender Wuth steigert &#x2012; &#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Herr Preiß &#x2012; &#x2012; &#x201C;&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;Das ist, daß gar ein &#x201E;Ouvrier&#x201C; einen Platz in dieser provisorischen Rotte                         Koran hat.&#x201C;</p>
          <p>&#x201E;&#x201E;Heiliger Gott!&#x201C;&#x201C; seufzte der Buchhalter.</p>
          <p>&#x201E;Beschütze uns vor der blutrothen Fahne &#x2012; &#x201C; setzte der Herr Preiß hinzu und                         wiederum lag auf dem weiten Comptoire die ch auerlichste Stille.</p>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head>[Deutschland]</head>
        <div xml:id="ar028_006_c" type="jArticle">
          <note type="editorial">Edition: <bibl>Friedrich Engels: Der 24. Juni. In: MEGA<hi rendition="#sup">2</hi> I/7. S. 200.</bibl></note>
          <head>Der 24. Juni.</head>
          <p>Die ganze Nacht war Paris militärisch besetzt.</p>
          <gap reason="copyright"/>
        </div>
        <div xml:id="ar028_007" type="jArticle">
          <p>&#x2012; <hi rendition="#g">National-Versammlung in Permanenz.</hi> (Fortsetzung der                         gestrigen Sitzung nach 5 Uhr Abends.)</p>
          <p><hi rendition="#g">Lacrosse,</hi> einer der Vizepräsidenten, besteigt um 51/2                         Uhr in der Uniform eines Obersten der Bürgerwehr und mit der dreifarbigen                         Schärpe angethan, den Präsidentenstuhl und setzt die Sitzung mit der                         Erklärung fort, daß dem Präsidio noch keine weiteren Berichte zugegangen.                         Sechzig Glieder der Versammlung waren bekanntlich abgeschickt worden, um der                         kämpfenden Bürgerwehr und Linie anzuzeigen, daß Paris in Belagerungszustand                         versetzt sei und alle Exekutivgewalt dem General-Minister Cavaignac                         übergeben worden. Lacrosse bemerkt, daß wenige Glieder nicht zurückgekehrt                         seien. Er zeigt die Ankunft einer starken Abtheilung der Bürgerwehr aus                         Rouen an. <hi rendition="#g">Tavard</hi> meldet die Ankunft eines starken                         Hülfskorps aus Amiens. Die Sitzung wird bis 61/4 Uhr suspendirt. Der                         Präsident verspricht der Versammlung baldigen Sieg über die Insurrektion und                         ladet sie ein, sich bis 8 Uhr zurückzuziehen. Im Augenblick, wo dies                         geschieht, tritt Boulay, ein sehr gewichtiger Deputirte des                         Meurthe-Departements in den Saal und zeigt der Versammlung an, daß Pantheon                         und City von den Insurgenten geräumt
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0132/0002] „„Blos um eine Extrabeilage zu ihrer Zeitung machen zu können.““ „Sehr richtig, Lenz, und ich wollte, daß sie alle mit einander der Teufel holte; es ist eine verderbte Raçe.“ „„Schade, daß sie manchmal gescheidter sind als andere Leute ‒““ „Frecher sind sie jedenfalls!“ „„Niemanden können sie in Ruhe lassen ‒““ „Alles machen sie herunter.“ „„Sie schreiben nicht für das Publikum ‒““ „Sie schreiben nur für sich selbst.“ „„Man sollte eigentlich gar keine Zeitung mehr halten; blos um diese Menschen zu ärgern ‒““ „Man muß sie wenigstens so schlecht wie möglich in ihrem Beginnen unterstützen ‒“ „„Am Ende steht man sich noch besser unter der russischen Knute, als unter dem Hohn eines Zeitungsschreibers.““ „Ja, wahrhaftig Lenz, der Geist eines guten Bürgers spricht aus Ihnen. ‒“ Abermals versank der Herr Preiß in seine Zeitung, und der Buchhalter in seine Handelsconti. „Zu den Poeten, den Astronomen und Zeitungsschreibern kommt indeß noch eine vierte Menschenklasse, welche anfängt, beunruhigend zu werden“. sprach der Herr Preiß. „„Die Scharfrichter meinen Sie? ‒““ „Gott bewahre, Lenz. Die Advokaten ‒ ‒“.“ „„Ganz recht, die Advokaten.““ „Die Advokaten habe ich nie leiden können.““ „„Sie sind hinterlistig und voller Ränke.““ „Sie hören die Flöhe husten und sie sehen das Gras wachsen.“ „„Sie führen Prozesse und machen uns den Prozeß.““ „Und ein ehrlicher Mann ist noch niemals sicher vor ihnen gewesen.“ „„Und Ihren Abscheu vor diesen Leuten, theile ich durchaus Herr Preiß.““ „Ja, lieber Lenz, diese Advokaten haben nicht weniger angefangen, unser Jahrhundert zu dominiren; glattzüngigen Schlangen ähnlich, winden sie sich aus ihren zerrütteten Vermögensverhältnissen empor zu dem Rand der Tribünen, wo sie so lange lästernd und verführend ihr entsetzliches Wesen treiben, bis sie aus dem Dunst einer Volksversammlung zu der Herrlichkeit eines einträglichen Staats-Amtes eingehen können. So in Frankreich.“ „„Und in Deutschland?““ „Lieber Lenz, man muß sich hüten, das Kind beim rechten Namen zu nennen. O unsre Tage werden schlimm. Gleich blutigen Kometen stehen diese Poeten, diese Astronomen, diese Zeitungsschreiber und diese Advokaten unheilverkündend am Horizonte unseres bürgerlichen Himmels, doch was das schlimmste ist ‒ Lenz ‒ ‒“ „„Herr Preiß ‒ ‒ ““ „Was mich bis in die Seele hinein ärgert ‒ ‒ “ „„Herr Preiß ‒ ‒ ““ „Was meinen Zorn bis zu jauchzender Wuth steigert ‒ “ „„Herr Preiß ‒ ‒ ““ „Das ist, daß gar ein „Ouvrier“ einen Platz in dieser provisorischen Rotte Koran hat.“ „„Heiliger Gott!““ seufzte der Buchhalter. „Beschütze uns vor der blutrothen Fahne ‒ “ setzte der Herr Preiß hinzu und wiederum lag auf dem weiten Comptoire die ch auerlichste Stille. [Deutschland] Der 24. Juni. Die ganze Nacht war Paris militärisch besetzt. _ ‒ National-Versammlung in Permanenz. (Fortsetzung der gestrigen Sitzung nach 5 Uhr Abends.) Lacrosse, einer der Vizepräsidenten, besteigt um 51/2 Uhr in der Uniform eines Obersten der Bürgerwehr und mit der dreifarbigen Schärpe angethan, den Präsidentenstuhl und setzt die Sitzung mit der Erklärung fort, daß dem Präsidio noch keine weiteren Berichte zugegangen. Sechzig Glieder der Versammlung waren bekanntlich abgeschickt worden, um der kämpfenden Bürgerwehr und Linie anzuzeigen, daß Paris in Belagerungszustand versetzt sei und alle Exekutivgewalt dem General-Minister Cavaignac übergeben worden. Lacrosse bemerkt, daß wenige Glieder nicht zurückgekehrt seien. Er zeigt die Ankunft einer starken Abtheilung der Bürgerwehr aus Rouen an. Tavard meldet die Ankunft eines starken Hülfskorps aus Amiens. Die Sitzung wird bis 61/4 Uhr suspendirt. Der Präsident verspricht der Versammlung baldigen Sieg über die Insurrektion und ladet sie ein, sich bis 8 Uhr zurückzuziehen. Im Augenblick, wo dies geschieht, tritt Boulay, ein sehr gewichtiger Deputirte des Meurthe-Departements in den Saal und zeigt der Versammlung an, daß Pantheon und City von den Insurgenten geräumt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Marx-Engels-Gesamtausgabe: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-20T13:08:10Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jürgen Herres: Konvertierung TUSTEP nach XML (2017-03-20T13:08:10Z)
Maria Ermakova, Benjamin Fiechter, Susanne Haaf, Frank Wiegand: Konvertierung XML nach DTA-Basisformat (2017-03-20T13:08:10Z)

Weitere Informationen:

Die angegebenen Seitenzahlen beziehen sich auf die Ausgabe: Neue Rheinische Zeitung. Organ der Demokratie. Bd. 1 (Nummer 1 bis Nummer 183) Köln, 1. Juni 1848 bis 31. Dezember 1848. Glashütten im Taunus, Verlag Detlev Auvermann KG 1973.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz028_1848
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz028_1848/2
Zitationshilfe: Neue Rheinische Zeitung. Nr. 28. Köln, 28. Juni 1848, S. 0132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/nn_nrhz028_1848/2>, abgerufen am 03.12.2024.